„Zahnarzt zu werden, war immer mein großer Traum“

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„Zahnarzt zu werden, war immer mein großer Traum“
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„Zahnarzt zu werden, war immer
mein großer Traum“
Der in Namibia geborene Zahnarzt Vapula Haukongo über sein turbulentes Leben
Dr. Gleau: Wie alt waren Sie, als Sie nach Deutschland
gekommen sind?
Haukongo: Drei Jahre. Ich bin als Halbwaise in
die DDR gekommen. Dort bin ich bis 1990 zur
Schule gegangen. Nach der Wende musste ich aufgrund des politischen Umbruchs in Deutschland
im Alter von 13 Jahren nach Namibia zurück, wo
ich mit meiner Mutter und meinem Bruder zunächst in der Nähe von Windhoek lebte. Da sich
die Bundesregierung bereit erklärt hatte, die Kosten für unsere Schulausbildung zu übernehmen,
war es mir möglich, die Privatschule in Namibia zu
besuchen und dort meine Hochschulberechtigung
zu erlangen. In Namibia lernte ich ein Ehepaar
kennen, das in München ein Zahntechniklabor betreibt. Dort konnte ich eine Ausbildung zum Zahntechniker beginnen. Und so bin ich 1998 nach
München gekommen und habe hier zunächst
meine Ausbildung gemacht und danach mit dem
Zahnmedizinstudium begonnen. Meinen Phantom-III-Kurs habe ich übrigens bei unserem heutigen Kammerpräsidenten Professor Benz gemacht,
von dem ich viel gelernt habe. 2009 habe ich dann
mein Staatsexamen gemacht.
Dr. Gleau: Und wie sind Sie auf die Idee gekommen,
dass Sie Zahnarzt werden möchten?
Haukongo: Der Wunsch, Zahnarzt zu werden, ist
bei mir schon ganz früh gereift – da war ich noch
ein kleines Kind in der DDR: Als bei einem Freund
ein Zahn wackelte, hat er mich gefragt, ob ich ihm
da nicht helfen könne. Als ich den Zahn einfach
mit der Hand ganz schnell rausgezogen habe, haben wir uns ganz verdutzt angeschaut. Er, weil es gar
nicht wehgetan hat, und ich, weil ich so schnell je-
Foto: KZVB
Seit 13 Jahren lebt Vapula Haukongo in München.
Hier konnte er sich seinen Traum verwirklichen:
Zahnarzt werden. Derzeit arbeitet er noch als angestellter Zahnarzt, aber im Januar kommenden
Jahres übernimmt er eine Einzelpraxis in MünchenNeuperlach. Über sein spannendes Leben und
was die Zahnmedizin für ihn bedeutet, sprach der
34-Jährige mit dem KZVB-Referenten für Öffentlichkeitsarbeit Dr. Michael Gleau.
Bereits als Kind entdeckte Vapula Haukongo (rechts) seine Leidenschaft für den Zahnarztberuf. Links der KZVB-Referent für Öffentlichkeitsarbeit Dr. Michael Gleau.
mandem helfen und ihn glücklich machen konnte.
Das war für mich ein schöner Moment und seitdem wollte ich unbedingt Zahnarzt werden. Da ein
Zahnmedizinstudium sehr hohe finanzielle Kosten
verursacht, war ich nicht immer ganz sicher, ob ich
ein solches Studium finanzieren könne, aber ich war
mir sicher, dass es irgendwie einen Weg geben wird.
Dr. Gleau: Nachdem Sie mit dem Studium fertig waren,
hatten Sie auch die Möglichkeit, in Namibia als Zahnarzt zu arbeiten. Soweit ich das einschätzen kann, wird
es dort in naher Zukunft einen beachtlichen Wohlstand
geben. Als ich vor Kurzem in Namibia war, habe ich die
enorme Dynamik des Landes persönlich erleben dürfen.
Warum haben Sie sich trotzdem für Deutschland entschieden?
Haukongo: Nach Namibia zurückzugehen, war
tatsächlich eine ernsthafte Option für mich, denn
Namibia boomt wirtschaftlich und Zahnärzte werden dort immer gebraucht. Aber dann hat mir eine
Zahnärztin, mit der ich schon als Zahntechniker zusammengearbeitet habe, angeboten, ihre Praxis zu
übernehmen. Da es sich dabei um eine alteingesessene Praxis handelt, die gut läuft, habe ich mich
nach einer gründlichen Prüfung entschlossen, meine künftige Existenz hier aufzubauen. Ich fühle mich
in Deutschland sehr wohl und habe hier außer
meinem Freundeskreis auch eine Ersatzfamilie gefunden. Zudem habe ich in Namibia noch nie als
Zahnarzt gearbeitet. Ich weiß also gar nicht, wie
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man dort zum Beispiel mit den Krankenkassen abrechnet und wie dort insgesamt das betriebswirtschaftliche Umfeld einer Zahnarztpraxis aussieht.
Dr. Gleau: Haben Sie jemals Vorbehalte wegen Ihrer
Herkunft erlebt?
Haukongo: Im ersten Moment merkt man schon gelegentlich, dass die Patienten ein bisschen zurückhaltend und eher skeptisch sind. Aber wenn ich
dann mit ihnen rede und sie merken, wie flüssig
ich Deutsch spreche, dann werden sie immer locke-
rer. Neben der Sprache ist das Auftreten ein zentraler Faktor: Wenn man sicher auftritt, dann merken
das die Patienten und es fällt ihnen leichter, Vertrauen zum Zahnarzt aufzubauen. Wenn man also
selbstbewusst auftritt und sagt, „Hallo, ich bin der
Arzt“, dann hat man auch kein Problem mit den
Patienten.
Dr. Gleau: Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Start in
die Selbstständigkeit und danke Ihnen ganz herzlich
für das Gespräch.
Licht aus, Film ab
Johannes Bernklau sorgt dafür, dass Kinogänger glücklich werden
Im Hauptberuf ist Johannes Bernklau Zahnarzt in
Weiden, in seiner Freizeit Filmvorführer und stolzer
Besitzer des ein oder anderen filmischen Schatzes
in seiner Sammlung. Er kennt sich aus mit den Finessen vieler Filmprojektoren und rettete dadurch
schon so manchen Kinoabend.
Foto: Bernklau
Alles fing vor fünf Jahren zu Studentenzeiten an.
Das Kino in Weiden suchte einen Filmvorführer.
Der perfekte Nebenjob für den angehenden Zahnarzt. Und Johannes Bernklau entdeckte so den Film
für sich. Bald wurde mehr daraus – im Juni dieses
Jahres eröffnete er gemeinsam mit Oliver Rögner in
Beim Umgang mit alten Filmprojektoren kommt Zahnarzt Johannes Bernklau sein
Basteltalent zugute.
Neustadt an der Aisch das geschlossene Kino wieder. Die Begeisterung war groß und über 1000 Besucher strömten am ersten Wochenende in das Kino.
„Der Bayerische Rundfunk begleitete uns einen ganzen Tag, um in seiner Sendung ,Kino Kino‘ zu berichten“, erzählt Bernklau. Wie stolz er auf diesen
Erfolg ist, hört man ihm an. Zuletzt sorgte er bei
den Forchheimern und ihren Gästen für Kinoflair
unter freiem Himmel. Das ging allerdings nur, weil
er die Praxis wechselte und jetzt vor Ort ist. Von
Nürnberg ging es in eine neue Praxis nach Weiden.
„Die Zeit zwischen den zwei Jobs habe ich genutzt,
um den Fränkischen Kinosommer als Filmvorführer zu begleiten.“ Ein zeitraubendes und „familienfeindliches Hobby“, wie Bernklau selbst sagt, denn
in Ausnahmefällen war er bis zu teils 70 Stunden
in der Woche unter anderem für den Fränkischen
Kinosommer eingespannt.
Am liebsten spielt der 27-Jährige Filme, die nicht in
den großen Kinokomplexen gezeigt werden. „Lustig darf es schon sein, aber nicht diesen HollywoodKlamauk“, so Bernklau. Auch schwerere Kost wird
gerne von ihm gezeigt, wie der „Baader-MeinhofKomplex“. Um an das Material heranzukommen,
bedarf es oft harter Überzeugungsarbeit: „Das sind
teils harte Verhandlungen mit den Verleihern. Bis
zu 500 Euro muss man zahlen, egal ob der Film gezeigt wird oder nicht. Und 50 Prozent der Einnahmen aus den Eintrittskarten gehen auch an den Verleiher. Der will ja auch von was leben“, fügt Bernklau trocken an.
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Foto: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
tung“, heißt es dann ganz gerne mal bei Leihgeräten, erzählt Bernklau mit einem Lächeln. Den einen oder anderen Kinoabend konnte er so schon
retten – der Ton war ausgefallen, da ein Widerstand
heiß gelaufen war und sich durch die Eigenwärme
abgelötet hatte. „Ich habe die Stelle dann einfach
mit Krokoklemmen überbrückt.“ In seiner jetzigen
Praxis bei Dr. Rainer Burkhardt in Weiden ist sein
Technik- und Tüfteltalent auch von Nutzen. Das ist
nur ein Grund, warum er sich dort sehr wohlfühlt.
King Kong über den Dächern von New York – ein Klassiker und
Meilenstein der Filmgeschichte und ein Besuchermagnet
Der Film läuft an
Wer denkt, der Film gehört nur in den Projektor gelegt und dann muss nur noch ein grünes Knöpfchen gedrückt werden, der irrt. „Die Filme werden
in Dosen geliefert und müssen erst mal zusammengeklebt werden. Das dauert schon mal eine dreiviertel Stunde. Dann werden noch die Lautsprecher
angebracht und die Stühle müssen auch aufgebaut werden. Damit ist man alles in allem gut
zwei Stunden beschäftigt“, erklärt Bernklau. Gegen 22 Uhr, wenn es dunkel ist, heißt es dann an
Sommerabenden wirklich „Film ab“. Das Xenonlicht am Projektor wird gezündet, „dann langsam
anfahren lassen – sonst gibt’s einen Filmriss“. Ständig im Blick hat der Hobbyfilmvorführer dabei, ob
Licht, Bild und Ton passen.
A propos Filmriss, der kommt natürlich auch mal
vor, erzählt Bernklau. Auf einmal sind 2000 Meter
Film entrollt und der ganze Filmsalat liegt um den
Projektor herum. „Den schlimmsten Fehler, den man
jetzt machen kann, ist, den Anfang zu suchen. Den
findet man nie! Das Beste ist es, den Rest auch
noch abrollen zu lassen. Dann kommt man zwar
kaum noch in den Projektorraum, aber der Film
kann vom Ende her wieder aufgerollt werden.“
Sein Faible fürs Tüfteln wissen die Kollegen zu
schätzen. „Johannes, nimmst du die Bastelausrüs-
Platzraubende Sammlung
Die Leidenschaft für den Film erstreckt sich bei
Bernklau bis in die eigenen vier Wände. „Ich habe
etliches an Kinotechnik zu Hause. Projektoren von
Frieseke & Hoepfner, Philips oder Bauer, teilweise
aus den 1930er- und 40er-Jahren. Die nehmen so
einigen Platz weg, deswegen reduziere ich gerade
meinen Bestand ein wenig.“ Stolz ist er auch auf
seine Filmsammlung. Er schwärmt von den vielen
Klassikern, die er mit den Jahren erworben hat –
in seinem Archiv befinden sich alte Zorrofilme aus
der „Western von Gestern“-Reihe, Fox’ Tönende
Wochenschau, Wochenschauen der 50er-Jahre und
Monumentalfilme. Dabei hat seine Sammlung auch
musealen Charakter. „Viele Filme gibt es gar nicht
mehr. Ich habe die letzte Kopie. Wenn ich die wegwerfe, ist der Film unwiderruflich verschwunden.“
Platzräuber sind sie aber auch. Auf eine Filmrolle
passen 20 Minuten. Für einen Film braucht es also vier bis sieben Rollen. Bei 40 Filmen kommt da
einiges zusammen.
Zum Entspannen vom Job geht er, wie könnte es
anders sein, gerne mal ins Kino – am liebsten in
ein Programmkino. Und wenn der junge Zahnarzt
mal nur visuell abschalten möchte, greift er auf
seine Schallplatten- und Grammophonplattensammlung zurück – seine zweite Leidenschaft.
Ilka Helemann
Ungewöhnliches Hobby?
Haben auch Sie ein ungewöhnliches Hobby? Engagieren Sie sich in Ihrer Freizeit ehrenamtlich in einem Verein, einer Kulturgruppe oder einer Bürgerinitiative? Wir
interessieren uns dafür, was Bayerns Zahnärzte außerhalb ihrer Arbeitszeit alles auf die Beine stellen. Wenn
Sie möchten, dass das BZB darüber berichtet, schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an: KZVB-Pressestelle,
Leo Hofmeier, Fallstraße 34, 81369 München, E-Mail:
L.Hofmeier@kzvb.de, Telefon: 089 72401-184, Fax: -276.