Seminar zur ökonomischen Analyse des Rechts
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Seminar zur ökonomischen Analyse des Rechts
Das Kindermarketing der Zigarettenindustrie und rechtspolitische Empfehlungen Tobias Effertz (Dipl. Volkswirt / Dipl. Kaufmann) Institut für Recht der Wirtschaft Universität Hamburg Vortrag auf der 5. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle am 06.12.07, Heidelberg Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Kindermarketing der Zigarettenindustrie • Kinder sind die Zielgruppe der Zigarettenindustrie! • Die Wahrscheinlichkeit, dass ein 20-Jähriger Nichtraucher zum Raucher wird, liegt bei nahezu 0%. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 2 Marketingausgaben der Zigarettenindustrie in Deutschland und den USA im Jahr 2005 • • In den USA wurden 2005 13,11 Mrd. US$ für das Zigarettenmarketing ausgegeben. Im direkten Vergleich mit Deutschland ist dies das 55fache, obwohl in absoluten Zahlen lediglich 1,67mal mehr Raucher in den USA existieren. Der deutsche Markt ist extrem wichtig: PMI generierte allein ca. 14% seiner Umsätze in Deutschland im Jahr 2006. Kann dieser große Unterschied der Wirklichkeit entsprechen? Angaben in EURO, Quelle: Drogen und Suchtbericht 2007 / Unterstellter Wechselkurs !,3$/€ Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 3 Marketingausgaben der Zigarettenindustrie in den USA DATACENTER U.S. cigarette advertising and promotion expenses, 1970-2005 PEAK TV & radio N/A2 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 $219,8 $0,0 $0,0 $0,0 $0,0 $0,0 $0,0 $0,0 Newspapers 1980: $304M 14,0 104,5 304,4 203,5 71,2 19,1 51,7 1,6 Magazines 1984: $426M 50,0 131,2 266,2 395,1 328,1 248,8 294,9 44,8 Outdoor 1991: $386M 7,3 84,3 193,3 300,2 375,6 273,7 9,3 9,8 Transit 1990: $60M 5,4 10,9 26,2 33,1 60,2 22,5 0,0 0,0 Media spending total 1985: $932M 296,6 330,8 485,7 932,0 835,2 564,2 355,8 56,2 1987: $188M N/A N/A N/A N/A 51,9 34,6 92,9 51,8 allowances & other1 2003: $14.9B 64,4 160,4 Total advert. & promo. 2003: $15.1B 361,0 Media share of total 1970: 82.2%4 U.S. consumption (bil. of cigs.) 1981: 640B Direct mail 3 Price discounts, promotional U.S. cig. consumption (per capita, 18+) 4,345 756,6 1.544,4 3.104,9 4.296,4 9.143,9 13.002,9 491,3 1.242,3 2.476,4 3.992,0 4.895,2 9.592,6 13.111,0 82,2% 67,3% 39,1% 37,6% 20,9% 11,5% 3,7% 0,4% 537 607 632 594 525 487 430 376 3.985 4.122 3.849 3.370 2.834 2.474 2.049 1.695 $ million. 1. Other includes coupons, events, sponsorships, sampling, merchandise with logos, company website. Numbers rounded. 2. Banned in 1971. 3. For period '86-'05. 4. For period '70, '75-'05. More info: ftc.gov Source: Ad Age DataCenter analysis of Federal Trade Commission Cigarette Report for 2004 and 2005; Centers for Disease Control; Department of Agriculture Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 4 Kindermarketing – Nachfrageseite • Auf der Nachfrageseite ist das Entscheidungsverhalten der Kinder und Jugendlichen entwicklungsbedingt charakterisiert durch: ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ • Risikofreude und Risikounterschätzung Impulsivität, myopisches Verhalten Eingeschränkte Wahrnehmung und Informationsverarbeitung Flexible und manipulierbare Präferenzordnungen Altersabhängige Bedürfnisstrukturen Aktuell herrscht bei Kindern ein starker Trend vor, sich früher für erwachsene Lebenswelten zu interessieren : ¾ Fernsehen verstärkt nach 22.00 Uhr, verstärkt Erwachsenensender (Icon Kids Studie 2007: RTL, Pro Sieben anstelle von Kinderkanal, SuperRTL) – Problem der Erwachsenenwerbung und Filme mit Zigarettenplacements ¾ Erwachsenere Freizeitgestaltung ¾ Erwachseneres „Selbstverständnis“ Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 5 Kindermarketing – Angebotsseite • Betriebswirtschaftliche Definition des Marketings: ¾ Beeinflussung der „Austauschbeziehungen“ zwischen zwei Parteien typischerweise durch die das Gut offerierende Partei mit dem Ziel den Absatz zu steigern. Dies geschieht mit Hilfe der Instrumente des Marketingmixes. • Produkt(-variationen): ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ • Design durch Zusatzstoffe, z.B. Honig, Zucker, Lakritz Design der Zigarettenpackungen Light- vs. Normalzigaretten, relevant um Raucher im Markt zu halten Menthol- vs. Normalzigaretten, „Cool“-Attribut Packungsgrößen, Variationen mittlerweile verboten Preis: ¾ Preisdifferenzierungen, durch unterschiedliche Zigarettenmarken ¾ Rabattaktionen, z.B. bei Marlboro Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 6 Kindermarketing – Angebotsseite II • Werbung: Above-the-Line – Klassische Medien ¾ Aussenwerbung ¾ Kinowerbung ¾ At-the-retail-Werbung (im Supermarkt, Kiosk, Tabakladen) Below-the-Line – Moderne Werbeformen ¾ Verkaufsförderungen / Promotion-Aktivitäten / Merchandising / Eventmarketing ¾ Sponsoring (mit Einschränkungen grenzüberschreitender Events) ¾ Product-Placements (in Filmen, Fernsehen) ¾ Public Relations Aktivitäten • Distribution ¾ Zigarettenautomaten ¾ Kiosk ¾ „Platzierung“ im Supermarkt Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 7 Wirkung der Bilder in der Werbung • Auf die Frage, mit welcher Marke dieses Bild verknüpft sei, antworteten 70,3% mit „Marlboro“. • Problem der Bilder in der Werbung: Zusammenspiel aus • Wahrnehmungsfehlern, • Interpretationen, • transportierten Emotionen • Aktivierungen Quelle: Brandmeyer Markenberatung (2003) Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 8 Einige Beispiele – Außenwerbung • Emotional-eingefärbte Bilder und Bildsysteme sind besonders in Schulbereichen und an Haltestellen kritisch. • Problem der Verknüpfung von Bildern mit Produkten wie Zigaretten: Z.B. „Disney on Ice“ und „West Ice“. •Warnhinweise werden in der Außenwerbung z.T. verdeckt. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 9 Einige Beispiele – Promotion-Aktivitäten • • • Gewinnspiele, z.B. in Kinokomplexen zur Produkteinführung von Marlboro-Wides („dickere“ Zigarettenvariante mit besonderem Verpackungsdesign) Eventmarketing, z.B. Musikveranstaltungen, Marlboro-Lounges, Marlboro Summer Jobbing Merchandising Artikel, z.B. ¾ ¾ ¾ ¾ • Gauloises: Mützen, Baseballkappen, CDs, Taucherbrillen, Handschuhe, Kleidung, Camel: „Sportswear“, Windlichter, Spielkarten, Aufkleber, Postkarten, Joe Camel Marlboro: Geldbörsen, Gürtel, Schlüsselanhänger Lucky Strike: Jogginghosen, Umhängetaschen, Brustbeutel/Reisetaschen, Lederjacken Promotion-Aktivitäten haben einen starken „Buzz-Effekt“. Dies bedeutet eine besonders glaubwürdige „Mund-zu-Mund-Propaganda“ in jugendlichen Netzwerken. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 10 Beispiele - Public Relations Arbeit 1. Image-Strategien, z.B. durch philanthropische, kulturelle Engagements (z.B. „Liberty Award“, „Lucky Strike“ Design Award). 2. „Antiwerbung“ und Informationsstrategien der Zigarettenindustrie ¾ Art und Umfang der Formulierungen ¾ Antiraucherkampagnen in der Schule ¾ Onserts 3. Verteidigungsstrategien ¾ Aufrechnung des Gefahrenpotenzials, z.B. Arbeitsplatzdiskussion ¾ Diplomatische Lösungen („Im Gespräch bleiben“) ¾ Kausalitätsdebatte (teilweise an Gastronomie, Diskotheken etc. „outgesourct“ – siehe Debatte um „Passivrauchen“) Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 11 Rechtspolitische Empfehlungen • Lösungsvorschläge: ¾ Grundsätzliches Verbot von Bildern in der Zigarettenwerbung ¾ Effektive Informationskampagnen, z.B. durch Einsatz von Bildern, die gesundheitliche Konsequenzen zeigen. ¾ Verbot von „Below-the-line-Werbung“ ¾ Reinheitsgebot für Zigaretten ¾ Verbot des Marken-/Logotransfers • Problem: Das Marketing der Zigarettenhersteller ist extrem flexibel und wird starken Budgets gespeist. Eine Lösung des Marketingproblems muss aber ganzheitlich sein. Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft Tobias Effertz 12 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Universität Hamburg Institut für Recht der Wirtschaft