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32 INTRE COMMUNITY THOMAS GÜTHER CEO, TELEPERFORMANCE GERMANY MAGAZIN FÜR 54 Das Internet der Dinge CUSTOMER CARE MANAGEMENT D·A·CH REGION Verlagsort 1110 Wien P.b.b. Plus.Zeitung 10Z038635P; Medieninhaber: mackcrossmedia numero 3 . 2014 I NT RE DEUTSCHLAND . ÖSTERREICH . SCHWEIZ Wordrap: Thomas Güther CEO, TELEPERFORMANCE GERMANY Lebensmotto: Heute ist der Anfang vom Rest deines Lebens – Carpe diem! ... Was mir imponiert: Entscheidungswille und -fähigkeit ... Was ich nicht mag: Schwaller und Blender ... Energie tanke ich: zu Hause am See ... Ich esse gerne: Beef Tartar und Rouladen mit Thüringer Klößen ... Meine Top 3 Lokale: Cavos (München), Grill Royal (Berlin), BLT Steak House (Miami) ... An der Bar bestelle ich: Vodka Bull oder Whiskey Sour ... Mein Kaffee: tageszeitabhängig … derzeit viel Espresso ... Letzter Film im Kino: „Die zwei Gesichter des Januars“ mit Viggo Mortensen ... Aktuell lese ich: „Wer sagt, Elefanten können nicht tanzen?“ (Lou Gerstner) ... Meine Musik: stimmungsabhängig, ABER was immer geht ist House ... Letzter Urlaub: Ibiza ... Traumreiseziel: Rio ... Lieblingsstadt/Lieblingsstädte: Miami, Barcelona und Berlin ... Was niemand über mich weiß: wird auch nie jemand erfahren ... Meine Mitarbeiter sagen über mich: einfach mal fragen ... Einen Kaffee würde ich gerne trinken mit: Hasso Plattner oder Elvis Presley ... Das Shooting war für mich: Showtime FOTOSHOOTING COVER & COVERSTORY: Bernhard Schramm, www.bernhardschramm.com INTRE COMMUNITY INTERVIEW: THOMAS GÜTHER CEO, TELEPERFORMANCE GERMANY INTRE COMMUNITY INTRE: Als Erstes, herzliche Gratulation zum neuen Job und der neuen Aufgabe. Wir haben aktuell fast die klassischen 100 Tage erreicht. Daher zwei Fragen. Wie war der erste Touchpoint mit Teleperformance? Wie geht es Ihnen? GÜTHER: Vielen Dank! Ich starte mit der Antwort auf Ihre zweite Frage: „Wie geht es mir?“ Kurz zusammengefasst: Mir geht es sehr gut, die Aufgabe macht viel Freude, es ist eine schöne Herausforderungen und eine tolle neue Aufgabe. Sozusagen, alles „gut“. Und jetzt zu Ihrer ersten Frage: „Wie war der erste Touchpoint mit Teleperformance?“ Der Einstieg und das Kennenlernen des Unternehmens waren sehr intensiv, interessant und sehr spannend. Ich habe nicht am „Schreibtisch“ begonnen, sondern mit einer zweiwöchigen internationalen Tour und Besichtigung verschiedener Standorte außerhalb Deutschlands, inklusive einem Besuch der Konzernzentrale in Paris. Dem Europachef Norbert van Liemt war wichtig, dass ich, bevor ich in Deutschland operativ an den Start gehe, Eindrücke, Informationen, Emotionen und Ähnliches aus den anderen internationalen Best Practice-Standorten mitnehme und mit dieser Erfahrung und diesem Background in Deutschland loslege. Man spürt sehr schnell, dass man in einem echten Servicekonzern ist. Auf der einen Seite sehr groß, sehr organisiert, sehr strukturiert, auf der anderen Seite ext- rem agil und dynamisch, was die Leute, Entscheidungen und Abläufe betrifft. Außergewöhnlich positiv war unter anderem der Besuch unserer beiden Vorzeigestandorte, Maastricht und Athen. Die dortige Kundenstruktur und vor allem die perfekt abgestimmten sowie integrierten, internen und externen Prozesse sowie das Qualitätsmanagement sind bemerkenswert. INTRE: Ich nehme an, im Anschluss gab es eine Deutschland-Tour? GÜTHER: Sie sagen es. Ich habe direkt danach alle sechs deutschen Standorte besucht. Wichtig für mich war, zusätzlich zu den Standorten auch alle Teams kennenzulernen. Mich interessiert, wie die Teams arbeiten, wie sie ticken, wie sie organisiert und strukturiert sind. Ich habe auf der Deutschland-Tour viel zugehört und einen sehr guten Einblick in deren Aufgaben und Arbeitsweisen bekommen. Selbstverständlich habe ich auch viele Kunden besucht und erste Gespräche geführt und da trifft man auch das eine oder andere bekannte Gesicht auf Auftraggeberseite wieder. INTRE: Wenn wir bei dem Thema „Reisen“ bleiben, was waren die „Sehenswürdigkeiten“ auf der DeutschlandTour? GÜTHER: Sehr charmant, aber sagen wir lieber Highlights. Als erstes habe ich festgestellt, dass wir ei- INTRE: Die letzten zwei, drei Jahre der Teleperformance Deutschland – lassen Sie es mich so ausdrücken – könnte man als eine sehr dynamische Zeit bezeichnen. Das komplette Management wurde getauscht, Interimsmanager dafür eingesetzt, kein wirklich erkennbares Wachstum etc. All das klingt nach einigen Baustellen. GÜTHER: Ich verstehe Ihre Frage, und kann diese auch nachvollziehen B: Die letzten Jahre waren die letzten Jahre, wenn man sich als Unternehmen für den Einsatz einer komplett neuen Geschäftsführung entscheidet, ist dies sicherlich kein Indiz dafür, dass alles perfekt lief. Klar ist mir bei meiner Tour und in den ersten Wochen sehr schnell aufgefallen, dass es bei Teleperformance Germany Optimierungsfelder gibt und einige wichtige Themen ins Stocken geraten sind. Die Teams und die Mitarbeiter erkennen sehr wohl das Potenzial des Unternehmens, sind sehr optimistisch und motiviert. Es geht jetzt darum, eine solide Basis für die Zukunft von Teleperformance Germany zu schaffen und dazu gehört natürlich in meiner Rolle eine genaue Analyse und Strategiedefinition. Unsere Mitar- beiter und auch die Auftraggeber, die ich getroffen habe, haben mir klar gesagt, dass sie einen „neuen Kopf“ erwarten, der Dinge und Themen nach vorne treibt. Das ist meine Aufgabe. INTRE: Die Teleperformance ist der größte Call CenterBetreiber der Welt. Ist dies für die Teleperformance Germany und deren CEO ein Segen oder Rucksack? GÜTHER: Weder noch. Die Formulierung mag ich eigentlich nicht. Segen hat was mit Glauben zu tun und ich glaube eigentlich nur an Fakten und da ich mit meinem Vater schon als Kind jedes Wochenende wandern musste, bekomme ich das mit dem Rucksack, denke ich, auch hin. Hier geht es um Business, Erfolg, Fokussierung, Qualität, Auftraggeberzufriedenheit und vieles mehr. Um dies zu erreichen, hilft weder Segen noch ein Rucksack. Wie gerade erwähnt, da hilft nur ein Plan und eine Strategie. INTRE: Anders gefragt. Im Call Center Ranking Deutschland liegt die Teleperformance aktuell auf Platz 10. Ich könnte mir vorstellen, dass sich das Management des weltweit größten Players eine andere Platzierung wünscht? GÜTHER: Da haben Sie absolut recht. Die Erwartungshaltung der weltweiten Organisation – wir sind ja ein börsennotiertes Unternehmen – an die deutsche Landesgesellschaft ist sehr hoch. Die Gründe dafür sind eigentlich recht einfach. Deutschland ist einer der großen Outsourcing-Märkte im europäischen Raum. Es ist das klare Ziel, das Standing und die Position der Landesgesellschaft zu verbessern. Mit Standing ist nicht nur die „Größe“, sondern sind unter anderem auch Themen wie Identität, Kontinuität, Stabilität, Branding und Kundenbeziehung gemeint und auch ganz klar ein Platz weiter oben im Ranking. Da habe ich klare Ziele im Kopf, aber die werden wir zunächst sauber ausdefinieren, dann unseren Shareholdern präsentieren und auch umsetzen. Aber man muss realistisch sein. Dies wird einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren in Anspruch nehmen. INTRE: Was meinen Sie mit Identität? GÜTHER: Wir sind, wie einige andere Call Center-Betreiber auch, sehr stark anorganisch gewachsen und dies war seit jeher eine Kernkompetenz von Teleperformance – Wachstum Fortsetzung auf S36 ç INTRE COMMUNITY nen sehr interessanten Mix an Standorten und Personen haben. Die Teams haben das operative Geschäft durchwegs gut im Griff. Sehr spannend ist, dass wir außerhalb der Telekommunikationsbranche, die klassisch der Volumentreiber in der deutschen Call Center-Branche ist, auch einen hohen Anteil an Auftraggebern aus anderen Branchen haben. Besonders positiv ist mir aufgefallen, dass wir für sehr hochwertige Marken arbeiten. Diese Marken haben zum Teil eine hohe Lifestyle-Komponente und/oder sind technische Vorreiter im Markt. Alle zusammen haben einen ungeheuer großen Brand Value. Dies habe ich in dieser Form, in meiner bisherigen Karriere noch nicht gesehen. Das heißt für uns aber auch, dass diese Unternehmen spezielle und besondere Anforderungen an uns haben. Ein für mich ebenfalls sehr auffälliges Thema ist, dass wir einen tollen Mix an starken lokalen deutschen Kunden und andererseits internationalen Kunden haben. In diesem Fall sind wir Teil einer internationalen DeliveryMaschine. Das heißt, wir setzen für diese Kunden weltweit Teams ein und Teleperformance Germany ist ein Teil einer globalen Outsourcing-Strategie. INTRE COMMUNITY Fortsetzung von S35 ç durch Akquisitionen. Hier in Deutschland wurden starke Unternehmen wie die twenty4help und die all-by-phone übernommen, welche als Gesellschaften bis heute so agieren – was ich im Übrigen von außen betrachtet nie verstanden habe. Ich bin ein großer Verfechter einer einheitlichen Corporate Identity – die Schaffung dieser Identität für die Teleperformance Germany ist sozusagen eines meiner „Prio 1 Projekte“ der ersten 100 Tage. Wir führen die Unternehmen gerade zusammen, der Prozess wird im September abgeschlossen sein. Die Gesellschaften werden verschwinden. Wichtig für mich ist, dass das Unternehmen im Anschluss „eine Genetik“ hat. In einigen Wochen werden wir dann mit der neuen Marke, nämlich Teleperformance Germany, auftreten. 2014 und 2015 wird unter anderem auch dazu verwendet, der Teleperformance in Deutschland, wie zuerst erwähnt, eine neue Identität zu geben und in eine neue, positive Richtung zu gehen. INTRE: Bleiben wir beim Stichwort Wachstum. Die letzten Jahre waren in der deutschen Call Center-Branche sehr stark davon geprägt, dass die Dienstleister eher dem Volumen pro Auftraggeber nachgelaufen sind, anstatt die Anzahl der Auftraggeber zu erhöhen. Was ist Ihr Weg, um zu wachsen? Mehr Volumen pro Auftraggeber oder mehr Auftraggeber? GÜTHER: Das Wort „nachgelaufen“ möchte ich so nicht stehen lassen. Das klingt negativ und ist im Bezug auf die Branche nicht gerechtfertigt. Der ganze Customer Service-Bereich hat einige dynamische Jahre hinter sich. Der komplette Markt, die Auftraggeber, die Dienstleister und auch die Kunden waren in Bewegung. Hier ist viel Volumen entstanden und so haben die Dienstleister dieses Schritt für Schritt auf Wunsch bzw. Auftrag der Auftraggeber abgearbeitet. Für mich ist dies ein normaler Prozess. Die Call CenterBranche unterscheidet sich vom wirtschaftlichen Prinzip des Wachstums nicht von anderen Branchen. Entweder wachse ich durch einen Neukunden oder durch zusätzliches Geschäft mit einem bestehenden Kunden oder ich kaufe zu. Unser Unternehmen ist im Bereich, wenn Sie so möchten, Kundendiversifizierung ein Stück anders aufgestellt als einige Wettbewerber. Bei unseren Top 10 Kunden haben wir keinen dabei, welcher mehr als 15 % des Gesamtumsatzes der Teleperformance Germany ausmacht. Dies ist zunächst mal sehr positiv und gesund und im Übrigen auch interessant für unsere Shareholder. Darüber hinaus haben wir keine klassische Branchenbündelung. Wir arbeiten für unterschiedliche Branchen und Unternehmen. Da sind viele sogenannte Lifestyle-Marken dabei, aber auch IT-Security-Unternehmen, des Weiteren bieten wir Lösungen für Banken, im Automobilbereich und der Energieversorgung und Retailbranche an und natürlich haben wir auch Kunden aus der Telekommunikationsbranche. Diese Struktur gibt uns Stabilität und ist ein guter Mix an Anforderungen, Vielfältigkeit und wir können dadurch auch Mehrwerte für unsere Kunden generieren, die sehr an branchenübergreifenden Serviceerfahrungen interessiert sind. Eine hohe Diversifizierung ist übrigens auch der generelle weltweite Ansatz der Teleperformance. INTRE: Weltweit ist – in abgespeckter Form – eine gute Überleitung zu unserem nächsten Thema, nämlich Nearshoring. Offenbar ein schwieriges Thema in der Branche. Es gibt – in unserer Wahrnehmung – mehr Misserfolge als Erfolge in dem Bereich. GÜTHER: Zum Glück nur in Ihrer Wahrnehmung. Ich möchte keine prozentuale Verteilung der Misserfolge und Erfolge machen, aber die Erfahrungen aus meiner bisherigen beruflichen Laufbahn zeigen, dass es schlichtweg richtig und falsch gemacht werden kann. Wie immer im Leben. Beim Nearshoring kommt es vor allem darauf an, dass man mit dem Kunden nicht „blind“ über Nearshore-Lösun- INTRE: Sorry, aber dass ich mir vor dem Nearshoring überlege, welche Dienstleistungen ich nearshore vergeben kann, ist Basis-Wirtschaftskunde … GÜTHER: In der Theorie ist das klar und auch jedem bewusst. Aber trotzdem, die Erfahrung zeigt, dass hier die meisten Fehler gemacht werden. Der oft aus Kostengründen gewählte Ansatz zum Thema Nearshoring, Prozent „X“ des Volumens muss über Nearshore gehen, damit die Total Costs um EUR „Y“ weniger werden, birgt viel Potenzial für einen Misserfolg. In einer Excel-Tabelle sieht das meist toll aus, aber die Realität sieht dann weniger gut aus. Solche Projekte umzusetzen, halte ich für den falschen Ansatz. Und ja, solche Projekte habe ich auch schon scheitern gesehen. Aber das ist nicht ganz die richtige Diskussion, die wir führen. Das Thema ist ein anderes. INTRE: … und zwar? GÜTHER: Meine feste Überzeugung ist, dass insgesamt im deutschen Markt, nicht nur in der Call Center-Branche, Unternehmen zu einem Standort-Mix On- und Nearshore, zum Beispiel aus osteuropäischen Ländern, getrieben werden. Vielfach erfordert es auch die Situation der Kunden. Ein Beispiel: Bei Teleperformance gibt es schon lange einen Standort in Polen (Warschau). Dieser konzentriert sich auf lokales Geschäft und auch auf einige internationale, mehrsprachige Projekte. Wir werden per 1. Dezember einen weiteren Standort mit 250 Arbeitsplätzen in Polen (Katowice) eröffnen. Das Neue an diesem Standort ist, dass dieser der deutschen Teleperformance Landesgesellschaft zugeordnet ist und somit unter meiner Verantwortung steht. Dieser Standort wird sozusagen als Nearshore Location Fortsetzung auf S38 ç INTRE COMMUNITY gen sprechen darf. Zunächst muss man mit dem Kunden gemeinsam über die Service-Differenzierung und die Ziele, die er mit einer Nearshore-Lösung erreichen möchte, nachdenken. Es geht darum, herauszufinden, welche Services und Dienstleistungen sich eignen, unter Berücksichtigung des angepeilten Qualitätsniveaus, in einer Nearshore Location erbracht zu werden. Unabhängig, ob Call- oder Schrift-Services. Beides lässt sich erfolgreich abbilden. Wichtig ist darüber hinaus, vom Recruiting, Training, Coaching bis zur Leistungserbringung standardisierte Prozesse zu etablieren, die auch vor Ort umgesetzt werden können. Wenn man das befolgt, hat man sehr gute Chancen auf ein erfolgreiches NearshoreProjekt. INTRE COMMUNITY Fortsetzung von S37 ç ausschließlich dafür genutzt, deutschsprachige Services tern. Am Ende des Tages steht der Airbus am Rollfeld unter deutschem Management zu erbringen. Wir über- und befördert Passagiere. nehmen sämtliche Prozesse und Für die Call Center-Branche ist „Es geht jetzt darum, eine solide Basis Standards, um rund um die Themen dies immer noch eine Diskussion, für die Zukunft von Teleperformance Kundenansprache, Training, Qualität aber im globalen Bereich des KunGermany zu schaffen und dazu gehört und Ähnliches alles aus einer Hand denservice wird dies schon lange natürlich in meiner Rolle eine genaue für unsere deutschen Auftraggeber gelebt. Wenn man den „KundenAnalyse und Strategiedefinition. Unsere mit Interesse an einer Nearshoreservice“ als „Produkt“ betrachtet, Mitarbeiter und auch die Auftraggeber, Option zu liefern. Und zu unserem das sich der Kunde wünscht und die ich getroffen habe, haben mir klar Thema „es richtig machen“: Wir haerwartet, haben wir das gleiche gesagt, dass sie einen ‚neuen Kopf ‘ ben sehr genau analysiert und sind Thema. Die Unternehmen proerwarten, der Dinge und Themen nach mit verschiedenen Kunden intensiv duzieren, wenn Sie so wollen, vorne treibt. Das ist meine Aufgabe.“ in Abstimmung, welche Dienstleisdas „Produkt Kundenservice“ in tungen wir an diesem Standort für den Kunden erbrin- den einzelnen Bausteinen dort, wo es vom Set-up, der gen können und sollen. Qualität und den Kosten für sie am besten passt. Das beginnt beispielsweise damit, dass die Rechnung im INTRE: … zu einem „billigeren“ Preis als in Deutschland! Land A gedruckt wird, das neue Handy wird im Land B GÜTHER: Ich nehme mal an, dass Sie das Wort „billig“ gelagert, der technische Helpdesk sitzt im Land C, die nur deshalb verwendet haben, um Ihre Frage schärfer, Infohotline wird im Land D serviciert und die E-Mailleicht provokant zu formulieren. Einigen wir uns auf Betreuung erfolgt aus dem Land E. Am Ende des Tages „günstiger“. INTRE: Einverstanden B. GÜTHER: Als bekommt der Kunde ein perfektes „Produkt“ im Sinne Erstes gilt es anzumerken, dass die Call Center-Branche des „Kundenservice“, sozusagen frei Telefon oder frei in Deutschland ab 01.01.2015 einen Mindestlohn in E-Mail geliefert. Wenn dieses Setting gut funktioniert, Höhe von EUR 8,50 pro Stunde haben wird. Dies ist gut profitiert sowohl der Kunde, der Auftraggeber als auch so und wird auch einige Themen positiv beeinflussen der Dienstleister. – wobei ich jetzt mal ausklammere, darüber zu diskutieren, ob meine grundsätzlich wirtschaftsliberale Ge- INTRE: Heißt das, dass die deutschen Call Center-Betreisinnung damit umgehen kann, dass die Politik entschei- ber vermehrt ins Nearshoring gehen werden? GÜTHER: det, welche Löhne zu bezahlen sind – aber das ist eine Sicherlich nicht alle, aber sagen wir mal, für die Top 10 andere Diskussion. Wenn ich jetzt im Vergleich nach oder gerne auch für die Top 15 ist das Thema intensiv Polen schaue, haben wir für die Skills und Profile in ver- zu prüfen. Die Entscheidung ist aber logischerweise gleichbaren Projekten, die wir benötigen, Lohnkosten immer individuell zu treffen. Es hängt viel von der Kunvon EUR 6,50 (plus/minus – je nach Anforderung) pro denstruktur des Betreibers ab; die Volumen, die er beStunde. Ich denke, wir sind uns einig, dass man hier nicht wegt, finanzielle Parameter und viele weitere Punkte sind von einem Billiglohnland sprechen kann. Es geht viel- zu berücksichtigen. mehr um eine Differenzierung. INTRE: Anders gefragt: Machen die Auftraggeber Druck, INTRE: Differenzierung? GÜTHER: Ja, Differenzierung dass die Dienstleister ins Nearshoring gehen? GÜTHER: innerhalb der „Herstellung“ eines Produktes. Ein Bei- Druck ist hier das falsche Wort. Die Auftraggeber haben spiel: Ich bin heute mit einem Airbus hier zu Ihnen ihre individuellen Strategien im Bereich Kundenservice nach Wien geflogen. Die Teile für den Airbus werden und je nach Strategie sind die Dienstleister eingeladen, in verschiedenen Ländern Europas produziert und zu- ihre Services anzubieten und bereitzustellen. Schließlich sammengebaut. Die Auswahl der Produktionsstandorte ist der Markt ein lebendiger Organismus – da bin ich erfolgt unter anderem nach Machbarkeit im jeweiligen wie beim Lohn wieder mal bei Karl Popper – und klar, Land, Skills, Qualitätskriterien, politischen Rahmenbe- die Auftraggeber können rechnen. Es ist ein Unterschied, dingungen und selbstverständlich auch Kostenparame- ob der Dienstleister in Deutschland in der Stunde EUR 25,00, oder im Nearshoring nur EUR 18,00 pro Stunde erwirtschaften muss, um das Projekt wirtschaftlich abzubilden. Bei einem Volumen von 150.000 Stunden pro Jahr, die eine Serviceunit mit 100 Mitarbeitern erbringt, sind wir bereits bei einem Unterschied von mehr als EUR 1 Mio. Servicekosten. Bei großvolumigen Projekten rechnen die Auftraggeber und prüfen gemeinsam mit dem Dienstleister, ob es eine sinnvolle Idee der Serviceerbringung im Nearshoring gibt. INTRE: Und wir wissen, die Nachfrage produziert das Angebot. Wenn ich das richtig verstehe, dann ist der neue Teleperformance-Standort in Katowice ein Add-on – Stichwort Mixtur – zu Ihrem Deutschland-Geschäft? GÜTHER: So kann man es sagen. Wir haben in Deutschland rund 3.000 Mitarbeiter, in Polen bauen wir jetzt 250 Mitarbeiter auf. Also weniger als 10 % der Mitarbeiter sind sozusagen Nearshore. Mit dieser Einheit kann ich einen Teil unserer Kunden, einen interessanten Servicemix, auch mit einem kostenoptimierten Set-up anbieten. Wir erweitern dadurch unser Dienstleistungsportfolio und diese 250 Mitarbeiter sind zusätzlich zu dem Deutschland-Geschäft positioniert. Fortsetzung auf S40 ç ÜBER TELEPERFORMANCE: Die Teleperformance-Gruppe mit Sitz in Paris ist weltweit führender Outsourcing-Dienstleister für das Kundenmanagement über sämtliche Kontaktpunkte von Endkunden. Unternehmen aus der gesamten Welt und verschiedenster Branchen vertrauen Teleperformance die Betreuung ihrer Kunden an. 2013 meldete die Teleperformance-Gruppe einen konsolidierten Umsatz von 2.433 Millionen Euro (3.236 Millionen USDollar; basierend auf einem Wechselkurs von 1 Euro = 1,33 US-Dollar). Die Gruppe betreibt mehr als 110.000 EDV-gestützte Arbeitsplätze mit 149.000 Mitarbeitern in mehr als 230 Service-Centern und 62 Ländern und bedient dabei mehr als 150 Märkte über 63 Sprachen und Dialekte. Teleperformance beschäftigt in Deutschland rund 3.000 Mitarbeiter an sechs Standorten, Unternehmenssitz ist Dortmund. Info: www.teleperformance.de INTRE COMMUNITY INTRE: Das heißt, wenn ich ein Anbieter in Deutschland bin, welcher keine Nearshore Location hat … GÜTHER: … und dieser hat beispielsweise 100 Mitarbeiter in einem Projekt. Und der Auftraggeber stellt fest, dass er die Möglichkeit hat, für die gleiche Qualität, aber für weniger Kosten, einen Teil seiner Prozesse und Services in einer Mixtur aus einem deutschen und einem NearshoreStandort zu erbringen. Wenn der Dienstleister keinen Nearshore-Standort hat und dies nicht anbieten kann, ist das Risiko sehr hoch, diese 100 Arbeitsplätze mittelfristig zu verlieren. Hat der Dienstleister aber die Möglichkeit, mit dem Kunden zu sprechen, herauszufinden, welche Services Nearshore-Themen sind, was seine Wachstumsstrategie ist und Ähnliches, dann hat der Dienstleister die Chance, die 100 Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten und beispielsweise 50 weitere Arbeitsplätze an seinem Nearshore-Standort aufzubauen. Klar kann es auch sein, dass aus den 100 Mitarbeitern in Deutschland mittelfristig nur 70 Mitarbeiter werden und dafür im Nearshore-Standort 30 aufgebaut werden. Das sind Zahlenspiele, aber der Punkt ist, dass diese Mixtur in der Branche nachgefragt wird. INTRE COMMUNITY Fortsetzung von S39 ç INTRE: Lassen Sie uns kurz zurück zum Thema Mindestlohn in Deutschland springen. Manche Kollegen in der Branche haben Sorge, dass aufgrund des Mindestlohns der „Kostenvorteil“ für das Outsourcing geringer wird und dadurch weniger outgesourct wird bzw. beispielsweise eigene Tochterunternehmen gegründet werden. GÜTHER: Die Gespräche zum Thema Mindestlohn bzw. Insourcing die ich mit meinen Kunden führe, zeigen, dass das Insourcing nicht über den Preis, sondern über die Qualität getrieben wird. Es gibt heute Projekte im Markt, wo Unternehmen hybrid fahren – outgesourct und inhouse die Dienstleistung erbringen. Und in dem Moment, wenn der Dienstleister nicht nachweisen kann, dass er mit seiner Technik, Erfahrung, Kompetenz und Flexibilität eine bessere Qualität bietet als das InhouseTeam, fängt der Auftraggeber an, darüber nachzudenken, warum er das Thema draußen hat. Und dies trotz eines Kostenvorteils. Ich kenne Unternehmen, die gerade darüber nachdenken, einen Teil der Themen wieder inzusourcen. Aber wie gesagt, nicht wegen des Mindestlohns, sondern wegen der Qualität. Und ich denke genau hier müssen die Dienstleister ansetzen. INTRE: Haben wir hier nicht irgendwie das HenneEi-Prinzip? Die Auftraggeber wollen günstig einkaufen, erwarten aber die gleiche, oder wie Sie sagen, eine bessere Qualität. GÜTHER: Die Diskussion mit den Auftraggebern, ihre Erwartungshaltung unter sehr engen Preisparametern zu erfüllen, besteht, seit ich in der Branche bin. Und sie ist nach wie vor aktuell. Aber ich sehe hier eine positive Evolution des Themas. Wenn wir drei, vier, fünf Jahre zurückgehen und ehrlich sind, dann haben einige Dienstleister – lassen Sie es mich so ausdrücken – „einfach genickt“ und gesagt, ok, verlagere das Volumen zu mir und den gewünschten Preis mache ich dir schon. Was das zur Folge hatte, wissen wir nach einem schwarzen Jahr für einige der großen Player im Markt. Das hat sich geändert. Heute führen die Dienstleister einen anderen Dialog mit dem Auftraggeber. Und wenn ein Projekt wirtschaftlich nicht abbildbar ist, dann sagen heute wesentlich mehr Dienstleister nein als noch vor einigen Jahren. Dazu kommt, dass bei vielen Auftraggebern über die Jahre hinweg sehr erfahrene und professionelle Outsourcing- und Partnermanagement-Abteilungen gewachsen sind. Da sitzen richtig gute Leute, einige von denen würde ich am liebsten nach dem einen oder anderen Termin direkt bei mir einstellen B. INTRE: Bleiben wir beim Preis. Aktuell ist ja das klassische „Minuten-Preis-Modell“ ein sehr gängiges Abrechnungsmodell. Sehen Sie Änderungen? Beispielsweise eine Abrechnung pro FTE, pro Stunde, pro Kunde, diverse Pauschalen etc.? GÜTHER: Das Thema geistert sozusagen schon seit Jahren durch den Markt. Vor einigen Jahren wurde bereits das Modell „cost per customer“ propagiert, was ich übrigens für ein sehr spannendes Thema halte. Ich weiß aus meinem Netzwerk, dass beispielsweise in UK mittlerweile große Aufträge mittels cost per customer gemacht werden. Allerdings sind dazu gewisse Voraussetzungen notwendig, die heute teilweise bei Outsourcing-Projekten im deutschen Markt noch nicht gegeben sind. Um einen price per customer zu haben, braucht man eigentlich eine „single source“Strategie bzw. zumindest eine exklusive Kundengruppe, die der Dienstleister exklusiv betreut. In England wird dies bereits gemacht und ich weiß, dass auch einige Unternehmen in Deutschland sehr konkret darüber nachdenken, mit denen wir bereits sprechen. Das wird eine Herausforderung, weil ich auch auf Dienstleisterseite komplett umdenken muss. Es beginnt schon damit, nach welchen Parametern ich meinen Preis errechne. Oder auch, welches Risk Assessment mache ich, wenn ich beispielsweise 1 Million Endkunden übernehme und einen Preis zusage, dann brauche ich beispielsweise sehr genaue Prozesskenntnisse. Der Zutritt wird nicht sein, dass man am Tag 1 bereits pro Kunde abrechnet, sondern es ist vielmehr ein sogenanntes Transformational Outsourcing. Man braucht in diesem Sinn eine Zeitspanne, in der ich in Phase 1 die Prozesse kennenlerne und schrittweise zu einem Preismodell herkömmlicher Art übernehme, und in der zweiten Phase diese Prozesse auf dem neuen price per customer Modell ganzheitlich verantworte. INTRE: Teleperformance hat vor Kurzem in den USA die Firma Aegis USA Inc mit rund 19.000 Beschäftigten übernommen und damit das US-Geschäft sowie die weltweite Nummer eins Position ausgebaut. Sind auch in Europa, speziell natürlich Deutschland bzw. in der D-A-CH-Region, Übernahmen geplant? GÜTHER: Dazu muss man wissen, dass die Strategie der Teleperformance seit jeher ist, Wachstum und Know-how durch Übernahmen zu generieren. Amerika ist ein strategischer Markt und daher auch die strategische Übernahme von Aegis. Die Teleperformance hat damit in der Tat ihre weltweite Marktführerschaft ausgebaut. Was den deutschsprachigen Markt betrifft, kann ich sagen, wenn Seit seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Ludwigshafen sammelte er zwölf Jahre Erfahrung in der Customer Care-Branche als Vertriebsleiter bei Axivas (ehemals Alex & Gross Communications), Director Business Development EMEA bei Sitel sowie als Geschäftsführer und General Manager der avocis AG. Seit Juli 2014 ist Thomas Güther Chief Executive Officer der Teleperformance Germany mit ihren sechs Standorten und 3.000 Mitarbeitern. INTRE: Ich nehme an, dass sich die Teleperformance für die Position des CEO Deutschland bewusst für jemanden entschieden hat, der neben Managementerfahrung auch sehr viel Vertriebserfahrung hat. Da schließt sich auch ein bisschen der Kreis zu unserem vorigen Thema „Wachstum“. GÜTHER: Sie nehmen richtig an. Ja, die Entscheidung war klarerweise bewusst. Die Rollendefinition des neuen CEO ist einerseits sehr stark geprägt von dem Thema Vertrieb und strategischer Unternehmensentwicklung – und andererseits auch von der Erfahrung mit der Zusammenführung von mehreren Marken, um daraus, wenn Sie so wollen, eine einheitliche Genetik zu machen. Es ist aber wichtig zu erwähnen, dass die Teleperformance das komplette Führungsteam für Deutschland neu aufgestellt hat und eine neue deutsche Geschäftsleitung hat, deren Vorsitz ich nun habe. Mit Jochen Nolte habe ich mit Sicherheit einen der stärks- ten operativen Manager in unserer Branche als COO an Bord, Jochen und ich kennen uns viele Jahre und haben schon einige Schlachten zusammen erfolgreich gefochten. Ein Glücksgriff ist außerdem Dr. Elena Garrido als neue CFO – Elena hat einen unglaublichen Erfahrungsschatz, hat für die Deutsche Bank in London gearbeitet und für einige Private Equity-Häuser – ich bin sehr glücklich, mit einem solchen Team in die neue Aufgabe starten zu können. INTRE: Am Beginn haben wir über die ersten 100 Tage gesprochen. Wenn wir uns in 100 Wochen wiedersehen, was können Sie dann berichten B? GÜTHER: Berichten kann ich dann mit Sicherheit sehr viel B. Aber im Wesentlichen möchte ich zwei Ziele erreicht haben. Ziel 1 ist, in 100 Wochen eine profitable Landesgesellschaft in Deutschland zu haben, welche auch gewachsen ist. Daraus resultierend ergibt sich das Ziel 2: eine wesentliche Verbesserung, was unsere Marktposition betrifft. Ansonsten gilt es, kontinuierlich unsere Marke in Deutschland zu positionieren, gemäß unserem Claim „Transforming Passion into Excellence“. autorin: birgit weilguni INTRE COMMUNITY wir stabil sind und wir wachsen können, dann wird das Thema Übernahme auf jeden Fall Teil unserer Strategiediskussionen sein. Das geplante Wachstum wird aus drei Bereichen kommen. ERSTENS: Klassisch möchten wir mit unseren bestehenden Kunden wachsen. ZWEITENS: Ich nenne es „new logos and brands“, also Neukunden generieren. DRITTENS: Mergers & Acquisitions.