10. Ausgabe - Chabad Lubawitsch
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10. Ausgabe - Chabad Lubawitsch
n“3 GUT SHABBES S y n a g o g e n w o c h e n b l a t t Synagoge „Bet Israel" | Berlin | Nr. 10 | 1. Tewet 5773 | 14. Dezember 2012 G-tt - Falke oder Taube? Natürlich stellen Sie sich Ih ren G-tt nicht mehr als bärti gen Alten vor, wie Sie es viel leicht als Kind getan haben. Und er ist für Sie auch nicht das Klischee mit Donnerkei len, kein entfernter Verwand ter der griechischen Götter auf dem Olymp, die nie lä chelten (was hatten sie dann von all ihrer Macht?). Wie aber sieht Ihr reifes, komplexes Bild von G-tt aus? Immer noch glauben viele Leute, G-tt werde in der Bibel auf zwei Arten dargestellt: als grimmiger, rachsüchtiger Donnergott (in der Tora) und als eher gütiger, sanfter Vater (in den Hagiographen und bei den Propheten). Wie die meisten Verall gemeinerungen sind beide Bilder blanker Unsinn. Wir finden zwar in der Tora mehr strenge Ermahnungen und Strafen pro Parascha als im Rest der Schrift, aber wenn wir genau hinsehen, entde cken wir auch in der Tora einen G-tt, der die ganze Menschheit umarmt. Und die Propheten waren nicht immer lieb und nett. Neh men wir diese Woche als Bei spiel. In Mikez deutet Josef die Träume des Pharaos und rettet Ägypten in der folgen den Hungersnot. Wegen sei ner Voraussicht wird er zum Vizekönig erhoben. Welcher gnadenlose G-tt würde den Ägyptern einen so begabten Seher schicken? Andererseits erzählt die Haftara die vertraute Ge schichte von den zwei Frauen, die mit einem Baby zu König Schlomo kommen. Beide hat ten gleichzeitig ein Kind ge boren. Eines war gestorben, und nun wussten sie nicht, wer die Mutter des überle benden war. Schlomo rät, das Kind zu teilen. Dadurch appelliert er an den Mutterin stinkt der wahren Mutter, die lieber auf ihr Kind verzichten wollte als es zu töten. Aber einen Moment stockt uns der Atem angesichts der drakoni schen Lösung. Sowohl Josef als auch Schlomo wirkten mit Talen ten, die G-tt ihnen gegeben hatte. Beide bewiesen, dass wir G-tt nicht kritisieren dür fen und dass er nie ist oder tut, was wir uns vorstellen. Wir werden ihn nie begreifen - wozu bräuchten wir sonst den Himmel? Bei allem Re spekt vor den Philosophen, die den H-rrn der Tora oder einer anderen heiligen Schrift definieren wollen ... vergeu den Sie nicht Ihre Zeit. Die Grundbotschaft der Tora lau tet: Wir haben die Aufgabe, die Welt zu verbessern, nicht ihren Schöpfer zu erklären. Liebe Freunde, au f dem Sewiwon stehen vier Buchstaben. In Isra el sind es Nun, Gimmel, Hej, Pej - Neskadol Haja Po (Ein großes Wunder geschah hier). Außerhalb Israels ist der letzte Buchstabe statt eines Pej ein Schin - Neskadol Haja Scham (Ein großes Wunder geschah dort - nämlich in Israel). Dieses Jahr können wir auch in Deutschland sagen - Neskadol Haja Po (Ein großes Wunder ge schah hier) - dass die Regierung tatsächlich ganz of fiziell ein Gesetz gemacht hat, welches unser Recht bewahrt, Beschneidungen gemäß unserer Tradition durchzuführen. Die Verabschiedung dieses Geset zes ist ein Ausdruck für das klare Interesse seitens der deutschen Regierung, dass jüdisches Leben in diesem Land bestehen soll und auch weiterhin wachsen soll. Die vergangenen Monate waren angesichts des herrschenden Tons bei der Debatte manchmal sehr schwierig, und gaben uns zu denken, was die Zu kunft wohl so bringen möge. Nun, da die Regierung laut und deutlich zu verstehen gegeben hat - Ja, wir wollen jüdisches Leben, behaltet Eure Rituale - sollten wir uns wiederum dazu aufgerufen fühlen, unsere Verbindung zum Judentum zu stärken, ins besondere hinsichtlich der Erfüllung der Mizwot. Lasst uns unsere jüdischen Gefühle ausdrücken und ausüben. Lasst uns weiterhin Licht bringen lasst die Frauen Kerzen anzünden und die Männer Tefellin anlegen. Lasst uns dies zu einem neuen Kapitel jüdischen Lebens in Deutschland machen - eines in dem wir das Judentum nicht nur in uns fühlen und glauben, sondern welches wir auch in unserem täglichen Leben au f positive Weise und mit Stolz ausleben. Dies konnte man auch letzten Sonntag am Brandenburger Tor erkennen, wo über 1000 Men schen im Schnee standen, um die große Menorah zu entzünden. Es gab ein elektresierendes Gefühl jüdischer Identität und jüdischen Stolzes - lasst uns diese Flamme das ganze Jahr hindurch brennen. Schabbat Schalom, Chag Sameach Rabbiner Yehuda Teichtal In dieser Ausgabe sind die Worte und Artikel aus der Heiligen Thora. Bitte verwenden Sie diese vorsichtig. Paraschat Mikez Zusam m enfassung Zwei Jahre nachdem der Mundschenk aus dem Gefängnis befreit wurde, träumte der Pharao einen merkwür digen Traum . Er steht beim Teich und sieht sieben fette Kühe, die vom Teich heraus steigen. Diesen Kühen folgen sieben Weitere erbärmlichen Ausse hens. Er sieht, wie die abgemagerten Kühe die dicken Kühen verschlingen und w acht auf. Der Traum wieder holte sich nochmals in einer anderen Form . Sieben gesunde und gute Ähren w achsen auf einem Strohhalm. Diesen folgen sieben magere und vom Ost wind verbrannte Ähren, welche die Gesunden verschlingen. Wieder wacht Pharao mit klopfenden H erzen auf. Als Pharao nun am folgenden M orgen diesen Traum seinen weisen Beratern und Traumdeutern vorlegte, konnte ihm niemand den Traum deu ten. Plötzlich erinnerte sich der Mund schenk an Josef, der ihm ja im Gefäng nis seinen Traum gedeutet und dessen Deutung sich verwirklicht hatte. Er er zählte dem Pharao über diesen frem den Jüngling und dessen Fähigkeit, Träume zu deuten, w orauf Pharao Jo sef zu sich rufen liess. Wieder gelang es Josef, den Traum so zu deuten, dass alle Komponenten Sinn ergaben. Josef sah in Pharaos Traum einen Hinweis dafür, dass in den folgenden sieben Jahren grosser Überfluss in Ägypten herrschen würde. Danach w ürden je doch sieben Hungerjahre folgen, in denen der Überfluss völlig vergessen sein würde. Josef riet dem Pharao auch, sich auf die Hungerjahre da durch vorzubereiten, dass er während der Zeit des Überflusses Getreide und Nahrungsmittel für die Hungerjahre speichern solle. Josefs Art, den Traum zu deuten und seine gute Ratschläge imponier ten dem Pharao so sehr, dass er ihn sofort zum Vizekönig von Ägypten ernannte und ihn beauftragte, die Vorbereitungen für die Hungerjahre zu überwachen. Josef w urde nun mit wunderschönen Kleidern und einer goldenen Kette geschmückt dem gan zen Land vorgestellt. Überall w o er hinkam, wurde ihm zugejubelt. Pha rao gab ihm auch die Osnas, Tochter des Potifar (Josefs früherer Besitzer) zur Frau und sie hatten zwei Söhne, welche Josef Menasche und Ephrajim nannte. N ach sieben ertragreichen Jahren begannen die Hungerjahre. Die Hun gersnot betraf nicht nur Ägypten, son dern auch alle benachbarten Länder. W ährend jedoch die Nachbarn unter diesem Hunger leiden mussten, gab es in Ägypten genügend zu essen. Man musste es nur bei Josef kaufen. Sehr bald begann sich herumzusprechen, dass es in Ägypten Esswaren zu kau- fen gab und Leute aus allen benach barten Ländern strömten nach Ägyp ten, um Brot zu kaufen. Auch Jakob hatte davon gehört und sandte seine Söhne dahin, um für die ganze Fami lie einzukaufen. N ur den Binjamin, seinen jüngsten Sohn, schickte er nicht mit seinen Brüdern auf die Reise, da er befürchtete, dass ihm auf dem Wege etwas zustossen könne. Als die Brüder nun vor Josef traten, um von ihm Brot zu kaufen, erkannte er sie sofort, doch sie erkannten ihn nicht. Er w ar sehr streng zu ihnen und bezichtigte sie der Spionage. Um sich reinzuwaschen, mussten ihm nun seine Brüder alles über ihre Familie erzählen, und als sie geendet hatten, verlangte Josef als Beweis dafür, dass sie wirklich keine Spione seien, ihm ihren jüngsten Bruder zu bringen. Als Pfand hielt er Schimon bei sich im Ge fängnis, bis sie wiederkehrten. Dass ihnen plötzlich solche Beschuldigun gen angekreidet wurden, überraschte und bedrückte die Brüder so sehr, dass sie nachzudenken begannen, welche ihrer Taten wohl solche Folgen nach sich gezogen hätten. Sie erkannten als bald, dass es die Sünde des Verkaufs von Josefs gewesen sein musste und bereuten zutiefst. Auf dem Heimweg fanden sie ihr Geld, mit welchem sie ihre Einkäufe bezahlt hatten, in ihren Getreidesäcken wieder, w as ihnen wiederum einen grossen Schrecken einjagte. Obwohl Jakob zuerst nicht bereit war, Binjamin mit seinen Brüdern nach Ägypten ziehen zu lassen, wurde ihm bald klar, dass es für seine Söh ne keinen anderen Ausweg mehr gab, Esswaren einzukaufen. Mit schwerem Herzen trennte er sich von seinem jüngsten Sohn. In Mitzrajim angekommen, stellten die Brüder dem Josef ihren jüngsten Bruder vor. Josef zeigte sich hocher freut, befreite den Schimon aus seiner H aft und lud die Brüder sogar ein, mit ihm zu speisen! N ach der Mahlzeit, bei der viel getrunken wurde, gab er jedem der Brüder Geschenke und sei nem Bruder Binjamin fünffache Ge schenke. N ach einer Erklärung, wollte er dadurch entdecken, ob seine Brüder schon gelernt hätten, mit ihrem Neid umzugehen. Die Brüder freuten sich jedoch für Binjamin und liessen nicht das geringste Anzeichen von Neid er kennen. Auf dem Heimweg w urden die Brüder plötzlich durch einen Diener des Josef eingeholt, der sie beschuldig te, Josefs Becher gestohlen zu haben. Da sie keine Ahnung hatten, dass man ihnen diesen Becher heimlich in die Tasche gesteckt hatte, liessen Sie ihre Sachen untersuchen. Es stellte sich heraus, dass sich der Becher im Be sitz von Binjamin befand. Obwohl der Diener eigentlich nur den Binjamin festnehmen wollte, kehrten nun alle Brüder nach Mitzrajim zurück. Damit zeigten sie einmal mehr, dass sie ihre Lektion gelernt hatten und sich die Brüder fortan solidarisch für einander einsetzten. Leitgedanken zu Mikez „Josef erkannte seine Brüder, aber sie erkannten ihn nicht" (42:8). Frage: Jaakow und Josef sahen genau gleich aus (Raschi 37:3). Warum also erkannten sie ihren verschollenen Bruder nicht, ob wohl er ihrem Vater glich? Antwort: Es stimmt, dass Jaakow und Josef gleich aussahen, aber im gleichen Alter. Nun war der Altersunterschied jedoch groß. Josef war erst 39 Jahre alt, Jaakow hatte mit 84 Jahren ge heiratet und war jetzt 130 Jahre alt. Die Brüder hatten ihren Va ter nie als jungen Mann gesehen. Jaakow sah zwar jetzt genau so aus, wie sein Vater mit 39 Jahren ausgesehen hatte, aber er sah na türlich nicht so aus wie sein in zwischen 90 Jahre älterer Vater. Neues aus der Synagoge Chanukka vorm Brandenburger Tor Über 1000 Menschen kamen trotz Schnee und Kälte zum Brandenburger Tor, um auch in diesem Jahr wieder eine Kerze auf dem großen Chanukka-Leuchter anzuzünden. Die feierliche und fröhliche Zeremonie fand in Anwesenheit der Bundesbil dungsminiserin Dr. Annette Schavan, Seiner Exzellenz dem Botschafter Israels Yakov Hadas-Handelsman, Seiner Exzellenz dem US-Botschafter Philip D. Murphy sowie des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin Dr. Gideon Joffe statt. Kan tor Shimon Walles und der Kinderchor der Jüdischen Traditionsschule sorgten für das musikalische Rahmenprogramm Chanukka im Chabad Studentenzentrum Studenten feierten Chanukka bei einer besonderen Veranstaltung für Studenten, die vom neuen Chabad Studentenzentrum unter der Lei tung von Rabbiner Tzvi Greenberg organisiert worden w ar. Über 100 Studenten nahmen an diesem wunderbaren unterhaltsamen Abend teil. W eitere Infos zum neuen Chabad Studentenzentrum sind auf Facebook zu finden. A ufstellung des Chanukka-Leuchters Die Aufstellung des Chanukka-Leuchters vor dem Brandenburger Tor am Freitag, den 7. Dezember 2012 stieß international auf großes Interesse und zahlreiche M edien weltweit berichteten darüber. Tatsächlich erschien ein großes Foto vom Aufstellen des Leuchters auf der Titelseite der «Financial Times». . F i WEEKEND U S fiscal cliff fears knock confidence * 1 ' ‘ »* * Gebetszeiten nächste Woche: P a ra sch a t W a jig a sch Sonntag M orgengebet Schacharit 8.30 Uhr Abendgebet Mincha 15.30 Uhr M ontag bis Freitag M orgengebet Schacharit 7.30 Uhr Abendgebet M incha 15.30 Uhr Schabbat M orgengebet Schacharit C h a n u k k a - F e s t im E i s s t a d i o n W i l m e r s d o r f Sonntag 1 6 . 1 2 . 2 0 1 2 1 8 . 3 0 U h r - 2 1 . 0 0 Uhf j Eisbahn W ilmersdorf Fritz-W ildung-Str. 9, 14199 Berlin 10.00 Uhr M incha im Anschluss an den Kid dusch Charkiw, 1995 von Shmuel Marcus Die Kinder im Westen lernen schon früh nicht mit Fremden Auto zu fahren. In der ehemaligen Sowje tunion aber macht man immer noch Autostop. Ich beobachte und lerne. Du streckst deine Hand aus und das Auto verlangsamt. Du sagst einen Strassennamen, der Fahrer sagt ei nen Preis, du sagst einen anderen, er sagt „Vergiss es!" und weg ist er. Dann kommt der Nächste, du sagst den selben Strassennamen. Er sagt „Komm herein", du machst es. Wenn du dich nicht auf einen Preis festlegst kann es dir passieren, dass du beim Aussteigen lediglich ein Grunzen hörst. Es war an einem kalten Morgen, und ich konnte es nicht abwarten in einem warmen Wagen zu sitzen. Ich strecke meine Hand aus. Ein kleiner blauer Wagen hält an, und sofort stei ge ich, als ob es ein alter Freund er Familie wäre, in den Wagen ein ohne etwas zu sagen oder zu fragen. Wir fahren wortlos die Puschkinskajast rasse hinunter zur Schul (Synagoge). In der Eile habe ich vergessen einen Preis festzusetzen. Als ich bezahlen will, weigert sich der Fahrer das ihm angebotene Geld anzunehmen. Er will überhaupt keine Bezahlung. Ich bin verwirrt und es ist zu früh am Morgen um zu streiten. „Was verstehst du nicht?", sagt er. „Schau mich an. Ich bin ein Jude; mein Name ist Cohen. Soll ich etwa von einem Jeschiwa-Jungen Geld verlangen, wenn er nach Schul will?" Ich danke ihm und kaufe später ein Cola mit dem Geld. Schnee fällt und bleibt liegen. Ein Flocken nach dem Anderen, der Matsch scheint zu schäumen. Schnee fahrzeuge drehen ihre Runden. Das Eis wird härter. Der Gehsteig geht in eine endlose Strasse über. Die Ver käufer und Bettler manövrieren sich gekonnt durch die Kälte. Heute nacht ist eine jener Näch te, in denen ich nichts tun möchte als mit meiner Katze zu knuddeln. Aber das ist völlig unmöglich. Erstens ist heute die fünfte Nacht von Chanuk ka. Zweitens habe ich keine Katze. Heute Nacht werden Hunder te von russischen Juden öffentlich religiöse Freiheit zelebrieren. Heu te wird der Religionsminister von Charkiw, Vladimir Voldovsky, sich dem Oberrabiner von Charkiw, Moshe Moskovitz, anschliessen um die riesige Chanukkia zu zünden. Heute Nacht werden wir den Sieg des Lichtes über die Dunkelheit fei ern. Oder wir werden es zumindest versuchen. Woher kommt die Chanukkia? Wer hat sie gebaut? Vielleicht waren es sogar die Makkabäer selbst? Die Chanukkia von Charkiw wurde durch russische Studenten aufgebaut, der ersten Gruppe von Lubawitscher Studenten, die nach Charkiw kamen. Was wissen junge Jeschiwa-Jungs über das Bauen einer Riesenchanukkia, wenn sie bei null anfangen müssen? Doch das werde ich für eine andere Geschichte auf bewahren. So etwas wie „Hundert Wege eine Chanukkia in Russland zu bauen". Oder „Die Chanukkia, die aus dem Schnee kam". In der Ukra ine fragt man nicht, „Woher kommt das?". Wenn du etwas hast, dann be nützt du es. Und heute steht die Chanukkia aufrecht da, jeder Strasse auf der Welt zugewandt, angefangen bei Ulitsa Puschkinskaja. Heute nacht werden der Ober rabbiner und der Religionsminister rechtzeitig kommen und mit einem geliehenen Bockkran die fünf Petro leum-Laternen anzünden. Der Glas schutz wird die Nacht hindurch die Flamme am Leben erhalten, und die Wärme wird die gefrorenen Men schenherzen zum schmelzen brin gen. Das war der Plan. Und das hätte eigentlich passieren sollen. Dafür hatten wir Werbung gemacht. Das ist, was die Hunderte, die gekom men waren, sehen wollten. Aber rus sischer Alltag ist das, was passiert, wenn du Pläne hast. Heute ist Jossi in der Schul drin nen und versucht die gefrorenen La ternen in Betrieb zu setzen. Draussen warten Hunderte in der Kälte. Der russische Kranführer ist wütend und will gehen. Meine Finger sind gefro ren und riechen nach Gas. Ich renne um zu sehen, wie es den Laternen geht, doch ein kleiner Mann hält mich an. „Hast du eine Schaufel?" Er bietet mir an, den Schnee von den Stufen vor der Schul wegzuschaufeln. Ich sage ihm, dass die Idee wundervoll sei, ich ihm mit der Schaufel jedoch nicht helfen kön ne. „Erinnerst du dich an mich?" Er zeigt auf einen kleinen blauen Wa gen. Cohen ist gekommen um zu feiern, und unter Mitjuden zu sein. Cohen will seinen Teil beitragen, doch er hat dies schon getan. Er ist gekommen. Jossi und Jefim haben drei La ternen zum Brennen gebracht. Aber wie können wir nur drei Laternen in der fünften Nacht zünden? Wir brauchen ein Chanukka-Wunder, ein Lichtwunder. Der Minister spricht einige Worte auf Russisch; der Rabbiner setzt vor sichtig die erste brennende Laterne auf, dann die zweite und dann die dritte. Dann versucht er langsam die vierte und fünfte anzuzünden. Ich schliesse meine Augen und warte auf das Wunder, doch es gibt keines. Die Musiker beginnen zu spielen, und die Juden tanzen im Schnee. Der Kran macht sich aus dem Staub. Nur Minuten später gehen zwei Lichter wieder aus; nur ein Licht brennt hell weiter. Ich gebe meinen Nachbarn die Hand und fange an zu tanzen, zu feiern, unter Brüdern zu sein. Herr Cohen lächelt und klatscht in die Hände. Es ist Zeit nach Hause zu gehen. Ich strecke meine Hand aus, und ein Wagen hält an. Wir fahren ein biss chen, und dann schaue ich zurück durch das angeschlagene Fenster, und ich sehe das Wunder des Lichts. 70 Jahre Kommunismus, und eine Flamme brennt immer noch weiter. Russische Juden können immer noch tanzen. Und autostoppen ist immer noch sicher. Nun ja, zumindest heute nacht.