Thailand Today and Tomorrow
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Thailand Today and Tomorrow
THAILAND-Rundschau der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V. Jahrgang 13 Juli 2000 Bonn-Bad Godesberg Nr. 1/2 THAILAND- Rundschau Impressum Inhalt und Inhalt Nr. 1/2 – 2000 Vorwort 3 Frauke Kraas DEUTSCH-THAILÄNDISCHE GESELLSCHAFT e.V. Ehrenpräsident: Der Botschafter des Königreiches Thailand in der Bundesrepublik Deutschland Ehrenpräsidentin: Frau Gerta Tzschaschel Präsident: Prof. Dr. Helmut Eggers stellvertretende Präsidentin: Priv.-Doz. Dr. Frauke Kraas Schatzmeister: Karl Weber Vorstandsmitglied: Dr. Wolf Donner RUNDSCHAU -IMPRESSUM Herausgeber und Verlag: Deutsch-Thailändische Gesellschaft e.V., Bonn Redaktion: Priv.-Doz. Dr. Frauke Kraas, 53125 Bonn (ViSdP) unter Mitarbeit von Dr. Wolf Donner, 51145 Köln ISSN: 0934-8824 Geschäftstelle, Bibliothek und Redaktionsbüro Koblenzer Str. 89, 53177 Bonn, ! 0228 / 35 16 73, Fax: 0228 / 35 19 09 Internet: http://www.dtg-bonn.de Thailand-Rundschau, die Zeitschrift der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V., erscheint dreimal im Jahr im Umfang von je ca. 40 Seiten. Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten Eine Hommage an Carl-Werner Drewes Karl Weber 4 Thailand Today and Tomorrow H.E. Kasit Piromya 7 Armut und Aufbruch in Nordostthailand Paul Reuber 11 Thailands Bevölkerung vor 70 Jahren Volker Grabowsky 29 „Form scratch“: Thai food systems and „public eating“ Gisèle Yasmeen 36 Die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Teil der Justizreform in Thailand Reinhard Lehr 52 Politische Bildung in Thailand – Zum Gedenken an Erich Reinhold Arnd D. Kumerloeve 56 Auf dem Fluß der Könige Franz Lerchenmüller 59 Politische Ursachen der Asienkrise Buchbesprechung Arnd D. Kumerloeve 64 Rezensionen in der Thailand-Rundschau 68 Thailand als Forschungsgegenstand 70 Aus dem Leben der DTG und Ihrem Umfeld 71 Thailand im Spiegel der Weltpresse 72 Survey Reveals Unusually High Biodiversity in Dry Dipterocarp Forests of Northwest Thailand Andy Gillison and Nining Liswanti 78 Titelfoto: Die Thai-Sala in München Namentlich gekennzeichnete oder aus anderen Publikationen übernommene Beiträge dienen ausschließlich der Information unserer Leser und geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Gesellschaft wieder. THAILAND- R u n d s c h a u Vorwort Liebe Mitglieder und Freunde der DTG, die Deutsch-Thailändische Gesellschaft hat im Umfeld der diesjährigen Mitgliederversammlung mit ihrem Zweiten Bonner Thailand-Symposium einen besonderen Höhepunkt erlebt: Ausgezeichnete Vorträge, großes Echo bei den Mitgliedern der Gesellschaft und Gästen sowie ein hohes Niveau der lebhaften Diskussion unterstrichen erneut, wie sehr die DTG ein Forum für Geschichte, Kultur und Gegenwartsfragen sowie der Verständigung zwischen Thailand und Deutschland ist. Das Zweite Bonner Thailand-Symposium war der Erinnerung an unseren unvergessenen früheren Präsidenten, Herrn Botschafter a.D. Dr. Hans Christian Lankes, gewidmet und behandelte das Rahmenthema „Thailand und seine Nachbarn“. Alle Vortragenden, zu denen vor allem S.E. der Botschafter Thailands in Deutschland, Kasit Piromya, die Botschafter Gerd Berendonck und Ulrich Dreesen sowie Dr. Dietrich Mahlo, ehemaliges Mitglied des Deutschen Bundestages, gehörten, unterstrichen die Bedeutung historischer und kultureller Einflußfaktoren auf die heutigen Beziehungen zwischen Thailand und seinen Nachbarstaaten, betonten die zentrale Frage der Identitätsfindung und die Notwendigkeit einer sich langsam entwickelnden regionalen Zusammenarbeit zwischen den Staaten. Der Vorstand möchte auch an dieser Stelle nochmals den Referenten für ihre exzellenten Analysen und Betrachtungen danken und den Zuhörerinnen und Zuhörern für Ihr engagiertes Interesse. Sehr zu danken ist auch Herrn Diplomgeographen Markus Heynen, der drei Jahre lang ehrenamtlich Formatierung und Layout der Thailand-Rundschau übernommen hat und im Frühjahr kurzfristig eine Stelle in München angetrat, die mit erheblichem Zeitaufwand und vielen Auslandsreisen verbunden ist. Aus diesem Grund kann er nun die Thailand-Rundschau nicht mehr länger betreuen, wird aber Thailand und der DTG weiter verbunden bleiben. Herr Heynen hat mit vielen neuen Ideen und der Professionalisierung der technischen Erstellung der Thailand-Rundschau ein neues gestalterisches Profil gegeben, das wir uns bemühen, auch weiterhin beizubehalten. Dabei wird in jetzt Frau Anke Dick, Diplomandin am Geographischen Institut der Universität Bonn, zur Seite stehen, die bereits die Gestaltung der vorliegenden Thailand-Rundschau vorgenommen hat. Beiden danken wir herzlich. Aufgrund dieses Wechsels in der Layout-Betreuung erscheint die jetzige Ausgabe der Thailand-Rundschau als Doppelnummer mit entsprechend erweitertem Umfang. Die nächste Ausgabe wird im November folgen. Die Redaktion sieht Ihren Beiträgen mit Interesse entgegen und möchte ausdrücklich dazu ermuntern! Ihnen allen einen guten, auch erholsamen Sommer und die besten Wünsche, im Namen des gesamten Vorstands, Ihre Frauke Kraas 3 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Eine Hommage an Carl-Werner Drewes Karl Weber S eit ich Schatzmeister der DTG bin, gehe ich jedes Jahr im Januar zur Bank und kassiere die Zinsen für eine Spende, die uns Carl-Werner Drewes vor beinahe zwanzig Jahren gemacht hat. Jahr für Jahr ermöglichte er damit der DTG, die Beziehungen zwischen Deutschland und Thailand zu vertiefen. Und Jahr für Jahr frage ich mich, was war das für ein Mann, der uns soviel Geld geschenkt hat und damit unzähligen jungen Thailändern einen dreimonatigen Aufenthalt in Deutschland ermöglicht hat. Ich hätte ihn gern kennen gelernt, doch er starb schon 1987. Fast eine Drittelmillion Mark hat er uns geschenkt und er hat uns wenige Auflagen gemacht. Wir sollen die Beziehungen zwischen den beiden Ländern, die er so liebte, fördern, wir sollen persönliche Kontakte schaffen zwischen Thailändern und Deutschen. Die jungen Thais, seien es Studenten, Handwerker oder Künstler sollten unsere Sprache lernen, unsere Kultur erleben, aber auch unsere Arbeitswelt. Er wollte das Wissen über Thailand in Deutschland fördern. So sind viele unserer Publikationen, unsere Schriftenreihe und andere Aktivitäten zum Teil mit seinem Geld bezahlt worden. Carl-Werner Drewes mit zwei thailändischen Stipendiatinnen 4 1 / 2 2 0 0 0 Bisher haben wir nur die Zinsen der Spende genommen, das Vermögen liegt noch unangetastet auf der Bank. Da Zinsen sich ändern, können wir mal mehr, mal weniger Geld ausgeben. Wir begannen mit Einladungen an einzelne Stipendiaten, dann wurden es zwei und in manchen Jahren waren es sogar fünf. Im Moment sind die Zinsen eher gering und wir müssen uns mit einzelnen Stipendiaten begnügen. Auch wird es immer schwerer, Gasteltern zu finden, die die Verantwortung für einen jungen Menschen übernehmen wollen. Die Zeiten haben sich geändert, der Lebensunterhalt der Stipendiaten ist teurer geworden. Wenige Stipendiaten haben aber auch den Vorteil, dass wir uns sorgfältiger um sie kümmern können. Es ist ein großer Vorzug, dass das Auswärtige Amt uns einen einmonatigen Deutschkurs an einem deutschen Goethe-Institut bezahlt. Ohne diesen Kurs würde das Programm viel von seinem Inhalt verlieren. Das Stipendiaten-Programm läuft weiter, wir passen es den veränderten Bedingungen an. Manch junger Student aus Thailand kommt aus besseren Verhältnissen und kann sich seine Deutschlandreise selbst finanzieren. Dann legen wir das Geld eben anders an. Immer orientieren wir uns dabei an dem Gedanken von Carl-Werner Drewes, die Verständigung zwischen Thais und Deutschen zu vertiefen. Viele Stipendiaten fragen nach ihm und auch bei uns in der DTG wissen nur noch wenige Mitglieder von ihm. Ich wurde immer neugieriger auf ihn und so begann ich mich zu erkundigen, wer er war, was ihn wohl zu seinen Spenden und Stiftungen bewogen hat und wie er zu seinem Erfolg kam. Das war nicht ganz einfach, denn viele Zeitzeugen in Deutschland und Thailand kannten ihn zwar, wussten aber wenig von seinem normalen Leben. Er war einfach da, sagten mir viele seiner Bekannten in Thai- THAILAND- R u n d s c h a u land, er war geistreich und ein charmanter Gastgeber, er zitierte Goethe und Morgenstern frei aus dem Kopf. Doch er war auch hanseatisch kühl und sprach nicht von seinen Erfolgen. Zweimal war er glücklich verheiratet. Mit Clare Drewes, seiner ersten Frau, die 1982 verstarb. Später heiratete er Edeltraud E. Drewes-Strieve, deren Charme wir bei unserer letzten Mitgliederversammlung in Bonn erleben durften. Er lebte über fünfzig Jahre in Thailand und gehörte einfach zum inneren Kreis der Bangkok-Deutschen. Doch das war nicht immer so. Lange Jahre hörte man wenig von ihm. Er arbeitete hart und lebte bescheiden in den ersten Jahrzehnten seiner Zeit in Thailand. Er brauchte lange, bis er zu dem angesehenen Mitglied der Bangkok-Gemeinde wurde, das er später war. Er kam aus einfachen Verhältnissen nach Bangkok. 1910 wurde er in Hamburg geboren und genoss eine strenge, hanseatischprotestantische Erziehung. Er erlernte den Beruf eines Kaufmanns und hatte offensichtlich schon früh den Wunsch, aus diesen ihm zu engen konservativen Verhältnissen auszubrechen. Dabei blieb er sein Leben lang geprägt vom hanseatischen Konservatismus. Er war sechsundzwanzig Jahre alt, als er nach Bangkok ging. Lange Jahre arbeitete er als Kaufmann für verschiedene Firmen, so für die HamburgSiam-Company, für Agfa und für die Firma Kosmos Ltd. Partners, in die er später als Gesellschafter eintrat. Daraus entstand 1976 die Eurothai Industrial Supply Co., Ltd., die sich neben anderem mit dem Handel von Hopfen und Malz befasste. Auch importierte er Brauereimaschinen und Zubehör, wobei ein enger Kontakt zur Singha Brauerei bestand. In diesen Jahren wurde er vermögend. Er sagte später einmal: ‘Ich habe in meinem Leben so viel Glück gehabt und das Geld, das ich in Thailand verdient habe, soll auch 5 THAILAND- R u n d s c h a u diesem Lande zu Gute kommen’. Und diesen Wunsch setzte er Stück für Stück um. Er half unendlich vielen Menschen und langsam reifte in ihm ein großer Gedanke. Er kaufte 1983 ein Grundstück für die Thai-Deutsche Kulturstiftung und auf diesem Grundstück wurde 1987 mit einem zinslosen Darlehen von Carl-Werner Drewes das dortige GoetheInstitut gebaut. Die Mitarbeiter des Instituts und die Studierenden verdanken ihm ein herrliches Haus inmitten von Bangkok, aber dennoch in ruhiger Lage. Neben einem schönen alten Thai-Haus, das bereits auf dem Grundstück stand und völlig renoviert wurde, entstand ein erheblich größerer Neubau im gleichen traditionellen Stil mit schattigen Veranden und Freitreppen. Eine Tafel in der Eingangshalle erinnert an die Gründung des Hauses, die in Anwesenheit des deutschen Bundeskanzlers stattfand. Heute erinnert in der Deutschen Kulturstiftung eine Büste von Carl-Werner Drewes an sein Mäzenatentum. Er liebte das Schöne und er wollte gerne den Menschen in Deutschland die Schönheit Thailands zeigen. So finanzierte er den Bau der Thai-Sala auf dem Gelände der Internationalen Gartenbauausstellung in München. Er stiftete dafür eine halbe Million Mark. Alles wurde in Thailand gebaut und durch thailändische Handwerker in München aufgebaut. Bei aller Liebe zum Schönen blieb er immer praktisch. So sollen noch heute unter dem Dach Schindeln versteckt sein, falls diese einmal erneuert werden müssen. Die Hauptkirche St. Michaelis, Wahrzeichen seiner Heimatstadt Hamburg, hatte lange unter dem starken Verkehr und den damit verbundenen Umweltbelastungen zu leiden. 6 1 / 2 2 0 0 0 Besonders der Turm war betroffen. Dessen Nordseite war schon ganz schwarz und bedurfte einer gründlichen Renovierung. CarlWerner Drewes gab mit einer großen Spende den Anstoß zur völligen Erneuerung des Turmes. Eine Tafel auf der Plattform hoch im Turm von St. Michaelis erinnert die Besucher des ‘Michels’ an diese Spende: ‘Ein Hamburger Kaufmann aus Übersee schenkte der Gemeinde St. Michaelis im Jahre 1983 den Betrag von 4 Millionen für die Reparatur des Kirchturmes.’ Noch heute gehen über achthundert bedürftiger Kinder in Thailand, an der Grenze zu Kambodscha zur Schule, ohne zu wissen, dass sie diese Chance Carl-Werner Drewes und seiner Frau Edeltraud Drewes-Strieve verdanken. Er war ein Philanthrop der zwei Länder liebte, seine Heimat Deutschland und Thailand, das Land in dem er glücklich wurde. Carl-Werner Drewes wurde in Thailand hoch geehrt, auch in Deutschland fand sein Wirken große Beachtung und Würdigung, die in der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse Ausdruck fand. Es hat sich für mich gelohnt, nach CarlWerner Drewes zu fragen, einem Mann, der einen Traum hatte und ihn in die Wirklichkeit umsetzte. ‘An adopted son of Thailand’ schrieb die Bangkok Post über ihn, dessen Engagement wir in seiner deutschen Heimat nicht vergessen sollten. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 R u n d s c h a u Vorträge des Ersten Bonner Thailand- Symposiums Am 24. und 25. April 1998 wurde das Erste Bonner Thailand-Symposium durchgeführt, welches unter dem Titel „Die "Five Faces" von Thailand 1998“ stand. Dieses Symposium fand zu Ehren des 75. Geburtstags von unserem seit langen Jahren im Vorstand der DTG arbeitenden Mitglied Dr. Wolf Donner statt, der 1978 ein vielbeachtetes Buch "The five faces of Thailand" geschrieben hatte. Zwanzig Jahre danach hat sich das Königreich enorm verändert: Ein doppelter ökonomischer Umbruch - seit 1987/88 enormer Wirtschaftsboom, dann 1997 Einbruch der sog. Asienkrise - und erhebliche gesellschaftliche Veränderungen fanden statt. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des Symposiums, eine aktuelle Bestandsaufnahme der "five faces", d.h. der fünf Regionen Thailands - Norden, Nordwesten, Zentralthailand, Süden und Greater Bangkok - zu unternehmen. Ursprünglich war es vorgesehen, die Sammlung der Vorträge als eigenen Band der Schriftenreihe der DTG zu veröffentlichen, doch erlauben uns die derzeit geringen finanziellen Spielräume dies nicht. Um die Vorträge dennoch nun den Mitgliedern zugänglich zu machen, werden sie in dieser und den folgenden Ausgaben der Thailand-Rundschau nacheinander publiziert. Thailand Today and Tomorrow lecture given at the „1. Bonn Thailand Symposium“ on 24-25 April 1998 organized by the German Thai Society H.E. Kasit Piromya, Ambassador of Thailand T he subject given to me to deliver is short and simple, but difficult to tackle. To talk about Thailand today is very subjective and will definitely bring about the challenges from the experts and more knowledgeable persons present at this gathering. To forecast Thailand Tomorrow may put me in the company of fortune tellers and futurists. What to do, I ponder. May be I have to go back to the past, to my childhood in order to come to the todays and to the tomorrows. I remember vividly that my very young life was with and around waters of the klongs, ponds and rivers, vegetations and fruit trees, timber-houses, mosquito-nets, charcoal ovens and kerosene-lamps. Snakes, toads and butterflies were familiar sights. I went to school by sampans and samlors. Temples and temple- schools, school-uniforms, national flags and anthem as well as recitations of Buddhist precepts were part of my daily life. My toys were made of wood and banana trunks and leaves, tyre-tubes, can-covers and yam-sockets. The market was always nearby. Chinese drama, open air movies and Thai likees were performed on holidays and festive days. Our playgrounds were rice fields, fish ponds and canals. We also played a lot with fireworks and trapped crickets. Around the mid 1950's, television made its appearance. American and British cars ruled the roads, but Japanese ones started to make an inroad. Cowboy movies made us dream of shootouts and undauntedness. Field marshals seemed to be associated with the position of prime ministers. Communism was painted as the evil. The Soviet Union and China looked 7 THAILAND- R u n d s c h a u so fearful and awesome. Political parties and struggles meant death, exiles and imprisonments for some, awards and success for others. Tanks were on the streets and marshall songs were on radio and television. Thais endangered and antagonized one another. Rice, tin, rubber and timber were no longer the only export items of Thailand. Agriculture was diversified, the whole economy was diversified. Archaeological sites, beaches and ways of life became tourist items and commercialized commodities. Moral values declined, money in exchange for anything, principles and integrity of politicians and officials, female dignity for prostitution, child labor and bondage for economic competition and progress. Depletion of the environment and human values was made in the name of development and modernization. The Buddhist Order seemed weak. Buddhist intellect seemed non-existent. People went for more religious outwards practices and rewards more than for inner calm and tranquillity. But the society did not move without its conscience and intellectual quest. M.R. Kukrit Pramoj as a writer and journalist took up the military gauntlet and touted them. Dr. Puey Unghakorn became the moral reminder of the goodness and justness of the Thai society. He was talking about decency, about shame, about moderation. He exemplified what a responsible Thai personality should be and should avoid. Sulak Srivalak, in his younger days, initiated and pushed intellectual outburst for Thainess and values. His works on the publication „Sangkomsat Prarithat“ and his involvement in the Siam Society brought the Thais to their roots and quest. Chitr Bhumisak questioned unquestioned assumptions and accepted nonns and searched deeply with conviction for Thai authenticity and appropriateness. Kukrit and Chitr departed. Dr. Puey has left the active 8 1 / 2 2 0 0 0 scene while Sulak remains but seemingly rigid and uncompromising and without a dear cause. Is he out of touch? Former Prime Minister Anand Panyarachun rises above and seems to be playing the voice of conscience very well. Dr. Praves needs new thinking to reach the masses. Khun Therayud should gain more wisdom with age in order to advise the society more. The rest of the field seems quite barren. Thailand today stands on the threshold of becoming a modern and civil society. We can pride ourselves of being a free and open society. We have succeeded in having a political change and power transfer. The sounds of rolling tanks and armed vehicles have been silenced. Political life has become more transparent and accountable. We are more concerned and we pay more attention on the plight of the poor and unfortunate, on the women and child rights and on the minorities as well as displaced persons coming from across the borders. Bureaucrats have begun to learn and practice the word service and monitoring and to discard the term control and discretionary power and judgement. The society has reconciled itself. Conflicting views and elements have come to accept compromise and tolerance, have learned to appreciate the fact that we can work together and live together with different opinions and views. Politics and life both need compromise and tolerance. It is not a Western demand and practice, but it is a very basic Buddhist thinking that we tend to forget and were therefore reminded by Westerners. What about the present difficulty of Thailand. I believe the first thing is to blame no one else but ourselves. The whole society has been enjoying conspicuous consumption at all levels. We have lived beyond our means. We have striven for far more and more material wellbeings. We, particularly the leadership in 1 / 2 2 0 0 0 political arena, bureaucracy and business sector, have taken the country and society on a fast track without going into a pit-stop to reflect, to reexamine and to introspect. During the premiership of General Prem Tinsulanonda with Khun Sommai Huntrakul at the helm of the Ministry of Finance, we knew how much money we had and where it went and how much we were able to borrow and spend. There was framework, ceiling and guideline. With the release of land price and speculation, with easy cheap money from abroad, we went astray. In the mid 90's, we knew somewhat of the difficulty booming, but the leadership was afraid to spoil the rosy picture or afraid to face reality and tackle the difficult reality. In mid 1997, we panicked. We made hasty decisions and were unprepared for eventualities. We did not and were not prepared for the eventualities. We have fallen down from the celestial realm. But we have matured politically. The change of leadership was peaceful and the new leadership knew that it only had to go on or attempt to do so. The people rendered support, they are also more matured. Lord Protector of Siam, Phra Siam Thevathirat, has borne the burden and still looked kindly on Thailand. The agriculture sector was not affected. Commodity prices overall were excellent. The leadership with good intention, integrity, along with internal and domestic support with solid agricultural bone could process to rebuild Thailand. I am optimistic with the provison that they continue to be receptive to other ideas and initiatives. For the future, it would be presumptuous to predict what Thailand would be like, I can only wish. I wish that it can continue to be the land of the free, to welcome foreigners, to be able to assimilate as well as to respect what can be retained as different. Ever since the early periods of Thai people, especially, the THAILAND- R u n d s c h a u Sukhothai era, Thai society has been able to learn from foreigners, to adopt and to adapt. Therefore it must be able to retain its openmindedness, openness and its tolerant way of life. I wish that our leaders as well as ordinary Thai on the streets act with satti or mindfulness. I wish that the people become more concerned not only with their immediate needs but that of their community and surroundings so that decentralization is not only in words but in practice. Vested interest and selfish intent that have plagued and hindered progress will hopefully be no longer the norm and practice. Transparency, accountability and good governance will be the rule of the game. Politics is not a game but a life work, and participation in the societal wellbeing is a privilege and an obligation for every single Thai. A new Thai society entering the 21st century and approaching B.E. 2550 needs a thorough examination of Buddhist humanity teaching. The Thai society needs to reexamine itself and to draw upon Buddhist teachings and precepts. A soul-searching period needs to come by. It needs to become a real civil society when people do not enjoy pictures and stories of deaths, accidents, calamities and angers in newspapers and on television; when people do not only go for economic development and money-making; when the sense of family, community and responsibility gain a rebirth and acceptance. I believe that the recent liberalization of the educational system and decentralization of educational facilities coupled with accessibility to media means would be bearing fruits in the form of a more knowledgeable population, thus narrowing the gap between the urban and rural area as well as that of haves and have-nots. Investment incentives and promotion of industries in the hinterland would mean that factories could be set up 9 THAILAND- R u n d s c h a u away from Bangkok, thus providing employment and utilization and processing of raw materials at sources. Owing to this, Thailand will emerge as a more balanced society with enlarged middle dass in terms of both education and well beings. Thailand will inevitably become a more resource-poor country. In this sense, it will have to resort to better utilization of the environment. It would have to put more minds and efforts into research and development to make the best use of what it has. Better yield per area of cultivation and better transformation of raw materials would be the name of the game as Thailand will have a larger population with less land and less natural endowments. With research and development Thailand would be able to maintain its leading role in the food industry. With enlarged middle dass and better com- 10 1 / 2 2 0 0 0 munication network, there would be more urbanization and more urban areas and thus the question of life quality would be a top priority. And with urbanity implied the spread of local self-government and decentralization. Municipalities arc likely to replace provinces and both will have as their mayors and governors, elected ones. I believe and wish that the society debates more on Buddhist thinking and reads more of its precepts so that it can become more calm and matured. I wish that we read more of the writings of Phra Buddhadasa, Phra Udom Sankwomwisutthiweth (Phra Ajam Wan Uttamo), Phra Dharmapitaka (Prayudh Prayudho), Phra Khantipalo and Phra Phoyanathera (Phra Ajam Cha) and debate as well as adapt their teachings as our guidelines for the conduct of our daily life. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 R u n d s c h a u Armut und Aufbruch in Nordostthailand Entwicklungsunterschiede und Konfliktpotentiale in einer thailändischen Peripherregion Paul Reuber 1. Armenhaus Nordostthailand? Wer heute nach Isan1 fährt und auf dem Friendship-Highway in die Regionalmetropolen und Universitätsstädte Khorat oder Khon Kaen gelangt, der sieht dort ein Nordostthailand vor sich, das sich seit den 80er Abb. 1 Abb.1 Jahren fast explosionsartig entwickelt hat. Es trägt heute ein Gesicht, das Wolf DONNER zu der Zeit, als er sein Buch über die „Five Faces of Thailand“ schrieb, noch nicht kennen, vielleicht noch nicht einmal erahnen konnte. Die Eckpfeiler dieser Dynamik zeigen sich auch im Stadtbild: Aufwendige, neue Hotelbauten der Superklasse dominieren die Skyline, am See von Khon Kaen entsteht eine gestaltete Parklandschaft und in den am Stadtrand gelegenen, oft umzäunten und bewachten Villensiedlungen der neuen Mittel- und Oberschicht bilden die Kopien amerikanischer oder westeuropäischer Wohnkultur die Symbole des Fortschritts und des neuen Reichtums, bis hin zum SwimmingPool und zum klimatisierten Fitness-Studio. „Nordostthailand ist im Aufbruch“, so sehen es heute viele der regionalen Akteure und blicken sehr viel optimistischer in die Zukunft als noch vor 20 - 30 Jahren. Wer jedoch heute nach Isan fährt und sich etwas abseits der ausgefahrenen großen Verbindungsstraßen bewegt, der kann, zum Beispiel im Grenzbereich der Nationalparks, auf Dörfer wie Sam Phak Nam stoßen, wo 10 - 50 Kleinbauernfamilien z.T. noch am Existenzminimum leben. Die Bewohner sind sogenannte „illegale Siedler“, die ohne schriftliche Landrechte, im Angesicht drohender Zwangsumsiedlungen und kärglicher landwirtschaftlicher Bedingungen versuchen, eine wirtschaftliche Basis für ihre Familien aufzubauen. Die oftmals über Nacht errichteten Häuser haben noch Wände aus Bambus, selbst die „öffentlichen“ Einrichtungen, wie provisorische Schulen oder Kindergärten, sind anfangs nicht mehr als ein Notbehelf. Armut in Nordost-Thailand, das ist ein Aspekt, den Wolf Donner bereits in den 70´er Jahren als das prägende Gesicht der Region beschrieben hat und der auch heute noch in vielen Teilen Isans zum Alltag der Bevölkerung gehört. 1 Isan, oder zuweilen: „Phak Isan“ ist die transkribierte Bezeichung für die Nordostregion des Landes. 11 THAILAND- R u n d s c h a u Natürlich sind solche Beispiele extrem gewählt, sie markieren eher die polaren Eckpunkte eines in der Realität sehr breiten Feldes von Chancen und Problemen im heutigen Nordostthailand. Armut und Aufbruch das sind zwei Schlagworte, die die ganze Spannweite der Entwicklung umreißen, die sich dort mit einer lokal sehr unterschiedlichen Dynamik vollzieht. Armut und Aufbruch sind aber auch zwei Begriffe, die eine in die Zukunft gerichtete Perspektive aufweisen. Sie deuten auf Veränderungen hin, die nicht nur eine ökonomische, sondern ebenso eine politische Dimension beinhalten. Und auch in dieser Lesart passen sie zu den jüngeren Entwicklungen in Isan: Nordostthailand hat sich in den letzten Jahren, wohl gerade wegen seiner vielfältigen Probleme, zu einem Zentrum des Engagements „von unten“ entwickelt: Grassroot-Bewegungen, Peoples Organisations und NGO´s leisten eine eigenständige Aufbauarbeit innerhalb der Region und treten auch in Bangkok immer deutlicher für die lokalen Interessen der Bevölkerung ein. Damit deuten sich die zwei Schwerpunkte2 an, die bei einem Blick auf das Nordostthailand der 90er Jahre in den Mittelpunkt der Betrachtung rücken müssen: 1. Die großen regionalen Disparitäten innerhalb der Region, die das Ergebnis einer sich immer noch fortsetzenden Auseinanderentwicklung der Zentren und Peripherien Isans sind. Diese innerregionalen Passiv- und Aktivräume stellen heute sehr unterschiedliche räumliche Potentiale für einen „Aufbruch aus der Armut“ bereit. Sie sollen nach einer kurzen Skizze der jüngeren Entwicklungsimpulse exempla- 2 Die Grundlagen für diese Ausführungen wurden auf drei Lehrund Forschungsaufenthalten in Nordostthailand 1995-97 gesammelt, v.a. im Rahmen zweier Gastdozenturen des Autors an der Khon Kaen University 1996 und 1997. 12 1 / 2 2 0 0 0 risch anhand der Bevölkerungsverteilung und der Wirtschaftsstruktur dargestellt werden vgl. auch (REUBER 1998). 2. Die derzeit typischen Konflikte in Nordostthailand, an denen sich zunehmend auch die lokale Bevölkerung - oftmals unterstützt und/oder mobilisiert von NonGovernmental Organisations (NGO´s) - in einer Art politischen Aufbruchs „von unten“ aktiv beteiligt. Diese beiden Aspekte werden auch zeigen, daß Nordostthailand heute eine vielgestaltige Region mit vielen Gesichtern ist. Anstelle des in der Literatur noch weitverbreiteten, uniformen Bildes vom „Armenhaus“ zeigt sich der Isan in den 90er Jahren als eine Region, in der sich Teilräume mit Wachstumsansätzen und guten Zukunftschancen und Teilräume mit großen ökologischen und ökonomischen Problemen gegenüberstehen. 2. Entwicklungsimpulse für Nordostthailand seit den 60´er Jahren Noch vor 30 Jahren war der Nordosten infrastrukturell und ökonomisch kaum an Zentralthailand und die Hauptstadt Bangkok angebunden. Entsprechend sind die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen dem aufblühenden Zentrum und dem peripheren Isan gewaltig. Dies spiegelt sich in der Dominanz Bangkoks (KRAAS 1995, 1996) und im Primatcharakter der StadtgrößenRangfolgen genauso eindrucksvoll wieder wie in der Entwicklung der Bevölkerungsdichte, die beispielhaft für viele andere ökonomische und demographische Indikatoren zeigen mag, daß sich dieser Trend sogar noch verschärft (vgl. Abb. 2). Es darf daher nicht verwundern, daß noch in den siebziger Jahren der thailändische Nordosten aus der Perspektive der Bangkoker Zentrale und erst recht aus dem Blickwinkel 1 / 2 2 0 0 0 THAILAND- R u n d s c h a u ausländischer Investoren Abb. 2: Entwicklung der Bevölkerungsdichte in Bangkok und Nordostthailand im Vergleich Bangkok und Nord in vieler Hinsicht eine Tabula Rasa bildete. Erst mit dem Vietnamkrieg begann der Isan stärker ins Bewußtsein nationaler und internationaler Akteure zu rücken. Als Grenzregion zu den Kriegsschauplätzen Abb.3 in Indochina war der Nordosten die wohl am meisten in den Konflikt involvierte Region Thailands, und zwar in mehrer Hinsicht. In erster Linie diente sie den Amerikanern als Aufmarschwo der Genozid der Pol-Pot-Kommunisten platz. In vielen Städten, z.B. Udon Thani und eine Massenflucht der Bevölkerung auslöste, Ubon Ratchathani, errichtete man Stützsondern sickerten auch als illegale Siedler in punkte und Flughäfen für die Bombergedie damals noch dicht bewaldeten Gebiete der schwader, die von hier aus ihre Einsätze nach Dhom Rek-Randschwelle und der PetchabunVietnam und z.T. auch nach Laos und KamBerge. Für Flüchtlinge aus dem benachbarten bodscha flogen. Mit amerikanischer UnterLaos waren die Integrationshemmnisse sogar stützung baute man auch den „Friendshipnoch geringer: Sie konnten sich aufgrund der Highway“ als schnelle Transportverbindung gemeinsamen ethnischen und sprachlichen nach Bangkok aus, zwischen Khorat und Wurzeln, sowie aufgrund einer jahrhunderteKhon Kaen stellenweise sogar in einer langen politischen Zusammengehörigkeit Dimension, daß auch hier Bomber starten und nahezu übergangslos im thailändischen landen konnten. Neben den Amerikanern Nordosten zurechtfinden. Da viele von ihnen beeinflußten auch die anderen Kriegsparteien über die „grüne Grenze“ der Waldgebiete den Isan, insbesondere die unwegsameren oder des Mekhong kamen, ist eine exaktere Grenz- und Berggebiete der Region. Diese Schätzung der Größenordnungen nicht dienten vielfach als Rückzugs- und Sammelmöglich. gebiete für kommunistische Partisanen. Als Während der Rückzug der Amerikaner das Folge entstanden dort, z.B. in den PetchabunEnde des Indochina Krieges einläutete, bilBergen (LUTHER 1970), Keimzellen des deten die Folgen des Krieges für Nordostkommunistischen Widerstands, an denen sich thailand jedoch eine Reihe von Impulsen, die auch Teile der Bevölkerung ebenfalls aktiv die Entwicklung der Region bis heute prägen, beteiligten. und zwar sowohl in fördernder wie hemSchließlich diente der thailändische Nordmender Hinsicht: osten vielen Flüchtlingen aus Indochina als Ziel. Sie landeten nicht nur in den Auffang• Bis heute fruchtbar für die wirtschaftliche lagern entlang der Grenze zu Kambodscha, Entwicklung ist die von den Amerikanern 13 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 mitfinanzierte Verbesserung der infrastrukturellen Anbindung nach Bangkok bei einem gleichzeitigen Ausbau der innerregionalen Hauptverkehrsachsen (z.B. der Ost-West-Tangente von Khorat bis zur Airbase in Ubon Ratchathani, genauso zwischen Khon Kaen und Ubon etc). Darauf wird bei einer Erklärung des Musters der regionalen Differenzierung zurückzukommen sein. • Ambivalent muß man aus heutiger Sicht die Erschließung der Berggebiete bewerten. Auch sie begann zur Zeit des Vietnamkrieges mit dem Zweck der Bekämpfung kommunistischer Aktivisten und Partisanen. Aus Furcht vor Unterwanderung baute damals die thailändische Regierung ein Netz von Allwetterstraßen, daß die militärische und politische Kontrolle solcher „infiltrierter“ Regionen verbessern sollte. Diesen Straßen folgend, beuteten jedoch nach dem Krieg nationale und internationale Holzhändler die Waldbestände aus, ausgestattet mit den damals großzügig vergebenen Einschlagkonzessionen für Edelhölzer. Den Schneisen ihrer Raupen und Transportmaschinen folgten, auch noch lange nach dem „logging ban“, Abb. 3 Abb.2 in einer dritten Stufe der Sukzession landlose Kleinbauern, die auf der Suche nach Siedlungsland und Anbaufläche innerhalb weniger Jahrzehnte mit ihrem Brandrodungsfeldbau die Waldfläche Nordostthailands noch einmal dramatisch verringerten (Abb. 3). Die Konflikte zwischen den wirtschaftlichen Belangen der autochtonen Bevölkerung und den allochtonen ökologischen Erhaltungsinteressen bilden seitdem ein bis heute aktuelles Spannungsfeld für Auseinandersetzungen (s.u.). Den wichtigsten Entwicklungsimpuls in den achtziger Jahren bildete anschließend die Regionalförderung des thailändischen NESDB3. Die bis dahin vornehmlich zentralistische Planungspolitik förderte in ihrem 4. und 5. Fünfjahresplan in den Jahren von 1977 bis 1986 (SCHÄTZL 1992, SCHLÖRKE 1992, JANISCH 1988) erstmalig eine Palette von Regionalstädten, mit dem Ziel, einerseits die überquellende Hauptstadt zu entlasten, anderseits in den Peripherregionen des Landes Impulse für eine wirtschafltiche Dezentralisierung zu setzen. Zu den geförderten Städten gehörte auch Khon Kaen als regionales Oberzentrum Isans. Der damit verbundene Aufund Ausbau von Universität, Verwaltung und Infrastruktur schaffte hier einen deutlichen Entwicklungsschub und die Rahmenbedingungen für die Ansiedlung von Gewerbeund Dienstleistungsbetrieben. Die Förderung in dieser Höhe dauerte jedoch nicht lange an. Bereits in seinem 6. Entwicklungsplan (ab 1987) kehrte Thailand zurück zu einer wachstumsorientierten Schwerpunktförderung der Hauptstadtregion zurück (SCHÄTZL 1992), um diese für den Wettbewerb der asiatischen Metropolen auf dem globalen Markt auszubauen. 3 14 2 0 0 0 National Economical and Social Development Board. 1 / 2 2 0 0 0 3. Regionalentwicklung und regionale Unterschiede in der Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur Nordost-Thailands in den neunziger Jahren All diese Aspekte haben dazu geführt, daß die einheitliche Formel vom „Armenhaus“, die Nordosthailand früher im Fremdimage vieler Akteure hatte, und die manche Reiseführer bis heute als eine Art „geographical imagination“ (i.S.v. GREGORY 1994) tradieren, in den 90er Jahren nicht mehr zutrifft. Der Schein einer relativ homogenen Peripherregion existiert höchstens noch aus der Außenperspektive einer national-makroskopischen Betrachtung. Ein genauerer Blick enthüllt ein sehr viel heterogeneres Bild. Er zeigt innerregionale Unterschiede, die in ihrem relativen Ausmaß beträchtlich sind und zu einer deutlichen räumlichen Differenzierung geführt haben. Bereits die naturräumliche Gliederung Nordostthailands bildet eine erste Grundlage für die unterschiedliche Entwicklung verschiedener Teilräume, die bereits von DONNER 1978, KUBINIOK 1990, LÖFFLER & MAAS 1992 u.a. beschrieben worden ist und deswegen an dieser Stelle nur stichwortartig resumiert werden soll. Obwohl das KhoratPlateau oft als vergleichsweise wenig gegliederte, teilweise „eintönige“ Landschaft geschildert wird, lassen sich doch bereits auf den ersten Blick verschiedene Landschaftseinheiten herausgliedern, allen voran die Grenzgebirge der Petchabun-Berge nach Westen und die Dhom Rek Randschwelle nach Süden, wo auch die politische Grenze zu Kambodscha verläuft. Im Zentralbereich des Plateaus muß man dann die Beckenlandschaften der großen Flußsysteme von Mun, Chi und Songkram herausgliedern, die sich mit ihren jungen Flußterrassen- und Auenbereichen vom sonstigen flachwelligen Relief THAILAND- R u n d s c h a u unterscheiden. Auch der Mekhong, der heute die Grenze zu Laos und Teilen Kambodschas markiert, bildet eine eigenständige Teilregion, nicht nur in naturräumlicher, sondern auch in politisch-geographischer und wirtschaftsgeographischer Hinsicht. Wichtiger als die landschaftliche Großgliederung sind jedoch die geoökologischen Probleme, die sich aus der naturgeographischen Situation in Isan ergeben und bis heute die Entwicklung der Region hemmen. Drei davon müssen besonders erwähnt werden, weil sie sich insbesondere auf den Haupterwerbszweig Isans, die Landwirtschaft, beschränkend auswirken. Es handelt sich um 1. die weitgehende Entwaldung(HIRSCH 1987, COLCHESTER & LOHMANN 1993), die unter den wechselfeuchten tropischen Bedingungen in kürzester Zeit zu massiver Bodenzerstörung führen kann, 2. die Versalzung der Böden, die v.a. auf einer Mobilisierung fossiler Salzvorkommen im Zuge einer unangepaßten Landwirtschaft beruht (vgl. PANICHAPONG 1985, LÖFFLER & KUBINIOK 1988), 3. die Problematik der Wasserverfügbarkeit, die sich in Isan saisonal sehr unterschiedlich ausprägen kann: in einem zuviel an Wasser in Form großflächiger Überschwemmungen während der Regenzeit bzw. in extremer Wasserknappheit während der Trockenzeit. Aufgrund der oben angesprochenen Entwicklungen und Probleme haben sich die verschiedenen Teilräume Isans in den letzten 2030 Jahren erheblich auseinanderentwickelt. Dies zeigen exemplarisch Bevölkerungs- und Wirtschaftsdaten aus der ersten Hälfte der 90er Jahre. Um eine kleinräumigere Regionalisierung durchzuführen, sind die in der Literatur teilweise verwendeten Daten auf Changwat-Ebene (Provinzen) ungeeignet. 15 THAILAND- R u n d s c h a u Man muß stattdessen auf Datenmaterial aus den Amphoe (Distrikte) zurückgreifen. Mit seiner Hilfe kann man ein genaueres Verteilungsmuster von Aktiv- und Passivräumen herausarbeiten und es mit der natur- und kulturgeographischen Ausstattung und Geschichte begründen. Das dabei verwendete Datenmaterial muß jedoch, den Rahmenbedingungen der statistischen Berichterstattung Thailands entsprechend, kritisch betrachtet werden. Zwar liegen aus (fast) allen Amphoe die erforderlichen Daten vor, aber z.B. für manche Grenz- und Bergregionen Nordostthailands können sie sicher nur Näherungswerte darstellen. Das liegt an einer Reihe von Einflußgrößen, die selbst für die örtlichen Beamten der Distriktverwaltungen kaum genau zu kalkulieren sind, z.B. − das Ausmaß der Bevölkerungsmobilität in den unübersichtlichen, semipermeablen Grenzregionen; − das Ausmaß „illegaler“ Siedlungs- und Rodungstätigkeit in Berggebieten, Forest Reserve Areas oder entlang der Grenzsäume zu den Nationalparks, sowie, damit verbunden, − die Anzahl der Bevölkerung, die Größe ihrer landwirtschaftlichen Nutzfläche etc.; und natürlich auch − die multiplen, oft zumindestens teilweise informellen Beschäftigungsverhältnisse, die die statistische Zuordnung eines Haushaltes zu einem Berufszweig bzw. Beschäftigungssektor fragwürdig erscheinen läßt. Die nachfolgende Auswertung versucht, diese Einschränkungen dahingehend zu berücksichtigen, daß sie die Daten nur im Sinne von Größenordnungen, d.h. in stark generalisierter, klassifizierter Form interpretiert. Sie 16 1 / 2 2 0 0 0 verzichtet bewußt auf die ansonsten etablierten Verfahren multivariater Regionalanalysen, um einer Überinterpretation vorzubeugen. Bereits die Daten zur Bevölkerungsdichte enthüllen erhebliche Unterschiede innerhalb der Region (vgl. Abb. 4). Sie sind zwar in ihrer Größenordnung bei weitem nicht mit den Relationen zwischen Nordostthailand und der Bangkok Metropolis vergleichbar, dennoch kann man anhand der relativen Unterschiede deutliche Schwerpunkte der Bevölkerungsverteilung in Nordostthailand erkennen. Zunächst weist die Bevölkerungsdichte ein Kern-Rand-Gefälle auf. Dem stärker besiedelten Zentrum stehen die bevölkerungsärmeren Peripherien der Region gegenüber. Besonders dünn besiedelt sind die östlichen Grenzgebiete zu den lange Jahre abgeschotteten sozialistischen Nachbarstaaten Laos und Kambodscha. Dies gilt auch für die Bergregionen der Petchabun-Kette, die das nordostthailändische Khorat-Plateau von Zentralthailand trennen. Doch auch das bevölkerungsreichere Zentrum Isans läßt sich räumlich weiter differenzieren. Es weist zwei Bevölkerungsschwerpunkte auf: − einen größeren zentral-südlichen Bevölkerungsschwerpunkt, sowie − einen nördlichen, kleineren Bevölkerungsschwerpunkt, (am Mekhong entlang, südlich bis Udon Thani). Aus dieser Matrix regional höherer Bevölkerungsdichtewerte treten noch einmal eine Reihe dichter besiedelter Amphoe hervor. Sie sind bandartig verbunden und bilden auf diese Weise ein Dreieck zwischen den Regionalzentren Khon Kaen, Khorat und Ubon Ratchathani, und eine Linie von Khorat im Südwesten über Khon Kaen und Udon Thani bis nach Nong Khai, dem nördlichen 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 R u n d s c h a u Abb. 4 Abb.4 Grenzübergang nach Laos. Als Knoten an diesen „Dichtebändern“ liegen, aufgereiht wie Perlen an der Schnur, die größeren (Land-) Städte der Nordost-Region mit regionalen Spitzenwerten4, allen voran Khorat (mit fast 500 Ew/km2)5, gefolgt von Khon Kaen und Udon Thani, beide mit ca. 330 Ew/km2. 1. Die natürlichen Voraussetzungen der Landwirtschaft, welche immer noch den Haupterwerbszweig Isans bildet. Sie gliedern die Region in agrarische Gunstund Ungunsträume, was sich in einer entsprechenden Bevölkerungstragfähigkeit niederschlägt. Die innerregionalen Unterschiede in der Bevölkerungsdichte Nordost-Thailands folgen damit einem flächigen und einem linearen, hier punktaxialen Prinzip. Zwei hauptsächliche Einflußgrößen sind für dieses Muster verantwortlich und sollen im folgenden etwas näher diskutiert werden: 2. Die moderne Verkehrserschließung des Isan. Sie führte zu einer linienhaften Überprägung und Akzentuierung des traditionellen Musters der Bevölkerungsverteilung. 4 im Süden Isans zwischen Nakhon Ratchasima und Ubon Ratchathani: Buri Ram, Surin und Si Sa Ket; ebenso zwischen Khon Kaen und Ubon Ratchathani: Maha Sarakham, Roi Et und Yasothon. 5 Die Bevölkerungsdichtewerte für die Amphoe Nordostthailands wurden ermittelt mit Hilfe der Bevölkerungsanzahl aus dem thailändischen Zensus und einer Flächenberechnung der digitalisierten Amphoe mit Hilfe von Atlas-GIS. Die Zahlen können daher aufgrund der bei einer Digitalisierung möglichen kleineren Ungenauigkeiten leicht von Dichtewerten aus anderen Quellen abweichen. Die Landwirtschaft ist bis in die Gegenwart die mit Abstand dominierende Erwerbsquelle der Bevölkerung Nordost-Thailands. Die Agrarquote liegt mit 86 % im regionalen Durchschnitt enorm hoch. Sie übersteigt den Wert für Gesamtthailand um 22%6 und bewegt sich damit auf dem Niveau eines wenig industrialisierten Entwicklungslandes. Dies 6 Zahlen berechnet nach National Statistical Office, Office of the Prime Minister: Key Statistics of Thailand 1993. - Bangkok, o.J. 17 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Abb. 5 Abb.5 hängt zusammen mit den fehlenden Alternativen: größere Rohstoffpotentiale sind nicht vorhanden7 und gegen eine Industrialisierung auf der Basis anderer Standortfaktoren sprechen v.a. Marktferne und Transportdistanzen (Inlandlage, unzureichende infrastrukturelle Anbindung und Binnenerschließung, Entfernung von Bangkok als Drehscheibe des nationalen und internationalen Güterumschlags, etc.). Allenfalls das Prinzip der „verlängerten Werkbänke“ konnte zu ersten Industrialisierungsansätzen führen, konzentriert sich jedoch auf den zentrumsnahen Südwestzipfel des Isan, d.h. auf die Region um Khorat. Aus diesem Grund kann die Agrarquote auch heute noch als wichtigster Indikator für regionale Disparitäten in der Erwerbsstruktur 7 abgesehen von lokalen Salzlagerstätten, deren Beschäftigungswirkung gering und deren Abbau ökologisch ausgesprochen umstritten ist. 18 Nordostthailands dienen. Dabei treten in verschiedenen Teilregionen beträchtliche Abweichungen vom Landesdurchschnitt hervor. Der Anteil der Haushalte, die ihr Haupteinkommen aus der Landwirtschaft beziehen, schwankt zwischen 35 und 95%. Verknüpft man die Angaben zur Bevölkerungsdichte mit der Agrarquote, so kann man daraus eine Binnenregionalisierung Nordostthailands mit deutlichen Unterschieden ableiten (Abb. 5). Dabei soll es nicht um eine „pseudoexakte“ Grenzziehung gehen, die auf dieser Datenbasis nicht sinnvoll wäre, sondern um eine stärker generalisierende Unterscheidung von drei für den Isan grundlegenden Regionstypen, zwischen denen sich breite Übergangszonen finden. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 Abb. 6: R u n d s c h a u Die Mehrfachorientierung der Existenzgrundlage, dargestellt am Beispiel einer Familiie aus einem Dorf am Mun-River, Amphoe Rasi Salai Abb.6 Es sind: erstens: Teilregionen mit überdurchschnittlicher Bevölkerungsdichte und hoher Agrarquote, − zweitens: Teilregionen mit geringer Bevölkerungsdichte und hoher Agrarquote, − drittens: Teilregionen mit hoher Bevölkerungsdichte und (vergleichsweise) niedriger Agrarquote. Teilregionen mit überdurchschnittlicher Bevölkerungsdichte und hoher Agrarquote Solche Gebiete findet man vor allem in den agrarischen Gunsträumen des Isan, d.h. dort, wo ganzjährig ausreichend Wasser vorhanden ist, und die Böden sich, wenn auch weniger gut wie in der Zentralebene, für den Naßreisanbau eignen. Wegen der saisonalen Trockenzeiten sind solche Bedingungen vor allem im Einzugsbereich der großen Flüsse der Nordostregion gegeben. Zentren solcher bevölkerungsreichen landwirtschaftlichen Gunstregionen sind die Mittelläufe der Flüsse Mun, Chi und, etwas schwächer ausgeprägt, des Songkram und seiner Nebenflüsse im Becken von Sakhon Nakon. Entsprechend höher ist in diesen Bereichen auch die Bevölkerungstragfähigkeit. Die Dichtewerte erreichen hier z.T. um 200 Ew./km2. Sie liegen deutlich über dem nordostthailändischen Durchschnitt. Auch der Anteil von Haushalten, die ihr Einkommen primär aus der Landwirtschaft beziehen, ist mit über 85 % sehr hoch, weil ein Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche hier aus „downland“ mit Reispaddys besteht, ergänzt je nach lokalen Verhältnissen durch „upland“Crops. Erfragt man jedoch beispielhaft etwas genauer die Erwerbsstruktur einzelner Haushalte, zeigt sich natürlich auch hier wieder die für thailändische Verhältnisse übliche Mehrfachorientierung des Einkommens. Neben der Landwirtschaft spielt ganz besonders die saisonale Fremdarbeit von Familienmitgliedern in Bangkok, den Touristenzentren Südthailands oder im Ausland eine bisweilen tragende Rolle8 (vgl. Abb. 6). Zusätzlich versuchen die zu Hause bleibenden Familienmit- 8 Dieser Aspekt trat bei Aufenthalten in den Dörfern und Gesprächen mit Bewohnern in den Provinzen Roi Et und Surin immer wieder deutlich hervor. Er zeigt ein weiteres Mal, daß die zugrunde liegenden Zensusdaten mit aller Vorsicht und nur in Form klassifizierter Größenordnungen interpretiert werden dürfen. 19 THAILAND- R u n d s c h a u glieder, mit Hilfe weiterer, meist kleinerer Nebentätigkeiten das Einkommen aufzubessern. Nach Regionen und Ertrag sehr unterschiedlich zählt dazu beispielsweise die lokale, meist saisonale Fischerei, die Köhlerei, aber auch die Seidenraupenzucht, die Weberei oder kleineres Kunst- oder Gebrauchshandwerk etc. Ansätze von Industrie oder Gewerbe sind in diesen Regionen noch vergleichsweise selten und stehen zumeist im Zusammenhang mit der land- oder forstwirtschaftlichen Produktion ihres lokalen Einzugsgebietes. Teilregionen mit geringer Bevölkerungsdichte und hoher Agrarquote Diesen Typus findet man vor allem in den Grenz- und Bergregionen Nordost-Thailands. Aufgrund fehlender Erwerbsalternativen leben hier zwar oft mehr als 85 % der Haushalte vorwiegend von der Landwirtschaft, aber den schlechten agrargeographischen Rahmenbedingungen entsprechend sinkt die Bevölkerungsdichte in solchen Distrikten auf die geringsten Werte Nordostthailands, nicht selten findet man Amphoe mit weniger als 50 Ew./km2. Als Beispiel seien die im Westen verlaufenden Petchabun-Berge genannt. Günstigere landwirtschaftliche Bedingungen finden sich dort nur in den wenigen, in Nord-SüdRichtung verlaufenden intramontanen Tälern. Ansonsten begrenzen neben Hangneigung und geringer Bodenfruchtbarkeit eine Reihe von Faktoren die Siedlungs- und Anbaumöglichkeiten: − In den Petchabun-Bergen befinden sich Waldschutzzonen und Nationalparks, die die geringen Restwaldbestände zu schützen versuchen. Sie schränken die Siedlungs- und Wirtschaftsmöglichkeiten der lokalen Bevölkerung ein. 20 1 / 2 2 0 0 0 − Daneben zeugen, oft unmittelbar angrenzend an die Waldschutzgebiete, ökologisch verwüstete Bergregionen von den Folgen der exzessiven Entwaldung der 70er Jahre. Hier hat nach dem Holzeinschlag und einer kurzen landwirtschaftlichen Folgenutzung die massive Bodenerosion viele Hügel in nahezu unfruchtbare Grassteppen-Landschaften verwandelt. Auch viele der Amphoe an der Grenze zu den Nachbarländern Laos und Kambodscha haben geringe Bevölkerungsdichten und hohe Agrarquoten. Dies hat hier natürlich, neben den landwirtschaftlichen Ungunstfaktoren, vor allem seit den Indochinakriegen auch militärstrategische Ursachen, denn sie werden bis heute durch die fortdauernden Unruhen, insbesondere in Kambodscha, in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung gehemmt. Teilregionen mit überdurchschnittlicher Bevölkerungsdichte und (vergleichsweise) geringer Agrarquote Diese zwar zunehmenden, aber immer noch vergleichsweise wenigen Gebiete bilden die lokalen Wachstumspole Nordostthailands und weisen Ansätze einer nichtagrarischen Entwicklung auf. Ihr räumliches Verbreitungsmuster ist nicht flächen-, sondern punkt- oder linienhaft; ihre Bedeutung resultiert neben Verwaltungs- und Versorgungszentralität vor allem aus der Lage an überregionalen Verkehrswegen9 und aus der damit verbundenen günstigeren Situation für die Ansiedlung von Gewerbe- und speziellen Dienstleistungsbetrieben. Die wichtigste dieser Verbindungsachsen bildet zweifellos der Friendship-Highway. Er verknüpft den Nordosten mit der Hauptstadt Bangkok, an ihm liegen die größeren Städte des Isan: Khorat und Khon Kaen, sowie 1 / 2 nördlich folgend Udon Thani und die im Zuge der laotischen Öffnung immer wichtiger werdende Grenz- und Handelsstadt Nong Khai. Die Amphoe am Südwestzipfel der Region, d.h. an der hauptstadtnächsten Stelle, verzeichnen mittlerweile deutliche Ansätze einer beginnenden Industrialisierung. Dabei tritt Khorat (Nakhon Ratchasima) noch einmal besonders hervor, in dessen Industrial Areas sich sogar neben den üblichen lohnkostenintensiven Zuliefer- und Fertigungsbetrieben auch erste technologieorientierte Unternehmen finden lassen. Zum zweiten regionalen Entwicklungpol am FriendshipHighway schwang sich Khon Kaen empor, dessen Aufschwung vom thailändischen National Economical and Social Development Board NESDB während der 80er Jahre mit erheblichen Fördermitteln angeschoben wurde. In beiden Regionalzentren sinkt die Agrarquote unter 50%10. Die günstige Verkehrslage führte jedoch auch in einer Reihe von Anrainer-Amphoe zu beginnenden Ansätzen einer Industrialisierung, vorzugsweise in Nachbarschaft der großen Städte oder an der Einmündung von Verbindungsstraßen ins westliche und östliche Hinterland (z.B. Ban Phai südlich von Khon Kaen, Khumpawapi südlich von Udon Thani). Das Entwicklungsband entlang des Friendship-Highway ist damit ingesamt ein Musterbeispiel für die Bedeutung des Zeitund Distanzfaktors und entsprechend der Verkehrserschließung für die Ausbildung innerregionaler Unterschiede in Nordostthailand. Die regionalökonomische Rolle dieser Achse steigt noch dadurch, daß parallel dazu die einzige überregionale Eisenbahntrasse Isans verläuft. Sie führt von Bangkok bis Nong Khai und soll in den nächsten Jahren 9 THAILAND- 2 0 0 0 abgesehen von wenigen abgelegeneren Amphoe mit Provinzverwaltungsstädten (z.B. Loei, Nakhon Pathom). R u n d s c h a u über die Friendship-Bridge auch die laotische Hauptstadt Vientiane jenseits des Mekhong anbinden. Die zweitwichtigste Verkehrsachse erschließt den Isan von Westen nach Osten. Sie biegt vom Friendship-Highway in Nakhon Ratchasima ab und führt durch die Südprovinzen bis zum südöstlichen Regionalzentrum Ubon. Eine Verlängerung bis nach Vietnam ist geplant, tagespolitische Ereignisse in den Nachbarländern Laos und Kambodscha zögern die Realisierung jedoch bisher hinaus. Auch diese Verkehrsachse induziert regionales Wachstum, an ihr liegen perlschnurartig die Provinzhauptstädte Buri Ram, Surin und Si Sa Ket. Eine dritte innerregional wichtige Verbindungsstraße von Khon Kaen nach Ubon Ratchathani bildet zusammen mit der West-Ost-Verbindung und dem Friendship-Highway ein Wachstumsdreieck, dessen insgesamt strukturförderne Funktion für den Süden Isans sich auch in der Karte der Bevölkerungsdichte mit deutlich höheren Werten niederschlägt. Die großen intraregionalen Disparitäten in Nordostthailand zeigen, daß „Armut und Aufbruch“ in Nordostthailand ein auch nach Teilregionen sehr unterschiedliches Gesicht und eine unterschiedliche Dynamik haben. Die Bevölkerung geht für die Zukunft mit sehr verschiedenen Potentialen bzw. Problemen an den Start. In den Wachstumspolen der Region, am deutlichsten in Khon Kaen, Korat und einigen anderen Mittelstädten, verbessern sich die Erwerbs- und Verdienstmöglichkeiten zusehens. Die Öffnung der benachbarten, lange isolierten Indochinastaaten wird diesen Trend wahrscheinlich weiter unterstützen. Auf dieser Grundlage entwickeln sich in den nordostthailändischen Aktivräumen 10 ein für Nordostthailand natürlich sehr niedriger, im Vergleich mit der Region Bangkok jedoch immer noch sehr hoher Wert. 21 THAILAND- R u n d s c h a u auch im sozialen Spektrum langsam neben den traditionellen Eliten der großen Händler und Gewerbetreibenden auch Ansätze einer bürgerlichen Mittelschicht. Sie besteht vornehmlich aus Akademikern und Verwaltungsangestellten. Deutlich anders stellen sich die Perspektiven in den strukturschwächeren, verkehrlich weniger gut angebundenen Peripherien Nordostthailands dar. Hier werden sich die bisherigen Erwerbsverhältnisse auch mittelfristig kaum verbessern. Selbst Innovationen in der Land- und Forstwirtschaft stellen sich oft nach den ersten euphorischen Jahren der Erprobung später als nachhaltige Belastung für die geoökologischen Ressourcen und damit für die Erwerbsgrundlage der Bevölkerung dar. Die kontroverse Diskussion um den Einsatz schnellwachsender Eukalyptusarten, mittlerweile in Isan weitverbreitet, kann hier als Beispiel genannt werden (LÖFFLER 1990; „Deforestation by any other Name“: LOHMANN 1990). Angesichts dessen werden hier die meisten Familien ihr Einkommen traditionell weiter durch verschiedene Abb. 7: 1 / 2 Erwerbsquellen sicherstellen müssen. Die Arbeitsmigration ins Ausland (GEBHARDT 1998), nach Bangkok oder in die südthailändischen Zentren des Ferntourismus ist hier noch häufiger und notwendiger als in den landwirtschaftlich günstigeren Regionen Isans. Während damit die junge Generation, insbesondere die Männer im erwerbsfähigen Alter, oft an weit entfernten Arbeitsorten des In- oder Auslandes leben und teilweise nur zu den hohen Festtagen des Jahres, zum chinesischen Neujahrsfest im Januar oder zum thailändischen Songkram im April, nach Hause kommen, leben in den Dörfern nicht selten nur die Frauen und Kinder sowie die älteren Haushaltsmitglieder, die sich um die Landwirtschaft kümmern. 4. Konflikte in den Peripherien Nordostthailands Hieraus ist leicht abzulesen, daß ein „Aufbruch aus der Armut“ in den Peripherregionen am schwierigsten sein wird. Zu den lokalen Hindernissen kommt hinzu, daß gerade hier durch Fremdsteuerung von außen, Aktuelle Konfliktthemen in Nordostthailand (ausgewählte Schlagzeilen aus der Bangkok Post und anderen Zeitschriften 1995-1997) Abb.7 22 2 0 0 0 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 d.h. durch nationale und auch internationale Interessen, die Existenzgrundlage der einheimischen Bevölkerung zusätzlich eingeschränkt wird. Das hat drei Hauptursachen: 1. die ökologisch mitbedingte Ausweitung von Nationalparks und Reforestation Areas, 2. der Bau von Staudämmen, sei es zur Bewässerung oder zur Gewinnung von Hydroenergie, sowie, eher punktuell, 3. die z.T. veralteten, umweltschädigenden großindustriellen Verarbeitungsbetriebe nationaler oder internationaler Unternehmen. Doch mittlerweile nimmt die lokale Bevölkerung diese überregionalen Eingriffe zunehmend nicht mehr widerspruchslos hin, sondern beginnt, sich dagegen zu wehren (Abb. 7). In diesem Trend findet das Thema „Armut und Aufbruch“ seine aktuellste Abb. 8: R u n d s c h a u Brisanz. Der Widerstand kann als erster Schritt gesehen werden, selbst die Initiative zu ergreifen, und seinen „Aufbruch“, seine Lebens- und Erwerbschancen, eigenständig mitzugestalten. Dieser Aspekt soll abschließend kurz skizziert werden, weil er für das Selbstverständnis, die regionale Identität und die regionale Entwicklung Isans eine zunehmend wichtigere Bedeutung bekommt. Im Verlauf der Jahre und der Konflikte hat sich in Isan ein für Thailand einzigartig vielfältiges und dichtes Netzwerk von Peoples Organisations, Grassroot-Organisations und Non-Governmental-Organisations gebildet, das die lokale Bevölkerung unterstützt. Stellt man diese verschiedenen Bewegungen „von unten“ in Nordostthailand zusammen, so zeigt sich bereits, welche Bedeutung ihr im Netzwerk der Akteure und Entscheidungsträger heute zukommt. Eine erste umfassende Bestandsaufnahme Raumbezogene Konflikte in Nordostthailand Abb.8 23 THAILAND- R u n d s c h a u aktueller Regionalkonflikte im Nordosten Thailands wurde 1994 an der Khon Kaen University erarbeitet (KUNURAT et al 1995). Sie listet über 900 Konfliktfälle auf. Ergänzt man diesen Überblick um eine Auswertung ausgewählter Printmedien und der ständig zunehmenden grauen Literatur, so kristallisieren sich inhaltlich gesehen drei Schwerpunkte heraus (vgl. Abb. 8): • Landnutzungs- und Landverteilungskonflikte • Konflikte um Wassernutzung, Staudämme und Hydroenergie • Konflikte um andere natürliche Ressourcen und Potentiale Nordostthailands Die Landnutzungs- und Landverteilungskonflikte machen, rein quantitativ gesehen, mehr als die Hälfte der Auseinandersetzungen aus. Dreh- und Angelpunkt dabei ist die Landvergabe. Das ist nicht verwunderlich, denn mit diesem Verfahren leitet man derzeit die alten, informellen, oft noch auf mündlicher Absprache und Gewohnheitsrecht beruhenden Traditionen der Landnutzung und Landverteilung in ein System über, das auf schriftlicher Grundlage beruht und formalrechtlich eher westlichen Eigentumsprinzipien entspricht. Damit ist klar: hier werden nicht nur Nutzungsrechte, sondern auch territoriale Machtpotentiale für die Zukunft neu verteilt. Die Situation bei der Landvergabe verkompliziert sich dadurch, daß sich in den letzten Jahren eine Reihe unterschiedlicher Programme abgewechselt, teilweise sogar nebeneinander existiert haben, so etwa das Khor jor Kor-Programm des Militärs (PHONGPAICHIT 1994), das Sor Tor KorProgramm des Royal Forestry Department und das derzeit favorisierte Sor por KorProgramm, um nur drei Beispiele zu nennen. Sie unterscheiden sich erheblich, sowohl in der Größe der zugeteilten Grundstücke als 24 1 / 2 2 0 0 0 auch in den damit verbundenen Nutzungsauflagen und rechtlichen Beschränkungen. Räumlich gesehen sind die Auseinandersetzungen um Landnutzung und -verteilung dann besonders schwierig, wenn sie in den Randgebieten von Waldschutzzonen oder Nationalparks stattfinden. Hier stehen sich die ökonomischen und ökologischen Interessen der unterschiedlichen Konfliktparteien gegenüber und besitzen, je nach Sichtweise, gleichermaßen berechtigte Ansprüche. Bei der Ausweisung oder Ausweitung von Nationalparks beispielsweise werden vielfach die dort ansässigen Kleinbauern umgesiedelt, nicht selten gegen ihren Willen, zuweilen sogar unter Einsatz des Militärs. Zum Teil verlegte man selbst alteingesessene Dörfer, die in den größtenteils jungbesiedelten Bergund Waldgebieten Isans eher eine Rarität darstellen. So verwundert es nicht, wenn Teile der umgesiedelten Bevölkerung bereits kurze Zeit später aus ihren „Auffanggebieten“ wieder als „illegale Siedler“ an ihre alten Siedlungsplätze zurückkehren. Doch es sind nicht nur die Siedler mit langen Gewohnheitsrechten, ständig versuchen auch landlose Kleinbauern aus anderen Teilen des Nordostens ihr Glück in den Grenzsäumen der Nationalparks. Neue Siedlungen entstehen oft „über Nacht“ und sukzessive finden dann auch Rodungen oder Holzeinschlag in den Waldschutzzonen oder Nationalparks statt. Den zweiten Schwerpunkt solcher Auseinandersetzungen in Isan bilden, wie oben bereits erwähnt, Konflikte um Stauseen und Staudämme, die der Gewinnung von Hydroenergie und/oder der Wasserregulation und versorgung dienen. Der Protest gegen den Phak Mun Damm erlangte vor wenigen Jahren bereits internationales Aufsehen (TANGWISUTIJIT 1994, LOHMANN 1991). Mittlerweile sind fast alle laufenden oder geplanten Staudammprojekte in Nordostthai- 1 / 2 2 0 0 0 land von gegenläufigen Aktionen der Betroffenen begleitet, zumeist mit Unterstützung der regionalen NGOs. Im einzelnen kann der Protest jedoch sehr unterschiedliche Wurzeln haben. Er kann sich drehen: − um die Verhinderung geplanter Staudammbauten wie am Unterlauf des Songkram, die bereits während der Planungsphase des Projektes stattfinden; − um die Einstauhöhe (bei der im flachwelligen Relief bereits wenige Meter Unterschied erhebliche Auswirkungen auf die Anteile verbleibenden bzw. versinkenden Agrarlandes haben können); − um Landverteilung und Folgenutzung in den neuen Uferbereichen; − um die Entschädigung für Umsiedlung oder untergegangenes Agrarland (z.B. am Mun River im Amphoe Rasi Salai). Schließlich bilden andere ressourcenorientierte Konflikte eine dritte inhaltliche Kategorie von Auseinandersetzungen. Diese muß jedoch noch einmal in eine Reihe einzelner, inhaltlich und von der Problematik her sehr unterschiedliche Teilaspekte gegliedert werden, wobei drei besonders herausragen: der umstrittene Anbau schnellwachsender Eukalyptusarten und die entsprechenden ökologischen Folgen, die Folgen der agroindustriellen Inwertsetzung, z.B. im Umfeld der z.T. ökologisch problematischen holzverarbeitenden Großbetriebe und der Abbau von Salzvorkommen mit entsprechenden Folgeproblemen für Bodenverhältnisse und Gewässerbelastung. Bereits dieser kurze Überblick zeigt, daß viele Menschen in Nordostthailand zunehmend bereit sind, gegen die übergeordneten Interessen eigene Impulse für einen „Aufbruch von unten“ zu entwickeln. Die Grassroot und NGO-Bewegungen Nordost- THAILAND- R u n d s c h a u thailands haben mittlerweile einen national herausgehobenen Status und internationale Bekanntheit erlangt. Seit einigen Jahren arbeiten sie nicht mehr nur einzeln, sondern finden sich auch zu koordinierten Aktionen zusammen, die ihren Interessen eine größere Beachtung verleihen. So haben sich beispielsweise im „Forum of the Poor“ eine Reihe von Nicht-Regierungs-Organisationen mit der einheimischen Bevölkerung zusammengeschlossen, um gemeinsam für die Interessen Isans in Bangkok zu demonstrieren. Weltweit bekannt geworden ist mittlerweile ihre jährliche Aktion, das sogenannte „Village of the Poor“. Dabei ziehen Menschen aus allen Konfliktregionen Nordostthailands nach Bangkok und errichten entlang des Parlamentsgebäudes ein provisorisches Zeltdorf. In wöchentlich wechselnden Schichten übernachten sie dort z.T. über mehrere Monate lang auf der Straße und machen auf diese Weise auf die existenziellen Probleme aufmerksam, mit denen sie in den Peripherregionen Isans zu kämpfen haben („Resolute protesters set up the „Village of the Poor“. BANGKOK POST, 22.04.1996; „Protester´s resolution on table“. THAILAND TIMES, 22.04.1996.). So euphorisch und positiv solche partizipativen Ansätze aus der normativen Perspektive westlich-demokratischer Gesellschaftsordnungen klingen mögen, so sehr muß man sich doch davor hüten, diese Interessenskonflikte vorschnell zu bewerten oder gar, nach dem üblichen „David-gegen-Goliath Schema“, zu romantisieren. In den meisten Fällen kann man das Geschehen kaum mit solch gängigen Schwarz-Weiß-Mustern erfassen, wie erste empirische Untersuchungen von Beispielkonflikten in den PetchabunBergen, am Mun-River und in den Nationalparks an der kambodschanischen Grenze bereits gezeigt haben. Z.B. verfolgt die von der 25 THAILAND- R u n d s c h a u lokalen Bevölkerung nicht selten als Fremdsteuerung kritisierte Ausweitung von Waldschutzgebieten gleichzeitig einem ökologischen Erhaltungsideal, das von großen Teilen der internationalen Gemeinschaft mit Beifall begrüßt wird. Dasselbe internationale Verständnis schlägt dann oft jedoch auch denjenigen Non-Governmental Organisations entgegen, die sich auf der Seite der Dorfbewohner für das Recht der lokalen Bevölkerung auf ihre eigene Existenz und die eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Umwelt einsetzen. Bereits diese wenigen Gedanken zeigen, wie sehr die Einschätzung der Situation von den Normen und Wertvorstellungen abhängt, mit denen man sie beleuchtet. Der „Aufbruch von unten“ in Nordostthailand wird vor diesem Hintergrund zu einem der interessantesten zukünftigen Herausforderungen nicht nur für die Akteure aus Isan, sondern gleichermaßen für die zentralen politischen und planerischen Institutionen des thailändischen Staates in Bangkok. Die dabei auftretenden Konflikte sollen in den kommenden Jahren aus politisch-geographischer Perspektive weiter untersucht werden (vgl. auch Reuber 1999). 5. Zusammenfassung und Ausblick Nordostthailand, das vor 20-30 Jahren noch pauschal als das „Armenhaus“ des Landes galt, ist heute sicher immer noch die Region in Thailand mit den größten Entwicklungsrückständen und ebenso großen Problemen für die Zukunft. Dennoch hat hier in der jüngeren Vergangenheit eine beachtliche Entwicklung stattgefunden, die es nicht länger erlaubt, den Isan insgesamt als Peripherregion Thailands abzuqualifizieren. Das Bild ist differenzierter geworden, die Region weist in den neunziger Jahren mittlerweile deutliche innere Unterschiede auf, die sich in Zukunft wahrscheinlich weiter verstärken werden. Ein kleinräumiger Vergleich auf der 26 1 / 2 2 0 0 0 Ebene von Amphoe (Kreise) enthüllt dabei ein räumliches Muster verschiedener Teilregionen, dessen Anordnung einem zentralperipheren und einem punktaxialen Prinzip folgt. Er präpariert drei Typen von Teilregionen heraus, zwischen denen sich breitere Übergangszonen befinden: erstens Teilregionen mit überdurchschnittlicher Bevölkerungsdichte und hoher Agrarquote, zweitens Teilregionen mit geringer Bevölkerungsdichte und hoher Agrarquote und drittens Teilregionen mit hoher Bevölkerungsdichte und (vergleichsweise) niedriger Agrarquote. Die beiden wesentlichen Ursachen dieser regionalen Binnendifferenzierung muß man in der unterschiedlichen landwirtschaftlichen Tragfähigkeit und in den Leitlinien der modernen Verkehrserschließung Isans sehen. Die räumliche Entwicklung folgt dabei heute weitgehend dem freien Spiel der vorhandenen Potentiale und der marktwirtschaftlichen Kräfte. Zeit- und Transportdistanzen nach Bangkok werden damit auch zukünftig in starkem Maße mit über Industrialisierungsansätze entscheiden. Sie werden, so scheint es zumindestens im Augenblick, die innere Dichotomisierung der Nordostregion weiter beschleunigen. Auf dieser Grundlage ist es nicht verwunderlich und sehr verständlich, wenn sich gerade in den Peripherregionen Isans heute verstärkt auch die lokale Bevölkerung mit Unterstützung von NGOs dafür einsetzt, ihren eigenen Aufbruch aus einer ökonomisch und existenziell oft unbefriedigenden Situation selbst mitgestalten zu wollen. Diese Entwicklung, die für Nordostthailands Zukunft bei allen Problemen der Auseinandersetzung neue Möglichkeiten innovativer Ansätze für eine endogene Regionalentwicklung birgt, wird man auch in Zukunft mit Spannung weiter verfolgen können. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 Literaturverzeichnis BEHRENDT, H. ET AL. (1991): Raumplanung in Entwicklungsländern - Dargestellt an Fallstudien aus Taiwan, Südkorea, Malaysia, Thailand und den Philippinen. Hannover. COLCHESTER, M. ; LOHMANN, L. (Hg.) (1993): The Struggle for Land and the fate of the forests. Land, Power and Forest Colonization in Thailand (S. 198-227). London, New Jersey. DONNER, W. 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Forschungsprojekte und Veröffentlichungen über den Isan zu folgenden Themen: a) Regionalentwicklung und Regionalanalyse in Nordostthailand, b) Ökologische Probleme und Konflikte in Nordostthailand, c) Neue soziale Bewegungen in Nordostthailand E-MaiI-Verteiler wird aufgebaut. Immer wieder erreichen uns sehr kurzfristig Hinweise auf Veranstaltungen, Ausstellungen und Tagungen sowie Kurzmeldungen mit interessanten Informationen zu Thailand. Leider kommen die meisten von ihnen zu kurzfristig, um sie in die nächste dann erscheinende TR aufzunehmen. Aus diesem Grund will die DTG jetzt einen kleinen E-Mail-Adressenverteiler aufbauen, für den sich jedes interessierte DTG-Mitglied gerne anmelden (und bei Nichtgefallen auch wieder abmelden) kann. Die E-Mail-Adressen werden selbstverständlich nicht weitergegeben. Interessenten an einem solchen Verteiler melden sich bitte per E-Mail unter der Adresse: kraas@giub.uni-bonn.de 28 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 R u n d s c h a u Thailands Bevölkerung vor 70 Jahren Übersetzung und Kommentierung eines Dokumentes zur thailändischen Volkszählung von 1929 Volker Grabowsky Das Königreich Thailand umfaßt eine Fläche von 513.000 km², auf der an der Schwelle zum 21. Jahrhundert mehr als 60 Millionen Menschen leben. Seit 1910 werden in Thailand in regelmäßigen Abständen, seit 1960 jeweils zu Beginn eines Jahrzehntes, Volkszählungen durchgeführt. Thailand ist neben Singapur das südostasiatische Land mit der gründlichsten statistischen Erfassung seiner Bewohner und einer konsequent durchgeführten Geburtenkontrolle, die die Nettoreproduktionsrate inzwischen auf ein Niveau absinken ließ, das mittel- und langfristig sogar einen Rückgang der einheimischen Bevölkerung erwarten läßt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts herrschten in Thailand oder Siam, wie das Land bis 1939 hieß, noch völlig andere demographische Verhältnisse. Diese waren gekennzeichnet von einer geringen Bevölkerungszahl, hohen natürlichen Zuwächsen und hohen Migrationsgewinnen (Zuwanderung von Chinesen). Im Jahre 1910 hatte Thailand etwas mehr als acht Millionen Einwohner. Mit anderen Worten: Innerhalb eines Jahrhunderts verachtfachte sich die thailändische Bevölkerung. Thailand ist ein Staat, auf dessen Territorium neben verschiedenen Tai-Völkern) (vor allem Siamesen, Lao und Nordthai) auch nationale und ethnische Minderheiten wie Chinesen, Khmer und Malaien leben. Die modernen thailändischen Volkszählungen liefern keine Daten mehr zu Muttersprache und nationaler Zugehörigkeit der Staatsbürger. Noch vor 70 Jahren war dies anders; der Zensus von 1929 war offenbar der letzte, der die nationale und ethnische Herkunft der Wohnbevölkerung zumindest problematisierte. Verglichen mit heute üblichen Standards war die Durchführung dieses Zensus ein äußerst problematisches Unterfangen. Der geringe Bildungsstand der Volkszähler und schwierige Verkehrswege stellten außerordentliche Herausforderungen an die Organisatoren. Die Schwierigkeiten wurden angenommen und gemeistert. Das nachfolgende Dokument stammt aus dem thailändischen Nationalarchiv (R.7, Mahatthai 4.4/2). Es vermittelt einen kleinen Einblick in die Vorbereitung, Durchführung und die Resultate dieser dritten auf nationaler Ebene durchgeführten thailändischen Volkszählung. Sie enthält noch viele Elemente, die aus der Zeit stammen, als in Siam spezielle Listen der zu Arbeits- und Militärdiensten rekrutierbaren männlichen Bevölkerung erstellt wurden. Damals wurden stets auch Zug- und Arbeitstiere wie Elefanten, Büffel und Rinder sowie Transportmittel (Boote, Ochsenkarren usw.) und Waffen gezählt. Diese sozial- und wirtschaftsgeschichtlich interessanten Daten fehlen in einem modernen „Population and Housing Census“. 29 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Abteilung für Statistik, Ministerium des Inneren, 12. November 1929 Bericht des Direktors der Abteilung für Statistik im Ministerium des Inneren an den Direktor der Verwaltungsabteilung Wir nehmen Bezug darauf, daß [seine Majestät] einen Zensus beschloß und den Stichtag für das Zusammentragen der Zensusergebnisse in den Gemeinden (tambon) und Dörfern (muban) auf den 15. Juli 1929, das Zusammenstragen [auf der Ebene] der Distrikte (amphoe), der Provinzen (cangwat) und der Kreise (monthon)1 auf den 15. September 1929 festlegte. Zu meinem Bedauern muß ich feststellen, daß das Ministerium des Inneren entgegen den Vorgaben keine befriedigenden Zensusergebnisse erhalten hat. Wir erhielten vollständige Ergebnisse erst am 29. Oktober, was mit Zwangslagen in einigen Regionen zusammenhängt. Überschwemmungen in vielen Provinzen und monthon beeinträchtigten stark die Kommunikationswege. Besonders der monthon Phayap war zeitlich im Verzug. Hier mußten die Ergebnisse aus der Provinz Mae Hòng Sòn abgewartet werden, wo weite Entfernungen unter Schwierigkeiten zurückzulegen waren. Hinzu kamen ungewöhnlich starke Regenfälle, was die Erschwernisse und zeitlichen Verzögerungen zusätzlich erhöhte. Jetzt hat das Amt für Statistik die Zensusergebnisse aus dem gesamten Königreich zusammengetragen. Sie wurden in diesem Bericht in acht Statistiken zusammengestellt, und zwar: 1. Statistik für das gesamte Land Nr. 1 2. Statistik über die Bevölkerung Nr. 2 3. Nationalitätenstatistik Nr. 3 4. Statistik über Herkunftsland der Nr. 4 [Angehörigen] verschiedener Nationalitäten 5. Statistik über Alter der Bevölkerung Nr. 5 6. Statistik über Krankheiten Nr. 6 7. Statistik über Berufe Nr. 7 8. Statistik über Transportmittel und Waffen Nr. 8 Die Ergebnisse und ihre Bewertung Für das gesamte Königreich gab es folgende Ergebnisse: a. Gesamtbevölkerung zuvor (1919): b. Heutige Gesamtbevölkerung: c. Absoluter Zuwachs: d. Prozentualer Zuwachs: 9.207.355 Personen 11.506.207 Personen 2.298.852 Personen 24,96 % Es ist völlig normal, wenn die vorgestellten Ergebnisse von den tatsächlichen Werten abweichen. Aber wir glauben, daß die Zahlen doch äußerst nahe an die tatsächlichen Werte herankommen. 1 Seit 1893 wurde das am westlichen kolonialen Vorbild orientierte System der Provinzverwaltung schrittweise im gesamten Königreich eingeführt. Beamte des von Prinz Damrong 1892 reorganisierten Innenministeriums überwachten die Einführung der Reformen in den sogenannten „Kreisen“ (monthon; Sanskrit: mandala) welche die müang als höchste Verwaltungseinheit unterhalb der gesamtstaatlichen Ebene ablösten 30 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 R u n d s c h a u Nach unserer Einschätzung liegen die Zensusergebnisse sehr wahrscheinlich unter den tatsächlichen Werten, doch sie sollten [von jenen] sicherlich nicht zu stark abweichen. Der Grund für meine Vermutung ist der, daß die Bevölkerung am Zensustag nicht gezwungen war, am Wohnort zu bleiben. Und selbst wenn es diesen Zwang gegeben hätte, wäre er kaum durchführbar gewesen. Es muß also einige Einwohner gegeben haben, die sich am Zensustag auf der Reise befanden, den Wohnort gewechselt hatten oder geschäftlichen Aktivitäten nachgingen (einschließlich der auf Booten lebenden nichtseßhaften Bevölkerung). Obwohl jenen Bevölkerungsgruppen die Auflage gemacht worden war, sich bis zum 19. September dem Zensus an ihren jeweiligen Orten zu stellen, handelten naturgemäß nur wenige dementsprechend. Ferner kann ausgeschlossen werden, daß durch die mehrfache Eintragung [von Personen] in irgendwelche Namenlisten die tatsächlichen Werte überschritten wurden. Wie Überprüfungen der Beamten eindeutig erwiesen haben, gab es in einigen Häusern Fehlzählungen. Nach Kontrollen mußten die (fehlenden Personen in den Listen) ergänzt werden. Aber Korrekturen nach unten haben nirgends stattgefunden. Aus diesen Gründen sind wir zu der Vermutung gelangt, daß der Fehler in einer Abweichung nach unten besteht, jedoch schätzungsweise bei maximal 2 % liegt. Wenn man von den vorliegenden Zahlen ausgeht und die Fehlermarge von 2 % hinzufügt, erhält man das korrekte Ergebnis von 11.736.331 Personen (für 1929) und einen Zuwachs von 26,96 % (gegenüber 1919). Anzahl der Ausländer Schlüsselt man die obige Zahl nach Nationalitäten auf, ergibt sich für die Zahl der Ausländer folgendes [Bild]: 1. Europäer (chao yurop): 1.765 Personen; 2. Amerikaner (chao amerika): 155 Personen; 3. Japaner (chao yipun): 295 Personen; 2 4. Malaien u.a. Muslims (khaek) : 107.950 Personen; 5. Vietnamesen (yuan)3: 5.731 Personen; 6. Burmesen (phama): 4.880 Personen; 7. Auslandschinesen (cin nòk): Insgesamt: 445.272 Personen; 565.638 Personen. (In der Nationalitätenstatistik halten wir die Zahl der khaek sowie der Vietnamesen als nicht gesichert, da zahlreiche Angehörige dieser beiden Gruppen seit altersher in Siam leben.) 2 Khaek heißt wörtlich „Gast“ oder „Fremder“. Die Thai bezeichnen mit khaek im allgemeinen die braunhäutigen, überwiegend islamischen Völker Asiens, z.B. die Malaien (khaek malayu), Cham (khaek cam), Inder (khaek india) und Perser (khaek phoesia). Zweifellos besitzt die Bezeichnung khaek besonders im Falle der Pattani-Malaien einen negativen Beigeschmack, denn nicht diese, sondern die später eingewanderten Thai und Chinesen sind historisch betrachtet eigentlich als „Fremde“ der südthailändischen Grenzprovinzen zu bezeichnen. Die Volkszählung von 1918/19 ergab noch eine Zahl von 171.844 außerhalb des monthon Pattani lebenden khaek. Der Rückgang um fast 40 % mag auf einen gewissen Assimilationsdruck hindeuten, dein die thailändischen Muslime in den Gebieten außerhalb ihrer Kernregion Pattani ausgesetzt waren. 3 Yuan ist ein in Siam und Kambodscha gebräuchliches Ethnonym zur Bezeichnung der Vietnamesen. Das Wort wird häufig, aber nicht notwendigerweise, mit einer abwertenden Konnotation verwendet. Letztlich geht der Name yuan auf das Sanskritwort yavana („Fremder“) zurück, wie die Inder zunächst die Griechen (<lonier>), später auch andere fremde Völker wie Perser und Römer, zu nennen pflegten. 31 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Auslandschinesen Was insbesondere die Auslandschinesen in Höhe von 445.274 Personen betrifft, so sind hierin die im Königreich geborenen Chinesen nicht berücksichtigt.4 Wenn wir davon ausgehen, daß die Zählung aus dem Jahre 1919 in Höhe von 260.194 Auslandschinesen der Wirklichkeit sehr nahe gekommen ist, war demnach ein Zuwachs von 185.080 Personen oder 71,13 % innerhalb von zehn Jahren zu verzeichnen. Kosten Im Rahmen der jetzigen Volkszählung erhielten wir vom Finanzministerium ein Budget von 19.584,20 Baht. Danach wurden weitere 5.000 Baht gewährt, also insgesamt 24.584,20 Baht. Bisher wurden hiervon verwendet: 1. Druckkosten: 2.458,20 Baht; 2. Verpflegungskosten für Schüler: 1.905,50 Baht; 3. Kosten für Büroangestellte: 1.873,27 Baht; 4. Kosten für Dolmetscher: 1.500,00 Baht; Insgesamt: 7.736,97 Baht; Noch verfügbare Gelder: 16.847,23 Baht. Es wurden zusätzliche Geldmittel beantragt, weil der Termin für die Volkszählung verschoben werden mußte. Ursprünglich war der Zensus für 1928 festgesetzt worden. Aber nachdem man bereits (für den Zensus benötigtes) Gebrauchsmaterial und Ausrüstungsgegenstände in die Provinz geschickt hatte, mußte aus verschiedenen Gründen die Durchführung der Zählung abgebrochen und auf das Jahr 1929, d.h. zehn Jahre nach der vorangegangenen Volkszählung, verschoben werden. Wegen des Abbruchs und der Verschiebung [des Zensus] entstanden zusätzliche Kosten für Zensuslisten, die anstelle der bereits verteilten, doch inzwischen meist beschädigten Listen gedruckt werden mußten. Wie dem auch sei, wenn wir die in der jetzigen Volkszählung bislang ausgegebenen Gelder von lediglich 7.736,97 Baht mit den Zählungen in anderen Ländern vergleichen, sehen wir, daß der Zensus in Siam mit Abstand am kostengünstigsten ist. Die Erfahrungen und Fehler, die für die V e r b e s s e r u n g der nächsten Volkszählung festgehalten werden sollten Weil mit den Kosten sparsam und nicht verschwenderisch umzugehen war, müssen wir bedauerlicherweise feststellen, daß für die Zensuslisten zu schlechtes Papier benutzt wurde. Tatsächlich sind die Zensuslisten offizielle Dokumente. Wenn man bedenkt, daß eine Volkszählung [lediglich] alle zehn Jahre durchgeführt wird, sollte man vernünftigerweise gutes Papier benutzen, das über viele Jahre archiviert werden kann. Folglich muß bei der nächsten Volkszählung trotz der entstehenden hohen Kosten die Qualität des Papiers verbessert und gutes Papier verwendet werden. Man sollte punktiertes Siegeltuch (pha phanük) benutzen, um wie bei der Erstellung der Militärregister [die Listen] zu binden. 4 Ein am 1. Januar 1930 vom senahòdi an den königlichen Sekretär Cao Phraya Mahithòn gesandter Zwischenbericht stellt fest, daß die Zahl der Chinesen einschließlich der in Thailand geborenen Chinesen (aber ohne deren Nachkommen) bei 558.324 Personen lag. 32 1 / 2 2 0 0 0 THAILAND- R u n d s c h a u Form und Ausführung der Zensuslisten Hinsichtlich der Ausführung der jetzigen Zensuslisten hatten sich die Beamten des Innenministeriums auf die Dokumente der letzten Volkszählung gestützt, welche brauchbare Muster sind. Doch sie mußten den offiziellen Erfordernissen in den verschiedenen Orten angepaßt und zusammengefaßt werden. Die sich aus der Zählung ergebenden Gesamtergebnisse, z.B. diejenigen bezüglich Berufe, Krankheiten, Transportmittel, Waffen usw., müssen aufbewahrt werden. Immer wenn irgendeine Zensusliste gesammelt und zusammengetragen wird, ist es nur normal, daß einige Fehler auftauchen. Tatsächlich hat in dieser Angelegenheit das Innenministerium das Amt für Statistik im Finanzministerium um Rat gefragt. Es teilte unsere Auffassung, aber leider wurden die Vorschläge zu spät unterbreitet, zu einem Zeitpunkt, als die Zensuslisten schon an die Hausvorsteher (cao ban) verteilt worden waren. Obwohl das Innenministerium mit einigen Verbesserungsvorschlägen einverstanden war, fehlten die Kapazitäten, diese auch rechtzeitig zu realisieren. Falls gravierende Dinge zu ändern wären, die einen Abbruch der Volkszählung erforderlich machen würden, entschieden wir uns dafür, die gesammelte Erfahrung für eine Verbesserung bei der nächsten [Volkszählung] zu nutzen. Volkszähler Bei der Zählung in den huamüaang5 wurden die Formulare im voraus an die Hausvorsteher geschickt, die sie an die Dorfvorsteher (phu yai ban) weiterleiteten. Letztere sammelten die Ergebnisse bis zum festgesetzten Termin, überprüften sie und schickten sie dann zu den Gemeindechefs (kamnan). Die Gemeindechefs leiteten sie an die Distrikte weiter. An einigen Orten verließen wir wir uns auf Lehrer und Schüler als Zähler. An einigen Orten wurden Provinz- und Monthon-Angestellte zum Zählen und Einsammeln der Listen beordert. Dennoch gab es sicherlich fehlerhafte Berichte, weil man sich auf die Kenntnisse und die Fähigkeiten der Gemeindechefs und der Dorfvorsteher verlassen mußte, deren Schriftkundigkeit sehr gering war. Wenn wir bei der nächsten Volkszählung Personen in denjenigen Dörfer und Gemeinden engagieren, in welche die Beamten nicht [selbst] hingehen können, werden wir höchstwahrscheinlich bessere Ergebnisse erhalten. In Bangkok, dem Bevölkerungszentrum, stützten wir uns auf Schullehrer und Pfadfinder [als Volkszähler]. Sie erwiesen sich zu unserer Zufriedenheit als äußerst nützlich. Doch sind einige, beim nächsten Male durchaus zu verbessernde Punkte zu nennen. Aus verschiedenen Gründen sind dies gute Beispiele, um jene Mängel zu analysieren. Was ferner die Form der Listen betrifft, die diesem Bericht beigefügt sind, so wurden diese eilig verschickt, um die Ergebnisse rasch mitzuteilen. Ihre Form sollte später sicherlich noch verbessert werden. Hochachtungsvoll, Erster Sekretär, Chef des Amtes für Statistik 5 Mit diesem Begriff ist die außerhalb der Hauptstadt gelegene „Provinz“ gemeint. 33 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Erläuterung der Gründe für die Änderung der Anzahl verschiedener Verwaltungseinheiten Die Anzahl einiger Verwaltungseinheiten in den Regionen wurde abgebaut, weil die Aufgaben des Verwaltungsamtes (kòng banchakan) im Jahre 1926 teilweise reduziert wurden, um sie mit dem Budget in Einklang zu bringen. Reduzierungen gab es wie folgt: 1. Kreise (monthon): minus 4, und zwar: (1) Die monthon Maharat wurde aufgelöst und mit dem monthon Phayap vereinigt (wie zuvor).6 (2) Die monthon Ubon und Ròi-et wurden aufgelöst und mit dem monthon Nakhòn Ratchasima vereinigt.7 (3) Der monthon Surat wurde aufgelöst und mit dem monthon Nakhòn Si Thammarat vereinigt. 2. Provinzen (cangwat): minus 1, und zwar: (1) Die Provinz Krabinburi wurde aufgelöst und als Distrikt (amphoe) der im monthon Pracin gelegenen Provinz Pracinburi zugeschlagen. 3. Distrikte (amphoe): minus 12 Distrikte und zwar: (1) Die Distrikte Bang Khun Phrom, Sam Sen, Sam Yaek, Cakrawat, Sam Yót, Phraratchawang, Chana Songkhram, Phaya Thai, Sathòn, Phahurat in der Provinz Phra Nakhòn [Bangkok]. Diese zehn Distrikte wurden in neuen Distrikten reorganisiert. (2) Der Distrikt Nong Khaem in der Provinz Thonburi wurde aufgelöst und dem Distrikt Phasi Caroen zugeschlagen. (3) Der Distrikt Hua Sai in der Provinz Nakhòn Si Thammarat wurde aufgelöst und als Semi-Distrikt (king amphoe) dem Distrikt Pak Phanang angegliedert. Die Verkleinerung der Anzahl der Distrikte hatte nichts mit dem Budget zu tun, sondern war für die offizielle Verwaltung in einigen Provinzen und monthon nützlich. Die Anzahl der Dörfer und Häuser ist gewachsen. Mit dem Anstieg der Bevölkerung wuchs die Zahl der Wohnhäuser (khehasathan), und die Einteilung der Dörfer in Verwaltungseinheiten mußte sich dem naturgemäß anpassen. Religionsstatistik Religiöser Glaube 1919 1929 Buddhisten --- 10.958.426 Muslime --- 498.311 Christen --- 49.462 Anmerkung: Das Glaubenszugehörigkeit wurde in der letzten Volkszählung nicht berücksichtigt. Aber man ließ eine Spalte für die Ergebnisse der letzten Volkszählung offen. Einige monthon haben die Ergebnisse des letzten Zensus in die entsprechende Rubrik gemeinsam mit den Ergebnissen der letzten Volkszählung eingetragen. Aber andere monthon lieferten die früheren Zahlen nicht. 6 Der monthon Maharat, der die nordthailändischen Provinzen Lampang, Phrae und Nan umfaßte, wurde 1915 vom monthon Phayap (Provinzen Chiang Mai, Lamphun, Mac Hòng Sòn und Chiang Rai) getrennt und mit diesem 1925/26 wiedervereinigt. 7 Der erweiterte monthon Nakhòn Ratchasima umfaßte den südlichen Teil des Khorat-Plateaus. 34 1 / 2 2 0 0 0 THAILAND- R u n d s c h a u So erhielten wir nicht aus allen monthon [diese Angaben] und haben deshalb an dieser Stelle keine Vergleichszahlen angegeben. Ferner leben im monthon Krungthep [d.h Bangkok] acht Konfessionslose. Wenn wir sie der Anzahl der Gläubigen von 11.506.199 hinzufügen, ergibt das eine Gesamtzahl von 11.506.207 Personen in Übereinstimmung mit der Gesamtbevölkerung. Erläuterungen hinsichtlich der Differenzierung nach Nationalitäten Was die Unterscheidung nach Nationalitäten betrifft, müssen wir zu unserem Bedauern feststellen, daß - soweit man den Druckmustern der Zensusergebnisse ersehen kann – nur wenige nach Nationalitäten unterschieden wurde. Man vereinfachte sehr stark. So weisen beispielsweise die Begriffe farang und khaek nicht auf eine [bestimmte] Nationalität hin; denn sie können jeweils auf viele Nationalitäten bezogen werden. Aber wegen des sparsamen Umganges mit den Unkosten konnte dies nicht mehr rechtzeitig geändert werden, so daß man die aus dem Jahre 1927 stammenden Druckmuster der Volkszählung verwenden mußte. Obwohl es Eintragungen gibt, die auf Geburtsorte [für die Angehörigen] verschiedener Nationalitäten hinweisen, kann die Nationalität doch nicht immer mit Sicherheit ermittelt werden. Z.B. ist die Zahl der in Siam geborenen farang, die automatisch Thai sind, gleich Null. Sicherlich gibt es aber Engländer oder farang anderer Nationalitäten, die in Siam geboren sind, jedoch Engländer oder Angehörige ihrer jeweiligen Nationalität geblieben sind. Auf die gleiche Weise wird die Nationalität der khaek gezählt. Anmerkung: Die Zensuskategorie für den ausgeübten Beruf wird nach Arbeitskräften, nicht nach Personen ermittelt, d.h. es kommt auf die von einer Person überwiegend ausgeübte Berufstätigkeit an. Also eine bestimmte Person gibt an, über wie viele Arten überwiegend ausgeübter oder wichtiger Berufe sie verfügt. Übt Herr K. z.B. als seine hauptsächlichen beruflichen Tätigkeiten den Reisanbau und die Fischerei aus, wird er sowohl [unter der Rubrik] „Reisanbau“ als auch [unter der Rubrik] „Fischerei“ registriert. Andere Tätigkeiten, die unbedeutend und nicht wichtig für die entsprechende Person sind, werden nicht registriert. Die [in Betracht kommenden] beruflichen Tätigkeiten müssen die Beamten aus der Menge der in den Zensuslisten aufgeführten Berufe auswählen.8 Die Hausvorsteher überreichen die Listen den Beamten, die vorschlagen sollen, welche [Tätigkeit] nach den Vorgaben des Ministeriums zu welcher [Berufs-] Kategorie paßt. Folglich müssen diese Vorschläge, die die Art des ausgeübten Berufs betreffen, nicht unbedingt mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Abweichungen dieser Art stellen aber lediglich geringfügige Verallgemeinerungen dar. Beispielsweise kann ein Handwerker, der bei einer Sägemühle angestellt ist, sich auch unter der Kategorie „Lohnarbeiter“ ([khon]rap cang) eintragen. Doch dadurch entsteht keine Fehlzählung. Prof. Dr. Volker Grabowsky lehrt Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 8 Die Zensuslisten führten insgesamt 140 verschiedene Berufe auf. Hierunter fielen neben der weitverbreiteten Tätigkeit des Reisbauers auch relativ exotische Berufsbezeichnungen wie „Thurianpflanzer“ (13.994), „Kokusnußfarmer“ (61.596), „Entenzüchter“ (7), „Wahrsager“ (8), „Zigarettenhersteller“ (706), „Bettler“ (26) und „Seifenproduzent“ (33). Doppelzählungen waren eher die Regel als die Ausnahme. Die Gesamtzahl der Ausübenden aller Berufe betrug knapp acht Millionen, obwohl sich nur drei Fünftel der elf Millionen Einwohner (Frauen eingeschlossen) im erwerbstätigen Alter befanden. Vor allem unter den Reisbauern (5,637 Millionen) dürften viele einen oder mehrere Nebenerwerbstätigkeiten angegeben haben. 35 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 „From scratch“: Thai food systems an „public eating“ Gisèle Yasmeen he ultimate goal of this paper is to understand Thai patterns of „public eating“ -or the purchasing and/or consumption of prepared food in public places namely, sidewalks, lanes and the growing number of indoor public and semipublic spaces such as educational institutions and office/shopping complexes. Remarkably few Thai urbanites cook meals at home regularly, especially „from scratch“. It is not absolutely necessary to prepare meals given the ubiquitous presence of inexpensive cooked food around the clock as well as semiprepared food now available. This paper will contribute to the existing literature on the prepared-food distribution in Thailand (Napat and Szanton 1986; Tinker 1987). T To begin with, I will explore the Thai diet and eating habits to provide a broader historical, geographical and gastronomic context for the later examination of public eating. I will then outline how the food-system has been modified subsequent to the penetration of local and international capital into agricultural production and food processing. Attention will be paid to patterns of food retailing in Bangkok including the system of public markets - and the changes which have taken place in distribution over the past 20 years. Finally - and most importantly - the role of the household and gender roles in public eating will be explored by looking at household budget data, secondary sources and reports by informants. Explanations for the purchasing of cooked food will be presented and diverse strategies for obtaining prepared food on a daily basis will be outlined. I will 36 forecast the future of public eating given the current food marketing trends in urban areas. 1. RICE, FISH AND FOUNDATIONS OF SOUTHEAST ASIAN EATING Villagers in Thailand, as well as parts of Burma, Malaysia, Bali, and Vietnam, see themselves as physically and psychically made up of rice. The Christian God made man and woman in His own image; Southeast Asians think in the same general way, but their selfimage is one of rice. For them, rice is literally „the bones of the people“ (MacClancy 1992, 24) One of the defining characteristics of Southeast Asia as a region is that its diverse societies share basic characteristics related to diet. Rice is a primary staple. Most Southeast Asian languages equate the word for rice with food and/or eating.1 Indeed the region is considered home to the domestication of rice and its wet-rice agricultural system has been looked on with fascination because of its efficiency (Bray 1986), complex irrigation schemes (Lansing 1991), and the ability of the system to support high population densities (Geertz 1963). Historically, there were hundreds of varieties of rice in Southeast Asia but much of the diversity has been lost in the past hundred years due to „modernization“ and the standardization of production (McGee 1992). Several varieties of „sticky“ - or glutinous - rice (white, red and black) are still cultivated, however, and 1 In Thai, khaaw means rice but also means to eat (kin khaaw, literally „eat rice“). 1 / 2 2 0 0 0 used extensively in Northeastern food and in sweets. 1.1. The Thai Diet Rice is so important to Southeast Asians that it is an almost sacred substance associated with life essence (Thai=khwan). As explained by Jane Hanks, femininity - specifically women's bodies - is associated with rice and with this essence (Hanks 1960). Thus the khwan is sustained by, and its incarnation grows from, the physical nourishment of a woman's body. What is to sustain it after a woman's milk gives out? Rice, because rice, too, is nourishment from a maternal figure. „Every grain is part of the body of Mother Rice (Mae Posop) and contains a bit of her khwan.“ When weaning is to rice, there is no break in female nurture for body and khwan (Hanks 1960, 299). Indeed, residual pre-Buddhist fertility rituals persist in the Thai countryside and principally involve women during rice planting (Sharp and Hanks 1978). Keyes has characterized the Southeast Asian region as subscribing to the cult of „women, earth and rice“ (Keyes 1977, 132). Fish is also a substantial element in the Southeast Asian diet and a distinguishing characteristic of the region is the preparation of spicy fermented fish paste which is served as a condiment (Thai= namprik).2 The dependence of the Thai on fish and rice is represented in the often quoted, „In the fields there is rice; in the water, fish“ - a stone inscription in Sukhothai attributed to the 13th century monarch, Ramkamhaeng (Van Esterik 1992; Walker 1991). 2 In Malay and Bahasa Indonesia, this pounded mixture is known as sambal. Fermented fish paste has a few basic ingredients but is prepared differently by every cook. THAILAND- R u n d s c h a u Thai cuisine also includes a great variety of vegetables - some introduced by the Chinese as well as indigenous varieties of yams, eggplants and the characteristic fragrant herbs and pungent spices. The familiar combination of fish sauce (a Chinese invention), garlic, lime juice and chilies (introduced by the Portuguese in the 16th century) is considered the essence of Thai flavour although tamarind (sweet and sour varieties), palm sugar, lemon grass and galangal also play a crucial role. Insects are not overlooked as sources of food, especially in the impoverished Northeast (Isan) but also in central Thailand (Desai and Prapimporn, this volume). 1.2. Traditional Retailing Prior to the introduction of the automobile and other forms of land-based transport in central Thailand, food retailing most often took place on canals (Chira 1986, 9). Floating markets (talad nam) were the dominant type of food market and persist today in parts of Thonburi and the more well known Damnoen Saduak in Ratchaburi province which caters mostly to tourists. Land-based markets (talad din) selling fresh produce, meat and fish have replaced the quintessential central Thai form of retailing (Chira 1986, 9). Land-based markets are considered by many to be originally a Chinese commercial form; „...in those days the Chinese were the pioneers of street-living hence the talad or food markets usually resembled the fresh food market pattern in China“ (Chira 1986, 9). Today, Bangkok continues to have the same basic system of public markets but -as the next section shall argue - elite shopping practices now include regular trips to North American style supermarkets. Walker's Food Consumption Survey (Walker, 1990) indicated that 88% of Bangkok residents had shopped at supermarkets with 80 % and 82 % 37 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 stating that they had frequented local markets and stores respectively. The city has one large wholesale market (pakklong talad) which supplies many of the smaller neighbourhood talad with fresh fruit, vegetables and flowers (Warren and Lloyd 1989, 48-9). Fish and meat are obtained from government controlled marketing boards whereas poultry appears to be less regulated by the state, creating a window of opportunity for agribusiness conglomerates to supply chickens and ducks (see Section 2). maintain freshness. Fruit comes from points all over the country and is highly dependent on seasonality. Market gardening of vegetables on the urban periphery is also supplemented by produce grown in more distant parts of the country. Recently, this source of supply has taken on even greater importance as agricultural land is rapidly transformed by land developers (Greenberg 1994). Neighbourhood markets involve both male and female entrepreneurs who work in the middle of the night to get the food ready for dawn. Relations between market vendors and customers are based on regular purchases and trust. The markets sell semi-prepared items such as curry pastes and coconut milk labour saving devices for both housewives and employed women. Owners of foodshops (Thai=raan ahaan) or small restaurants and stalls also sometimes make use of these shortcuts.3 Even making religious offerings to monks has been commodified so that local residents can easily purchase „kits“ to give alms and make merit. The term „industrial palate“ refers to the growing share of value-added, often massproduced, processed food products in the diet of the average consumer (Salih et.al. 1988, 4). Urbanites figure prominently in this shift from family-based food production to the commoditization of „people's most basic requirement -- food -- from a part of their place to a placeless industrial commodity“ (McLeod 1989, 4). 1.3. Supply linkages: where the food comes from Crawfurd paid considerable attention to the ways in which Bangkok food markets obtained their supplies and the sources of this food. She remarked on the decline of waterbased transport in favour of trucking (1977b, 108). There were great divergences in the patterns of supply depending on the commodity being studied. Fish, for example, must be delivered as quickly as possible from ports on the eastern seaboard in order to 3 I will use the term „food shop“ synonymously with restaurant throughout this paper. Here, I am referring to establishments with a stationary location where food can be consumed on the premises. 38 2. THE (POST)INDUSTRIAL PALATE? Following Goody (1982), it is clear that as a society industrializes and urbanizes it becomes up-rooted from its agricultural way-oflife and food becomes a commodity purchased from the market. With the involvement of both women and men in the paid labour force, an opportunity for the sale of value-added food arises (Goodman and Redclift 1992). This demand can be fulfilled in several ways, for example, through neighbourhood catering networks or the hiring of a cook; however, it is in the interests of large-scale business to direct the consumer's spending to a standardized range of value-added goods (usually manufactured and packaged in order to extend shelf-life). The classic theatre for the sale of these goods is the supermarket where highly processed foods are the most vigorously promoted due to their commercial profitability. 2.1. Social and Environmental Costs 1 / 2 2 0 0 0 The shift in the composition of the consumer's shopping basket is closely integrated with the emergence of capital-intensive agriculture, agri-business and the edging out of the small farmer. This also results in a decline in the quality of agricultural output, loss of species diversity and severe environmental damage (Santisuda 1990). To increase yields, for example, farmers in the Thai provinces have been using massive quantities of pesticides and herbicides on their horticultural produce which have detrimental consequences on human and environmental health (Santisuda 1990). Suntaree Komin explains: Testing of pesticide residue in food has shown that in the vegetable samples tested, 40-90% of the sample contained detectable levels of pesticide (Suntaree 1989, 113). Vegetable farmers in the north have been experiencing severe health problems due to the excessive use of a myriad of chemical pesticides (Santisuda 1993). The insidious aspect of this is that most consumers of these vegetables and fruit are unaware of the health risks involved. Testing has revealed that a high percentage contain more than maximum recommended levels of chemicals (Shankar 1992); however, a small group of informed consumers have begun to protest by demanding organically-grown produce. The clientele of Tamada, an organic food store in Chiang Mai, is a case in point: [M]ost customers are middle-class and well-educated people who are also concerned about the environment. They are willing to buy products that are a bit more expensive than those commonly sold in the market (Chanyaporn 1992). The managers of the cooperatively-owned Tamada predict that prices will drop below THAILAND- R u n d s c h a u those of non-organic produce in the long-run if the food is mass produced. This is due to the fact that pesticides are not used. Instead, nets are used to keep vermin at bay. There is a more difficult problem to be dealt with; the issue of lead contamination of food due to exhaust fumes. Toxic emissions from vehicles in Bangkok make their way into food, and thereby into human tissues. Babies in Bangkok are born with dangerously high levels of lead in their blood (Suntaree 1989, 108-9). This problem will not be resolved in the near future as Bangkok's development is highly automobile-oriented. 2.2. Profitable Palates: New Food Retailing Due to its spectacular levels of economic and demographic growth, „the Asian food market could be worth over $450 billion a year by the end of the century“ (The Economist 1993, 15). Asians are also seen as a profitable target population by large food multi-nationals because of their supposed brand consciousness: „At the luxury end of the market, especially, Asian consumers seem to be more conscious of the snob value of brands than their western counterparts.“ (The Economist 1993, 16). The appearance and diffusion of supermarkets, related retail outlets such as convenience stores and the newest addition, the mega-wholesale outlet (Costco, Makro and/or Wal-Mart) is a burgeoning feature of the Asian urban landscape. In Taiwan the number of convenience stores, supermarkets and hypermarkets rose from 2,000 in 1986 to over 3,000 in 1991 as thousands of mom-and-pop noodle shops disappeared. Supermarkets are setting up in China too. Hong Kong's Dah Chong Hong has recently opened stores in southern China, as has Dairy Farm's Wellcome. As 39 THAILAND- R u n d s c h a u retailing is still in its infancy in much of Asia, space on many supermarket shelves is up for grabs. The food groups that capture it can flaunt their brands (The Economist 1993, 16). The above remarks hold true for urban Thailand where convenience stores such as 7-11 have made impressive inroads in the past few years. It would be spurious, however, to attribute these changes simply to the infiltration of „Third World“ economies by Western and Japanese capital. More precisely in the case of Thailand, locally-owned conglomerates seem to control the largest share of the domestic industrial palate and have expanded their operations to China and other parts of Southeast Asia. This is typical of the region's food distribution system. Take Thailand's Charoen Pokphand, Asia's biggest animal-feed supplier and the country's largest conglomerate, with sales of about $5 billion. Boasting that „from the farmyard to the dinner table it's Charoen Pokphand all the way“, the company, which was set up by Chinese emigrants, produces feed for and then raises and processes broiler chickens. It also handles prawns and pigs. One of its greatest assets is a network of feedmills and poultry-processing plants sprinkled across China. These and Charoen Pokphand's fast-food joint ventures with America's Kentucky Fried Chicken should allow it to cash in on the country's culinary revolution (The Economist 1993, 17). Charoen Pokphand (CP) not only owns the rights to most of the KFC's in Thailand, it also controls the 7-11's, numerous motorcycle and automobile manufacturing operations, and is the major shareholder of Telecom Asia. CP is one of the biggest foreign investors in China. Interestingly, however, it continues to 40 1 / 2 2 0 0 0 supply small cooked-food vendors with ducks and chickens. Convenience stores are new institutions which have multiplied rapidly in the last ten years. They are generally open 24 hours and sell household products, Western and Thai fast-food and fountain drinks. Customers include school children, the increasing number of people working late and commuters (The Nation 1992, B1-B3).4 Managers of some of these stores (such as 7-11 and Central minimart) claim that their clientèle includes lower-income groups as well as the wealthier urbanites. The expansion of the well-heeled classes and accompanying automobile culture has resulted in the proliferation of scores of large shopping centres throughout the Bangkok Metropolitan Region. Last year, shopping centres posted Bt78 billion in revenue, representing about 30 per cent of the entire Bt264 billion retail industry. Of the Bt78 billion, department stores and supermarkets dominated and accounted for Bt50 million, while small retail stores took Bt20 billion and fast-food outlets and restaurants about Bt8 billion (The Nation 1993, B16). These new cathedrals of commerce are expected to erode traditional retailing business and ultimately carve out 50 per cent of market share according to a Siam Retail Development executive quoted in the above article. Since the 1980s, many mega-malls have appeared - especially on the urban periphery (Asia Magazine 1992). Some of these mega-malls resemble the „West Edmonton Mall“ phenomenon with a 4 The near grid-lock traffic situation in Bangkok has been identified as contributing to the success of convenience stores which are located on major routes. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 focus on leisure activities (Hopkins 1991). Most have extensive and elaborate foodcentres and food floors. Much of Bangkok's retailing activity in the food-sector is clearly expanding from public places (streets and streetfronts) to privately owned and controlled indoor places (shopping centres and new air-conditioned restaurants) in food centres and on „food floors“ where „street food“ is available for take-home consumption. These newer retailing venues also sell semi-prepared food - such as chopped up vegetables and meat - which need only be cooked in a microwave. The distinction between raw and prepared or cooked food is therefore becoming increasingly blurred (Walker 1991). out in „food courts“, suburban „food gardens“ (large restaurants with a monolithic sala thai 5 design) and upscale restaurants. The second system is staffed by the working poor which includes those who actually transport, sell and prepare the food. Their eating places include their humble living quarters and shops and, in some cases, cafeterias provided by their employers. The inhabitants of these two separate worlds need only come together for the purpose of a transaction between vendor and customer, maid and employer. As summarized by Askew and Paritta: The shopping centres of the outer areas symbolize the development of a newer culture based on modern convenience, shopping and transportation by private motor vehicle. At the same time, the neighbourhood markets and the cheap street-side restaurants in the soi [lanes] and more congested neighbourhoods point to the persistence of a less modernized life-style reflecting the continuing significance of public life in less formally regulated public spaces, especially for the urban poor (Askew and Paritta 1992, 164). Shopping malls reflect the tastes of the emerging well-heeled classes. The spatial shift in public eating - as street restaurants are forced to close to make way for more automobiles - is bemoaned by one of the city's restaurant critics. He cites an example near Yaowaraj (Chinatown): [I]t was one of the few parts of the city where a large number of people gathered spontaneously, met friends, and had a good time: the kind of thing that is always welcomed and cultivated by those who are administering a properly-run city, and that gives the city a good name among visitors (Ung-Aang Talaay 1993). It appears that as the gap continually widens between the rich and the poor in Bangkok, we are witnessing the emergence of a dual foodsystem resembling trends identified in neighbouring Malaysia (Salih et.al. 1988). One, for the wealthy, consists of eating at home in comfortable surroundings (with food prepared by servants, catering networks, neighbourhood food shops and increasingly food centres in shopping plazas) and eating R u n d s c h a u The shift in retailing structure is intricately related with the growing availability of convenience and ready-to-eat foods. For Taiwan, this has been identified as related to the high number of women in the workforce (Bangkok Post 1993, 20) and the same holds true for Thailand. 3. WHY EAT OUT? The major contemporary impetus for buying prepared food in Thailand and Southeast Asia comes from rapid urbanization, industrialization and concomitant changes in family 5 A sala thai is a traditional pavilion in which community activities customarily take place. Roofs are sloped in the manner of Thai architecture and the entire structure is usually made of wood. 41 THAILAND- R u n d s c h a u structure affecting in turn the roles played by women. Thailand has experienced a rise in the nuclear family - displacing extended kinship relations - and has also seen a rise in the number of single people, particularly in the cities. Changes in women's roles are related to these demographic trends. As Suntaree Komin explains, socio-economic change has completely altered the foodsystem as is the case for the British example referred to earlier: The decline of family functions is clearly visible in Bangkok. As there is an increase of women working outside Figure 1: 2 0 0 0 (/pinto/)6, or by buying those readymade foods each day on the way home (Suntaree 1989, 86). Suntaree is primarily describing middle-class food habits. Few people in Bangkok can afford to hire servants. The general explanation for the growth of public eating, nevertheless, is the changing roles and occupations of women. Thailand boasts the highest female labour force participation rates (FLFPR) in Southeast Asia - a region already known for the high economic activity levels of women. Figure 1 Female Labour Force Participation in Southeast Asia (ILO 1994). households, this trend is almost inevitable. Family functions have been taken over by various specialized organizations. For example, working mothers leave their household chores to the servants. Meals preparation (sic) are taken care of either by servants, or by subscription to the meal-catering services 42 1 / 2 depicts the FLFPR of Southeast Asian countries. The curve representing Thai FLFPR is consistently the highest and climaxes at 87%. The Thai curve demonstrates a „central peak“ 6 Pinto is the Thai expression for a „tiffin“, or tiered lunch kit, which is commonly used throughout Asia. It has an agricultural origin and is referred to by Hauck et.al. (1958). They describe how lunch was often transported to the fields in this three or fourtiered metal container. 1 / 2 2 0 0 0 or plateau pattern meaning that the women do not withdraw from the labour force during their child-bearing/rearing years (Jones 1984, 28). This is characteristic of the Malay and Tai7 cultural realms where women play an important role in local commerce, as office workers and in many professions. There are several other inter-related explanations for the general emergence of public eating in Bangkok, namely: labour-intensive cuisine; demographic change; kitchenless housing; and general „cultural“ preferences. Labour-intensive cuisine: The preparation of Thai food involves much chopping, grinding, pounding and thus takes a lot of time and effort to prepare. It also involves the combination of many ingredients. Paradoxically, however, noodles are easy to prepare yet noodle shops are the most ubiquitous and highly frequented eating establishments in Thai society. This may be because they were originally part of the „coolie food-system“ catering to migrant Chinese labourers. People rarely cook noodles at home except for occasional packaged noodles (which - except for „Mama's“ brand - are not considered as tasty); nevertheless, the labour-intensivity of Thai food preparation is a determinant in the development of Bangkok's food-system. Demographic Change in Bangkok: Since World War II, migrant workers, students and others have come to Bangkok to earn a living or study (see Table 1). Many come on their own without their families. These people either live in housing where it is impossible if not difficult to cook (see Table 2) due to lack of space or find it inconvenient to cook for just one or two people. 7 THAILAND- R u n d s c h a u Table 1: MIGRATION TO THE EXTENDED BANGKOK METROPOLITAN REGION 1975-1990 Years BMA 5 surrounding provincesa 1975-80 190,000 96,000 1980-85 184,000 122,000 1985-90 149,000 151,000 a Refers to Nonthaburi, Pathum Thani, Samut Prakan, Nakhon Pathom and Samut Sakhon. 104 Source: Greenberg (1994), p. . Many of these migrants are poor and in need of income spurring the opening of a small enterprise such as a foodshop. Vendors and their employees are willing to work long, hard hours for very little in the way of financial compensation thereby keeping the food affordable. Kitchenless housing: Dolores Hayden in The Grand Domestic Revolution (1981) described how 19th century American apartment buildings were often kitchenless with a central cafeteria or dining room frequented by tenants during mealtimes. A similar trend has emerged in late 20th century Bangkok with many apartment blocks consisting of oneroom suites which do not provide cooking facilities. In toto, more than 20% of Bangkok's housing stock is kitchenless - this can be inferred from the fact that 23.4% of the city's housing stock consists of rooms; the majority of these do not have kitchens (NSO 1994). Table 2 provides a breakdown of housing types. . By Tai, I am referring to the societies which share a common linguistic heritage in the Tai language family, notably Thailand, Laos, Burma and Cambodia. 43 THAILAND- R u n d s c h a u Table 2: Type of dwelling (% of housing stock) Greater Bangkok Detached House 44.0% Room or rooms 23.4% Row house 20.0% All other types 12.6% NSO, Office of the Prime Minister. Preliminary report of the 1990 Household Socio-Economic Survey. „Luung“, a 60 year old duck noodle shop owner, explains the relationship: People like to eat out because they can't cook in the apartments. There are only bedrooms so they have to buy alreadyprepared food. Therefore... there are many foodshops and vendors. At the beginning of this soi until the end there are at least ten businesses. Usually, a food shop selling made-to-order food (ahaan tam sang) is located on the ground floor of the apartment building. Tenants can phone the shop to place orders usually of noodles or fried rice - and sometimes can eat in the shop if it is large enough and provides tables and chairs. Typically however, the vendor and her or his family will live in the shop rather than use it as an eat-in establishment. It is more convenient for tenants to have their food delivered directly to their rooms after placing an order by phone. It is common, despite these regulations, for rented-room dwellers to use rice-cookers to steam rice and make other simple dishes. A hot-plate or kettle can also be used to make packaged-noodle soup. The wealthier increasingly own microwaves and resort to „heat and eat“ pre-prepared dishes. 44 1 / 2 2 0 0 0 Consumerism: Thailand's rapid industrialization has led to growth in disposable income focussed in Bangkok. The society has moved from a subsistence to a cash economy in urban areas and to a certain extent in the rural parts of the country. People now have to buy the goods and services they need to survive, even prepared food. In addition, eating and related activities - such as shopping - are important parts of leisure habits of Thai urbanites8. „Cultural“ preferences: Thai appear to be preoccupied with convenience and make great use of labour saving strategies and devices when they are affordable. Like other parts of Southeast Asia, Thailand is a snacking culture where several small meals are taken per day rather than the „three square“ requirement of Europeans. Perhaps this is the most logical eating pattern in a tropical environment. Thai are fond of repeating: khon thai kin khaaw talot wela, or „Thai people eat all the time“! It is a well-established cultural practice to eat out of doors resulting in a lively street and soilife. Leisure habits of Thai urbanites focus very much around commensality in public places. „Have you eaten yet?“ (kin khaaw rue yang?) is a typical greeting upon meeting friends and co-workers (Redmond 1992).9 According to Walker's Food Consumption Survey, 11% of Bangkokians never cook at all. NSO figures are even higher at 27% (NSO 1994). The figure is no doubt even more impressive if one includes people who limit their „cooking“ to using a rice cooker or hot-plate for steaming/boiling rice and noodles. True cooking „from scratch“ is be8 The infamous nightlife of Bangkok often involves prostitution, mostly for local men. Correlated activities include drinking alcohol and eating meals in „cafés“ - Thai-style music lounges featuring young female singers. 9 Another factor which was sometimes mentioned by informants was the question of traffic jams. Since people no longer know how long it will take to get home, it seems as though they often eat immediately after leaving work in the evening. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 coming a rare occurrence in Bangkok. Furthermore, more and more markets are selling „semi-prepared“ food which can be „cooked“ in a micro-wave and eaten immediately with no added labour. This further complicates definitions of cooking and foodpreparation. 4. PUBLIC EATING As already established, high male and female labour force participation rates in Thailand mean that neither women nor men have time to cook. As indicated in Table 3, 48% of the monthly food budget in Greater Bangkok is spent on already-cooked comestibles. The trend of purchasing prepared food away from home began in the post-World War II period and has grown significantly in the last twenty years with large numbers of women entering the remunerated urban workforce (Van Esterik 1992). Table 3 Average monthly expenditures per household by type of food consumed Type of food consumed Whole Kingdom Greater BKK Food prepared at home 1,494B (76%) 1,616B (52.3%) Prepared food taken home 173B (8.8%) Food eaten away from home 1 300B (15.2%) 457B (14.8%) 1,014B (32.9%) NSO, Office of the Prime Minister. Preliminary Report of the 1990 Household Socio-Economic Survey. 1 Excludes alcoholic drinks away from home. R u n d s c h a u The 1990 Household Survey of Greater Bangkok found that in a seven-day period, take-home food consisted mostly of rice and curry (khaaw gaeng) accounting for nearly 74% of take-away prepared food expenses and noodle dishes (14.3%). Table 4 provides a breakdown of all prepared-food expenditures for this time period. Fried rice, „meals“ (referring to catered tiffin food), snacks and other prepared food total up to the remaining 12% of weekly take-home prepared food expenditures. On average, 116.42 Baht (nearly $6 CDN) per week is spent on take-home food. Table 4 AVERAGE WEEKLY EXPENDITURES FOR PREPARED FOOD TAKEN HOME Greater Bangkok 1990 Type of Food Rice and Curry Noodles Fried Rice Meals (pinto food) Snacks Other prep. food Total Expenditure (Baht) % of total 85.93 73.8% 16.65 4.97 14.3% 4.3% 4.03 3.5% 3.26 2.8% 1.58 1.3% 116.42 100.0% NSO, Office of the Prime Minister, Report of the 1990 Socio-Economic Survey: Bangkok Metropolis, Nonthaburi, Pathum Thani and Samut Prakan, 1994, page 17. The following Table shows that most meals especially breakfast and supper - are still eaten at home rather than in stalls or restaurants. Although much of this food may be purchased from an outside source, the domestic setting is still the preferred locus of commensality. Eighty-seven percent of re45 THAILAND- R u n d s c h a u spondents to the Food Consumption Survey indicated that they eat supper at home „everyday or most days“ with 65% answering the same for breakfast. Only lunch appears to be the meal taken most frequently outside the home with less than half (46%) indicating that they eat lunch at home „everyday or most days“. Table 5 FREQUENCY OF EATING MEALS AT HOME Greater Bangkok 1990 Respondents' reply Everyday or most days Occasionally / rarely Brea kfast Lunc h Suppe r 5% 46% 87% 35% 54% 13% Source: Walker, Marilyn. Food Consumption Survey, 1990. Table 6 AVERAGE WEEKLY EXPENDITURES FOR PREPARED FOOD EATEN AWAY FROM HOME Greater Bangkok 1990 Expense Category Breakfast Lunch Dinner Snacks Alcoholic Drinks Other Food and Bvg. Total Expenditure (Baht) 41.97 163.04 34.56 3.01 14.81 % of Total 16.2% 63.0% 13.4% 1.16% 5.73% 1.30 0.5% 258.69 100.0 % NSO, Office of the Prime Minister, Report of the 1990 Socio-Economic Survey: Bangkok Metropolis, Nonthaburi, Pathum Thani and Samut Prakan, 1994, page 17. 46 1 / 2 2 0 0 0 The household survey confirms Walker's data and found that 63% (163.04 Baht) of the total expenditure on prepared food consumed outside the home is spent on lunch with breakfast coming in second place at 16.2% (41.97 Baht). 13.4% (34.56 Baht) was spent on the evening meal. Table 6 provides information on other expense categories for food eaten away from home. Concerns about the impact of eating away from home on family life need not be exaggerated because evenings are still reserved for eating at home with the family. Prepared food is therefore a frequent substitute for home cooked meals whether or not the food is actually eaten at home or elsewhere. The following section will define and describe the various food strategies employed by Bangkokians to obtain cooked-food outside the home. 4.1. Everyday food strategies A traditional strategy common throughout Southeast Asia is the subscription to neighbourhood catering networks in which food - normally one soup, one vegetable and one dish (often a curry) - is delivered at a regular time every day in a tiffin (pinto). The tiffin-network strategy is seemingly being eclipsed by the small foodshop sector where food is available anywhere, anytime - an important attribute in a city where traffic is gridlocked during rush hours. Women can be seen stopping at a food-shop in the evenings on their way home from work to pick up dinner for the family, main courses are placed in small plastic bags with rice being prepared easily at home in a rice cooker. Bangkok residents hence refer to mae baan tung plastic or „plastic bag housewives“ (Van Esterik, 1992; Yasmeen forthcoming). More recently, foam containers have been introduced; it is now common to hear people request say foam or „put it in a foam box“. The following 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 description of one of my acquaintances will provide an example of middle-class eating habits: Ajaan (Professor) Prinyathip teaches at a university in central Bangkok and is married to an engineer. She has no children and lives in a housing estate in a suburban area of the city. At lunch time, if she doesn't have time to go to the faculty cafeteria, she asks the janitor to bring lunch back to her office. Everyday, on her way home from work, she stops at a small roadside curry shop and picks up supper - usually a curry and a vegetable dish or a soup. Since she drives a car, she often frequents one of the shopping centres on the way home where she can park her car and purchase from a large selection of takehome food in small plastic bags or foam containers on the „food floor“. When asked whether she ever sits down to eat in roadside foodshops or stalls she answers „Never, not with the heat, dust, and noise... it's so unpleasant“. If she's going to spend time eating out, Ajaan Prinyathip would rather go to a nice restaurant with air-conditioning and beautiful surroundings... even if the food isn't always as tasty! For typically middle-class Bangkokians particularly women who tend to be impeccably dressed - frequenting cool, comfortable establishments is the most desirable option. Their male cohorts - stereotypically government officials on Friday evenings enjoy „slumming“ in stalls and outdoor restaurants where they can sit at long tables and drink vast quantities of whiskey. Working-class men, such as tuk-tuk drivers, do the same but are limited to less expensive venues. Since „proper“ Thai women do not drink alcohol in public, they engage in a R u n d s c h a u slightly different pattern. Their habit is to go out with a group of friends, women or mixedcompany, to a suan ahaan or a restaurant in a shopping centre. Walker (1990) clearly demonstrated that the ideal locus of everyday commensality is the home. Special occasions, however, merit an outing to a „special“ restaurant, funds permitting. Similarly, when guests are being entertained an outing to a restaurant is preferable... unless the host/ess happens to have an impressive home s/he wishes to „show off“ (Walker, this volume). Table 7 Most highly patronized eatingestablishments in Bangkoka Type of establishment Noodle shops Thai restaurants Garden restaurants Regional Thai restaurants Chinese restaurants Western fast-food Western restaurants Others Respond ents (%) 91% 84% 65% 63% 47% 44% 27% 3% a Percentages refer to the proportion of respondents who reported frequenting a given establishment. Walker, Marilyn. Food Consumption Survey, 1990. The urban masses are, for the most part, of humble economic means and purchase food on the streets and soi from vendors both mobile and stationary, and small food-shops specializing in noodles, curried dishes or other fare (Cf. Yasmeen 1992).10 The Food Consumption Survey confirms this observation - as indicated in Table 7 - by revealing that noodle shops and small Thai „restaurants“ are the most highly patronized eating establishments in Bangkok with 91% 10 It is difficult to ascertain how economically viable this system of „contracting out“ is at the household budget level. Certainly, it is clear that individuals are trading potential monetary savings for convenience and time which can be used to earn extra income. 47 THAILAND- R u n d s c h a u and 84% of the 4198 respondents reporting that they frequent these places (Walker 1990, 6). Bangkok is therefore one of the homes of small ubiquitous food-shops which act as a life-support system for many urbanites. Small restaurants serve a number of latent social functions in addition to providing meals. For example, children are often cared for in these environments, young people spend time and „help“ thereby learning skills and meeting others. Foodshops are meeting places where information can be gleaned on local affairs such as jobs. Figure 2: Advertisement featuring a „traditional coffee cart“ in the Mandarin Hotel (Bangkok Post, 1992) 1 / 2 2 0 0 0 5. THE FUTURE OF STREETFOODS The worst thing that could happen in the future, in my opinion, would be the disappearance of working-class street food. The street stalls and tiny hole-inthe-wall restaurants that used to make noodles, won ton, pao, congee, stuffed dumplings, steamed meatballs, fried pastries, and thousands of other snack items could be at risk in the new, affluent world of the future (Anderson 1988, 300). Anderson wrote this alarming comment as a critique of the emerging industrial palate in 1980s Hong Kong. Bangkok's foodscape is, to a certain extent, being threatened in similar ways due to the emerging middle-class and its different tastes. To aggravate the situation, quite often, the food served in more expensive Thai restaurants and the growing number of foodcentres is of much poorer quality than the comestibles in the humblest foodshop! Nevertheless, I do not believe that the types of food sold on the streets and lanes of the city are under threat per se. Rather the informal context in which the food is usually sold is apparently being eclipsed by indoor foodcentres and highly commercialized restaurants. Scanning the local newspapers suggests that people have taken an interest in discovering streetfoods where up-scale hotels hold „streetfood festivals“ in fully controlled situations. For example, the Stable Lodge Hotel on Sukhumvit Soi 8 holds a „traditional“ Thai streetfood buffet every Saturday evening „but with the Stable's special flair“ (Bangkok Post n.d.). The Martino Coffee Lounge, located in The Mandarin Hotel, advertised its addition of „Authentic Thai coffee prepared from our coffee cart as you watch“ (Bangkok Post 1992). Figure 2 reproduces the advertisement 48 1 / 2 2 0 0 0 featuring a drawing of a „traditional“ coffee cart. Ironically, however, Thai middle-classes increasingly consume Nescafé as a status symbol following years of vigorous advertising. Recent information indicates that Seattle entrepreneurs are about to open a chain of small espresso outlets in Bangkok (Wiwarn and McMichael 1996). The interest in streetfoods is also borne out by the recent publication of handbooks for foreigners such as Thai Hawker Food where „authentic“ streetfood is the object of interest (Pranom 1993). The guidebook contains colourful drawings of the different types of street vendors and their goods as well as Thai phrases designed to help negotiate the foreigner through Bangkok's foodscape. This paper is another attempt to negotiate through the complex maze of Thai foodways in transition. I am grateful to the Social Sciences and Humanities Research Council, the International Development Research Centre, the Canada-Asean Centre, the CUC-AIT partnership project and the Northwest Consortium for Southeast Asian Studies for providing funding. I would like to thank Marilyn Walker and Terry McGee for useful comments. Thanks also to the Chulalongkorn University Social Research Institute. ENDNOTES Figure 1: Female Labour Force Participation in Southeast Asia (ILO 1994). Figure 2: Advertisement featuring a „traditional coffee cart“ in the Mandarin Hotel (Bangkok Post, 1992) THAILAND- R u n d s c h a u REFERENCES Anderson, E.N., 1988. The Food of China. New Haven; London: Yale University Press. Askew, Marc and Paritta Chalermpow Koanantakul, 1992. „Bangkok: The Evolving Urban Landscape,“ In Amara Pongsapich et. al. (eds.) 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Urban Food Supply and Distribution: Supply Linkages of Bangkok and Thonburi Fresh-Food Markets. Southeast Asian Development Series No. 6. Ann Arbor, MI: The Center of South and Southeast Asian Studies, University of Michigan. 49 THAILAND- R u n d s c h a u The Economist, 1993. „A Survey of the Food Industry... Indigestion.“ December 4th, special section. Geertz, Clifford, 1963. Agricultural involution; the process of ecological change in Indonesia. Berkeley : Published for the Association of Asian Studies by University of California Press. Goodman, D. and M. Redclift, 1991. Refashioning Nature: Food, Ecology and Culture. London; New York: Routledge. Greenberg, Charles, 1994. Region Based Urbanization in Bangkok's Extended Periphery. Unpublished Ph.D. dissertation. Department of Geography. Vancouver: University of British Columbia. Hanks, Jane Richardson, 1960. „Reflections on the Ontology of Rice.“ In Stanley Diamond, (ed.), Culture in History: Essays in Honor of Paul Radin. 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Yasmeen, G., 1992. „Bangkok's sector: gender, employment sumption,“ Journal of Social (Chulalongkorn University, Vol. 15, pp. 69-81. restaurant and conResearch, Bangkok), Yasmeen, G., forthcoming. „Plastic Bag Housewives and Postmodern Restaurants: Public and Private in Bangkok's Foodscape,“ Urban Geography, (Special issue on „The city and the new cultural geography edited by David Ley). Gisèle Yasmeen is a Research Associate at the University of British Columbia in the Institute of Asian Research and the Sustainable Development Research Institute. She has also lectured in the Department of Geography and the Department of Asian Studies (UBC). Gisele Yasmeen obtained her PH.D. in 1996 and is also active as an independent consultant specialising on development issues in South and Southeast Asia. 51 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Die Verwaltungsgerichtsbarkeit als Teil der Justizreform in Thailand Reinhard Lehr A m 11. Oktober 19971 trat die neue Verfassung in Kraft, welche in Thailand erstmals die Bildung von Verwaltungsgerichten vorsieht (Kapitel VIII. - Teil 4 - der Verfassung). Damit ist es möglich, dass auch eine Einzelperson die hoheitliche Entscheidung einer staatlichen oder kommunalen Behörde sowie einer Institution gerichtlich überprüfen lassen kann. Dies soll in einer dreigliedrigen Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgen, was die Bildung von Verwaltungsgerichten erster Instanz, von Appellationsgerichten auf Provinzebene und eines Obersten Verwaltungsgerichtes (Supreme Administrative Court) in Bangkok bedingt. Dieser Verwaltungsrechtsschutz ist für den thailändischen Bürger in dieser Form Ausdruck eines völlig neuen Staatsverständnisses, wonach der Bürger nunmehr auch Entscheidungen des Staates und seiner Institutionen nicht mehr „klaglos“ hinnehmen muss. Ein Blick in die thailändische Rechtsgeschichte zeigt, dass das traditionelle thailändische Recht (bekannt als Pra 2 Dhammasutra“) auf indische Rechtslehren zurückgeht, welche im „Code von Manu“ zusammengefasst waren. Dieses ursprünglich hinduistisch geprägte Recht war im buddhistisch geprägten Leben der Thai während der Sukhothai-Periode modifiziert worden, wonach - beginnend mit König Ramkhamhaeng 1 Published in the Government Gazette, Vol. 114, Part 55 a, dated 11th October B.E. 2540 (1997) 2 siehe Historical Chronicles of the Council of State and Office of the Council of State, Seite 1 f. 52 - der jeweilige thailändische König als Quelle des Rechts durch Einzelentscheidungen das Recht fortentwickelte. Dies beinhaltete vor allem Entscheidungen des Königs aufgrund von Petitionen seiner Untertanen. Vom Anfang dieses Petitionsrechtes bis zur heutigen „verfassungsgemäß“ vorgesehenen gesetzlichen Regelung eines Verwaltungsrechtsschutzes sowie eines Petitionsrechts lässt sich durchgehend ein roter Faden ziehen. So wurde bereits das thailändische Justizsystem in der Phra Nakhon Si Ayutthaya Periode in Form des als Dhammasattham3 genannten Rechtes weiterentwickelt, welches praktisch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Geltung besaß. Eine erste Justizreform wurde dann im Jahr 1805 von König Rama I (1782-1806), dem Gründer von Bangkok, begonnen, indem er mit der Einsetzung einer Königlichen Kommission einen Code von 1805 erarbeiten ließ (bekannt als das „Gesetz von den Drei Grossen Siegeln“)4. Dieser Code blieb praktisch bis zur Herrschaft von König Chulalongkorn (Rama V) während der Rattanakosin Periode in Geltung. Auch hier galt der Grundsatz, dass der König allein im Zweifelsfall oberste und letzte Instanz bei der Entscheidung von Rechtsfragen war. 3 siehe Historical Chronicles of the Council of State and Office of the Council of State, Seite 2 f. 4 siehe Historical Chronicles of the Council of State and Office of the Council of State, Seite 2 f. 1 / 2 Die eigentliche Reform des Justizwesens in Thailand beginnt mit dem Jahr 1885, als König Rama V seinen Bruder Krom Luang Pichit Preechakorn beauftragte, eine Gerichtsbarkeit mit vom König berufenen unabhängigen Richtern aufzubauen. Im Jahr 1892 nahm das erste thailändische Justizministerium seine Arbeit auf. Als erster Minister übernahm Prinz Rajburi Direkrit (1874-1920)5 die führende Rolle bei der Reform des Justizwesens. Er gilt als der eigentliche Begründer des „modernen“ ThaiRechtes, indem er 1897 die erste Rechtsschule in Thailand errichtete. Er organisierte die gesamte thailändische Gerichtsbarkeit als von der Staatsgewalt getrennte Institution. Während es bislang in Thailand außer der dreigliedrigen Zivil- und Strafgerichtsbarkeit seit 1979 auch noch Arbeitsgerichte und seit 1986 auch Finanzgerichte gab, so ist seit 1987 auch eine zivile Schiedsgerichtsbarkeit6 installiert worden, die als Teil der Verwaltung des Justizministeriums ihre Arbeit aufnahm. Diese Schiedsgerichtsbarkeit hat bis zum heutigen Tage auch große Bedeutung behalten, da sie handelsrechtliche und zivilrechtliche Streitfälle von ausländischen Investoren und Handelspartnern thailändischer Unternehmen Rechtsschutz gewähren kann und langwierige Verfahren vermeidet, welche mit einem „Gesichtsverlust“ eines Verlierers verbunden wären. Der Aufbau einer eigenständigen dreigliedrigen Verwaltungsgerichtsbarkeit in Thailand ist in der Verfassung von 1997 im 5 THAILAND- 2 0 0 0 The Ministry of Justice Thailand Centenary 1892 - 1992, Seite 1 f. 6 siehe The Thai Arbitration Institute (TAI)“; siehe (*5) Seite 93 ff. R u n d s c h a u einzelnen in den Sectionen 276 bis 280 des 4. Teils des Kapitels VIII eregelt. 7 Danach sind die dreigliedrigen Verwaltungsgerichte sowohl zuständig für die Entscheidung von Streitsachen zwischen Einzelbürgern und einer staatlichen oder staatlich überwachten Institution als auch für Rechtsstreitigkeiten zwischen solchen staatlichen oder staatlich überwachten Institutionen (Section 276). Die Verwaltungsrichter werden auf Vorschlag einer Justizkommission der Verwaltungsgerichte von S.M. König Bhumipon ernannt. Beim Obersten Verwaltungsgericht werden ein Drittel der Richter als Fachleute zusätzlich vom Senat dem König zur Ernennung vorgeschlagen. Gemäß Section 278 soll bei der Einsetzung eines Verwaltungsrichters als Präsident des Obersten Verwaltungsgerichtes, wenn dieser bereits durch die Justizkommission der Verwaltungsgerichte und vom Senat ausgewählt wurde, der Premierminister dem König die Ernennung vorschlagen. „Text“ Nach Section 279 besteht die Justizkommission der Verwaltungsgerichte aus den folgenden Personen: 1) Dem Präsidenten des Obersten waltungsgerichtes als Vorsitzenden, Ver- 2) neun qualifizierten Mitgliedern, welche aus den Reihen der Verwaltungsrichter von diesen gewählt wurden, 3) drei qualifizierten Mitgliedern, zwei von ihnen vom Senat und einer vom Ministerrat gewählt. Die Anforderungen, Hinderungsgründe und das Verfahren für die Wahl der qualifizierten 7 siehe Constitution of the Kingdom of Thailand B.E. 2540 (1997), published by the Office of the Council of State, Seiten 103 - 105, 140 53 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Mitglieder sollen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen stehen. präsidenten Leekpai tagt und dem Ministerrat untersteht 8. Gemäß Section 280 sollen die Verwaltungsgerichte ein unabhängiges Sekretariat mit einem Generalsekretär des Büros der Verwaltungsgerichte haben, der dem Präsidenten des Obersten Verwaltungsgerichtes direkt untersteht. Die Ernennung des Generalsekretärs des Büros der Verwaltungsgerichte muss von der Justizkommission der Verwaltungsgerichte bestätigt werden. Die Rolle des Staatsrates (Council of State) hat eine große Bedeutung erlangt, als im Jahr 1979 durch Gesetz (B. E. 2522) das Petitionskomitee ein Teil des Staatsrates wurde. Das Büro der Verwaltungsgerichte soll bezüglich der Personalverwaltung, des Budgets und anderer Aktivitäten autonom geführt werden. Im Zusammenhang mit der Bildung von Verwaltungsgerichten war und ist der Staatsrat somit das Organ, welches die gesetzlichen Vorgaben erarbeitet, die das Parlament im Rahmen der Verfassung zum Erlass von Verwaltungsgerichtsgesetzen braucht. Die vorstehend aufgeführten Verfassungsregeln zur Errichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit in Thailand sind noch durch gesetzliche Verfahrensregeln im Einzelnen auszufüllen. Für die gesetzliche Regelung in Form von Verfahrensvorschriften, welche die Verfassung bei den einzelnen Bestimmungen vorsieht, wird dem thailändischen Gesetzgeber ausdrücklich ein Zeitrahmen von zwei Jahren seit Inkrafttreten der Verfassung im Jahr 1997 vorgegeben (Section 334 Abs. 3), weil die Verwaltungsgerichte innerhalb dieser ZweiJahres-Frist eingerichtet sein sollen. Im Hinblick auf die Wirtschaftskrise im Jahr 1997 mit der Kapitalkrise des Staates war es praktisch unmöglich, diesen Zeitplan einzuhalten. Für die Schaffung der Gesetzentwürfe bezüglich der Verfahrensrechte bei der Bildung von Verwaltungsgerichten war und ist der Staatsrat zuständig, der unter Vorsitz des Minister- Ab dem Jahr 1991 wurde dem Staatsrat auch noch die „Law Reform Commission“ eingegliedert, welche in sieben Unterkomitees die Aufgabe wahrnimmt, gesetzliche Reformvorschläge zu machen. Seit dem im Jahr 1979 (B. E. 2522) das neue Staatsratsgesetz die Einrichtung eines Büros beim Staatsrat als Sekretariat vorsah, wird dieses Büro vom Generalsekretär des Staatsrates geleitet, der unmittelbar dem Ministerpräsidenten als Vorsitzender des Staatsrates untersteht. Zur Zeit fungiert Prof. Dr. Ackaratorn Chularat als Generalsekretär des Büros des Staatsrates9. Auf Empfehlung des Ehrenvorsitzenden der DTG, S. E. Botschafter des Königreichs Thailand Kasit Piromya, war der Verfasser im Sommer 1999 von Generalsekretär Prof. Ackaratorn Chularat eingeladen worden, vor einem Expertenkreis der Abteilung für auswärtige Rechtsangelegenheiten des Büros des thailändischen Staatsrates ein Referat über die „Verwaltungstätigkeit innerhalb 8 vgl. Historical Chronicles of the Council of State and Office of the Council of State-Foreign Law Divsion, Nov. 1998, published by Dr. Pinai Nanakorn, Legal Officer, Foreign Law Division. Seite 6 ff. 9 vgl. Historical Chronicles of the Council of State and Office of the Council of State-Foreign Law Division. Nov, 1998, published by Dr. Pinai Nanakorn, Legal Officer, Foreign Law Division. Seite 6 ff. 54 1 / 2 2 0 0 0 eines deutschen Verwaltungsgerichtes und seine Sekretariatseinheiten“ zu halten. Am 30. Juli 1999 gab der Verfasser anhand von beispielhaften Plänen des Verwaltungsgerichtes Würzburg bezüglich dessen Organisation und Verwaltung Mitgliedern dieses Gremiums einen Einblick in die Arbeit eines deutschen Verwaltungsgerichtes. Dabei wurden auch die rechtlichen Kompetenzfragen der deutschen dreigliedrigen Verwaltungsgerichtsbarkeit eingehend erläutert. Eine breit angelegte Diskussion zeigte, dass bei den thailändischen Fachleuten ein aktuelles Bedürfnis bestand, Informationen zu erhalten, die für die gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit der Bildung von Verwaltungsgerichten von Nutzen sein können. Ergänzend zu seinem Referat hat der Verfasser dem Generalsekretär Prof. Chularat anschließend noch umfangreiches Material zugeleitet, welches geeignet ist, die Arbeit und Verwaltung der deutschen Verwaltungsgerichte in der Praxis darzustellen. Es bleibt nunmehr zu hoffen, dass mit der Überwindung der wirtschaftlichen Probleme Thailand in der Lage ist, die für die Bildung von Verwaltungsgerichten erforderlichen THAILAND- R u n d s c h a u durchaus umfänglichen Mittel zur Verfügung zu haben, um dem Auftrag der Verfassung von 1997 zu entsprechen, den Verwaltungsrechtsschutz der Bürger sicher zu stellen. Literatur: Constitution of the Kingdom of Thailand B.E. 2540 (1997), Textbroschüre herausgegeben vom Office of the Council of State Historical Chronicles of the Council of State and Office of the Council of State By Dr. Pinai Nanakorn, Legal Officer, Foreign Law Division, November 1998 Council of State Act, B.E. 2522 (1979) aufgrund der Verfassung von B. E. 2521 (1978) Council of State Act B.E. 2534 (1991) The Thai Arbitration Institute, situated in the Criminal Court Building Arbitration Office, Centre for Promotion of Commercial Law and Alternative Dispute Resolution, Ministry of Justice National Academy of Criminal Justice, situated in the Criminal Court Building, Ministry of Justice The Ministry of Justice Thailand Centenary 1892-1992, published by the Ministry of Justice, 1992 Dr. jur. Reinhard Lehr ist Richter am Sozialgericht Würzburg. Er lehrt als Gastdozent an der juristischen Fakultät der Thammasat University Bangkok und ist Beiratsmitglied der DTG. 55 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Politische Bildung in Thailand – Zum Gedenken an Erich Reinhold Arnd D. Kumerloeve E rich Reinhold ist tot – eine Nachricht, die mich leider erst vor kurzem erreichte und sehr traurig gemacht hat. Kaum einer war wie er derart fundiert und aus tiefster Überzeugung mit Thailand verbunden; kaum einer war wie er in der Sache ungemein zielorientiert und gerade, im Wortsinne anständig und dabei zugleich immer verbindlich, höflich und humorvoll. Wir alle werden ihn sehr vermissen und uns die Art und Weise zum Beispiel nehmen, wie er in unnachahmlicher Weise gleichzeitig zurückhaltend-bescheiden und auf den Punkt präsent sein konnte. Klaus Wenk ist für seinen noblen Nachruf in der TR sehr zu danken! Es ist bewegend, in der letzten ThailandRundschau nicht nur die traurige Nachricht zu lesen, sonder zugleich postum einen Beitrag von Erich Reinhold zu finden, in dem er Pridi Banomyong als einen der Architekten einer Demokratieentwicklung in Thailand würdigt. Dabei wird deutlich, dass die Demokratie in Thailand sicherlich noch nicht als gefestigt angesehen werden kann und dies gilt letztlich so lange, so lange sie nicht flankierend durch Strukturen einer Zivilgesellschaft abgesichert ist, die über rein politisch-formale Kriterien hinausgehen und sich in der gesellschaftspolitischen Bildung des Landes manifestieren. Demokratie ist auch ‘Rule of Law’, Menschenrecht, Bürgerfreiheit und freie Marktwirtschaft. Erst dann ist eine wirkliche Partizipation eines mündigen Bürgers möglich – erst dann kann die Demokratie gelebt werden: Jeder muss in der Lage sein und im 56 Rahmen eines für alle gleichen Regelwerkes die Chance haben, seine Interessen zu erkennen, sie zu artikulieren und entsprechend zu handeln. „Der Kampf für wirklich praktizierte Demokratie ist eine der größten Herausforderungen im neuen Jahrhundert“ hieß es auf der gerade zu Ende gegangenen Demokratie-Konferenz von über 100 Staaten in Warschau. Es steht dabei natürlich einerseits ausser jeder Frage, das eine Demokratie nicht eine Panazee sein kann und alles wird automatisch gut. Andererseits führt aber auch kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass es noch nie in der Geschichte einen Krieg zwischen zwei voll entwickelten Demokratien gegeben hat und alle empirische Erkenntnis belegt, dass Regierungen umso mehr eine am Gemeinwohl orientierte Politik verfolgen, je mehr die Bürger an Entscheidungen auf allen Ebenen einer Gesellschaft partizipieren. Gedanken wie diesen hat Erich Reinhold in seinen erwähnten Beitrag zwar nicht ausdrücklich ausformuliert, aber in vielfältiger Weise anklingen lassen; es war zudem immer eine durch ihn vertretene Meinung, wie viele Gespräche im Verlauf der letzten Jahre gezeigt haben. Politische Bildung in Thailand ist gefragt – so formulierte er es einmal als Anspruch an diejenigen, die entwicklungs- und gesellschaftspolitisch im Lande aktiv sind und dies noch vor gar nicht langer Zeit auch gegenüber dem Verfasser vorliegender Zeilen anläßlich einer Buchbesprechung über asiatische Parteiensysteme. Es ist daher sehr schade, dass er 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 wahrscheinlich nicht mehr von kürzlichen Entwicklungen im Lande erfahren hat, die u.a. auch den innenpolitischen Diskurs in Thailand bestimmen und von denen hier berichtet werden soll. Seit Anfang 1999 steht eine der deutschen politischen Stiftungen in einem intensiven Dialog mit dem Büro des Premierministers Chuan Leekpai über Pläne zur Ausweitung und Institutionalisierung bisheriger Ansätze der politischen Bildung. Ausgangspunkt waren Gespräche zwischen dem Premierminister und einigen Abgeordneten über die Idee, in Bangkok ein Demokratie-Museum zu errichten, das insbesondere die jüngeren Generationen an demokratische Grundwerte heranführen und die Entstehung eines staatsbürgerlichen Bewußtseins in der Bevölkerung fördern sollte. Im Verlaufe nachfolgender Sitzungen mit dem Beraterstab des Premiers wurde dann aus dieser Idee schrittweise eine Projektkonzeption entwickelt, die in Richtung des Aufbaus einer landesweit tätigen Institution für politische Bildung zielt. Als Trägerorganisation für diese Projektmaßnahme ist das ‘King Prajadhipok’s Institute’ (KPI) vorgesehen. Das Institut wurde 1994 als Abteilung des Sekretariats des ‘House of Representatives’ zur Weiterbildung von Parlamentariern und Regierungsbeamten gegründet. Es ist benannt nach König Rama VII, in dessen Regentschaft die absolute Monarchie zugunsten einer konstitutionellen abgeschafft wurde. Im September 1998 erhielt das Institut durch Gesetz (Act B.E. 2541) den Status einer unabhängigen Organisation öffentlichen Rechts. Einzige formale Anbindung an das Parlament bleibt der Parlamentspräsident, der in Personalunion Chairman des ‚King Prajadhipok’s Institute’ Council (des höchsten Leitungsgremiums) ist. Die Mitglieder des KPI sind Abgeordnete, Sena- R u n d s c h a u toren und hochrangige Politikwissenschaftler, die durch diesen Council ernannt werden. Die Arbeitsschwerpunkte des KPI sind wie folgt festgelegt: • Durchführung von Studien zur Förderung von Frieden und Demokratie; • Vertiefung des Verständnisses für Frieden und Demokratie in der Öffentlichkeit; • Unterstützung der gesetzgebenden Tätigkeit der Parlamentsmitglieder; • Förderung des Verständnisses für administrative und politische Regeln in der Öffentlichkeit; • Erstellung von Material und Durchführung von Programmen zur politischen Bildung und staatsbürgerlichen Erziehung für Parlamentarier, Regierungsbeamte und (zunehmend) die breite Öffentlichkeit; • Koordination des akademischen Austausches mit nationalen und internationalen Institutionen aus dem Bereich der Demokratie-Förderung. Da die Transformation des KPI von einer staatlichen Behörde zur Weiterbildung von Parlamentariern, Politikern und Regierungsbeamten in ein unabhängiges Organ mit umfassenderem Bildungsauftrag zwar formal vollzogen ist, aber die künftige Arbeit noch nicht durchgängig strukturiert und kommuniziert wurde, nimmt das Institut in der Praxis bisher allerdings nicht den Stellenwert ein, der ihm gesetzlich zugedacht war. Da das KPI allerdings über hochrangige Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft verfügt und von der Regierung auch hinsichtlich des Budgets als wichtig eingestuft wird, kann eine Entwicklung in Richtung „bedeutende politische Bildungseinrichtung und Think Tank“ als 57 THAILAND- R u n d s c h a u konsequent und sachgerecht eingeschätzt werden. Und so ist man momentan dabei, mit entsprechender inhaltlicher wie organisatorischer Beratung einen wichtigen und richtungsweisenden Beitrag zur institutionellen Verankerung der politischen Bildung in Thailand zu leisten. Eine besondere Rolle spielt dabei der langjährige Präsident des thailändischen Parlamentes, Wanmuhamadnoor Matha, der 1994 die Bundesrepublik besucht hat, um sich u.a. über das deutsche System der politischen Bildung zu informieren. Auf der Grundlage dieser Informationen und Eindrücke war er an der Gründung des ‚King Prajadhipok’s Institute’ beteiligt und auf seine Initiative hin hat eine hochrangige Delegation des KPI (10 Mandats- und Funktionsträger, d.h. Abgeordnete und Senatoren sowie Professoren der Politikwissenschaft von Chulalongkorn und Thammasat) im November 1999 Deutschland bereist und ein intensives Fachprogramm zu Methoden und Instrumenten der politischen Bildung absolviert. Das Programm umfaßte schwerpunktmäßig intensive Gespräche in der Bundeszentrale für politische Bildung (nicht nur auf der Leitungsebene sondern auch mit Experten auf den verschiedenen Arbeitsebenen) und mit den zuständigen Fachabteilungen für Fragen der politischen Bildung bei mehreren politischen Stiftungen. Ferner wurden Informationen über weitere Träger der politischen Bildung (Volkshochschulen, Schulen, freie Bildungs-Einrichtungen etc.) vermittelt. Der insgesamt knapp 10-tägige Aufenthalt wurde von den Beteiligten als anregend und erfolgreich eingeschätzt, wobei den Teilnehmern deutlich wurde, dass in Thailand bisher noch wesentliche Voraussetzungen fehlen und man wohl nicht umhin kommen wird, recht dicke Bretter zu bohren. Nach den Auswertungen, Vorlage entsprechender Erfahrungsberichte, 58 1 / 2 2 0 0 0 Analysen, etc. ist man nun dabei, die weiteren Schritte zu planen. Es versteht sich von selbst, dass dies nicht immer ganz einfach ist, wieder und wieder Überzeugungsarbeit zu leisten ist und Widerstände der unterschiedlichsten Ebenen überwunden werden müssen. Eine aufgeklärte Gesellschaft stellt viele alte Privilegien und bequeme Gewohnheiten infrage. Zur Zeit erstrecken sich die Bemühungen primär auf zwei Ansätze: " Zum einen ist angedacht, das KPI als eine Art Durchführungsorganisation für eine rund zweijährige Eigenmaßnahme der GTZ mit der Zielrichtung „Politische Bildung für Jugendliche“ einzusetzen und dies durch flankierende Experteneinsätze und Beratungen im Sinne eines ‘Learning-by-Doing’ für den Aufbau einen entsprechenden Know-how zu nutzen. " Zum anderen ist durch die Friedrich-Naumann-Stiftung eine relativ hochrangige Beratung geplant, um strategisch die entsprechenden Strukturentscheidungen vorzubereiten, die das KPI langfristig in die Lage versetzt, im Rahmen der ThaiGesellschaft in etwa die Rolle und Funktion einer ‘Bundeszentrale für Politische Bildung’ zu übernehmen. Es versteht sich von selbst, dass es hier um die Entwicklung von Curricula, sowie um die Ausbildung von Trainern, Lehrplänen etc. gehen wird. Im Sommer dieses Jahres wird sich ein Experte in Bangkok aufhalten, um entsprechend die organisatorisch-strategischen Überlegungen im Bereich Bildung und Training voranzutreiben. Das ganze Vorhaben ist gewiß eine langwierige und nicht immer einfache Angelegenheit und trotzdem: Erich Reinhold hätte 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 seine Freude. Es war ihm schließlich bewusst, das jede Entwicklung – und dies nicht nur im wirtschaftlichen, sondern noch mehr im sozio-politischen Raum – zugleich einen Einstellungswandel beinhaltet, der für die R u n d s c h a u Menschen neue Selbstverständlichkeiten und Paradigmen schafft und daher einfach seine Zeit braucht. Aber eine Zeit, die sich lohnt – für alle von uns. Dr. Arnd D. Kumerloeve ist langjähriges Mitglied und ehemaliges Vorstandsmitglied der DeutschThailändischen Gesellschaft. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit den Problemen der Entwicklungsländer, auch aus der Innensicht durch vielzählige Auslandsreisen. Auf dem Fluß der Könige Franz Lerchenmüller D er Cho Phraya ist bis heute die wichtigste Lebensader Bangkoks. Seine Kanäle bilden ein dichtes Geflecht kleiner und kleinster Blutbahnen. Einheimischen und Touristen bietet er die beste Möglichkeit, mittels rasend schneller Longtailboote im permanenten Verkehrschaos voranzukommen. Bangkok geht baden. Sintflutartig platscht es vom schwarzgrauen Himmel, Bäche schießen aus den Seitengassen, Fluten schwappen in Hauseingänge und gurgeln aus den Gullies: Wasser von oben, von unten, von überall. Der Wind fetzt die Palmen und peitscht immer neue Wasserboen in die Häuserschluchten, Blitze erleuchten Autos, die durch die strömenden Strudel mehr gleiten als fahren. Fast scheint es, als wäre Bangkok an diesem Oktobernachmittag wieder zu dem geworden was es vor nicht einmal hundert Jahren noch war: eine Stadt im Wasser. Eine aquatische Landschaft. In wenigen Tagen wird die Überschwemmung ihren Höchststand erreicht haben. Der Nordostmonsun hat den Süd- westmonsun abgelöst, der Fluss ist angeschwollen von den Regenmassen aus Nordthailand, aus dem Süden drückt die Flut hoch in die Stadt, die zu allem Überfluß jedes Jahr auch noch ein paar Zentimeter tiefer in den weichen Schwemmlandgrund sinkt. Bangkok kennt das. Seit seiner Gründung 1782 musste Thailands Hauptstadt mit den Überschwemmungen im Oktober fertig werden. „Wir waren ein Wasservolk“, sagt Sumet Jumsai und zündet seine Pfeife an, „wir wussten instinktiv, wie man mit dem Wasser zurechtkommt. Wir kämpften nicht gegen die Natur an sondern lebten mit ihr“. Der 60-jährige international renommierte Architekt und Stadtplaner hat sich lange mit den anthropologischen Grundlagen der Völker Südostasiens beschäftigt. „Venedig des Ostens - dieser Titel ist nicht ganz richtig. Bangkok glich viel mehr einer schwimmenden Stadt.“ Zwar gab es ein Netz von Kanälen, aber die Menschen wohnten zum größten Teil auf Booten oder in leichten Häusern auf Stelzen, zwischen denen die Fluten ungehindert strömen konnten. Selbst die wenigen 59 THAILAND- R u n d s c h a u festen Bauten, Tempel vor allem, beschworen mit ihren geschwungenen Dächern das Bild des Wassers. Und was ist geblieben von diesem aquatischen Instinkt? „Nehmen Sie unseren Verkehr“, sagt Sumet Jumsai und lächelt, ,“wenn er tatsächlich einmal fließt. Dieses gekonnte Aneinandervorbeigleiten und Sichdurchschlängeln der Autos -erinnert das nicht an das Manövrieren der Boote auf einem belebten Strom? Es sitzt uns einfach in den Genen.“ Was freilich das Stadtbild angeht, spielt das Element Wasser keine Rolle mehr. So scheint es jedenfalls beim Blick vom 309 Meter hohen Bayoke II Tower: Bis zum Horizont erstreckt sich ringsum im Dunst eine grauweiße Ansammlung von Quadern, Blöcken, Würfeln und Zylindern, Heimat für mittlerweile zehn, elf oder gar schon zwölf Millionen Einwohner, unterbrochen nur von einigen grünen Flecken und geschwungenen Belonbändern auf Pfeilern. Der große Fluss aber ist an den Rand gerückt, und lediglich zwei oder drei Kanäle durchschneiden als lange, gerade Linien die Wüste aus künstlichem Stein. Und doch: 1050 Kanäle, Bäche und Flüsse mit einer Gesamtlänge von 1900 Kilometern durchziehen den Großraum Bangkok. Teeradej Tangpraprutgul, einer der Direktoren im Amt für Abwasser und Kanalisation, ist stolz auf diese Zahl. 2000 Angestellte sind damit beschäftigt, die Wasserwege zu reinigen, zu befestigen, auszubaggern und flutsicher zu machen, denn sie sind für viele Bewohner Bangkoks nach wie vor unverzichtbare Verkehrsverbindungen. Und für Touristen gilt: Wer sich dem Moloch Stadt entziehen will, der gehe aufs Wasser. Die wichtigste Wasserader der Stadt ist nach wie vor der Fluss. Der Chao Phraya - „Dao 60 1 / 2 2 0 0 0 Praiä“, wie sie ihn aussprechen - ist zwischen 300 und 400 Meter breit, zehn Meter tief und schiebt pro Sekunde 600 Kubikmeter Wasser heran - in der Trockenzeit. Jetzt sind es bis zu 2000 Kubikmeter. Der Fluss erwacht um sechs Uhr morgens. Die ersten Fähren queren, Schlepper ziehen tief im Wasser liegende Lastkähne voller Kies hinter sich her, Inseln aus Wasserhyazinthen treiben flussabwärts. Auch ein paar gelbgrüne Longtailboote quirlen schon die braunen Fluten und brettern mit halb leeren Gemüsekörben von einer Verkaufstour nach Hause. Entschlossen und zügig schieben sich die Expressboote durchs Wasser und spucken an den Haltestellen elegant gekleidete Männer und Frauen aus, die spätestens um neun im Büro sein müssen. Scharfe Thaicurries werden zum Dinner auf dem Deck serviert. Sie machen Platz für die Touristen. Expressboote sind in Bangkok die besten Freunde der Besucherinnen und Besucher. Sie bleiben nicht im blauen Abgasnebel stecken, laufen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten an und ihre Schaffner feilschen nicht um den Preis, wie es bei Taxifahrern immer wieder vorkommt. Die Fahrt kostet sechs oder acht Baht. Basta. Egal ob Thai oder Ausländer. Wat Arun ist auf dem Fluss zu erreichen, „Tempel der Abenddämmerung“ für die einen, für andere der Tempel der Morgenröte“, dessen fünf Türme über und über mit einem Muster aus Porzellanscherben verziert sind. Oder Wat Pho, der den 46 Meter langen Ruhenden Buddha birgt. Und natürlich Wat Phra Keo, diese Ansammlung Dutzender von Tempeln, Türmen und Kuppeln, geschmückt mit zahllosen Elefantenstatuen und glitzernden Glasmosaiken, geheiligt durch die Anwesenheit des Smaragdenen Buddha aus Jade, dessen Gewand der König persönlich dreimal 1 / 2 2 0 0 0 im Jahr wechselt. Im Audienzsaal des benachbarten Königspalastes steht der Goldene Thron. Ein Foto zeigt König Bhumibol Adulyadej, Rama IX., wie er 1947 das erste Mal darauf Platz nahm. Etwas verloren wirkte der junge Monarch da noch - heute füllt er seinen Platz außerordentlich gut aus. Am Abend wird es feierlich auf dem Fluß. Beleuchtete Fähren kreiseln auf dem Wasser wie Häuser, die sich losgerissen haben. Von Dinnerbooten klingen Lachen und Musik. Auf dem Oberdeck der »Horizon« servieren Stewards in weißen Uniformen Cocktails. Die Lichter am Ufer sind eher sparsam gesetzt und betonen den Charakter einzelner Gebäude. Nur das Elektrizitätswerk erstrahlt in hellem Schein - aber die haben es ja. Ein warmer Wind streichelt die Haut, vom Buffet duften Meeresfrüchte- und Selleriesuppen, Chiang-Mai-Würstchen und Fischsalat, Ananasreis und Muschelsoufflés und all die verschiedenen Curries - die Thai-Küche ist ohne Zweifel eine der besten der Welt. Und zum Dessert aus betörend riechenden, reifen, echten und entzückend anzusehenden, winzigen, köstlichen Früchten aus Bohnenmehl und Sirup gleiten die Assumption Church vorbei und die weißen Fassaden der Gebäude, die einst der East Asiatic Company gehörten und die perfekte Kulisse für Saigon und William Dafoe abgaben. War der Chao Phraya einst die wichtigste Lebensader Bangkoks, so bildeten die Kanäle ein dichtes Geflecht kleiner und kleinster Blutbahnen. Im Stadtteil Thonburi pulsiert an einigen dieser Wasserwege noch immer das Leben. Im Boot nach Thonburi, ein Ausflug ins richtige Leben. Knatternd biegt das Longtailboat in den Klong Bangkok Yai. Und gleitet schon nach wenigen Metern durch ein ganz anderes THAILAND- R u n d s c h a u Bangkok: Hier gibt es noch die Häuser auf Pfählen, auf deren Treppen Frauen Geschirr abwaschen und Hunde in der Sonne dösen. Schwimmende Imbissbuden sind mit Klebereis und Papayasalat unterwegs, Männer angeln, Kinder machen sich in Wassertaxis auf den Weg zur Schule. Häuser aus schimmerndem rotem Teakholz mit filigran geschnitzten Veranden wechseln mit zerfallenden Buden aus Wellblech, Felder aus Wasserspinat wuchern dazwischen, Vögel zwitschern in den Jackfruit- und Rosenapfelbäumen. Es ist eine malerische Ecke der Stadt - nicht zu verwechseln mit einem der vielen Slums. Denn hier wohnen neben Müllwerkern und Lehrern durchaus auch wohlhabende Bürger, oft schon seit Generationen, weil es Unglück bringt, wenn man das Haus der Ahnen verkauft. Das Wasser ist lehmig braun, manchmal treiben Plastikflaschen oder ein Gummischlappen in der Flut. „Früher achtete jeder darauf, das Wasser sauber zu halten“, erklärt Teeradej Tangpraprutgul. „Doch seit die Klongs eigenes Trinkwasser bekamen, kümmert sich niemand mehr darum.“ Auch die Abwässer laufen in die Klongs. Von sieben geplanten Kläranlagen für Bangkok ist eine ganz, die zweite zum größten Teil fertig gestellt. Dennoch ist die Wasserqualität in den ringförmig verlaufenden Kanälen besser, als man erwarten würde. Pumpstationen drücken Wasser hinein und heraus und sorgen so für eine gewisse Umwälzung: genügend Sauerstoff für Leben in den Wellen. Am Wat Chang Lek im Klong Mon verkauft ein alter Mann Weißbrotlaibe. Wirft man sie ins Wasser, tauchen sofort Rücken an Rücken unterarmlange Welse auf und balgen sich klatschend um die Brocken. Auch Aale, Salamander, Schildkröten sollen sich in den Kanälen noch tummeln. „Früher, wenn das Wasser stieg und wir alle auf den Boden dicht unterm Dach umziehen mussten, flüchteten 61 THAILAND- R u n d s c h a u sich oft auch Leguane, Ameisen und Schlangen ins Trockene“, erzählt der alte Mann. Heute sollen Schleusentore an den Mündungen zum Fluss das Hochwasser in Grenzen halten. Am San Sap ist alles anders. Dieser Kanal quert die Stadt von West nach Ost und ist für viele Menschen der tägliche Weg zur Arbeit. Die Fahrt auf dem Expressboot bis zum Vorort Bang Kapi dauert eine Stunde und kostet 15 Baht. Hier sind die Ufer nicht touristisch aufgehübscht, die Haltestellen nur in Thai-Schrift ausgeschildert. Bettzeug lüftet aus, Suppe dampft, Wäsche trocknet in den Hinterhäfen. Es riecht nach Durianfrüchten und Benzin. Die beiden Schaffner, die auf dem Boot entlangturnen, tragen Helme: Wie ein getunter Traktor schießt das Schiff zwischen den engen Brücken hindurch, da wundert es nicht, dass immer mal wieder ein Schiff an den Pfeilern zerschellt. Seitlich am Boot hängen blaue Plastikplanen als Schutz gegen das Spritzwasser. Es ist nicht so sehr der grobe Dreck, der im Wasser treibt - das Wasser selber ist Dreck. Trübe Abwaschbrühe, schmutzig braun, wo sie vor sich hin plätschert, schmutzig gelb, wenn sie hochspritzt. Einige Passagiere halten sich Tücher vor die Nase. Derzeit aber ist der Geruch erträglich. Während der Trockenzeit, sagen die, die es kennen, stinke es hier manchmal bestialisch. Nein, eine Rückkehr Bangkoks in das aquatische Idyll wird es nicht geben. Heute geht es darum, den Menschen das Vorankommen im Chaos aus Blech und Beton zu erleichtern. Die 20 Kilometer Hochbahn, die im Dezember eröffnet werden, helfen sicher weiter. Und auch die 20 Kilometer Metro, die noch im Bau sind. 62 1 / 2 2 0 0 0 Nur die Wirtschaftskrise hat die Häuser am Fluss gerettet. Gleichzeitig aber gilt es, die Orte, an denen die Wasserkultur noch lebt, vor dem Zugriff der Investoren zu schützen. Gerade hat das Fine Arts Department beschlossen, dem Bau einer Hochbahntrasse über den Klong Phasi Charoeng nicht zuzustimmen – einer der letzten Erfolge auch in Sumet Jumsais jahrzehntelangem Kampf um den Erhalt historischer Plätze und Gebäude. „Die ökonomische Krise ist eine Chance“, meint er. „Viele Bauvorhaben sind eingefroren, viele Häuser, die längst abgerissen werden sollten, stehen noch, weil das Geld fehlt.“ Doch Thailands Wirtschaft ist auf dem Weg der Besserung, und damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass seine Kapitale den alten Weg bald wieder entschlossen weitergeht: hin zu einem „Osaka Südostasiens, einer zugepflasterten Betonödnis, überzogen von Spaghetti aus Zement“. So ganz aber will Sumet Jumsai von einer Vision nicht lassen: dem Plan einer schwimmenden Stadt im Golf von Siam, einem Konglomerat aus Pontons, Tragflügelbooten, Inseln und Stegen, das Raum genug bietet für ein aus allen Nähten platzendes Bangkok von künftig 20, 25 Millionen Einwohnern. „Wir müssen unseren aquatischen Instinkt wiederentdecken. Er ist verborgen, aber er lebt“, sagt Sumet Jumsai. „Das zeigen Feste wie Loy Krathong oder die Prozession der Königlichen Barken.“ Dieses farbenprächtige Zeremoniell findet nur anlässlich außergewöhnlicher Ereignisse statt. So 1987, als König Bhumibol 60 Jahre alt wurde, oder 1996 zur Feier seiner 50-jährigen Regentschaft. Und auch im November 1999 wurde Bewohnern und Besuchern wieder ein besonderes Schauspiel auf dem Fluss 1 / 2 2 0 0 0 geboten, denn der König beendet seinen sechsten 12-Jahre-Zyklus. Seit Monaten schon wird für diesen großen Auftritt geprobt. Lange und geduldig warten die Zuschauer an den Ufern, bis das erste Boot in Sicht kommt, nach und nach dann alle 52. Ganz langsam ziehen sie in Fünferreihen den Fluss herunter, ganz langsam rücken sie näher. Trommeln dröhnen, Trompetensignale fliegen übers Wasser, dumpfer Gesang dringt herüber. Ein Signalgeber mit Flaggen steht im Bug jedes Fahrzeugs, zwei Steuerleute zieren das Heck. Schwarze Boote tragen Ruderer in schwarzer Tracht, goldene Boote werden von rot gewandeten Kriegern bewegt. Mit genau abgezirkelten Bewegungen heben 2000 Marinesoldaten ihre Paddel in die Luft, verharren einen Augenblick in dieser Haltung und stechen dann gemeinsam ins Wasser. Im Grunde ist die ganze Darbietung nichts anderes als eine historische Militärparade, denn das Wasservolk der Thai zeigte stets seine Stärke auf dem Fluss. Und die bunten Ordensbänder der Marineoffiziere am Ufer schaffen immer noch die Verbindung zu den farbenprächtigen Uniformen der Soldaten dort draußen. Sonnenstrahlen lassen die THAILAND- R u n d s c h a u goldenen Schnäbel, die Dämonen-, Schlangen- und Drachenköpfe, die Quastenund die Affenhäupter der Boote aufblitzen, ruhig und feierlich, in getragenem Rhythmus zieht die Prozession vorbei. An Wat Arun legt »Narai Song Suban«, die Barke des jetzigen Konigs an. Der Herrscher übergibt den Mönchen gelbe Roben als Geschenk, dann macht der Zug kehrt und gleitet langsam über den Fluss zurück nach Norden. Es ist ein Bild stiller Würde und trotz der klickenden Kameras kein Spektakel. Einst zeigte sich so Siams ganze Pracht. Heute ist die Prozession ein Ausdruck der Wertschätzung des Konigs. Und ein Versuch, die Einheit des Landes zu beschwören, symbolisiert in seiner Person. Aber wohl nicht zu Unrecht befürchten viele der Thailänder, die hier die Ufer säumen, dass der Fluss der Könige, der so viele Monarchen hat kommen und gehen sehen, hier und jetzt den letzten wirklichen König des Landes vorbeiträgt. Quelle: „DIE ZEIT“, Hamburg, Nr. 45 (04. November 1999). Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion 63 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Politische Ursachen der Asienkrise - Buchbesprechung Arnd D. Kumerloeve D ie Asienkrise – vor kurzem noch in aller Munde - ist in der Öffentlichkeit inzwischen schon wieder fast vergessen. Zwar weiss man, dass im Kreise von Finanzpolitikern eigentlich jetzt erst damit begonnen wird, auf der Basis einiger hauptsächlich in den USA erstellter Studien Korrekturen an den Instrumenten der Finanzpolitik und den Mechanismen der Finanzinstitutionen zu diskutieren (wobei man u.a. auf den neuen IMF-Direktor hofft) und mancher fragt schon noch, in welche Richtung Asien denn nun wohl gehen mag, aber es sind eindeutig diejenigen in der Mehrzahl (besonders in den betroffenen Ländern und da macht Thailand keine Ausnahme), die da meinen, nun sei alles überwunden und man könne wieder zum ‘business as usual’ übergehen – einige Länder stünden doch schon wieder besser da, als vor der Krise und Wachstum sei allerorten zu verzeichnen. Es gibt zwar Stimmen, die dem entschieden widersprechen und warnen, aber sie werden kaum wahrgenommen. Die wenigsten berücksichtigen, wie fragil die Lage eigentlich noch ist und wie sehr exogene Faktoren, wie z.B. das anhaltend starke Wachstum in den USA zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Es ist eine Binsenweisheit, dass bei derartigen Fragen einerseits die weltweiten wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in Betracht zu ziehen sind – Diskussionen über die Effekte der Globalisierung füllen Bibliotheken – und andererseits die gesamtgesellschaftlichen Bedingungen in den Län- 64 dern selbst sehr genau analysiert werden müssen. Um letztere geht es in vorliegender Buchkritik. Es kann den betroffenen Ländern nur mit Nachdruck empfohlen werden, sämtliche Gründe der jüngsten Krisen sehr genau zu beleuchten und der Versuchung zu widerstehen, die Schuld schlicht auf angeblich ausser (wessen?) Kontrolle geratene massive Finanzströme etc. zu schieben. Es stellt sich – wie vorliegende Veröffentlichung anschaulich zeigt - mit mindestens gleichwertiger Plausibilität die Frage nach denjenigen sozio-politischen Rahmenbedingungen, die im Sinne einer zivilgesellschaftlichen Einbindung und Kontrolle von Finanzmärkten hätten funktionieren und die Krise vermeiden müssen – oder anders ausgedrückt: es stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Demokratie einerseits und Finanzmärkten, Wirtschaftsentwicklung etc. andererseits. Zwar konnten sich in letzter Zeit in den Philippinen, Korea, Taiwan und besonders bemerkenswert eben auch in Thailand Ansätze demokratischer Bewegungen durchsetzen und trotz andauernder Probleme mit beachtlichen Fortschritten auch behaupten (in Indonesien gilt vorerst das Prinzip Hoffnung), trotzdem wird insgesamt einmal mehr eine Frage berührt, die insbesondere im Zusammenhang mit dem „asiatischen Wirtschaftswunder“ der letzten Jahre immer wieder aufgeworfen worden ist: In der unmittelbar post-kolonialen Zeit war es ein allgemein akzeptiertes Postulat, dass im Bereich des Subsystems der Politik zugunsten einer möglichst raschen Wirtschaftsentwicklung Kompromisse einzugehen sind. Das Ergebnis dieser Argumente war eine 1 / 2 2 0 0 0 exzessive Einmischung zentraler Staatsautoritäten in alle gesellschaftlichen Teilbereiche – eine Politik, die sich durch enorme Wachstumsraten zu rechtfertigen schien und erst in letzter Zeit unter dem Eindruck der wirtschaftlichen Krise mehr und mehr hinterfragt worden ist. Und da kommt nun eine Veröffentlichung zur rechten Zeit, die konsequent die notwendigen Fragen nach denjenigen politischen Faktoren der Asienkrise stellt, die neben den finanzpolitischen Gründen bisher viel zu wenig Beachtung gefunden haben: Johannen U., Rudolph J. and Gomez J. (eds.); The Political Dimensions of the Asian Crisis. Select Books, Singapore 2000 – 266 pages – ISBN 981-4022-10-1. „Endlich!“ kann man nur sagen, wird hier durch die Herausgeber (Mitarbeiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Singapur) eine systematische und sachgerechte Analyse der politischen Ursachen der Asienkrise (die im wesentlichen eine Krise der ost- und südostasiatischen Staaten war und ist) vorgelegt und dies – ein besonderer Reiz – nicht nur aus akademischer Sicht, sondern auch aus dem Blickwinkel von Politikern, Journalisten und NGO-Vertretern. Als Quintessenz nach der Lektüre muss man feststellen, dass eigentlich nicht Verwunderung oder Überraschung über die relativ rasche Erholung in einigen Ländern der Region der richtige Ansatz ist, sondern vielmehr die Frage, ob es überhaupt in der Form zu einer Krise gekommen wäre, hätten bereits vorher funktionierende politische Systeme und alle mit ihnen verbundenen ‘checks and balances’ existiert. Die Veröffentlichung ist das Ergebnis eines CALD-Kongresses, der unter dem Thema „The Asian Crisis - Political Responses to the Problem“ Ende 1998 in Bangkok statt- THAILAND- R u n d s c h a u fand und bewußt darauf ausgerichtet war, eine kritische Analyse der politischen Hintergründe und Konsequenzen der sich weltweit auswirkenden Krise vorzunehmen. Der ‘Council of Asian Liberals and Democrats’ (CALD) mit Sitz in Manila ist das einzige existierende Parteienbündnis Asiens (Mitglieder sind neun demokratische Parteien – darunter die Democrat Party aus Thailand) und bietet u.a. auch ein Forum des Dialogs und der Kooperation für politische Führungskräfte aus der Region. Der Band veranschaulicht, wie sehr die seit Mitte 1997 aufgetretene Wirtschafts-, Finanz- und Währungskrise in Südost- und Ostasien tiefgreifende strukturelle Mängel sowohl der politischen als auch der sozioökonomischen Systeme in der Region aufgedeckt hat. Es wird gezeigt, wie weitgehend (und in der Regel zu kurz greifend) sich dann eine Ursachen-Analyse in Politik, Wirtschaft und Medien fast ausschließlich auf ökonomische Problemfelder und Einflußfaktoren wie etwa Überschuldung, mangelnde Bankenaufsicht, vagabundierende Finanzströme, fehlende makro-ökonomische Steuerung, Überschwemmung mit kurzfristigem Kapital, inadäquate Wirtschaftsund Finanzpolitik etc. konzentrierte. Die zugrundeliegenden politischen Strukturfehler bzw. unzureichenden Rahmenbedingungen (also z.B. autoritäre Herrschaftssysteme; fehlende demokratische Kontrolle und Partizipation an der Basis; Schwäche demokratischer Institutionen, Strukturen und Verhaltensmuster; inadäquate Wahlrechtssysteme; Zentralisierung, Bürokratisierung, Dominanz und Mißbrauch staatlicher Macht; Nepotismus, Korruption, Klientelismus; fehlende Gewaltenteilung; Manipulation und Abhängigkeit der Judikative; fehlende Transparenz politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen etc.) aber 65 THAILAND- R u n d s c h a u wurden bisher sowohl in den (häufig kontrollierten) Medien als auch in der öffentlichen Diskussion nur am Rande thematisiert. Die Autoren schildern, wie diese Strukturdefizite, die mehr oder weniger bei allen Krisenländern verzeichnet werden konnten, nachweisbar zu dem Crah beitrugen, die „Ansteckung“ von Land zu Land erleichterten und insgesamt zu einer Verlängerung der Krise beigetragen haben. Als ein Sonderfall dieser allgemeinen Entwicklung kommt im übrigen hinzu, wie oft sich autoritäre Regime dann sogar mit organisierter Kriminalität verbinden – die Aufdeckung mafioser Praktiken, wie sie etwa in Birma und Kambodscha mühelos nachweisbar sind, belegen einmal mehr diese These. Mit Blick auf oben beschriebenes „Entwicklungs-Paradigma“ lässt sich also konstatieren, dass die Kausalbeziehung eher umgedreht gesehen werden muss. Es ist die Existenz demokratischer Mechanismen, die auf längere Sicht dazu beiträgt, dass sich eine Wirtschaft im internationalen Wettbewerb nachhaltig behaupten kann. Jede schwierige Problemlage bietet Möglichkeiten der Verbesserung und so vertreten die Autoren daher vehement die Meinung, dass die Krise in Südost- und Ostasien nicht nur die Chance zu grundlegenden Reformen in Richtung Demokratie, Rechtsstaat, Pluralismus und Marktwirtschaft bietet, sondern diese quasi verlangt. Es ist die Forderung nach Reformen, die bisher auf Grund des wirtschaftlichen Erfolges der seit Jahrzehnten etablierten autoritären Herrschaftssysteme der Tigerstaaten (unter Berufung auf sogenannte asiatische Grundwerte und Ablehnung westlicher Gesellschaftsmodelle) sowie einer wirksamen Unterdrückung oppositioneller Kräfte weitgehend verhindert worden sind. 66 1 / 2 2 0 0 0 Die Arbeit enthält nicht nur die ursprünglichen Beiträge der Konferenz, sondern darüber hinaus einen ausführlichen Vorspann, der die bisherigen Paradigmen und die jüngere Literatur diskutiert. Mit Blick auf die politischen Gründe der Krise und die gegebenen Konsequenzen werden die Konferenztexte ausserdem durch zwei gelungene theoretische Aufsätze eingerahmt, deren Qualität allein die Lektüre des Buches rechtfertigt. Zwei Beiträge jeweils aus einem Guss. Rudolph betrachtet die politischen Gründe der Krise und bewertet sie vor dem Hintergrund der sonstigen ökonomischen wie sozialen Faktoren. Gelenkte Medien, Korruption, abhängige Justizsysteme ohne Gewaltenteilung und das Fehlen einer Zivilgesellschaft werden aus einer ganzen Reihe von Ansätzen als Schlüsselfaktoren herausgearbeitet, die - so eine These – die Krise wesentlich verlängerten und deren Wiederholung jederzeit möglich machen. Gomez geht mehr im Sinne einer Evaluierung der bisherigen Entwicklungen vor und beleuchtet vor dem Hintergrund regionaler wie globaler Tendenzen die Auswirkungen der Krise auf den aktuellen Zustand der politischen Institutionen in Asien. Er konstatiert dabei die „Chance der Krise“, die in vielen Ländern einen Demokratisierungs-Schub zur Folge hatte, was sich z.B. ja auch in Thailand deutlich gezeigt hat, als Premier Chavalit zum Rücktritt gezwungen wurde. Es ist offensichtlich, dass diese Chance nachwievor gegeben ist und gerade in letzter Zeit sogar zu ersten kleineren Aufweichungen in Nord-Korea geführt hat. Durch den erwähnten Vorspann wird versucht, die Diskussion in systematischer Weise auf den aktuellen Stand zu bringen. Mit den beiden Aufsätzen von Rudolph und Gomez wird zugleich ein konzeptioneller 1 / 2 2 0 0 0 Rahmen umrissen, der dem Buch ein Gerüst gibt und für die Einordnung einiger Beiträge der anderen 14 Autoren (darunter aus Thailand Khun Abhisit Vejjajiva, Dr. Anek Laothamatas und Khun Bhichai Rattakul) hilfreich sein kann. Die Idee zu dem Buch ist wohl erst im Verlauf der erwähnten Konferenz entstanden, sodass dieser theoretische Teil offenbar im wesentlichen nach der Konferenz formuliert worden ist. So konnte er von den Referenten der Tagung nicht berücksichtigt werden, was leider bei einzelnen Aufsätzen die Herstellung eines direkten Bezugs zu den exzellenten konzeptionellen Vorgaben spürbar erschwert. In den erwähnten einzelnen Beiträgen aus der politischen Praxis werden eine ganze Reihe hochinteressanter Fragen aufgeworfen, von denen einige wenige hier genannt sein sollen: Ist durch eine stärkere Separierung des ökonomischen vom politischen Bereich etwa in Süd-Korea oder Indonesien die Korruption zu bekämpfen? Wie wird sich die jüngste Krise auf die Integrationskräfte in Indonesien auswirken? Wird das Land zerfallen, wie verhalten sich die Militärs? Welche Rolle ist in diesem Prozess der Existenz einer modernen Verfassung zuzuweisen? Eine Frage, die auch und gerade mit Blick auf die jüngste Entwicklung in Thailand bis hin zu den Senatswahlen von grossem Interesse ist. Wie wird sich die Entwicklung in Malaysia vor dem Hintergrund der relativ raschen Erholung (ohne IWF) und dem wachsenden Widerstand THAILAND- R u n d s c h a u gegen andauernde autoritäre Herrschaftsstrukturen gestalten? Mit Bhichai kann insgesamt optimistisch festgestellt werden: „Asia: Down but not out“. Es versteht sich von selbst, dass auf diese Weise jene These, Demokratisierung sei hinderlich für Entwicklung und die asiatischen Werte seien sowieso ganz anders, ständig neu und anders reflektiert wird. Dabei wird deutlich herausgearbeitet, wo in der Gemengelage zwischen Politik und Wirtschaft noch einige Einzelbereiche der detaillierten Analyse harren, was aber nichts daran ändert, dass die Prioritäten deutlich benannt werden. Es ist schon bemerkenswert, wenn asiatische Meinungsführer so deutlich zum Ausdruck bringen, dass selbst für den Fall, dass keine positive Korrelation zwischen Wirtschaft und Politik gegeben wäre, per se Demokratie und Zivilgesellschaft, Menschenwürde und Menschenrechte die höheren Werte sind. Zum Ausdruck kommt dies, wenn Sam Rainsy, der viel gequälte einzige wichtige Oppositionsführer Kambodschas zu dem Ergebnis kommt: „We jointly learned..... that the absence of respect for life, political and civil liberties, electoral reform, judicial independence, institutions of democracy, civil society and democratic political values led to a crisis that affected many of us. Those who had, in the immediate past, preached economic growth at any cost had often been guilty of retarding political growth.“ 67 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Rezensionen in der Thailand-Rundschau Keßler, Karola, „Die psychosoziale Situation thailändischer Heiratsmigrantinnen in Deutschland“ Diplomarbeit. Ludwigshafen am Rhein: Evangelische Fachhochschule für Sozialwesen 1998, 147. S. Keine Sammlung von deutsch-thailändischen Skandalen, die die Presse reichlich bietet, sondern die praktische, intensive Auseinandersetzung mit dem Phänomen seitens einer Frau, die vier Jahre in einer ländlichen Kleinstadt in Thailand gelebt, sich Sprache und Kultur angeeignet und schon dort das Problem der sitzengelassenen „Zeitfrauen“ der amerikanischen Soldaten kennengelernt hat. Zurück in der Heimat, stieß sie sehr bald auf vergleichbare Schicksale, nämlich die Heiratsmigrantinnen in Deutschland. Die Autorin, die nicht nur mit diesem Personenkreis intensive, beratende Kontakte unterhält, sondern auch ein Frauen- und Kinderschutzhaus leitet (vgl. „Aus dem Leben...“), verarbeitete ihre Erfahrungen unter Benutzung der mageren einschlägigen Literatur in einer Diplomarbeit. Sicherlich ist die Gruppe der Untersuchten zu klein, um repräsentativ im statistischen Sinne zu sein, aber wahrscheinlich ausreichend, um ein hinlänglich zuverlässiges Bild zu zeichnen. Die Autorin behandelt die verschiedenen Wege zu deutsch-thailändischen Bekanntschaften, die zu einer Migration vor allem der Frauen nach Deutschland mit dem Ziel einer Eheschließung führen, die in der Regel sprachlich-kulturelle Fremdheit der Einwandernden, die durchweg vorhandene Unterlegenheit der fremden Frau, die, zum „Erfolg“ verurteilt, unter dem Ausländergesetz leidet, das sie oft zwingt, ihre Ehe um jeden Preis fortzuführen. Angesichts der zu68 nehmenden Tendenz einheiratender Thailänderinnen in Deutschland ist es verständlich, wenn die Autorin zu dem Schluß kommt: „Heiratsmigration ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die psychosoziale Befindlichkeit der Betroffenen, das aber meiner Meinung nach durch sachgerechte Information, Prävention und Beratung auf ein Mindestmaß reduziert werden kann“. Diese Beratung sollte allerdings schon in der Heimat der Frauen beginnen, um allfällige Illusionen wenn schon nicht zu zerstören, so doch zu relativieren. Eine Schrift, der weite Verbreitung und intensives Studium von jenen zu wünschen wäre, die mit diesem Personenkreis in Berührung kommen. Dr. Wolf Donner, Köln # Earl of Cranbrook: Wonders of Nature in South-East Asia. Oxford 1977. Oxford University Press. 280 S., mehrere S-WAbbildungen und Karten. 14,99 englische Pfund. ISBN 967-65-3088-3. Kein Buch der Bilder und Photographien von den einmaligen Naturschönheiten südostasiatischer Landschaften, sondern eine Anthologie sorgfältig ausgewählter Berichte und Schilderungen erwartet den Leser: Textfragmente aus der Zeit der historischen europäischen „Entdeckungsreisen“ und wissenschaftlicher Beobachtung bis in die Gegenwart, angereichert durch Skizzen und Zeichnungen, spiegeln die Wahrnehmungen und Empfindungen von Reisenden und Wissenschaftlern aus fünf Jahrhunderten. Die Gliederung des Buches verrät durch Kapitel- 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 überschriften wie z.B. „Berge und Bergketten“, „Wind und Wetter“, „Küsten und Inseln“, „Überschwemmungsebenen“, „Pflanzenwunder“, „Quatrupeden und andere“ sowie „Höhlen“ eine thematisch orientierte Ordnung. Bei der Auswahl von Texten lag das Prinzip der Authentizität zugrunde, und so findet man neben vielen anderen auch „klassische“ Stimmen wie von John Cameron („Placid Loveliness“), Tom Harrisson („Wonderful Kinabalu“), Alfred Russel Wallace („The Durian“), Henri Mouhot („The Great Lake of Cambodia“) und Thomas Stamford Raffles („Rafflesia“). Das Buch ist eine Anthologie im reinsten Wortsinn: eine Blütenlese - für Naturfreunde und Biologen und darüber hinaus für alle, die im Verschwinden der einzigartigen Landschaften und Artenvielfalt Südostasiens ein Stück verlorenen Reichtums der Erde erkennen. Frauke Kraas, Bonn # Walden Bello, Shea Cunningham, Li Kheng Poh: A Siamese Tragedy. Development and Disintegration in Modern Thailand. London 1998. Zed Books London, Food First Books Oakland, White Lotus Company Bangkok. 267 S., ISBN 185649-664-3. Im Zusammenhang mit der 1997 einsetzenden thailändischen Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise, der sog. Asienkrise, wurde die Frage nach deren tiefergehenden Ursachen intensiv und kontrovers diskutiert. Grundsätzlich lassen drei Ursachenfelder ausmachen: (1) ökonomische Strukturschwächen wurden trotz erheblicher internationaler Investitionen nicht beseitigt, (2) soziokulturelle Hemmfaktoren behindern weiterhin die Erneuerung der Gesellschafts- R u n d s c h a u strukturen und (3) politisch-administrative Hindernisse bei Lenkung und Management der sozioökonomischen Rahmenbedingungen erschweren den Fortschritt in der Verwaltung. Bei genauerem Hinsehen stellt es sich jedoch heraus, daß es erforderlich ist, für jedes einzelne Land im einzelnen genau zu analysieren, worin die tieferen Ursachen seiner spezifischen Krisensituation und -konstellationen liegen. Das vorliegende Buch widmet sich den zentralen Problemen Thailands, die bereits vor Hereinbrechen der Krise angelegt waren. Aufbauend auf einer Zusammenfassung der unmittelbar auslösenden Faktoren der Krise werden folgende Fragen behandelt: das Versagen einer breit angelegten Industrialisierungspolitik, das Verhältnis von Arbeitsmarkt und Kapital, die wesentlichen Engpaßfaktoren der Hauptstadt Bangkok, Probleme der Umweltzerstörung, die wandelnde Bedeutung des Agrarsektors, die Dynamik der Abholzung, Staudammbau in den Provinzen und die AIDS-Krise. Der flüssig geschriebene Text beruht auf gründlichen Recherchen. Er führt eingängig vor Augen, wohin sich ein Land entwickeln kann, wenn es den kurzfristigen Marktverlockungen erliegt und dabei Raubbau an seinen Ressourcen betreibt. Und er öffnet all denjenigen die Augen, die leichtfertigen Pressemeldungen vom Ende der Krise glauben und meinen möchten, sie sei nur ein kurzfristiges Ereignis auf dem Weg zu dauerndem Wachstum. Frauke Kraas # 69 THAILAND- R u n d s c h a u Roxana Waterson: The Architecture of South-East Asia through Travellers´ Eyes. Oxford 1998. Oxford University Press. 311 S., mit einer Reihe von Plänen und S-WAbbildungen. 13,99 englische Pfund, ISBN 983-56-0033-3 Seit Beginn der europäischen Kolonialepoche im 16. Jahrhundert entstanden unzählige Dokumente und Schilderungen, in denen die Eindrücke und Erfahrungen von Seefahrern, Händlern, Botschaftern, Missionaren, Naturforschern, Verwaltungsbeamten der Kolonialmächte und Reisenden über die Menschen und Landschaften, Reize und Besonderheiten Südostasiens festgehalten wurden. Eine sehr gelungene Auswahl dieser Dokumente wird dem Leser in dem besprochenen Band nahegebracht. Hierzu gehören etwa Schilderungen von Besuchen der Ruinen von Angkor, Pagan und Borobodur, Eindrücke in den herausragenden Städten (Bangkok, Phnom Penh, Luang Prabang), Palästen (Mandalay, Bangkok, Brunei) und Tempeln (Bangkok, Bali). Ausführlich werden detailreiche Beschreibungen von Dörfern (Nyaung-U, Melanau, Lampung) und lokaler Architektur 1 / 2 2 0 0 0 (in Laos, Bali, Malaysia, Luzon, Sumatra) sowie kolonialer Häuser wiedergegeben. Die zumeist ebenso feinfühligen wie lebendigen Schilderungen sind für den heutigen Leser vermutlich wenigstens ebenso faszinierend zu lesen wie für die Zeitgenossen der Schreibenden. Es lohnt sich, lesend einen Blick zurück in die frühere Wahrnehmung Südostasiens zu tun - auch um in der Gegenwart ein Stück ihres Werdens in der Zeit zu verstehen. Denn trotz aller jüngsten, schwerwiegenden sozioökonomischen Umbrüche haben sich offenkundig viele persistente Strukturen erhalten - Baustile, Lebensweisen, Traditionen, Wahrnehmungen -, die von der lebendigen alltäglichen Gegenwärtigkeit von Geschichte künden. Die Lektüre des Buches bringt große Bereicherung für das Verständnis auch des heutigen Südostasien und ist mit Nachdruck zu empfehlen. Frauke Kraas, Bonn Thailand als Forschungsgegenstand • Naengnoi Suksri (1999): The Grand Palace Bangkok. London. • Pasuk Pongpaichit, C. Baker (1998): Thailand´s Boom and Bust. Bangkok. • Rüland, J. (1998): Politische Systeme in Südostasien. Eine Einführung. Geschichte und Staat 313. Landsberg am Lech. 70 • The World Bank: Thailand Social Monitor. July 1999: Coping with the Crisis in Education and Health. Bangkok. • Wyatt, D.K., Aroonrut Wichienkeeo (1998): The Chiang Mai Chronicle. Bangkok2. 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 R u n d s c h a u Aus dem Leben der DTG und Ihrem Umfeld $ Steigende Unterstützung für die Duang Prateep Stiftung Wie Mrs.Prateep Ungsongtham Hata, Generalsekretärin der Duang Prateep Foundation, aus Bangkok mitteilt, wurde am Ende des Jahres 1999 von Jürgen Göpfert, Lörrach, eine Gesellschaft „Freunde der Duang Prateep Foundation e.V.“ ins Leben gerufen und eingetragen. Ziel der neuen Organsation ist die Beschaffung von Geldmitteln zur Unterstützung der Aufgaben der Stiftung. Es ist ihr gelungen, mit der Deutschen Bank ein Abkommen über die Reduzierung der Überweisungskosten nach Thailand zu schließen und weitere kostenlose Bankdienste zu erhalten. $ Zweites Bonner Thailand-Symposium ein großer Erfolg Im Vorfeld der diesjährigen Mitgliederversammlung der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft fand das Zweite Bonner ThailandSymposium statt, welches der Erinnerung an unseren unvergessenen früheren Präsidenten, Botschafter a.D. Dr. Hans Christian Lankes, gewidmet war und das Rahmenthema „Thailand und seine Nachbarn“ behandelte. Die folgenden Vorträge fanden großes Interesse: S.E. der Botschafter Thailands in Deutschland, Kasit Piromya, sprach zur aktuellen politischen Situation und der Problematik der wirtschaftlichen Konsolidierung in Thailand. Botschafter a.D. Gerd Berendonck stellte die wesentlichen historischen und kulturellen Hintergründe der Situation Kambodschas dar und betonte deren Bedeutung für die Identität des Landes. Botschafter Ulrich Dreesen beleuchtete Position und Möglichkeiten von Laos im Kontext der politischen und wirtschaftlichen Öffnung des Landes. Dr. Dietrich Mahlo, ehem. Mitglied des Deutschen Bundestages beurteilte die schwierige Position von Myanmar/Birma innerhalb Festlandsüdostasiens und ging auf Handlungsoptionen ein. DTG-Präsident Prof. Dr. Helmut Eggers stellte wichtige Aspekte der Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit in der gegenwärtigen Lage Thailands heraus. Und DTG-Vizepräsidentin Priv.-Doz. Dr. Frauke Kraas charakterisierte die Beziehungen und Entwicklungsunterschiede zwischen Thailand und Malaysia. Die jeweils anschließenden Diskussionen bewegten sich auf hohem Niveau, fanden großes Echo bei den Zuhörern und unterstrichen dabei die Ziele der DeutschThailändischen Gesellschaft im Rahmen der Völkerverständigung. Thai-Fonts zum Herunterladen. Thai-Fonts kann man von verschiedenen Webpages kostenlos downloaden, von denen einige Adressen unten aufgeführt sind. Die thailändischen Internet-Anbieter wie z.B. Internet Thailand oder Loxinfo bieten auf ihren Seiten außerdem noch viele andere Software zum downloaden an. http://windowsupdate.microsoft.com/ ferner http://www.inet.co.th/www/thai/thai_font.html und http://www.thaiurl.com/ 71 THAILAND- R u n d s c h a u 1 / 2 2 0 0 0 Thailand im Spiegel der Weltpresse Nach deutschen und internationalen Presse- und Agenturmeldungen zusammengestellt von Dr. Wolf Donner % „Hinterbeine auf dem Vormarsch“ „Frauen sind die Hinterbeine des Elefanten. Sie tragen die Last, geben aber nicht die Richtung an“. Dieses Sprichwort stammt aus Thailand, aber es gilt in ganz Südostasien wie auch im Rest der Welt. Den Führungsanspruch und die Qualifikation von Frauen in Politik und Gesellschaft zu stärken und die Situation der Frauen in der Politik zu erörtern, war das Ziel eines Regionalworkshops, zu dem das Frauenprojekt der Friedrich-EbertStiftung Bangkok Teilnehmerinnen aus neun asiatischen Ländern eingeladen hatte. Die Teilhabe von Frauen an der politischen Macht ist auch in der Region Südostasien nicht ausgeprägt. In Thailand stellen Frauen sechs, in Indonesien zwölf Prozent der AbgeordnetenMandate. In allen Staaten, so ein Fazit des Workshops, bestehen rollenspezifische Stereotype, die die Chancen von Frauen einschränken. So sind Frauen in Südostasien auch nur begrenzt in der lokalen Politik vertreten. Eine Ausnahme bilden hier lediglich jene Politikerinnen, die sog. „diamond ladies“, die in der Regel als Töchter oder Schwestern bekannter Politiker privilegierten Zugang zur Politik erhalten. Auf der lokalen Ebene hingegen dominiert eine Erziehung und Kultur, die Frauen darin behindert, in den Mittelpunkt zu treten. Die Vernetzung von Frauen ist zwar stärker geworden, muß aber noch weiter gefördert werden. So lautet das Fazit des Workshops, von dem die Teilnehmerinnen neben neuen Ideen auch ein neues Sprichwort mit nach Hause nahmen: „In den Hinterbeinen sitzt die Kraft. Und wenn sie wollen, geht der Elefant sogar rückwärts“ (INFO 4/99, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn). 72 % Prinzessinnenbesuch in Nepal I.K.H. Prinzessin Mahachakri Sirindhorn hielt sich im Oktober 1999 zu einem fünftägigen Privatbesuch im Königreich Nepal auf. Während ihre Majestäten, der König und die Königin von Nepal, den Gast in Audienz im Narayanhiti Königspalast empfingen, fungierte I.K.H. Prinzessin Sruti Rajya Laxmi Devi Rana als ständige Begleiterin während der Besuchstour. Ziele waren dabei die historischen Innenstädte im Kathmandu-Tal, die Ausstellungen archäologischer Funde und die religiösen Zentren wie der buddhistische Swayambhunath, aber auch eine Augenklinik, ein Frauenzentrum, ein Mutterschaftsheim und bäuerliche Familien im Terai. Auch der Janaki-Tempel in Janakpurdham und die künstlerischen Aktivitäten der Mathila-Gemeinde gehörten zu den besuchten Einrichtungen. Zeitweise begleitete der kgl. thailändische Botschafter, Precha Pritisant, die Gesellschaft. Der Rückflug erfolgte am 7. Oktober (Rastriya Samachar Samiti, Kathmandu, 30.9./7.l0 1999). % Birmanische Flüchtlinge: Oft vom Regen in die Traufe „Die Schuldigen am Elend birmanischer Flüchtlinge und Migranten in Thailand sitzen auf den Regierungsbänken in Rangun“ – so birmanische Aktivisten und Aktivistinnen bei einem Deutschlandbesuch. „Die überwiegende Mehrheit der rund eine Million Menschen aus Birma in Thailand mußte auf Grund von Repression, Verfolgung oder Zerstörung der Lebensgrundlagen ihre Heimat verlassen. Nur die wenigsten sind aber als Flüchtlinge anerkannt, schlagen sich als ille- 1 / 2 2 0 0 0 gale Arbeiter durch und sind so ihren Arbeitgebern meist auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Eine rechtliche oder soziale Absicherung gibt es für sie nicht, und natürlich haben sie auch keinen Zugang zum thailändischen Gesundheitssystem“. Besonders dramatisch ist die Lage von Frauen und Kindern: „Viele Frauen fliehen vor Vergewaltigung und Mißbrauch durch Soldaten und Behördenvertreter in Birma, nur um dann in Thailand wieder Ähnliches zu erleben“, schildert Hseng Noung, Shan Women’s Action Network. Kinder würden als billige Arbeitskräfte eingesetzt oder verbringen ihre Kindheit oft am gefährlichen Arbeitsplatz ihrer Eltern. Von einer Schulausbildung können sie nur träumen... (Burma Report, Ausg. 11, September/Oktober 1999). % Akademischer Grad für Politiker gefordert Einfluß, Kontakte und reichlich Geld waren bislang genug Qualifikation für ein hohes Staatsamt in Thailand. Das soll nach den nächsten Allgemeinen Wahlen anders werden: Man will von den Gesetzgebern (lawmakers) einen akademischen Grad verlangen. Um den Politikern der alten Schule die Voraussetzung zu verschaffen, sich auch künftig um Parlaments- oder Kabinettssitze zu bewerben, bietet eine führende Staatsuniversität Schnellkurse (crash courses) zur Erlangung des Bachelor of Arts an. Die Ramkhamhaeng-Universität in Bangkok hat eigens einen Grad in Politischer Wissenschaft geschaffen, der auf die über 20 % solcher Abgeordneten zugeschnitten ist, die nur Primar- oder Sekundarschulabschlüsse haben. „Wenn wir diese Möglichkeit nicht eröffnen“, so der Dekan für Politische Wissenschaften, „landen die Parlamentsmitglieder in privaten Universitäten, wo die Anforderungen geringer sind, oder sie zahlen Geld für die Urkunde“. THAILAND- R u n d s c h a u Unter der neuen Verfassung von 1997, die Unsauberkeiten abbauen und die Verwaltung verbessern soll, will man von den Gesetzesmachern eine Hochschulqualifikation fordern. Ein Mitglied des Hauses aus der Partei des Premiers hat gerade seinen Sitz verloren, als entdeckt wurde, daß er sich mit einem gefälschten Zeugnis den Eintritt in die Universität verschafft hatte. Thailands politisches System ist bekanntermaßen korrupt mit Wahlkandidaten, die immense Summen ausgeben, um Stimmen zu kaufen in der Hoffnung, die Auslagen zurückzugewinnen, wenn sie einmal in Amt und Würden sind. Über 20 Kandidaten haben sich für den vierjährigen Schnellkurs bei der Ramkhamhaeng eingeschrieben, für den sie pro Semester 10.000 Bht (256 US$) bezahlen müssen, das Zehnfache der normalen Studiengebühren (Associated Press, 30. Oktober 1999). % Schlechte Lage birmanischer Rückkehrer Birmanische Truppen haben Berichten zufolge Gewalt gegen Arbeitnehmer angewendet, die nach Myanmar zurückkehren wollten, nachdem sie die thailändischen Behörden ausweisen wollten. Rund 600.000 illegalen birmanischen Arbeitnehmern, die nach Thailand geflohen sind, droht eine solche Ausweisung. Die birmanischen Truppen verweigern ihnen den Zutritt mit der Begründung, daß unter ihnen Mitglieder der bewaffneten Opposition im Land sein könnten (Financial Times, 4. November 1999). % Legale Prostitution gegen AIDS Die Entkriminalisierung der Prostitution würde helfen, die weltweite Ausbreitung der AIDS-Epidemie aufzuhalten, erklärte ein Experte der Vereinten Nationen in Bangkok. Dr.Wiwat Rojanapithayakorn von UNAIDS 73 THAILAND- R u n d s c h a u erklärte, die Epidemie breite sich derzeit mit alarmierender Geschwindigkeit aus, denn in jeder Minute infizierten sich elf Menschen mit dem HIV-Virus. Anerkennt man Prostituierte (sex workers) als diejenigen, die einer HIV-Infektion am meisten ausgesetzt sind, so Dr. Wiwat, sollten Gesetze gemacht werden, die die Prostitution und sichere Sexpraktiken regeln. „Strafgesetze sollten überprüft werden mit dem Ziel einer Entkriminalisierung und der legalen Regelung professioneller Bedingungen, um sex workers und ihre Kunden zu schützen“. Eine von der Weltgesundheitsorganisation vorgelegte Statistik zeigt, daß 64 % der Prostituierten in Kambodscha, 27 % in Thailand und 26 % in Myanmar HIV-positiv sind (Agence France Press, 13. November 1999). % Massage ist nicht gleich Massage Praktikerinnen der traditionellen Thai ai ai Massage sind dabei, sich nachdrücklich von der weitverbreiteten Sexindustrie des Landes zu distanzieren. „Unglücklicherweise wird in Thailand Massage immer mehr in Verbindung mit den Sexdiensten gebracht“, beklagt sich Frau Dr.Pennapha Supcharoen, Ärztin am Thai Traditional Medicine Institute. „Viele Frauen, die saubere und ehrliche Massagedienst anbieten, werden als sex workers beschimpft. Wir müssen hier für Aufklärung sorgen“. Pennapha meint, das Ministerium für Volksgesundheit solle dagegen vorgehen, daß traditionelle Massageanstalten als Vorhöfe von Bordellen benutzt werden. Sie kündigte an, daß ihr Institut eine öffentliche Bewußtseinskampagne lancieren werde, um die Vorzüge und die Geschichte der Thai-Massage bekannt zu machen. Traditionelle Praktiker verlangen ungefähr 250 Bht (6,40 US$) für eine Stunde intensiver, gelenkverdrehender Thai-Massage (Agence France Press, 14November 1999). 74 1 / 2 2 0 0 0 % Neuverfilmung stößt auf Ablehnung Die thailändische Zensurbehörde hat die Vorschau und die Plakatierung für die Verfilmung von „Anna and the King“ als respektlos gegenüber der Thai Monarchie beanstandet und damit die Chancen gedämpft, daß der Film in Thailand gezeigt werden könnte. Es handelt sich dabei um eine Neuverfilmung des Klassikers von 1950 „The King and I“ mit dem Oscar-Gewinner Jodie Foster. Bereits Anfang 1999 hinderte das National Film Board die Firma 20th Century Fox daran, Aufnahmen in Thailand zu machen; stattdessen wurde der Film in Malaysia gedreht. „Die Vorschauen sind nicht annehmbar“, wurde Pattamavadee Jaruvorn, Mitglied der Zensurbehörde, zitiert, nachdem er sie gesehen hatte. Er beklagte sich auch über historische Unkorrektheiten. Die Behörde hat allerdings noch nicht definitiv entschieden, ob man den Film in Thailand zulassen soll, aber die Reaktion der Zensur war so stark, daß man damit rechnen kann, daß er in Thailand verboten wird. Er lief Mitte Dezember in den USA an. Die königliche Familie ist in Thailand ein empfindliches Thema. Viele Thais fühlen sich beleidigt, wie ihr König Mongkut aus dem 19. Jahrhundert in den Memoiren seiner englischen Gouvernante dargestellt wird, was die Grundlage des Films bildet. Sie sagen, daß das Broadway-Musical und der HollywoodStreifen „The King and I“ Mongkut als einen tyrannischen Clown portraitieren und nicht als den Linguisten und buddhistischen Gelehrten, der er war. „In dem Film schwingt Chow Yun Fat sein Schwert wie ein chinesischer Fechter“, sagte Pattamavadee, wobei er sich auf den Hongkonger Aktionsdarsteller bezieht, der den König spielt. „Das ist nicht das Verhalten, das wir von einem Thaikönig erwarten“. Die Zensoren haben außerdem beanstandet, daß Fosters Name auf dem Pla- 1 / 2 2 0 0 0 kat über dem des Königs placiert wurde, und daß Anna das Herz des Königs und damit das Schicksal der Nation beeinflußt habe (Associated Press, 20. November 1999). % Futtermittel aus Entwicklungsländern fragwürdig Brot für die Welt hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die sich mit den Folgen des Futtermitteleinsatzes aus Entwicklungsländern befaßt, auf den die intensive Tierhaltung in Europa, Deutschland eingeschlossen, angewiesen ist. Die Studie erklärt, daß die Situation in Brasilien, wo die Ausweitung des Sojabohnenanbaus zur Vertreibung von Kleinbauern geführt hat, nur ein Beispiel für die möglichen Folgen des Futtermittelanbaus in Entwicklungsländern sei. So untersucht die Studie auch den Tapioka-Anbau in Thailand, die Rapsschrotproduktion in Indien und die Erdnußerzeugung im Senegal. In allen Fällen seien die Einkünfte der Bauern starken konjunkturellen Schwankungen unterworfen. So könnten zum Beispiel auf der Angebotsseite Ernteausfälle die Preise in die Höhe treiben. Gleichzeitig bedinge die Umwandlung der Eigenversorgung in Futtermittel für den Export häufig einen Preisverfall auf den Weltmärkten. Fleischpreise, Ernährungsgewohnheiten und das lokale Futtermittelangebot in den Importländern spiele ebenfalls eine ausschlaggebende Rolle. In Thailand sei der Tapioka-Export in die EU seit Anfang der 90er Jahre drastisch zurückgegangen. Grund dafür sei die Verbilligung des EU-Getreides, das gegenüber importierten Futtermitteln plötzlich Kostenvorteile aufwies und somit viele thailändische Bauern, die in den Tapioka-Anbau investiert hatten, in extreme wirtschaftliche Schwierigkeiten brachte (epi, 12/1999, S.15). THAILAND- R u n d s c h a u % Kunst Unterprivilegierter gefördert Auf der „1st Art by Underprivileged Children“, einer Ausstellung mit Wettbewerb in Hua Lamphong, dem Hauptbahnhof Bangkoks, gewannen drei Mitglieder des Duang Prateep Foundation’s Art and Development Project Preise. Zwei von ihnen wurden für hervorragende Malerei und eines für kreative Kunst ausgezeichnet. Mit Unterstützung der UNICEF war die Veranstaltung vom Youth and Women Protection Centre und dem National Police Bureau organisiert worden. Von den 1.252 Bildern, die eingereicht worden waren, wurden aus drei Altersgruppen 120 für die Ausstellung ausgewählt. Ein Thema war nicht vorgegeben, und so behandelten die Bilder das Leben die Träume und Hoffnungen der Kinder, die Umwelt, Naturkatastrophen und Drogenabhängigkeit (DPF Monthly News, Dezember 1999). % Frauen in Asien benachteiligt In Asien läßt sich Armut oft mit Frausein gleichsetzen. Ein Bericht des Internationalen Arbeitsamtes (IAA) über Chancengleichheit in der Arbeitswelt in Asien und im Pazifikraum kommt zu dem Ergebnis, daß Frauen in der Region ärmer sind als die Männer und von der Globalisierung härter getroffen werden. In ganz Ostasien hat die Finanzkrise die Frauen in unsichere, ausbeuterische und schlecht bezahlte Tätigkeiten abgedrängt. Frauen kämpfen um die Ernährung und Einkleidung der Familie, und es bleibt noch viel für sie zu tun, auch wenn gewisse Fortschritte auf dem Weg zur Gleichheit der Geschlechter zu erkennen sind... „Zur gleichen Zeit bahnt sich für Ratchanee M. in Bangkok ein langer Tag im Auto an. Wenn sie eine Lebensversicherung an den Mann bringt, erhält sie eine Kommission, die sie und ihre Familie einen weiteren Monat am Leben erhält. Wenn nicht, war es wieder ein 75 THAILAND- R u n d s c h a u frustrierender Arbeitstag. Vor der Krise besaßen Ratchanee und ihr Mann zwei Häuser, hatten zwei Einkommen und gehörten zu Thailands aufstrebender Mittelklasse. Heute bekommt die Firma ihres Mannes keine Verträge mehr, und die Mitarbeiter sind alle fort. Ratchanees ehemalige Firma hat zugemacht, ihre neue zahlt einen bescheidenen Lohn, und ihre beiden Häuser stehen zum Verkauf. Die Schulden auf den Häusern und dem Betrieb ihres Mannes haben die Ersparnisse der Familie aufgebraucht“ (Die Welt der Arbeit, IAO Genf, Nr. 32 (Dezember 1999, S.4). % Stromverbund in Sicht? Der Stromverbrauch der thailändischen Industrie steigt nach der Krise wieder an, aber Thailands Stromreserven sinken kontinuierlich. Damit erhöhen sich die Chancen für die Realisierung eines Stromverbunds in der Greater Mekong Subregion (GMS) wieder. Thailand bezieht bereits jetzt über 40 % seines Energiebedarf 5 aus ausländischen Quellen. Elektrizität macht einen Anteil von knapp 15 % am Gesamtenergieverbrauch aus. Ein Elektrifizierungsgrad von 98 % sowie der von der Weltbank bis 2020 prognostizierte Verbrauch von 60 bis 70 % der in der Subregion erzeugten Energie unterstreichen Thailands herausragende Stellung als Energiekunde. Die Idee eines überregionalen GMS-Netzes steht und fällt mit Thailands Energieverbrauch, denn es wäre der Hauptabnehmer. Bei den bereits bestehenden Verflechtungen zwischen allen beteiligten Ländern und Gebieten (Thailand, Vietnam, Myanmar, Laos, Kambodscha und Yünnan/China) bietet sich die grenzüberschreitende Lösung geradezu an, deren erste Planungen bereits bis 1982 zurückreichen. Besonders Laos, das immerhin 30 % seines Wasserkraftpotentials von 20.000 MW bereitstellt, hat in der letzten Zeit durch die regionale Wirtschaftskrise unter Absatzschwierig76 1 / 2 2 0 0 0 keiten gelitten. Das im Juli 1999 fertiggestellte Wasserkraftwerk Houay Ho stand bis zum September still. Bereits drei laotische Kraftwerke beliefern Thailand mit jährlich 3.000 MW (OAV-Report, l. Dezember 1999). % Hochbahn in Bangkok in Betrieb Rechtzeitig zum 72. Geburtstag S.M. des Königs nahm die erste Hochbahn (Skytrain) Bangkoks ihren Betrieb auf. Damit lieferten die über Jahrzehnte laufenden Planungen für ein Massentransportmittel in der Hauptstadt ihr erstes konkretes Ergebnis. 12 m über dem Straßenniveau und über 23 km Länge werden nun moderne Züge die am übelsten verstopften Straßen entlasten. „Wir sind so an Verkehrsstaus gewähnt“, sagt die 25jährige Verwaltungsangestellte Sireenart DiLoknitas, „daß wir uns darin trainiert haben, geduldig zu sein und früh aufzustehen. Aber es gefällt uns, wenn es nun so schnell vorangeht“. Als der Zug im November mehrere Tage Versuchsfahrten machte, nutzten 200.000 Menschen den kostenlosen Transport. Man glaubte, in Disneyland und nicht in Thailand zu sein. Konnte man doch plötzlich die verschmutzten Bürgersteige verlassen, die mit Händlern, Hunden und Motorrädern verstopft waren, die sich durch die Fußgänger schlängelten. Der Bogen spannt sich nun vom Bootsverkehr, bevor 1860 die erste Straße in Bangkok gebaut wurde, über die Straßenbahn, die 1967 wieder verschwand, und Auto und Bus, die die Stadt jämmerlich verstopften, bis zum „Skytrain“, der Entlastung verspricht. Aber um den Verkehr wieder fließen zu lassen, meinen Experten, müssen die Behörden Autos, Motorräder und Dreiradtaxis (Tuktuks) durch Benutzergebühren von den Straßen verbannen oder Fußgängerzonen schaffen (Associated Press, 2. Dezember 1999). 1 / 2 2 0 0 0 % Jahrtausend-Virus »Y2K« beeinträchtigt Massenhochzeit Die tourismusträchtige Idee, unter dem Namen »Thailand’s Amazing Love 2000« zwischen dem 31. Dezember 1999 und dem 1. Januar 2000 zweitausend ausländische und Thai Brautpaare zu einer Massenhochzeit nach Bangkok zu locken, mußte revidiert werden, weil vor allem die Ausländer Sorge vor den Folgen des erwarteten Computerzusammenbruchs »Y2K« hatten und viele Reisen stornierten. Aus der gleichen Sorge heraus hatten einige Luftlinien, darunter THAI International, angekündigt, internationale Flüge über den Jahrtausendwechsel abzusagen oder wenigstens zu reduzieren. Einige der Gesellschaften klagten über einen Rückgang der Buchungen, andere befürchteten, daß die technische Ausstattung vieler Flughäfen das Problem nicht lösen würde. „Es bleibt uns nicht anderes übrig, als uns auf Thai Brautpaare zu beschränken, denn“, meinte Nisakorn Suwansareerak von MDK Consultans (Thailand) Ltd., die für das Ereignis warben, „the show must go on“ (Agence France Press, 28. Dezember 1999). % Filmverbot unterlaufen Nur Stunden, nachdem der Film „Anna and the King“ am 28. Dezember definitiv von der thailändischen Zensurbehörde verboten worden war, wurden Raubkopien (digital video disc versions) auf dem Nachtmarkt in Bangkoks Rotlichtviertel Patpong und im Pantip Plaza Emponum für 130 Bht (3,50 US$) angeboten. Nur wenige der Verkäufer schienen sich des Verbots bewußt zu sein. Während 20th Century Fox binnen 15 Tagen Berufung einlegen kann, drohen den illegalen Händlern drastische Strafen. Importeure, die den Film zeigen, können bis zu 6 Monate ins Gefängnis kommen und zudem zu 2.000 Bht (53 US$) Geldstrafe verurteilt werden. Verkäufer von Raubkopien müssen damit rech- THAILAND- R u n d s c h a u nen, wegen Majestätsbeleidigung oder Hochverrat angeklagt zu werden. Darauf kann die Todesstrafe stehen, erläutert ein Zensor (Agence France Press, 29. Dezember 1999). % Untersuchung „Sexualität und Familie“ Eine kürzlich durchgeführte Erhebung im Slum von Klong Toey zum Thema „Sexualität und Familie“ brachte einige interessante Ergebnisse. Durchgeführt wurde sie von Hannah Hagensen, einer Studentin im Fach internationale Beziehungen an der Universität Aalborg, Dänemark, während ihres freiwilligen Jahres bei der Duang Prateep Stiftung (DPF) zwischen August und Dezember 1999. Sie hatte 105 junge Männer und Frauen im Alter zwischen 15 und 25 befragt, die hier leben. Dabei wurden ihnen fast einhundert Fragen gestellt. Die Untersuchung enthüllte einen Widerspruch bei der Frage nach vorehelichem Geschlechtsverkehr, denn 55 % gaben zu, solchen gehabt zu haben. Gleichzeitig glaubt aber eine Mehrheit, daß man entsprechend der thailändischen Tradition damit bis zur Eheschließung warten sollte, und 70 % erklärten, daß sie bis zur Heirat warten wurden. Die Erhebung zeigte, daß diese Auffassung bei Mädchen mehr verbreitet ist als bei Jungen. Doch dieselbe Tradition toleriert bei den Jungen eher voreheliche Erfahrung als bei den Mädchen, denen man in diesem Falle „unpassendes Verhalten“ vorwerfen wurde. Es zeigte sich aber, daß sich viele Mädchen dem Verlangen der Jungen unterwerfen würden, um die Beziehung nicht zerbrechen zu lassen. Trotz sich wandelnder Werte scheint die Familie noch immer einen hohen Stellenwert zu haben. Im Schnitt streben 73 % beider Geschlechter eine Ehe an (DPF Monthly News, Januar 2000). 77 THAILAND- R u n d s c h a u % UNCTAD: Bangkok ist auf alles vorbereitet Die thailändische Polizei kündigte an, sie werde Demonstrationen während der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD)-Tagung vom 12.-14. Februar in Bangkok rücksichtslos niederschlagen. Sie ist durch die Vorkommnisse in Seattle (USA) und Davos (Schweiz) während einer ähnlichen Konferenz alarmiert. Hinzu kommen von Ausländern ausgelöste Ereignisse, die für die Zukunft nichts Gutes verheißen, etwa die Geiselnahme in einem Krankenhaus nahe Bangkok durch myanmarische Rebellen, nachdem sie bereits im Oktober die Botschaft von Myanmar für 24 Stunden besetzt hatten. Man will um den Tagungsort mit seinen 3000 bis 4000 Teilnehmern eine Bannmeile ziehen und hat bereits damit begonnen, Tausende illegaler Einwanderer in der Hauptstadt zusammenzutreiben. Die Polizei ist fest entschlossen, eine Wiederholung der Ereignisse von Seattle zu verhindern. 1 / 2 2 0 0 0 Thai Aktivisten brandmarkten den Bann als Verletzung der Menschenrechte und hoffen, daß sich wenige darum scheren werden. „Wir möchten den Leuten, die die Macht haben, unseren Standpunkt klarmachen“, sagte Pipop Thongchai, Vorsitzender der „Campaign for Popular Democracy“. „Die Demonstrationen wollen nicht das Ansehen Thailands als Gastgeber beschädigen. Aber die Thai Regierung hat nicht Macht genug, mit den G-7-Staaten zu verhandeln, die die UNO kontrollieren. Daher sollte sie die Armen zu Wort kommen lassen“. Die Polizei ist demgegenüber entschlossen, alle terroristischen Gruppen hinwegzufegen, da Bangkok während der Konferenz natürlich ein Magnet für alle sei, die ihren Groll vor den Medien der Welt herausschreien möchten (The Rising Nepal, l. Februar 2000). Über den tatsächlichen Verlauf der Angelegenheit berichten wir in der nächsten Ausgabe. Survey Reveals Unusually High Biodiversity in Dry Dipterocarp Forests of Northwest Thailand Andy Gillison and Nining Liswanti Despite their impoverished appearance, the dry woodlands of northwestern Thailand are a very important natural resource to the hill tribes (Hmong, Karen and others). These forests provide fuelwood, roofing material, medicines and food, besides being culturally and spiritually significant. The form and functional adaptation of dipterocarp species in this region is dramatically different from those of humid tropical forests. The species are mostly deciduous, generally having very large leaves. Unlike their rainforest counter78 parts, they often occur in dual life forms as an adaptive response to recurrent fire. Dipterocarpus tuberculatus, for example, commonly occurs as a tree greater than 2 metres tall and also as a com- pact, perennial coppice form supported by a lignotuber-like root system. When fire occurs regularly, the coppice form may “escape” and grow into a tree; in firesup- pressed conditions, however, it will survive for many years. Other dipterocarp species include Dipterocarpus obtusifolius, Shorea obtusa, S. roxburghii, S. siamensis 1 / 2 THAILAND- 2 0 0 0 and Vatica sp. This and other aspects of species composition were studied recently in a biodiversity survey of the Mae Chaem watershed in northwestern Thailand conducted as part of CIFOR's contribution to the ICRAFled Alternatives to Slash and Burn programme, funded by ACIAR. The survey team, coordinated by CIFOR, included staff from Chiang Mai University, the Royal Forestry Department and the ICRAF office in Chiang Mai. The team sampled vegetation, birds and productivity for human needs across a wide range of environments and land use intensity gradients. The gradient-based, rapid survey technique developed by CIFOR in other ecoregional baseline studies used 40-by5-metre sample plots and a computer-based questionnaire (PFAPro). In each plot, all vascular plant species were recorded, along with unique plant functional types (or PFTs, in which types are characterised according to adaptive morphologies), vegetation structure and site physical features, including soil characteristics. All species were cross-referenced against known local uses. Samples from 28 plots covered a land use intensity gradient from upland cool, moist, evergreen, lauraceous forests of Doi Inthanon at 2,300 metres to seasonal dipterocarp savanna woodlands and open forests at 400 metres. While the species and PFT rich- ness in dipterocarp woodlands on poor soils compare relatively R u n d s c h a u well with rainforest on similar parent rock (quartzite and schist), the open dipterocarp forests on better soils nearer limestone sources were found to sup- port more than twice the number of plant species and PFTs and many more birds. The 94 plant species and 69 PFTs recorded in one plot far exceed numbers recorded so far in other occasionally burnt woodland savannas using the same recording techniques in other parts of the tropics. By comparison, 86 species and 38 PFTs have been recorded for the rich Brazilian Cerrado woodlands. Of particular interest in the Thai study was a Pinus plantation established on land converted from dry, deciduous dipterocarp open forest; it still retains most of the original species in coppice form or with regenerating organs buried below ground. But despite the high retention of plant species (97), the plantation is very low in birds (six species). Indications are that the dipterocarp open forest would likely return if plantation tending ceased. Andy Gillison and Nining Liswanti Species-rich dry deciduous dipterocarp forests in Thailand are under threat from rapid conversion to agriculture. Quelle: http://www.cgiar.org/cifor/publications/News letter.htm Video vom Thai-Festival in Würzburg. Vom Thailand-Festival am 26.6.1999 in Würzburg ist ein Videofilm gedreht worden. Dieses kann bestellt werden bei: Müller Video Dokumentation, Oberstraße 29, 56355 Nastätten, Tel. 06772/1406, Fax: 06772/953536. Die DTGGeschäftsstelle besitzt ein Video zum Ausleihen. 79 THAILAND- R u n d s c h a u Die DTG im Internet: http:// www.dtg-bonn.de 80 1 / 2 2 0 0 0