Der Zweite Schleswigsche Krieg

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Der Zweite Schleswigsche Krieg
Inge Adriansen und Jens Ole Christensen
Der Zweite Schleswigsche Krieg
1864
Karte des dänischen Gesamtstaates nach
den napoleonischen Kriegen. Sie zeigt das
Königreich Dänemark und die Herzog­
tümer Schleswig, Holstein und Lauenburg.
Für den Schulgebrauch gedruckt 1817.
Inge Adriansen und Jens Ole Christensen
Der Zweite Schleswigsche Krieg
1864
Vorgeschichte, Verlauf und Folgen
Sønderborg Slot – Tøjhusmuseet
Vorwort
Mehr als 3.500 Bücher und Artikel sind auf Deutsch und
Dänisch zum Krieg von 1864 erschienen. Darin werden
eine jede tapfere Tat und alle politischen Fehlentscheidungen gedreht und gewendet – und dabei im klaren Licht
des nachträglichen besseren Wissens gedeutet. Besteht also
wirklich ein Grund dafür, dieser alten, und von den Meisten
längst vergessenen Geschichte noch etwas hinzuzufügen? Ja,
davon sind wir überzeugt und haben deshalb diese kleine
Übersicht zu den Ursachen, dem Verlauf und den Folgen
des Krieges geschrieben.
Die Niederlage im Krieg von 1864 hat zur Ausformung des
dänischen nationalen Bewusstseins beigetragen und bildete
den Erfahrungshorizont, der sowohl die dänische Innen- als
auch Außenpolitik seit damals für mehr als ein Jahrhundert
geformt hat. Aber die Kriegsniederlage hatte auch positive
Seiten, unter anderem die, dass es dem dänischen Volk
gelang, sich aus der Niederlage zu erheben und ein neues
Dänemark mit einem hohen Grad an gesellschaft­licher Selbstorganisation und Gemeinschaftsgefühl aufzubauen.
Wie weit sich die Bewältigung der Geschichte, so wie sie in
der dänischen Gesellschaft seit den 1980er Jahren erfolgt ist,
vorangekommen ist, spiegelt sich in den jährlich wiederkehrenden Gedenktagen und deren Durchführung. Sie sind zu
einem lebendigen Ausdruck der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Dänemark geworden.
Indem wir die Hauptlinien dieser Entwicklung nachzeichnen, hoffen wir, das Interesse zu wecken, mehr darüber
lesen zu wollen und die Museen und Schlachtfelder zu
besuchen.
Inge Adriansen
Sønderborg Slot
Jens Ole Christensen
Tøjhusmuseet
Der Krieg hat ebenso auf dänischer wie auf deutscher
Seite eine Erinnerungskultur im Grenzland hervorgebracht.
Das Buch erscheint auf Dänisch, Deutsch und Englisch, das wurde ermöglicht dank der Unterstützung des Alving­Fonden,
Helen og Ejnar Bjørnows Fond, Historisk Samfund for Als og Sundeved, Jyllands-Posten Fond, Konsul Georg Jorck og
Hustru Emma Jorck’s Fond, Marinehistorisk Selskab / Orlogsmuseums Venner, Nikolai og Felix Fonden, Oberst H. Parkovs
Mindefond, Oticon Fonden, Selskabet Tøjhusmuseets Venner und Sydbank Fonde. Für diese Unterstützung danken wir
herzlich.
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Die lange Vorgeschichte des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Bedrohungsszenarien und Verteidigungspläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Der Rückzug vom Danewerk . . . 10
Hart zu Boden geworfen: Der Sturm auf Düppel . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Die Seeschlacht vor Helgoland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Friedensverhandlungen in London . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Gebrochen und gelähmt: Der Übergang nach Alsen . . . . . . . . . . . . . . 22
Zum Statisten degradiert: Der Frieden von Wien . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Ein Krieg der Paradoxien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Düppel, Königgrätz und Sedan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Das verlorene Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Was nach außen verloren wurde, soll im Innern gewonnen werden . . 30
Der Krieg in der Bildkunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Der Krieg in der Dichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Denkmale des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Der Krieg als Erinnerungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
Der Krieg der Mythen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Friedliches Zusammenleben im Grenzland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
Museen, Schlachtfelder und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Die lange Vorgeschichte des Krieges
Im Jahre 1815 beendete der Frieden von Wien die lange,
zerstörerische, europäische Kriegsepoche, die, insgesamt
betrachtet, von der Französischen Revolution von 1789
ausgegangen war. Der Frieden setzte zugleich den Rahmen
für das neue Europa. Es sollte ein Europa der Fürsten
sein und nicht der Völker. Die liberalen und nationalen
Ideen, die von der amerikanischen und der französischen
Revolution ihren Ausgang nahmen, wurden als Ursache für
das Unglück der Kriegsjahre angesehen. Die europäischen
Großmächte, insbesondere Russland, wachten eifrig
darüber, dass revolutionäre Gedanken mit allen Mitteln
bekämpft wurden.
Liberale und nationale Ideen fanden nach 1815 weite
Verbreitung unter den Bürgern Europas. Zu den zentralen
Vorstellungen gehörte, dass alle Macht von Volke ausgehen
müsse und nicht länger von den absolutistischen Fürsten,
und dass man sich einer Nation zugehörig fühlte, mit
anderen Worten, zum Erkennungszeichen von Volk und
Vaterland gehörten die gemeinsame Geschichte, Sprache
und Kultur. Auch im dänischen Gesamtstaat wurde die
Forderung eines selbstbewussten Bürgertums laut, den
Absolutismus und die Ständeordnung zu beenden und eine
freiheitliche Verfassung zu erlassen. 1834 wurden Beratende
Ständeversammlungen eingerichtet. Holstein und Lauenburg hatten als Mitglieder des Deutschen Bundes einen
Anspruch auf eine „Landständische Verfassung” – um aber
keinen Unterschied zwischen dem deutschen und dem
dänischen Reichsteil entstehen zu lassen, erhielten auch
Schleswig, Jütland und die Inseln jeweils eine Beratende
Ständeversammlung.
Der dänische Staat, auch als Gesamtstaat bezeichnet,
unterscheidet sich grundsätzlich vom heutigen Dänemark.
Er war ein absolutistisches, multinationales Staatengebilde.
Es hatte am Ende der Kriege mit England 1807-1814
Norwegen an Schweden abtreten müssen und bestand
seitdem aus zwei Hauptgebieten, dem Königreich
Dänemark und den Herzogtümern Schleswig, Holstein
und Lauenburg, die zwei Schwerpunkte hatten, zum einen
Kopenhagen und zum anderen Kiel (siehe die Karte auf
dem Vorsatz). Es handelte sich dabei nicht um einen Staat
oder eine Nation im modernen Sinn, sondern um die
„Reiche und Lande des Königs“. Was den Gesamtstaat
zusammenhielt, waren der König und das Erbrecht
des Königsgeschlechts. Die drei Herzogtümer hatten
dabei unterschiedliche rechtliche Stellungen, Holstein
und Lauenburg – nicht aber Schleswig – gehörten dem
Deutschen Bund an, einem losen Zusammenschluss
selbständiger deutscher Staaten mit einem Bundestag in
Frankfurt.
In den 1840er Jahren entwickelte sich die liberale Opposition zu zwei nationalliberalen Bewegungen; einer dänisch-schleswigschen in Kopenhagen und einer
deutsch-schleswig-holsteinischen in Kiel. Der nationale
Gegensatz verschärfte sich dadurch, dass beide Bewegungen
das Herzogtum Schleswig beanspruchten. Dessen Bevölkerung war im nördlichen Teil dänischsprachig und im
südlichen Teil deutschsprachig.
1848 fegte ein Sturm von liberalen und nationalen Revolutionen über Europa und erreichte auch die dänische Monarchie. Dabei brach nicht nur die absolutistische Herrschaftsform, sondern auch der Gesamtstaat unter den Wirren der
Revolution zusammen. Es entstanden zwei Regierungen, die
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jeweils ihr nationales Ziel vertraten: Eine dänisch(-schleswigsche) in Kopenhagen und eine schleswig-holsteinische
in Kiel. Zentraler Konfliktpunkt war Schleswig. Es folgte
ein langer und blutiger Bürgerkrieg zwischen den beiden
Teilen des Gesamtstaates, der Erste Schleswigsche Krieg von
1848-1851, der sich schon bald zu einem internationalen
Konflikt unter Beteiligung der europäischen Großmächte
entwickelte.
Im Januar 1851 wurden die Schleswig-Holsteiner gezwungen, die Waffen niederzulegen und die schleswig-holsteinische Regierung sowie den Staatsaufbau aufzulösen. Die
dänische nationalliberale Regierung wurde zugunsten einer
konservativen abgelöst, die 1851-1852 eine Reihe von
internationalen Abmachungen traf, die den Zustand von
1848 zum Ausgangspunkt hatten. Darin sagte die dänische
Regierung zu, dass eine gemeinsame Verfassung für den
Gesamtstaat erlassen werde, dass Schleswig nicht enger als
Holstein mit dem Königreich verbunden werde, und dass
alle Teile des Staates gleichgestellt werden sollten. Damit
war es für den Gesamtstaat entscheidend, eine neue Verfassung zu erlassen, die dessen Teile miteinander verband –
und die Großmächte zufriedenzustellen.
Die Epoche war aber nicht nur vom nationalen Kampf geprägt sondern ebenso von demokratischen Strömungen. Die
schleswig-holsteinische Regierung rief eine Verfassungsgebende Versammlung ein, die ein liberales Staatsgrundgesetz
erarbeitete, das im September 1848 angenommen wurde.
Im Königreich wurde ebenfalls eine Verfassungsgebende
Reichsversammlung einberufen, die eine liberale Verfassung entwarf, die im Juni 1849 angenommen wurde. Das
„Grundgesetz des Dänischen Reiches“ sollte für den gesamten Staatsverband gelten, aber aufgrund des Bürgerkrieges
galt es vorläufig nur im Königreich.
Formal wurde der Gesamtstaat wiedererrichtet, aber in Hinblick auf die Bevölkerung fiel das schwer, da die nationalen
Spannungen zu groß waren. Die Bevölkerung des südlichen
Schleswigs, Holsteins und Lauenburgs fühlte sich dem deutschen Volk zugehörig und nicht dem dänischen. Somit war
die Grenze von Staat und Nation nicht die gleiche.
Zwar hatten die Siege des dänischen Heeres bei Fredericia
1849 und bei Idstedt 1850 eine große moralische Bedeutung, sie veränderten aber nicht die politische Situation
und nur in begrenztem Umfang die militärische. Dies war
der Grund für eine dänische militärische Selbstüberschätzung, die später zu fatalen Folgen führen sollte. Am Ende
des Jahres 1850 stellte sich die Situation so dar, dass weder
das dänische noch das schleswig-holsteinische Heer eine
Entscheidung erzwingen konnten. Die Großmächte, an
ihrer Spitze Russland, wollten den Bürgerkrieg beenden und
alle Spuren der Revolution von 1848 tilgen, und weder die
dänisch-schleswigschen noch die schleswig-holsteinischen
nationalstaatlichen Ziele standen im Einklang mit den
Wünschen der Großmächte, die alte Ordnung wiederherzustellen. Nachdem alle militärischen Möglichkeiten ausgeschöpft waren, mussten sich beide Seiten den Forderungen
der Großmächte beugen.
Neben dem Versuch, eine Verfassung zu erlassen, die nicht
im Gegensatz zu den Abmachungen von 1851-1852 stand,
wurde eine besonders unkluge Danisierungspolitik in Mittelschleswig begonnen, die dazu führte, dass das Interesse
für die Schleswigsche Frage sowohl in der deutschen Öffentlichkeit als auch bei den Großmächten erhalten blieb.
1855 erarbeitete die dänische Regierung eine zweisprachige
gemeinsame Verfassung mit einem gemeinsamen Reichsrat
für den Gesamtstaat. Damit versuchte man den demokratisch gewählten Reichstag des Königreichs mit seiner gesetzgebenden Kraft mit den konservativen staatlichen Organen
der Herzogtümer, die nur einen beratenden Status hatten,
zu verbinden.
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Die erste Zusammenkunft des Reichsrates 1856 führte
zu seinem Zusammenbruch, indem sich die nationalen
Spannungen als unüberwindlich erwiesen. In der Verfassung
waren die Herzogtümer nicht mit dem Königreich gleichgestellt, und der Entwurf wurde deshalb im gleichen Jahr von
der holsteinischen Ständeversammlung abgelehnt und 1858
vom Bundestag in Frankfurt für ungültig erklärt.
Der Vorschlag zu einer Teilung Schleswigs wurde sowohl
von neutralen als auch von deutschen Staaten in die Verhandlungen mit der dänischen Regierung über die Verfassungsfrage eingebracht. Dies war jedoch ein undenkbarer
Vorschlag für die überwiegende Mehrheit der dänischen
Politiker und für die nationalen Kreise der Bevölkerung; sie
betrachteten Schleswig als einen Teil des dänischen Staates,
der nicht ohne den Verlust der nationalen Ehre aufgegeben
werden konnte. Die meisten Schleswiger, auch die dänischgesinnten, wollten ebenfalls keine Teilung Schleswigs.
Die Forderung der deutschen Seite, dass jedes der
Herzogtümer den gleichen Einfluss haben sollte wie die
wesentlich größere Bevölkerung des Königreiches, war für
die dänische Regierung vollkommen unannehmbar. Man
beschloss, die gemeinsame Verfassung in Hinblick auf
Holstein und Lauenburg aufzuheben. Noch war Schleswig
kein Teil des Verfassungskonflikts, aber das sollte bald der
Fall sein.
1857 kehrten die Nationalliberalen wieder an die Regierung
in Dänemark zurück, und aufgrund ihrer Meinung, dass
Zugeständnisse an den Deutschen Bund und die holsteinische Ständeversammlung nur zu weiteren Forderungen führen würden, wurde die Gesamtstaatspolitik zugunsten einer
Eiderpolitik aufgegeben, was eine engere Bindung Schleswigs an das Königreich bedeuten sollte. Im März 1863
wurde eine gemeinsame Verfassung verkündet, die für das
Königreich und Schleswig gelten und damit Holstein und
Lauenburg ausgliedern sollte. Zwar stand nichts von einer
regulären Eingliederung Schleswigs in das Königreich darin,
aber die Verfassung stellte einen klaren Bruch der Abmachungen von 1851-1852 dar, und sie brachte Dänemark auf
einen Kollisionskurs mit den Großmächten, den deutschen
Staaten und der Mehrheit der Einwohner der Herzogtümer.
Nur wenige zweifelten daran, dass das zum Krieg führen
würde, und im Verlauf des Jahres 1863 wurden die Vorbereitungen begonnen.
Gleichzeitig traten bedeutsame Änderungen in der europäischen Machtbalance ein. Russland musste 1856 eine
schwere Niederlage im Krimkrieg hinnehmen, wodurch der
konservative russische Einfluss auf die europäische Politik
geschwächt wurde. An seiner Stelle versuchte Frankreich
die Rolle als führende Großmacht auf dem Kontinent zu
übernehmen. Von der italienischen Einigungsbewegung
inspiriert, wurde ein liberaler Verband, der Deutsche
Nationalverein 1859 gegründet, dessen Ziel die Schaffung
einer deutschen Einheit von unten war. Aber auch konservative Kräfte wie der preußische Ministerpräsident Otto
von Bismarck wandten sich der deutschen Einheit zu. Für
Bismarck bedeutete das einen Kampf an zwei Fronten,
zum einen gegen das expansive Frankreich, zum anderen
gegen das nationalliberale Deutschland. Sein Ziel war der
Zusammenschluss der deutschen Staaten unter preußischer
Führung bei Zurückdrängung des deutschen Nationalliberalismus. Da das Problem um Schleswig für die Liberalen
einen wichtigen Teil bei der Mobilisierung der Bevölkerung
darstellte, würde eine Lösung durch Bismarck ihn selbst
und die konservativen Kräfte stärken.
Am 13. November wurde die neue Verfassung vom Reichstag angenommen, aber König Friedrich VII., der sich gerade
im Herzogtum Schleswig aufhielt, kam nicht mehr dazu, sie
zu unterschreiben.
Nach einer Inspektion des Heeres in der Danewerkstellung
erkrankte er und starb überraschend am 15, November. Sein
Nachfolger, König Christian IX. warnte eindringlich, dass
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der Erlass der Novemberverfassung zum Krieg führen und
in einer Katastrophe enden würde. Die Regierung befand
sich aber unter erheblichem Druck einer erhitzten, nationalistischen Öffentlichkeit, und unter dem Geschrei von
Aufmärschen und Demonstrationen in Kopenhagen sah
sich der neue König gezwungen, die Verfassung zu unter-
schreiben. Im Januar 1864 forderten Preußen und Österreich, dass die Novemberverfassung umgehend aufgehoben
werde. Diese Forderung musste von der Regierung zurückgewiesen werden. Es gab jetzt offensichtlich nur noch einen
Weg: Krieg.
Ankunft des
Leichnams
Friedrichs VII.
in Kopenhagen
im November
1863. Mit
einer Schaluppe
wurde der Sarg
bei Fackelschein
vom Dampfschiff
Schleswig ins
Kopenhagener
Zeughaus und
von dort in die
Schlosskirche von
Christiansborg
gebracht.
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Bedrohungsszenarien und Verteidigungspläne
Das grundlegende sicherheitspolitische Problem des
Gesamtstaates war nach dem Ersten Schleswigschen Krieg
die nationale Spannung und daraus resultierend dessen
schwacher Zusammenhalt sowie das gespannte Verhältnis
zu den deutschen Staaten. Aber das Bedrohungsszenarium
war weit komplizierter. Die Gefahr, in einen Krieg zwischen
Großbritannien und Russland verwickelt zu werden, wurde
bis zum Ende der 1850er Jahre als eine wesentliche Bedrohung angesehen – man hatte die Beschießung Kopenhagens
im Jahr 1807 noch in Erinnerung. Diese Gefahr wurde
während des Krimkrieges 1854-1856 als übermächtig
empfunden, nahm danach aber ab. In dem Maße, in dem
die dänische Regierung ab 1861 die Eiderpolitik wieder aufnahm, wurde die Bedrohung durch die deutschen Staaten,
insbesondere Preußen, größer.
auf Seeland und Kopenhagen ausgerichtet, nicht aber
einer deutschen Bedrohung oder einem Angriff auf der
jütischen Halbinsel entgegenzutreten. Hinzu kam das
ernste und politisch sehr empfindliche Problem, dass
das Heer eine große Zahl von Soldaten umfasste, die aus
den Herzogtümern stammten und keine Zugehörigkeit
zum Gesamtstaat empfanden. Auch das Material und die
Festungswerke der Marine waren veraltet. Da keines dieser
Probleme in der Zwischenkriegszeit gelöst worden war,
sollten sie auch wieder den Zweiten Schleswigschen Krieg
kennzeichnen.
Mehrere Militärkommissionen hatten in den 1850er
Jahren Überlegungen zur dänischen Verteidigungssituation
angestellt – jeweils mit dem Ausgangspunkt einer britischen
oder russischen Bedrohung Seelands und Kopenhagens.
Weder auf politischer noch auf militärischer Ebene gab es
einen klaren Blick auf die Verteidigungsprobleme, den ein
möglicher deutsch-dänischer Krieg aufwerfen würde. Die
Hauptüberlegung der Verteidigungsplanung beruhte darauf,
dass die dänische Überlegenheit zur See offensiv genutzt
werden sollte. Zum einen sollte eine Handelsblockade
durch die dänische Marine nach Ansicht der Kommissionen den deutschen Staaten gegenüber wirksam sein, zum
anderen sollte sie die dänischen Inseln schützen, um dem
Heer Rückendeckung für militärische Operationen auf
der jütischen Halbinsel zu geben. Das dänische Heer sollte
anders als die Marine seine Unterlegenheit mit einer defensiven Kriegführung in Jütland ausgleichen, u.a. durch einen
defensiven Ausbau von Befestigungsanlagen, wodurch es
möglich sein sollte, eine langanhaltende Verteidigung bis zu
einer internationalen Intervention aufrecht zu erhalten. Die
Verteidigung zu Lande sollte mit einer kurzfristigen Frontal-
Der Erste Schleswigsche Krieg hatte eine Reihe von
Schwächen der dänischen Verteidigung auf politischer
wie auf militärischer Ebene offenbart. Es war danach
nicht gelungen, die Strukturen der absolutistischen
Befehlsstruktur umzustellen; es war keine Aufteilung der
Aufgaben und keine Verteilung der Verantwortlichkeiten
auf die jeweils richtige politische oder militärische Ebene
vorgenommen worden, und weder die mit dem Militär
befassten Ministerien noch die militärischen Stäbe
waren in einem ausreichenden Maße ausgebaut worden.
Ebenfalls hatte sich während des Krieges eine unzulängliche
Koordination zwischen dem Kriegsministerium und dem
Marineministerium und ebenso zwischen den beiden
Waffengattungen gezeigt. Hinzu kam eine ungenügende
Ausbildung insbesondere der höheren Offiziere in der
Zwischenkriegszeit. Die Organisation des Heeres war
vor allem auf einen englischen oder russischen Angriff
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verteidigung beim Danewerk beginnen. Danach sollte eine
längerfristige Flankenverteidigung bei Düppel und Fredericia erfolgen.
war bei der Festung Frederica nötig. Die Befestigung am
Danewerk entsprach in etwa der kurzzeitigen Verteidigung,
die man dort ursprünglich vorgesehen hatte. Im Gegensatz
dazu erhielten weder die Düppelstellung noch die Festung
Fredericia die Stärke, die man von militärischer Seite für
eine langfristige Verteidigung für erforderlich hielt. Insgesamt gesehen wurde ein unverhältnismäßig großer Teil
der begrenzten Ressourcen in die seeseitige Befestigung
Kopenhagens und in die Frontalverteidigung am Danewerk
gesteckt.
Die Frontalverteidigung diente vordringlich einer politischen und symbolischen Verteidigung des Schleswigschen
Territoriums und seiner Bevölkerung, also dem zentralen
Konfliktpunkt im Verhältnis zu den deutschen Staaten. Die
dahinter stehende Überlegung war, die Angreifer zu zwingen, gegen eine Stellung militärisch vorzugehen, die günstig
zu verteidigen war. Das sollte durch die Befestigung der
schmalsten Landverbindung über die jütische Halbinsel bei
der frühhistorischen Wallanlage des Danewerks zwischen der
Schlei und den zum Wattenmeer reichenden Flussniederungen erfolgen. Die nur schwer zu überwindenden Flanken
sollten bewirken, dass sich ein Angriff gegen das schmale,
befestigte Zentrum richten musste. Hier sollte eine offensive
Verteidigung die Kräfte der Angreifer binden und dadurch
verhindern, dass sie das Zentrum umgingen. Die Flankenverteidigung bei Düppel und Fredericia wiederum sollte die
Angreifer zwingen ihre Truppen zu verteilen, um sie danach
einzeln mit konzentrierten auf dem Seeweg herangeführten
Truppen anzugreifen. Die Flankenverteidigung diente vor
allem als ein Mittel, den Krieg in die Länge zu ziehen und
ein feindliches Vordringen in Jütland zu verhindern.
Die Heeresmanöver der Jahre 1862 und 1863 fanden am
Danewerk statt, wo die Offensivverteidigung geübt wurde.
Die Manöver wurden von General de Meza geleitet, der
bereits einige Jahre Kommandierender General des 2. Generalkommandos war, das u.a. Schleswig umfasste.
Fredericia
DANMARK
Kolding
ALS
Sønderborg
In der Verteidigungsplanung war für die Frontalverteidigung ursprünglich eine eher kürzere Zeit vorgesehen. Aber
die Danewerk-Stellung wurde mit nationalen Mythen
befrachtet und erhielt dadurch eine fast mythologische
Kraft, die sowohl von Politikern als auch von Offizieren
getragen wurde. Die Danewerk-Stellung erhielt damit einen
dominierenden Platz in den Verteidigungsüberlegungen,
die schlicht und einfach nicht ihrem militärischen Wert
entsprach.
SLESVIG
Dybbøl
Sankelmark
Slesvig
Mysunde
Kongshøj
Danevirke
Das Danewerk und Düppel wurden zwischen 1861-1863
zu Feldbefestigungen ausgebaut, ein geringerer Aufwand
Der Verteidigungsplan enthielt teils eine Frontalverteidigung am
Danewerk, teils zwei Flankenfestungen bei Düppel und Fredericia.
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Wie ein Blitz aus heiterem Himmel: Der Rückzug vom Danewerk
In den letzten Monaten des Jahres 1863 erfolgten die
Kriegsvorbereitungen auf dänischer Seite mit großer Ernsthaftigkeit. Dabei zeigten sich die Probleme, die seit dem
Ersten Schleswigschen Krieg kennzeichnend waren, mit
voller Wucht. Die nicht geklärten Fragen bei der Verteilung
der Zuständigkeiten und der Verantwortlichkeiten zwischen
den verschiedenen politischen und militärischen Ebenen
führten dazu, dass die Planungen und Vorbereitungen sich
als ungenügend erwiesen.
Mobilisierung und Besetzung der Düppelstellung befand.
Im Lauf des Januar 1864 wurde die Stellung unter äußerst
schwierigen Bedingungen ausgebaut und kampfbereit
gemacht, und das Heer wurde in Kriegsbereitschaft versetzt.
Die Arbeiten waren aufgrund der genannten Ursachen nur
langsam vorangekommen, und sowohl die Stellungen als
auch die Kampfkraft des Heeres ließen viel zu wünschen
übrig. Es zeigten sich nun auch die nationalen Spannungen
innerhalb des Gesamtstaates, die man zuvor nicht hatte
sehen wollen. Die Mannschaften der holsteinischen Einheiten, auf die man sich von dänischer Seite nicht verlassen
zu können glaubte, wurden nicht mobilisiert. Sie mussten
General de Meza wurde Ende Dezember 1863 zum Oberbefehlshaber des dänischen Heeres befördert, das sich in der
Dänische Schanze in unmittelbarer Nähe der Stadt Schleswig. Die Kanonen standen bereit, aber es mangelte massiv an Baracken für die
Mannschaften.
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von älteren dänischen Reservisten ersetzt werden, was viel
Zeit erforderte. Sehr bald kam es auch zu Disziplinproblemen bei einigen der schleswigschen Regimenter, die in der
nationalen Haltung gemischt waren.
Das Heer, das nicht die Stärke erreicht hatte, die für eine
Frontalverteidigung erforderlich war, wurde entlang der
gesamten Danewerkstellung verteilt. Das führte zu einer
schwachen Verteidigungssituation sowohl im Zentrum
als auch an den Flügeln – und was noch ernster war: Es
handelte sich um eine Verteidigung, die auf keine Reserven
zurückgreifen konnte. In der Konsequenz bedeutete das
eine passive Verteidigung der Hauptstellung und nicht die
offensive Verteidigung des Vorfeldes, wie man es zuvor in
den Manövern geübt hatte. Damit verlor die Danewerkstellung ihre Verteidigungskraft und wurde ausgesprochen
verwundbar bei einem Angriff gegen die schwachen Flügel,
wo der Frost des starken Winters den Wert der Wasserläufe als Sperren stark einschränkte. Das alles erzwang einen
stets hohen Bereitschaftsgrad, der zusammen mit den
Problemen bei der Einquartierung, Verpflegung und dem
strengen Winterwetter ernsthaft an der Kampfkraft des
Heeres zerrte.
Dänische Soldaten im Nachtlager auf den Latten einer nicht fertiggestellten Mannschaftsbaracke am Danewerk.
Am 31. Januar forderte der Chef des preußisch-österreichischen Heeres in einer Note den dänischen Rückzug aus
dem Herzogtum Schleswig. Dies wies de Meza kategorisch
zurück. Am Tag darauf, dem 1. Februar, überschritten die
preußischen und österreichischen Truppen die Grenze an
der Eider und rückten nach Schleswig vor. Damit hatte der
Krieg begonnen.
General de Meza hatte in den 1850er Jahren den Vorsitz in
den wichtigsten jener Militärkommissionen gehabt, die die
Priorität für die Frontalverteidigung festgelegt hatten. Er
verfügte darüber hinaus über eine in vielen Jahren erworbene intensive Kenntnis der Danewerkstellung. Einige der
wichtigsten Voraussetzungen einer Frontalverteidigung, die
Größe des Heeres und der Nutzen aus den Sperren an den
Flügeln, die die Wasserläufe im Westen und im Osten darstellten, waren bei Kriegsausbruch nicht gegeben. Dennoch
setzte de Meza keinerlei Fragezeichen zur Frage der Haltbarkeit der Stellung und bereitete das Kriegsministerium
und die Regierung auch in keiner Weise auf eine mögliche
kampflose Räumung des Danewerks vor.
Das preußisch-österreichische Heer rückte gegen das Danewerk vor und wollte mit einem Flankenangriff das dänische
Heer besiegen, um dadurch den Krieg schnell zur Entscheidung zu bringen. Der Plan sah zum einen den Angriff gegen
das Zentrum vor, der die dänischen Kräfte am Danewerk
binden sollte, und zum anderen einen Angriff gegen die
östliche Flanke an der Schlei, um über die Schlei überzusetzen, die Danewerkstellung von Norden anzugreifen und
das Heer aufreiben zu können; oder auf jeden Fall dessen
Rückzug nach Düppel und Fredericia zu verhindern.
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unbekannt oder nicht vorhersehbar gewesen. Doch zur
Aufgabe des Danewerks und der Frontalverteidigung gab es
schwerlich eine Alternative. Die Räumung nach nur wenigen Tagen des Kampfes zeigte den fehlenden Realitätssinn
zum einen in der Verteidigungskonzeption seit den 1850er
Jahren und zum anderen bei den Vorbereitungen vor
Kriegsausbruch. Noch im Dezember 1863 und im Januar
1864 waren bedeutende Kapazitäten in den Ausbau der
Danewerkstellung gesteckt worden, um sie in Kriegszustand
zu setzen. Diese Kräfte hätten stattdessen bei Düppel und
Fredericia genutzt werden können.
Dänische Soldaten in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar in
Bereitschaft am Danewerk.
Am 2. Februar griffen die Preußen einen der Übergänge
über die Schlei, Missunde, an, der von einem befestigten
Brückenkopf auf der südlichen Seite verteidigt wurde. Trotz
großer preußischer Überlegenheit konnte der Angriff abgewiesen werden. Demgegenüber eroberten die Österreicher
am 3. Februar wichtige Positionen im Vorfeld des Danewerks beim Königshügel. Von dänischer Seite erwartete man
einen neuen Versuch, die Schlei zu überschreiten und hatte
dem dort keine Reserven entgegen zu setzen. Man fürchtete
vor allem in den Stellungen eingeschlossen und niedergekämpft zu werden. Man kann nicht ausschließen, dass ein
weiterer preußischer Angriff erneut ohne Erfolg verlaufen
wäre und damit von großer psychologischer Bedeutung für
beide Kriegsparteien hätte sein können. Ebenso war aber
auch das Risiko, dass ein erneuter Angriff glücken könnte,
gegeben. Die Situation des dänischen Heeres war somit
ausgesprochen ernst.
Am 4. Februar befahl das Oberkommando deshalb die
befehlshabenden Offiziere zu einem Kriegsrat, bei dem
beschlossen wurde, das Danewerk am folgenden Abend
zu räumen. Keiner der Gründe, die für die Räumung
ausschlaggebend waren, sind vor dem Kriegsausbruch
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In der Anweisung der Regierung für die Verteidigung der
Danewerkstellung war deutlich befohlen worden, dass es
nicht dazu kommen dürfe, dass die nachfolgende Verteidigung der Flankenstellungen darunter leiden würde. Das
stimmte mit den Verteidigungsplanungen überein. Aber
eine Aufgabe des Danewerks ohne einen Kampf um die
Hauptverteidigungslinie geführt zu haben, entsprach weder
dem Wortlaut noch dem Geist der Anordnung.
Der Rückzug fand in der Nacht vom 5. auf den 6. Februar
statt. Er erfolgte relativ ungeordnet und spannte die Kräfte
des Heeres auf das Äußerste an. In der bewaldeten Gegend
um Sankelmark, einige Kilometer südlich von Flensburg,
wurde die dänische Nachhut am 6. Februar von österreichischen Truppen eingeholt. Es kam zu einem schweren
Gefecht, bevor es gelang, den Angriff zurückzuweisen und
den Rückzug zu sichern.
Das Oberkommando hatte dem König und dem Kriegsministerium telegrafiert, dass mit dem Rückzug begonnen worden sei, danach ließ es die Telegrafenverbindung
abbrechen, vermutlich um einen Gegenbefehl zu verhindern. Als die Nachricht von der Räumung des Danewerks
in Kopenhagen die Runde machte, löste dies sowohl in der
Öffentlichkeit als auch bei den leitenden Politikern Schock,
Zorn und Verbitterung aus. Es kam zu Aufmärschen und
gewalttätigen Demonstrationen gegen die Regierung und
die Königsfamilie. Das Zusammentreffen des Mythos vom
Danewerk mit der Wirklichkeit war heftig und rief eine politische Krise hervor, die mit der Ablösung General de Me-
zas als Oberbefehlshaber des Heeres endete. Die Räumung
des Danewerks war ein Omen für den weiteren Verlauf des
Krieges.
Die deutschen Truppen wurden von der Mehrzahl der Einwohner der Stadt Schleswig am 6. Februar mit Jubel empfangen.
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Hart zu Boden geworfen: Der Sturm auf Düppel
Mit der Aufgabe der Frontalverteidigung ging man zur
Flankenverteidigung über. Das sollte insbesondere dazu führen, den Krieg in die Länge zu ziehen und das Vordringen
des Feindes nach Jütland zu verlangsamen. Das dänische
Heer wurde deshalb zwischen Düppel, Fredericia und der
Grenze zwischen Schleswig und dem Königreich aufgeteilt.
Ein preußischer Truppenteil rückte gegen die Düppelstellung vor und belagerte sie, während ein österreichisch-preußisches Kontingent auf die Grenze vor Kolding vorrückte.
Das Vorrücken erfolgte allerdings langsam, da zwischen
Preußen und Österreich Uneinigkeit über die Frage bestand,
wie weit man die Grenze des Königreichs überschreiten
Eine Schanze bei Düppel während des Beschusses von Broacker aus. Nur aus Schanze 2 konnte der Beschuss erwidert werden.
14
Der Brand Sonderburgs bei der Beschießung von 2.-3. April von der Düppeler Seite aus gesehen. Von den 563 Häusern wurde 499 unterschiedlich schwer beschädigt. Etwa ein Drittel fiel dem Feuer zum Opfer.
könne, wenn es sich bei dem Krieg doch um einen handelte,
der seinen Ausgangspunkt allein beim Herzogtum Schleswig hatte. Insbesondere Österreich war zurückhaltend, und
beide Staaten fürchteten eine Reaktion der Großmächte
Russland, Großbritannien und Frankreich.
Das dänische Heer räumte unterdessen unerwartet Kolding,
die südlichste Stadt des Königreiches in Jütland, woraufhin eine kleine preußische Einheit die Grenze überschritt
und umgehend die Stadt besetzte. Da die internationale
Reaktion darauf zurückhaltend war, begann ein vorsichtiger preußisch-österreichischer Vormarsch mit dem Ziel
einerseits Fredericia zu belagern und sich andererseits gegen
einen Angriff der dänischen Truppen in Nordjütland zu
sichern. Dass die dänische Grenze von den deutschen Truppen ungehindert vom dänischen Heer überschritten werden
konnte, war Ausdruck der schlechten Kommunikation und
der ungenügend geklärten Verantwortlichkeiten zwischen
Kriegsmini­sterium, Oberkommando des Heeres und den
Befehlshabern der großen Heeresverbände. Es war eine
Situation wie sie für die meiste Zeit des Krieges kennzeichnend war.
Die dänischen Truppen hatten sich in eine Stellung bei Vejle
zurückgezogen, bei der es am 8. März zum Kampf kam.
Daraufhin leiteten sie einen Rückzug weiter ins nördliche
Jütland ein, in dessen Verlauf man den Kontakt zu den
deutschen Truppen verlor.
15
war. Stattdessen erhielt die Verteidigung von Düppel die
eher widersprüchliche Bedeutung in Form einer zurückgezogenen Frontalverteidigung; wenn man so will, eine
politische und symbolische Verteidigung des schleswigschen
Festlandes.
Im Verlauf des März beschleunigten sich die Vorbereitungen für einen Angriff auf Düppel. Es wurden Batterien
mit schweren Belagerungsgeschützen auf der gegenüberliegenden Halbinsel Broacker angelegt, von denen man die
südlichen dänischen Schanzen seitlich beschießen konnte.
Am 15. März begann der Beschuss von hier aus. Danach
wurden Batterien mit Belagerungsgeschützen vor den
Schanzen errichtet, die damit auch frontal unter Beschuss
genommen wurden.
Als ein Glied in der Flankenverteidigung sollten die dänischen Truppen eigentlich die deutschen dazu zwingen,
so viele Kräfte wie möglich einsetzen zu müssen, um sich
gegen einen dänischen Angriff von Norden zu schützen,
dadurch sollte der Druck auf die beiden Flankenstellungen
von Düppel und Fredericia vermindert werden. Allerdings
zogen sich die dänischen Truppen so weit nach Norden
zurück, dass das preußisch-österreichische Kontingent in
der ersten Märzhälfte im südlichen Teil Jütlands Aufstellung nehmen konnte. Dabei konnten sie sowohl Fredericia
belagern und gleichzeitig als Reserve für die preußischen
Truppen dienen, die Düppel belagerten.
Der preußische Plan zur Eroberung Düppels sah einen
Flankenangriff vor, indem die Stellung zwar frontal angegriffen werden sollte, um die Besatzung dort zu binden, während an anderer Stelle der Übergang nach Alsen
erfolgen und die Düppeler Stellung daraufhin von hinten
angegriffen werden sollte. Nach mehreren Anläufen, einen
Übergang vom Sundewitt nach Alsen zu bewerkstelligen,
die aufgrund der Wetterlage aufgegeben werden mussten,
trat schließlich am 3. April eine Änderung des Planes in
Kraft. Der Kampf um Düppel entwickelte sich nunmehr zu
einer klassischen Belagerung, bei der sich preußische Pioniere unter der Deckung einer starken Artillerieunterstützung
in Richtung der dänischen Stellung voran gruben. Je weiter
die Preußen auf diese Weise heranrückten, desto mehr
musste die dänische Bereitschaft erhöht und die Besatzung
verstärkt werden.
In der zweiten Hälfte des März 1864 wurde sowohl bei
Düppel als auch um Fredericia der Belagerungsring eng
geschlossen und Ausfälle unmöglich gemacht. Damit war
die Idee der Flankenverteidigung zusammengebrochen. Es
gab auch keine Aussicht auf ein internationales Eingreifen,
was ja das wesentliche Ziel der Flankenverteidigung gewesen
Als ein Teil der Pläne, die mit dem Übergang nach Alsen
verbunden waren, wurde die Stadt Sonderburg ebenfalls
beschossen, um dänische Truppenbewegungen über den Alsensund in Richtung der Düppeler Schanzen zu erschweren
und zugleich Unsicherheit in Bezug auf das Ziel der preußischen Operationen zu erzeugen. Damit traf der Krieg auch
Sonderburg in Trümmern. Am Ende des Marktes sieht man das
zerbombte Rathaus.
16
die Zivilbevölkerung in der Kampfzone, wenn auch nicht in
dem Maße wie in den Kriegen der späteren Zeit.
lung zu räumen, was aber von der Regierung abgewiesen
wurde. Sowohl von der Regierung als auch von der dänischen Öffentlichkeit wurde der entschiedenen Verteidigung
Düppels eine politisch wie symbolisch enorme Bedeutung
beigemessen.
Mit der Aufgabe des Planes eines Übergangs nach Alsen
wurde das Bombardement auf Düppel enorm verstärkt.
Nach einer Woche intensiver Beschießung war es unmöglich, die Schanzen auch nur noch notdürftig auszubessern,
die Schanzen wurden zu Erdhaufen zusammengeschossen
und die Verluste wuchsen erheblich. Der gefährliche und
belastende Dienst in den Schanzen und Laufgräben forderte
die Soldaten enorm. Das Heer gelangte an den Rand seiner
Kräfte und es zeigten sich Ansätze für eine Meuterei.
Am Morgen des 18. April wurde die Beschießung in einem
bis dahin nicht gekannten Umfang intensiviert, um dann
Punkt 10.00 Uhr plötzlich zu enden. Unmittelbar danach
stürmten Tausende preußischer Soldaten auf die südlichsten
der dänischen Schanzen zu, daraus entwickelte ein ausgesprochen harter Kampf, mit schweren Verlusten auf beiden
Seiten. Die Beschießung wurde bald wieder aufgenommen
und richtete sich auf das hinter den Schanzen gelegene
Terrain, um dänische Verstärkungen daran zu hindern, den
Kampfplatz zu erreichen.
Militärisch war eine weitere Verteidigung aussichtslos und
sie stellte zudem eine große Gefahr für das Heer dar. Das
Oberkommando erbat die Genehmigung, die Düppelstel-
Sturm auf Düppel am 18. April, von preußischer Seite aus gesehen
17
Preußische Offiziere betrachten die Gefallenen auf dem Schlachtfeld; sie sind nach Nationalität und Rang aufgebahrt.
In den stark zerstörten Schanzen gab es nur wenige intakte Kanonen, die in der Lage waren, die Angreifer zu
beschießen. Außerdem war die Infanteriebesatzung der
Schanzen gering, da der Hauptteil der Infanterie außerhalb
in Laufgräben lag, wo er eine bessere Deckung gegen die
Beschießung hatte. Es war nur ein eher geringer Widerstand
vorhanden, den die zerschossenen Schanzen leisten konnten, die deshalb zügig eingenommen werden konnten.
14.00 Uhr war der letzte dänische Soldat über den Alsensund zurückgezogen worden. Der Kampf um Düppel war
vorbei.
Der preußische Vormarsch auf die südlichen Schanzen
erfolgte so schnell, dass für Teile der dänischen Truppen auf
den nördlichen Schanzen die Gefahr bestand, abgeschnitten
zu werden. Um deren Rückzug zu sichern, wurde aus der
Reserve heraus ein Gegenangriff entlang der Chaussee bis
zur Düppeler Mühle geführt. Dieser Angriff erfolgte mit
starken Kräften, aber auch mit erheblichen Verlusten. Um
Die Verluste beim Sturm auf Düppel am 18. April 1864
Sowohl die Beschießung als auch der Sturm auf die Schanzen hatten zu erheblichen Verlusten geführt. Besonders
ernst war der Verlust von erfahrenen Offizieren und Unteroffizieren.
Das dänische Heer verlor ca. 4.700 Mann,
davon waren 1.700 gefallen oder verwundet und 3.000
gefangen.
Das preußische Heer verlor ca. 1.200 Tote und Verwundete,
in Gefangenschaft geriet hingegen niemand.
Genaue Zahlen über die Gefallenen gibt es nicht.
18
Die Seeschlacht vor Helgoland
Die dänische Flotte war im Februar 1864 in zwei Geschwader für die östliche bzw. die westliche Ostsee aufgeteilt
worden. Diese übten eine militärische Blockade der bescheidenen preußischen Flotte sowie eine Handelsblockade
gegenüber den norddeutschen Häfen aus, außerdem unterstützten sie die Operationen des dänischen Heeres.
Die militärische Blockade war die Voraussetzung dafür,
dass sich das dänische Heer in Schleswig sammeln konnte,
selbst wenn das bedeutete, dass Seeland und Kopenhagen
ungeschützt waren – das war den gesamten Krieg hindurch
der Fall. Der einzige Versuch, die dänische Blockade zu
brechen, fand am 17. März 1864 vor Rügen statt. Hier kam
Seeschlacht bei Helgoland am 9. Mai. Auf der linken Seite die beiden dänischen Fregatten Jylland und Niels Juel, in der Mitte die österreichischen Fregatten Radetzky und Schwarzenberg, rechts die beiden preußischen Kanonenboote Adler und Basilisk.
19
Die Unterstützung für die Operationen des dänischen
Heeres war hingegen auch nur schwierig durchzuführen,
insbesondere aufgrund der fehlenden Koordination von
Heer und Flotte.
Bei der dänischen Verteidigungsplanung hatte man nur die
preußische Flotte im Blick gehabt. Dann zeigten sich im
Frühjahr 1864 aber ein neues Problem: die österreichische
Flotte, die der dänischen überlegen war. Noch befand sich
die Hauptmacht der österreichischen Flotte in der Adria, aber im April näherte sich ein Geschwader von zwei
österreichischen Fregatten, ihnen schlossen sich drei kleine
preußische Kanonenboote an, die sich auf dem Weg ins
Mittelmeer befunden hatten.
Von dänischer Seite beobachtete man die österreichischen
Schiffe, und ein dänisches Geschwader mit zwei Fregatten
und einer Korvette wurde in die Nordsee geordert, um die
österreichische Vorhut anzugreifen, ehe er durch die Hauptmacht verstärkt werden konnte.
Die Mannschaft der Fregatte Niels Juel kurz nach der Schlacht vor
Helgoland.
Am 9. Mai 1864 trafen sich beide Geschwader im Seegebiet vor Helgoland, und es entwickelte sich eine klassische
Seeschlacht mit einem verhältnismäßig kurzen Abstand
zwischen den Gegnern. Nachdem eines der österreichischen Schiffe in Brand geschossen war, zog sich das österreichisch-preußische Geschwader in neutrales Seegebiet
zurück, und der Kampf endete. Später gelang es dem
Geschwader, einen deutschen Hafen zu erreichen.
es zu einem Seegefecht einer kleinen preußischen Flotte aus
den norddeutschen Häfen mit dem dänischen Blockadegeschwader. Es entwickeltes sich ein kleines Gefecht, bei dem
das dänische Geschwader den Versuch einer Brechung der
Blockade zurückweisen konnte; weitere Versuche wurden
preußischerseits danach nicht mehr unternommen.
In Dänemark wurde die Seeschlacht bei Helgoland als ein
Sieg angesehen. Aber obgleich sie eine große moralische Bedeutung entwickelte, änderte sie doch weder an der militärischen noch an der politischen Situation das Geringste. Es
war nicht geglückt, die Vorhut der österreichischen Flotte
zu vernichten, und es blieb unklar, wie lange es dauern
würde, bis die Hauptmacht auftauchen würde.
Im Ersten Schleswigschen Krieg hatte die Handelsblockade
eine gewisse Wirkung gezeigt, inzwischen hatten sich aber
die Voraussetzungen geändert und der Effekt einer Blockade
war deutlich begrenzt – nicht zuletzt durch den Ausbau des
deutschen Eisenbahnnetzes in den Zwischenkriegsjahren.
20
Friedensverhandlungen in London
Am 20. April trat eine internationale Friedenskonferenz in
London zusammen. An ihr nahmen die Großmächte, die
bei der Wiedererrichtung des dänischen Gesamtstaates nach
dem Ersten Schleswigschen Kriege beteiligt waren, teil.
Russland, Großbritannien, Frankreich, Österreich, Preußen, der Deutsche Bund sowie Schweden-Norwegen und
Dänemark. Ziel der Konferenz war es, eine friedlich Lösung
für den Konflikt um Schleswig zu finden. Als Voraussetzung
für die Verhandlungen war ab 12. Mai ein Waffenstillstand
geschlossen worden.
Dieser Vorschlag wurde nach einer erhitzten Debatte im
Staatsrat am 20. Juni von dänischer Seite abgelehnt. Dabei
überließ Staatsminister Monrad die Entscheidung König
Christian IX. und entledigte sich damit der Verantwortung
für die Regierungsgeschäfte. Für den König war die Teilungsidee ein unannehmbarer Gedanke, zudem trauten sich
weder er noch die Politiker der aufgeheizten Stimmung in
der Öffentlichkeit zu trotzen. Mit der dänischen Zurückweisung des Vorschlags für eine Teilung Schleswigs war die
Haderslev
Friedenskonferenz gescheitert. Einige Tage darauf lief der
Waffenstillstand aus, und der letzte Akt begann.
Eine Wiederherstellung des Gesamtstaates wie nach dem
Ersten Schleswigschen Krieg erschien allen Beteiligten als
unrealistisch. Der Idee einer Teilung Schleswigs kam deshalb eine wesentliche Rolle bei den Überlegungen zu. Ein
solcher Vorschlag war bereits 1848 und danach mehrfach
geäußert worden, hatte sich aber in den nationalen Kreisen
Dänemarks ebenso wie bei den europäischen Großmächten
in der Zeit der Reaktion nach 1848 als undenkbar erwiesen.
Auch jetzt wurde der Vorschlag einer Teilung nicht begei­
stert aufgenommen, obgleich Großbritannien und Frankreich ihn befürworteten.
Aabenraa
Sønderborg
Tønder
Haderslev
Flensborg
Aabenraa
Sønderborg
Slesvig
Tønder
Die am Krieg Beteiligten waren in ihren Vorstellungen
weit voneinander entfernt. Während die deutsche Seite
sich dazu bewegen ließ, einem Vorschlag zuzustimmen,
der im Großen und Ganzen der nationalen Trennungslinie
in Schleswig folgte, forderte die dänische Seite eine weit
südlicher liegende Grenze beim Danewerk, das für dänische
Nationalliberale mit vielen nationalen Mythen verbunden
war. Die langwierigen Verhandlungen mündeten schließlich
in einem englischen Vermittlungsvorschlag für eine Grenze,
zwischen dem deutschen und dem dänischen Vorschlag, die
durch ein Schiedsverfahren einer neutralen dritten Macht
festgelegt werden sollte.
Flensborg
Rendsborg
Slesvig
Rendsborg
Kiel
Preußisch-österreichischer Vorschlag für die Teilung Schleswigs.
Inoffizieller preußischer Vorschlag für die Teilung Schleswigs.
Inoffizieller dänischer Vorschlag für die Teilung Schleswigs.
Dänischer Vorschlag für die Teilung Schleswigs.
21
Kiel
Gebrochen und gelähmt: Der Übergang nach Alsen
Nach dem Fall der Düppeler Schanzen war eine weitere
Verteidigung Jütlands militärisch aussichtslos. Die Festung Fredericia wurde deshalb noch Ende April geräumt.
Während des Waffenstillstands fand eine Konzentration des
Heeres auf Fünen und zum Teil auf Seeland statt. Allerdings
blieben geringe Truppenteile auf Alsen und im nördlichen
Jütland stationiert. Es bestand aber keine militärische
Notwendigkeit, diese Gebiete zu verteidigen. Weil die Insel
Alsen das letzte große Gebiet in diesem Krieg um Schleswig
war, das sich noch in dänischer Hand befand, entschied
man sich, die Insel zu verteidigen, es war aber nur eine
Verteidigung mit schwachen Kräften.
In der Nacht zum 29. Juni, wenige Tage nach Ende des
Waffenstillstands, überquerten preußische Truppen den
Alsensund und landeten auf der Insel. Zum einen war die
Eroberung Alsens als letztes schleswigsches Gebiet das Ziel
der Operation, zum anderen sollte dem dänischen Heer eine
weitere große Niederlage zugefügt werden.
Der Angriff wurde von Infanterietruppen in Ruderbooten
durchgeführt, die von einer starken preußischen Artilleriebatterie im Sundewitt unterstützt wurden. Die erste Welle
war schnell auf der Insel und eine erste dänische Verteidigungslinie wurde überrannt. Das Panzerschiff Rolf Krake
war Teil der Verteidigung Alsens und dessen Eingreifen
brachte das Übersetzen preußischer Truppen zum Stillstand.
Allerdings sollte das Schiff gleichzeitig auch die Evakuierung
der dänischen Truppen von Alsen sichern. Diese Aufgabe
schien dem Kapitän schließlich wichtiger und er verließ den
Alsensund, woraufhin die Preußen ihre Truppen ungestört
übersetzen konnten.
Auf Alsen entwickelte sich ein heftiger Kampf, insbesondere
um die Ortschaft Kjär. Die dänischen Truppen zogen sich
schließlich in den südlichen Teil der Insel zurück, von wo
aus sie nach Fünen und Seeland ausgeschifft wurden.
Der Kampf um Alsen führte zu erheblichen Verlusten, und
wiederum war der Verlust von erfahrenen älteren Offizieren
und Unteroffizieren besonders schmerzhaft, da für sie kein
Ersatz bereit stand. Nach dem Kampf um Alsen war die
Kampfkraft des Heeres endgültig erschöpft.
Dänische Soldaten während des Waffenstillstandes auf Alsen.
22
Bald darauf wurden auch die in Jütland verbliebenen dänischen Truppen evakuiert, und der nördliche Rest der Halbinsel wurde von den beiden deutschen Mächten besetzt.
Die letzte Kampfhandlung des Krieges fand bei Lundby,
südlich von Aalborg, am 3. Juli statt, dort entwickelte sich
ein aussichtsloser dänischer Angriff aufgrund verschiedener
Ursachen zu einer Katastrophe. Eine der Ursachen bestand
in der Ausrüstung des preußischen Heeres mit Hinterladergewehren, deren Effektivität zum ersten Mal hier ernsthaft
erkannt wurde.
Seeland ebenso gefährdet waren wie Jütland. Diese Ängste
wurden durch Nachrichten angeheizt, dass sich die österreichische Flotte den dänischen Gewässern näherte.
In Kopenhagen verwandelte sich die erhitzte, übermütige
nationalistische Stimmung in eine tiefe Furcht, verbunden
mit der Forderung nach Frieden. Am 8. Juli entließ der König die nationalliberale Regierung und wenige Tage später
trat eine konservative Regierung mit der Aufgabe an, Friedensverhandlungen mit Preußen und Österreich aufzunehmen. Am 20. Juli wurde ein Waffenstillstand geschlossen.
Der Kampf war zu Ende und die Verhandlungen über die
Bedingungen für einen Frieden begannen.
Der Verlust der Insel Alsen war für die dänische Öffentlichkeit ein Schock. Es war nun klar geworden, dass Fünen und
Der Übergang nach Alsen begann am 29. Juni um 2.00 Uhr nachts. Es sind zahlreiche Boote mit preußischen Truppen auf dem Alsensund
zu erkennen.
23
Zum Statisten degradiert: Der Frieden von Wien
Die Friedensverhandlungen im Herbst 1864 fanden nicht
– wie die Londoner Konferenz im Sommer – in einem neutralen Land statt sondern in Wien. Ausgangspunkt waren
diesmal die preußischen und österreichischen Forderungen.
Die anderen Großmächte mischten sich nicht ein. Vielleicht hatten sie die stillschweigende Hoffnung, dass eine
„deutsche“ Lösung des schleswigschen Problems sich aus
ihrem Blickwinkel als haltbarer erweisen würde, als sich
die „dänische“ erwiesen hatte. Die Hoffnung lautete, dass
das schleswigsche Problem von der europäischen Agenda
verschwinden sollte.
Am 30. Oktober 1864 wurde der Frieden unterzeichnet.
Die Bedingungen waren einfach – und hart: Die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg mussten an die
Sieger abgetreten werden. Die dänische Monarchie verlor
dadurch 2/5 seines Gebietes und 1/3 seiner Bevölkerung.
Aber mit Blick auf die nationale Haltung war der südliche
Teil Schleswigs sowie Holstein und Lauenburg bereits 1848
verloren gewesen, da die Einwohner dieser Gebiet keine
Zusammengehörigkeit mit den Einwohnern des Königreiches mehr fühlten. Was jetzt aber besonders schmerzlich
war, war der Verlust einer großen Zahl von dänischgesinnten Nordschleswigern. Das war eine Wunde, die nicht
heilen sollte.
Die Niederlage führte zu einem bitteren politischen Streit
um Schuld und Verantwortung, und der Verlust Schleswigs traf viele Menschen mit voller Wucht. Aber jenseits
des nationalen und politischen Kampfes seit den 1840er
Jahren stellte der Zusammenbruch des Gesamtstaates für
Viele auch eine Erlösung dar. In hohem Maße hatten die
nationalen Spannungen eine ganze Reihe von politischen,
wirtschaftlichen und sozialen Problemen, die die dänische
Gesellschaft prägten, überschattet. Diese konnten nun auf
die Tagesordnung kommen und sollten dem folgenden
halben Jahrhundert ihren Stempel aufdrücken.
Vier Kriegsteilnehmer vor ihrer Rückkehr als Invaliden fotografiert
in ihren Uniformen.
24
Der dänische Gesamtstaat
Das Königreich Dänemark
1863
1865
Fläche: 60.000 km2
Bevölkerung: 2.500.000
Fläche: 40.000 km2
Bevölkerung: 1.600.000
Durch den Frieden von Wien wurde aus dem multina­
tionalen Gesamtstaat ein dänischer Nationalstaat, von dem
Viele der Meinung waren, dass dieses „Restdänemark“ nicht
überlebensfähig sei. Im Folketing wurde der Friedensvertrag
mit 75 Stimmen angenommen, 20 Abgeordnete stimmten
dagegen. Die Gegner des Vertrages fürchteten, dass die
Abtretung der Herzogtümer zum Todesstoß für Dänemark
werden würde und wollten den Krieg als einen verzweifelten
Existenzkampf wieder aufnehmen. Als der Friedensvertrag
von König Christian IX. im Reichsrat ratifiziert wurde, sagte
er, dass er am liebsten die Krone niederlegen würde.
25
Ein Krieg der Paradoxien
Krieg zu führen, erfordert einen starken Staat, er ist vielleicht aber auch notwendig, um einen Krieg zu vermeiden.
Der Krieg von 1864 ist in vielerlei Hinsicht ein paradoxer Krieg. Der erste Widerspruch bestand darin, dass der
dänische Gesamtstaat nach dem Ersten Schleswigschen
Krieg 1848-51 wiederhergestellt worden war, ohne dass
die grundlegenden Probleme, die zu diesem Krieg geführt
hatten, gelöst waren. Diese Wiederherstellung erfolgte
aufgrund der Vorgaben der Großmächte und mit Blick auf
die Notwendigkeiten für das europäische Staatensystem,
wie es 1815 festgelegt worden war. Das Ergebnis war ein
schwacher Staat, dem es in hohem Maße an Unterstützung
in der Bevölkerung fehlte, dies insbesondere in den Herzogtümern.
Verteidigung. Viele lebten in einer selbstüberschätzenden
Vorstellung des Ersten Schleswigschen Krieges und erkannten dabei nicht die Rolle der Großmächte bei der Wiedererrichtung der dänischen Monarchie 1851.
Dieser Krieg war reich an Widersprüchen. Wenn man nach
dem Krieg dessen Verlauf diskutierte, geschah das vor allem
aus einer von der Niederlage bestimmten Sichtweise, die
auch von vielen geschichtsschreibenden Offizieren fortgesetzt wurde. In dieser Tradition gibt es zwei zentrale Punkte:
Die „kluge“ Räumung des Danewerks und die „unkluge“
Verteidigung Düppels. Beide Auffassungen verdienen eine
Neubewertung.
Es wirkt ebenfalls widersinning, dass die dänische nationalliberale Regierung in den 1860er Jahren zur Eiderpolitik des
Ersten Schleswigschen Krieges zurückkehrte, obgleich sie
1851-1852 mit den Großmächten Absprachen eingegangen
war, dass dies nicht geschehen sollte. Es stellt sich dabei
allerdings die Frage, in welchem Maße dabei eine Wahlmöglichkeit bestand oder eher keine Wahl. Die einzige Alternative hätte eine Teilung Schleswigs dargestellt, dieser Gedanke war aber bei der tonangebenden dänischen öffentlichen
Meinung undenkbar.
Es war auch paradox, dass sich die Regierung entschied oder
sich drängen ließ, eine Außenpolitik zu betreiben, die das
gesamte übrige Europa herausfordern musste, ohne dabei
nüchtern die Möglichkeiten des dänischen Militärs bei
einem Konflikt mit den deutschen Staaten zu bedenken. Es
konnte kaum Zweifel daran geben, dass diese Haltung in
einem Krieg enden würde, aber ebenso wenig gab es eine
klare Vorstellung vom schwachen Zustand der dänischen
Die Räumung des Danewerks kann als überaus paradox
bezeichnet werden. Seit dem Beginn der 1860er Jahre wurde ein unverhältnismäßig großer Teil der sehr begrenzten
Ressourcen darauf verwandt, dort eine Frontalverteidigung
vorzubereiten. Insbesondere liegt der Widerspruch in einem
katastrophalen Mangel im gegenseitigen Verstehen von
politischer und militärischer Ebene – zwischen der nationalliberalen Regierung und dem überwiegend konservativ und
gesamtstaatlich geprägten Offizierskorps. Die befehlshabenden Offiziere verstanden die mythische Bedeutung dieser
Stellung sowie die symbolische Bedeutung einer Verteidigung Schleswigs kaum. Und die nationalliberalen Politiker
verstanden nicht, welcher militärischen Begrenzung die
Danewerkstellung unterlag.
Entsprechende Widersprüche betreffen auch die Verteidigung von Düppel. Hier wird oft die Kritik erhoben, dass
die Verteidigung fortgesetzt wurde, obgleich sie militärisch
aussichtslos war.
26
Gleiches kann im Grunde über den gesamten Krieg gesagt
werden. 1864 war in vielfacher Hinsicht ein Nicht-Krieg;
stattdessen ein endloser Rückzug und eine Reihe von freiwilligen Räumungen: Danewerk, Kolding, Fredericia und
der lange Rückzug nach Jütland hinauf. Aber der Kampf
um Düppel war unausweichlich. Das Bewusstsein von der
Kampfbereitschaft und der Pflichterfüllung des dänischen
Heeres wider jegliche Gewinnchance war für viele Dänen
nach dem Krieg eine feste Größe, nicht zuletzt im dann
preußisch gewordenen Nordschleswig.
Immer noch wird darüber diskutiert, welche militärische
Bedeutung der dänische Widerstand während der deutschen
Besetzung 1940-45 hatte, dabei ist es zweifellos wichtiger,
die politische und symbolische Bedeutung des Widerstandskampfes zu betrachten. Ähnlich verhält es sich mit dem
Krieg von 1864. Dort war es die Verteidigung von Düppel,
der von Zeitgenossen und von der Nachwelt eine politische
und symbolische Bedeutung beigemessen wurde, die in die
kollektive Erinnerung eingegangen ist.
Niels Simonsen: Infanteristen retten bei ihrem Rückzug vom Danewerk eine Kanone. 1865.
27
Düppel, Königgrätz und Sedan
Die Sieger des Krieges von 1864, Preußen und Österreich,
verwalteten im ersten Jahr die Herzogtümer gemeinsam.
Aber schon bald sollte es zwischen den beiden Staaten zu
einer Entscheidung kommen, da beide die Führungsposition in Deutschland anstrebten. Das führte 1866 zu einem Krieg, der nur einige Wochen dauerte und durch den
preußischen Sieg bei Königgrätz im Juli 1866 entschieden
wurde. Österreich musste seine Rechte an den Herzogtümern an Preußen abgeben, dieser Friedensschluss, der in
Prag geschlossen wurde, enthielt den § 5, vergl. dazu
S. 29.
Preußens Position innerhalb der deutschen Staaten war
damit sehr gestärkt, während Österreich völlig hinausgedrängt war. Gleichzeitig damit wuchs ein stärker werdender Gegensatz zu Frankreich. Das führte 1870-1871 zu
einem deutsch-französischen Krieg, der mit der Niederlage Frankreichs in der Schlacht von Sedan im September
1870 endete. Der Friedensvertrag wurde im Januar 1871
unterzeichnet und daraufhin wurde das deutsche Kaiserreich im Schloss von Versailles proklamiert.
Die drei kurzen Kriege, 1864, 1866 und 1870-71, ließen
aus den vielen deutschen Staaten ein Kaiserreich mit dem
preußischen König als Kaiser und Berlin als Hauptstadt
entstehen. Die Erinnerung wurde in Denkmalen wie
der Siegessäule in Berlin festgehalten, ebenso in Gedichten und Schlagworten, wie dem aus einem deutschen
Schulbuch von 1914: „Ohne Düppel kein Königgrätz,
ohne Königgrätz kein Sedan, ohne Sedan kein Deutsches
Kaiserreich“
Die Siegessäule in Berlin wurde 1873 zur Erinnerung an die drei
Kriege errichtet, die zum deutschen Kaiserreich führten. Auf ihrer
Spitze steht die Siegesgöttin.
28
Das verlorene Land
Die regionale schleswigsche Identität, die bei Vielen vorhanden gewesen war, verschwand schnell. Die nationale Einheit
ersetzte das regionale Zugehörigkeitsgefühl. Man war jetzt
entweder dänischgesinnt oder deutschgesinnt, nicht mehr
nur Schleswiger.
Der Friedensvertrag von 1866 zwischen Preußen und
Österreich enthielt auf französische Initiative eine Bestimmung, der zufolge die nördlichen Distrikte von Schleswig
abgetreten werden sollten, wenn eine Mehrheit sich dafür
entschied; dies war der berühmte § 5. Diese Zusage führte
dazu, dass die dänisch-schleswigsche Bewegung die Vorstellung einer Teilung Schleswigs zu akzeptieren begann, was
ihr die Hoffnung auf eine glücklichere Zukunft bescherte.
Obgleich der § 5 im Jahr 1878 von Preußen und Österreich
gestrichen wurde, betrachteten die dänischgesinnten Schleswiger ihn weiterhin als einen feststehenden Rechtsanspruch.
Nordschleswigs dienen. Das Problem wurde erst 1907 in
der Optantenkonvention gelöst, durch die die staatenlosen
Optantenkinder die Möglichkeit erhielten, die deutsche
Staatsbürgerschaft zu erwerben und damit die bürgerlichen
Rechte, wie z.B. das Wahlrecht, bekamen. Die Optantenkonvention stärkte die dänische Seite in Nordschleswig,
im Gegenzug musste Dänemark die Aufhebung des § 5
anerkennen.
Die erste Wahl zum Norddeutschen Bundestag 1867 zeigte
eine deutliche dänische Mehrheit in Nordschleswig und
Flensburg. In Flensburg ging die dänische Mehrheit in
den 1880er Jahren verloren, sie blieb aber im nördlichen
Schleswig bestehen. Nach dem Ersten Weltkrieg bot sich
die Möglichkeit für eine Volksabstimmung, bei der 75 %
der Nordschleswiger für eine Eingliederung in Dänemark
stimmten.
1871 wurde Schleswig gemeinsam mit Holstein als Provinz
in Preußen eingegliedert. Im überwiegend dänischgesinnten Nordschleswig war insbesondere die Einführung der
dreijährigen preußischen Wehrpflicht unbeliebt, und Viele
wanderten aus, um der Wehrpflicht zu entgehen.
Nordschleswiger im Ersten Weltkrieg
Laut Friedensvertrag von 1864 konnten die Einwohner
Schleswigs optieren, d.h. sich bis 1870 für die dänische
Staatsbürgerschaft entscheiden, dabei aber ihren Wohnsitz
in Schleswig beibehalten. Ca. 25.000 entschieden sich zu
optieren, aber als Optanten mussten sie sich politisch und
national passiv verhalten, um nicht ausgewiesen zu werden,
ihre Kinder wurden keine deutschen Staatsbürger, sondern als Staatenlose geführt. Eine harte und willkürliche
Behandlung der Optanten sollte einer „Eindeutschung“
Die Kriegsniederlage von 1864 führte dazu, dass alle
Einwohner Schleswigs, seit 1907 auch die Optanten
bzw. Optantenkinder, deutsche Staatsbürger geworden
waren. Im Ersten Weltkrieg wurden in Nordschleswig
ca. 30.000 Männer einberufen. Von diesen sind ca.
5.300 gefallen und 4.000 wurden zu Invaliden. Dieser
Verlust entspricht in etwa den gesamten dänischen Verlusten im Krieg von 1864.
29
Was nach außen verloren wurde, soll im Innern gewonnen werden
Der Krieg von 1864 sollte deutliche Spuren für den jungen
dänischen Nationalstaat mit sich bringen, sowohl in der
der Außen- wie in der Innenpolitik als auch im nationalen
Selbstverständnis. Auf Beschluss des Reichstages wurde eine
parlamentarische Kommission eingesetzt, um den Kriegsverlauf zu untersuchen und Antworten zu finden, aber sie
konnte sich auf kein Ergebnis einigen. Dies war einer der
Gründe dafür, dass man in den folgenden Jahrzehnten
über die Interpretation der Kriegsereignisse ebenso streiten
konnte, wie um die Frage, wo die Verantwortung für diese
Katastrophe lag.
einen selbstbewussten dänischen Nationalismus als auch
eine stille, selbstverliebte Strömung. Beiden gemeinsam
war die Vorstellung des starken und unüberwindlichen
Deutschen im Süden, der bereit stand, um das Dänische zu
verschlucken. Deshalb waren sich Regierung und öffentliche
Meinung vollständig darin einig, mit Deutschland keine
Verträge einzugehen, da dies die Möglichkeit zur Einmischung in innere dänische Angelegenheiten bieten würde.
Die nordschleswigsche Frage war ein stets präsentes Thema
in der öffentlichen Debatte, was dazu führte, dass bewusst
und unbewusst die regionalen Unterschiede verdrängt
wurden. Eine der Folgewirkungen des Krieges von 1864 war
somit ein Dänemark mit Schwerpunkt in Kopenhagen.
Der Verlust Schleswigs und einer großen Zahl dänischgesinnter Nordschleswiger wurde als ausgesprochen schwer
empfunden, und viele Dänen hofften, Schleswig durch ein
Bündnis mit Frankreich wiedergewinnen zu können. Aber
mit der französischen Niederlage im deutsch-französischen
Krieg von 1870-1871 verlor Dänemark seinen einzigen
Bündnispartner. Die dänische Seite antwortete auf diese
Situation mit einem neuen Verteidigungskonzept, das sich
auf die Verteidigung rund um das mit neuen Befestigungen
versehene Kopenhagen konzentrierte, das von Vielen als die
entscheidende Stadt des zentralisierten dänischen Staates
betrachtet wurde. Die Befestigung Kopenhagens erfolgte
zwischen 1885 und 1894 und war von Beginn an eine
politisch umstrittene Anlage. Von vielen Seiten wurde die
Befestigung als ein Teil einer revanchistischen, dänischen
Politik angesehen; sie blieb allerdings bis nach dem Ersten
Weltkrieg ein wesentlicher Eckstein der dänischen Verteidigungskonzeption.
Innenpolitisch war der zentrale Streitpunkt unmittelbar
vom Krieg bestimmt, nämlich die Verfassungsfrage. Die beiden Grundgesetze, das Junigrundgesetz von 1849, das sich
nur auf das Königreich bezog, und die Novemberverfassung
von 1863, die auch das verlorene Schleswig einschloss,
mussten zu einer Verfassung zusammengeführt werden. Im
Sommer 1864 begann die Debatte um ein neues Grundgesetz. Die große Frage war, ob das freie und gleiche Wahlrecht bewahrt werden konnte. Viele Konservative waren der
Meinung, dass der Krieg und sein unglücklicher Ausgang
vor allem dem gescheiterten politischen System zuzuschreiben sei und dass das liberale Grundgesetz von 1849 den
Weg für eine verantwortungslose Haltung geöffnet habe,
mit der eine rückgratlose Regierung in die Katastrophe getrieben worden sei. Es kam zu einem langanhaltenden und
bitteren Verfassungskonflikt, der 1866 mit einem „revidierten“ Grundgesetz begann, das sicherstellte, dass im Landsting (dem Oberhaus) immer eine konservative Mehrheit
gesichert sein sollte. Da das Folketing (das Unterhaus) seit
1872 eine Mehrheit der bäuerlich-liberalen Venstre-Partei
Der Krieg von 1864 trug dazu bei, die Vorstellung von
der deutschen Nation als aggressiv und unterdrückend zu
verstärken und zu zementieren. Bis 1914 gab es sowohl
30
aufwies, entwickelte sich ein festgefahrener Konflikt. Er
wurde erst mit dem sogenannten „Systemwechsel“ 1901
gelöst, bei dem die Partei, die die Mehrheit im Folketing
stellte, mit der Regierungsbildung beauftragt wurde.
Diese Entwicklung entstand aus zwei Voraussetzungen,
zum einen dem generellen wirtschaftlichen Fortschritt und
zum anderen einer Bevölkerung, die sich darauf eingestellt
hatte, dass sie überleben wollte und dass dieses Überleben
einem Zweck diente. Die Kriegsniederlage trug dazu bei,
vom Volk getragene Bewegungen in Gang zu setzen, die für
den Wiederaufstieg eintraten. Es kam zu einer Wiedergeburt von Volksbewegungen in Dänemark im letzten Drittel
des 19. Jahrhunderts. Viele Ursachen wirkten gemeinsam
darauf hin, dass es zu Veränderung innerhalb der dänischen
Bevölkerung kam, dazu gehörten die Volkshochschulen, das
Genossenschaftswesen, Schützen- und Sportvereine, Aufforstungsgesellschaften, Heidekolonisation, Arbeiterbewegung,
Lesevereine und eine Frauenbewegung. Ein Teil dieser Bewegungen hatte bereits vor 1864 ihren Anfang genommen,
andere entstanden erst in den 1870er Jahren, gemeinsam
erreichten sie den hohen Grad einer aus der Bevölkerung
selbst erwachsenen Bürgerbeteiligung, die zu einem wichtigen Teil der dänischen Kultur geworden ist.
Erst das Grundgesetz von 1915, das für Landsting und
Folketing gleiches Wahlrecht einführte, stellte den tatsächlichen Durchbruch der Demokratie dar.
Wirtschaftlich wurde der Krieg trotz seiner großen Kosten
schneller überwunden. Bereits 1865 hatte der Wert der
dänischen Staatsanleihen wieder die gleiche Höhe wie 1863.
Das Ende des Gesamtstaates führte zugleich ökonomisch
zu einem Wachstum, aber auch zu einer stärkeren Zentralisierung. Für die dänischen Unternehmen war es schwierig
gewesen, mit der höher entwickelten Industrie der Herzogtümer zu konkurrieren, die nunmehr jenseits der Grenze,
die auch Zollgrenze war, lag. Der dänische Handel mit dem
Ausland hatte zu Beginn der 1870er Jahre den gleichen
Umfang, den der Handel des Gesamtstaates 1860 hatte.
Die Verbindung zwischen Kopenhagen und Jütland wurde
durch den Ausbau des Eisenbahnnetzes gestärkt und gleichzeitig war der Einfluss Hamburgs auf die dänische Wirtschaft stark eingeschränkt. 1868 wurde mit dem Bau eines
Hafens in Esbjerg begonnen, mit dem der landwirtschaftliche Export nach England gestärkt werden konnte. Alle Telegrafenverbindungen nach Dänemark waren über Hamburg
gelaufen. Jetzt wurde eine dänische Telegrafengesellschaft
gegründet, der es gelang, einen großen Teil des nordeuropäischen Telegrafenverkehrs über Dänemark zu leiten, dieses
Unternehmen wurde darüber hinaus weltumspannend.
Ein bedeutender Teil des territorialen Verlustes konnte
überwunden werden. Die Heidekolonisation, die man bereits seit Jahrzehnten betrieben hatte, wurde zur nationalen
Aufgabe. Bis 1914 wurden Heidegebiete in Jütland in einem
Umfang von 4.000 km² landwirtschaftlich erschlossen – ein
Gebiet, das der Größe Nordschleswigs entsprach.
31
Der Hafen von Esbjerg 1874.
Der Krieg in der Bildkunst
Vor der Zeit der Fotografie wurde die Historienmalerei als
eines der vornehmsten Genres der Bildkunst angesehen.
Zeitweise hatten die Gemälde nahezu den Charakter der
offiziellen Geschichtsdarstellung angenommen. Dadurch
war eine belehrende und verherrlichende Tendenz vorgegeben. Aus dem Ersten Schleswigschen Krieg 1848-1851
gibt es zahlreiche Bilder von Schlachten, die als große Siege
dargestellt werden. Aus dem Zweiten Schleswigschen Krieg
1864 gibt es deutlich weniger Historiengemälde, da sich die
Maler schwer taten, in der Niederlage eine Inspiration zu
finden.
Illustreret Tidende – Die illustrierte Zeitschrift, die seit
1859 mit einer Fülle von Lesestoff und Bildmaterial erschien, zeigte mehrere Hundert Holzschnitte des Krieges,
die nach Zeichnungen von Künstlern hergestellt wurden,
die auf den Kriegsschauplätzen waren. Das waren die Pressebilder jener Zeit, bei denen die Ereignisse nur ein paar Wochen, nachdem sie stattgefunden hatten, im Bild dargestellt
werden konnten.
Eines der berühmtesten Historiengemälde des Kriegs wurde
bereits 1864-1865 von Niels Simonsen gemalt. Es ist ein
in Grautönen gehaltenes Bild von Infanteristen, die beim
Rückzug vom Danewerk eine Feldkanone retten (S. 27).
Der Gegenangriff der Achten Brigade. 1894.
32
Es wurde ausgesprochen berühmt und in zahlreichen Reproduktionen wiedergegeben. Die dänischen Landsoldaten
nehmen auf diesem Bild einen verwundeten Kameraden
auf der Lafette mit. Simonsen hat ein weiteres Gemälde in
Grautönen vom Rückzug nach dem Gefecht bei Sankelmark geschaffen. Dieses Bild war von Hoffnungslosigkeit
geprägt und wurde deshalb nicht für die Wohnstuben
reproduziert.
Jørgen Sonne, der ebenso wie Simonsen ein ausgesprochen
produktiver Maler im Ersten Schleswigschen Krieg war,
schuf nur ein einziges Bild zum Zweiten Schleswigschen
Krieg (siehe Umschlag). Das Gemälde zeigt Düppel Anfang
April 1864 mit teilweise zerschossenen Schanzen, einem
gefallenen Offizier im Vordergrund und den andauernden Granatbeschuss im Hintergrund. Dies spiegelt eine
verzweifelte Situation und eine aussichtslose Verteidigung
wider. Das Bild wurde deshalb nicht sehr bekannt.
1878 wurde das Nationalhistorische Museum im Schloss
Frederiksborg gegründet. Wesentliche Aufgabe war, eine
Heimstatt für die Erinnerungsstücke der „vaterländischen
Geschichte“ zu schaffen, einen historischen Sinn zu stiften
und ein Selbstgefühl zu stärken, „nach dem es ein kleines
Volk wie das unsere in so hohem Maße drängt.“ Historiengemälde mit heroischem Pinselstrich und monumentale
Porträts hervorragender Offiziere dienten dabei als wichtige
Mittel. Nun befand man sich bei der Museumsgründung
in einem so langen Abstand zur Wirklichkeit des Krieges, dass Mannesmut und Todesverachtung inmitten der
unumgänglichen Niederlage zu populären Motiven werden
konnten. Ein vielfach veröffentlichtes Beispiel hierfür
ist Vilhelm Rosenstand: „Der Gegenangriff der Achten
Brigade“, entstanden 1894 und immer noch das meistveröffentlichte Bild des Krieges. Das Bild hat sich in die
heroische Darstellung der Ereignisse um 1864 eingebrannt
und hat die Vorstellung des Sturms von Düppel durch viele
Generationen hindurch geprägt.
Martin Bigum: National Retreat. 1996.
Gut hundert Jahre danach, 1996, hat Martin Bigum eine
Umschreibung dieses Motivs mit dem Titel „National
Retreat“ gemalt. Es zeigt dänische Soldaten auf dem Balkan
in den 1990er Jahren bei einem Rückzug. Das Motiv
beschreibt die gleiche Todesverachtung wir Rosenstands
Bild, es fehlt ihm aber vollständig der Heroismus. Es ist ein
indirekter Kommentar zu der offiziellen Darstellung, dass
Dänemark mit seiner Teilnahme am Balkankrieg aus dem
„Schatten von 1864“ getreten sei. Das Bild spiegelt die aus
der Niederlage erwachsene Darstellung wider, die bis heute
die dominierende, wenn auch nicht die alleinbestimmende
ist. Historiengemälde geben ein zuvor geschehenes Ereignis
wider – das von einem künstlerischen Temperament und
oftmals in der Interpretation der Gegenwart dargestellt
wird.
33
Der Krieg in der Dichtung
Der Krieg ist nur in wenigen Romanen Thema, von denen
Hermann Bangs Tine, erschienen 1889, der bekannteste
ist. In ihm werden die verbreitete militärische Selbstüberschätzung innerhalb der Bürgerschaft und die ungläubige
Reaktion bei der Meldung vom Rückzug des dänischen
Heeres vom Danewerk beschrieben. Eher geschieht es in
der Dichtung, dass der Krieg beschrieben und interpretiert
wird. Wir treffen dabei auf unterschiedliche Stimmungen
– im Kriegsjahr selbst gibt es sowohl aufmunternde Moritaten als auch selbstverachtende und gehässige Lyrik. In
den folgenden Jahrzehnten erscheinen Gedichte, die zum
Wiederaufstieg des dänischen Volkes und die Beharrlichkeit
der dänischgesinnten Nordschleswiger beitragen.
Jetzt ist die Axt an die Wurzel von Dänemarks
altem Volksstamm gelegt,
und des Feindes Übermacht hat entschieden,
wo die Schärfe treffen soll;
den jütischen Zweig, der schattenspendend
hinunter bis zu Schlei und Treene reichte,
will man als Kleinholz
in deutsche Öfen werfen.
Carl Ploug 1864
Plötzlich von der Schlacht getroffen und hart zu Boden geworfen,
Niemals hat Jens Angst gespürt, doch es waren zu viele;
liegst du, unsere alte Mutter, gebrochen und gelähmt,
besser ist es, sich zurückzuziehen, als sich zu ergeben …
hast Du noch anderes im Sinn als „Leid und Erniedrigung“,
Dein Blut hast Du nicht geschont, als Düppel Du verteidigt dann, Dänemark, verkünde mir Dein Zukunftsziel …
hast.
„Jünglinge in Rüstung, Knaben in Stahl gekleidet,
Lange genug hast Du dort gelegen, um Dir Nachruhm zu Männer mit starken Herzen, das ist Dänemarks Ziel …
erwerben.
Das Schleswigland wiedergewonnen, das ist
Niederlage ist oft ein Sieg, diese Gewissheit kennt ein jeder
des Kampfes Ziel!“
Mann im Lande,
Fr. Paludan Müller 1864
Du hast stolz gekämpft,
Deine Tugend ist bekannt und wird von jeder Nation geehrt.
Wilhelm Rantzau 1864
Däne! Dein Volk gehört zu den Kleinen,
Nun verblasst endgültig unsere letzte Hoffnung,
deshalb müssen wir die Grenzen schützen,
tief steht nun unser Stern;
in Schule und Kirche,
und Dänemark geht es wie dem biblischen Hiob,
nach Süd und Nord,
es pflegt seine Wunden,
mit Gottes und des Volkes Wort
die Freunde sammeln sich um uns und sehen Wunde an
errichten wir ein Danewerk.
Wunde,
N.F.S. Grundtvig 1868
sie trösten uns so trübsinnig: „ Es ist Deine eigene Schuld!“
Chr. Richardt 1864
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Unsere Hoffnung ist nicht auf große Reden
und große Lügen begründet,
ihr liegt eine Wahrheit zugrunde, eine einfache und klare,
die lebendig und geschützt ruht und
aus der Niederlage geboren war,
vermählt im Waffengeklirr
und genährt von Dänemarks Not.
Unsere Hoffnung richten wir nicht
auf Kanonen und Bajonette,
und auch nicht auf das, was wir selbst ausrichten können
oder was die Großmächte wollen.
Die Hoffnung ist, dass Dänemarks Land,
soweit die dänische Zunge reicht,
bestehen kann als Grenze des geeinten Nordens.
Mads Hansen 1870
Söhne der Geschlagenen seht, Ihr steht auf Mutterboden!
Tot ist die betrogene, glücklose Schar.
Gastfrei öffnet Dänemarks junges grünes Land
die Arme für den starken, frohgesinnten Mann.
Schon seit Gorm dem Alten bis zum heutigen Tag
kamen wir gern zusammen … Ja, auch in der Niederlage!
Dieses gilt es zu erinnern mit geballter Faust
aber vorwärts schauend in einem anderen Geist.
Geläutert durch Gebete an einen tauben Gott,
wollen wir öffnen, verbreiten, vergessen und auslöschen.
Jugend muss handeln ohne Tradition,
ohne einen falschen Wechsel auf eine tote Nation.
…
Fort ist die kranke, glücklose Schar –
Söhne der Geschlagenen seht, Ihr steht auf Mutterboden
Johs. V. Jensen 1906
Vor kurzem hat es geregnet,
ein stürmischer Wind hat unseren Wald getroffen,
Samen von Unkraut kamen über die Hecke.
Das Joch im Nacken und das Schloss vor dem Mund.
Der Jahresverlauf folgt seinen Gesetzen und es wurde wieder hell in unserem Wald,
ach, es dauerte nur kurz, dass der Sturm uns alles raubte
Es klingt wie ein Märchen, eine Sage aus alter Zeit:
Eine geraubte Tochter, zutiefst beweint, kehrt gerettet heim!
Wahr wird, was in unseren Gedanken wie ein Traumbild schien:
Im Sommer weht der Danebrog wieder über Düppels Höh!
Henrik Pontoppidan 1918
…
Und sie glaubten, dass das Band der Herzen reißen kann,
und sie glaubten, dass unser Recht vergessen werden kann;
sie sollen wissen, dass sie nie die Letzten sehen werden,
sie sollen wissen, dass Niemand müde wird.
Denn siehe, wie auch die Jahre vergehen, das Band, es hält,
Kräfte wurden aus schwindenden Kräften neu geboren.
Johan Ottosen 1890
Das getrennte Volk ist in der großen Schicksalsstunde wieder zusammengewachsen.
Eins ist der Stamm, eins sind die Flammen,
eins ist die Freude in unserem Land.
Aus dem Winter kommt das Frühjahr hervor.
Geheilt ist unser alter Schmerz,
geschlossen ist Dänemarks offene Wunde
Die Wellen der trauerumflorten Königsau
sollen jetzt wieder froh durch die Wiesen gehen.
Helge Rode 1921
35
Denkmale des Krieges
Es ist schwerer Denkmale für eine Niederlage als für einen
Sieg zu schaffen. Deshalb wurde kein dänisches Denkmal
für den Krieg von 1864 errichtet, obgleich es für die dänische Geschichte ein Ereignis von entscheidender Bedeutung
war. Von deutscher Seite wurde der Sieg mit der Errichtung zweier großer Siegesdenkmale auf Düppel und auf
Alsen gefeiert, die 1872 nach der Gründung des deutschen
Kaiserreichs eingeweiht wurden. Der Sieg wurde als der
erste in der Reihe auf dem Weg zur Einigung der deutschen
Staaten zu einem Reich interpretiert. Das kommt vor allem
in der Siegessäule in Berlin (S. 28) zum Ausdruck, auf der
sich Reliefs mit Szenen der drei siegreichen Kriege, darunter
dem Sturm auf Düppel befinden.
Zum dänischen Denkmal für die Kämpfe bei Düppel wurde
die weiße Windmühle mitten auf dem Schlachtfeld. Bei
der Belagerung war sie in Schutt und Asche gelegt worden.
Die Wiedererrichtung der Mühle und die ausdrückliche
dänische Gesinnung der Müllerfamilie wurden u.a. zum
Symbol für die Beharrlichkeit und Treue der dänischgesinnten Nordschleswiger zu Dänemark. Sowohl im nördlichen
als auch im südlichen Schleswig wurden von der örtlichen
Bevölkerung Gedenksteine auf viele Soldatengräber auf
den Friedhöfen und in der Landschaft gesetzt, u.a. auf der
Büffelkoppel bei Düppel.
In Kopenhagen waren für vier Generäle und zwei Kriegsminister des Ersten Schleswigschen Krieges Denkmale errichtet worden, dem gegenüber ist der Zweite Schleswigsche
Krieg im Stadtbild so gut wie nicht sichtbar. Das einzige,
große Denkmal zu 1864 ist eine Büste von Vizeadmiral
Suenson, der die Seeschlacht bei Helgoland befehligte, die
als dänischer Sieg betrachtet wird.
Besucher des Schlachtfeldes vor dem Düppel-Denkmal. Ca. 1910.
36
Im Gegensatz dazu stehen die in den Kirchen ganz Dänemarks aufgehängten Gedenktafeln mit den Namen der
Gefallenen der Gemeinde, hier stehen die Gefallenen der
beiden Schleswigschen Kriege nebeneinander. 1914 war
der Krieg von 1864 inzwischen so fern, dass ein pompöses
Denkmal bei Lundby, südlich von Aalborg errichtet werden
konnte, wo der letzte und unglücklichste Kampf jenes Krieges stattfand.
Der Einsatz der einfachen dänischen Soldaten wurde weder
mit Monumenten noch mit Tapferkeitsmedaillen belohnt.
Sie hatten unter äußerst schwierigen Umständen ins Feld
ziehen müssen, und als der Krieg vorbei war, entschieden
sich die meisten Regimenter dafür, auf Umwegen oder im
Dunkel der Nacht in die Garnisonen zurückzukehren, um
dem Spott der Bevölkerung zu entgehen. Die Pensionen für
die Hinterbliebenen und die Kriegsinvaliden waren bescheiden, und den Veteranen wurde längst nicht die Achtung
zuteil, die ihre Vorgänger von 1848-1850 genossen hatten.
Erst 1877 konnten die Kriegsteilnehmer – nach einem gebührendem Antrag – eine Bronzemedaille als Anerkennung
erhalten.
Nach der Volksabstimmung und Eingliederung Nordschleswigs 1920 sahen viele Dänen einen Bedarf für die Veränderung der Kulturlandschaft auf der Düppeler Höhe und auf
Alsen, die bis dahin von vielen deutschen Gedenksteinen
und Denkmalen geprägt war. Deshalb wurden auf dänische
Initiative 110 Gedenksteine errichtet, die die Namen von
140 gefallenen Dänen trugen, von diesen waren nur drei
einfache Soldaten. Nach der Befreiung Dänemarks 1945
wurden die beiden großen deutschen Siegesdenkmale auf
Düppel und bei Arnkiel auf Alsen von unbekannten Tätern
gesprengt, eine Reihe anderer deutscher Denkmale wurden
beschädigt.
Ein Besuch auf dem Schlachtfeld in den 1930er Jahren.
Vorschläge für ein gemeinsames deutsch-dänisches Denkmal
zum Krieg von 1864 wurden mehrfach vorgelegt, sie trafen
aber immer auf erheblichen Widerstand dänischer Kreise.
37
Der Krieg als Erinnerungsort
Der Begriff Erinnerungsort kann sowohl konkret als auch
abstrakt verstanden werden. Es kann sich um einen Ort,
eine Zeremonie, ein Ereignis oder ein Datum handeln, mit
der sich eine Interpretation der Geschichte verbinden lässt.
Erinnerungsorte berichten oftmals von historischen Ereignissen oder Vorstellungen, die mit der nationalen Gemeinschaft verbunden sind. Es handelt sich dabei nicht alleine
darum, woran erinnert wird, sondern vielmehr darum,
warum und auf welche Weise diese Erinnerung inszeniert
wird und wer aktiv daran beteiligt ist. Die Schleswigschen
Kriege waren Anlass zur Schaffung einer Reihe konkreter
Erinnerungsorte und offizieller Gedenktage.
Der Krieg von 1864 wurde in Dänemark 150 Jahre lang
mit jährlich wiederkehrenden Gedenkveranstaltungen und
–ritualen begangen sowie mit Jubiläumsveranstaltungen
alle 25 Jahre – 1939 allerdings nur in sehr bescheidenem
Umfang. Grund für das Beharren an einer Erinnerungskultur für den Krieg von 1864 war vor allem, dass es bis 2001
der letzte Krieg war, an dem Dänemark aktiv beteiligt war.
Im Ersten Weltkrieg war das Land neutral, und im Zweiten
Weltkrieg kapitulierte die dänische Regierung nach einem
Kampf von wenigen Stunden. Somit ist der Krieg von 1864
für Viele zum Symbol für die Bereitwilligkeit geworden, das
Vaterland und das Volk zu verteidigen, wenn sich ein Feind
nähert.
Diese Haltung kommt bei den Zusammenkünften und
Kranzniederlegungen anlässlich der Daten und an den
Orten zum Ausdruck, die an die blutige Kämpfe von 1864
erinnern: 6. Februar bei Oeversee, 22. Februar bei der Büffelkoppel, 18. April auf der Düppeler Höhe und zugleich
auf dem Garnisonsfriedhof in Kopenhagen, 9. Mai auf dem
Holmen-Friedhof in Kopenhagen, 29. Juni beim Übergang
nach Alsen und schließlich 3. Juli bei Lundby in Himmerland. Auf deutscher Seite wird der 3. Februar auf dem
Friedhof Haddeby und dem Königshügel, der 6. Februar
und der 18. April ebenfalls als Gedenktag begangen.
Der Vorsitzende der dänischen Minderheit in Südschleswig gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Stammkomitees von 1864 bei
der Kranzniederlegung am ”Denkmal am Walde” bei Oeversee für
österreichische Gefallene. 2011.
38
Seit Februar 1865 findet jährlich ein Gedenkmarsch von
Flensburg nach Oeversee statt, Dabei handelte es sich um
eine deutsch-patriotische Feier zum Sieg einer österreichischen Brigade über die Dänen, die vom Stammkomitee
von 1864 veranstaltet wird. Nach den Bonn-Kopenhagener
Erklärungen von 1955 ( S. 43) finden sich in den Festreden
versöhnlichere Töne. 1963 äußerten die Veranstalter erstmals den Wunsch, den Gedenkmarsch von Deutschen und
Dänen gemeinsam vorzubereiten. Das wurde von dänischer
Seite damals deutlich zurückgewiesen und konnte erst 40
Jahre später realisiert werden. 2003 kam es zu einer offiziellen dänischen Teilnahme, und seit 2004 ist der Oeverseemarsch eine gemeinsame deutsch-dänische Veranstaltung.
In Reden und bei der Liedauswahl wird dabei die Gemeinsamkeit im Grenzland trotz unterschiedlicher nationaler
Identitäten betont.
Die markanten Änderungen in der Gedenkkultur des Krieges von 1864 zeigen, dass Erinnerungsorte uminterpretiert
werden können und ihnen eine neue Bedeutung weit jenseits der Ereignisse, an die erinnert wird, beigelegt werden
kann. Es sind jeweils die Notwendigkeiten der Gegenwart,
die darüber bestimmen, auf welche ausgewählten Teile der
Geschichte der Blickwinkel ruhen soll.
Das Schlachtfeld von Düppel ist ein Erinnerungsort für
Deutsche wie für Dänen. Bei offiziellen Zeremonien von
1865 bis zum Jahr 2001 legte jede Nation am 18. April
Kränze und Blumen an den jeweils eigenen Denkmalen
und Soldatengräbern nieder, während man an denen der
Gegner schweigend vorbeiging. Bis 1914 wurde diese
Zeremonie vom preußischen Heer gepflegt, nach 1920
vom dänischen Heer. Die Gedenkveranstaltung hatte früher
eine eindeutig dänisch-patriotische Prägung. Im Jahr 2002
lud man zu einer deutschen Teilnahme ein, und seitdem
werden Kränze an allen Soldatengräbern niedergelegt. In
den Reden wird – ebenso wie bei der Veranstaltung in
Oeversee – die heutige positive Zusammenarbeit im
Grenzland betont. Danach marschieren die dänischen und
deutschen Soldaten gemeinsam von Düppel nach
Sonderburg und dort durch die Stadt. Am Abend
finden jedes Jahr zwei dänische Zusammenkünfte statt,
ein Gedenkgottesdienst in der Marienkirche und eine
festliche Gedenkveranstaltung mit Musik und Gesang
in der Sonderburger Kaserne mit zwischen 400 und 500
Teilnehmern.
Ein dänischer und ein deutscher Soldat bei der gemeinsamen
Kranzniederlegung am Gemeinschaftsgrab auf Düppel. 2005.
39
Der Krieg der Mythen
Der Krieg von 1864 ist ein in höchstem Grad von Mythen besetzter Krieg. Auf Dänisch hat der Begriff Mythos
zwei recht unterschiedliche Bedeutungen: Die eine ist eine
nachweisbare Unwahrheit, an die aber Viele glauben. Die
andere Bedeutung ist eine wertvolle Darstellung, die dazu
dient, eine Erinnerungsgemeinschaft zu begründen. An den
Krieg von 1864 knüpfen sich Mythen von beiden Arten,
die sich dabei oftmals überlappen. Insbesondere dienten die
wertvollen Mythen dazu, den geistigen Wiederaufstieg nach
der Niederlage zu stärken, sie haben auch den Weg in die
Geschichtsschreibung gefunden.
ladergewehren ausgerüstet waren, während die preußischen
über Hinterlader verfügten. Das stimmt aber nicht. Die
dänischen Soldaten waren ebenso wie die österreichischen
mit Vorderladergewehren bewaffnet, die im Stehen
geladen werden mussten. Demgegenüber waren die die
preußischen Soldaten mit modernen Hinterladergewehren
ausgerüstet, die allerdings nicht so präzise schossen, dafür
aber wesentlich schneller geladen und abgefeuert werden
konnten. Zum einen war aber die Überlegenheit der
Hinterladerwaffen vor dem Krieg noch gar nicht erkannt
worden, auch nicht auf deutscher Seite und zum anderen
spielten Handwaffen in dem Krieg keine große Rolle. Der
entscheidende Unterschied in der Ausrüstung lag nicht
bei den Gewehren sondern bei der Artillerie. Die dänische
Düppel-Stellung war vor dem Sturm vom 18. April
weitgehend von den gezogenen, weitreichenden preußischen
Hinterladerkanonen in Schutt und Asche gelegt worden.
Nur eine einzige der dänischen Schanzen verfügte über
Geschütze, die auf die konstante Beschießung antworten
konnte. Der entscheidende Unterschied war vielmehr, dass
Preußen und Österreich als Großmächte deutlich mehr
militärische Ressourcen mobilisieren konnten, als das für
Dänemark möglich war.
Dänemark verlor den Krieg wegen der
Vorderladergewehre
Der wohl bekannteste Mythos lautet, dass Dänemark
den Krieg verlor, weil die dänischen Soldaten mit Vorder­
Schleswig hat immer zu Dänemark gehört
Der wohl bedeutsamste Mythos lautet, dass Schleswig
immer ein unbestritten dänisches Gebiet gewesen ist. Das
ist nicht richtig. Schleswig war ursprünglich ein Teil des dänischen Königreiches, wurde aber bereits um das Jahr 1200
Dänische Soldaten vor dem frühgeschichtlichen Danewerk. Rechts im
Hintergrund eine der neuen Schanzen. Dieses Bild vom Januar 1864 als ein Herzogtum abgetrennt. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts änderte das Herzogtum den Namen zu Schleswig; die
verbindet die Vergangenheit und die Gegenwart aufs Engste miteinBezeichnung Sønderjylland wurde auf dänischer Seite erst
ander. Thyras Wall war nun wieder befestigt und uneinnehmbar.
40
im 19. Jahrhundert gebräuchlich. Seit 1375 wurde Schleswig in Personalunion mit Holstein regiert und 1460 wurde
der dänische König als Landesherr über beide Territorien gewählt. Sie wuchsen in einem wesentlichen Umfang zu einer
politischen Einheit zusammen, die auf Deutsch verwaltet
wurde, obgleich sie ein Teil der Reiche und Lande des dänischen Königs waren. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war
Schleswig sowohl mit deutsch als auch dänisch sprechenden
Einwohnern national gemischt, wobei Sprache und Nationalität nicht immer zusammenfielen und sich die meisten
Schleswiger weder deutsch noch dänisch fühlten, sondern
am ehesten als Schleswiger.
rettete, in das es von niederträchtigen Politikern gezwungen
worden war. Dieser Mythos baut allerdings auf eine äußerst
selektive Darstellung eines sehr komplexen Verlaufs, der zur
Räumung und de Mezas Rolle dabei führte.
Düppel als dänische Thermopylen
Der Vergleich zwischen der Verteidigung von Düppel und
der Verteidigung der Thermopylen in Griechenland 480
v.Chr. wurde bereits im Sommer 1864 angestellt und wurde
zu einem Mythos dieses Krieges. Bei den Thermopylen
verteidigten die Spartaner einen wichtigen Bergpass, aber
die überlegenen persischen Truppen umgingen die Stellung
und töteten die Verteidiger bis auf den letzten Mann. Die
Vorstellung von Düppel als dänische Thermopylen wurde
1878 durch die Herausgabe des Reisebuches von Holger
Drachmann Derovre fra Grænsen. Strejftog over det danske
Thermopylæ. (Jenseits der Grenzen. Streifzug über die
dänischen Thermopylen) verstärkt. Aber der Mythos der
dänischen Soldaten als Spartaner der Antike trifft sicher nur
auf vereinzeltes Heldentum, der gewiss kein Gesamtbild
ergibt. Die preußischen Truppen näherten sich so schnell
der dänischen Düppelstellung, dass es leicht war, sich dem
Gegner zu ergeben, was ein Teil der Soldaten, insbesondere
vermutlich diejenigen aus dem Herzogtum Schleswig, auch
nutzten. Durch den schweren preußischen Beschuss breitete
sich unter den dänischen Verteidigern Missmut aus, und am
15. April kam es zum Versuch einer Meuterei, die nur von
energischen Offizieren abgewehrt werden konnte. Aber die
Furcht vor einer Wiederholung war groß. Beim Sturm auf
Düppel wurde heftig und tapfer gekämpft, aber die Übermacht war zu groß und die Stellungen wurden in weniger
als vier Stunden erobert. Die Vorstellung des dänischen
Einsatzes ist somit durchaus zwiespältig.
Das Danewerk als Wehrmauer des Dänischen
seit altersher
Es ist ein verbreiteter Mythos, dass der frühgeschichtliche
Wall des Danewerks als Grenze des Dänentums seit ältester
Zeit diente, das ist aber nicht richtig. Seit dem Mittelalter
spielte der Wall weder als Grenze noch als Befestigungsanlage eine Rolle, da die Grenze der Monarchie weit südlicher
lag, seit 1460 an der Südgrenze Holsteins, an der Elbe. Zu
Beginn des 19. Jahrhunderts trat der nationale Gedanke
auf und das Danewerk wurde plötzlich zum Symbol für das
Dänische und zum kulturellen Bollwerk gegen den Süden.
Diese Vorstellung trug dazu bei, das Danewerk als Verteidigungsanlage zu reaktivieren, obgleich der Wall seit mehr als
600 Jahren nicht mehr in Gebrauch gewesen war. Im Ersten
Schleswigschen Krieg 1848 – 1851 wurde das Danewerk als
eine offensive Verteidigungsstellung mit Schanzen und Geschützstellungen genutzt. 1861 begann ein großer Umbau.
Die Verbindung von Geschichte und nationalem Mythos
gab dem Danewerk eine mythische Kraft, und dem Wall
wurde eine Bedeutung beigelegt, die seinem militärischen
Wert in keiner Weise entsprach. Die Räumung des Danewerks 1864 war für Viele ein Schock, sie wurde allerdings
im Nachhinein zu dem Mythos vom tapferen General de
Meza, der das Heer aus der „Todesfalle“ am Danewerk
41
Friedliches Zusammenleben im Grenzland
Wilson formuliert worden war. In den deutschen Grenzgebieten mit gemischt nationaler Bevölkerung wurden international kontrollierte Volksabstimmungen ausgeschrieben.
In Nordschleswig (1. Zone) stimmten 75 % für Dänemark,
25 % für Deutschland. In Flensburg und Mittelschleswig
(2. Zone) stimmten 80 % für Deutschland und 20 % für
Dänemark. Die Wahlbeteiligung betrug in beiden Zonen
mehr als 90 %.
In heutiger Zeit ist ein deutsch-dänischer Streit um Schleswig undenkbar. Der Streit wurde in zwei Etappen im Verlauf des 20. Jahrhunderts gelöst. Es begann mit der Teilung
jenes Gebiets, das schon 1848 im Gespräch war. Nach dem
Ersten Weltkrieg kam es zu tiefgreifenden Veränderungen
in Europa nach dem Prinzip des „Selbstbestimmungsrechts
der Völker“, das vom amerikanischen Präsidenten Woodrow
Aufgrund dieses Resultats der Volksabstimmungen wurde Nordschleswig in Dänemark eingegliedert und die
deutsch-dänische Grenze wurde dadurch ca. 70 km nach
Süden verschoben. Die Anwendung des Selbstbestimmungsrechts führte dabei nicht zu einer reinen Nationalitätengrenze, sowohl nördlich als auch südlich der Grenze entstanden
nationale Minderheiten und in den folgenden Jahrzehnten
sollten u.a. sie die deutsch-dänischen Beziehungen belasten.
Die deutsche Regierung forderte nach 1920 ein zweiseitiges
Abkommen über die Minderheiten, während die dänische
Regierung aus Furcht vor deutscher Einmischung in dänische Angelegenheiten dieses verweigerte – die Erinnerung
an die deutsche Einmischung in die schleswigschen Verhältnisse in der Zeit 1848 - 1864 war noch immer lebendig.
Haderslev
ZO N E 1
Aabenraa
Tønder
Sønderborg
ZO N E 2
Flensborg
Kappel
Husum
Slesvig
Ekernførde
Trotz der Teilung Schleswigs bestanden die Spannungen
zwischen Dänemark und Deutschland weiterhin. Die
deutsche Minderheit in Nordschleswig erkannte die 1920
gezogene Grenze nicht an und forderte bis 1945 eine
Grenzrevision.
Tønning
Karte der Abstimmungszonen 1920. In der 1. Zone (Nordschleswig) stimmten 75 % für die Eingliederung in Dänemark. In der
2. Zone (Flensburg und Mittelschleswig) stimmten 80 % für den
Verbleib bei Deutschland. Aufgrund dieses eindeutigen Ergebnisses
wurde die heutige deutsch-dänische Grenze festgelegt.
Andersherum erhob die dänische Minderheit in Südschleswig die Forderung nach einer Grenzrevision nach 1945, als
sie nach dem deutschen Zusammenbruch einen gewalti-
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gen Mitgliederzuwachs verzeichnen konnte. Der dänische
Staatsminister hatte allerdings in seiner Rede am 9. Mai
1945 betont: „Die Regierung, die auf dem Grundsatz des
nationalen Selbstbestimmungsrechts steht, ist der Auffassung, dass Dänemarks Südgrenze festliegt.“ Trotz des nationalen Zustroms in Südschleswig und der Forderung weiter
Kreise in Dänemark nach einer Grenzverschiebung wurde
am diesem Standpunkt festgehalten.
Staatsministers bekleidete, und Konrad Adenauer am 29.
März 1955 veröffentlicht und anschließend vom Bundestag
und vom Folketing angenommen. Die Bonn-Kopenhagener
Erklärungen waren ein Ausdruck von Weitsicht und Mut.
In formeller Hinsicht stellten die beiden Erklärungen keine
gegenseitige Verpflichtung dar, aber sie wurden auf der
Tatsachenebene bald verpflichtend.
1954 war die Debatte über eine Grenzverschiebung so gut
wie überstanden, allerdings gab es weiterhin Probleme.
Die dänische Minderheit in Südschleswig kämpfte um die
Befreiung von der 5 % Sperrklausel bei Landtagswahlen, die
sogar noch auf 7,5 % erhöht worden war, und um Zuschüsse für Schulen und eine eigene kirchliche Versorgung. Die
deutsche Minderheit in Nordschleswig (in Dänemark nun
als Sønderjylland bezeichnet) forderte das Examensrecht für
ihre Schulen. Der Kalte Krieg erforderte die Aufnahme der
Bundesrepublik in die NATO, wobei sich die Möglichkeit
bot, eine deutsch-dänische Minderheitenlösung zu schaffen.
Auf einem Treffen des NATO-Ministerrats berichtete der
dänische Außenminister H.C. Hansen im Herbst 1954 über
die Probleme der dänischen Minderheit, und die deutsche
Regierung trat unmittelbar in Verhandlungen darüber ein.
Von dänischer Seite wies man einen zweiseitigen Vertrag
zurück, da dadurch die Möglichkeit eröffnet werden könnte, sich in innere dänische Angelegenheiten einzumischen.
Stattdessen einigte man sich auf eine völkerrechtlich neue
Form – zwei einseitige, nahezu identische Regierungserklärungen, die den Willen ausdrücken, die Rechte und Privilegien der Minderheit im eigenen Staat zu sichern und die
friedliche Gemeinschaft zwischen Minderheit und Mehrheit
hervorheben. Dabei wird unzweifelhaft festgestellt, dass der
Staat das Recht jedes Einzelnen, seine nationale Zugehörigkeit frei und unbestritten zu wählen, respektiert.
Die beiden Erklärungen wurden bei einem Treffen in
Bonn zwischen H.C. Hansen, der inzwischen das Amt des
Die Politiker begannen, die Minderheiten auf eine neue
Art und Weise zu betrachten, zunächst als gleichberechtigte
Bürger und danach als eine Bereicherung für die gesamte
Gesellschaft. Das konnte fast wie eine Beschwörung wirken,
aber auf lange Sicht trug diese Rhetorik dazu bei, dass sich
das mentale Klima im Grenzland änderte. Nicht immer
entsprach die Wirklichkeit den Festreden. Auf beiden Seiten
der Grenze kam es zu Debatten und Kritik in Bezug auf Zuschüsse für die Organisationen der Minderheit. Aber sobald
die Frage der Unterstützung für die soziale und kulturelle
Arbeit der Minderheiten entpolitisiert wurde, konnten auch
die meisten Probleme gelöst werden.
Beide nationale Minderheiten haben heutzutage die Grenze
anerkannt und sich von jeglicher Form einer Revision
verabschiedet – es gibt somit niemanden, der territoriale
Forderungen auf das Land des Nachbarn erhebt. Ein mehr
als 100jähriger Streit zwischen Deutschland und Dänemark
hat somit sein Ende gefunden.
Logo zum 50jährigen Jubiläum der Bonn-Kopenhagener Erklärungen.
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Museen, Schlachtfelder und Literatur
Museen:
Tøjhusmuseet, Tøjhusgade 3, 1220 København K
Orlogsmuseet, Overgaden oven Vandet 58,
1415 København K.
Museum Sønderjylland – Sønderborg Slot, Sønderbro 1, 6400
Sønderborg
Dybbøl Mølle, Dybbøl Banke 7, 6400 Sønderborg
Historiecenter Dybbøl Banke, Dybbøl Banke 16, 6400 Sønderborg
Danevirke Museum, Ochsenweg 5, D- 24867 Dannewerk,
Tyskland
Fregatten Jylland, S.A. Jensens Vej 2, 8400 Ebeltoft
Lundby Museum, Bygaden 1, 9260 Gistrup
Von der neueren Literatur kann in Auswahl das Folgende genannt
werden:
Adriansen, Inge: Erindringssteder i Danmark. København 2010.
Askgaard, F., E. Eriksen, A. Hoff og P. Kannik: Tøjhusmuseets bog
om 1864. 1964.
Becker-Christensen, Henrik og Hans Schultz Hansen: Sønderjyllands historie efter 1815. 2009
Bjørn, Claus og C. Due-Nielsen: Fra helstat til nationalstat 18141914. Dansk udenrigspolitiks historie, bd. 3. 2003.
Buk-Swienty, Tom: Schlachtbank Düppel. 18. april 1864. Geschichte
einer Schlacht. 2011.
Buk-Swienty, Tom: Dommedag Als. 29. juni 1864. Kampen for
Danmarks eksistens. 2010.
Schlachtfelder:
Beschreibung aller Orte, an denen Ereignisse des Kriegs von 1864
stattfanden: Sørensen, Erik Ingemann: 1864. En guide i krigens
fodspor. 2013.
Buk-Swienty, Tom: 1864 i billeder. 2012.
Christensen, John og Henrik Stevnsborg: 1864. Fra helstat til
nationalstat. 1998.
Die wichtigesten Ort, an denen heute noch Spuren der Ereignisse
zu finden sind:
Missunde an der Schlei, Königshügel, südöstlich von Schleswig bei
Selk, die wiedererrichtete Schanze 14 bei Danewerk, Sankelmark/
Oeversee, südlich von Flensburg, die Düppeler Höhe, die Düppeler Schanzen, die Halbinsel von Arnkiel auf Alsen, der Wall von
Fredericia und Lundby in Himmerland/Nordjütland.
Frantzen, Ole L. og Knud J.V. Jespersen (red.): Danmarks Krigshistorie, bd. 2. 1814-2008. 2008.
Jahnke, Carsten og Jes Fabricius Møller (red.): 1864 – og historiens
lange skygger. 1864 – und der lange Schatten der Geschichte.
Husum 2011.
Johansen, Jens: Dybbøl 1864. 1942.
Johansen, Jens og Johan Nordentoft: Hæren ved Danevirke 1864.
1938.
Literatur:
Die gesamte Literatur auf Dänisch und Deutsch aus der Zeit von
1864 bis 1964 findet sich in:
Birkelund, Palle og Olaf Klose (Red.): 1864. Bibliografi og Ikonografi. Bibliographie und Ikonographie. Neumünster 1970.
Der dänische militärhistorische Teil der Literatur bis 1981 findet
sich in:
Liebe, P.I. og E. Borgstrøm: Dansk krigshistorie i det nittende århundrede 1800-1899. Det kongelige Garnisonsbibliotek, København
1974. 2. verbesserte. Ausgabe 1981.
Kühl, Jørgen og Nis Hardt: Danevirke – Nordens største fortidsminde. 2000.
Nielsen, Johannes: 1864 – Da Europa gik af lave. 1987.
Sauntved, Jakob Kidde og Jakob Eberhardt: 1864. 2007.
Stolz, Gerd: Das deutsch-dänische Schicksalsjahr 1864. Ereignisse und
Entwicklungen. Husum 2013.
Vammen, Hans: Den tomme stat. Angst og ansvar i dansk politik
1848-1864. 2011.
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Inge Adriansen und Jens Ole Christensen:
Der Zweite Schleswigsche Krieg 1864. Vorgeschichte, Verlauf und Folgen
Museum Sønderjylland – Sønderborg Slot und Tøjhusmuseet 2013.
Überstetzung: Frank Lubowitz
Layout: Finn Petersen, Museum Sønderjylland
Karte: Lene Brunsgård, Museum Sønderjylland
© Autoren und Herausgeber.
Druck: Zeuner Grafisk a/s, Odder
ISBN 978-87-87375-26-9
Abbildungen
Forsiden: Jørgen Sonne: Fra Dybbøl først i April. Malet 1871.
Det Nationalhistoriske Museum på Frederiksborg Slot.
Vorsatz: Landkarte des dänischen Gesamtstaats
Titelblatt: Foto von Fr. Brandt, Düppel am 19. April 1864. Det Kgl. Bibliotek.
S. 7: Det Kgl. Bibliotek.
S. 10-14: Illustreret Tidende 1864.
S. 15: Illustreret Tidende 1864. Zeitgenössisch koloriert. Sønderborg Slot.
S. 16: Sønderborg Slot.
S. 17: Sønderborg Slot.
S. 18: Illustrated London News 1864.
S. 19: Illustreret Tidende 1864.
S. 20, 22 og 24: Det Kgl. Bibliotek.
S. 23: Illustreret Tidende 1864.
S. 27: Det Nationalhistoriske Museum på Frederiksborg Slot.
S. 28: Polfoto.
S. 31: Esbjerg Byhistoriske Arkiv.
S. 32: Det Nationalhistoriske Museum på Frederiksborg Slot.
S. 33: ARKEN, Museum for Moderne Kunst.
S. 36-37: Sønderborg Slot.
S. 38: Flensborg Avis.
S. 39: Sønderborg Slot.
S. 40: Illustreret Tidende 1864.
S. 43: Sønderborg Slot.
SØNDERBORG SLOT
OG HISTORIECENTER
DYBBØL BANKE
www.museum-sonderjylland.dk/sonderborg
www.museum-sonderjylland.dk/dybbol-banke
www.tojhusmuseet.dk
www.orlogsmuseet.dk
Dieses Buch über den Zweiten Schleswigschen Krieg bietet eine gut lesbare
Übersicht zur Vorgeschichte und zum
Verlauf des Krieges sowie zu dessen
tiefgreifenden und langandauernden
Folgen auf vielen Gebieten.
Kurz gesagt, die Hintergründe und die
Ergebnisse eines Krieges, der nicht nur
die dänische Geschichte sondern auch
das Verhältnis Dänemarks zu seinem
deutschen Nachbarn bis in die Gegenwart geprägt hat.