Meilensteine für die Futtermittelsicherheit

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Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
Sonderheft 306
Special Issue
Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
herausgegeben von
Uwe Petersen, Sabine Kruse, Sven Dänicke und
Gerhard Flachowsky
Vortragsveranstaltung im Forum der FAL
am 16./17. November 2006, gemeinsam veranstaltet vom
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (BMELV) und der
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)
Braunschweig
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Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Die Verantwortung für die Inhalte liegt bei den jeweiligen Verfassern bzw. Verfasserinnen.
2007
Landbauforschung Völkenrode - FAL Agricultural Research
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)
Bundesallee 50, 38116 Braunschweig, Germany
landbauforschung@fal.de
Preis / Price: 10 €
ISSN 0376-0723
ISBN 978-3-86576-030-2
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
i
Vorwort
Die Futtermittel sind nicht nur der größte Kostenfaktor bei der Erzeugung von Milch, Fleisch und Eiern. Die
Futtermittel stellen auch die Basis für den Transfer verschiedener gewünschter/wertbestimmender Stoffe, wie
z.B. Aminosäuren, Fettsäuren, Mengen- und Spurenelemente und Vitamine, aber auch von unerwünschten
Stoffen, wie z.B. giftige Inhaltsstoffe, Umweltkontaminanten oder Mykotoxine, in die Lebensmittel dar.
Diese prinzipiellen Zusammenhänge wurden schon vor über 100 Jahren erkannt und waren Anlass dafür, das der
Landeskulturrat des Königreiches Sachsen bereits 1889 um die Prüfung der Frage einer gesetzlichen Regelung
zur Kontrolle des Handels mit Futtermitteln gebeten hat. Wichtige Meilensteine in der Umsetzung waren dann in
Deutschland im Jahre 1920 eine Verordnung über Mischfutter und 1926 ein Futtermittelgesetz.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Gedanke des Verbraucherschutzes spezifiziert, wobei der Mensch als
Konsument von tierischen Lebensmitteln immer stärker in den Mittelpunkt der Sicherheitsbetrachtungen trat. Im
Futtermittelgesetz von 1975 heißt es zur Zweckbestimmung unter anderem, dass die tierische Erzeugung so zu
fördern ist, dass die von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse den an sie gestellten qualitativen Anforderungen,
insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit, entsprechen. Außerdem ist
sicherzustellen, dass durch Futtermittel die Gesundheit von Tieren nicht beeinträchtigt wird.
In den Folgejahren wurden viele futtermittelrechtliche Vorschriften durch die Harmonisierung in der EU
weiterentwickelt. Insbesondere die seit 2006 anzuwendende Futtermittelhygieneverordnung stellt weitreichende
Anforderungen an den gesamten Sektor. Schwerpunkt dabei ist es, die Futtermittelsicherheit als einen wichtigen
Beitrag zur Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Dies bedeutet insbesondere auch den Eintrag
unerwünschter Stoffe aus Futtermitteln in Lebensmittel tierischer Herkunft u.a. durch Erkennen und
Verschließen von Kontaminationsquellen und Entwicklung zielgerichteter Minimierungsstrategien möglichst
gering zu halten.
Durch Maßnahmen der Wirtschaft, wie z.B. Weiterentwicklung der Eigenkontrollsysteme und der
Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit durch alle Stufen der Lebensmittelkette, sollen künftig so genannte
Lebensmittelskandale verhindert werden. Ein Beispiel für die Umsetzung in die Praxis ist die im Jahre 2000 in
Deutschland etablierte „Positivliste der Futtermittel“, die im Rahmen der Qualitäts- und Sicherheitssysteme in
der Futtermittelwirtschaft Anwendung findet.
Mit diesen und weiteren Schwerpunkten beschäftigte sich das Symposium „Meilensteine für die
Futtermittelsicherheit“, wobei sich renommierte Fachleute aus dem In- und Ausland im Rahmen folgender
Themenkomplexe äußerten:
- Rechtliche Rahmenbedingungen
- Beiträge der Forschung
- Aspekte der Praxis
- Futtermittelüberwachung.
Die in den Vorträgen angesprochenen Themen wurden durch 18 Posterbeiträge untersetzt.
Da das Symposium eine überaus große Resonanz fand und auch wiederholt nach der gedruckten Version der
Beiträge gefragt wurde, haben wir uns zur Zusammenstellung des vorliegenden Tagungsbandes entschlossen.
Allen Referenten und Posterausstellern, die bereit waren, dieses Projekt zu unterstützen, sei an dieser Stelle
vielmals gedankt. Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren verantwortlich.
Unser besonderer Dank gilt auch Frau Heike Klein vom BMELV und Frau Margit Fink von der FAL, die im
„Hintergrund“ für die sehr gute Organisation und den reibungslosen Ablauf (einschl. des Abendprogramms) der
Veranstaltung sorgten.
Braunschweig, März 2007
Uwe Petersen
Sabine Kruse
Sven Dänicke
Gerhard Flachowsky
ii
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Grußwort
Bernhard Kühnle
Leiter der Abteilung „Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen“
im Bundesministerium für Ernährung, Lebensmittel und Verbraucherschutz
Staatliches Handeln ist wesentlich auf den Schutz der Bürger und die Schaffung der Rahmenbedingungen für das
gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenleben und Handeln ausgerichtet. Diese Rahmenbedingungen
werden in der Regel in Gesetzen und Verordnungen festgeschrieben, so auch vor ziemlich genau 80 Jahren für
den Futtermittelsektor mit dem ersten deutschen Futtermittelgesetz vom 22. Dezember 1926.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat dieses Datum zum Anlass
genommen, das heutige Symposium zum Thema „Meilensteine für die Futtermittelsicherheit“ gemeinsam mit
dem Institut für Tierernährung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft zu veranstalten. Unsere
Überlegung war es, eine Bilanz der wichtigsten Ereignisse und Entscheidungen zu ziehen, die das
Futtermittelrecht und die Futtermittelwirtschaft in diesen Jahrzehnten durchlaufen haben – und gleichzeitig nach
vorn zu schauen und Ziele zu benennen.
Motor der Entwicklung ist und war wie in allen Wirtschaftsbereichen der sog. technische Fortschritt. Bezogen
auf den Futtermittelsektor verstehe ich darunter die wissenschaftlichen Erkenntnisse auf den Gebieten der
Tierernährungsphysiologie, der Futtermittelkunde sowie die züchterische Verbesserung der Nutztiere einerseits
und die Umsetzung dieser wissenschaftlichen Fortschritte in der landwirtschaftlichen Produktion. Ob in diesem
Zusammenspiel der Faktoren die Innovationen in der Futtermittelwirtschaft Betriebsmittel auch Motorfunktion
hatten, wird sicherlich nie zweifelsfrei zu entscheiden sein. Es ist letztlich auch unerheblich, ebenso wie die
Lösung der kniffligen Frage, was denn früher da gewesen sei, die Henne oder das Ei. Entscheidend ist: Es hat
Fortschritte gegeben, und zwar in einer Größenordnung, die sich die Menschen vor 80 Jahren sicherlich so nicht
vorgestellt haben. So wurden beispielsweise die Milchleistung je Kuh von rd. 2.200 ltr. auf 6.000 ltr.
(Spitzenleistungen über 10.000 ltr. sind nicht selten) oder die Legeleistung der Hennen von rd. 50 auf
275 Eier/Jahr gesteigert.
Diese enorme Entwicklung war nur dadurch möglich, dass neben dem Erkenntnisfortschritt bei Tierernährung
und Tierzucht auch die Rahmenbedingungen verbessert wurden. Hervorheben will ich die Tierhaltung, die
Futtermittelwirtschaft, die züchterische Verbesserung der Futterpflanzen, des Anbaus, der Ernte und die
Konservierung. Besondere Bedeutung hat auch die Entwicklung von Stoffen zur Optimierung der
bedarfsangepassten Fütterung der Tiere, so z. B. Aminosäuren, Spurenelemente, aber auch die Vitamine.
Welche Bedeutung eine optimierte bedarfsangepasste Fütterung für die Ausschöpfung des Leistungspotenzials
der Nutztiere hat, wurde für mich in einer besonderen Weise auch deutlich nach der Wiedervereinigung. Die
Steigerung der Einzeltierleistung auf dem Gebiet der ehemaligen DDR bei zunächst unveränderter genetischer
Grundlage allein durch den besseren Zugang zu Futtermitteln und essentiellen Ergänzungsstoffen war
beeindruckend.
Andererseits, wie in allen dynamischen Entwicklungsprozessen, kam es auch in der Tierhaltung zu
Fehlentwicklungen und unerwünschten Folgen. Dies hat zu gesellschaftlichen Reaktionen, z. B. im Hinblick auf
Tier- und Umweltschutz, geführt. Es ist Aufgabe der Politik, hierauf angemessen zu reagieren.
Im Fokus der Politik stehen dabei insbesondere die modernen Tierhaltungsformen, die Fütterung, der
Tiertransport und die Schlachtung. Unsicherheiten und Zweifel der Verbraucher werden aber auch genährt durch
Schweinepest, Salmonellen, BSE und nicht zuletzt auch durch die Diskussion um die Verwendung bestimmter
Zusatzstoffe und Arzneimittel. Es ist deshalb nach meiner Überzeugung im Interesse aller beteiligten Kreise,
Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Denn das Vertrauen der Verbraucher ist nicht nur auf Qualität und
Sicherheit der Erzeugnisse ausgerichtet - dies ist gewissermaßen die nicht verhandelbare Grundlage.
Entscheidend ist aus meiner Sicht, dieses Vertrauen immer wieder zu stabilisieren, indem Fehler oder
Missstände konsequent abgestellt und die Erwartungen der Gesellschaft an Tierschutz und Umweltschutz
beachtet werden.
Tierschutzrechtliche Rahmenbedingungen werden durch das Tierschutzgesetz und zahlreiche
Haltungsverordnungen gesetzt. Dazu gehören nach meiner Auffassung aber auch die Aktivitäten der
Landwirtschaft selbst, um den Verbrauchern Einblick in die heutigen Produktionsweisen zu vermitteln. Das
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
iii
Interesse an solchen Aktionen ist überwältigend. So konnte man kürzlich bei einer Aktion „Offene Höfe“ in
einem Dorf in der Nähe von Bonn miterleben, dass die interessierten Bürger sogar lange Fußwege in Kauf
nehmen, um von den Parkplätzen zu den Betrieben zu gelangen.
Ins Visier der kritischen Öffentlichkeit sind auch bestimmte Futtermittel, Futtermittelzusatzstoffe oder
Tierarzneimittel geraten.
Ein besonderes Schlüsselerlebnis für Sie alle, aber auch für mich, war der erste originäre BSE-Fall in
Deutschland im November des Jahres 2000. Hierdurch ausgelöste Reaktionen der Gesellschaft, insbesondere der
Verbraucherschaft und der Politik, waren dramatisch und sie sind immer noch nicht ausgestanden. Ob bei den
seinerzeit mit dem Verfütterungsverbotsgesetz verordneten Maßnahmen die rechtsstaatlichen Prinzipien der
Gesetzgebung nach den Grundsätzen der Notwendigkeit, der Geeignetheit und der Verhältnismäßigkeit
angemessen berücksichtigt wurden, wird auch heute noch unterschiedlich beurteilt. Das
Bundesverfassungsgericht hat die Maßnahmen und die Vorgehensweise jedenfalls als vertretbar und
rechtsfehlerfrei beurteilt.
Inzwischen ist die Bundesrepublik Deutschland auf dem Sektor der BSE-Vorsorgemaßnahmen im
Fütterungsbereich weitgehend EG-konform. Die insbesondere von der Futtermittelwirtschaft kritisierte
Sonderregelung in Bezug auf die Verfütterung tierischer Fette wird zurzeit in dem nach der LebensmittelBasisverordnung vorgeschriebenen wissenschaftlichen Klärungsverfahren zwischen den deutschen und
europäischen Fachleuten diskutiert. Ich bin zuversichtlich, dass dieses Problem in absehbarer Zeit zu einem EGeinheitlichen Ergebnis gebracht werden kann.
Auch auf den verschiedenen Feldern der sog. „Null-Toleranzen“ ist das Ministerium weiter um Lösungen
bemüht. Dies betrifft z. B. die Frage der Tolerierung unvermeidlicher Verunreinigungen von tierischen
Proteinen. Einen ersten Erfolg konnten wir voriges Jahr zur Lösung der ackerbaulich bedingten Einträge durch
Wurzeln und Knollen erreichen. Unser Ziel bleibt allerdings weiterhin ausgerichtet auf eine Regelung, die alle
Zufälligkeiten im Spurenbereich umfasst.
Auch die Null-Toleranz im Hinblick auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in tierischen
Erzeugnissen als Folge einer Anwendung - auch in Form einer Verschleppung - bei Nicht-Ziel-Tierarten ist noch
nicht gelöst. Wir haben – wie mit Ihnen im Januar 2004 verabredet – eine Initiative in Brüssel gestartet. Die
grundsätzliche Bereitschaft der Europäischen Kommission und zahlreicher Mitgliedstaaten, hierfür eine Lösung
zu finden, scheint mir gegeben zu sein. Auch auf diesem Feld erwarte ich in absehbarer Zeit Ergebnisse.
Die Diskussion um die Verwendung antibiotischer Stoffe zur Leistungsförderung ist mit dem Auslaufen der
Zulassungen am 31.12.2005 für den Bereich der Fütterung, so hoffe ich jedenfalls, abgeschlossen. Die
Anwendung dieser Stoffe als Tierarzneimittel werden wir weiter sehr sorgfältig verfolgen. Die hierzu laufenden
Maßnahmen zur Statuserhebung und Bewertung werden sicherlich eine gute Grundlage für weitere
Überlegungen darstellen. Es ist jedenfalls aus meiner Sicht nicht förderlich für das Ansehen der tierischen
Produktion, wenn – ob zu recht oder zu unrecht – die Verbraucher die Vorstellung haben, dass davon auch
Gefährdungen ausgehen können, z. B. mit Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Medikamenten.
Bei der Vorbereitung zu diesem Symposium habe ich gelernt, dass man sich bei der Entscheidung, ob der
Futtermittelsektor durch öffentliches Recht geordnet werden müsse, sehr lange Zeit genommen hat, je nach
Bezugspunkt zwischen 30 und nahezu 40 Jahren. Man könnte fast sagen, nahezu ein ganzes Beamtenleben.
Wenn man diese lange Phase der Diskussion des Abwägens, Feilens und Feilschens als Bemühen um das
Austarieren einer Lösung interpretiert, könnte man fast sagen: das waren noch paradiesische Zustände. In der
heutigen Mediengesellschaft sind solche Zeitspannen nicht mehr vorstellbar. So hat sich die Europäische
Kommission mit ihrem Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit vorgenommen, einen ganzen Sektor, der über den
Futtermittelbereich hinausgeht und den gesamten Lebensmittelbereich mit erfasst, innerhalb weniger Jahre
grundlegend auf eine neue rechtliche Basis zu stellen.
Mit der Basisverordnung zum Lebensmittelrecht wurde im Jahr 2002 die Grundlage gelegt. Entsprechend der
Zielsetzung einer einheitlichen Betrachtungsweise von Erzeugungsketten sind in diesem Regelungswerk auch
die Futtermittel für Lebensmitteltiere eingebunden. Ergänzt wird die Basis-Verordnung durch
Spezialregelungen. Hierzu werden wir sicher noch im Laufe des Symposiums Einiges hören.
In Deutschland haben wir den rechtlichen Ansatz der Europäischen Gemeinschaft mit dem Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuch nachvollzogen. Dabei werden Sie feststellen, dass in der Zusammenschau der
Verordnung (EG) Nr. 178/ 2002 und des LFGB die Regelungen des alten, inzwischen aufgehobenen
Futtermittelgesetzes von 1976 weitgehend erhalten sind. Wir haben allerdings einen wichtigen Schwerpunkt,
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Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
nämlich den vorsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschutz, neu gesetzt mit entsprechenden Ermächtigungen
für Detailregelungen. Auch die Strafbewehrung für Verstöße gegen Regelungen zum Schutz der
Verbraucherinnen und Verbraucher wurden verschärft. Dies ist, so denke ich, richtig und notwendig.
Das neue Verbraucherinformationsgesetz, dem die Länder am 22. September 2006 im Bundesrat zugestimmt
haben, ist Teil dieses neuen Konzeptes, denn es wird zu mehr Transparenz für den Verbraucher und zu mehr
Information der Öffentlichkeit führen. Die Verbraucher erhalten mit diesem Gesetz ein bundeseinheitliches
Recht auf Zugang zu behördlichen Informationen und auch die Möglichkeit, Namen von Unternehmen zu
veröffentlichen, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen haben, werden erweitert. Diese Erweiterungen
stehen auch im Zusammenhang mit den jüngsten Geschehnissen bei Fleisch. Für uns in Deutschland ist die
öffentliche Nennung von Unternehmen Neuland, für unsere Partner in zahlreichen Mitgliedstaaten dagegen
schon seit längerem geübte Praxis. Insoweit wird auch das Verbraucherinformationsgesetz zu einer weiteren
Angleichung der Lebensverhältnisse in den Staaten der Europäischen Gemeinschaft beitragen.
Für mich als verantwortlichem Abteilungsleiter für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen im
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist das Thema Futtermittel in den
vergangenen Jahren wiederholt sehr anstrengend und fordernd gewesen, wenngleich nicht unbedingt jedes
Ereignis gleich als Krise hätte bezeichnet werden müssen. Unerfreulich, bedenklich und in jedem Falle
korrekturbedürftig waren diese Ereignisse allerdings in jedem Fall. Und in dieser Zielsetzung haben wir, und
damit beziehe ich die Überwachung und die Wirtschaft gleichermaßen ein, wichtige Fortschritte gemacht.
Als ich gebeten wurde, dieses Symposium mit einem Grußwort zu eröffnen, habe ich auch deshalb gerne
zugesagt, weil ich meine, dass wir inzwischen auf einem guten Weg sind.
Damit wünsche ich dieser Veranstaltung ein gutes Gelingen und Ihnen allen interessante Gespräche. Bei den
Organisatoren in der FAL und in meinem Futtermittelreferat bedanke ich mich bereits jetzt für die Organisation,
denn leider kann ich nicht an der gesamten Veranstaltung teilnehmen.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
Inhaltsverzeichnis
v
Seite
Vorwort
Grußwort
Bernhard Kühnle
i
ii
Komplex I: Rechtliche Rahmenbedingungen
1
Entwicklungen im deutschen Futtermittelrecht
Uwe Petersen
Die Neuordnung der europäischen Regelungen im Futtermittelsektor
Wolfgang Trunk
2
9
Komplex II: Beiträge der Forschung
12
Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
– Beiträge der Tierernährungswissenschaft –
Gerhard Flachowsky
Methodische Ansätze zur Abschätzung der Einflüsse der Mykotoxine Deoxynivalenol
und Zearalenon auf die Futtermittelsicherheit
Sven Dänicke
Carry Over Forschung über unerwünschte Stoffe – Forschung im Dienste der
Futtermittelsicherheit
Hans Schenkel
Futtermittelhygiene: Charakterisierung, Einflüsse und Bedeutung
Josef Kamphues
Futtermittelsicherheit: Ein bedeutender Teil des „Farm to Fork“ - Konzeptes
Monika Lahrssen-Wiederholt
14
Komplex III: Aspekte der Praxis
59
Qualität und Sicherheit der wirtschaftseigenen Futtermittel
Walter Staudacher
Eigeninitiativen der Mischfutterbranche zur Verbesserung der Futtermittelsicherheit
Hubert Grote
Futtermittelsicherheit bei Nebenerzeugnissen aus der Lebensmittelwirtschaft
Karsten Maier
Futtermittelzusatzstoffe – ihre Anwendungssicherheit im Wandel
Angela Busch
Positivliste für Einzelfuttermittel – ein Beitrag zur Futtermittel-Sicherheit
Volker Potthast
Die Bedeutung der Futtermittelsicherheit in der Beratungspraxis
Werner Lüpping
60
Komplex IV: Futtermittelüberwachung
94
Organisation und Durchführung der Futtermittelüberwachung in der
Bundesrepublik Deutschland
Wolfram Meng
Futtermittelüberwachung in Österreich
Herbert Würzner
Entwicklung der Futtermitteluntersuchung
Bernhard Eckstein
95
Schlusswort
Holger Martens
26
35
41
56
65
71
74
82
86
107
111
117
vi
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Poster
Änderungen futtermittelrechtlicher Vorschriften seit BSE
W. Meng
119
Organisation der amtlichen Futtermittelkontrolle in Deutschland
W. Meng
120
Anwendungsbereich der Futtermittelhygieneverordnung
W. Meng
121
Registrierungs- und zulassungspflichtige Futtermittelunternehmen
W. Meng
122
Verlagerung der Schwerpunkte der amtlichen Futtermittelkontrolle von 1999 bis 2005
W. Meng
123
Ergebnisse der amtlichen Futtermittelkontrolle von 2001 bis 2005
W. Meng
124
Ausgewählte Beanstandungsquoten der Ergebnisse der amtlichen Futtermittelkontrolle von
2001 bis 2005
W. Meng
125
BMVEL/BfEL Dioxin- und PCB-Statuserhebung 2004-2007
K.-H. Schwind, W. Jira, S. Dänicke
126
Untersuchungen zum Einfluss von Glyphosatrückständen im Futter auf pansenphysiologische
Parameter und auf den in sacco Trockensubstanzabbau
L. Hüther, S. Drebes, P. Lebzien
129
Effect of acrylamide from a heated potato product on the acrylamide content in eggs,
breast muscle meat, liver and kidney of hens
I. Halle, G. Flachowsky, M. Ihling, M. Lahrssen-Wiederholt, H. Klaffke
130
Extensivierung von Grünland: Gefahren-Potential von Pyrrolizidinalkaloiden für die
Tiergesundheit und den gesundheitlichen Verbraucherschutz
N. Adrian, A. Khol-Parisini, H. Klaffke
131
Risikoeinschätzung der Kontamination von Rübenschnitzeln mit tierischen Bestandteilen
H. Itter, Chr. Boess, H. Broll, M. Lahrssen-Wiederholt
132
Cadmium: ein unerwünschter Stoff in der Tierernährung
H. Schafft, S. Nitschke
133
Jodversorgung des Menschen - Beiträge der Tierernährung
G. Flachowsky, A. Berk, P. Lebzien, U. Meyer, M. Spolders
134
Fusarium-Erkrankungen beim Mais - Auswirkungen auf die Futtermittelsicherheit
E. Oldenburg, F. Höppner
135
Bioavailability of the Fusarium toxin deoxynivalenol from naturally contaminated wheat
for the pig
T. Goyarts, S. Dänicke, H. Valenta
136
Carry over of deoxynivalenol and de-epoxy-deoxynivalenol into edible tissues, blood serum
and bile fluid of growing bulls
H. Valenta, S. Dänicke
137
Mutterkorn im Futter – Lösungsansätze zum besseren Schutz der Tiergesundheit
S. Dänicke
138
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
I. Rechtliche Rahmenbedingungen
1
2
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Entwicklungen im deutschen Futtermittelrecht
Uwe Petersen
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Bonn
1.
Vorbemerkung
Art und Umfang staatlicher Maßnahmen sollten in einem demokratischen Rechtsstaat an den Grundsätzen der
Notwendigkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit ausgerichtet sein. Deshalb müssen alle gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Gruppen in die Diskussion einbezogen werden. Denn nur so kann der einer öffentlichen
Verwaltung vermutlich systemimmanenten Versuchung entgegen gewirkt werden, das öffentliche
Regelungswerk vorrangig als Wert an sich zu betrachten und Perfektionismus zu betreiben. - 30 Jahre
Diskussion - wie im Falle des ersten deutschen Futtermittelgesetzes - scheinen mir allerdings zu lang; 6 Tage wie beim Verfütterungsverbotsgesetz - erscheinen mir dagegen zu kurz.
2.
Futtermittelgesetz von 1926
Die Initiative für eine futtermittelrechtliche Regelung ging im Jahr 1889 vom Königreich Sachsen aus. Anlass
waren Todesfälle bei Kälbern und Erkrankungen von Kindern nach dem Verzehr von Milch von Kühen, deren
Futter durch Beimengung gemahlener Kornrade verunreinigt war.
Ziel der Initiative war es, den lauteren Handel mit Futtermitteln zu sichern, Gefahren für Tier und Mensch
abzuwehren sowie die wirtschaftliche Förderung der Tierproduktion.
Die Beratungen über ein Futtermittelgesetz wurden unterbrochen durch zwangswirtschaftliche Regelungen für
Futtermittel im Ersten Weltkrieg. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde von den Länderregierungen und den
Organisationen der Landwirtschaft die Aufhebung der Zwangswirtschaft für Futtermittel mit der Forderung nach
einer Regelung über den Verkehr mit Mischfuttermitteln verbunden, weil - so die Begründung - auf diesem
Gebiet erfahrungsgemäß seit jeher „besondere Anstände“ zu beobachten seien. - Mit der Mischfutterverordnung
vom 8. April 1920 wurden deshalb der Genehmigungszwang für Mischfuttermittel und eine Deklarationspflicht
eingeführt.
Die Mischfutterverordnung wurde durch das erste deutsche Futtermittelgesetz vom 22. Dezember 1926 abgelöst.
Dem Gesetzgeber kam es insbesondere darauf an, die Qualität des Betriebsmittels „Futtermittel“ im
umfassenden Sinne zu gewährleisten. Deshalb wurde der sachliche Geltungsbereich des Gesetzes so weit wie
möglich ausgedehnt, indem alle Stoffe, die der Zweckbestimmung des Verfügungsberechtigten zufolge verfüttert
werden sollen, in die Regelung einbezogen wurden. Der Futtermittelbegriff des Gesetzes stellte deshalb nicht ab
auf das wissenschaftliche und umgangssprachliche Verständnis, sondern ganz allgemein auf alle zur Fütterung
bestimmte Stoffe. Stoffe, die der Beseitigung oder Linderung von Krankheiten dienen sollen, waren vom
Futtermittelbegriff ausgenommen.
Futtermittel mussten beim Ministerium angemeldet werden und wurden in ein Register eingetragen. Dies galt
auch für Mischfuttermittel; insoweit wurden die Bestimmungen der Mischfutterverordnung von 1920
fortgeschrieben.
Die Bezeichnung der Futtermittel musste der Natur des Stoffes entsprechen; dies gilt im Grundsatz heute noch.
In den Erläuterungen hieß es dazu, dass die „Benennung der Natur entspricht, wenn sie in Übereinstimmung mit
der Wissenschaft (Botanik, Zoologie, Chemie usw.), der Fütterungslehre und dem nicht missbräuchlichen
Sprachgebrauch steht“.
Kennzeichnungselemente waren
- die Bezeichnung des Futtermittels,
- die Gehalte an Wert bestimmenden Inhaltsstoffen und
- bei Mischfuttermitteln zusätzlich die Mischungsanteile in von Hundert-Sätzen.
Nach dem Futtermittelgesetz von 1926 war es zulässig, auch mit Mängeln behaftete Futtermittel in den Verkehr
zu bringen; allerdings musste der Veräußerer ausdrücklich auf den Mangel hinweisen. Anderenfalls übernahm
der Veräußerer die Gewähr für die handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit. Denn es wäre
unwirtschaftlich, so die Begründung, Futtermittel wegen jeder beliebigen Abweichung von der normalen
Beschaffenheit vom Warenverkehr schlechthin auszuschließen. Dies würde zudem dem Grundsatz der
Vertragsfreiheit widersprechen, der auch im Futtermittelrecht Geltung habe, soweit nicht das öffentliche
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
3
Interesse an einem möglichst geordneten Futtermittelverkehr Eingriffe notwendig mache. - Diese Regelung hat
die Jahrzehnte bis heute überdauert.
Das Futtermittelgesetz vom 22. Dezember 1926 trat am 1. November 1927 in Kraft. Gleichzeitig traten in Kraft
- die Verordnung zur Ausführung des Futtermittelgesetzes vom 21. Juli 1927 mit
Bestimmungen über die Benennung der Futtermittel, die Angabe der Herkunft, die Angabe der
verarbeiteten Rohstoffe bei Abfällen aus der Herstellung von Lebensmitteln, die Angabe der Art der
Herstellung, die Angabe des Gehaltes an wertbestimmenden Inhaltsstoffen, Form und Art der
Kennzeichnung sowie Spielräume für die Überprüfung der Richtigkeit von Angaben über wertbestimmende
Inhaltsstoffe und
- die Verordnung über die Probeentnahme von Futtermitteln vom 21. Juli 1927 mit Vorschriften über die Art
der Probenahme, die Aufbewahrung der Proben, die Bescheinigung über die Probeentnahme sowie
Einsendung der Probe an die Untersuchungsstelle und die andere Vertragspartei.
3.
Futtermittelrecht und Zwangswirtschaft von 1933 bis 1945
Die futtermittelrechtlichen Vorschriften von 1926/27 galten formal bis zum 30. Juni 1976. Sie wurden allerdings
bereits 1934 überlagert, als im Zusammenhang mit den staatlichen Maßnahmen zur Sicherstellung der
Erzeugung eine „Wirtschaftliche Vereinigung“ als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit weitgehenden
Lenkungs-/Überwachungsmaßnahmen gegründet wurde. So wurden beispielsweise eine Zulassungspflicht für
die Herstellung aller Mischfuttermittel vorgeschrieben und als Richtlinie für die Herstellung von
Mischfuttermitteln eine Normentafel geschaffen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Futtermittelwirtschaft wie auch schon im Ersten Weltkrieg einer vollständigen
staatlichen Lenkung unterworfen.
4.
Futtermittelrecht der Nachkriegszeit
4.1 Futtermittelanordnung von 1949
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Futtermittelgesetz durch die vom Direktor der Verwaltung für
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Vereinigten Wirtschaftsgebietes erlassene Anordnung über
Futtermittel, Mischfuttermittel und Mischungen (Futtermittelanordnung) vom 21. Juni 1949 ergänzt. Kern dieser
Anordnung war, dass alle Mischfuttermittel und Mischungen erst nach Eintragung in ein Futtermittelregister und
– soweit die Futtermittel nicht einer Normentafel entsprachen – erst nach Erteilung einer Sondergenehmigung in
den Verkehr gebracht werden durften; solche Sondergenehmigungen bedurften eines befürwortenden Votums
einer Gutachterkommission. Die Gutachterkommission ist noch bis Ende der 70er Jahre tätig gewesen.
4.2 Futtermittelanordnung von 1951
Mit der Neufassung der Futtermittelanordnung 1951 gingen die Ermächtigungen für weitere Regelungen und die
Erteilung von Sondergenehmigungen auf den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über.
Wichtige Neuerung war die Schaffung einer neuen Stoffgruppe mit der Bezeichnung „Organische oder
anorganische Futtermittelbestandteile mit Sonderwirkung“. Nach § 23 der Futtermittelanordnung waren dies
Stoffe, „die in wechselnden, jedoch verhältnismäßig sehr kleinen Mengen in Futtermitteln in der Regel natürlich
vorkommen, und die für den normalen Ablauf der Lebensvorgänge im Tierkörper notwendig sind“. Über die
Zulassung der dieser Stoffgruppe zugeordneten Verbindungen, wie z. B. Vitamine und deren Vorstufen oder
Spurenelementverbindungen, konnte der Bundesminister nach Anhörung der Gutachterkommission oder von
Sachverständigen entscheiden. Der Bundesminister durfte auch andere Stoffe mit Sonderwirkungen zur
Verwendung in Futtermitteln zulassen. Bereits 1951 wurden Kokzidiostatika als Stoffe mit Sonderwirkung durch
Sondergenehmigung zugelassen. – Der seinerzeitige Begriff „Stoffe mit Sonderwirkung“ ist inzwischen
fortentwickelt und ausgeweitet worden und hat seine Fortsetzung gefunden in dem Begriff „Zusatzstoffe“.
Mit der Futtermittelanordnung von 1951 wurde die Verpflichtung zur Anmeldung aller Futtermittel,
Mischfuttermittel und Mischungen vor dem Inverkehrbringen beim Bundesminister zur Eintragung in ein
Register erheblich ausgeweitet. Jede Änderung in der Zusammensetzung eines in das Register für Futtermittel
eingetragenen Mischfuttermittels war dem Bundesminister schriftlich zu melden. Mischfuttermittel und
Mischungen mussten zudem den Anforderungen der Normentafel entsprechen, wobei Höchst- und
Mindestgehalte an Wert bestimmenden Bestandteilen zu beachten waren; Abweichungen hiervon bedurften
wiederum der Sondergenehmigung durch den Bundesminister nach Anhörung der Gutachterkommission.
4.3 Vorschaltgesetz von 1968
Die dynamische Entwicklung der Tierernährungswissenschaft und Futtermittelwirtschaft war allerdings schon
bald mit dem Instrument der Normentafel nicht mehr zu bewältigen. Im September 1968 wurde daher das Gesetz
4
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
zur Änderung futtermittelrechtlicher Vorschriften, das sog. Vorschaltgesetz, erlassen. Damit wurde insbesondere
die Mischfutterherstellung von vielen Zwängen befreit. - Vor dem Inkrafttreten des Vorschaltgesetzes gab es
1967 mit Sondergenehmigungen, Eintragungen, Änderungen und Verlängerungen 17.121 futtermittelrechtliche
Verwaltungsakte; nach der Neuregelung waren es im Jahr 1969 nur noch 603 Verwaltungsakte.
4.4 Das Futtermittelgesetz von 2. Juli 1975
1971 wurde vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eine Gesamtreform des
Futtermittelrechts eingeleitet. Vorangegangen waren Überlegungen, diese Reform mit Blick auf die Entwicklung
in der Europäischen Gemeinschaft zurückzustellen. Nachdem die Futtermittel-Rechtsetzung in der EG aber nur
mühsam vorankam, wurde beschlossen, die Arbeiten auf nationaler Ebene weiterzuführen. Öffentlich-rechtliche
Motivation waren dabei vor allen Dingen, die Sicherung der Erzeugung qualitativ hochwertiger Lebensmittel
und den Schutz der Tiergesundheit zu gewährleisten.
Das Futtermittelgesetz vom 2. Juli 1975 wurde als Rahmengesetz konzipiert mit allgemeinen Regeln und
Normen sowie Ermächtigungen für den Bundesminister, weitergehende Detailregelungen mit Zustimmung des
Bundesrates durch Verordnung zu regeln. Dies ist mit
- der Futtermittelverordnung von 1976 und
- der Futtermittelprobenahme- und -Analyseverordnung von 1978
erfolgt.
4.4.1 Zweckbestimmung
Nach § 1 war es Zweck des Futtermittelgesetzes,
1. die tierische Erzeugung so zu fördern, dass
a) die Leistungsfähigkeit der Nutztiere erhalten und verbessert wird und
b) die von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse den an sie gestellten qualitativen Anforderungen,
insbesondere im Hinblick auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit entsprechen;
2. sicherzustellen, dass durch Futtermittel die Gesundheit von Tieren nicht beeinträchtigt wird;
3. vor Täuschung im Verkehr mit Futtermitteln, Zusatzstoffen und Vormischungen zu schützen,
4. Rechtakte von Organen der Europäischen Gemeinschaften im Bereich des Futtermittelrechtes durchzuführen.
Die Zweckbestimmung ist in zweierlei Hinsicht von zentraler Bedeutung: Zum einen wird festgelegt, welchen
Zielen die futtermittelrechtlichen Regelungen dienen müssen, und zum anderen, welche
Ausführungsvorschriften überhaupt zulässig und rechtlich möglich sind. Denn die Ermächtigungen für den
Bundesminister, weitere Detailregelungen durch Verordnung zu treffen, nehmen jeweils Bezug auf die
Zweckbestimmung. – Demzufolge konnten beispielsweise Markt motivierte Regelungen nicht auf das
Futtermittelgesetz gestützt werden. Dies konnte mit zeitweiligem Erfolg in den 80er Jahren zur Abwehr der
Forderung nach der Einführung der offenen Deklaration bei Mischfuttermitteln mit dem Ziel der Förderung der
Verwendung von Getreide ins Feld geführt werden.
4.4.2 Verbote zur Gefahrenabwehr
Zentrale Vorschriften zur Gefahrenabwehr im Futtermittelgesetz waren die Verbote in § 3. Danach war es
verboten, Futtermittel derart herzustellen und zu behandeln, dass sie bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter
Verfütterung geeignet sind, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Erzeugnisse, insbesondere im Hinblick
auf ihre Unbedenklichkeit für die menschliche Gesundheit, zu beeinträchtigen oder die Gesundheit von Tieren zu
schädigen. Futtermittel, von denen eine solche Gefährdung ausgehen könnte, durften nicht in den Verkehr
gebracht oder verfüttert werden.
Mit den grundlegenden Verboten in § 3 waren einerseits alle Gefährdungen durch Futtermittel erfasst und
andererseits der Rahmen für die Sorgfaltspflicht der Wirtschaft festgeschrieben. Aus rechtlicher Sicht hätte man
es bei dieser Vorschrift zur Gefahrenabwehr bewenden lassen können. Allerdings würden sich bei Maßnahmen
allein auf der Grundlage der Bewertung des Einzelfalles nach dieser Norm Unterschiede im Vollzug ergeben.
Folgen wären vermutlich Erschwernisse im Handel und eine Häufung gerichtlicher Verfahren. Es war daher im
Interesse aller Beteiligten, für Sachverhalte mit allgemeiner Bedeutung in der Futtermittelverordnung
weitergehende konkrete Regelungen zu treffen, so z. B. für bestimmte Futtermittel, Zusatzstoffe oder bestimmte
unerwünschte Stoffe.
4.4.3 Allgemeine Regeln für den gewerbsmäßigen Verkehr und die Werbung
Die allgemeinen Regeln für den gewerbsmäßigen Verkehr mit Futtermitteln betrafen
- die Kenntlichmachung von Abweichungen von der Verkehrsauffassung hinsichtlich der Beschaffenheit oder
Zusammensetzung von Futtermitteln und
- die Gewährleistung einer handelsüblichen Reinheit und Unverdorbenheit von Futtermitteln,
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
5
sofern keine Angaben über etwaige Abweichungen gemacht wurden. Damit wurde eine zentrale Regelung des
Futtermittelgesetzes von 1926 fortgeführt.
Werbeaussagen mussten deutlich als solche erkennbar sein und getrennt von den amtlich vorgeschriebenen
Angaben stehen. Verboten war es, insbesondere
- Futtermittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen,
- mit irreführenden Aussagen insbesondere über leistungsbezogene und gesundheitliche Wirkungen zu
werben oder
- in der Werbung Aussagen zu verwenden, die sich auf die Beseitigung oder Linderung von Krankheiten oder
die Verhütung solcher Krankheiten, die nicht Folge mangelhafter Ernährung sind, beziehen.
4.4.4 Regelungen über Einzelfuttermittel
Einzelfuttermittel, die
- synthetisch oder unter Verwendung von Mikroorganismen gewonnen worden sind,
- denen bei der Herstellung Stoffe außer Wasser zugesetzt oder entzogen worden sind oder
- die bei der Be- oder Verarbeitung von Stoffen als Nebenerzeugnisse anfallen,
waren zulassungspflichtig. - Diese Vorschrift wurde 1997 in Angleichung an die EG-Richtlinie 96/25 auf sog.
Bioproteine nach Richtlinie 82/471/EWG eingegrenzt.
4.4.5 Mischfuttermittel
Für die Herstellung von Mischfuttermitteln gab es mit Ausnahme allgemeiner Anforderungen an die
Feuchtigkeit, den Gehalt an Salzsäure unlöslicher Asche sowie den Eisengehalt bei bestimmten Kälberfuttern
keine materiellen Vorgaben. Damit hatte der Hersteller die alleinige Verantwortung für die von ihm hergestellten
Produkte. Diese Liberalisierung des Mischfuttermarktes hat sich aus der Sicht aller Wirtschaftspartner bewährt.
Sie ermöglicht insbesondere flexible Reaktionen auf regionale Besonderheiten in der Fütterung und
Besonderheiten des Rohstoffmarktes.
Die Kennzeichnung der Zusammensetzung von Mischfuttermitteln zieht sich als unendliche Geschichte durch
die Jahrzehnte:
ƒ Im Futtermittelgesetz von 1926 war die sog. offene Deklaration vorgeschrieben.
ƒ Die Futtermittelverordnung von 1976 sah entsprechend den Empfehlungen der Wissenschaft lediglich die
Angabe der Inhaltsstoffe vor und keine Angabe der verwendeten Einzelfuttermittel (sog. geschlossene
Deklaration).
ƒ Mitte der 80er Jahre wurde dann auf Beschluss des Bundesrates die offene Deklaration vorgeschrieben, aber
nach zahlreichen Rechtsstreitigkeiten kurze Zeit später wieder zurückgenommen.
ƒ Bis 2002 galt dann entsprechend dem EG-Recht die sog. halboffene Deklaration, zeitweise in Verbindung
mit der Möglichkeit zur Angabe von Kategorien.
ƒ Seit 2002 gilt in Umsetzung des EG-Rechtes wieder eine quasi offene Deklaration mit 15 % Toleranz; die
Verpflichtung zur Preisgabe der genauen Zusammensetzung wurde aus Gründen des Know-how-Schutzes in
Umsetzung eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes gestrichen.
Nach meiner Auffassung könnte die halboffene Deklaration mit optioneller offener Deklaration ein fairer
Kompromiss für eine zukünftige Regelung sein.
4.4.6 Zusatzstoffe
Für Zusatzstoffe wurde ein differenziertes Verfahren der Zulassung und Festlegung sicherer
Verwendungsbedingungen entwickelt. Hierzu gehören u.a. Tierart spezifische Zulassungen, Mindest- und
Höchstgehalte, Altersbegrenzungen der Tiere, Wartezeiten, besondere Anforderungen an Betriebe und
Abgabebeschränkungen. Insbesondere durch das sog. Flaschenhalssystem wurde sichergestellt, dass mit
bestimmten Zusatzstoffen sachgerecht umgegangen wird.
4.4.7 Sonderfall antibiotische Leistungsförderer - eine endliche Geschichte!
ƒ 1948 wurde die wachstumsbeeinflussende Wirkung von Stockstad bei der Prüfung von
Fermentationsrückständen von Streptomyces aureofacies als Vitamin B12-Quelle entdeckt; als Wirkstoff
wurde 1951 Aureomycin (Chlortetracyclin) identifiziert.
ƒ 1951 wurden Sondergenehmigungen für Aureomycin-, Terramycin- und Penicillinpräparate erteilt.
ƒ Mitte der 60er Jahre entwickelte sich eine kritische Diskussion um Resistenzbildungen als Folge der
Verwendung von Antibiotika in der Tierfütterung. Hierzu wurden Bewertungen und Empfehlungen zum
sog. medizinischen Vorbehalt von der Kewitz-Kommission der DFG in Deutschland und der SwannKommission im Vereinigten Königreich erarbeitet; Folge dieser Empfehlungen waren u. a. das Verbot der
Tetracycline, Penicilline, Sulfonamide und die Entwicklung neuer Antibiotika wie z. B. Polypeptide,
6
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Aminoglykoside, Makrolide, Ionophore und antibakterielle chemische Substanzen (Carbadox,
Olaquindox), die in der Humantherapie nicht gebräuchlich waren.
Seit Mitte der 80er Jahre verstärkte sich die Kritik an der Verwendung von Antibiotika zur
Leistungsförderung. Auf Anregung des Bundeslandwirtschaftsministeriums leitete die DFG eine erneute
Überprüfung der gesundheitlichen Aspekte der Verwendung von Antibiotika in der Landwirtschaft ein (sog.
Hapke-Kommission). Verschärft wurde die Diskussion noch durch das Verbot antibiotischer
Leistungsförderer in einigen skandinavischen Ländern. Alternativ wurden dort Zinkoxid in hohen
Dosierungen und Mikroorganismen zur Durchfallprophylaxe eingesetzt.
1992 erstellte Prof. Gropp im Auftrag der EG einen Bericht über Leistungsförderer (Antibiotika,
Chemobiotika, Hormone). Der Bericht wurde im Rahmen einer EU-Konferenz vorgestellt; es erfolgte
jedoch keine offizielle Erörterung in den zuständigen EG-Gremien. Gleichwohl löste der Bericht kritische
Diskussionen in Deutschland (Bundestag, Bundesrat, Öffentlichkeit) aus.
1996 wurde Avoparcin in Deutschland und Dänemark wegen Kreuzkontaminationen zu Vancomycin
verboten. Das Verbot wurde 1997 in der EG nachvollzogen;
1998 wurden alle medizinisch relevanten Antibiotika in der EG verboten.
Am 31.12.2005 ist die Zulassung der restlichen Antibiotika zur Leistungsförderung in der EG ausgelaufen.
4.4.8 Unerwünschte Stoffe
Gefährdungen von Tieren oder Menschen durch unerwünschte Stoffe in Futtermitteln kann nur durch ein Bündel
von Maßnahmen wirksam begegnet werden. Ansatzpunkte hierfür sind die schon genannten gesetzlichen
Verbote nach § 3 des Futtermittelgesetzes sowie die Detailregelungen der Futtermittelverordnung. Schutzziele
sind insbesondere die Lebensmittelsicherheit, die Gesundheit der Tiere und seit 2003 auch die Umwelt.
Die Möglichkeit der Verarbeitung von Futtermitteln bei Überschreiten festgesetzter Höchstgehalte unter
Beachtung von Sicherheitsauflagen wurde im Jahr 2003 EG-weit ohne Ansehen des unerwünschten Stoffes
verboten. Meines Erachtens sind Zweifel berechtigt, dass diese Regelung einer Überprüfung nach den eingangs
genannten Prinzipien der Notwendigkeit, Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit Stand halten würde.
Bereits 1985 hatte das Bundeslandwirtschaftsministerium ein dreistufiges Konzept entwickelt, mit dem
Gefährdungen durch unerwünschte Stoffe aus der Futtermittelkette begegnet werden sollte. Ansatzpunkte waren:
ƒ Krebs erregende Stoffe: strenge Höchstgehalte, Vermischungsverbot, Abwehr hoch belasteter Partien,
Entwicklung von Entgiftungsverfahren;
ƒ Persistente Stoffe: strenge Höchstgehalte, Eingrenzung der Verschneidung, Quellen verstopfen;
ƒ Schwermetalle und sonstige unerwünschte Stoffe: Höchstgehalte zur Sicherung der Tiergesundheit und
Lebensmittelqualität auf der Ebene der Fütterung; eingeschränkte Verkehrsfähigkeit mit Kennzeichnung bei
Überschreiten festgesetzter Höchstgehalte zur Sicherung iner sicheren Verarbeitung.
Dieses Konzept wurde später verfeinert und wäre 2001 als Alternative zum Verschneidungsverbot in der EG
konsensfähig gewesen, wenn nicht die BSE-Krise dazwischen gekommen wäre.
4.4.9 Beispiele für deutsche Initiativen für Regelungen über unerwünschte Stoffe
Diskussionen über unerwünschte Stoffe waren in den vergangenen 30 Jahren immer spannend und sie sind es
auch weiterhin. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Unterstützung durch die
Arbeitsgruppe Carry over unerwünschter Stoffe des BMELV. Meilensteine waren z. B.:
ƒ
Aflatoxin: Erste Höchstgehaltsregelung 1972 als Reaktion auf das Putensterben in England; in den 70er und
80er Jahren wiederholte Nachbesserungen, insbesondere auch gegen erheblichen Widerstand der anderen
Mitgliedstaaten und der sog. AKP-Länder. Auch die Milchwirtschaft hat seinerzeit mitgeholfen, die
Situation zu bereinigen. – Heute gibt es kaum noch Auffälligkeiten.
ƒ
Persistente chlorierte Kohlenwasserstoffe: Seit Mitte der 70er Jahre Höchstgehalte in Deutschland;
Einführung der Höchstgehalte in der EG scheiterte lange Zeit am Widerstand des Vereinigten Königreichs.
In den 80er Jahren wurde auf diesem Gebiet intensiv geforscht, insbesondere wurde die Anreicherung in der
Nahrungskette von der Pflanze über das Tier, die Frauenmilch bis zum Säugling herausgearbeitet. Es gab
engagierte Positionen der DFG-Rückstandskommission und zahlreiche öffentliche Diskussionen im
Bundestag. Erst 1987 gelang es, eine Regelung in der EG zu erreichen.
Die Einigung der Mitgliedstaaten zur Festlegung von Höchstgehalten für chlorierte Kohlenwasserstoffe war
auch ein Beispiel für den Machtpoker zwischen Europäischer Kommission und Rat, denn entgegen dem
Vorschlag der Kommission hatten die Mitgliedstaaten die Regelung zusätzlich zu Artikel 43 auch auf
Artikel 100 des EG-Vertrages gestützt:
- Artikel 100 bedeutete Harmonisierung und Einstimmigkeit,
- Artikel 43 bedeutete Landwirtschaftspolitik und qualifizierte Mehrheit.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
7
Die Europäische Kommission hat deshalb die Richtlinie vor dem EuGH angegriffen und auf Nichtigkeit
geklagt. Der EuGH hat sich der Position der Kommission angeschlossen; die Regelung musste in der Folge
noch einmal formal, jetzt nur gestützt auf Artikel 43 beschlossen werden. – Das Prinzip der qualifizierten
Mehrheit gilt seitdem für alle Regelungen im Futtermittelsektor.
ƒ
Blei und Cadmium: Die Höchstgehaltsregelungen für Blei und Cadmium sind in Deutschland von der Carry
over-Arbeitsgruppe fachlich vorbereitet worden und konnten nach relativ kurzer Beratungszeit auch in der
EG durchgesetzt werden.
Seinerzeit standen die Belastungen der Futtermittel insbesondere in ehemaligen und aktiven
Emissionsregionen im Vordergrund. Als flankierende Maßnahme konnte deshalb das Schutzziel Futtermittel
im Emissionsrecht durchgesetzt werden.
Aktuell gibt es dramatische Kontaminationsfälle insbesondere in Verbindung mit bestimmten
Spurenelementverbindungen. Jüngste Beispiele sind die Fälle in Norwegen 2004/2005 und ein noch nicht
abgeschlossener Fall in Frankreich. An diesen beiden Fällen wird besonders deutlich, welche ungeheure
Dimension (Hunderte Betriebe und Tausende Tiere sind betroffen) ein Kontaminationsgeschehen annehmen
kann, wenn die Verbreitung über Spezialfuttermittel erfolgt.
ƒ
PCB und Dioxin: Der PCB- und Dioxinproblematik hat sich die Carry over-Arbeitsgruppe sehr frühzeitig
angenommen. Im Fall PCB hat BML im Jahr 1989 als flankierende Maßnahme zur Aufklärung eines
diffusen Belastungsgeschehens Orientierungswerte für Futtermittel entwickelt. Diese Orientierungswerte
haben geholfen, das Problem zu bereinigen.
Auch für Dioxine wurden zunächst Orientierungswerte favorisiert. Allerdings war diese Position vor dem
Hintergrund einiger besonderer Vorkommnisse, so z. B. der Dioxinfall in Belgien, die Dioxinbelastung in
Tonmineralen in Deutschland oder die besondere Situation bei europäischem Fischmehl nicht
durchzuhalten.
Die Dioxin-Fälle, aber auch z. B. der Chloramphenicol-Fall oder der Nitrofen-Fall haben deutlich gemacht,
dass im Vorfeld, insbesondere bei Herstellung, Transport und Lagerung von Futtermitteln mehr Sorgfalt
nötig ist. Hierzu gibt es inzwischen umfängliche Festlegungen durch die sog. Lebensmittel-Basisverordnung
(EG-Verordnung Nr. 178/2002) und die Futtermittelhygiene-Verordnung (EG-Verordnung Nr. 183/2005).
Auch die Normenkommission Einzelfuttermittel beim Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft, die
sich seit Mai 2001 engagiert mit der Erstellung einer Positivliste der Einzelfuttermittel befasst, lässt sich
ganz wesentlich von diesen Gesichtspunkten leiten.
ƒ
Sonderfall Direkttrocknung von Trockengrün: Nachdem zahlreiche Vorfälle über mehrere Jahre gezeigt
hatten, dass die nicht sachgerechte Direkttrocknung von Lebensmittelabfällen und Grünfutter zu einer
erheblichen Kontamination mit Dioxinen führen kann, wurden für diesen Sektor besondere Regelungen in
der Futtermittelverordnung getroffen. Dies war - wie immer - von großer Kritik begleitet. Inzwischen ist die
Futtermittelsicherheit offensichtlich auch in diesem Sektor gewährleistet.
5.
EG-Verordnungsrecht und flankierendes nationales Recht
Ende der 90er Jahre hat die Europäische Kommission mit ihrem Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit ein neues
Konzept entwickelt. Wesentlicher Ansatzpunkt ist dabei die Einbindung der Futtermittel in die Vorschriften zur
Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit. In der sog. Lebensmittel-Basisverordnung sind die Pflichten und
Verantwortung der Lebens- und Futtermittelunternehmer festgelegt; die Instrumente sind ausgerichtet am
Vorsorgeprinzip und der Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit in der Kette. Das von der Europäischen
Kommission eingerichtete und betriebene Schnellwarnsystem für Fälle einer ernsten gesundheitlichen Gefahr ist
Teil des Konzeptes.
Flankierende Regelungen zur Basisverordnung sind für Futtermittel im Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuch (LFGB) getroffen worden. Dabei wurden die Vorschriften des FMG weitgehend
fortgeschrieben. Wesentliche Neuerung ist die Ausdehnung des vorbeugenden Verbraucherschutzes auch auf den
Futtermittelsektor. Im Übrigen werden im LFGB umfassende Regelungen für Heimtierfutter getroffen, während
die Regelungen für Futtermittel für Lebensmitteltiere sich auf einige Ergänzungen zur Basisverordnung
beschränken.
Die Basisverordnung wird im Futtermittelsektor durch spezielle EG-Verordnung untersetzt, so z. B. über
- die Futtermittelhygiene,
8
-
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
die Zulassung und Verwendung von Futtermittelzusatzstoffen,
das Verbot der Verfütterung bestimmter tierischer Proteine zur Bekämpfung der BSE,
die Zulassung und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Futtermittel,
die amtliche Kontrolle.
Diese Vorschriften sind häufig textlich schwer zugänglich und nicht immer widerspruchsfrei, gleichwohl gelten
sie unmittelbar und dürfen nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Kommission und Mitgliedstaaten
flüchten sich deshalb in Leitlinien und interpretierende Frage-Antwort-Papiere. Damit wird der mit dem
Instrument der unmittelbar geltenden EG-Verordnung angestrebte Zweck m. E. konterkariert.
6.
Ausblick
Nach meiner Auffassung ist eine klare, transparente und für den Bürger verständliche Rechtsetzung eine
wesentliche Voraussetzung für einen wirksamen Verbraucherschutz. Die aktuelle Praxis, insbesondere die
monströsen horizontalen Regelungen und die geradezu inflationären Papiere zur Interpretation der Vorschriften,
werden dieser Zielsetzung nicht gerecht.
Ich wünsche mir deshalb eine Abkehr von Rechtsvorschriften, die vordergründig vernetzte Sachverhalte
nachbilden wollen. Eine Sektor bezogene Rechtsetzung ist m. E. besser geeignet, die primären ordnungs- und
gesundheitspolitischen Zielsetzungen zu erreichen, weil sie die Adressaten erreicht. Denn Adressaten der
Rechtsakte sind nicht die Verwaltungen sondern die Bürger. Dies ist im Übrigen keine neue Erkenntnis, wie sich
an dem nachfolgenden Beispiel belegen lässt.
1895 gab es den Entwurf eines Gesetzes betreffend den Verkehr mit Düngern, Kraftfuttermitteln und Saaten. Das
Konzept wurde aufgegeben, weil es nach Auffassung der betroffenen Kreise bei gesonderten Regelungen für die
einzelnen Warengebiete besser möglich sei, auf die spezifischen Erfordernisse und Eigenheiten des Verkehrs
einzugehen, als es sich bei einer gemeinsamen Regelung für Dünger, Futtermittel und Saaten hätte durchführen
lassen. Ausdrückliches Anliegen der betroffenen Kreise war es nämlich, in möglichst eindeutiger Weise zu
erfahren, was rechtens ist.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
9
Die Neuordnung der europäischen Regelungen im Futtermittelsektor
Wolfgang Trunk
European Commission DG SANCO, Brüssel
1.
Ausgangspunkt
Mit dem Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit wurde im Jahr 2000 ein hohes Niveau der Futter- und
Lebensmittelsicherheit als Priorität der EU-Politik verankert (Abb. 1). In der Folge wurden viele
Gesetzesvorhaben verwirklicht die als wesentliche Prinzipien
• den vorbeugenden Verbraucherschutz,
• die Trennung Risikobewertung vom Risikomanagement,
• die Betrachtung der gesamten Lebensmittelkette (Farm to fork Ansatz) und
• die Betonung der Verantwortung der Futter- und Lebensmittelunternehmer beinhalten.
Abbildung 1: Weißbuch: Hohes Niveau der Futter- und Lebensmittelsicherheit als Priorität der EU-Politik
verankert. Aktuell: «Umsetzung, Konsolidierung und fine-tuning» (from farm to fork)
Konkret zu nennen für den Futtermittelbereich sind die
• Verordnung 999/2001 zur Bekämpfung der TSE,
• Verordnung 178/2002 zum allgemeinen Lebensmittelrecht,
• Richtlinie 2002/2 mit der offenen Deklaration,
• Richtlinie 2002/32 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung,
• Verordnung 1774/2002 über tierische Nebenprodukte,
• Verordnungen 1829 und 1830/2003 zu GV-Lebens- und Futtermitteln,
• Verordnung 1831/2003 zu Futtermittelzusatzstoffen,
• Verordnung 882/2004 über offizielle Futter- und Lebensmittelkontrollen,
• Verordnungen 852/2004 und 853/2004 und 854/2004 zur Lebensmittelhygiene und
• Verordnung 183/2005 zur Futtermittelhygiene.
Aktuelle Umsetzungs- und Durchführungsvorhaben, die nicht Teil dieses Vortrages sind:
• Nulltoleranzen und Carry over von Zusatzstoffen auf Nicht-Zieltierarten.
• Leitlinien für Zulassungsdossiers von Zusatzstoffen.
• Analysemethoden für die offizielle Futtermittelkontrolle.
• Konkrete Zulassungsverfahren.
2.
Herausforderungen - Triebkräfte - neue Elemente
1. Globalisierung und Wettbewerbsfähigkeit des EU-Agribusiness
2. Technologischer Fortschritt in Produktion und Kontrolle
3. Vereinfachung – Bessere Rechtsetzung + überarbeitete Lissabon Strategie
4. Impact assessment + stake holder consultation + transparency + “communicating Europe”
3. Projekt „Vereinfachung & Modernisierung“
Regelungsbereich:
1. 4 bestehende Rats-Richtlinien zu Futtermittel-Ausgangserzeugnissen, Mischfuttermittel, Bioproteine
und Diätfuttermittel (96/25/EG, 79/373/EWG, 82/471/EWG und 93/74/EWG)
2. Übergangsregelung 1831/2003 (Art.23 (1))
10
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Impact Assessment als Vorstufe zum Gesetzesvorschlag mit dem generellen Schema:
Option 1: Streichung der Maßnahme
Option 2: Beibehaltung Status Quo
Option 3+X: Inhaltliche Neuerung gesetzlich festgelegt
Option Y: „Selbstregulierung“
Das Impact Assessment ist derzeit in der Endphase, d.h. nach einer externen Studie in 2004 und einer OnlineBefragung Anfang 2006 wird derzeit der Impact-Assessment Bericht erstellt. Auf allen Stufen waren und sind
die Mitgliedstaaten und die Interessensvertreter beteiligt. Nach der Verabschiedung des Berichtes durch die
Kommission wird der entsprechende Gesetzesvorschlag erarbeitet und voraussichtlich im Herbst 2007 von der
Kommission verabschiede (Abb. 2).
Auftrag
IA-Bericht
Vorschlag
off. Dekl.
Bericht
2002/2
2004
2005
Civic Studie
2006
Online
Befragung
ISC
Verabschiedung
APS / CLWP / IA
Rat
EP
2007
EUGH
off. Dekl.
Einbindung Mitgliedstaaten
Abbildung 2: Ablaufplan für die Neuordnung des Futtermittelrechtes
Im Folgenden werden exemplarisch d.h. unvollständig und ohne Wertung einige Optionen für konkrete
Fragestellungen (Issues), die im Zuge des Impact Assessments bewertet werden, dargestellt.
Issue 1: Gesetzliches Instrument:
• Option: Harmonisierung mittels einer Verordnung
Issue 2: Aufhebung der Ermächtigungen für nationale Ausnahmen von den allgemeinen
Kennzeichnungsvorschriften:
• Option: Aufhebung einiger bestehender Ermächtigungen.
• Option: Aufhebung aller bestehenden Ermächtigungen.
Issue 3: Kennzeichnungsvorschriften für Futtermittel-Ausgangserzeugnisse und Mischfuttermittel:
• Option: Gleiche grundsätzliche Kennzeichnungsvorschriften.
• Option: Identische Kennzeichnungsvorschriften d.h. auch keine spezifischen Kennzeichnungsvorschriften.
• Option: freiwillige Zusatzangaben durch Leitlinien der Wirtschaft (Rahmen / Kriterien gesetzlich
festgelegt).
• Option: Bestimmte Kennzeichnungselemente nur auf Begleitdokument oder über Internetadresse erhältlich.
Issue 4: Hinweise auf alle Zusatzstoffe auf dem Etikett oder dem Begleitdokument:
• Option: Verpflichtende Angabe aller Zusatzstoffe.
• Option: Verpflichtend nur Zusatzstoffe der Gruppen zootechnische Zusatzstoffe,
Kokzidiostatika/Histomonostatika, Zusatzstoffe, für die ein Höchstgehalt festgesetzt ist in Verbindung mit
freiwilliger Angabe der übrigen Zusatzstoffe mittels Leitlinien.
Issue 5: Angabe der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse in Mischfuttermitteln für Lebensmittel liefernde Tiere:
• Option: Beibehaltung status quo.
• Option: +/-15% Toleranz streichen, %-Angaben nur ab x %.
• Option: Gewichtsspannen.
• Option: Absteigende Reihenfolge nach Gewicht.
Issue 6: Angabe der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse in Mischfuttermitteln für nicht Lebensmittel liefernde
Tiere:
• Option: Gewichtsspannen
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
•
11
Option: Absteigende Reihenfolge nach Gewicht
Issue 7: Vervollständigung der aktuellen, nicht ausschließlichen Liste der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse:
• Option: Erweiterung der bestehenden, nicht abschließenden Liste um wichtige Erzeugnisse.
• Option: Erstellung einer abschließenden Liste als Verhaltenskodex.
Issue 8: Harmonisierung nährwertbezogener Angaben:
• Option: Charakterisierende Angaben incl. aller verpflichtend zu deklarierenden analytischen Bestandteile in
der Liste der Futtermittel-Ausgangserzeugnisse festlegen.
• Option: Verpflichtend zu deklarierenden analytische Bestandteile für Mischfuttermittel auf neuesten Stand
bringen incl. Harmonisierung der Eiweiß- und Energiebewertung.
• Option: Verhaltenskodex für nährwertbezogene Angaben für Futtermittel-Ausgangserzeugnisse und
Mischfuttermittel zusätzlich zu den verpflichtenden Angaben.
• Option: Einführung einheitlicher Kriterien für nährwertbezogene Auslobungen (kein Zulassungsverfahren
für jede spezifische Auslobung).
Issue 9: Erweiterung des Zulassungsverfahrens auf andere Futtermittel-Ausgangserzeugnisse als Bioproteine:
• Option: Ausweitung des Zulassungsverfahrens auf Futtermittel, die einer Risikobewertung bedürften
(Sicherheitslücke) z.B. „functional feed“, „novel/unconventional” feed oder Nebenprodukte aus chemischen
Prozessen bzw. Dekontaminationen (Zusammenhang mit den Issues 7+8 bzgl. Ausgestaltung der Liste der
Futtermittel-Ausgangserzeugnisse und den Auslobungen).
4.
Resümee – Ausblick
•
Die Bewertung der vorliegenden Optionen zur Neuordnung des Futtermittelrechtes ist in vollem Gange
unter kontinuierlicher Einbeziehung der Mitgliedstaaten und der Interessensvertreter.
Der Abschlussbericht des Impact Assessment wird vor Verabschiedung mit der Beratenden Gruppe bei der
GD SANCO diskutiert.
Anschließend wird der Gesetzesvorschlag erarbeitet mit dem Ziel, eine echte Vereinfachung und
Modernisierung der Vorschriften herbeizuführen.
… und dann ist die Kommission in der Hand von Rat und Parlament.
•
•
•
12
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
II. Beiträge der Forschung
13
14
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
– Beiträge der Tierernährungswissenschaft –
Gerhard Flachowsky
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig
Einleitung
In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg erfolgte ein erheblicher Wandel der Verbrauchererwartungen an die
Lebensmittel (Abb. 1). Während unmittelbar nach dem Krieg beim Großteil der Menschen der Hunger beseitigt
werden musste, folgten später spezifische Wünsche an die Lebensmittel, die in den letzten Jahren durch eine
teilweise extrem hohe Sicherheitserwartung abgelöst wurden.
Auf die verschiedenen Verbrauchererwartungen erfolgten Reaktionen der Politik und Aktivitäten der
Agrarforschung. Für die Tierernährung ging es zunächst um die Nutzung aller verfügbaren Ressourcen zur
Erzeugung von Fleisch, Milch und Eiern. Die Lebensmittelqualität und in jüngster Zeit vor allem die
Lebensmittelsicherheit kamen später als weitere wichtige Zielstellungen hinzu (Abb. 1).
Fragen/Aufgaben
Verbraucher
Ich habe Hunger !
Ich habe Appetit ! Ich bin verunsichert!
Ist etwas zu essen da ?
Was ist zu essen da ?
Ernährungssicherung,
Bereitstellung von
genügend Lebensmitteln
Politik
Wie sicher ist das
Lebensmittel ?
Lebensmittelqualität,
Reduzierung von
Überschüssen
„Food Security“
Steigerung der
Agrarproduktion,
Agrarwissenschaften
Wie wurde
es erzeugt ?
Lebensmittelsicherheit
Risikobewertung,
-kommunikation
„Food Safety“
Qualitätsforschung,
Produktqualität
Sicherheitsforschung
Prozessqualität (einschl. Tier-,
Natur- und Umweltschutz)
Nutzung
aller Ressourcen
Effektiver (schonender)
Ressourceneinsatz
1945
1950
1960
1970
1980
1990
2000
Jahr
Abbildung 1: Dominierende Fragen nach Lebensmitteln sowie Aufgaben für Politik und Agrarforschung nach dem
II. Weltkrieg in Europa
Die Bereitstellung ausreichender Mengen mit geringem Ressourceneinsatz erzeugter Lebensmittel mit einem
minimalen Gehalt an unerwünschten Stoffen können heute als die zwei Seiten der Medaille globale
Ernährungssicherung betrachtet werden (Abb. 2). Aus dieser Situation resultieren die Erwartungen an die Beiträge
der Fachdisziplin Tierernährung bei der Erzeugung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln tierischer Herkunft
(Abb. 3).
S c h lü s s e le le m e n te fü r
G e s u n d h e it u n d W o h lb e fin d e n
der M enschen
B e re its te llu n g a u s re ic h e n d e r M e n g e n
vo n L e b e n s m itte ln (F o o d S ec u rity)
- Q u a n tita tive B e frie d ig u n g d e r
V e rs o rg u n g m it
• E n e rg ie
• P ro te in u n d S p u re n n ä h rs to ffe n
- G e n u s sw e rt
B e re its te llu n g vo n L e b e n s m itte ln
m it e in e m m in im a le n G e h a lt a n
u n e rw ü n s c h te n S to ffe n (F o o d
S a fe ty )
- E rk e n n e n u n d V e rs c h lie ß e n vo n
K o n ta m in a tio n s q u e lle n e n tla n g
d e r N a h ru n g s k e tte (B o d e n P fla n ze -T ie r-L e b e n s m itte l)
Z w e i S e ite n e in e r M e d a ille
Abbildung 2: Food Security und Food Safety als zwei Seiten der globalen Ernährungssicherung
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
15
Bedarfsgerechte
Energie- und
Nährstoffversorgung
Gesunderhaltung
der Tiere
Anreicherung
bestimmter Inhaltsstoffe
Beiträge zu „Functional
Foods“
Entsprechende
Leistungen der
Tiere
Erwartungen / Beiträge der
Tierernährungswissenschaft
Effektive Konvertierung
der Futterinhaltsstoffe
in Lebensmittel
tierischer Herkunft,
Nährstoffökonomie
Hohe Produktqualität /
-sicherheit
Ökonomisch günstige
Erzeugung der
Lebensmittel tierischer
Herkunft
Umweltverträgliche
Erzeugung der
Lebensmittel tierischer
Herkunft
Abbildung 3: Erwartungen an die Tierernährung
Da in den Beiträgen von Dänicke (2007), Schenkel (2007), Kamphues (2007) und Lahrssen-Wiederholt (2007)
auf ausgewählte Aspekte der Tierernährung zur Futter- und Lebensmittelsicherheit eingegangen wird und um
Wiederholungen zu vermeiden, wird die vorliegende Ausarbeitung entsprechend den in Abb. 3
zusammengetragenen Komplexen strukturiert:
–
–
–
Bedarfsdeckung, Gesundheit, Leistung
Ressourceneffizienz, Nährstoffökonomie, Umwelt
Lebensmittelsicherheit, Produktqualität, „Functional Food“
Dabei wird vor allem auf Herausforderungen an die Fachdisziplin in der Zukunft hingewiesen.
Bedarfsdeckung, Gesundheit, Leistung
Der Erkenntniszuwachs der Fachdisziplin Tierernährung kann in einer Vielzahl von Dissertationen und
Habilitationen, Publikationen sowie Fachbüchern auf nationaler und internationaler Ebene dokumentiert werden.
Die Umsetzung dieser Erkenntnisse schlägt sich in nach wie vor steigenden Leistungen der Lebensmittel
erzeugenden Tiere sowie in einer effektiveren Nutzung der Futtermittel bzw. niedrigeren Aufwandsdaten sowie in
geringeren Ausscheidungen je erzeugtes Tierprodukt nieder. Auf Details der Studien soll nicht eingegangen
werden.
Eine Zusammenfassung dieser Kenntnisse und die Ableitung von Versorgungsempfehlungen für Energie und
Nährstoffe erfolgt in Deutschland durch den Ausschuss für Bedarfsnomen (AfBN) der Gesellschaft für
Ernährungsphysiologie (GfE). In unregelmäßigen Abständen, je nach Vorliegen neuer Daten, wird vom AfBN
eine möglichst umfassende Wertung dieser Versuchsergebnisse vorgenommen, die dann zur Überarbeitung der
entsprechenden Versorgungsempfehlungen führt. Aus der Arbeit des AfBN haben wir kürzlich zusammenfassend
berichtet (Flachowsky und Martens, 2006; Flachowsky, 2004).
Tabelle 1 gibt einen Überblick der in den zurückliegenden Jahren abgeleiteten Versorgungsempfehlungen. Neben
Energie und den wichtigen Nährstoffen wurden in den jüngeren Arbeiten auch nicht eindeutig quantitativ
beschreibbare Parameter in die Versorgungsempfehlungen mit aufgenommen, wie z.B. Struktur, Wasser oder
sonstige Hinweise zur artgerechten Ernährung. Diese Arbeiten des AfBN zur Ableitung von
Versorgungsempfehlungen unter Berücksichtigung der verfügbaren Literatur werden durch weitere
Arbeitsgruppen (z.B. Arbeitskreis „Futter und Fütterung“ der DLG) für die praktische Nutzung aufbereitet.
16
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Tabelle 1: Empfehlungen des AfBN der GfE (GfE 1995 – 2006) zur Versorgung landwirtschaftlicher Nutztiere mit
Energie und Nährstoffen, die in den zurückliegenden Jahren erarbeitet wurden
Titel
Erfasste Parameter
Quelle
Energie
Protein bzw.
Aminosäuren
Mengen- und
Spurenelemente
Vitamine
Sonstige
Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 5: Pferde
DLG-Verlag 1995
X
X
X
X
-
Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 6: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Mastrinder
DLG-Verlag 1995
X
X
X
X
-
Energiebedarf von Schafen
Proc. Soc. Nutr. Physiol.
1996; 5: 149-152
X
-
-
-
-
Überarbeitete Empfehlungen zur Versorgung von
Schweinen mit Phosphor
Proc. Soc. Nutr. Physiol.
1997; 6: 193-200
-
-
X
-
-
Empfehlungen zur Energieversorgung von
Aufzuchtkälbern und Aufzuchtrindern
Proc. Soc. Nutr. Physiol.
1997; 6: 201-215
X
-
-
-
-
Zum Proteinbedarf von Milchkühen und Aufzuchtrindern
Proc. Soc. Nutr. Physiol.
1997; 6: 217-236
-
X
-
-
-
Empfehlungen zur Proteinversorgung von
Aufzuchtkälbern
Proc. Soc. Nutr. Physiol.
1999; 8: 155-164
-
X
-
-
-
Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 7: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Legehennen und Masthühner (Broiler)
DLG-Verlag 1999
X
X
X
X
-
Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 8: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung der Milchkühe und Aufzuchtrinder
DLG-Verlag 2001
X
X
X
X
Struktur des
Futters
Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 9: Recommendations for the supply of energy
and nutrients to goats
DLG-Verlag 2003
X
X
X
X
Futterselektion,
Wasser
Proc. Soc. Nutr. Physiol.
2004; 13: 195-233
X
X
X
X
-
DLG-Verlag 2006
247 S.
X
X
X
X
artgerechte
Ernährung,
Wasser
Energie- und Nährstoffbedarf von Mastputen
Energie- und Nährstoffbedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, Nr. 10: Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Schweinen
Dem AfBN ähnliche Gremien arbeiteten früher in verschiedenen europäischen Ländern (z.B. Frankreich,
Großbritannien, Niederlande) und in den USA. Aus personellen und finanziellen Gründen existiert neben dem
AfBN gegenwärtig lediglich noch das National Research Council (NRC) in den USA. Bedauerlicherweise ist
diese Entwicklung das Ergebnis der abnehmenden Bedeutung bzw. öffentlichen Wahrnehmung der Fachdisziplin.
Ressourceneffizienz, Nährstoffökonomie, Umwelt
Diese drei – scheinbar unabhängig voneinander stehenden – Komplexe folgen dem gleichen Grundprinzip. Je
effizienter die Futtermittel in Lebensmittel tierischer Herkunft umgewandelt werden können, um so besser ist die
Nährstoffökonomie und um so geringer sind die in die Umwelt abgegebenen Ausscheidungen. Dieses
Grundprinzip resultiert in Abhängigkeit von Tierart und Nutzungsrichtung aus dem relativ konstanten
Erhaltungsbedarf an Energie und Nährstoffen. Bei höheren Leistungen wird demnach der relative Anteil des
Erhaltungsbedarfes geringer und die Ausscheidungen je erzeugtes Produkt nehmen ab, wie in Tabelle 2 für
ansteigende Leistungen bei verschiedenen Nutzungsrichtungen für Stickstoff gezeigt wird.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
17
Tabelle 2: Erzeugung von essbarem Protein mit verschiedenen Nutzungsrichtungen und N-Ausscheidungen
Proteinquelle
Leistungshöhe
(je Tag)
Milchkuh (650 kg LM)
Mastrind (400 kg LM)
Mastschwein (80 kg LM)
Masthahn (1,5 kg LM)
Legehenne (1,8 kg LM)
LM = Lebendmasse
N-Ausscheidung
g/Tag
g/kg LM
kg/kg essbares Protein
% der Aufnahme
323
0,5
0,65
75
20 kg
646
0,9
0,44
70
40 kg
1292
2,0
0,24
65
2 kg
68
1,1
0,40
70
5 kg
170
2,8
0,23
60
500 g LMZ
48
0,12
2,5
90
1000 g LMZ
95
0,24
1,6
84
1500 g LMZ
143
0,36
1,2
80
500 g LMZ
45
0,55
0,8
85
700 g LMZ
63
0,8
0,7
80
900 g LMZ
81
1,0
0,6
75
40 g LMZ
4,8
3,2
0,4
70
60 g LMZ
7,2
4,8
0,3
60
50 % LL
3,6
2,0
0,6
80
70 % LL
5,1
2,8
0,35
65
90 % LL
6,6
3,7
0,2
55
10 kg
Milchziege (60 kg LM)
Essbares Protein
LMZ = Lebendmassezunahme
LL = Legeleistung
Diese Feststellung trifft auch für andere, in die Umwelt abgegebene Stoffe zu, wie Phosphor, Methan und
Spurenelemente. Dabei darf nicht unerwähnt bleiben, dass bei höheren Leistungen die Ausscheidungen je Tier
ansteigen, bezogen auf das erzeugte Lebensmittel oder je kg essbares Eiweiß nehmen sie jedoch bis zu einer
gewissen Leistungshöhe erheblich ab (Flachowsky, 2002). Bei sehr hohen Leistungen (z.B. > 10 000 l Milch pro
Kuh und Jahr) wird dieser „Spareffekt“ bei weiterer Leistungssteigerung immer geringer.
Die Futtermittel sind die wesentlichsten Betriebsmittel in der Tierproduktion. Weltweit wird von Nutztieren etwa
sieben Mal so viel Trockensubstanz (T) als Futter aufgenommen wie Menschen Nahrung verzehren (Tab. 3).
Diese Dimensionen sollten durchaus berücksichtigt werden, wenn es zukünftig um Zielstellungen der
Pflanzenzüchter geht. Die Forschungen auf dem Gebiet der Futtermittelkunde sollten sowohl aus Gründen der
effektiven Ressourcennutzung als auch der Futter- und Lebensmittelsicherheit deutlich aktiviert werden.
Tabelle 3: Weltweit erforderliche Nahrungsmengen für Mensch und Tier1)
Spezies
Anzahl
(Mrd., FAOSTAT,2005
T-Aufnahme
(kg/Tag)
Nahrungsbedarf
(Mrd.t T/Jahr)
Mensch
6,3
0,45
1,0
Rinder/ Büffel/
Pferde/ Kamele
1,6
10
5,8
Schafe / Ziegen
1,8
1
0,6
Schweine
0,95
1
0,35
Geflügel
17,4
0,07
0,45
Gesamt (Tiere)
1)
7,2
Etwa drei Viertel der Welttierbestände werden in den Tropen/Subtropen gehalten und erzeugen
weniger als die Hälfte des essbaren Proteins tierischer Herkunft (s. Wennemer et al., 2005)
In den nächsten Jahren ist damit zu rechnen, dass eine Vielzahl neuer und/oder veränderter Futtermittel verfügbar
wird, wie z.B. Futtermittel im Ergebnis folgender Entwicklungen:
18
¾
¾
¾
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Pflanzenzüchtung
ƒ Erhöhter Gehalt erwünschter Inhaltsstoffe
ƒ Reduzierter Gehalt unerwünschter Inhaltsstoffe
Auswirkungen von Klimaveränderungen
ƒ Erhöhter Gehalt an Reservekohlenhydraten /-fetten
ƒ Reduzierter Proteingehalt
Nebenprodukte der Bioenergiegewinnung
ƒ Ölsaatenkuchen, -extraktionsschrote
ƒ (Roh-)Glycerin
ƒ Schlempe (z.B. als „Protigrain“)
Nicht unerwähnt soll bleiben, dass seit der BSE-Krise im Jahre 2000 nach wie vor jährlich etwa 600 000 t Fleischund Knochenmehl, die etwa 300 000 t Protein tierischer Herkunft, 60 000 t Fett und 15 500 t Phosphor
(Rodehutscord et al., 2002) enthalten, über andere Wege entsorgt werden und nicht für die
Nichtwiederkäuerernährung genutzt werden. Diese Situation ist umso verwunderlicher, da die vorhergesagten
Entwicklungen bezüglich Abnahme der BSE-Fälle eingetreten sind und ein umfassendes Kontrollsystem sowie
die Entfernung des Risikomaterials eingeführt wurden. Auf diesem Gebiet scheinen weitere Anstrengungen zur
Rückführung dieser wertvollen Ressourcen in den Nährstoffkreislauf notwendig.
Daraus resultieren umfangreiche Aufgaben für die ernährungsphysiologische und Sicherheitsbewertung dieser
Futtermittel, wie an einigen Beispielen exemplarisch demonstriert werden soll. Obwohl die Pflanzenzüchter
gegenwärtig vorrangig an der Erhöhung des Gehaltes wertbestimmender Inhaltsstoffe in verschiedenen Pflanzen
arbeiten, um Beiträge in Richtung „Functional Food“ zu leisten, ist aus Sicht der Tierernährung die Reduzierung
des Gehaltes an unerwünschten Stoffen bedeutsamer. Die Tierernährung verfügt über ein umfangreiches
Instrumentarium von Zusatzstoffen, um die Rationen bzw. Futtermischungen mit essentiellen oder anderen
Zusatzstoffen zu ergänzen (s. Pape, 2006). Dagegen ist es deutlich schwieriger, unerwünschte (antinutritive)
Stoffe aus den Futtermitteln zu entfernen oder zu inaktivieren, wie wir kürzlich zusammenfassend darstellten
(Flachowsky, 2006).
Prozent zur isogenen Kontrolle
Erste Erfolge bei der Reduzierung unerwünschter Stoffe mittels gentechnischer Methoden werden von Bt-Mais
beschrieben. Dieser, gegen den Maiszünsler widerstandsfähige Mais, kann sich dann auch gegen Fusarienbefall
besser behaupten, so dass in entsprechenden Jahren eine deutlich geringere Mykotoxinkonzentration in den
Maiskörnern ermittelt werden kann (Abb. 4).
120
isogen
100
Bt-Mais
80
60
40
20
0
Deoxynivalenol
Zearalenon
GesamtFumonisine
Abbildung 4: Ausgewählte Mykotoxine in Maiskörnern nach verschiedenen Autoren in Prozent der isogenen
Linien (Literaturauswertung)
Andererseits gibt es jedoch auch Hinweise, dass im Ergebnis pflanzenzüchterischer Maßnahmen sogenannte SideEffekte auftreten können (Cellini et al. 2004), die zur unbeabsichtigten Erhöhung des Gehaltes an verschiedenen
unerwünschten Stoffen führen können (Tab. 4). Unter Berücksichtigung dieser Möglichkeiten scheint neben einer
umfangreichen Inhaltsstoffanalyse auch eine Zusammenarbeit von Pflanzenzüchtern und Tierernährern bereits bei
frühen Zuchtstadien notwendig. Sowohl durch die EFSA (2007) als auch durch ILSI (2007) sind Richtlinien in
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
19
Erarbeitung, die eine umfassende ernährungsphysiologische und Sicherheitsprüfung von Lebens- und
Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen mit veränderten Inhaltsstoffen (output traits) geben.
Tabelle 4: Veränderungen im Gehalt an antinutritiven Inhaltsstoffen in gentechnisch modifizierten Pflanzen mit
erhöhtem Gehalt bestimmter Inhaltsstoffe (Böhme et al,. 2005 a,b)
Fruktan-Kartoffeln
Glykol-Alkaloide (mg/kg T)
Gesamt
α-Chalonin
α-Solanin
Isogen
728
524
204
Transgen
904
652
252
C14 / C16 Rapssamen
Alkenyl-Glucosinolate (mmol/kg T)
Gesamt
Alkenyl-GSL
Progoitrin
Isogen
13,2
9,0
7,1
Transgen
20,4
15,4
12,1
Die oben gemachten Feststellungen treffen auch auf mögliche Veränderungen im Ergebnis der ansteigenden CO2Konzentrationen in der Atmosphäre bzw. von Klimaveränderungen sowie auf Nebenprodukte der
Bioenergiegewinnung zu. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass die grüne Gentechnik auch in Europa in
absehbarer Zeit eine zunehmende Akzeptanz in der Öffentlichkeit bei der Erzeugung nachwachsender Rohstoffe
bzw. von Energiequellen erlangen kann. Da dort andere Zuchtziele die Richtung vorgeben, ist bei der
Erschließung der Nebenprodukte als Futtermittel mit entsprechender Tiefgründigkeit bei der
ernährungsphysiologischen und Sicherheitsbewertung vorzugehen.
Eine weitere Herausforderung für die Tierernährung bezüglich Ressourceneffizienz – Nährstoffökonomie –
Umwelt wird auch im Vergleich verschiedener Herangehensweisen gesehen, wie Tabelle 5 exemplarisch für die
Phosphorversorgung der Nichtwiederkäuer demonstriert. So genannte Life Cycle Studien oder Ökobilanzen sind
zur Effizienzbewertung notwendig und sollten auch die Nachhaltigkeit der verschiedenen
Versorgungsmöglichkeiten demonstrieren.
Tabelle 5: Möglichkeiten zur Verbesserung der Phosphorversorgung von Nichtwiederkäuern durch Beiträge
verschiedener Fachdisziplinen
Fachdisziplin
Möglichkeit (Literaturhinweise)
Tierernährung
¾
Einsatz mineralischer P-Quellen
(GfE 1999, 2006)
¾
Einsatz von Phytase als Futterzusatzstoff
(Düngelhoff et al. 1995; GfE 1999, 2006)
¾
Reduzierung des Phytatgehaltes
(Mendoza 2002; Spencer et al. 2000a, b)
¾
Erhöhung des Gehaltes pflanzeneigener Phytase (ILSI
2003)
¾
Transgene Expression von Phytase im Speichel oder
anderen Verdauungssäften von Schweinen
(Golovan et al. 2001; Cho et al. 2005)
Pflanzenzüchtung
Tierzucht
Lebensmittelsicherheit, Produktqualität, „Functional Food“
Es steht außer Frage, dass die Fachdisziplin Tierernährung über die Futtermittelsicherheit wesentliche Beiträge für
eine hohe Sicherheit der Lebensmittel tierischer Herkunft leistet (s. Petersen, 2007; Dänicke, 2007; Schenkel,
20
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
2007, Kamphues, 2007; Lahrssen-Wiederholt, 2007). Über die Sicherheit hinausgehend, d.h. neben einem
minimalen Gehalt an unerwünschten Inhaltsstoffen in den Lebensmitteln tierischer Herkunft, kann die
Tierernährung auch erheblich zu sonstigen Qualitätskriterien und zur Anreicherung erwünschter Inhaltsstoffe in
den Lebensmitteln beitragen. Dabei hängt der Übergang verschiedener Futterinhaltsstoffe von der Art des
Lebensmittels und dem Nährstoff ab (Tab. 6). Außerdem hat die Dosierungshöhe wesentlichen Einfluss auf die
Höhe des Transfers, wie Tabelle 7 beispielsweise für das Spurenelement Jod und Vitamin E zeigt. Bei niedrigeren
Zulagen ist der Übergang relativ höher als bei höherer Supplementation.
Tabelle 6: Einflussmöglichkeit der Tierernährung auf Inhaltsstoffe in Lebensmitteln tierischer Herkunft
Nährstoff
Protein / AS
Fett / FS
Milch
(+)
+++
Fleisch
–
++
Eier
–
-/++
Mengenelemente
Ca
P
–
–
–
–
–
–
Spurenelemente
Cu
I
Se
Zn
(+)
+++
++
+
(Leber: +++)
(+)
++
+
(+)
+++
++
+
(Leber: +++)
+
(+)
- bis +
+
+
+++
- bis ++
Vitamine
A
D
E
B-Vitamine
(+)
+
(+)
+
(wenn pansenstabil)
+++ sehr starker Einfluss möglich – kein Einfluss
AS = Aminosäuren
FS = Fettsäuren
Tabelle 7: Transfer von Jod bzw. Vitamin E in Lebensmittel tierischer Herkunft (% der Zulage)
Nährstoff
Milch
Jod
Vitamin E
30 – 40
<1
Fleisch
(Rind, Schwein, Geflügel)
0,1 – 1
0,2 – 2
Eier
10 - 20
20 - 30
Bei dem Bemühen durch Zusatz von bestimmten Nährstoffen zum Futter Beiträge zur besseren Versorgung der
Menschen bzw. zur Erzeugung von „Functional Food“ zu leisten, sollte jedoch differenziert vorgegangen werden.
Durch die Einführung so genannter Versorgungs- bzw. Risikokategorien (Tab. 8) für Spurenelemente und
Vitamine sollen Beiträge zu einer objektiveren Bewertung der Situation geleistet werden. Durch die
Versorgungskategorien 1 bis 4 werden die Risiken eines möglichen Defizits beim Menschen bewertet. Die
Risikokategorien (hoch bis gering) charakterisieren die Gefahr einer Überdosierung. Dieses Risiko ist um so
höher, je geringer die Differenz zwischen Versorgungsempfehlung und maximal zulässiger Aufnahme (upper
level, UL); (Tab. 8) ist.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
21
Tabelle 8: Versorgungs- und Risikokategorien von essentiellen Nährstoffen beim Menschen unter
Berücksichtigung von Aufnahme und Bedarf (nach BfR, 2004; EFSA, 2006; Gassmann, 2006)
Versorgungskategorie
Kriterium
1
Hohes Risiko eines Defizits
2
Mögliches Risiko eines Defizits
3
Ausreichende Aufnahme
4
Aufnahme über Empfehlungen
Risikokategorie
Hoch
Geringe Differenz zwischen
Versorgungsempfehlungen und maximal
zulässiger Menge (UL; Faktor < 5)
Mittel
Mittlere Differenz (Faktor 5 – 100)
Gering
UL ist nicht definiert oder Faktor > 100
In Tabelle 9 werden Versorgungs- und Risikokategorien für verschiedene Spurenelemente und Vitamine beim
Menschen dargestellt.
Vor allem bei Spurenelementen und Vitaminen der hohen Risikokategorie ist die Supplementierung des
Nutztierfutters mit dem Ziel der Anreicherung im Lebensmittel tierischer Herkunft neu zu überdenken, was am
Beispiel des Spurenelementes Jod demonstriert werden soll. Der Tagesbedarf des Erwachsenen wird von
verschiedenen wissenschaftlichen Gesellschaften mit 150 – 200 µg Jod angegeben (Tab. 10). Die tolerierbare
Höchstmenge variiert bei europäischen Gremien (DACH, 2000; SCF, 2002) zwischen 500 und 600 µg je
Erwachsener und Tag (Tab. 11).
Tabelle 9: Versorgungs- und Risikokategorien für verschiedene Spurenelemente und Vitamine beim Menschen
unter Berücksichtigung von Aufnahme und Bedarf (nach BfR, 2004; EFSA, 2006; Gassmann, 2006)
Nährstoff
Versorgungskategorie
Risikokategorie
Cu
3
Hoch
Fe
1/2
Hoch
I
1
Hoch
Se
2
Mittel - Hoch
Zn
2
Hoch
Vit. A
2/3
Hoch
Vit. D
1
Hoch
Vit. E
2/3
Mittel
Vit. B6
4
Mittel
Folsäure
1/2
Mittel
Niacin
3/4
Mittel
22
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Tabelle 10: Empfehlungen zur Jodzufuhr beim Menschen (in µg/Tag)
Alter/physiolog. Status
WHO (2001)
0-1 Jahr
0-6 Jahre
1-8 Jahre
1-15 Jahre
6-12 Jahre
9-13 Jahre
14-18 Jahre/ Erwachsene
Jugendliche/Erwachsene
Schwangerschaft
Schwangerschaft/Stillzeit
Stillzeit
Zufuhrempfehlungen
US Food and Nutr.
Board (2001)
110–130
DACH (2000)
40–80
90
90
100–200
120
120
150
150
220
180–200
230
290
260
200
Tabelle 11: Tolerierbare Höchstmengen der Jodaufnahme gesunder Menschen nach verschiedenen Gremien (in
µg/Tag nach EFSA 2005)
Alter/physiolog.
Status
1–3 Jahre
4–6 “
4–8 “
7–10 “
9–13 “
11–14 “
14–18 “
15–17 “
>19/Erwachsene
Schwangerschaft
Laktation
USA (2001)
200
300
600
900
1100
900
1100
tolerierbare Höchstmengen
SCF (2002)
WHO (1994)
< 1 mg (1000 µg)
200
je Tag werden als
250
sicher angesehen
300
450
500
600
600
600
DACH (2000)
< 500 µg/Tag
werden als
sicher
angesehen
Daraus resultiert eine Relation zwischen Versorgungsempfehlungen (150-200 µg/Tag, Tab. 10) und maximal
zulässiger Menge (500-600 µg/Tag, Tab. 11) von 1 : 2,5 bis 4 und die Risikokategorie hoch (s. Tab. 8). Unter
Berücksichtigung dieser Situation wurden Jodzulagen in Dosis-Wirkungs-Versuchen mit Lebensmittel
erzeugenden Tieren geprüft. Dabei zeigte sich vor allem bei Milchkühen und Legehennen ein hoher Jod-Transfer
in Milch und Eier (s. Tab. 7), so dass die maximal zulässige Jodkonzentration im Futter von Milchkühen und
Legehennen auf 5 mg/kg reduziert wurde (EU 2005).
Dieses Beispiel verdeutlicht, dass durch Maßnahmen der Tierernährung Beiträge in Richtung „Functional Food“
zur Versorgung der Menschen mit verschiedenen Nährstoffen geleistet werden können. Bei Nährstoffen hoher
Risikokategorie (z.B. Kupfer, Jod, Selen, Vitamin A, Vitamin D, s. Tab. 9) ist jedoch zu berücksichtigen, dass in
bestimmten Lebensmitteln tierischer Herkunft eine erhebliche Anreicherung erfolgen kann (s. Tab. 6) und dass
dadurch die in der Humanernährung geltenden Obergrenzen überschritten werden können. Außerdem ist zu
berücksichtigen, dass diese Nährstoffe auch verstärkt über andere Quellen (z.B. jodiertes Speisesalz,
Nahrungsergänzungsmittel) den Menschen zugeführt werden, so dass aus bisherigen Defiziten Überschüsse
entstehen können.
Es ist darauf hinzuweisen, dass der Gehalt an bestimmten Inhaltsstoffen in tierischen Lebensmitteln nicht
deklariert wird bzw. werden kann, so dass bei Bilanzierungen meist mit Angaben aus Lebensmitteltabellen (z.B.
Souci et al., 2002) kalkuliert wird, obwohl die Gehaltswerte jedoch mittlerweile deutlich höher sein können
(s. Tab. 12).
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
23
Tabelle 12: Jodkonzentration in Lebensmitteln (µg/kg) tierischer Herkunft in Abhängigkeit von der Jodversorgung
der Tiere
Lebensmittel
Jodgehalt im Futter (mg/kg)
0,5
1 - 1,2
2
4-5
105)
101
-
393
-
1215
2692
-
16
-
-
45
80
Schweinefleisch3)
3,9
6,0
8,5
11
17
-
Geflügelfleisch4)
6
-
(70)
-
-
(340)
Eier4)
-
140
330
-
1460
-
Nativ (0,10,25)
Milch1)
Rindfleisch2)
1)
Flachowsky et al. (2006)
Weigel et al. (2007)
3)
Franke et al. (2006)
4)
EFSA (2005)
5)
ab September 2005 im Futter von Milchkühen und Legehennen nicht mehr erlaubt
2)
Nicht unerwähnt sollen auch verschiedene Fettsäuren (z.B. konjugierte Linolsäuren, CLA) bleiben, die entweder
als „Milchfett-Senker“ dem Futter zugesetzt werden (z.B. Brömmel et al., 2007) oder bei Umsetzungen im Tier
entstehen und dann mit der Milch ausgeschieden werden können. Ihre ernährungsphysiologische Bewertung beim
Menschen bedarf noch weiterer Präzisierung (Bauman et al., 2006).
Für die Tierernährung bedeutet diese Situation, dass sowohl das Lebensmittel als auch die Bewertung einzelner
Nährstoffe in der Humanernährung unbedingt zu berücksichtigen ist, wenn „Functional Food“ erzeugt werden
sollen. Die dargestellten Beispiele zeigen, dass die Lebensmittelsicherheit auch durch essentielle Nährstoffe
gefährdet werden kann.
Weitere Dosis-Wirkungs-Studien mit Lebensmittel erzeugenden Tieren sind vor allem mit Nährstoffen hoher
Risikokategorien erforderlich, um die maximal zulässigen Gehalte im Futter besser bewerten zu können.
Maximal zulässige Mengen (UL) für verschiedene Zusatzstoffe in der Tierernährung wurden in den
zurückliegenden Jahren nicht nur aus Gründen des vorbeugenden Verbraucherschutzes, sondern auch zum Schutz
der Tiere und der Umwelt formuliert, wie Tabelle 13 für einige Spurenelemente zeigt.
Tabelle 13: Bedarf landwirtschaftlicher Nutztiere, maximal zulässige Mengen (UL) und Gründe für UL bei
ausgewählten Spurenelementen
Spurenelement
Bedarf (mg/kg T)
Cu
4 – 10
I
0,15 – 0,5
Se
0,1 – 0,3
Zn
40 - 100
Maximal zulässige
Mengen (UL, mg/kg T)
15 – 35
5 (Milchkühe,
Legehennen)
10 (Sonstige)
0,5
150
Umwelt,
Reduzierung der
Ausscheidung
Transfer
(vorbeugender
Verbraucherschutz)
Tiergesundheit
Umwelt,
Reduzierung
der Ausscheidung
Gründe für UL
Schlussfolgerungen
Durch die Tierernährungswissenschaft wurden wesentliche Meilensteine zur Futter- und damit zur
Lebensmittelsicherheit erarbeitet. Die Fachdisziplin hat im letzten Jahrhundert umfangreiche Beiträge zur
24
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Ernährung gesunder Tiere, zum effizienten Futtereinsatz bei der Erzeugung von qualitativ hochwertigen und
sicheren Lebensmitteln tierischer Herkunft und damit zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt geleistet.
Im Beitrag wird auf ausgewählte Aspekte zu dieser komplexen Thematik eingegangen. Schwerpunkte bilden
dabei die Ableitung von Versorgungsempfehlungen für die Ernährung der Tiere, Herausforderungen für
futtermittelkundliche Arbeiten sowie der Transfer von Nährstoffen in die Lebensmittel. Aus diesem Komplex
ergeben sich u.a. folgende Schlussfolgerungen:
-
Lebensmittel tierischer Herkunft können mit verschiedenen Nährstoffen angereichert werden.
• Über die Zweckmäßigkeit derartiger Maßnahmen (Functional Food) ist von Fall zu Fall zu entscheiden.
• Mehr Dosis-Wirkungs-Studien sind vor allem mit Nährstoffen hoher Risikokategorien erforderlich.
Literatur
Bauman DE, Lock AL, Cort, BA, Ip C, Salter AM, Parodi PW (2006) Milk fatty acids and human health
potential role of conjugated linoleic acid and trans fatty acids. In: Serjson K, Hvelplund T, Nielsen MO, ed.
Ruminant physiology, Wageningen, The Netherlands: Wageningen Acad. Publ.: 529-561
BfR (2004) Teil I: Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln. Teil II: Verwendung von Mineralstoffen in
Lebensmitteln. Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte. BfR-Pressestelle, Berlin, BfRWissenschaft 03 und 04/2004
Böhme H, Hommel B, Flachowsky G (2005a) Nutritional assessment of silage from transgenic inulin
synthesizing potatoes for pigs. J.. Anim..Feed Sci.. 14, Suppl. 1: 333-336
Böhme H, Hommel B, Rudloff, E, Hüther L (2005b) Nutritional assessment of genetically modified rape seed
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26
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Methodische Ansätze zur Abschätzung der Einflüsse der Mykotoxine Deoxynivalenol
und Zearalenon auf die Futtermittelsicherheit
Sven Dänicke
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, Braunschweig
Einleitung
Die rechtliche Umsetzung des im Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit1 festgeschriebenen Grundsatzes "vom
Erzeuger zum Verbraucher" erfolgte u.a. mit der Zusammenführung des Lebensmittel- und
Bedarfsgegenständegesetzes mit dem Futtermittelgesetz zum gemeinsamen Lebensmittel-, Bedarfsgegenständeund Futtermittelgesetzbuch (LFGB)2. Nach § 17 LFGB ist es verboten, Futtermittel derart herzustellen oder zu
behandeln, in den Verkehr zu bringen oder zu verfüttern, die geeignet sind, die Gesundheit von Tieren zu
schädigen, die Qualität der von Nutztieren gewonnenen Lebensmittel oder sonstigen Produkte zu beeinträchtigen
oder die durch in tierischen Ausscheidungen vorhandene unerwünschte Stoffe, die ihrerseits bereits in
Futtermitteln enthalten gewesen sind, den Naturhaushalt zu gefährden.
Futtermittelsicherheit
Lebensmittelsicherheit
(Schutz des Verbrauchers,
Unbedenklichkeit von
Lebensmitteln tierischen
Ursprungs)
Schutz der
Gesundheit von
Mensch und Tier
(Vermeidung von
Krankheiten)
Schutz der Umwelt
(Vermeidung des Transfers
von unerwünschten Stoffen in
oder auf Futtermitteln über
tierische Exkremente in die
Umwelt)
Wichtung der Bedeutung der Elemente der Futtermittelsicherheit für die Festlegung von Höchstgehalten bzw. Orientierungswerten für einige unerwünschte
Stoffe in Futtermitteln:
Aflatoxine
++
++
-
Deoxynivalenol
-
++
-
Zearalenon
-
++
-
Dioxine
++
+
+
Organochlorpestizide
++
+
+
Blei
+
+
+
++ große Bedeutung, + bedeutungsvoll, - geringe Bedeutung oder Bedeutung nicht genau bekannt
Abbildung 1: Von unerwünschten Stoffen kann eine Gefahr für die Futtermittelsicherheit ausgehen, die
stoffspezifisch eine unterschiedliche Wichtung hinsichtlich der Bedeutung des unerwünschten Stoffes innerhalb
der Elemente der Futtermittelsicherheit erfahren kann. Diese Wichtung ist bei der Anwendung analytischer und
experimenteller Methoden zu berücksichtigen, wenn wissenschaftliche Grundlagen der Risikoidentifizierung und
der Risikoabschätzung erarbeitet werden.
Aus diesen Verboten lässt sich im Umkehrschluss ableiten, dass ein Futtermittel im Hinblick auf seinen
Verwendungszweck als sicher einzuschätzen ist, wenn von ihm keine Gefährdung für Lebensmittel tierischen
Ursprungs, der Tiergesundheit sowie der Umwelt ausgeht (Sicherheit für Mensch, Tier und Umwelt, Abb. 1).
Mit diesen Aspekten der Futtermittelsicherheit ist auch der Rahmen abgesteckt, in dem beispielsweise eine
Risikoabschätzung von unerwünschten Stoffen in Futtermitteln erfolgen muss. Entsprechend der Bedeutung der
1
Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Brüssel, 12. Januar
2000, KOM (1999) 719 endg.
2
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 2006 (BGBl. I S.
945)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
27
genannten Teilaspekte der Futtermittelsicherheit für einen betrachteten unerwünschten Stoff (Abb. 1) sind auch
die Methoden, die für die Erarbeitung wissenschaftlicher Grundlagen für eine fundierte Risikoabschätzung
erforderlich sind, auszuwählen, zu etablieren bzw. anzupassen.
Im Folgenden sollen beispielhaft für die Mykotoxine Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZON)
Methodenansätze in der Tierernährungsforschung im Zusammenhang mit der Futtermittelsicherheit
problemorientiert diskutiert werden.
Welche Aspekte der Futtermittelsicherheit sind bei DON und ZON besonders zu berücksichtigen?
Die Tatsache, dass sowohl DON als auch ZON im Boden nicht akkumulieren bzw. rasch abgebaut werden (z.B.
Völkl et al., 2004; Mortensen et al., 2006), lässt es gerechtfertigt erscheinen, dass in Bezug auf die
Futtermittelsicherheit den Einflüssen dieser Toxine auf die Tiergesundheit und deren möglichen Übergang in
Lebensmittel tierischen Ursprungs (Carry over) eine größere Bedeutung zukommt als dem Umweltaspekt
(Abb. 1). Diese Einschätzung wird noch dadurch gestützt, dass die Kommission der Europäischen Union
Richtwerte (Orientierungswerte) von Mykotoxinen in zur Verfütterung an Tiere bestimmten Erzeugnissen
empfohlen hat3. Die Einhaltung dieser Richtwerte soll sicherstellen, dass es unter praxisüblichen Bedingungen
nicht zu Beeinträchtigungen von Leistung und Tiergesundheit kommt. Die EU-Kommission hat weiterhin
empfohlen, ein Monitoring zum gleichzeitigen Vorkommen von DON und ZON sowie weiteren Mykotoxinen
sowie zu Richtwertüberschreitungen durchzuführen, um zukünftig das diesbezügliche Risikomanagement weiter
zu qualifizieren.
Daher werden in den folgenden Ausführungen nur die Aspekte von DON und ZON auf Tiergesundheit und
Carry over im Hinblick auf die Futtermittelsicherheit methodisch angesprochen.
Was ist bei der Untersuchung metabolischer Effekte von DON und ZON methodisch zu beachten?
Bei der Untersuchung des Einflusses beider Toxine auf die Tiergesundheit bzw. auf die zugrunde liegenden
metabolischen Effekte sind die spezifischen Eigenschaften von DON und ZON in Beziehung zu deren
Vorkommen in Futtermitteln methodisch zu berücksichtigen (Abb. 2). Zunächst ist festzustellen, dass beide
Toxine in natürlich kontaminierten Futtermitteln unter den Produktionsbedingungen in Deutschland häufig
vergesellschaftet vorkommen. Hinzu kommt, dass die Wirkmechanismen beider Toxine verschieden sind. So ist
DON als Proteinsynthesehemmer bekannt, während ZON eine östrogene Wirkung entfalten kann und den
endokrinen Disruptoren zugeordnet wird. Entsprechend dieser Wirkmechanismen lassen sich bestimmte Effekte
zwar entweder DON oder ZON zuordnen, doch kann die Ausprägung aller beobachteten Veränderungen sowohl
von der Dosis als auch vom Verhältnis beider Toxine zueinander abhängen. Für eine experimentelle Klärung der
Frage nach den Wechselwirkungen zwischen beiden Toxinen bieten sich zunächst Kombinationsversuche an,
welche die Verwendung in unterschiedlichen Verhältnissen zugesetzter reiner Toxine zu Toxin-freien
Futtermischungen implizieren (z.B. Lusky et al., 2001; Müller et al., 1999). Berücksichtigt man die in
Abbildung 2 angedeutete Komplexität der Toxinwirkungen im Organismus, so wird schnell verständlich, dass
die Identifikation von Effekten und Wechselwirkungen neben den verwendeten Dosen und Toxinverhältnissen
auch in starkem Maße von den untersuchten Parametern abhängt. Zudem wird für Versuche, bei denen mit
zugesetzten Toxinen gearbeitet wurde, häufig eine Wirkungsstärke beobachtet, die von der abweicht, die bei
Verwendung gleicher Toxinkonzentrationen aus natürlich kontaminierten Futtermitteln berichtet wird. Einerseits
stellt sich die Frage nach der Wirkung von analytisch nicht erfassten weiteren Fusarium-Toxinen in natürlich
kontaminierten Futtermitteln und andererseits nach der Bioverfügbarkeit von DON und ZON aus solchen
Matrices. Für zugesetzte reine Toxine ist eine Freisetzung aus der Futtermatrix unter den Bedingungen des
Verdauungstraktes (pH, Temperatur, Feuchte) nicht erforderlich, so dass ein höherer Anteil für die Absorption
und die systemische Zirkulation, welche eine wichtige Voraussetzung für die Entfaltung metabolischer Effekte
darstellt, zur Verfügung steht. Demgegenüber müssen Toxine aus natürlich kontaminierten Futtermitteln unter
den Bedingungen des Verdauungstraktes zunächst aus der Futtermatrix freigesetzt werden, bevor eine
Absorption erfolgen kann.
3
Empfehlung der Kommission vom 17. August 2006 betreffend das Vorhandensein von Deoxynivalenol,
Zearalenon, Ochratroxin A, T-2- und HT-2-Toxin sowie von Fumonisinen in zur Verfütterung an Tiere
bestimmten Erzeugnissen (Text von Bedeutung für den EWR) (2006/576/EG) Amtsblatt der Europäischen
Union L 229/7 (23.8.2006)
28
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
- Proteinsynthese
Metabolische Effekte
Metabolisch verfügbarer Anteil
Aufnahme an Nährstoffen & Toxinen
Tiergesundheit und Leistung
Freiwillige Futteraufnahme
Fusarium-Toxin-kontaminiertes Futter
DON
- Immunsystem
- Organveränderungen
- Toxinmetabolismus und -kinetik,
einschl. Carry over
- Reproduktionsbereitschaft
- Embryonale und fetale Toxizität
ZON
Abbildung 2: Unter den Produktionsbedingungen in Deutschland sind Fusarium-Toxin kontaminierte
Futtermittel häufig gleichzeitig mit Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZON) kontaminiert. Ausgehend von
den Wirkmechanismen wird der metabolische Effekt von DON häufig mit der Hemmung der Proteinsynthese
assoziiert, während ZON für eine Beeinträchtigung der Reproduktionsbereitschaft verantwortlich gemacht wird.
Zu beachten ist hierbei, dass mögliche Wechselwirkungen zwischen beiden Toxinen auftreten können. Die Höhe
der freiwilligen Futteraufnahme bestimmt die Höhe der Toxinmenge, die im Organismus potentiell wirksam
werden kann und stellt damit das Bindeglied zwischen Toxinkonzentration im Futter und den Toxinwirkungen im
Organismus dar.
Es gibt Hinweise, dass sowohl DON als auch ZON in natürlich kontaminierten Futtermitteln in variablen
Anteilen an pflanzliche Bestandteile gebunden vorliegen, woraus sich theoretisch eine verminderte
Bioverfügbarkeit ergeben kann. Glycosylierte und glucuronidierte DON- und ZON-Konjugate, die sich der
Routineanalytik entziehen und die Bioverfügbarkeit beeinflussen können, wurden in verschiedenen
Untersuchungen nachgewiesen (Miller and Arnison, 1986; Gareis et al., 1990; Savard 1991; Sewald et al., 1992;
Schneweis et al., 2002). Das Ausmaß einer solchen Beeinträchtigung der Bioverfügbarkeit ist jedoch im
Tierversuch zur quantifizieren. Folgt man dem in Abbildung 2 dargestellten Toxinfluss retrograd, so wird klar,
dass die Interpretation beobachteter metabolischer Toxineffekte erleichtert werden kann, wenn die systemisch
verfügbare Toxinkonzentration bekannt ist, die aus einer bestimmten Toxinkonzentration im Futter resultiert.
Dies setzt einerseits Kenntnisse über den Anteil an Toxin voraus, der aus der Futtermatrix freigesetzt, absorbiert
und letztlich systemisch verfügbar ist, aber andererseits stellt die freiwillige Futteraufnahme das wichtigste
Bindeglied zwischen der Toxinkonzentration im Futter und der Toxinmenge dar, die letztlich metabolisch
wirksam werden kann.
Von DON ist bekannt, dass es hauptsächlich eine Beeinträchtigung der Futteraufnahme bewirkt. Dies trifft
insbesondere für das Schwein zu, das als besonders sensible Nutztierart eingestuft wird. Damit wird nicht nur
die aufgenommene Toxinmenge verringert, sondern auch die für den Stoffwechsel notwendige Energie- und
Nährstoffaufnahme. Soll nun der Toxineffekt per se untersucht werden, müssen derartig interferierende
Einflüsse ausgeschaltet werden, da die Effekte einer DON-assoziierten Reduktion der Energie- und
Nährstoffzufuhr stärker ausgeprägt sein können als der eigentliche Toxineffekt. Um diese Zusammenhänge
näher zu analysieren und Schlussfolgerungen für weitere Experimente bezüglich der Untersuchung der
eigentlichen Toxinwirkung im Organismus abzuleiten, erfolgte die Fütterung einer DON-kontaminierten
Futtermischung im Vergleich zu einer nicht-kontaminierten Futtermischung an Mastschweine, wobei das Futter
entweder zur ad libitum Aufnahme angeboten oder aber restriktiv vorgelegt wurde. Bei letzterer
Fütterungstechnik wurde die Futtermenge vorgelegt, die auch tatsächlich von beiden Versuchsgruppen
vollständig aufgenommen wurde. Mit diesem 2-faktoriellen Versuchsansatz konnte gezeigt werden, dass die
verminderte Lebendmassezunahme und der erhöhte Futteraufwand nach Verfütterung einer DON-kontaminierten
Futtermischung ausschließlich auf die Reduktion im Futterverzehr zurückzuführen ist (Abb. 3). In begleitenden
Bilanzversuchen konnte zudem gezeigt werden, dass die Nährstoffverdaulichkeit der DON-kontaminierten
Futtermischung sogar noch signifikant verbessert war, was zumindest für die restriktiv gefütterten Schweine des
Fütterungsversuches in einer höheren Lebendmassezunahme hätte resultieren müssen. Die Beobachtung des
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
29
Niveau im Vergleich zur Kontrolle (%)
Futteraufnahmeverhaltens ergab, dass die restriktiv mit DON gefütterten Tiere durchschnittlich eine längere Zeit
benötigten, um die vorgelegte Futtermenge aufzunehmen (Abb. 3), was mit einer erhöhten körperlichen Aktivität
einherging. Damit könnte die verbesserte Nährstoffverdaulichkeit durch einen erhöhten Erhaltungsbedarf
kompensiert worden sein. Insgesamt zeigt der Versuch, dass es wichtig ist, die durch DON hervorgerufene
Beeinflussung der Futteraufnahme zu berücksichtigen, wenn metabolische Effekte von DON untersucht werden
sollen.
Kontrolle ad libitum
DON ad libitum
120
Kontrolle restriktiv
DON restriktiv
Tierzahl (%)
100
80
60
40
20
0
Futteraufnahme
Lebendmassezunahme
Kontrolle
DON
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1
2
3
4
Zeit (Stunden)
5
6
Abbildung 3: Einfluss der Fütterungstechnik auf die Leistung von Mastschweinen bei Verfütterung von
Deoxynivalenol (DON)-kontaminiertem Futter (links) sowie Einfluss von DON
auf die Dauer der
Futteraufnahme von restriktiv gefütterten Mastschweinen (rechts) (n=12) (Goyarts et al., 2005)
65
55
intravenös
45
35
25
oral
15
5
0
5
10
15
Zeit [h]
20
Serum DON-Konzentration
[ng/ml]
Serum DON-Konzentration
[ng/ml]
Wie bereits erwähnt, kommt - neben der Futteraufnahme als bestimmende Größe für die Höhe der
Toxinaufnahme - dem DON-Anteil, der aus der Futtermatrix freigesetzt, absorbiert und in der systemischen
Blutzirkulation erscheint, für die Beurteilung der an potenziellen Wirkorten vorhandenen Toxinkonzentration
eine große Bedeutung zu. Unter Verwendung pharmakokinetischer Methoden und Modelle wurde die
Bioverfügbarkeit von DON aus natürlich kontaminiertem Weizen bestimmt. Dazu war es erforderlich, DON
einerseits intravenös und andererseits oral zu verabreichen. Da intravenös applizierte Pharmaka oder Toxine per
definitionem zu 100 % systemisch verfügbar sind, lässt sich aus dem Verhältnis der korrespondierenden Flächen
unter den Kurven der Konzentrations-Zeit-Verläufe nach oraler und intravenöser Applikation die
Bioverfügbarkeit abschätzen (Abb. 4). Es zeigte sich, dass DON aus natürlich kontaminiertem Weizen zu
annähernd 100 % bioverfügbar war (Goyarts und Dänicke, 2006). Aus diesen Versuchen lässt sich weiterhin
schlussfolgern, dass auch etwaig an pflanzliche Strukturen gebundendes DON unter den Bedingungen des
Verdauungstraktes des Schweins freigesetzt und vollständig absorbiert wurde.
30
25
20
15
10
5
0 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24
Zeit [h]
Abbildung 4: Deoxynivalenol (DON)-Konzentration im Serum von Schweinen (~40 kg b.w.) nach intravenöser
und oraler DON-Gabe (links) sowie Variation der Serumkonzentration von DON nach oraler Exposition von 2
Schweinen bei annähernd gleicher Dosis und gleicher Lebendmasse (rechts) (Goyarts and Dänicke, 2006)
Vergleichbare Untersuchungen zur Bioverfügbarkeit von ZON liegen für das Schwein gegenwärtig nicht vor,
doch deuten methodische Vorarbeiten an, dass auch ZON aus natürlich kontaminierten Futtermitteln in
erheblichem Ausmaß absorbiert wird (Döll et al., 2003; Dänicke et al., 2005b).
Es lässt sich feststellen, dass die methodischen Vorarbeiten zur Kinetik und zum Metabolismus eine
Voraussetzung darstellen, um metabolische Toxineffekte bestimmten Toxin- oder Metabolitenkonzentrationen in
physiologischen Matrices gegenüberzustellen zu können.
30
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Somit stellt sich die Frage:
Sind DON- und ZON-Konzentrationen in physiologischen Proben des Schweins geeignet, um eine
Intoxikation anzuzeigen?
Aus praktischer und forensischer Sicht stellt sich häufig die Frage, inwieweit dem Nachweis von Mykotoxinen
in physiologischen Proben vom Schwein eine Bedeutung für das Auftreten mehr oder weniger ausgeprägter
toxischer Effekte zukommt bzw. ob es nutzbare Korrelationen zwischen den Toxinkonzentrationen und den
toxischen Effekten gibt. Aus methodischer Sicht sind hierbei Dosis-Wirkungsstudien notwendig, welche die
Toxinkonzentrationen im Futter den Toxinkonzentrationen in den physiologischen Proben gegenüberstellen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich DON und ZON hinsichtlich ihres kinetischen Verhaltens im Organismus
deutlich voneinander unterscheiden. So ist ZON durch eine ausgeprägte enterohepatische Rezirkulation mit
konsekutiver Anreicherung des Toxins und seiner Metaboliten in der Galle gekennzeichnet (z.B. Biehl et al.,
1993; Döll et al., 2003; Dänicke et al., 2005c), während für DON dieser Weg offensichtlich eine geringere Rolle
spielt und es stattdessen prominent systemisch zirkuliert, bevor es renal eliminiert wird (z.B. Goyarts and
Dänicke, 2006; Dänicke et al., 2005b).
Daher haben wir in den entsprechenden Dosis-Wirkungsstudien den Toxinrückständen im Blut, im Falle von
DON, bzw. in der Galle, im Falle von ZON, besondere Aufmerksamkeit geschenkt und konnten in beiden Fällen
lineare Beziehungen zwischen der Toxinaufnahme und den Toxinkonzentrationen in den jeweiligen Matrices
feststellen (Abb. 5-7).
Aus praktischer Sicht ist jedoch bedeutsam, inwieweit sich Beziehungen zwischen der Toxinkonzentration im
Futter und der Toxinkonzentration in Blut bzw. Galle herstellen lassen. Auch hier ließ sich eine signifikante
Linearität zeigen (Abb. 5-7). Die Anwendbarkeit dieser Beziehungen für praktische Belange wird jedoch stark
eingeschränkt durch die hohe Variabilität der entsprechenden Konzentrationen sowohl von DON im Serum als
auch von ZON und seinen Metaboliten in der Galle, die zu den jeweiligen Toxinkonzentrationen im Futter
gehören, die von praktischem Interesse sind. Die europäischen Richtwerte für die kritischen
Toxinkonzentrationen in der Gesamtration von Schweinen betragen 0,9 mg DON/kg für alle Kategorien, und
0,1 bzw. 0,25 mg ZON/kg für Ferkel und Jungsauen bzw. für Sauen und Mastschweine. In diesem
Konzentrationsbereich ist eine sichere Differenzierung zwischen "Toxin-frei" gefütterten Tieren und solchen die
eine Ration erhalten haben, deren Toxinkonzentration sich um die genannten Richtwerte bewegt, nicht möglich.
Dies resultiert auch aus der Tatsache, dass praktische Futtermischungen nie ganz frei sind von DON und ZON.
Mehrjährige Untersuchungen im Rahmen des bundesweiten Futtermittelüberwachungsprogramms haben gezeigt,
dass sich auch bei guter fachlicher Praxis ein gewisses "Grundrauschen" in Futtermischungen nicht vermeiden
lässt (Meng et al., 2006). So bewegten sich die medianen Konzentrationen von Mischfuttermitteln für Schweine
in den Jahren 2001-2003 von DON zwischen 70 und 200 µg/kg und für ZON zwischen 6 und 26 µg/kg. Daher
lassen sich auch bei quasi "Toxin-frei" gefütterten Kontrolltieren regelmäßig positive DON- und ZON-Befunde
in Serum und Galle erbringen (Abb. 5-7). Außerdem sind bei der Beurteilung der DON-Befunde im Blut die
Kinetik sowie die tierindividuelle Variation zu berücksichtigen. Aus dem kinetischen Profil lässt sich ableiten,
dass die DON-Konzentration im Blut nach der Fütterung bis zu einem Maximum rasch ansteigt und dann
allmählich abfällt. Das bedeutet, dass der Zeitpunkt der Blutentnahme nach der Fütterung zur Variation der
Befunde beiträgt. Dieses Problem ist insbesondere bei ad libitum gefütterten Tieren von Bedeutung, bei denen
eine Standardisierung des Blutentnahmezeitpunktes praktisch nicht möglich ist. Hinzu kommt die erwähnte
tierindividuelle Variation, die bei vergleichbarer Lebendmasse und Toxindosis zu gleichen Zeitpunkten der
Blutentnahme zu deutlichen Unterschieden in der DON-Konzentration im Blut führen kann. Aus dem Vergleich
der Beziehungen zwischen der DON-Aufnahme und der DON-Konzentration im Blut kontrolliert gefütterter
Ferkel mit ad libitum gefütterten Mastschweinen wird deutlich, dass eine Einschränkung der tierindividuellen
Variation möglich ist, wenn der Zugang zum Futter über einen definierten Zeitraum unterbunden wird. Diese
Verringerung der Variation schlägt sich aber nicht in einer verringerten Variabilität der Beziehungen zwischen
der DON-Konzentration im Futter und der DON-Konzentration im Blut nieder (Abb. 5 und 6).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Beurteilung einer Intoxikation von Schweinen mit DON und
ZON anhand der Toxinkonzentration im Blut bzw. in der Galle für praxisrelevante Toxinkonzentrationen im
Futter eher als kritisch einzuschätzen ist. Ein Rückschluss von der gemessenen Toxinkonzentration in den
physiologischen Matrices auf die Überschreitung von kritischen Konzentrationen der Toxine im Futter ist daher
nur bedingt möglich. Die Analytik des Futters auf beide Toxine liefert daher häufig eine bessere Grundlage zur
Beurteilung der Toxinbelastung der Schweine, wenn eine sichere Zuordnung des Futters gewährleistet ist. Der
Futteranalytik kommt somit auch eine große prophylaktische Bedeutung bei der Überwachung des
Futtermittelhygienestatus zur Vermeidung von Intoxikationserscheinungen durch DON und ZON zu.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
16
14
DON im Serum (ng/mL)
DON im Serum (ng/mL)
16
31
12
12
10
8
6
4
8
4
2
0
0
0
5
10
15
20
25
30
35
DON-Aufnahme 3-4 h vor der Blutentnahme (µg/kg LM)
0
1
2
DON (mg/kg Futter)
3
Abbildung 5: Deoxynivalenol (DON)-Konzentration im Serum von kontrolliert gefütterten Ferkeln: In
Abhängigkeit von der DON-Aufnahme je kg Lebendmasse (LM) (links) sowie von der DON-Konzentration des
Futters (rechts) (Döll et al., 2003)
20
DON im Serum (ng/mL)
DON im Serum (ng/mL)
25
20
15
10
5
0
0
50
100
150
Tägliche DON-Aufnahme (µg/kg LM)
200
16
12
8
4
0
0.0
0.5
1.0 1.5 2.0 2.5
DON (mg/kg Futter)
3.0
3.5
4.0
Abbildung 6: Deoxynivalenol (DON)-Konzentration im Serum von ad libitum gefütterten Mastschweinen: In
Abhängigkeit von der DON-Aufnahme je kg Lebendmasse (LM) (links) sowie von der DON-Konzentration des
Futters (rechts) (Dänicke et al., 2004)
Da einerseits zwischen der DON-Konzentration im Futter und dem Leistungsrückgang bei Schweinen lineare
negative Beziehungen bestehen (Dänicke et al., 2001) und andererseits lineare positive Beziehungen zwischen
der Futter-DON-Konzentration und der DON-Konzentration im Blut, ist von diagnostischem Interesse, ob auch
zwischen der DON-Konzentration im Blut und dem Leistungsrückgang (oder anderen Parametern) diagnostisch
verwertbare Beziehungen bestehen. Aus den in Abbildung 8 dargestellten Zusammenhängen wird deutlich, dass
sich eindeutige Beziehungen zwischen dem Leistungsrückgang einzelner Individuen und den
korrespondierenden Konzentrationen an DON im Blut nicht herstellen lassen. Selbst bei der überwiegenden
Zahl der Ferkel der am höchsten exponierten Gruppe (3,9 mg DON/kg) ist eine eindeutige Zuordnung anhand
der DON-Konzentrationen im Blut nicht möglich. Berücksichtigt man weiterhin den Östrogen-ähnlichen Effekt
von ZON auf das Uterusgewicht von Ferkeln, dann lassen sich auch für die Beziehungen zwischen der
Konzentration von ZON und seinen Metaboliten in der Galle und dem Uterusgewicht ähnliche
Schlussfolgerungen ableiten. Auch hier ist eine tierindividuelle Zuordnung im Prinzip nicht möglich.
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
600
500
400
ZON
300
200
α-ZOL
100
β-ZOL
0
0
2
4
6
8
10
12
14
Tägliche Zearalenon-Aufnahme (µg/kg LM)
β-ZOL+α-ZOL+ZON (ng/g Galle)
ZON/α-ZOL/β-ZOL (ng/g Galle)
32
800
600
400
200
0
0.0
0.1
0.2
0.3
Zearalenon (mg/kg Futter)
0.4
Lebendmassezunahme (kg/d)
Kontaminierter Mais in der Diät (%) (DON in mg/kg):
0 (0,2) 6 (0,8) 12,5 (1,0) 25(1,9) 50 (3,9)
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
0
4
8
12
16
DON im Serum (ng/mL)
20
Uterusgewicht (mg/kg Lebendmasse)
Abbildung 7: Konzentration von Zearalenon (ZON) sowie den Metaboliten α-Zearalenol (ZOL) sowie β-ZOL in
der Galle von Absatzferkeln: In Abhängigkeit von der ZON-Aufnahme je kg Lebendmasse (LM) (links) sowie von
der ZON-Konzentration des Futters (rechts) (Döll et al., 2003)
Kontaminierter Mais in der Diät (%) (ZON in mg/kg):
0 (0,01) 6 (0,06) 12,5 (0,15) 25(0,22) 50 (0,42)
1400
1200
1000
800
600
400
200
0
0
200
400
600
800
1000
β-ZOL+α-ZOL+ZON (ng/g Galle)
Abbildung 8: Lebendmassezunahme von Ferkeln in Abhängigkeit der Deoxynivalenol(DON)-Konzentration im
Serum (links) sowie Uterusgewicht in Abhängigkeit der Konzentration von Zearalenon (ZON) sowie den
Metaboliten α-Zearalenol (ZOL) sowie β-ZOL in der Galle (rechts) (Döll et al., 2003)
Wie bereits eingangs erwähnt, sind Kenntnisse der Kinetik und des Metabolismus beider Toxine nicht nur für die
Beurteilung von Zusammenhängen zwischen Toxinrückständen in physiologischen Matrices und toxischen
Effekten von Bedeutung, sondern auch für das Verständnis des Carry over von Toxinrückständen in
Lebensmittel tierischen Ursprungs. Am Beispiel der Milchkuh soll kurz dargestellt werden, wie durch eine
Kombination verschiedener Methoden folgende, in verschiedenen Diskussionsforen aufgeworfene Frage
wissenschaftlich bearbeitet wurde:
Ist bei Hochleistungskühen ein Übergang von nicht-metabolisiertem DON in die Milch möglich?
Unveröffentlichte Berichte aus dem In- und Ausland über analytisch nachgewiesene Rückstände von DON in der
Milch von Hochleistungskühen waren Anlass, diesem Problem aus wissenschaftlicher Sicht nachzugehen. Nach
früheren Untersuchungen bestand Konsens darüber, dass DON durch die Mikroorganismen des Pansens
weitgehend de-epoxidiert wird (z.B. King et al., 1984; Cote et al., 1986; Swanson et al., 1987), was als
Detoxifizierungsreaktion angesehen wird. Andererseits ist bekannt, dass eine steigende Futteraufnahme bei
Milchkühen mit einer kürzeren Verweildauer des Futters im Pansen einhergeht. Daher prüften wir die
Hypothese, dass mit steigender Futteraufnahme die für die Metabolisierung von DON durch die
Pansenmikroorganismen zur Verfügung stehende Zeit verringert wird und somit der Anteil an DON, der in
nicht-metabolisierter (nicht de-epoxidierter) Form den Pansen verlässt, ansteigen müsste. Zur Prüfung dieser
Hypothese wurden am Pansen und proximalen Duodenum fistulierte Milchkühe verwendet, bei denen unter
Verwendung eines unverdaulichen Markers nach den von Rohr et al. (1979, 1984) beschriebenen Prinzipien eine
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
33
quantitative Bestimmung des Toxinflusses am proximalen Duodenum möglich war. Den Kühen wurde entweder
unkontaminiertes Kontrollfutter oder mit DON kontaminiertes Futter (3,4 mg DON/kg Trockensubstanz) in
steigenden Mengen (5,6 bis 20,5 kg Trockensubstanz je Kuh und Tag) gefüttert. Die Ergebnisse zeigten, dass
DON im Pansen zu 94-99 % nahezu vollständig de-epoxidiert wurde, wobei ein Einfluss einer steigenden
Futteraufnahme nicht nachweisbar war. Die Wiederfindung des mit dem Futter aufgenommenen DON variierte
an dieser Lokalisation zwischen 0,2 und 4,7 % als DON, und zwischen 11 und 73 % als de-epoxy-DON (Seeling
et al., 2006, Abb. 9). Zudem zeigten Untersuchungen an isolierter Pansenmukosa vom Schaf im UssingKammer-Versuch, dass DON die intakte Mukosa praktisch nicht passiert (Dänicke et al., 2005a). Daher können
die geringen, mit der Milch ausgeschiedenen DON-Mengen (Carry over-Rate zwischen 0,003 und 0,02 % der
DON-Aufnahme) nur auf im Dünndarm absorbiertes DON zurückzuführen sein. Das Verhältnis zwischen deepoxy-DON und DON in der Milch spiegelte im Wesentlichen das am Duodenum festgestellte Verhältnis wider.
Korrespondierend zu diesen Befunden ließ sich im Blut der Kühe nur de-epoxy-DON nachweisen.
Aus diesen Ergebnissen lässt sich schlussfolgern, dass die Höhe der Futteraufnahme keinen Einfluss auf das
präsystemische Potential des Pansens zur De-epoxidierung von DON ausübt. Als weitere, noch abzuklärende
Frage ist zu prüfen, inwieweit sich eine chronische Fütterung DON-kontaminierten Futters bei hohen
Konzentratfutteranteilen nachteilig auf die Funktion der Pansenschleimhaut als Absorptionsbarriere für DON
auswirken könnte.
Futter
DON 100 %
unabgebautes DON
CH3
O
Kot
O
O
O H CH2
OH
0,4 – 9 %
1,2 – 27 %
OH
Darm
CH3
CH3
Pansen
O
OH
11 – 73 %
0,2 – 4,7 %
Absorption
weitere Metabolisierung
Galle
Re-Absorption
O
O H CH2
CH3
OH
Leber
de-epoxy DON
Urin
~ 80 %*
*DON
Milch
Blut
0,003 – 0,02 %
0,04 – 0,24 %
+ de-epoxy DON
Abbildung 9: Metabolismus, Elimination und Carry over von Deoxynivalenol (DON) bei Milchkühen, die mit
Pansen- und Duodenalkanülen versehen sind. Die Prozentangaben an den verschiedenen Lokalisationen bzw. in
den verschiedenen Matrices stellen die relative Wiederfindung von DON bzw. de-epoxy-DON (kursive
Zahlenangaben) im Vergleich zur DON-Aufnahme dar. Der im Ussing-Kammer-Versuch festgestellte Transfer
von DON durch die Pansenmukosa ist vernachlässigbar gering (angedeutet durch durchgestrichenen
gestrichelten Pfeil) (Seeling et al., 2006; Dänicke et al., 2005a).
Schlussfolgerungen
Methodenansätze der Tierernährungsforschung zur Futtermittelsicherheit hinsichtlich unerwünschter Stoffe (hier
dargestellt am Beispiel der Mykotoxine Deoxynivalenol und Zearalenon) basieren auf einer Kombination
etablierter Methoden oder müssen bei Identifikation neuer Risiken gegebenenfalls neu etabliert bzw. modifiziert
werden. Dabei sind zunehmend interdisziplinäre Lösungsansätze erforderlich, was nicht zuletzt dem breiter
gefassten Verständnis der Elemente, welche die Futtermittelsicherheit bestimmen, geschuldet ist (Abb. 1). Daher
müssen sich die entsprechenden Methoden an der Bedeutung des unerwünschten Stoffes innerhalb der Elemente
der Futtermittelsicherheit (Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Umwelt) orientieren sowie auf den
Wirkmechanismus, die Eigenschaften des unerwünschten Stoffes im Organismus sowie seine Effekte auf den
Organismus ausgerichtet sein. Letztlich sollen diese Methoden eine Grundlage für eine wissenschaftlich
begründete Risikoabschätzung bilden.
34
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
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U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
35
Carry over-Forschung über unerwünschte Stoffe – Forschung im Dienste der
Futtermittelsicherheit
Hans Schenkel
Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie, Universität Hohenheim
Einleitung
Im Zentrum der Bemühungen um Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit steht der Schutz der Gesundheit des
Menschen und der Tiere (NN, 2002).
Carry over-Forschung
Die Carry over-Forschung befasst sich mit dem Übergang von unerwünschten Stoffen zwischen einzelnen
Kompartimenten in Nahrungsketten oder –netzen. Neben der Aufklärung der zugrunde liegenden Prozesse
versucht die Carry over-Forschung auch quantitative Beziehungen für die jeweiligen Übergänge herzuleiten.
Hierzu dienen zum einen Faktoren, wie der Carry over-Faktor, der lediglich die Konzentrationsverhältnisse
zwischen zwei Kompartimenten angibt und erste Information dazu liefert, ob der interessierende Stoff an- oder
abgereichert wird. Eine detailliertere Beschreibung ergeben die Carry over-Raten, mit der die Stoffübergänge in
Abhängigkeit von Dosis und Zeit beschrieben werden. In der Carry over-Forschung haben sich zwischenzeitlich
eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe eingebürgert, um diese Übergänge zu beschreiben (z.B. Biotransfer-,
Bioakkumulations-, Transferraten oder –koeffizienten). Sie werden unter anderem auch zur Erstellung von
Prioritätenlisten herangezogen (Muir und Howard, 2006). Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, die Übergänge
anhand physiko-chemischer Parameter, z.B. unter Zuhilfenahme von Verteilungskoeffizienten wie dem Oktanol Wasser - Koeffizienten abzuschätzen (McLachlan, 1996; Muir und Howard, 2006).
Eine detaillierte Beschreibung des stoffwechselkinetischen Verhaltens wie der Absorption, Elimination oder der
Verteilungskinetik innerhalb des Organismus bzw. Organen oder einzelner Zelltypen ist für viele Stoffe derzeit
nicht möglich. Schwermetalle weisen meist geringe Absorptionsraten auf. Einzelne Elemente weisen ein
spezifisches Verteilungsmuster auf und kumulieren in einzelnen Organen (Cd: Niere, Leber; Pb: Knochen, Leber;
Thallium: Muskulatur), während andere Elemente eher gleichförmig verteilt sind. Fettlösliche organische
Verbindungen reichern sich im Körperfett an oder gehen in die fettreichen Fraktionen von Milch und Ei über.
Allerdings unterliegen sie - wie beispielsweise die polyzyklischen Aromaten oder niedrig halogenierten
Kongenere von PCB und PBDE - einer Biotransformation (Kierkegaard et al., 2007) .
Ziel der Carry over-Forschung ist es zumeist, die Stoffübergänge zum Beispiel aus dem Futter in das Tier bzw. in
vom Tier erzeugte tierische Produkte anhand von Dosis-Wirkungskurven zu beschreiben. Dabei spielen neben
dem physiologischen Zustand des Tieres auch der physiko-chemische Zustand des in Frage stehenden Stoffes
sowie dessen mögliche Wechselwirkungen mit anderen Nahrungsinhaltsstoffen eine große Rolle (Schenkel, 1986;
Übersicht 1).
So ist zum Beispiel die Absorption einiger Schwermetalle bei Jungtieren wesentlich höher als bei älteren Tieren.
Die Aussagefähigkeit solcher experimenteller Untersuchungen gewinnt natürlich an Bedeutung, wenn die
Dosierung in einem praxisrelevanten Bereich erfolgt und die Expositionsdauer der Produktionsbedingungen in der
Praxis sich annähert. Für die Berechnung von Übergangsfaktoren wesentlich ist die Frage, ob sich hinsichtlich der
Einlagerung in verschiedene Gewebe bzw. den Übergang in die erzeugen Produkte ein Plateau einstellt.
Übersicht 1: Einflussfaktoren auf den Carry over unerwünschter Stoffe
Tier
Futter
Stoff
- Alter
- Inhaltsstoffe, die zu Interaktionen mit
den unerwünschten Stoffen führen
- Physiko-chemische Eigenschaften
- Geschlecht
- Physiologischer
Status
- Fütterungsform
(z.B. restriktiv-ad libitum flüssig-fest)
- Bindungsform
- Dosis, Dosisbereich
- Applikationsweise, -dauer
36
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Die Kenntnisse der Stoffübergänge sind außerordentlich wichtig für die Abschätzung der Kontamination erzeugter
tierischer Lebensmittel bzw. der Herleitung oder Validierung von Grenz- oder Orientierungswerten sowie
schließlich zur Modellierung von Stoffflüssen in Nahrungsnetzen. In der Übersicht 2 sind für einige Stoffe, für
welche Richtlinien zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere gegenüber Luftverunreinigungen erarbeitet wurden,
die jeweils entscheidenden Kriterien zusammengestellt
Übersicht 2: Kriterien für die Ableitung von maximalen Imissions-Dosen (erweitert nach Anke et al., 2000)
Substanz
Fluoride
Blei
Cadmium
Thallium
Nickel
Zink
PCB
Quecksilber
(organisch gebunden)
Vanadium
Molybdän
Dioxine / Furane
Nutztier
Rinder, Schafe, Ziegen
Rinder, Schafe, Gatterwild, Ziegen,
Schweine, Hühner
Rinder, Schafe, Schweine, Pferde
Hühner
Mastbullen, Schweine, Hühner
Rinder, Schweine, Hühner
Rinder, Schafe, Schweine, Hühner
Rinder, Schweine, Hühner
Rinder, Schafe, Schweine, Hühner
Schafe
Legehennen
Mastküken
Rinder, Schafe, Ziegen, Pferde, Schweine
Küken
Milchkuh
Kriterium
Gesundheit, Leistung
Kumulation und biologische Wirkung
Kumulation
Kumulation, Gesundheit
Kumulation, Gesundheit
Gesundheit, Leistung
Gesundheit, Leistung
Kumulation
Kumulation
Kumulation
Eiqualität
Leistung
Gesundheit Leistung
Übergang in die Milch
Neben den Stoffflüssen kommt aber auch der Erfassung der Stoffverteilung im Organismus eine erhebliche
Bedeutung zu. Das Erreichen spezifischer Stoffkonzentrationen in verschiedenen Targetorganen, welche dann
auch zu entsprechenden Wechselwirkungen mit verschiedenen Rezeptoren führen können, welche entsprechende
physiologische oder toxikologisch relevante Stoffwechselreaktionen auslöst, spielt eine große Rolle. Letztlich
kommt der Carry over-Forschung eine zentrale Rolle in der Risikobewertung einzelner Stoffe zu.
Eintragspfade
Im weiteren Sinne befasst sich die Carry over-Forschung aber nicht nur mit den Stoffübergängen, sondern auch
mit den verschiedenen Eintragspfaden, da deren Kenntnis für die Beurteilung, insbesondere aber auch für das
Risikomanagement, eine große Bedeutung zukommt.
Bezüglich der Eintragspfade kommt den klassischen Wegen Boden, Wasser und Luft primäre Bedeutung zu. Sie
bilden über verschiedene Wege nicht nur die unmittelbare Eintragsquelle, sondern sind z.T. auch Medium für den
Nah- und Ferntransport einer Reihe von Stoffen. Primär stehen oft anthropogen bedingte Einträge im
Vordergrund. Erstaunlicherweise können aber verschiedene Verbindungen, die bislang ausschließlich der
Tätigkeit des Menschen zugeordnet wurden, auch natürlicher Herkunft sein.
Beispielsweise konnten Holmstrand et al. (2006) mit Hilfe verschiedener analytischer Techniken (HR-GC-MS,
14
C-Radioncarbonanalytik, 37Cl/35Cl-TIMS) und Bestimmung des organischen und pyrogenen Kohlenstoffs
nachweisen, dass die Dioxine und Furane in bestimmten Tonmineralien nicht anthropogenen Ursprungs sind,
nicht aus großflächigen Verbrennungsereignissen stammen, sondern vermutlich abiotischen Ursprungs sind, bei
denen evtl. Tonminerale katalytisch bei der Bildung beteiligt waren. Auch die Arbeitsgruppe von Vetter (Vetter
und Janussen, 2005; Hiebl et al., 2006) konnte verschiedene chlorierte und bromierte organische Verbindungen in
marinen Lebewesen nachweisen, die vermutlich natürlichen Ursprung sind.
Gerade im Zusammenhang mit der Tierproduktion kommt aber weiteren Kontaminationswegen im Rahmen der
Ernte, des Transports und der Be- und Verarbeitung eine zusätzliche Bedeutung zu. Dies betrifft nicht nur den
Eintrag, sondern kann auch eine Änderung der Bindungsform mit einbeziehen.
Die Arbeitsgruppe „Carry over unerwünschter Stoffe in Futtermitteln“ beim BMELV hat sich in die Diskussion
um die Ursachenforschung und Vermeidung von Kontaminationen mit einer Reihe von Stellungnahmen
eingebracht (Übersicht 3).
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
37
Übersicht 3: Schlussfolgerungen und Stellungnahmen der AG Carry over unerwünschter Stoffe in Futtermitteln
(Quelle BMELV, 2006)
Votum zum Breitbandinsektizid Toxaphen
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in Futtermitteln
Schadstoffbelastung von Getreidestäuben
Verwendung von Bleicherden bei der Herstellung von Futtermitteln
Stellungnahme zur Herstellung von Trockengrün
Möglichkeiten zur Minimierung von Mykotoxingehalten in der Fütterung
Stellungnahme zur Ausbringung von Klärschlamm auf landwirtschaftlich genutzte
Flächen
Stellungnahme zu Qchratoxin A in Futtermitteln
Stellungnahme zu PCDD/F in Futtermitteln am Beispiel Milch
Jahr
2006
2004
2003
2003
2003
2002
2000
2000
2000
Dekontamination
Neben den Eintragspfaden kommt auch den möglichen Techniken und Technologien zur Entgiftung und
Dekontamination eine wesentliche Bedeutung zu (NN, 2002). Einen Überblick über eine Reihe physikalischer,
chemischer und biologischer Methoden bei der Dekontamination unerwünschter Stoffe gibt die vor kurzem
erschienene Studie des Institutes für Tierernährung an der FAL (Flachowsky, 2006).
Carry over-Versuche
Basis der Carry over-Forschung - zum Beispiel hinsichtlich des Übergangs unerwünschter Stoffe aus dem Futter
in das Tier bzw. tierische Produkte - sind entsprechend angelegte Dosis-Wirkungsversuche. Für die
Aussagefähigkeit solcher Versuche sind Faktoren wie Versuchsdauer und Applikationsform und -weise wichtig.
Gerade hinsichtlich der Ermittlung von Carry over-Faktoren oder Raten ist es wichtig, ob sich hinsichtlich der
Einlagerung zwischen der Konzentration im Futter und der im Targetgewebe ein Gleichgewicht ausbildet oder ob
sich eine ständige Kumulation über die Versuchsdauer hinweg zeigt, welche eine stetige Änderung der Carry
over-Faktoren mit sich brächte. Ein wichtiges Moment ist im letzteren Fall, in welcher Relation die Versuchsdauer
des jeweiligen Experiments zu den tatsächlichen Expositionszeiten in der Fütterungspraxis steht.
Ein sehr wichtiger Aspekt ist die Art und Weise der Exposition. Häufig werden in Carry over-Versuchen
Reinsubstanzen bzw. bei Schwermetallen leicht lösliche Salze verabreicht. Die Applikationsform reicht von
Gaben mit dem Trinkwasser, Zumischungen zur Futterration bis hin zur Eingabe der Substanz in Form von
Kapseln direkt ins Maul. Wie verschiedene Experimente zeigen, muss hier mit einer entsprechenden Variabilität
der Versuchsergebnisse gerechnet werden, insbesondere dann, wenn die übrige Fütterungsweise von den
Praxisbedingungen erheblich abweicht. Ein markantes Beispiel wären Carry over-Untersuchungen bei Zulage
leicht löslicher Verbindungen zu halbsynthetischen Diäten im Vergleich zu praxisüblichen phytatreichen
Futtermischungen in dem zusätzlich weitere Nahrungsinhaltsstoffe vorkommen, die in enger Wechselwirkung mit
dem in Frage stehenden unerwünschten Stoff stehen.
Während in den früheren Jahren das Hauptaugenmerk der Carry over-Forschung auf dem Transfer anorganischer
Stoffe, v.a. der Schwermetalle aus dem Futter in tierische Gewebe galt (BML, 1981; 1986; 1998), stehen in
neuerer Zeit verschiedene organische Stoffe in der Diskussion. Gründe hierfür sind sicher einmal die z.T. noch
erheblichen Kenntnislücken zu diesen Stoffen, v.a. aber der Beitrag tierischer Lebensmittel zur Gesamtexposition.
Bei den meisten Schwermetallen liefern Lebensmittel tierischer Herkunft nur einen begrenzten oder
untergeordneten Beitrag zur Gesamtexposition, wie zum Beispiel die Stellungnahme der EFSA (2004a) zur
Bleiexposition zeigt. Im Gegensatz dazu kommt bei einigen organischen Stoffen insbesondere auch wegen ihrer
Fettlöslichkeit den Lebensmitteln tierischer Herkunft die dominierende Rolle in der Gesamtaufnahme zu, wie das
Beispiel Dioxinexposition eindrucksvoll zeigt (Freijer et al., 2001; EFSA, 2004 b). Die einzelnen Gruppen von
Lebensmitteln tierischer Herkunft sind allerdings in sehr unterschiedlichem Umfang an der Gesamtexposition mit
chlorierten oder bromierten Verbindungen beteiligt. Während bei den PCB und Dioxinen neben dem Fisch der
Milch eine dominierende Rolle zukommt, scheinen vor allem bei den höher bromierten Diphenylethern das
Fleisch im Vordergrund zu stehen (Freijer et al., 2001; EFSA, 2004a; Kierkegaard et al., 2007).
38
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Übersicht 4: 12 Stockholm POPs (nach Fiedler, 2006)
Chemikalie
Aldrin
Chlordan
DDT
Dieldrin
Endrin
Heptachlor
Mirex
Toxaphen
Hexachlor-benzol
Polychlorierte Biphenyle
Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine
Polychlorierte Dibenzofurane
Pestizid
+
+
+
+
+
+
+
+
+
Industriechemikalie
Nebenprodukt
+
+
+
+
+
+
Eine Reihe dieser Stoffe wird zu den sogenannten POPs (persistent organic pollutants) gerechnet (Übersicht 4),
die sowohl zur Gruppe der so genannten Altlastpestizide gehören, als auch als industrielle Hilfsstoffe im
Gebrauch waren oder lediglich im Rahmen verschiedener Prozesse (Industrie, Verkehr, Energiegewinnung) in die
Umwelt gelangen (Fiedler, 2006). Hinsichtlich des Carry over-Verhaltens ist darauf zu verweisen, dass eine Reihe
dieser Stoffe, keine Einzelverbindung darstellt sondern sich aus einer Vielzahl von Kongeneren zusammensetzt,
die sich zum Beispiel durch die Art und Weise ihrer Halogenierung unterscheiden (Übersicht 5). Dabei können die
einzelnen Kongeneren eine sehr unterschiedliches Carry over-Verhalten, aber auch eine sehr unterschiedliche
Toxizität aufweisen. Dies wird zum Beispiel sehr eindrücklich durch die unterschiedlichen Toxizitätsequivalente
von den Dioxinen, Furanen und dioxinähnlichen PCB zum Ausdruck gebracht (Freijer et al., 2001; EFSA, 2004 b)
Übersicht 5: Summenwerte unerwünschter Stoffe
Stoffgruppe
PCB
PCDD/F
PAK
Camphechlor
Kongenere
209
75 / 135
Ca. 250
200
Leit- /Indikatorkongenere
6
12
17
BaP
16 (EPA)
3 (7)
17 PCDD/F +12 PCB:
WHO-PCDD/F-PCB-TEQ
WHO PCCD/F-TEQ
Die Arbeitsgruppe “Carry over unerwünschter Stoffe“ hat die Problematik bereits früh aufgegriffen und
experimentelle Ergebnisse aus den Untersuchungen in den Instituten der Mitglieder sowie der Literatur
zusammengestellt und ausgewertet und hier wesentlich zur Herleitung und Begründung entsprechender Höchstoder Orientierungswerte beigetragen. Beispiele sind die publizierten Sammelbände über Blei, Cadmium und PCB
(BML, 1981; 1986; 1993) sowie die Festlegung der Orientierungswerte zu Mykotoxinen (BMELV, 2006).
Beispielhaft sollen für Blei einige dieser Punkte erläutert werden. Wichtig ist bereits eine festgelegte und
ausreichend empfindliche Analysenmethode für den in Frage stehenden Stoff. Dies betrifft nicht nur eine
ausreichende Nachweisgrenze. So finden sich beispielsweise in der Richtlinie 2001/22 EG (NN, 2001) detaillierte
Vorgaben zur Nachweisgrenze und anderen Kenngrößen der Analytik. So soll die Nachweisgrenze des Verfahrens
zur Bleibestimmung nicht mehr als ein Zehntel des jeweiligen Höchstgehaltes und die Bestimmungsgrenze nicht
mehr als ein Fünftel des Höchstgehaltes betragen. Bei Höchstgehalten für Blei in einigen Lebensmitteln gelten
abweichende Regelungen. Die Problematik liegt nun darin, dass insbesondere in älteren Carry over-Versuchen
diese Nachweisgrenzen zum Teil nicht erreicht werden oder keine entsprechenden Angaben in den
Originalpublikationen vorliegen. Auch bei der Ermittlung der Gehalte im Futter ergeben sich insofern
Unstimmigkeiten, als dass die Richtlinie 2005/85 vorsieht, dass sich die Höchstgehalte auf eine analytische
Bestimmung von Blei beziehen, bei der 30 Minuten lang in Salpetersäure (5 Gew.-%) bei Siedetemperatur
extrahiert wird, während derzeit in der Futtermitteluntersuchung weitgehend andere Aufschlussmethoden zur
Anwendung kommen (s. VDLUFA, 2003; 2004).
Das Kontaminanten-Panel der EFSA (2004a) hatte die Aufgabe zu prüfen, ob die futtermittelrechtlichen
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
39
Regelungen ausreichen, um eine entsprechende Sicherheit für die Lebensmittel zu bieten. Für die Carry overForschung lässt sich daraus auch die Frage formulieren, ob unter den Kenntnissen über das Transferverhalten die
Einhaltung der festgelegten Höchstgehalte in Futtermitteln (NN, 2005) eine Einhaltung der Höchstwerte in den
Lebensmitteln tierischer Herkunft gewährleistet (NN, 2001a).
Anhand der erfassten Daten über die Bleikontamination von Futtermitteln und verschiedenen Lebensmitteln wird
die Schlussfolgerung gezogen, dass Lebensmittel tierischer Herkunft im Allgemeinen keinen erheblichen Beitrag
zu Gesamtexposition des Menschen liefern. Allerdings zeigt diese Studie, dass offensichtlich ein erhebliches
Defizit an kontrollierten Fütterungsversuchen zur Ermittlung der Carry over-Prozesse besteht. So werden lediglich
vier Studien zitiert, die sich mit Untersuchungen bei Rindern, Schafen und Schweinen befassen. Das Geflügel
wurde in dieser Zusammenstellung offensichtlich nicht berücksichtigt, obwohl in der Literatur entsprechende
Angaben vorhanden sind (s.u.a. NRC, 2005; BML, 1981). Leider liegen in der von der EFSA (2004a)
ausgewerteten Literatur die Dosierungen an Blei, z.T über zugelegte kontaminierte Erde oder Schlämme (Vreman
et al., 1988; Hill et al., 1998), überwiegend oder vollständig über den futtermittelrechtlichen Grenzwerten. Ferner
werden nicht für alle relevanten Organe, für die zwischenzeitlich Höchstwerte festgelegt wurden, untersucht oder
Analysenwerte mitgeteilt.
Zusammenfassung
Die Carry over-Forschung trägt wesentlich zu Futter- und Lebensmittelsicherheit bei. Sie befasst sich im
Wesentlichen mit dem Übergang unerwünschter Stoffe aus dem Futter in das Tier bzw. vom Tier gewonnenen
Lebensmittel und den daraus sich ergebenden Konsequenzen für die Gesundheit von Tier und Mensch. Die Carry
over-Forschung befasst sich aber auch mit den wichtigen Eintragspfaden und Kontaminationswegen für die
entsprechenden Stoffe.
Die Arbeitsgruppe Carry over hat daher wesentliche Arbeit geleistet bei der Herleitung und Begründung von
Höchst- und Orientierungswerten für unerwünschte Stoffe im Futter wie auch zur Aufklärung von
Kontaminationswegen sowie deren Eliminierung und Eingrenzung.
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U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
41
Futtermittelhygiene: Charakterisierung, Einflüsse und Bedeutung
Josef Kamphues
Tierärztliche Hochschule, Hannover
Einleitung
Die Qualität von Futtermitteln ist ein facettenreicher Begriff, mit dem eine Vielzahl von Eigenschaften
zusammengefasst wird (Kamphues et al., 2004), wobei dem Futterwert (Energie- und Nährstoffgehalt) in der
Tierernährungswissenschaft immer die primäre Bedeutung zukam. Aber auch nachteilige Inhaltsstoffe (d. h.
originäre Bestandteile des Futtermittels) und Kontaminationen des Futters (vgl. Tagung zu „umweltrelevanten
Spurenstoffen“, DLG 1994) fanden schon früher – auch futtermittelrechtlich – ihre Berücksichtigung. Nach
einigen Skandalen (Dioxin etc.), insbesondere im Zuge der BSE-Krise (zunächst nur in Großbritannien, dann auch
europaweit) kam es zu einem Umdenken, das auf europäischer Ebene im Jahre 2001 in die Formulierung des
„Weißbuchs zur Lebensmittelsicherheit“ mündete (Kamphues, 2001a; 2001b).
Im Zentrum der darauf folgenden Diskussionen und Bemühungen seitens der Gesetzgebung, der
Futtermittelkontrolle sowie der Futtermittelindustrie und auch der Landwirtschaft stand von da an die Sicherheit
der Lebensmittel, die als Resultante von Einflüssen aus den „vorgelagerten Produktionsstufen“ verstanden wurde.
Schlagworte wie „from the stable to the table“ oder „from farm to fork“ wurden zum geläufigen Vokabular in
öffentlichen und politischen Diskussionen. Futtermittelsicherheit als eine entscheidende Voraussetzung für die
Lebensmittelsicherheit fand als prinzipielle Anforderung in Wissenschaft und Praxis entsprechende Anerkennung
und Zustimmung (Kamphues, 2002a). Vor diesem Hintergrund soll mit dem vorliegenden Beitrag die
Futtermittelhygiene näher charakterisiert werden, und zwar unter Berücksichtigung der hier wirksamen Einflüsse
und der ihr zukommenden Bedeutung.
Futtermittelhygiene: Charakterisierung
In der FM-Hygiene-VO (in Kraft seit dem 01.01.2006) wird erstmalig eine Definition der Futtermittelhygiene
gegeben: Hiernach bezeichnet Futtermittelhygiene „die Maßnahmen und Vorkehrungen, die notwendig sind, um
Gefahren zu beherrschen und zu gewährleisten, dass ein Futtermittel unter Berücksichtigung seines
Verwendungszwecks für die Fütterung an die Tiere tauglich ist. Diese EG-Verordnung (VO 183/2005) ist bindend
– auf allen Stufen – für die Fütterung von zur Lebensmittelgewinnung bestimmten Tieren“. Unter den allgemeinen
Verpflichtungen dieser Verordnung ist verbindlich vorgeschrieben, dass Maßnahmen und Verfahren anzuwenden
sind, „mit denen das Risiko einer biologischen, chemischen und physikalischen Kontamination von Futtermitteln,
Tieren und tierischen Erzeugnissen so niedrig wie vernünftigerweise als vertretbar gehalten wird“.
Die hier nur kurz vorgenommene Wiedergabe von Kernaussagen aus der o. g. Verordnung weicht ganz erheblich
von dem traditionellen Verständnis der Futtermittelhygiene (vgl. Kamphues, 1988) ab, stellt also eine wirklich
neue Situation dar. Während früher (FMG § 7,3) nur die „handelsübliche Reinheit und Unverdorbenheit“ erwartet
wurden bzw. das übergeordnete Verbot (FMG § 3) galt (… geeignet, die Qualität der Lebensmittel zu
beeinträchtigen oder die Gesundheit der Tiere zu schädigen), sind die heute geltenden rechtlichen
Rahmenbedingungen sehr viel weiter gefasst. Allerdings gibt es damit auch Schwierigkeiten in der Abgrenzung
von anderen Termini, die im Zusammenhang mit der Futtermittelhygiene gebraucht werden, so z. B. zur
Kontamination oder auch zur Vektorfunktion von Futtermitteln (vgl. Kamphues et al., 2004).
Auch wenn der Begriff „Futtermittelhygiene“ erst mit der o. g. Verordnung seine eigentliche Definition erfuhr,
sind die allgemeinen Verpflichtungen (Minimierung von Risiken für eine biologische, chemische und
physikalische Kontamination von Futtermitteln) im Kontext mit anderen rechtlichen Vorgaben zu sehen, die seit
dem Jahr 2000 entwickelt und wirksam wurden (s. Übersicht 1). Andererseits darf man darauf verweisen, dass
eine Vielzahl an „biologischen, chemischen und physikalischen“ Kontaminanten im früheren deutschen
Futtermittelgesetz unter den „unerwünschten Stoffen“ (Anlage 5 der FMVO) ihre Berücksichtigung und
Limitierung (Höchstgehalte!) fanden. Beispielhaft seien hier Mutterkorn (biologische Kontamination),
Schwermetalle (chemische Kontaminanten) oder auch „Verpackungsmaterialien“ (physikalische Kontaminanten;
nach Anlage 6 der FMVO: verbotener Stoff) genannt.
42
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Übersicht 1: Rechtliche Rahmenbedingungen/Einordnung der FM-Hygiene
VO 178/2002:
(„Grundsätze“)
Art. 15
„FM-Sicherheit“
(Gesundheit, Mensch und Tier; LM-Beeinflussung)
VO 882/2004:
(„amtl. Kontrollen“)
Art. 3
(…Risiken, die mit… FM verbunden sind, … FM-Sicherheit)
→ auf jeder Stufe der Produktion
LFGB
vom 1.9.2005:
§ 17
§ 19, 2
§ 23
§ 24
(Verbote: Verbraucherschutz/ Tierschutz/ Naturschutz)
(… Beschaffenheit, … Verkehrsauffassung)
(Ermächtigung, Höchstgehalte an unerwünschten Stoffen)
(… Gewähr für Reinheit und UNVERDORBENHEIT)
VO 183/2005:
(FM-Hygiene VO)
Art. 2
Art. 4
… auf allen Stufen, von der FM-Primärproduktion…
Allgemeine Verpflichtungen
→ Landwirte … Risiko einer biologischen, chemischen
und physikalischen Kontamination so niedrig …
Spezifische Verpflichtungen
→ … mikrobiologische Kriterien einhalten
Anforderungen … FM-Primärproduktion
→ FM-Sicherheit
→ … Lagerbedingungen für FM
→ … „sauberes Wasser“
Anforderungen an FM-Unternehmen
Gute Fütterungspraxis
→ Fütterung, Lagerung… (… Schädlingsbekämpfung)
→ Futtermittel und Wasser (… „geeignet ist“)
Art. 5
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Um die FM-Sicherheit (definiert in Artikel 15 der VO 178/2002) zu gewährleisten, bedarf es entsprechender
Maßnahmen auf allen Stufen der FM-Produktion, d. h. die FM-Sicherheit wird als Ergebnis von aufeinander
folgenden Prozessen (s. Übersicht 2) verstanden, wobei eben auf jeder Stufe die Verfahren anzuwenden sind, die
zur Erreichung des Zieles (FM-Sicherheit) notwendig sind. Nicht mehr allein das Endprodukt „Futter“ steht im
Fokus von amtlichen Kontrollen, sondern jede einzelne Produktionsstufe. Weitere Erwähnung verdient die
Tatsache, dass neben den Futtermitteln auch das Wasser explizit in die Verpflichtungen zur
Kontaminationsvermeidung einbezogen ist, wenngleich die diesbezüglichen Anforderungen nur sehr allgemein
gefasst sind („sauberes Wasser“, „Wasser … geeignet ist“). Das Tränkwasser betreffende Ausführungen folgen
nach dem Kapitel „Fütterungshygiene“ (s. auch Kamphues et al., 2007).
Übersicht 2: Teilprozesse in der Gewinnung von Futtermitteln (inkl. Tränkwasser), die im Sinne der
FM-Sicherheit zu berücksichtigen sind
Kraftfuttermittel
Boden/Standort
Bodenbearbeitung
Saat/Düngung/Pflanzenschutz
Ernte
Transport
Konservierung
Grundfuttermittel
Einlagerung
Verarbeitung
Mischen
Lagerung
Wasser
Zuteilung
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
43
Beispielhaft und nur zur Erläuterung sollen nachfolgend mögliche Kontaminationen bei der Ernte von
Grundfuttermitteln vorgestellt werden: Mit der Ernte von Grünfutter für die Silagegewinnung kommt es immer in
einem gewissen Umfang zur Verunreinigung mit Erde, die beispielsweise Mikroorganismen (Clostridien!) enthält,
die wiederum für die Siliereignung, den Silierprozess oder die Kontamination der Silage bzw. der Tierumgebung
von Bedeutung sein können. Handelt es sich um Flächen, die beispielsweise von Dioxin-Einträgen durch
Überflutungen betroffen waren (oder noch sind), so ist mit dem Ernteprozess, d. h. der hierbei möglichen
Verunreinigung, eine Dioxin-Kontamination des Grundfutters verbunden (s. Tab. 1), in deren Folge wiederum
erhöhte Dioxingehalte in der Milch bzw. im Schlachtkörper (insbesondere Leber!) auftreten können (Kamphues
und Schulz, 2006).
Tabelle 1: Zur Bedeutung des Dioxingehaltes im Boden für den Dioxingehalt in Grundfuttermitteln (Kamphues
und Schulz, 2006)
Belastung des Grundfutters**
Belastung des Bodens*
Aufwuchs
gering (4,1 – 6,85)
0,05 – 0,51
mittel (185 – 290)
0,2 – 1,05
Grassilage
Heu
0,087a)
0,05 – 0,55
0,23 – 0,74
b)
0,20 – 1,19
hoch (506 – 849)
0,08 – 12,45
1,7 – 4,64
* in ng WHO PCDD/F-TEQ/kg TS
** in ng WHO PCDD/F-TEQ/kg (bez. auf 88% TS)
a)
TMR (mit Heuanteil) von gering belasteten Böden
b)
bei einer Bodenbelastung von 464-570 ng WHO PCDD/F-TEQ/kg TS
Keine Seltenheit ist bei der heutigen Erntetechnik (Schnittbreiten und Geschwindigkeit der erntenden Maschinen)
ein Eintrag von Wildtieren, die als Kadaverteile im konservierten Material eine erhebliche Gefahr für die Tiere,
die diese Futtermittel aufnehmen, darstellen können, wenn unter diesen Bedingungen z. B. das Botulismus-Toxin
gebildet wird (Kehler und Scholz, 1996).
Technische Maßnahmen zur Vermeidung von Einträgen sind jedoch nicht nur bei der eigentlichen Ernte gefordert,
sondern auch auf weiteren Stufen der Futtermittelproduktion (s. Übersicht 3).
Übersicht 3: Technik im Sinne der Futtermittelhygiene
• Beschallung von Futtervorratsräumen/Lagern → Tauben / Vögel
→ Vermeidung eines Eintrags von Keimen über die Exkremente
• Vermeidung einer „Ernte“ von Wildtieren beim Mähen
→ Kadaverteile mit der Gefahr von Botulismus-Toxinen
• Technik zur Minimierung des Eintrags von Erde bei der Ernte von Futter
→ Keimeintrag, Futterwertminderung, Siliervoraussetzungen↓
• Technik zur schnellen Feuchte-Bestimmung bei der Futtereinlagerung
→ Feuchte (aw-Wert) bestimmt die Entwicklungschancen von Mikroorganismen
• Techniken zur Reinigung/Separierung von Verunreinigungen (Spreu …)
→ Belastung mit Keimen und Toxinen wird reduziert
• Techniken zur Dekontamination belasteter Futtermittel
→ Pilze, Bakterien (insb. Zoonose-Erreger) eliminieren/reduzieren
• Techniken zur Reinigung/Desinfektion von Förderanlagen/Silos
→ Vermeidung von Infektionen neuer Futteranlieferungen
• Techniken zur Verbesserung der Tränkwasserqualität
→ Ansätze beim eingespeisten Wasser bzw. im System
44
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Werden bestimmte Kontaminanten (z. B. Stoffe der Anlage 5 FMVO) in Futtermitteln nachgewiesen, so stellt sich
– je nach intendierter Nutzung – evtl. die Frage der Dekontamination. Hierzu liegt eine neuere Übersichtsarbeit
(Flachowsky, 2006) vor, aus der entsprechende Informationen gewonnen werden können.
Mit den „biologischen Kontaminationen“ (die teilweise parallel mit anderen Kontaminationen erfolgen, siehe
Verunreinigung mit Erde bei der Grünfutterernte) wird das Augenmerk auf Qualitätsmerkmale gerichtet, die
bislang (d.h. nach traditionellem Verständnis) mit dem Terminus „Hygienestatus“ verbunden waren, d. h. hier
geht es – neben dem Befall mit Schädlingen (vgl. Kamphues und Schulze Becking, 1992) – im Wesentlichen um
Parameter aus mikrobiologischen Untersuchungen.
Aus futtermittelkundlicher Sicht sollte man – auch wenn das in der FM-Hygiene-VO nicht explizit erfolgt –
immer zwischen einem normalen Besatz mit Keimen (= biologische Kontamination) und dem Prozess des
Verderbs (= Vermehrung von Organismen/Keimen) differenzieren (Kamphues, 2005). Ohne diesen Terminus zu
definieren war diese Differenzierung im alten FM-Gesetz bereits indirekt erfolgt, und zwar mit der Forderung
„Gewähr für UNVERDORBENHEIT“ (heute § 24 LFGB). Andererseits findet sich im Artikel 5 der neuen FMHygiene-VO die Verpflichtung zur Einhaltung „mikrobiologischer Kriterien“, ohne dass hierfür eine
Differenzierung nach Keimart und Keimzahl vorgenommen wurde.
Vor diesem Hintergrund soll nachfolgend der Hygienestatus von Futtermitteln unter besonderer Berücksichtigung
der „Mikrobiologie“ näher charakterisiert werden.
Der Hygienestatus von Futtermitteln unter besonderer Berücksichtigung „mikrobiologischer Kriterien“
Hierbei geht es im Wesentlichen um Verunreinigungen (wie z. B. Vorratsschädlinge und deren Exkremente), den
Besatz mit Mikroorganismen (Hefen, Pilze, Bakterien) sowie um Produkte dieser Mikroorganismen (einfache
Stoffwechselprodukte, Enzyme, Toxine mikrobiellen Ursprungs [Bakterientoxine, Mykotoxine], Kamphues,
1988).
Eine Belastung von Futtermitteln mit Vorratsschädlingen (Insekten bzw. Spinnentiere wie Milben) ist am besten
mittels einer Lupenbetrachtung zu erkennen, in welcher die Organismen selbst, ihre Produkte bzw. ihre Effekte
am Futter (Arrosion, Fraßschäden z. B. an der Keimanlage von Getreide) sichtbar werden. Ihre möglichen Effekte
auf das Futter selbst, die damit versorgten Tiere bzw. den Menschen, der mit diesen Futtermitteln umgeht, sind in
einer neueren Übersichtsarbeit (Kamphues und Reichmuth, 2000) näher beschrieben.
Was die Quantifizierung einer Belastung von Futtermitteln mit Mikroorganismen angeht, ist zunächst methodisch
zwischen den kulturellen und den indirekten Verfahren (Bestimmung von Indikatoren) zu differenzieren.
Entsprechend den Vorschlägen des ARBEITSKREISES “Futtermittelmikrobiologie” der Fachgruppe VI des
VDLUFA (Entwurf 2002) wird folgendes Vorgehen empfohlen: Die Beurteilung des mikrobiellen Besatzes von
Futtermitteln anhand von Ergebnissen klassischer, kultureller Nachweise der verschiedenen Keime erfolgt auf der
Basis der Keimarten/des Keimartenspektrums und der ermittelten Keimzahlen (KBE/g Futter) in Abhängigkeit
von der Art des Futtermittels. Bei den Keimarten bzw. dem -spektrum wird sowohl bei den Bakterien als auch bei
den Pilzen zwischen produkttypischen Keimen (normale Epiphyten) und verderbanzeigenden Keimen
unterschieden (s. Übersicht 4).
Die produkttypischen Bakterien wurden der Keimgruppe 1 (KG 1), die entsprechenden Schimmel- und
Schwärzepilze der Keimgruppe 4 (KG 4) zugeordnet.
Die verderbanzeigenden Mikroorganismen erhielten folgende Keimgruppen-Bezeichnungen: Bakterien = KG 2
und KG 3; Schimmelpilze = KG 5 und KG 6 sowie Hefen = KG7.
Für jede der hier aufgeführten Keimgruppen gibt es quantitative Vorstellungen zu den „üblichen Gehalten“ in
einwandfreien Futtermitteln (normaler Wert = „Orientierungswert“). Je nach Überschreitung des
Orientierungswertes (bis zum Faktor 5 bzw. 5 – 10 oder > 10) wird eine Zuordnung zu einer Keimzahlstufe
vorgenommen. Entsprechend diesen Keimzahlstufen für die verschiedenen Keimgruppen erfolgt letztlich die
Einordnung des entsprechenden Futtermittels in Qualitätsstufen (I – IV).
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
45
Übersicht 4: Zur Differenzierung des mikrobiellen Besatzes von Futtermitteln
Gruppe
Bedeutung
aerobe mesophile
Bakterien
Keimgruppe
produkttypisch
KG 6
Indikatorkeime innerhalb der Keimgruppe
Gelbkeime
Pseudomonas/Enterobacteriaceae
sonstige produkttypische Bakterien
Bazillus
Staphylococcus/Micrococcus
Streptomyceten
Schwärzepilze
Verticillium
Acremonium
Fusarium
Aureobasidium
sonstige produkttypische Pilze
Aspergillus
Penicillium
Scopulariopsis
Wallemia
sonstige verderbanzeigende Pilze
Mucorales (Mucoraceen)
KG 7
alle Gattungen
KG 1
KG 2
verderbanzeigend
KG 3
produkttypisch
KG 4
Schimmel- und
Schwärzepilze
KG 5
verderbanzeigend
verderbanzeigend
Hefen
Bestimmung des mikrobiellen Besatzes von Futtermitteln anhand indirekter Verfahren (ohne kulturellen
Nachweis)
Anhand bestimmter Bestandteile von Keimen können auch indirekt Informationen über die Belastung mit
Mikroorganismen gewonnen werden (s. Tabellen 2 und 3). Diese Nachweismöglichkeiten sind unabhängig von
der Lebensfähigkeit/Vermehrung der Keime, insbesondere bei erhitzten Futtermitteln können so evtl. zusätzliche
Hinweise auf die „frühere“ Belastung gewonnen werden (Kamphues, 1986).
Tabelle 2: Richtwerte zur Beurteilung des Ergosterin-Gehaltes in Futtermitteln als Indikator für die Belastung mit
Pilzen und Hefen (Angaben in mg/kg; Müller et al., 1993)
Futtermittel
normal
überhöht
Getreide
<2–4
> 10
Mischfutter
< 10
> 20 – 501
Heu
< 75
> 125
2
1
Silagen
< 20
Mischfutter mit höheren Grünmehlanteilen: höhere Werte
2
> 30
bezogen auf die TS
Tabelle 3: Richtwerte für die Beurteilung des LPS-Gehaltes in Mischfuttermitteln und Getreide (Alleinfutter außer
Milchaustauscher; Kamphues, 1986)
LPS (µg/g uS)
Beurteilung
Erklärung
< 20
allg. unbedenklich
entspricht üblichen Qualitäten
20 – 50
erhöht
häufig auch andere Mängel
> 50
überhöht
i. d. R. parallel hochgradige Verkeimung
46
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Die Beurteilung von Art und Zahl der Mikroorganismen in Silagen, Raufuttermitteln (Heu und Stroh) sowie von
besonderen Einzelfuttermitteln (z.B. Treber, Trester, Schlempen u.ä.) ist bislang noch schwierig, da entsprechende
Zahlen an Untersuchungen fehlen, die eine genauso sichere Einschätzung von “Norm-Werten” bzw.
“Abweichungen” ermöglichen, wie es heute für verschiedene übliche Einzel- und Mischfuttermittel etabliert ist.
Der Hygienestatus von Silagen (Hauptbestandteil praxisüblicher Rationen für Rinder) verdient unter
Praxisbedingungen besondere Beachtung: Abgesehen von der Intensität, mit der veränderte Anteile (aus den
Randbereichen des Silovorrats) manuell entfernt werden (oder auch nicht!), unterscheiden sich die Silagen
erheblich, und zwar zum einen in Abhängigkeit vom Siliererfolg (pH-Wert, Milchsäuregehalt, sonstige organische
Säuren → s. DLG-Schlüssel), zum anderen aber auch in Abhängigkeit von der Zeit, über die das Material aeroben
Bedingungen ausgesetzt war bzw. ist (sowohl am Siloanschnitt wie auch bei Bevorratung der Silage auf der
Futtertenne). Ein hier entscheidender, die hygienische Qualität bestimmender Prozess ist die Nachgärung, d. h. es
sind unkontrollierte aerobe Fermentationsprozesse, bei denen anfänglich Hefen, später auch andere
Mikroorganismen aktiv werden (sensorisch erkennbar am Geruch, der Erwärmung und schließlich auch am
makroskopisch erkennbaren Schimmelbesatz, s. Kamphues et al., 2004). In der nachfolgenden Tabelle sind
Keimzahlen aufgeführt, die auch eine erste orientierende Einschätzung erlauben; hierbei ist aber zu betonen, dass
jede gute Silage hohe Keimzahlen von laktatproduzierenden Keimen aufweist und nur die unerwünschten Keime
(insbesondere Hefen in Maissilagen und Clostridien in Grassilagen; Schimmelpilze in höher angewelkten Silagen)
Anlass zur Beanstandung geben können.
Tabelle 4: Richtwerte (so genannte 2/3-Werte) zur Beurteilung mikrobiologischer Befunde von Silagen (Angaben
in KBE/g uS, in Anlehnung an Koch und Kühl, 1996)
Keimarten (-gruppen)
normal
deutlich erhöht
aerobe mesophile Bakterien1
≤ 106
> 107
Clostridiensporen2
≤ 105
> 106
aerobe mesophile Hefen3
≤ 104
> 106
aerobe mesophile Schimmelpilze
≤ 103
> 104
ohne Milchsäurebakterien
2
5 Tage anaerobe Kultivierung
3
in Maissilage, CCM u. ä. Produkten: schnell auch höhere Gehalte (insbesondere bei Nachgärung)
1
Zielkenngrößen von Grassilagen mit hohem Futterwert sind nach Thaysen (2004) folgende Keimzahlen (KBE/g
Frischmasse): < 104 für Clostridiensporen, < 104 für Kahmhefen und < 104 für Schimmelpilze.
Die Bedingungen bei der Probenentnahme und die Zeit zwischen Entnahme und Durchführung der
mikrobiologischen Untersuchung können die Ergebnisse erheblich verändern, so dass vor einer Beurteilung der
Keimzahlen eben diese Einflussmöglichkeiten kritisch geprüft werden müssen (Kamphues et al., 2004).
Was die Raufuttermittel (Heu/Stroh) angeht, stehen eindeutig bei Mängeln im Hygienestatus Belastungen mit
Schimmelpilzen im Vordergrund des Interesses. Der in nicht ganz trockenem Heu oder Stroh vorliegende aW-Wert
erlaubt allgemein keine stärkere Vermehrung der meisten Bakterien (Ausnahmen aber sind z. B. Clostridien),
wohl aber von Schimmelpilzen, so dass die Untersuchungen evtl. auch hierauf begrenzt werden können.
„Staubige“ Heu- und Strohqualitäten zeigen nicht selten LPS-Gehalte (insbesondere in den Feinanteilen), ohne
dass in der sensorischen Prüfung andere auffällige Mängel erkennbar wären. Ein besonderes Risiko für die
Qualität von Heu und Stroh (auch wenn es „nur zur Einstreu“ verwendet wird) stellt die Lagerung von Großballen
im Freien dar, was unter dem Aspekt der Futtermittelhygiene grundsätzlich kritisch zu sehen ist (vgl. Kamphues,
1996a).
Unter den Futtermitteln, die nicht selten Anlass zur Beanstandung geben, verdienen Nasstreber besondere
Erwähnung. Der Erhalt einer entsprechenden Qualität verlangt insbesondere in der wärmeren Jahreszeit spezielle
Vorsichtsmaßnahmen (Zusatz von Säuren etc.), ansonsten werden hier sehr schnell sehr hohe Hefegehalte oder
auch erhöhte Keimzahlen von Schimmelpilzen erreicht.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
47
Bezüglich der Mykotoxinbelastung (Blank et al., 1999; Böhm, 2000; Bauer und Meyer, 2006) und ihrer
Bewertung sei auf die Orientierungswerte der Gesellschaft für Mykotoxinforschung verwiesen, mit denen heute
allgemein in der Bewertung von Untersuchungsergebnissen gearbeitet wird (GMF, 2000).
Einflüsse auf die Futtermittelhygiene
Wie vorher bereits beschrieben ist der Hygienestatus des Futters als Resultante von Einflüssen aus den einzelnen
aufeinander folgenden Teilprozessen zu sehen. Auf einer jeden Stufe der Futtermittelgewinnung sind jedoch
Grundmechanismen/Prinzipien wirksam bzw. zu beachten, wenn Mängel in der Futtermittelhygiene vermieden
werden sollen (s. Übersicht 5).
Übersicht 5: Einflussfaktoren auf die Futtermittelhygiene (auf den einzelnen Stufen der FM-Gewinnung zu
beachtende Grundmechanismen)
1.
Minimale AUSGANGSBELASTUNG mit Kontaminanten
- Bedingungen bei der FM-Gewinnung (Einträge)
- Spezielle Behandlung: Reinigung vor Einlagerung
2.
Beachtung des Einflussfaktors ZEIT
- Generationsintervalle beteiligter Organismen
- Veränderungen im Futtermittel
3.
MILIEUbedingungen
- Wassergehalt (primär/sekundär)
- Temperatur (insgesamt/Variation)
- pH-Wert (s. besonders Silagen)
- Atmosphäre (O2, CO2, NH3)
⇒
⇒
⇒
⇒
Gleichgewichtsfeuchte, aW-Wert
Kondenswasserbildung
Fragen des konservierenden Agens
je nach Verfahren unterschiedlich
4.
SUBSTRATbedingungen
- Art und Verfügbarkeit (Vergleiche Korn/Schrot)
- leicht verfügbare Kohlenhydrate (z. B. Lactose )
5.
Besondere Schutz-/Hemmwirkungen,
Verlust bei Überreife/gefrorene FM etc.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen „biologischen“ und „chemischen“ Kontaminanten bedarf an dieser Stelle
besonderer Erwähnung: Während eine „chemische Kontaminante“ über die gesamte Kette der FM-Gewinnung
nahezu konstant bleibt (es sei denn, es kommt produktionsspezifisch zu Anreicherungen oder zur Minderung der
Gehalte), ist bei einem Besatz mit Organismen (betrifft Vorratsschädlinge und Mikroorganismen) immer das
Risiko der Vermehrung gegeben, die letztlich sogar zum vollständigen Verderb des Futters führen kann.
Vor diesem Hintergrund verlangt die Futtermittellagerung (Qualität vor Einlagerung/Bedingungen der Lagerung
an sich) besondere Beachtung (vgl. auch Kamphues, 1988; 1997; 2002b). So ist Getreide vor der Einlagerung evtl.
zu feucht, zu sehr mit Spreuanteilen versetzt oder auch bereits stärker verkeimt (z. B. bei Auswuchs auf dem
Halm) oder die Bedingungen während der Lagerung (Temperatur und Feuchte!) sind so ungünstig, dass es zu
einer Vermehrung der Organismen kommt, in deren Folge wiederum Wärme und Feuchtigkeit entstehen
(klassischer circulus vitiosus).
Eine besondere „Schwachstelle“ für die FM-Hygiene auf landwirtschaftlichen Betrieben stellen Einrichtungen
(wie geschlossene Silozellen) oder auch Förderanlagen dar, deren innerer Zustand nicht von außen beurteilt
werden kann (s. Übersicht 6).
48
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Übersicht 6: „Schwachstellen“ für die Futtermittelhygiene auf landwirtschaftlichen Betrieben
hier: Transport-/Förderanlagen/geschlossene Silozellen
Was ist diesen Einrichtungen gemeinsam?
- Zustand im Inneren ist den Augen verborgen
- Zugang meist nur mit erheblichem Arbeitsaufwand
- kontinuierliche Nutzung bis zum Funktionsausfall
Andererseits laufen hier Prozesse wie
- Haften von Futterpartikeln an der Innenwandung
- Kondenswasserbildung
- Vermehrung von Vorratsschädlingen/Mikroorganismen
Notwendige Maßnahmen in „Altanlagen“:
- Schaffung von Möglichkeiten der „Einsicht“
- Zugänglichkeit für Reinigungstechniken
- Maßnahmen der Desinfektion im leeren Zustand
„ Black Box“
?
Zukünftig erforderlich/anzustreben/wünschenswert:
⇒ Berücksichtigung der o. g. Risiken bei der Konzeption
und Installation (z. B. Sichtstreifen/Einstiegsluken u. ä.)
Wenngleich die prinzipiellen Risiken einer Kondenswasserbildung in geschlossenen Silozellen nicht bestritten
werden sollen (vgl. Kamphues, 1988; 1996b), so ist dennoch der Hinweis angebracht, dass eine Befüllung von
Silos mit einem Mischfutter mit nur leicht erhöhtem Feuchtegehalt eine ganz besondere Gefahr darstellt, weil es
aufgrund des Fördervorgangs (unvermeidbare Erwärmung durch Reibung) zu einem höheren Feuchtegehalt
(aW-Wert) im Kopfraum des Silos kommt, so dass sich bei späterer Abkühlung Wasserdampf niederschlägt und
damit in den oberen Schichten des Mischfuttervorrats Prozesse des Verderbs initiiert werden (Kamphues, 2005).
Bedeutung der FM-Hygiene/Auswirkungen von Mängeln in der FM-Hygiene
Biologische, chemische und physikalische Kontaminanten von Futtermitteln bezüglich ihrer Bedeutung zu
bewerten erfordert generell eine Differenzierung hinsichtlich des Futters selbst, der damit versorgten Tiere und
auch der Risiken für die Qualität (SICHERHEIT) der Lebensmittel (s. Übersicht 7; Kamphues et al., 2004).
Übersicht 7: Bedeutung, d. h. prinzipielle Auswirkungen von Mängeln in der FM-Hygiene
Futter:
- Integrität ↓ (Vorratsschädlinge)
- Substratverbrauch / Nährstoffverluste
- Gebrauchseigenschaften ↓
(Lagerfähigkeit, Fließeigenschaften)
- Akzeptanzeinbußen
- Gasbildung (s. Flüssigfutter)
- Enzymfreisetzung (z. B. Thiaminasen)
- Toxinbildung (Myko-, Ekto-, Endotoxine)
Tier:
- Futteraufnahme ↓
- Intestinale Dysbiosen
- Infektionen (z. B. Uterus)
- Intoxikationen (z. B. biogene Amine)
- Mechanische Irritation (Atmungstrakt)
- Allergisierung (Milben)
Lebensmittel:
- Keimgehalte ↑ (s. Milch mit Clostridien)
- Toxingehalte ↑ (Leber/Niere/Blut)
- Infektionen (?) ⇒ Salmonellen-Eintrag
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
49
So kann für eine stark mit Erde verunreinigte Grassilage zunächst einmal eine geringere Energiedichte erwartet
werden, daneben ist evtl. die Akzeptanz (Palatabilität) beim Tier gemindert, evtl. finden in derartigen Silagen auch
Listerien geeignete Vermehrungsbedingungen, so dass evtl. eine klinische Erkrankung (Listeriose) auftritt oder
sogar eine Listerien-Kontamination der Milch (wie z. B. vereinzelt in Schafmilch beobachtet wurde). Ähnliche
Risiken ergeben sich für verschiedenste andere Kontaminanten, die produktionsspezifisch auftreten können; teils
haben diese für das Futter selbst oder das Tier kaum eine Relevanz, bedingen aber erhebliche Risiken für die LMSicherheit, wie am Beispiel des Dioxins nachgewiesen werden konnte (Kamphues und Schulz, 2006).
Nachfolgend sollen insbesondere die Effekte eines höheren Besatzes von Futtermitteln mit Mikroorganismen
näher behandelt werden. Diese bedürfen einer besonderen Darstellung, da neben den Mikroorganismen selbst
auch deren Stoffwechselprodukte (bzw. Bestandteile wie Endotoxine = Lipopolysaccharide; Kamphues, 1986)
und andere Potenzen (z. B. enzymatische Aktivitäten) bedacht werden müssen.
Mikroorganismen auf Futtermitteln verändern und verbrauchen Substrat, produzieren verschiedene Substanzen
und hinterlassen Reststoffe (evtl. auch erst bei ihrem Zerfall). Ihre vielfältigen Potenzen reichen von der Wasserund CO2-Bildung über die Desaminierung und Decarboxylierung bis hin zur Abgabe von spezifischen Enzymen
(z. B. Thiaminasen) oder von Toxinen (Endo- und Ektotoxine; vgl. Kamphues et al., 2004). Mit der Aktivität von
Mikroorganismen sind nicht selten Veränderungen in der Konsistenz sowie geruchlichen und geschmacklichen
Qualität des Futters verbunden, die häufig schon bei einer intensiveren sensorischen Prüfung des Futters
erkennbar werden. Eine nähere Charakterisierung der vielfältigen Potenzen von Mikroorganismen in bzw. auf
Futtermitteln ist neueren Übersichtsarbeiten zu entnehmen (Bauer und Hörmannsdorfer, 2000; Bauer et al., 2000).
Bei einer stärkeren mikrobiellen Belastung des Futters sind auch Auswirkungen am Tier bzw. nachteilige Effekte
auf die Gesundheit und Leistung möglich (Kamphues, 2002b). Diese reichen von einer nur leicht eingeschränkten
Futteraufnahme über Störungen in der Magen-Darm-Flora (insbesondere im cranialen Verdauungstrakt, wie z. B.
im Pansen, s. Abb. 1) bis zu Infektionen (bestimmte Bakterien und Pilze), Intoxikationen (biogene Amine,
bestimmte Myko-, Endo- und Ektotoxine) oder auch zu Allergien (allergisierende Potenz von Bestandteilen der
Vorratsschädlinge, Pilze).
Der für die Praxis wichtigste und häufigste Effekt von Mängeln im Hygienestatus betrifft in Milchviehbetrieben
die Futteraufnahme der Kühe (Kamphues, 1996b; 1997). Wiederholt wurden deutliche Einbußen in der
Grundfutteraufnahme beobachtet, wenn „warm gewordene“/„nachgegorene“ Silagen zum Einsatz kamen (Ulbrich
und Hoffmann, 1987). Auch in aufwändigen experimentellen Untersuchungen waren derartige Einflüsse immer
wieder zu bestätigen. Geht aber die Grundfutteraufnahme zurück, so verändert sich automatisch die
Strukturversorgung, verbunden mit erheblichen Risiken für die Vormagenverdauung insgesamt. Ob dann die
reduzierte Grundfutteraufnahme wegen der geschmacklichen Veränderungen oder sekundär wegen einer gestörten
Verdauung im Pansen auftrat, bleibt oft ungeklärt.
Von Kamphues et al. (1992) wurden im künstlichen Pansen (RUSITEC) modellhaft die Auswirkungen von
verdorbener Silage (bei einwandfreiem Kraftfutter) bzw. von verdorbenem Kraftfutter (bei einwandfreier Silage)
überprüft (s. Abb. 1). Hieraus ist eindeutig abzuleiten, dass der Einsatz verdorbener Futtermittel die Effizienz des
mikrobiellen Abbaus und der Synthese gravierend mindert. Von Interesse aus diesen experimentellen
Untersuchungen ist fernerhin, dass es auch nach dem Wechsel auf einwandfreie Futterqualitäten noch Tage
dauerte, bis wieder „normale“ Abbau- und Syntheseraten zu verzeichnen waren, d. h. auch der
„mikroorganismenreiche“ Panseninhalt verträgt nur bedingt die Zufuhr/den Eintrag eines mikrobiell stark
belasteten Grund- oder Kraftfutters. Verschimmeltes Grundfutter hat – neben möglichen Effekten im
Pansenstoffwechsel – nicht zuletzt auch eine Bedeutung für Infektionen der Tiere, wie beispielhaft Aborte nach
Infektion des Uterus mit Aspergillus fumigatus belegen (Kamphues, 2006).
Inwieweit bei Atmungstrakterkrankungen der Rinder auch Hygienemängel von Heu und Stroh eine Rolle spielen,
ist bisher kaum näher zu beurteilen, in der Pferdehaltung ist dieser Zusammenhang wiederholt nachgewiesen
worden (Rade und Kamphues, 1999). Erwähnung verdient hierbei, dass sich die Exposition eben nicht nur auf den
Magen-Darm-Trakt beschränkt, sondern auch den Atmungstrakt (s. COB des Pferdes; Kamphues, 1996) oder die
Haut betreffen kann. Letzteres betrifft evtl. auch den Menschen, der mit derart belasteten Futtermitteln umgeht
und die Tiere füttert und betreut (Rade und Kamphues, 1999).
50
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
flü c h tig e F e tts ä u re n (m m o l/l)
45
v e rd o rb . K F
40
35
30
-4
-2
0
2
4
6
8
6
8
G a s b ild u n g (m l/F e rm e n te r)
1200
1100
1000
900
800
700
v e rd o rb . K F
-4
-2
0
2
4
" V e r d a u lic h k e it" d e r o r g . S u b s ta n z (% )
75
v e rd o rb . K F
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65
60
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-4
-2
0
2
4
6
8
T a g e v o r (-) b z w . n a c h (+ ) E in s a tz v e rd o rb e n e n K ra ftfu tte rs
Abbildung 1: Einfluss eines viertägigen Einsatzes verdorbenen Kraftfutters (KF) auf die Produktion flüchtiger
Fettsäuren, die Gasbildung sowie auf die „Verdaulichkeit“ der organischen Substanz im „Rusitec“ (nach
Kamphues et al., 1992)
Nicht zuletzt sind auch Auswirkungen auf die Qualität der von Tieren gewonnenen Lebensmittel möglich. Hierbei
ist zwischen dem Eintrag von Keimen an sich (Beispiele: Salmonellen, Bazillen, Clostridien) und dem Übergang
von Toxinen in das Lebensmittel (z.B. Aflatoxine in die Milch oder Ochratoxin in Nieren und Blut) zu
differenzieren. Letztgenannte Mykotoxine belegen geradezu exemplarisch die Bedeutung einer einwandfreien
hygienischen Futtermittelqualität für die Lebensmittelsicherheit (Bauer und Meyer, 2006; Blank et al., 1999).
Wurden bislang Mängel in der Futtermittelhygiene behandelt, so fokussierte sich das Interesse vornehmlich auf
das „Endprodukt Futter“. Mit der FM-Hygiene-VO wird aber an verschiedenen Stellen auch die prozessabhängige
Hygiene an sich angesprochen bzw. als Objekt der Kontrolle bzw. von Vorsichtsmaßnahmen benannt (z. B.
Förderung des Futters, Reinigungsmaßnahmen auf den verschiedenen Stufen etc.). Hierfür sollte man im Sinne
einer Differenzierung besser den Terminus „Fütterungshygiene“ (s. Kamphues, 2005) verwenden, da hierbei nicht
das Futtermittel selbst, sondern eher die „Umgebung“ des Futters im Fokus steht (vgl. Übersicht 8).
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
51
Übersicht 8: Aspekte der Fütterungshygiene (Bearbeitung, Behandlung, Versorgung mit Futter u. Wasser)
¾ Hygiene der mit dem Futter assoziierten Technik
- Lagerung der Einzel- und Mischfuttermittel
- Bearbeitung und Mischung vor der Zuteilung
- Transport- und Dosiereinrichtungen
¾ Hygiene des Futterangebots
- Angebotsform (trocken, breiig, flüssig)
- Bevorratungsdauer „im Trog“
- Technische Vorkehrungen zum Schutz des Futters
- Gebrauch von konservierenden Agentien
¾ Hygienebedingungen der Versorgung mit Tränkwasser
- originärer Keimgehalt (nah der „Quelle“)
- sekundärer Keimgehalt (bei Aufnahme)
Auch bei der Fütterungshygiene folgt man sinnvoller weise dem Weg des Futters von seiner Gewinnung/Ernte
über die Konservierung und Lagerung bis hin zur Vorlage, d. h. dem Angebot des Futters.
Die Bedingungen bei der Futtergewinnung und Ernte (Witterung, Bodenverhältnisse, Erntetechnik) können über
Kontaminationen (Erde, Dung-/Kuhfladenreste, Tierkadaver) den Hygienestatus des Futters (insbesondere Silagen
und Heu) maßgeblich beeinflussen. Gerade Verunreinigungen mit Erde sind kritisch zu bewerten, da hiermit
Massen an unerwünschten Keimen wie Clostridien in das Futter eingetragen werden. Nicht nur die Keime selbst
(Clostridien → Käsereitauglichkeit der Milch ↓), sondern evtl. auch deren Stoffwechselprodukte (s.
Botulismustoxine) führten wiederholt zu schwersten, verlustreichen Erkrankungen in Rinderbeständen (Kehler
und Scholz, 1996).
Bei der Lagerung ergeben sich vielfältige Risiken für den Hygienestatus von Grund- und Kraftfuttermitteln.
Beschädigte Folien schaffen lokal im Siliergut aerobe Bedingungen, so dass sich Bakterien und Pilze vermehren,
evtl. auch im Siliergut Mykotoxine gebildet werden können (z. B. von Penicillien oder auch Aspergillen; Bauer
und Meyer, 2006).
Nicht selten stellen Maissilage- oder Anwelksilage-Vorräte (Kamphues, 2006) in der kalten Jahreszeit beliebte
Refugien von Schadnagern dar, die dann den Futtervorrat gleichzeitig als Nahrungsquelle und Lebensraum
nutzen. Schadnagerexkremente stellen wesentliche Eintragsquellen für diverse Infektionserreger dar (z. B.
Salmonellen, Leptospiren), so dass entsprechende Vorsichtsmaßnahmen (systematische Schadnagerbekämpfung)
zwingend erforderlich sind. Die Lagerungsbedingungen der Kraftfuttermittel bedürfen ebenso einer ständigen
Kontrolle. Primäre Ursache hier auftretender Mängel im Hygienestatus sind bei betriebseigenem Getreide die
nicht ausreichende Trocknung vor Einlagerung sowie die Befüllung von Kraftfuttersilos mit pelletiertem
Mischfutter, das noch zu hohe Feuchtegehalte aufweist. Bei Erwärmung (z. B. während der Befüllung oder auch
infolge einer Sonneneinstrahlung bzw. einer hohen Stallinnentemperatur) wird diese Feuchte flüchtig, kondensiert
an den Siloinnenwänden und schafft dort die Voraussetzungen für Verbackungen und mangelndes Fließverhalten.
Derartige „Reste“ im Siloinneren stellen die „Impfkulturen“ für neu angelieferte Mischfutterchargen dar, wenn
solche Silos nicht vollständig geräumt und gereinigt werden. Aus Sicht der Fütterungshygiene stellt deshalb die
Zugänglichkeit und Einsehbarkeit von Kraftfuttersilos nicht nur eine berechtigte, sondern eine zwingende
Anforderung dar, die bislang in der Praxis nur vereinzelt Berücksichtigung fand (Kamphues, 2005).
Bei der Futtervorlage stellt die Zwischenlagerung von Silage (z. B. in Blöcken auf dem Futtergang) zumindest bei
höheren Temperaturen eine größere Gefahr für die Entwicklung von Nachgärungen dar, die leicht erkennbar sind
(Erwärmung) und hinsichtlich ihrer nachteiligen Einflüsse auf die Grundfutteraufnahme schon geschildert
wurden. Bei großzügigem Grundfutterangebot (sinnvoll und notwendig in der Fütterung laktierender Kühe)
verbleiben Reste, die vor der nächsten Fütterung zu entfernen sind. Die Entsorgung dieser Grundfutterreste in den
Stall hinein (auf Lauf- und Liegeflächen) schafft eine Kontamination des Stallinneren mit Clostridiensporen,
Hefen und anderen Keimen, die letztlich auch wieder das Tier bzw. das Lebensmittel Milch treffen können.
Futterreste aus dem Trog bzw. deren Verbleib sind deshalb grundsätzlich Gegenstand einer Kontrolle der
Fütterungshygiene. Nicht zuletzt fordert die FM-Hygiene-VO, dass auch die „Fütterungseinrichtungen sauber
52
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
gehalten werden müssen“, wobei hier Mischer, Mischwagen, Tröge, Automaten sowie Transporteinrichtungen für
das Futter mit erfasst sind.
In der Vergangenheit wurde der Faktor Wasserversorgung seitens der Tierernährung kaum näher bearbeitet, die
Ausstattung mit Selbsttränken wurde in der modernen Tierhaltung zur Selbstverständlichkeit und suggerierte wohl
die Vorstellung von dauernder Verfügbarkeit und ausreichender Qualität. Diese Einschätzung hat sich in den
letzten Jahren wesentlich geändert (Kamphues und Schulz, 2002), Tränkwasser steht nun an erster Stelle in der
Positivliste – was auch seiner Bedeutung für Gesundheit und Leistung entspricht, wie Situationen eines Mangels
belegen – und fand auch in der FM-Hygiene-VO entsprechende Berücksichtigung. Dort heißt es lapidar:
„Verwendetes Wasser muss so beschaffen sein, dass es für die betreffenden Tiere geeignet ist“.
Tränkwasseranlagen müssen so konstruiert, gebaut und angebracht sein, dass eine Kontamination auf ein
Mindestmaß begrenzt wird. Des Weiteren müssen sie regelmäßig gereinigt und instand gehalten werden. Diese
Anforderungen stellen eigentlich eine Selbstverständlichkeit dar, zumindest für einen verantwortungsbewussten
Tierhalter. Sehr viel schwieriger ist die Frage, welche Qualität das Tränkwasser haben muss, so dass es als
„geeignet“ angesehen werden kann. Hierzu wird derzeit – im Auftrag des Bundesministeriums – ein
Orientierungsrahmen erarbeitet (Kamphues et al., 2007). Das im Tränkebecken eines Rinderstalls befindliche
Wasser wird auch bei größten Bemühungen um Sauberkeit vermutlich nur selten der Trinkwasserverordnung
entsprechen (eine solche Forderung ist weder nötig noch sachgerecht), andererseits sollte das eingespeiste Wasser
(Hauptzuleitung zum Tierstall) doch bestimmte Mindestanforderungen in mikrobiologischer und chemischer Sicht
erfüllen, die eine Gefahr für die Tiergesundheit oder nachteilige Effekte auf die Lebensmittelqualität ausschließen
(Kamphues und Schulz, 2002). Vor diesem Hintergrund kann vermutlich die Versorgung von Rindern in der
Weidehaltung mit einem Wasser aus Vorflutern und Gräben, in die auch andere Einleitungen (z. B. aus
Klärwerken) erfolgen, zukünftig nicht mehr toleriert werden. Wiederholt wurden unter diesen Bedingungen
beispielsweise Kontaminationen des Wassers mit Salmonellen und anderen Infektionserregern nachgewiesen, so
dass Risiken derartiger Praktiken unabweislich und deshalb nicht zu akzeptieren sind. In der Stallhaltung stellt
vermutlich die Verunreinigung von Tränkebecken mit Kot und Harn die häufigste Ursache einer mangelhaften
Wasserqualität und -aufnahme dar. Um für diese praxisrelevanten Mängel eine größere Aufmerksamkeit bei den
Tierhaltern zu erreichen, sollte man betonen, dass bei allen Spezies eine uneingeschränkte Wasseraufnahme eine
Grundvoraussetzung für eine hohe TS- und damit Energie- und Nährstoffaufnahme darstellt (für diesen
Zusammenhang ist nämlich eine entsprechende „Sensibilität“ der Tierhalter gegeben).
Die bisherigen Ausführungen lassen erkennen, in welchem Maße die in der FM-Hygiene-VO niedergelegten
Anforderungen die traditionellen Vorstellungen von Fütterungshygiene erweiterten: Nicht nur die
mikrobiologische Qualität des Futters an sich, sondern auch die Berücksichtigung weiterer Kontaminanten des
Futters (chemische und physikalische Verunreinigungen) sowie die Hygiene der mit dem Futter in Kontakt
kommenden Umgebung wurden verbindlich geregelt. Die Intentionen der FM-Hygiene-VO gehen sogar noch
weiter, wenn es dort (Anhang I, Teil A, I, 3 ii) heißt, dass Futtermittelunternehmer zu Maßnahmen …
Tiergesundheit … Bekämpfung von Zoonosen verpflichtet sind.
Vor diesem Hintergrund stellt sich beispielsweise die Frage, inwieweit eine sehr feine Vermahlung der
Einzelfuttermittel mit anschließender Pelletierung noch gerechtfertigt ist, da zum einen die Tiergesundheit
(Magenulzera bei Mastschweinen und Sauen; Armory et al., 2006), Nachteile für die Chymuspassage,
Obstipationen bei Sauen; Warzecha, 2006), zum anderen auch die Disposition für ein höheres
Salmonellenvorkommen bei Mastschweinen tangiert sind (s. Übersicht 9). Mit einer gröberen Vermahlung der
Ausgangskomponenten eines Mischfutters lässt sich nämlich der Anteil serologisch positiver Mastschweine am
Schlachthof erheblich reduzieren, wie eine entsprechende Feldstudie von Visscher (2006) eindeutig belegt.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
53
Übersicht 9: FM-Hygiene-Intentionen: Gefahren beherrschen!
(hier beispielhaft: die FM-Vermahlung und -konfektionierung)
¾ Gefahren (Risiken) einer zu intensiven Vermahlung von Getreide
Magenulcera bei Schweinen (latent/klinisch manifest)
schnellste Fermentation im Pansen (pH-Variation ↑)
verzögerte Dickdarmpassage (Sauen: Verstopfung)
höhere Salmonellen-Prävalenz (Schwein)
¾ Gefahren (Risiken) einer zu groben Vermahlung von Getreide
geringere Verdaulichkeit im Dünndarm
höhere Nährstoffverluste mit dem Kot
mangelnde Stabilität der Pellets
bei unpelletiertem Mischfutter: ENTMISCHUNG
¾ Herausforderung: Zerkleinerung des Getreidekorns mit
Erhalt eines größeren Anteils an „Struktur“
Vermeidung höherer Anteile von „Mehl“
und nötiger Zugänglichkeit für Verdauungsenzyme
und zwar aus Gründen
- des Tierschutzes (vermeidbare Leiden und Schmerzen)
und
- des Verbraucherschutzes (Belastung mit Zoonoseerregern ↓)
Zusammenfassung/Schlussfolgerungen
Neue rechtliche Rahmenbedingungen fordern und fördern die Berücksichtigung von Qualitätsansprüchen an
Futter und Fütterung, die in der Vergangenheit nicht oder nur bedingt im Fokus der Tierernährungswissenschaft
standen. Das Futter ist eben nicht nur Lieferant von Energie und Nährstoffen, es ist vielmehr ein Substrat, das
neben seiner sensorischen Qualität (geruchliche, geschmackliche, taktile Reize) immer auch mit Mikroorganismen
(und evtl. deren Stoffwechselprodukten) behaftet ist und u. U. auch mit größeren Organismen und unerwünschten
Stoffen belastet sein kann, die sowohl die Gesundheit der Tiere als auch evtl. die Lebensmittelqualität betreffen.
Auch diese Facetten der Futtermittelqualität bedürfen zur Beurteilung der wissenschaftlichen Bearbeitung,
insbesondere der Differenzierung und Quantifizierung. Für viele Futtermittel wurden entsprechende Evaluierungsgrundlagen hinsichtlich der mikrobiologischen Qualität geschaffen, für andere, d. h. insbesondere für die
Grundfuttermittel fehlen vergleichbar gut fundierte Richtwerte, so dass hier ein entsprechender Forschungsbedarf
gegeben ist.
Auch die Fütterungshygiene, d. h. Hygiene der Prozesse von der Ernte bis zum Angebot des Futters an das Tier,
bedarf systematischer Untersuchungen, die dem Weg des Futters folgen, um ihre Bedeutung für die Qualität des
Endprodukts noch besser beurteilen zu können.
Futter und Wasser müssen nicht grundsätzlich schon Lebensmittelqualität haben, nur weil sie bei
lebensmittelliefernden Tieren zum Einsatz kommen; sie müssen aber eine Qualität aufweisen, die eine Schädigung
von Tieren und eine nachteilige Beeinflussung der Lebensmittelqualität weitestgehend ausschließen.
Wie in anderen Bereichen gilt es auch hier: Die Kunst liegt im rechten Maß!
Literatur
Arbeitskreis “Futtermikrobiologie” der Fachgruppe VI des VDLUFA (2002) Entwurf für ein
Orientierungsschema zur Auswertung der Ergebnisse mikrobiologischer Untersuchungen zwecks Beurteilung
von Futtermitteln, § 7 (3) Futtermittelgesetz, Stand 12.12.2002
Armory J, Mackenzie A, Pearce G (2006) Factors in the housing environment of finisher pigs associated with
the development of gastric ulcers. Vet Rec, 158: 260-264
Bauer J, Hörmannsdorfer S (2000) Bakterien in Futtermitteln. Potenzielle Schadorganismen und Stoffe in
Futtermitteln sowie in tierischen Fäkalien, Sachstandsbericht, Mitteilung 4, DFG, Wiley-VCH, Weinheim, 56164
54
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Bauer J, Meyer K (2006) Stoffwechselprodukte von Pilzen in Silagen: Einflüsse auf die Gesundheit von
Nutztieren. Übers Tierernährg, 34: 27-55
Bauer J, Schneweiss I, Hörmannsdorfer S (2000) Pilze und deren Stoffwechselprodukte in Futtermitteln.
Potenzielle Schadorganismen und Stoffe in Futtermitteln sowie in tierischen Fäkalien, Sachstandsbericht,
Mitteilung 4, DFG, Wiley-VCH, Weinheim, 165-217
Blank R, Köhler D, Wolffram S (1999) Ochratoxin-A in der Nahrungskette – Vorkommen, Toxicität und
Dekontamination. Übers Tierernährg, 27: 123-163
Böhm J (2000) Fusarientoxine und ihre Bedeutung in der Tierernährung. Übers Tierernährg 28: 95-132
DLG Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (1994) Tagung „Grenzwerte für umweltrelevante Spurenstoffe“,
Suhl (1993), veröffentlicht in: Übers Tierernährg, 22: 1-242
Flachowsky G (2006) Möglichkeiten der Dekontamination von „unerwünschten Stoffen“ nach Anlage 5 der
Futtermittelverordnung 2006. Landbauf Völkenrode, SH 294: 1-290
GMF Gesellschaft für Mykotoxinforschung e. V. (2000) Orientierungswerte für DON und ZEA in Futter von
Schwein, Rind und Huhn (vom 11.06.2000)
Kamphues J (1986) Lipopolysaccharide in Futtermitteln – mögliche Bedeutung, Bestimmung und Gehalte. Übers
Tierernährg, 14: 131-156
Kamphues J (1988) Beurteilung und Bewertung der hygienischen Beschaffenheit von Futtermitteln für
Schweine. Tierärztl Prax, Suppl 3: 28-35
Kamphues J (1996a) Risiken durch Mängel in der hygienischen Beschaffenheit von Futtermitteln für Pferde.
Pferdeheilkde, 12: 326-332
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Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Futtermittelsicherheit:
Ein bedeutender Teil des „Farm to Fork“ - Konzeptes
Monika Lahrssen-Wiederholt
Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde im Jahr 2002 gegründet als ein wesentlicher nationaler
Beitrag zur Umsetzung der neuen europäischen Lebensmittelsicherheitspolitik. Vorausgegangen waren die
Dioxinkrise in Belgien und das Auftreten von BSE auch in Deutschland. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es zum
Schutz sowohl der Tiergesundheit als auch zum Schutz der menschlichen Gesundheit notwendig ist, Maßnahmen
zu treffen, die gewährleisten, dass nicht sichere Futter- und Lebensmittel nicht in den Verkehr gelangen und dass
Systeme vorhanden sind, mit deren Hilfe Probleme der Futter- und Lebensmittelsicherheit erkannt werden können
und hierauf reagiert werden kann. Um Lebensmittelsicherheit gewährleisten zu können, müssen alle Aspekte der
Lebensmittelherstellungskette als Kontinuum betrachtet werden, und zwar von der Futtermittelproduktion bis hin
zum Verkauf der Lebensmittel an den Verbraucher, da jedes Glied dieser Kette eine potentielle Auswirkung auf
die Lebensmittelsicherheit haben kann („From Farm to Fork“).
„Krisen vermeiden bevor sie entstehen“. Diesem Motto fühlt sich der Bereich „Futtermittelsicherheit“ des BfR
verpflichtet. Gemeint ist damit unter anderem die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit durch Verbesserung
der Futtermittelsicherheit. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es notwendig ist, die Erzeugung, die Herstellung, den
Transport und den Vertrieb von Futtermitteln, die an Tiere verfüttert werden, die der Lebensmittelgewinnung
dienen, zu berücksichtigen, da die Kontamination von Futtermitteln eine mittelbare oder unmittelbare Auswirkung
auf die Lebensmittelsicherheit haben kann. Entsprechend der Schaffung durchgehender Sicherungssysteme in der
gesamten Lebensmittelherstellungskette im Sinne des „From Farm to Fork“ - Konzeptes wurde bei der Gründung
des BfR die Aufgabenfelder der Risikobewertung der unerwünschten Stoffen in den Futtermitteln sowie die
Risikobewertung der Kontaminanten in Lebensmittel organisatorisch in einer einzigen Fachgruppe als integratives
Element innerhalb der Abteilung „Lebensmittelsicherheit“ zusammengefasst.
Das Aufgabenspektrum dieser Fachgruppe „Kontaminanten in der Nahrungskette und Futtermittelsicherheit“
umfasst „traditionelle“ Aufgabenfelder im Bereich der Futtermittelsicherheit, wie die Mitarbeit bei
Zulassungsverfahren sowohl von Futtermittelzusatzstoffen, als auch von Futtermitteln für besondere
Ernährungszwecke sowie von Bioproteinen, aber auch Aufgaben bei der Prüfung spezifischer Aspekte im Rahmen
der Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen sowie bei der Zulassung von
Schädlingsbekämpfungsmitteln. Neben der Risikobewertung von unerwünschten Stoffen in Futtermitteln sowie
deren Einfluss auf die Produktion von Lebensmitteln tierischer Herkunft und auf die Tiergesundheit obliegt der
Fachgruppe „Kontaminanten in der Nahrungskette und Futtermittelsicherheit“ nunmehr auch die toxikologische
Bewertung von Kontaminanten in Lebensmitteln (z.B. Mykotoxine, Dioxine, PCB, Schwermetalle) sowie die
Mitwirkung bei Gesetzesvorhaben zu Lebensmitteln und Futtermitteln.
Neben den dargestellten „traditionellen“ Aufgabenfeldern gilt es aber auch, die Risiken bei aktuellen Störfällen
und akuten Geschehnissen zu bewerten. Externer Sachverstand und externe wissenschaftliche Expertise
unterstützten das BfR bei der Bewertung von Risiken; Ergebnisse von Sachverständigengesprächen und BfRForen fließen in Risikobewertungen ein.
Anhand ausgewählter Beispiele sollen im Folgenden einige Geschehnisse sowie Herausforderungen der
Risikobewertung vorgestellt werden, die in letzter Zeit als „nicht alltägliche Fälle der Futtermittelsicherheit“
parallel zu den Routinearbeiten des Bundesinstitutes für Risikobewertung zu bearbeiten waren.
Acrylamid
Acrylamid wurde im Frühjahr 2002 erstmalig als orginär beziehungsweise endogen gebildete Substanz
(„prozessbedingter Schadstoff“) in stark erhitzten, stärkehaltigen Lebensmitteln nachgewiesen. Insbesondere in
Kartoffel- und Getreideprodukten, im Verlauf deren Herstellung Prozesse wie Frittieren, Rösten und Backen
einbezogen sind, kann Acrylamid entstehen. Im Tierversuch erwies sich Acrylamid als eine Substanz, die in der
Lage ist, das Erbgut zu verändern und Krebs zu verursachen. In einer solchen Situation kommt das
Vorsorgeprinzip (Precautionary Principle) zur Anwendung. Die Idee des dynamischen Minimierungskonzeptes
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
57
entspringt grundsätzlich diesem Ansatz und ist sicherlich das Beste, was derzeit getan werden kann. Mit Blick auf
die Herstellung von Pommes Frites und Bratkartoffeln lautete das Motto der Minimierungsstrategie des BfR
„Vergolden statt Verkohlen“.
Die seither publizierten Untersuchungen zeigen, dass freies Asparagin und reduzierende Zucker als maßgebliche
Ausgangskomponenten der Acrylamidbildung angesehen werden müssen, da diese insbesondere bei niedrigen
Wassergehalten und gleichzeitig hohen Temperaturen zu Acrylamid reagieren können. Da Futtermittel prinzipiell
aus ähnlichen Rohstoffen bestehen und mit gleichen oder ähnlichen Verfahren hergestellt werden wie
Lebensmittel, wurde auch in diesen die Bildung von Acrylamid vermutet.
Im Zuge der Diskussion um Acrylamid in Futtermitteln wurden mögliche Eintragspfade von Acrylamid in
Futterstoffe mit dem Ziel geprüft, erkannte Kontaminationsquellen auszuschalten. Es zeigte sich, dass eine
Acrylamidbelastung im Futter weniger von dessen Be- und Verarbeitung abhängt, als von den verwendeten
Ausgangsmaterialien.
Um den Übergang von Acrylamid aus dem Futter in das tierische Lebensmittel Ei zu untersuchen, wurden in
Kooperation mit dem Institut für Tierernährung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Carry
over-Versuche an Legehennen durchgeführt (Halle et al., 2006). Parallel dazu wurde am chemischen analytischen
Zentrum des BfR eine Methode zur Bestimmung des Hauptmetaboliten Glycidamid etabliert. Ziel der noch nicht
abgeschlossenen Untersuchungen ist die Quantifizierung von Acrylamid und Glycidamid in verschiedenen
Organen und Geweben der Legehenne, die Ermittlung der Ausscheidungsrate von Acrylamid in der Legehenne
sowie Untersuchungen zum Nachweis von Glycidamid im Ei.
Knochenfragmente in Zuckerrübenschnitzeln
Das Wissen über die botanische Besonderheit der Zuckerrübe, der so genannten Wurzelrinne, die prädestiniert ist
für hartnäckige Anhaftungen des Ackerbodens, ist seit den Funden von Knochenfragmenten in
Zuckerrübenschnitzeln nahezu bei allen Wissenschaftlern, die sich mit dem Thema Futtermittelsicherheit
befassen, allgegenwärtig. Um zu untersuchen, ob als Ursache für die Verunreinigung von Futtermitteln mit
tierischem Protein ein Eintrag über den an den Rüben anhaftenden Boden in Betracht kommt, wurde von BfR ein
Sachverständigengespräch einberufen. Hier wurden von Experten Untersuchungen vorgestellt, bei welchen über
eine Fraktionierung von Bodenproben und mikroskopischen Untersuchungen in mehr als 60 % der Proben in der
Feinsandfraktion Knochenfragmente analysiert werden konnten (Hoffmann et al., 2005). Inwieweit die Thematik
von Funden von tierischem Protein im Futtermittelbereich in Zukunft nochmals diskutiert werden könnte, zeigen
weitere Erkenntnisse zu Untersuchungen zum Verhalten der Feinsandfraktion durch Witterungseinflüsse auf.
Neben den Bodenanhaftungen in der Wurzelrinne kann auch die Epidermis von Wurzel- und Knollenfrüchten
Knochenfragmente aufweisen. So bewirken Wind und Regen, dass Bestandteile der Feinsandfraktion der
Ackerkrume aufgewirbelt werden (sog. Spray), mit dem Effekt der Kontaminationen oberirdischer Pflanzenteile.
Bei einigen Feldfrüchten besteht somit die Möglichkeit, dass Knochenfragmente oder andere Bodenpartikel im
Verlauf des Wachstums in die Epidermis eingeschlossen werden. Dieses Ereignis der „Knochenfragmente in
Zuckerrübenschnitzeln“ zeigt, dass der Blick zurück in den Futtertrog mit dem Ziel sichere Lebensmittel
herzustellen gegebenenfalls auf die Materie Boden ausgedehnt werden muss. Besonders das Wissen um die
Herkunft dieser Knochenfragmente, ob diese von Resten von Beutetieren von Füchsen und Greifvögeln, von
Exkrementen von Füchsen und Greifvögeln, von erntebedingten Kleintierkadavern, von Feldmäusen etc., dem
jahrelangem Ausbringen von Exkrementen landwirtschaftlicher Nutztiere, die früher mit Tiermehl gefüttert
wurden oder dem zulässigem Einsatz von Knochenschroten oder –mehl als Phosphatdünger stammen, spielte für
die Risikobewertung eine entscheidende Rolle. Der Einfluss der Bodenbeschaffenheit ist mitentscheidend für die
Tatsache, dass diese Knochenfragmente regional unterschiedlich nachgewiesen werden konnte. Die derzeit
vermehrt in Diskussion stehende wichtige Rolle der Materie „Boden“ als Vektor zeigen auch die Funde von
perfluorierten Verbindungen, die über Bodenverbesserer in den Boden gelangt und mittlerweile in Lebensmitteln
und Trinkwasser analysiert wurden.
Gefahrenpotential von Pyrrolizidinalkaloiden für die Tiergesundheit und den gesundheitlichen
Verbraucherschutz
Die extensive Bewirtschaftung von Grünland wird durch Programme der EU-Agrarpolitik gefördert. Die damit
einhergehenden Veränderungen in der Bewirtschaftungsintensität zeigen ihre Auswirkungen auch in der
landwirtschaftlichen Praxis der konventionellen Landwirtschaft. Auf Extensivierungsflächen nimmt die
Artenvielfalt nachweislich zu. Allerdings breiten sich auf diesen Flächen unter bestimmten Bedingungen auch
58
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
wieder vermehrt pyrrolizidinalkaloidhaltige Planzen wie zum Beispiel das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobacea)
aus. Parallel zu den durch Extensivierungsmaßnahmen geförderten Veränderungen in den Landnutzungsformen
häufen sich in den letzten Jahren die Meldungen über vermehrtes Auftreten von Pyrrolizidinalkaloid-Toxikosen
beim Weidevieh.
Pyrrolizidinalkaloide (PAs) sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die vom Weidevieh entweder beim Weidegang
aufgenommen oder den Tieren nach der Konservierung des Grünfutters als Heu im Rahmen der Winterfütterung
verabreicht werden. Pyrrolizidinalkaloide können hepatotoxische, mutagene und cancerogene Wirkungen beim
Nutztier hervorgerufen. Für den Menschen besteht ein Expositionspfad mit der Möglichkeit eines
gesundheitlichen Risikos durch den Verzehr von mit PA kontaminierten Lebensmitteln tierischen Ursprungs. PAs
wurden sowohl im Honig als auch in der Milch von Kühen, Schafen und Ziegen nachgewiesen, welche mit PAs
belastetes Futter aufgenommen hatten.
Das Risiko einer Gesundheitsgefährdung von Tier und Mensch erfordert tierexperimentelle Untersuchungen auf
diesem Gebiet. Aus diesem Grund wird am Bundesinstitut für Risikobewertung ein Carry over-Versuch mit
Pyrrolizidinalkaloiden am kleinen Wiederkäuer (Ziege) mit dem Ziel durchgeführt, sowohl auf natürlichem Wege
kontaminierte Matrizes für die Optimierung und Validierung von Methoden zum Nachweis von
Pyrrolizidinalkaloiden im Lebensmittel zu erhalten als auch den Übergang von Pyrrolizidinalkaloiden aus einem
mit Jakobskreuzkraut kontaminierten Futter in die Milch zu quantifizieren.
Phthalate
Phthalate werden Kunststoffen, denen elastische Eigenschaften verliehen werden sollen, in Konzentrationen bis zu
40% zugesetzt. Es ist bekannt, dass die Aufnahme von Phthalaten über Lebensmitteln gesundheitsschädliche
Wirkungen hat. Lebensmittel tierischen Ursprungs können vergleichsweise hohe Konzentrationen an Phthalaten
aufweisen. Sie können bei der Lebensmittelverarbeitung aus Schläuchen oder Förderbändern sowie aus
Verpackungsmaterialien im Verlauf von Transport und Lagerung in die Lebensmittel migrieren.
Untersuchungsergebnisse belegen, dass auch unverarbeitete Lebensmittel, z.B. Milch, mit Phthalaten belastet sind.
Über Kontaminationspfade von Phthalaten in Futtermitteln liegen nur wenige Daten vor
(z.B. Gummiverbindungsstücke in Melkanlagen). Ebenso fehlen Untersuchungen zum Carry over von Phthalaten
aus Futtermitteln in Lebensmittel tierischen Ursprungs. Um Aspekte der Futtermittelsicherheit abzuklären, sind
am BfR Untersuchungen geplant, die sich zunächst vorrangig mit Analysen der in der Landwirtschaft
verwendeten „Verpackungsmaterialien“ von Futtermitteln befassen. Nach einer Entwicklung geeigneter
Analysemethoden von Pthalaten in Futtermittel sollen gezielt Untersuchungen zum Migrationsverhalten
durchgeführt werden.
Welche Herausforderungen durch die Verwendung neuer oder in ihrer Zusammensetzung veränderter Futtermittel
an das Bundesinstitut für Risikobewertung herangetragen werden, wird sich zukünftig zeigen. Die Verwendung
neuer Technologien im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe bedingt eine zunehmende Produktion von Cobzw. Nebenprodukten, die ihren Weg in die Tierfütterung nehmen. Hier gilt es „bekannte“ und auch neue
unerwünschte Stoffe zu identifizieren und zu bewerten. Ebenso sind neue Sorten, die vorrangig zum Zwecke der
Effizienzsteigerung erneuerbarer Energien gezüchtet werden, hinsichtlich ihres ernährungsphysiologischen
Wertes für das Tier zu überprüfen. Es gilt sich den Änderungen zu stellen, die Herausforderung anzunehmen und
sich den herannahenden Themen proaktiv anzunehmen.
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III. Aspekte der Praxis
59
60
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Qualität und Sicherheit der wirtschaftseigenen Futtermittel
Walter Staudacher
Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft, Frankfurt a. Main
Bei der Erzeugung, Ernte, Konservierung und Bereitstellung von wirtschaftseigenem Futter wirken eine Vielzahl
von Faktoren auf die Qualität und Sicherheit dieser im landwirtschaftlichen Betrieb erzeugten Futtermittel.
Auch wenn das generelle Ziel, nämlich die Gewinnung von qualitativ einwandfreiem, hochwertigem Grünfutter
sowie Silagen, Heu, Getreide und Stroh unstrittig ist, sind für den Landwirt ökonomische, rechtliche, technische
und vor allem arbeitswirtschaftliche Rahmenbedingungen zu beachten, die im konkreten Fall durchaus auch
qualitätsmindernd Einfluss nehmen können. Die Weiterentwicklung der Erntetechnik und Ernteverfahren mit
einer starken Erhöhung der Schlagkraft, die Vergrößerung der Betriebe verknüpft mit arbeitswirtschaftlichen
Engpässen, der wachsende Verwaltungsaufwand, oder die Gewährung von Prämien für die Extensivierung von
Futterflächen führten in den vergangenen Jahren sowohl zu neuen Gefahren der Qualitätsbeeinträchtigung als
auch zu neuen Chancen der Qualitätsverbesserung.
Für die bedeutendsten wirtschaftseigene Futtermittel werden nachfolgend einige dieser Veränderungen aufgeführt.
Weide
Die Weide hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich an Bedeutung verloren. Da sie jedoch als natürliche und
damit artgerechte Haltung und Futtervorlage gilt, wird sie in jüngster Zeit wieder verstärkt gefordert und
gefördert.
Die Qualität von Weidefutter wird im Wesentlichen vom Pflanzenbestand, der Düngung, dem Pflanzenschutz, der
Weideführung und der Weidepflege bestimmt. Dabei stellt die Weideführung durch die flexible Anpassung und
Optimierung des Tierbesatzes an die Fläche und den jeweiligen Futteraufwuchs, die größte Herausforderung dar.
Unter bestimmten Bedingungen birgt das Weidefutter Gefahren für den Nutztierbestand. Dies ist dann der Fall,
wenn der Futteraufwuchs oder Tränkstellen durch temporäre Überschwemmungen mit Schadstoffen belastet sind,
mit Exkrementen oder Parasiten (z. B. Leberegel) kontaminiert sind, oder mit dem Futter Giftpflanzen (z. B.
Herbszeitlose, Jakobs-Kreuzkraut u. a.) aufgenommen werden. Auch wenn Nutztiere auf der Weide bei der
Futteraufnahme durchaus zu ihrem Vorteil selektieren, waren in den vergangenen Jahren infolge zu später
Nutzung und nachlassender Weidepflege auf extensivierten Flächen häufig Qualitätsverschlechterungen
festzustellen.
Wir stellen heute fest, dass mit dem Rückgang der Weidehaltung auch das Wissen über die gute fachliche Praxis
des Weidemanagements abnimmt. Ökonomische Anreize für Milchviehhalter, Weidehaltung wieder zu
praktizieren werden sehr zögerlich aufgenommen.
Grünfutter
Im Zuge der Mechanisierung, insbesondere der Einführung des Ladewagens, bleiben aus arbeitswirtschaftlichen
Gründen die Rinder immer häufiger im Stall und das Grünfutter wurde/wird während der Vegetationszeit täglich
frisch geerntet und vorgelegt.
Mit Ausnahme einer stärkeren Verschmutzungsgefahr bei längeren Schlechtwetterperioden und bei Einhaltung
von angemessenen Wartezeiten nach einer Gülleausbringung ist hier in der Regel von guten und
unproblematischen Futterqualitäten auszugehen.
Grünfuttersilagen
Grünfuttersilagen sind in der Rinderhaltung zum bedeutendsten wirtschaftseigenen Futtermittel avanciert. Aus
arbeitswirtschaftlichen Gründen und wegen vorteilhafter konstanterer Futterqualität sind viele Betriebe zur
Ganzjahressilagefütterung übergegangen. Der energetische Futterwert ist den höheren Ansprüchen der
gestiegenen biologischen Leistungen gemäß heute etwas höher als früher. Die Gehalte an Rohprotein und Nitrat
sind häufig aufgrund der reduzierten N-Düngung tendenziell niedriger als noch vor 10 Jahren.
Die Silagequalität kann insbesondere beeinträchtigt werden durch
• eine zu hohe Verschmutzung während der Ernte, gegebenenfalls unter Einschluss von unbeabsichtigt
„mitgeernteten“ Tieren
• eine zu geringe bzw. ungleichmäßige Verdichtung bei der Einlagerung in das Silo (Zielwerte sind bei
Grassilage ca. 220 kg TM/m3, bei Maissilage ca. 250 kg TM/ m3)
• eine ungenügende, nicht luftdichte oder verzögerte Abdeckung
• Fehlgärungen
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
61
•
ein tiefes Eindringen von Luft in den Futterstock an der Anschittfläche durch ungeeignete Exposition,
Entnahmetechnik oder zu geringen Vorschub (Zielwerte sind im Winter > 1,50 m/Woche, im Sommer >
2,50 m/Woche)
• eine Nacherwärmung der entnommenen Silage im Stall
• einen unsachgemäßen Umgang mit verschimmelten Silagepartien und Silageabraum
Unterschätzt wird noch immer der Einfluss einer fachgerechten Grünlandpflege und Grasernte auf die
Verschmutzung und damit die Futterqualität.
Das Einebnen und ggf. Abschleppen von Maulwurfshaufen und Schließen von Lücken in der Grasnarbe durch
Nachsaat im Frühjahr bzw. Herbst sind Maßnahmen, die zeitlich weit vor der Futterernte liegen und daher zu
wenig mit der Futterqualität in Verbindung gebracht werden. Weitere wichtige Maßnahmen in diesem
Zusammenhang ist die Einstellung der Mähwerke auf einen Mindeststoppelhöhe von 5 besser 6 cm sowie das
Abwarten der Abtrocknung der Grasbestände und des Bodens vor Beginn der Mahd. Ein tiefer Schnitt
(„Rasierschnitt“) erfordert auch eine „aggressive“ Einstellung der Zett- und Schwad-Geräte, wodurch zusätzlich
mehr Bodenteile in das Futter gelangen. Rohaschegehalte von über 10 % in der Trockenmasse bei Grassilagen
zeigen an, dass noch Optimierungsbedarf besteht.
Die Entwicklung hin zu einer schlagkräftigeren Mechanisierung ermöglicht zwar theoretisch eine bessere
Beherrschung des Wetterrisikos. In der Praxis werden die dafür erforderlichen Erntemaschinen wegen der hohen
Investitionskosten jedoch zunehmend überbetrieblich eingesetzt, wodurch der optimale Erntezeitpunkt nicht
immer realisiert werden kann. Hohe Mähleistungen von 5-7 ha/h setzen hohe Fahrgeschwindigkeiten und
Arbeitsbreiten voraus. Dadurch wird Rehkitzen und Niederwild eine rechtzeitige Flucht erheblich erschwert. Da
es sowohl aus Gründen des Wildschutzes als auch der hygienischen Futterqualität (Botulismusgefahr) anzustreben
ist, solche „Unfälle“ möglichst zu vermeiden, technisch dafür aber bisher keine praxistauglichen Hilfsmittel zur
Verfügung stehen, empfiehlt sich eine Zusammenarbeit zwischen Landwirt und Jagdpächter, um die
Fluchtchancen zu verbessern.
Die hohe Schlagkraft der Erntemaschinen verursacht in der Praxis auch erhebliche Engpässe beim Einsilieren und
Verdichten des Siliergutes. Bei einer Anlieferung von 50-110 Tonnen Anwelkgut/h ist eine fachgerechte
Einsilierung und vor allem Verdichtung außer bei sehr großen Silos nur noch dann möglich, wenn parallel zwei
Silos befüllt und verdichtet werden. Das fachgerechte Verteilen des Silierguts und Festwalzen in dünnen
Schichten (< 30 cm) wirkt kapazitätsbegrenzend, ist aber für einen verlustarmen Silierprozess und Vermeidung
der Entwicklung von Schimmelpilzen unerlässlich. Der Einsatz von geeigneten Siliermitteln in ausreichender
Dosierung und Verteilgenauigkeit kann die Gärverluste senken sowie die hygienische Qualität und
Schmackhaftigkeit der Silagen verbessern.
Unzweckmäßige Silogrößen und –bauformen erschweren das fachgerechte Einsilieren, Abdecken sowie die
Entnahme und gefährden daher die Silagequalität.
Sofern Silagen in Ballen gepresst, konserviert und gelagert werden, ist eine gleichmäßige und genügend hohe
Verdichtung sowie ein luftdichtes Einpacken in geeignete Wickelfolien erforderlich.
Grünfuttersilagen sollte hygienisch einwandfrei und praktisch frei von Buttersäure sein. Als Orientierungswerte
für die Qualität können nach DLG (2006) die in Tabelle 1 angegebenen Nährstoffkennzahlen dienen.
Tabelle 1: Orientierungswerte für gute Gras- und Maissilagen in der Milcherzeugung und der Rindermast
Parameter
Trockenmasse (TM)
Rohasche
Rohprotein
Rohfaser
NDForg
SW
Stärke
ME
NEL
nXP
RNB
Sensorisch einwandfrei
(1)
in Abhängigkeit vom
Kornanteil
Einheit
%
% i. d. TM
% i. d. TM
% i. d. TM
% i. d. TM
% i. d. TM
MJ/kg TM
MJ/kg TM
g/kg TM
g/kg TM
(2)
Grassilage
30 – 40
< 10
< 17 (2)
22 – 25
40 – 48
2,6 – 2,9
keine
≥ 10,6 bzw. ≥ 10,0 (3)
≥ 6,4 bzw. ≥ 6,0 (3)
> 135
<6
15 % bei Ackergrassilage
(3)
Maissilage
28 – 35 (1)
< 4,5
<9
17 – 20
35 – 40
1,5 – 1,7
> 30
≥10,8
≥ 6,5
> 130
-7 bis -9
1. Schnitt bzw. Folgeschnitte;
NDForg - nach Aschekorrektur
62
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Hohe Schlagkraft bei der Grünfutterernte erfordert
hohe Kapazitäten beim fachgerechten Einsilieren
2006 war ein schlechtes Maisjahr. Trockenheit
reduzierte
vielenorts
den
Kolbenansatz.
Hagelschäden und auftretender Maisbeulenbrand
verminderten Ertrag und Qualität
Engpass Festwalzen des Siliergutes:
Für eine ausreichende Verdichtung fehlt häufig die Zeit
Die rasche luftdichte Abdeckung des Fahrsilos mit
Unterziehfolie und Deckfolie ist heute gute
fachliche Praxis
Auftretende Schimmelnester zeigen an, dass die
Einsilierung noch weiter optimiert werden sollte
Glatte Anschnittflächen reduzieren das Eindringen
von Luft in den Silostock
Heu
Heu hat in seiner Bedeutung als Grünfutterkonservat kontinuierlich abgenommen. Ausschlaggebend sind die hohe
Witterungsanfälligkeit und vergleichsweise hohen Bergungs- und u. U. Trocknungskosten. Als
Strukturkomponente von hoher Akzeptanz in Wiederkäuerrationen wäre Heu jedoch nach wie vor ausgesprochen
erwünscht. Neue Ernteverfahren, bei denen das Heu nicht vollständig auf dem Feld getrocknet werden muss,
sondern als Gärheu (60-80 % Trockensubstanz) mit Zusatz eines Konservierungsmittels in Ballen gepresst
geborgen wird, senken das Witterungsrisiko und können die Heuqualität verbessern.
Prinzipiell wird die Qualität von Heu zunächst von den gleichen Faktoren wie diejenige von Grünfutter
(Pflanzenbestand, Düngung, Schnittzeitpunkt und Nutzungshäufigkeit) beeinflusst. Von erheblichem Einfluss ist
zudem das Trocknungs- und Bergeverfahren, da mit zunehmender Feldliegezeit und Häufigkeit bzw.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
63
Aggressivität der Bearbeitung (Wenden, Zetten, Schwaden) die Atmungs- und Bröckelverluste zunehmen und den
Futterwert verschlechtern.
Qualitätsbeeinträchtigungen entstehen ferner durch zu späte Ernte (stängel- und rohfaserreich, verholzt, verpilzt),
Verschmutzung, zu hohe und ungleichmäßig verteilte Feuchte, die sich in hochverdichteten Ballen kaum
ausgleicht, zu geringe und ungleichmäßige Verdichtung mit der Folge von Schimmelbildung und höherer Staubund Keimbelastung.
Die Gewährung von Prämien für die Einhaltung eines späten ersten Schnittes aus Naturschutzgründen haben unter
dem Gesichtspunkt der Futterqualität, insbesondere auf wüchsigen Standorten, erhebliche negative Auswirkungen.
Das Erntegut ist überständig, mit all den bereits erwähnten negativen Begleiterscheinungen und lässt sich zudem
schlecht verdichten.
Stroh
Getreidestroh hat als Futtermittel nur begrenzte Bedeutung, ist jedoch das am meisten verwendete
Einstreumaterial. Da ein Teil der Stroh-Einstreu auch gefressen wird oder als Spielmaterial dient, sind auch an
Einstreu-Stroh Qualitätsanforderungen zu stellen. Ausschlaggebend für die Qualität von Stroh sind die Gesundheit
des Getreidebestandes, Erntezeitpunkt und Erntewitterung sowie der Trocknungsgrad beim Pressen.
Da Stroh insbesondere in der Pferdehaltung von großer Bedeutung ist, wird nachfolgend in Tabelle 2 ein
Beurteilungsrahmen für die Strohqualität wiedergegeben.
Tabelle 2: Sensorische Beurteilung von Stroh für Pferde (DLG, 2006)
Eignung als
Merkmal
Farbe
Verschmutzung
Futterstroh
Einstreustroh
Keine Eignung 1)
Kräftiges gelb
Frei von Sand
Gräulich-dunkel
Viel Schmutz
Hefen- und/oder
Schimmelbesatz
KbE 2)
Geruch
Nicht erkennbar
Leicht verblichen
Geringe Sand-/
Erdanteile
Vereinzelte Stellen
> 100.000 – 1.000.000
Weniger ausgeprägt
> 1000.000
Muffig, fad
Teilweise klamm,
höherer Feinpartikelanteil
Feucht, hoher
Feinpartikelanteil,
leicht zerbröselnd
Griffprobe
1)
< 10.000
Typischer, kräftiger
Strohduft
Trocken,
zusammenhängend,
keine Feinpartikel
Keine Eignung in der Pferdehaltung
2)
Deutlich ausgeprägt
KbE = koloniebildende Einheiten/g Frischmasse
Gesundes Getreide ist die erste Voraussetzung für
qualitativ gutes Stroh
Heu- und Strohballen sollten unter Dach gelagert
werden.
64
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Getreide
Wirtschaftseigenes Getreide ist nach wie vor in vielen Nutztierhaltungen ein bedeutender Bestandteil der
Futterration. Wichtige Einflussfaktoren auf die Getreidequalität sind Sorte und Saatgutqualität, Standort- und
Witterung, Fruchtfolge, Düngung und Pflanzenschutz, Bestandesführung, Erntezeitpunkt und Feuchtgehalt,
Konservierung, Lagerung und Reinigung. Neben den Maßnahmen auf dem Feld kommt es vor allem auf eine
rasche Konservierung (Trocknung, Kühlung, gasdichte Lagerung, chemische Konservierung oder Silierung),
geeignete Lagerung und Reinigung an. Neueren Untersuchungen zufolge sollte insbesondere der Reinigung mehr
Beachtung geschenkt werden. Da die Reinigungsabgänge eine Senke für Pilzsporen, andere Keime, Staub, Besatz
und sonstige minderwertige Bestandteile darstellen, wird durch den Reinigungsvorgang sowohl der Futterwert als
auch die hygienische Beschaffenheit und die Akzeptanz des Getreides deutlich verbessert. Die Reinigung führt
daher – soweit vorhanden – auch zu einer Verminderung von Mykotoxinen-Gehalten.
Tränkwasser
Der Versorgung der Nutztiere mit geeignetem Tränkwasser wurde in der Vergangenheit vergleichsweise wenig
Aufmerksamkeit geschenkt. Im Vordergrund stand die mengenmäßige Bedarfsdeckung. Bei hohen biologischen
Leistungen ist neben einer ausreichenden Wasserzufuhr – die nicht selten unterschätzt wird – die
Tränkwasserqualität von großer Bedeutung für die Tiergesundheit. Fortschrittliche Tierhaltungsbetriebe lassen bei
Nutzung hofeigener Quellen die Zusammensetzung und insbesondere die hygienische Qualität ihres Tränkwassers
regelmäßig untersuchen und führen auch Hygienemaßnahmen in den Behältern, Rohrleistungen und
Tränkvorrichtungen durch.
Futtermittelqualität – vom Silo bis zum Trog
Sind Qualität und Sicherheit der wirtschaftseigenen Futtermittel bis ins Lager gewährleistet, kommt es
anschließend darauf an, durch entsprechende bau- und anlagentechnische Vorkehrungen und Hygienemaßnahmen
dafür zu sorgen, dass die Qualität auch im Futtertrog ankommt. Dazu zählen insbesondere die regelmäßige
Reinigung und Kontrolle hofeigenen Mahl- und Mischanlagen, Fütterungsanlagen, und das Entfernen von
Futterresten aus dem Trog.
Fazit
Die Qualität und Sicherheit der wirtschaftseigenen Futtermittel ist im Allgemeinen gut. Sie sollte partiell jedoch
weiter verbessert werden. Ausgereifte Konservierungsverfahren und geeignete technologische Futterzusatzstoffe
stehen zur Verfügung. Die Witterung bleibt ein erheblicher Qualitätsfaktor. Die Kenntnisse, Werkzeuge und
Möglichkeiten, zur Verbesserung der Qualität und Sicherheit wirtschaftseigener Futtermittel wachsen und sollten
noch intensiver genutzt werden. Qualitätsbeeinträchtigungen entstehen heute vor allem durch eine ungenügende
Abstimmung einzelner Verfahrensteile sowie durch Zeit- und Kostendruck. Schwachstellen von wirklicher
Bedeutung sollten analysiert und Verbesserungsmöglichkeiten weiter entwickelt werden. Dafür werden die
Landwirte aufgeschlossen sein. Von einer Verpflichtung zur umfangreichen Dokumentation als Element der
vorbeugenden Qualitätssicherung sollte nicht zu viel erwartet werden. Sie kann bei hoher Arbeitsbelastung auch
kontraproduktiv wirken, wenn sie den Landwirt überfordert.
Literatur
DLG (2006) Praxishandbuch Futterkonservierung, 7. Auflage. Frankfurt am Main, DLG-Verlag, ISBN 3-76900677-1
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
65
Eigeninitiativen der Mischfutterbranche zur Verbesserung der Futtermittelsicherheit
Hubert Grote
Deutscher Verband Tiernahrung, Bonn
1.
Einordnung der Mischfutterbranche
Zum Einstieg erscheint es sinnvoll, die Mischfutterbranche in die gesamte Futtermittelwirtschaft einzuordnen
(Abb. 1).
Abbildung 1: Zusammensetzung des Futteraufkommens in Deutschland in Mio. t Getreideeinheiten (GE) bzw. %
Das gesamte Nährstoffaufkommen für die Nutztierhaltung in Deutschland beläuft sich jährlich auf ca. 67 Mio t
Getreideeinheiten. Merkwürdigerweise weist die amtliche Statistik für das Wirtschaftsjahr 2003/04 eine deutlich
geringere Menge aus. Dies soll hier nicht weiter kommentiert werden, denn es geht um die Relationen, d.h.
• fast die Hälfte des Aufkommens stammt aus Grundfuttermitteln,
• weitere knapp 30% aus wirtschaftseigenem Getreide und zugekauften Einzelfuttermitteln und
• der Rest in Höhe von ca. 27% aus dem Mischfutter. 18 Mio. t Getreideeinheiten bedeuten
19,5 – 20,0 Mio. t Mischfutter, die in den letzten Jahren in Deutschland produziert worden sind.
2.
Rohstoffvielfalt erwünscht - umfassende Sicherheit erforderlich
In Abbildung 2 wird verdeutlicht, dass die Mischfutterhersteller zwar einen erheblichen Anteil des
Rohstoffbedarfs direkt aus der Landwirtschaft beziehen, dass aber über die Hälfte aus den verschiedenen
Branchen der Ernährungsindustrie stammt. Die Verwertung dieser zahlreichen Nebenprodukte über den
Mischfuttersektor ist absolut sinnvoll und auch aus Umweltgesichtspunkten notwendig. Voraussetzung ist aber,
dass eine umfassende Sicherheit bei allen Rohstoffen, die in Abbildung 2 nur zum Teil aufgeführt sind, gegeben
ist.
66
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Landwirtschaft
Futtergetreide, Trockengrüngut, Futterhülsenfrüchte, Ölsaaten, Tapioka
Ölmühlen
Brau- und Malzindustrie
Extraktionsschrote und Expeller von:
Malzkeime, Bierhefe, Trockentreber
Sojabohnen, Rapssaat, Sonnenblumenkernen,
Palmkernen,Leinsaat, Kokus u. a.
Stärkeindustrie
Pflanzliche Fette
Maiskleberfutter, Maiskeimexpeller
Getreidemühlen
Kleie, Futtermehle, Kleinkorn, Schalen
Milchindustrie
Magermilchpulver, Molkenpulver
Zuckerindustrie
Melasse, Trockenschnitzel,
Fischverarbeitungsindustrie
Fischmehl, Fischöl
Fruchtsaftindustrie
Zitrustrester, Obsttrester
Chemische Industrie
Mineralstoffe, Futterzusatzstoffe
Abbildung 2: Herkunft der Einzelfuttermittel nach Branchen
3. Risikoorientierte Initiativen der Mischfutterhersteller
Was haben die Mischfutterhersteller selbst unternommen, um die Sicherheit bei den Rohstoffen zu verbessern?
3. 1.
3.1.1.
Einzelbetriebliche Maßnahmen
Verstärkte Eingangskontrollen
Von hoher Wichtigkeit sind die Eingangskontrollen der Mischfutterfirmen, die in den vergangenen Jahren
erheblich verstärkt worden sind. Ich kann diese Aussage zwar nicht mit konkreten Zahlen belegen, aber aus
Gesprächen mit unseren Mitgliedsfirmen geht dies eindeutig hervor. Die Eingangskontrolle beinhaltet eine
sensorische Prüfung der Rohstoffe, d. h. optischer Eindruck, Geruch, Besatz mit Unkrautsamen, Käferbefall etc.
Diese Prüfung erfordert von den Verantwortlichen in den Firmen umfangreiche Produktkenntnisse. Ferner werden
die Rohkomponenten mit Schnellbestimmungsmethoden z. B. auf Wassergehalt, hl-Gewicht oder auf Mykotoxine
untersucht.
3.1.2.
Einführung von QM-Konzepten inklusive HACCP-Konzepten
Eingangskontrollen stehen in engem Zusammenhang mit der Einführung von Qualitätsmanagement-Systemen
einschließlich HACCP-Konzepten. Derartige Maßnahmen sind von den Wirtschaftsunternehmen wesentlich
früher angewandt und genutzt worden als sie vom Verordnungsgeber vorgeschrieben wurden.
3.1.3.
Vermehrte Durchführung von Lieferanten-Audits (auch gemeinsam)
Lieferanten-Audits sind in zunehmendem Umfang in der Mischfutterbranche üblich und schwerpunktmäßig auf
solche Vorlieferanten ausgerichtet, die besonders risikobehaftete Rohstoffe liefern. In der Vergangenheit waren
dies z. B. die Trocknungsbetriebe. Dabei sei an die wiederholt vorgekommenen Dioxinbelastungen bei Produkten
aus diesen Unternehmen erinnert. Der hohe Zeit- und Kostenaufwand für Lieferantenaudits führt immer mehr
dazu, dass diese auch gemeinsam von Mischfutterherstellern durchgeführt werden – eine sehr sinnvolle
Vorgehensweise.
3.1.4.
Einspeisung von Untersuchungsergebnissen zu „unerwünschten Stoffen“ in die Datenbank und Nutzung
der Auswertungen
Die Datenbank „unerwünschte Stoffe“ ist eine wichtige, risikoorientierte Einrichtung, die bewusst unter
einzelbetriebliche Maßnahmen eingeordnet wurde, denn die Einspeisung von Daten ist freiwillig und somit eine
einzelbetriebliche Entscheidung. Diese zentrale Sammlung und Auswertung von Untersuchungsergebnissen gibt
es seit dem Jahre 1984. Den Einkäufern in den Mischfutterfirmen werden mit den Auswertungsergebnissen
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
67
wichtige Anhaltspunkte für den Rohwareneinkauf, insbesondere nach Herkünften, gegeben. Das
Auswahlverfahren, d. h. die Meidung bestimmter Herkünfte hat auch heilsame Wirkungen auf die Erzeugerländer,
denn wer im Markt bleiben will, muss sich letztlich nach den Kundenwünschen richten.
3.2.
3.2.1.
Branchenbezogene Maßnahmen
Systemteilnahme der Mischfutterhersteller am QS-System
Das QS-System wurde im Jahr 2001 als Eigeninitiative der an der Fleischproduktion beteiligten Wirtschaftskreise
eingerichtet. Bezogen auf unser Thema ist von Wichtigkeit, dass
• die Mischfutterbranche zu 100 Prozent in dieses System einbezogen ist
• die System-Teilnehmer verpflichtet sind, vorgegebene Kontrollpläne und weitere Auflagen zu erfüllen.
Tabelle 1 zeigt den allgemeinen Kontrollplan für Mischfutterhersteller d.h. die Abhängigkeit zwischen der
Anzahl der vorgeschriebenen Untersuchungen und der Produktionsmenge.
Tabelle 1: Allgemeiner Kontrollplan für Mischfutterhersteller
Diese generellen Vorgaben sind
weiter differenziert, d. h. risikoorientiert auf die verschiedenen
Mischfuttersorten ausgerichtet, z. B. Aflatoxine vor allem bei Milchleistungsfutter oder Salmonellen bei
Schweinemischfutter. In Tabelle 2 sind die konkreten Vorgaben für einen Betrieb mit 45.000 t Jahresproduktion
beispielhaft aufgeführt.
68
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Tabelle 2: Eigeninitiative der Mischfutterbranche zur Verbesserung der Futtermittelsicherheit-Spezifischer
Kontrollplan nach Mischfuttersorten (45.000 t Jahresproduktion)
3.2.2.
Einbeziehung der Einzelfuttermittelhersteller in das QS-System (spezifische Kontrollpläne)
Von grundlegender Bedeutung für die Sicherheit bei Futtermitteln ist die Einbeziehung der
Einzelfuttermittelhersteller in das QS-System. Auch für diesen Bereich wurden für die verschiedenen Rohstoffe
risikoorientierte Kontrollpläne erarbeitet und mit den jeweiligen Branchen abgestimmt. Als Beispiel kann der in
Tabelle 3 aufgeführte Kontrollplan für Ölkuchen bzw. –schrote dienen.
Tabelle 3: Eigeninitiative der Mischfutterbranche zur Verbesserung der Futtermittelsicherheit-Kontrollplan
für Ölmühlen
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
69
Seit dem 01.07.2005 gilt als QS-Vorschrift, dass die Mischfutterhersteller ihre Einzelfuttermittel nur noch von
QS- anerkannten Herstellern beziehen dürfen. Durch diese Bedingung ist die Zahl der einbezogenen
Einzelfuttermittel innerhalb eines Jahres deutlich auf ca.300 Unternehmen mit knapp 600 Standorten angestiegen.
Dieser Stand ist auch das Ergebnis intensiver Überzeugungsarbeit, denn die Branchen der Ernährungsindustrie
verstehen sich häufig ausschließlich als Lebensmittelhersteller und nicht gleichzeitig als Futtermittelproduzenten.
Dass aber die Produktion hochwertiger Nahrungsmittel nicht zwangsläufig auch die Unbedenklichkeit der
anfallenden Nebenprodukte beinhaltet, haben Beispiele in der Vergangenheit wiederholt gezeigt.
3.2.3.
Verbindliche Anwendung der Positivliste mit Datenblättern
Integraler Bestandteil von QS ist die Verpflichtung zur Anwendung der Positivliste. Hierzu sind besonders die
bei zahlreichen Verarbeitungsprodukten vorgegebenen Datenblätter hervorheben. Die darin geforderten Angaben
schaffen Transparenz über
• Herstellungsverfahren
• eingesetzte Hilfsstoffe und über
• weitere Risikofaktoren.
Dieses wichtige Detail im Hinblick auf die Futtermittelsicherheit, wird viel zu wenig – auch bei Diskussionen auf
EU-Ebene – beachtet.
3.2.4.
Anpassung der Kontraktbedingungen für den Rohwareneinkauf
Von erheblichem Einfluss auf die Sicherheit von Einzelfuttermitteln sind die Kontraktbedingungen für den
Rohwareneinkauf. Konkret geht es vor allem um
• die Hamburger Schlussscheine II und II a und um
• die Einheitsbedingungen für den deutschen Getreidehandel.
Diese Formular-Kontrakte sind in den letzten zwei Jahren nach harten Verhandlungen mit der Lieferseite um
wichtige Einzelheiten ergänzt bzw. angepasst worden. So haben die Käufer jetzt
• ein Recht auf Verweigerung der Abnahme bzw. Rückgabe, wenn die gesetzlichen Gehalte an
unerwünschten Stoffen überschritten sind und
• einen Anspruch auf Schadenersatz, wenn nicht gesunde, handelsübliche oder unverdorbene Ware
geliefert wurde.
Die sinngemäß gleichen Klauseln – auch zu verdeckten Mängeln – wurden ebenfalls in die Einheitsbedingungen
aufgenommen.
Diese Änderungen sind auch deswegen wichtig, weil sie erzieherische Wirkungen bis hin zum Waren-Ursprung
haben, d. h. auch bei Import-Futtermitteln bis in die Lieferländer hinein wirken. Im Augenblick wird noch um eine
sachgerechte und zweifelsfrei formulierte Probenahmebestimmung gerungen.
Die generelle Erfahrung zu diesem Themenkomplex sagt, dass die Anpassung von Kontraktbedingungen einem
Bohren dicker Bretter gleichkommt und viel Ausdauer und Nachdruck erfordert.
3.2.5.
Schaffung von Leitlinien für den Transport, Umschlag und Lagerung
Zu erwähnen sind
• die Leitlinie für den Transport, Umschlag und Lagerung
• die Leitlinien oder besser gesagt das Merkblatt zum Umgang mit Getreide – hier geht es in erster Linie
um hygienische Maßnahmen
• die Einführung europäischer Leitlinien für die Mischfutterhersteller (EFMC) gemäß Artikel 22 der VO
183/2005Im Einzelnen kann hierauf nicht eingegangen werden, aber folgende Punkte sind
herauszustellen:
• Es war Neuland für die Transporteure, dass auch sie Futtermittelunternehmer im Sinne der EU-BasisVerordnung sind. Das bedeutet u. a., dass
• die Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein muss
• nur bestimmte Güter transportiert werden dürfen oder auch
• bestimmte Reinigungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen.
Mit der Entwicklung des EFMC kommt die Mischfutterbranche einer Aufforderung der EU-Kommission nach,
die in der Hygiene-Verordnung verankert ist. Der vorliegende Entwurf des europäischen Mischfutterverbandes
(FEFAC) ist bereits im Ständigen Ausschuss diskutiert worden und steht offenbar kurz vor der Verabschiedung.
70
4.
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Zusammenfassung und Ausblick
Die Mischfutterhersteller haben aus den Vorkommnissen in der Vergangenheit gelernt. Ausgemachte
Schwachstellen wurden durch ein Bündel von risikoorientierten Maßnahmen behoben bzw. zumindest verringert.
Dennoch wird es eine absolute Sicherheit bei Futtermitteln auch in Zukunft nicht geben.
Gelernt haben die Hersteller auch, mit eventuellen Vorfällen besser umzugehen, d. h. ein Problem schnell
einzugrenzen und zu lösen. Zu erinnern ist an den letzten Vorfall, als dioxinbelastete Fette im Januar 2006 in den
Niederlanden im Mischfutter eingesetzt worden sind und diese Produkte auch nach Deutschland geliefert wurden.
Durch die Rückverfolgbarkeit wurde das Problem in kürzester Zeit lokalisiert und durch Rückruf gelöst.
Die in diesem Beitrag dargestellten Eigeninitiativen sind nicht statisch zu sehen, sondern sie müssen immer
wieder den geänderten Verhältnissen angepasst werden. So ist z. B. absehbar, dass bei der Energiegewinnung aus
Biomasse neue Rohstoffe für die Mischfutterhersteller anfallen werden, die natürlich auch den Anforderungen an
die Futtermittelsicherheit genügen müssen. Die Anstrengungen um die Gewährleistung der Futtermittelsicherheit
bleiben somit eine ständige Herausforderung.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
71
Futtermittelsicherheit bei Nebenerzeugnissen aus der Lebensmittelwirtschaft
Karsten Maier
Wirtschaftsverbände Zucker, Bonn
Zusammenfassung
In einem ersten Teil wird die seit einem Jahr unter dem Dach von QS bestehende Plattform der
Einzelfuttermittelhersteller erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Ziel dieses „QS-Qualitätszirkels
Einzelfuttermittel“ ist es, die aktuellen QS-Entwicklungen mit Schwerpunkt Einzelfuttermittel zu unterstützen.
Beispielsweise werden Kontrollpläne, der Leitfaden für die Futtermittelwirtschaft sowie die in Kürze startende
Datenbank aufgearbeitet. Darüber hinaus werden spezifische Fragen der Einzelfuttermittelhersteller behandelt und
gemeinsame Positionen entwickelt. Dies bietet zudem die Möglichkeit, sich über die Besonderheiten der Branchen
gegenseitig zu informieren.
In einem zweiten Teil wird an die Grundlagen der Einzelfuttermittelhersteller erinnert, die seit langem aufgrund
Ihrer Haupterzeugnisse für den Lebensmittelbereich den stringenten gesetzlichen Regelungen unterworfen sind.
Dabei wird daran appelliert, mit verstärktem Selbstbewusstsein der Hersteller auf die überaus komplexen und
umfassenden Anstrengungen zur weiteren Verbesserung der Produktsicherheit hinzuweisen. Angeregt wird, dies
ggf. in einem gemeinsamen Grundlagengespräch mit dem BMELV auch politisch zu begleiten.
Der dritte Teil gibt exemplarisch für die Einzelfuttermittelhersteller eine Übersicht über das Konzept zur Qualität
und Produktsicherheit, das HACCP-Konzept sowie das Konzept zur Beherrschung tierischer Bestandteile in der
Zuckerindustrie.
I. QS-Qualitätszirkel Einzelfuttermittel
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
(BLL) Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
Bundesverband der Dezentralen Ölmühlen
Deutscher Brauer-Bund
Deutscher Mälzerbund
Deutscher Verband Tiernahrung (DVT)
Düngekalk-Hauptgemeinschaft im Bundesverband der deutschen Kalkindustrie
FAN-Bundesverband für die Herstellung von Einzel- und Mischfuttermitteln aus Nebenprodukten der
Nahrungsmittelindustrie
Verband Deutscher Mühlen
Verband Deutscher Ölmühlen
Verband der Teigwarenhersteller und Hartweizenmühlen Deutschlands
Wirtschaftsverbände Zucker
II. „Meilensteine für die Futtermittelsicherheit“ = „Meilensteine für die Lebensmittelsicherheit“
1. Reichsgesetz vom 14.5.1879 – erstmals Einführung eines „vorbeugenden Verbraucherschutzes“
2. Lebensmittelgesetz vom 14.6.1927 – in Kraft nach Änderung von Strafbestimmungen vom 14.8.1943 bis zum
23.12.1958
3. Lebensmittelrechtsreform mit Verabschiedung LMBG 6.11.1958 - darin § 7 „Deutsches Lebensmittelbuch“
4. Reformentwicklungen 70’er ... bis EU-Weißbuch 2000
5. EU-Rechtsrahmen s. insbes. „Basis VO“ 178/2002 und LM- + FM-Hygiene-Paket und nationale Umsetzung
durch LFGB vom 1.9.2005
Im Zuge dieses Rechtsrahmens wird auf das Verantwortungsbewusstsein der Wirtschaft am Beispiel des
Deutschen Lebensmittelbuches verwiesen und Parallelen zur „Positivliste“ der Normenkommission gezogen: „In
einem solchen Buch, das nicht an die strengen Methoden der Gesetzestechnik gebunden ist, können Merkmale für
die Beurteilung der Zusammensetzung und der Eigenschaften gewisser Lebensmittel besser und für die Praxis
erschöpfender niedergelegt werden als in dem Paragraphenwerk einer Rechtsverordnung. Das Lebensmittelbuch
72
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
kann seine Wirksamkeit für die Hersteller, Verbraucher und die Lebensmittelüberwachung und die Gerichte nur
auf die Überzeugung aller Beteiligten gründen, dass seine Leitsätze „richtig“ sind, weil sie objektiv sind ...“ (§ 7
LMBG v. 1958)
III. Das Qualitäts- und Produktsicherheitskonzept für Futtermittel aus Zuckerrüben
Die Herstellung von Produkten hoher und konstanter Qualität ist seit jeher oberstes Gebot der Unternehmen der
deutschen Zuckerindustrie. Diese Zielsetzung wurde mit der Einrichtung von Qualitätsmanagementsystemen zu
Beginn der 90er Jahre unterstrichen sowie konsequent und systematisch im Sinne der Kette „From Farm to Fork“
umgesetzt und dokumentiert.
Diese Systeme erstrecken sich auf die gesamte Produktionskette und alle Produkte der Zuckerindustrie, d. h. auf
Zucker und dessen Weiterverarbeitungsprodukte gleichermaßen wie Futtermittel, die sämtlich aus dem
pflanzlichen Rohstoff, den Zuckerrüben, gewonnen werden. Hinzuweisen ist hierbei darauf, dass die
Zuckerwirtschaft als eine der ersten Branchen aufgrund eines Beschlusses des Erzeugungsausschusses der WVZ
seit Ende 2002 flächendeckend ein Dokumentationssystem für den Rübenanbau eingerichtet hat. Dies ist Teil des
Nachhaltigkeitsgedankens, den die Zuckerwirtschaft konsequent verfolgt.
Im Juli 2002 wurde für den Futtermittelbereich ein Konzept zur Qualität und Produktsicherheit aus der
Zuckerrübenverarbeitung veröffentlicht, in dem die Anforderungen des Futtermittelgesetzes, der
Futtermittelverordnung, der „Positivliste“ sowie des Europäischen Weißbuches zur Lebensmittelsicherheit auf die
Erfordernisse in der Zuckerindustrie übertragen wurden. Das genannte „Konzept zur Qualität und
Produktsicherheit für Futtermittel aus der Zuckerrübenverarbeitung“ liegt mittlerweile in 2. Auflage vom Oktober
2003 vor. Es umfasst die Schwerpunktbereiche Produktbeschreibungen bzw. Spezifikationen zuckerhaltiger
Futtermittel, die Darstellung der Produktionskette, ferner das Monitoring unerwünschter Stoffe sowie die Bereiche
Transport – Beförderung – Lagerung. Dieses Konzept wird von sämtlichen Unternehmen der deutschen
Zuckerwirtschaft umgesetzt. Basis dafür ist eine Zertifizierung/Auditierung gem. der DIN-ISO-9000-Familie bzw.
der niederländischen GMP+-Regelung. Damit wird insbesondere auch den internationalen bzw. europäischen
Anforderungen Rechnung getragen.
Darüber hinaus sind auch auf europäischer Ebene Leitlinien für eine gute Herstellpraxis für zuckerhaltige
Futtermittel entwickelt worden, die seit Ende Juli 2003 als internes Arbeitspapier vorliegen.
Im November 2005 wurde in Ergänzung zum o. g. VdZ-Konzept das VdZ-HACCP-Konzept für den
Futtermittelbereich veröffentlicht. Das Konzept enthält umfassende Expertisen über die in der
Futtermittelverordnung gelisteten unerwünschten Stoffe und hier explizit Pflanzenschutzmittel, Schwermetalle
und Fluor, ferner PCB und Dioxine sowie pathogene Mikroorganismen und Mykotoxine. Die Beurteilung stellt
die Basis für die Unternehmen der Zuckerindustrie dar, um zu entscheiden, inwieweit diese potentiellen Gefahren
der Lenkung im Sinne des HACCP-Systems bedürfen.
Ferner hat die Zuckerindustrie im August 2003 einen sogen. Prüfplan vorgelegt, um Ihre bestehenden MonitoringAktivitäten systematisch zu bündeln und im Rahmen von QS umzusetzen. Zudem wird die Weiterentwicklung der
„Positivliste für Einzelfuttermittel“ einschließlich der sogen. Datenblätter unterstützt. Da die Positivliste – und
damit auch die neu in diesem Zusammenhang zu erstellenden sogen. „Datenblätter“ – Teil von QS sind, werden
sie in Abstimmung mit der Normenkommission und QS ständig aktualisiert.
Aufgrund der Beschaffenheit der Zuckerrüben, des Herstellungsprozesses, der stringenten Einhaltung gesetzlicher
Regelungen und durch die Umsetzung des vorliegenden Konzeptes wird so systematisch und umfassend Sorge
dafür getragen, dass Futtermittel aus der Zuckerrübenverarbeitung ohne Risiko in die Nahrungskette eingebracht
werden können.
Kernelemente (s. a. Internet www.zuckerverbaende.de):
ƒ Zucker aus Rüben - natürlich nachhaltig (10/2001)Wirtschaftliche Vereinigung Zucker, Bonn
ƒ Konzept zur Qualität und Produktsicherheit für Futtermittel aus der Zuckerrübenverarbeitung
(7/2002)Verein der Zuckerindustrie, Bonn
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
73
ƒ Environmental report - beet growing and sugar production in Europe (2/2003) Confédération Internationale
des Betteraviers Européens - CIBE, Paris / Comité Européen des Fabricants de Sucre - CEFS, Brüssel
ƒ Code of Good Manufacturing Practice for the Production of Feed in the European Sugar Industry
Guidelines to produce safe animal feed (8/2003)Comité Européen des Fabricants de Sucre - CEFS, Brüssel
ƒ Anforderungen für den landwirtschaftlichen Transport von Zuckerrüben und Futtermitteln aus Rüben
(7/2005)Verein der Zuckerindustrie, Bonn
ƒ Konzept tierische Bestandteile in Zuckerrübenschnitzeln (10/2005) Verein der Zuckerindustrie, Bonn
ƒ Hygienekonzept für Futtermittel aus der Zuckerrübenverarbeitung (11/2005) Verein der Zuckerindustrie,
Bonn
74
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Futtermittelzusatzstoffe – ihre Anwendungssicherheit im Wandel
Angela Busch
Arbeitsgemeinschaft für Wirkstoffe in der Tierernährung, Bonn
1. Einleitung
Unter Sicherheit versteht man ganz allgemein das Freisein von Bedrohung. Sicherheit ist ein Wertbegriff, der
einen hohen Symbolwert hat und selbst nichts über die Art und das Maß an Sicherheit aussagt. Bezogen auf den
Einzelnen geht es um soziale Sicherheit, bezogen auf ein Kollektiv geht es um Sicherheit von Staat und
Gesellschaft. Das heißt, der Begriff Sicherheit kann stets konkret auf ein bestimmtes Gebiet bezogen werden.
Nachfolgend sollen die verschiedenen Aspekte der Anwendungssicherheit von Zusatzstoffen dargestellt werden.
Dabei ist stets zu berücksichtigen, dass es keine absolute Sicherheit gibt. Soll Sicherheit praktisch umgesetzt
werden, bedarf es trotz vieler rechtlicher Regelungen und deren Kontrolle auf Einhaltung, verantwortlicher
Handelstransparenz und Vertrauens.
Wandel nun bedeutet ständige Veränderung. Er ist von hoher Bedeutung sowohl für die Entwicklung von
Gesellschaften als auch Individuen und sichert deren Überleben.
Wandel bezieht sich aber auch auf die Veränderung soziokultureller Werte. Oft wird solch ein Wertewandel nicht
in seiner Bedeutung erkannt oder sogar negiert, obwohl er sich meistens ankündigt. Solch ein Wertewandel ist
stets folgenreich und häufig mit Anpassungsstress oder sogar Anpassungskrisen verbunden. Auf dem Gebiet der
Futterzusatzstoffe kam es zu solch einer Entwicklung, als nach ca. einem halben Jahrhundert der Nutzung von
antibiotisch wirksamen Substanzen als Leistungsförderer bei Nutztieren diese aus vielfältigen Gründen unter
gesellschaftliche Kritik gerieten. In Folge der Anpassung an die geänderten Bedingungen erfolgten ihr generelles
Anwendungsverbot, aber auch die Entwicklung neuer Futterzusatzstoffe bzw. neuer Anwendungen bereits
bekannter Substanzen.
2. Hauptgründe für den Einsatz von Futterzusatzstoffen heute
Futterzusätze werden mit dem Ziel eingesetzt, Futterrationen bedarfsdeckend zu ergänzen (Vitamine,
Spurenelemente, essentielle Aminosäuren, Phytase) sowie die Nährstoffe der Futterration maximal auszunutzen
(Enzyme, Probiotika, phytobiotische Zusatzstoffe). Dadurch sollen vor allem auf indirektem Wege hohe tierische
Leistungen erreicht und gesichert werden. Das sind nach wie vor die gleichen Anwendungszwecke, die man seit
Beginn des Einsatzes von Zusatzstoffen zu erreichen trachtete.
Hinzugekommen sind die Ziele, zur Verringerung von Umweltbelastungen durch die tierische Veredlung
beizutragen (Enzym Phytase, Aminosäuren) sowie die Qualität von Lebensmitteln tierischen Ursprungs zu
erhalten bzw. zu verbessern. Die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Erzeugung von Lebensmitteln tierischen
Ursprungs ist aber über allem das Hauptziel. Der Einsatz von Futterzusatzstoffen muss sich letztendlich
auszahlen.
Um den Wandel hin zu Veränderungen in der Anwendungssicherheit von Futterzusatzstoffen verstehen zu
können, muss man die Ursachen näher betrachten, die zur Verunsicherung des Verbrauchers über die
Lebensmittelqualität geführt haben. Aus einem Geflecht von vielen Einflussfaktoren kann sicherlich der Fakt
herausgestellt werden, dass die Lebensmittelherstellung wachsend durch nationale und internationale
Spezialisierung und Arbeitsteilung erfolgt. Für die Lebensmittel-Konsumenten ist daher die
Lebensmittelerzeugung weitaus weniger transparent und verständlich als früher im bäuerlichen Betrieb. Vor dem
Hintergrund des stets im Überfluss vorhandenen Lebensmittelangebotes in der westlichen Konsumgesellschaft
sind gleichzeitig die Ansprüche an die Qualität der Lebensmittel, aber auch die Anforderungen an deren
Herstellung, gestiegen. So genannte Lebensmittelkrisen und –skandale, mit denen sich alle in der Futtermittel- und
Lebensmittelkette tätigen Unternehmer auseinanderzusetzen haben, wurden oft durch die Medien so dargestellt,
dass die Verunsicherung der Konsumentenschaft nicht durch sachgerechte Information vermindert, sondern durch
stark emotionale Berichterstattung noch geschürt wurde. Es konnte sich so die öffentliche Meinung herausbilden,
dass in der intensiven Tierproduktion der Tierschutz vernachlässigt und durch sie die Umwelt belastet wird. Aus
der Unsicherheit erwuchs so Misstrauen beim Verbraucher.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
75
Die höheren Sicherheitsansprüche und die veränderten Wertvorstellungen bei einer Mehrheit der Verbraucher
vom Umgang mit Tieren und der Art und Weise der Produktion von Lebensmitteln mit Tieren hat letztlich zur
Umorientierung der Lebensmittelpolitik in der Europäischen Gemeinschaft Ende der neunziger Jahre des letzten
Jahrhunderts geführt.
Der gesundheitliche Verbraucherschutz wurde in den Mittelpunkt der Lebensmittelpolitik gerückt. Als Ziel wurde
die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit des Menschen, die Gesundheit und das
Wohlergehen der Tiere und für die Umwelt formuliert (Weißbuch zur Lebensmittelsicherheit vom 12. Januar
2000). Durch die Verordnung (EG) Nr. 172/2002 wurden die grundlegenden Weichen für die Umsetzung dieses
Zieles gestellt.
Für die Futterzusatzstoffe wurde die Erarbeitung einer neuen Futterzusatzstoff-Verordnung initiiert, die ca. 3 Jahre
nach der grundlegenden Umorientierung in der Lebensmittelpolitik las Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 am 22.
September 2003 veröffentlicht wurde. Sie löste die seit 1970 gültige Futterzusatzstoff-Richtlinie 70/524/EWG ab.
Diese neue Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 über Zusatzstoffe in der Tierernährung, die am 18. Oktober 2004 in
Kraft getreten ist, kann sicherlich als ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der Futterzusatzstoffe eingeordnet
werden.
1970 erfolgte also die erste Harmonisierung des Futterzusatzstoff-Rechts im EWG-Bereich. Davor gab es viele
einzelstaatliche Regelungen für den Einsatz sowie die Anwendungssicherheit dieser „Stoffe mit Sonderwirkung“.
Die Begriffsbestimmung Futterzusatzstoff gemäß Richtlinie 70/524/EWG lautete: „Zusatzstoffe sind Stoffe, die
geeignet sind, bei Verwendung in Futtermitteln deren Beschaffenheit oder die tierische Erzeugung zu
beeinflussen“. Der Focus war also auf die Futtermittelbeschaffenheit und die tierische Leistung gerichtet.
In der jetzt geltenden Futterzusatzstoff-Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 kann man schon an der Definition des
Futterzusatzstoff-Begriffes erkennen, dass nun die Qualität tierischer Erzeugnisse und der Umweltschutz im
Mittelpunkt stehen. Denn gemäß Begriffsbestimmung in der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 sind
Futterzusatzstoffe „Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittelausgangserzeugnisse oder
Vormischungen sind, und bewusst Futtermitteln und Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder
mehrere der nachfolgend genannten Funktionen zu erfüllen:
- Ein Futterzusatzstoff muss positiv beeinflussen
- die Beschaffenheit des Futtermittels,
- die ökologischen Folgen der Tierproduktion,
- die Tierproduktion, die Leistung oder das Wohlbefinden der Tiere.
- Ein nutritiver (essentieller) Futtermittelzusatzstoff trägt dazu bei
- den Ernährungsbedarf der Tiere decken.
3. Sicherheit von Futterzusatzstoffen
Ein Futterzusatzstoff muss nicht nur seinen Anwendungszweck erfüllen, sondern er muss bei Einhaltung seiner
Anwendungsbedingungen auch sicher sein. Deshalb müssen diese Stoffe, die fast durchweg bereits in kleinen
Einsatzmengen (im mg-Bereich pro kg Futtermittel und auch darunter) ihre Wirkungen entfalten, grundsätzlich
behördlich zugelassen werden. Diese Forderung des Gesetzgebers nach behördlicher Zulassung von
Futterzusatzstoffen hat eine lange Tradition. Das Prinzip einer Positivliste für Futterzusatzstoffe ist daher fest
verankert. Im Futtermittelrecht ist verankert, dass ein Futterzusatzstoff für die Gesundheit von Tier und Mensch
oder die Umwelt nicht schädlich sein darf. Daneben besteht die Forderung, dass der Anwender von
Futterzusatzstoffen hinsichtlich seiner Wirkungen und seiner Sicherheit nicht irregeführt werden darf.
3.1. Anforderungen an die Sicherheit von Futterzusatzstoffen bei der Zulassung
Die Anwendungssicherheit ist besonders für die Zulassung von Futterzusatzstoffen von zentraler Bedeutung. Ihr
Nachweis ist inzwischen der größte Kostenblock und verursacht den höchsten Zeitaufwand bei der Vorbereitung
der Unterlagen für den Zulassungsantrag. Es sind vom Antragsteller insbesondere Daten zu erarbeiten, die die
Sicherheit für die Zieltierarten, die Sicherheit für den Verbraucher durch den Verzehr von Lebensmitteln
tierischen Ursprungs, die schädliche Rückstände enthalten können sowie die Sicherheit für die Umwelt durch
Vermeidung von deren Belastung durch tierische Ausscheidungen belegen.
76
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Bei der Beurteilung eines mikrobiellen Futterzusatzstoffes kommen spezifische Anforderungen, insbesondere für
den Schutz von Mensch und Tier, hinzu. Diese betreffen den Nachweis der Sicherheit des verwendeten
Mikroorganismus hinsichtlich einer Nichtweiterverbreitung von bakteriellen Resistenzen gegen therapeutisch
genutzte Antibiotika beim Menschen. Auch muss nachgewiesen werden, dass der Mikroorganismus zu keiner
verstärkten Ausscheidung von pathogenen und/oder potentiell pathogenen Keimen, insbesondere bei Heimtieren,
führt.
Durch die EU-Kommission wird vorbereitet und durch den Gesetzgeber festgelegt, wie diese allgemeinen
Sicherheitsforderungen an die Zulassung eines Futterzusatzstoffes konkret umzusetzen sind. Dazu werden die
entsprechenden Durchführungsbestimmungen für die Europäische Gemeinschaft erlassen. Noch sind die
Zulassungsanträge gemäß der Leitlinien zur alten Futterzusatzstoff-Richtlinie 70/524/EWG vorzubereiten.
Derzeit sind aber die neuen Leitlinien zur Beurteilung von Zusatzstoffen in der Tierernährung gemäß der
Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 in Erarbeitung. Dieser Prozess wird sehr aktiv von der Wirtschaft begleitet,
deren Anliegen es ist, dass die Leitlinien dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit folgen. Es geht hierbei für die
Futterzusatzstoff-Industrie um verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit. Das ist besonders
wichtig, weil die Unternehmen bedeutende Investitionen in Geld (ca. 15 bis 25 Mio. €) und Zeit (etwa 8 bis 13
Jahre) für die Entwicklung eines neuen Zusatzstoffes bis zu seiner Einführung in den Markt aufwenden müssen
(Busch, 2006). Für solch einen langen Zeitraum müssen sich vor allem die forschenden Unternehmen auf die
gesetzten Rahmenbedingungen für die Zulassung von Futterzusatzstoffen verlassen können.
Die Leitlinien zur Beurteilung von Zusatzstoffen in der Tierernährung sollen den Antragssteller darin
unterstützen, dass er relativ einfach erkennen kann, welcher Aufwand an Forschungsarbeit, Zeit und nicht zuletzt
Kosten für die Erlangung einer Zulassung zu leisten sind (Kau, 2006).
3.2. Gemeinschaftsregister für Futterzusatzsstoffe für bestehende Umsetzungen der Anwendungssicherheit von
Futterzusatzstoffen in der Praxis
Es genügt aber nicht, die wissenschaftlichen Unterlagen für den Nachweis der Anwendungssicherheit zu
erarbeiten, zu beurteilen und in den Anwendungsbedingungen mit der Zulassung festzuschreiben. Die
Anwendungssicherheit muss durch komplexe Maßnahmen in der Praxis umgesetzt werden. Das beginnt bei der
Anwendung von ausschließlich zugelassenen Zusatzstoffen, geht über ihren Einsatz entsprechend der
Zulassungsbedingungen, ihre genaue Kennzeichnung, die Kontrolle ihrer Herstellung und ihres ordnungsgemäßen
Inverkehrbringens bis hin zur Einhaltung futtermittelrechtlicher Abgabe- und Verwendungsbeschränkungen.
Eine tragende Säule im Sicherheitskonzept ist es, nur zugelassene Futterzusatzstoffe zu verwenden. Deshalb
sollten auch alle Anwender verlässlich erfahren können, welche das sind. Dazu gibt es das Gemeinschaftsregister
der Futterzusatzstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003, welches von der EU-Kommission erstmals im
November 2005 veröffentlicht wurde. Auch wenn das Register nach wie vor nicht allen Erwartungen gemäß
Festlegungen aus der Futterzusatzstoff-Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 entspricht, zumal es entsprechend der
Erläuterungen der EU-Kommission nur informativen Charakter besitzt und nicht die rechtsverbindlichen
Verordnungen mit den Zusatzstoff-Zulassungen ersetzt, so ist es doch eine Positivliste, die den derzeitigen
Bestand an zugelassenen Futterzusatzstoffen enthält. Sie bietet dem Anwender Sicherheit, dass er einen
zugelassenen Zusatzstoff einsetzt. Das Register wird auch von der EU-Kommission aktuell gehalten.
3.3. Re-Evaluierung bestehender Futterzusatzstoffe
Eine weitere Säule im Sicherheitskonzept gemäß der Lebensmittel-Basis-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 besagt,
dass bestehende Zusatzstoffe (die Zusatzstoffe, die mit Inkrafttreten der neuen Futterzusatzstoff-Verordnung
bereits auf dem Markt waren; Altstoffe) einer erneuten behördlichen Beurteilung auf Gemeinschaftsebene
unterzogen werden und nach den heute gültigen Kriterien geprüft und beurteilt werden müssen (Re-Evaluierung).
Die überwiegende Mehrzahl der derzeit zugelassenen Zusatzstoffe gehört in die Gruppe der Altstoffe. Der erste
Schritt für den Prozess der Re-Evaluierung ist die Erfassung aller bestehenden Futterzusatzstoffe gewesen, in
deren Ergebnis das Gemeinschaftsregister entstanden ist.
So dürfen bereits zugelassene Futterzusatzstoffe weiter in Verkehr gebracht und verwendet werden, wenn die
Markteinführer den Futterzusatzstoff der Europäischen Kommission angemeldet und die Unterlagen an die
Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit per 7. November 2004 eingereicht haben. Die bestehenden
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
77
Zulassungen gelten nur dann weiter, wenn bis spätestens 7. November 2010 ein Antrag auf weitere Zulassung
gemäß Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 gestellt wird. Ab diesem Stichtag wird sich dann zeigen, wie viele und
welche Zusatzstoff-Zulassungen wirklich verteidigt werden. Sicher ist aber auf jeden Fall, dass die Beurteilung
der Anwendungssicherheit im Mittelpunkt der Re-Evaluierung stehen wird.
3.4. Übergangsregelungen für Kokzidiostatika, Histomonostatika und antibiotische Leistungsförderer
Für bestimmte Zusatzstoffe wurden Übergangsregelungen in der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 getroffen.
Dabei geht es einmal um die Gruppe der Kokzidiostatika und Histomonostatika. Hierzu ist die Europäische
Kommission vom Gesetzgeber, dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament, beauftragt worden,
deren Anwendungen in der Praxis zu beobachten und ggf. Legislativvorschläge zu Alternativen machen. Der
entsprechende Bericht soll Ende 2007 vorliegen. Er soll eine wesentliche Unterstützung dafür sein, welche
Entscheidung des Gesetzgebers hinsichtlich der rechtlichen Einordnung dieser Zusatzstoffkategorie zu treffen ist.
Es soll darüber entschieden werden, ob diese Stoffe weiterhin futtermittelrechtlich geregelt werden oder künftig
unter das Arzneimittelrecht gestellt werden sollen.
Weiterhin geht es um die Gruppe der antibiotischen Leistungsförderer, für die Verordnung (EG) Nr. 1831/2003
ebenfalls Übergangsregelungen enthält. So durften Antibiotika, die keine Kokzidiostatika oder Histomonostatika
sind, nur noch bis zum 31. Dezember 2005 in Verkehr gebracht werden. Die letzten vier noch verbliebenen
Leistungsförderer-Zulassungen für Avilamycin, Flavophospholipol, Salinomycin und Monensin wurden aus dem
Futterzusatzstoff-Register (Gemeinschaftsregister der Futtermittelzusatzstoffe, 2006) gestrichen. Damit ging die
Ära der antibiotischen Leistungsförderer mit Beginn des Jahres 2006 zu Ende.
Rückblickend kann man einschätzen, dass der Antibiotika-Einsatz von Anfang an von der Öffentlichkeit kritisch
begleitet wurde. Erfolgte mit Beginn der fünfziger Jahre der Einsatz des gleichen Antibiotikums sowohl in der
Therapie als auch in der Fütterung, kam es bereits 1956 zum Verbot von Penicillin, später von Chlotetrazylin
(Aureomycin®) sowie von Carbadox und Olaquidox. Diese Entwicklung gipfelte in der Forderung nach
vollständiger Trennung des Einsatzes von therapeutisch und nutritiv genutzten Antibiotika (SWANN, 1969). Das
führte zu einer Reihe von Verboten von antibiotischen Leistungsförderern in den meisten europäischen Ländern
für den Einsatz in der Tierernährung, aber auch zur Trennung der Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf dem
Gebiet der Antibiotika. So war Avoparcin der erste antibiotisch wirksame Stoff, der nur für die Tierernährung
entwickelt und auch nur dafür eingesetzt wurde.
Die Kollision der Nutzung von Antibiotika aus diesen beiden Anwendungsrichtungen (Therapie und
Tierernährung) ergab sich aus der geänderten Situation bei der Ausbreitung von bakteriellen Resistenzen
gegenüber sowohl humantherapeutischen als auch veterinärmedizinisch angewendeten Antibiotika. In den
achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts stieg die Anzahl von pathogenen Bakterien mit
Mehrfachresistenzen gegen eine ganze Reihe von therapeutisch angewendeten Antibiotika rasant an. So entstand
der Verdacht, dass auch nutritive Antibiotika über das Futter zur Erzeugung bakterieller Resistenzen beitragen.
Die daraus resultierenden Auswirkungen könnten dazu führen, dass gefährliche Krankheitserreger für Mensch und
Tier multiresistent gegenüber allen gebräuchlichen Antibiotika werden. Es wurde vor allem befürchtet, dass
Kreuzresistenzen dazu führen könnten, dass keine wirksamen Antibiotika mehr zur Therapie von multiresistenten
pathogenen Keimen zur Verfügung stehen würden. Die Forderung nach einem Verbot der antibiotischen
Leistungsförderer wurde in der Öffentlichkeit immer lauter.
In Bezug auf die antibiotischen Leistungsförderer war die erste Reaktion darauf, dass sie einer genaueren Prüfung
hinsichtlich ihrer Kreuzresistenz unterzogen wurden. Natürlich stellte sich die Situation nun anders dar als zur
Zeit ihrer Zulassung, denn es waren neue und andere Antibiotika in der Therapie inzwischen in Anwendung. So
bekamen die so genannten Reserveantibiotika immer mehr Bedeutung. Dazu gehörte auch das Antibiotikum
Vancomycin, welches zwar allbekannt, aber therapeutisch bis dahin praktisch nicht gebräuchlich war. Trotzdem
wurde Beginn der neunziger Jahre über das Vorkommen von Vancomycin-resistenten Enterococcen (VRE), die
von lebensmittelliefernden Tieren isoliert wurden, berichtet (Bates, 1969). Weitere Untersuchungen führten zu
der Erkenntnis, dass zwischen dem antibiotischen Leistungsförderer Avoparcin und dem Reserveantibiotikum
Vancomycin für die Therapie von Infektionen mit multiresistenten grampositiven Bakterien eine Kreuzresistenz
bestand. Am Ende ging es um die Erhaltung von Therapeutika gegen nosocomiale (im Krankenhaus erworbene)
Infektionskrankheiten des Menschen.
78
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Der Gesetzgeber reagierte auf den schon beschriebenen Verdacht und die Befürchtungen der Öffentlichkeit am
Ende der neunziger Jahre dahingehend, dass eine erneute Prüfung aller Zusatzstoffe aus der Gruppe der
Kokzidiostatika und Histomonostatika sowie der antibiotischen Leistungsförderer hinsichtlich Verbreitung von
bakteriellen Resistenzen durchgeführt wurden.
Im Ergebnis der Prüfung auf Erzeugung von Kreuzresistenzen wurden die Zulassungen für die Leistungsförderer
Avoparcin, Tylosin, Spiramycin, Zinkbacitracin und Virginiamycin zurückgezogen.
3.5. Einführung der firmenbezogenen Zulassung für Futterzusatzsstoffe
Im Ergebnis der Überprüfung aller Kokzidiostatika, Histomonostatika und antibiotischen Leistungsförderer wurde
auch eine andere Art der Zulassung für diese Gruppen von Zusatzstoffen eingeführt, die firmengebundene
Zulassung.
Gemäß der alten Zusatzstoff-Richtlinie 70/524/EWG wurde die Zulassung zusatzstoffbezogen erteilt. Ein
Antragssteller reichte die Unterlagen für die Zulassung ein, und die Zulassung wurde für den Stoff oder seine
Zubereitung erteilt. Diese Art von Zulassung war dann für jedermann nutzbar, der den gleichen Stoff auf den
Markt bringen wollte. Das hatte in der Vergangenheit wiederholt zu Anwendungsrisiken durch solche Stoffe
geführt, denn so konnten technische Verunreinigungen in den verschiedenen Zusatzstoffen Ursache für
Schadwirkungen sein, wobei es schwierig war, dafür einen verantwortlichen Inverkehrbringer zu finden. Deshalb
wurde als ein weiteres Sicherheitskriterium die firmengebundene Zulassung für die Gruppe der Kokzidiostatika,
Histomonostatika, und antibiotischen Leistungsförderer eingeführt. Damit ist der verantwortliche
Inverkehrbringer, der auch der alleinige Inhaber der Zulassung ist, klar benannt.
Dieses Prinzip wurde mit der neuen Futterzusatzstoff-Verordnung (EG) Nr. 1831 im Jahre 2003 für die Kategorie
der zootechnischen Futterzusatzstoffe insgesamt eingeführt. Für die Kategorien der technologischen, sensorischen
und ernährungsphysiologischen Zusatzstoffe werden weiterhin zusatzstoffbezogene Zulassungen erteilt.
Allerdings werden an die Substanzen hinsichtlich ihrer Identität genaue Anforderungen (Spezifikationen) wie
Reinheitsgrad, Konzentration, Freisein bzw. Höchstgrenzen für den Gehalt an bestimmten anderen Stoffen in der
Zulassung formuliert. Damit ist für alle weiteren Nutzer einer betreffenden Zulassung deren Spezifikation bindend
und deren Einhaltung kontrollierbar. Das ist wieder ein Teilchen mehr im Sicherheitskonzept. Es ist zu erwarten,
dass die Fortentwicklung dieses Systems in die Richtung geht, dass nicht per Zusatzstoff-Kategorie die Art der
Zulassung festgelegt wird, sondern sich dies vor allem nach dem Sicherheitsprofil der entsprechenden Substanz
richtet, unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Zusatzstoff-Kategorie.
4. Abgabe- und Verwendungsbeschränkungen von Futterzusatzstoffen
Abgabe- und Verwendungsbeschränkungen sind ein weiteres Mittel, die Gebrauchsanleitung und die
Sicherheitshinweise für die Verwendung von Zusatzstoffen in Vormischungen und vor allem Mischfuttermitteln
zu regeln. Das ist bisher über die Festsetzung von Höchstgehalten in bestimmten Futtermitteln für bestimmte
Tierarten /-kategorien für Zusatzstoffe wie Vitamin A und E, Kupfer und Selen im Futtermittelrecht umgesetzt
worden. Bei Abgabebeschränkungen wird festgelegt, ob ein Zusatzstoff zum Beispiel nur über Vormischungen
und nur von dafür zugelassenen bzw. registrierten Vormischungsherstellern eingesetzt werden darf. Hier soll dafür
nur ein Beispiel für die Festlegung von Höchstgehalten an Kupfer im Futter für Schweine aus Gründen des
Umweltschutzes aufgeführt werden.
Kupfer wird in verschiedenen geeigneten Verbindungen zur Ergänzung von Futterrationen bei ungenügender
Versorgungslage der betreffenden Tiere eingesetzt. Bekanntlich können Kupfer-Ionen auch einen antibakteriellen
Effekt auf bestimmte Keime der Magen- und Darmflora ausüben. Auf dieser Wirkungsweise basierend konnte mit
Kupfersulfat in deutlich über dem ernährungsphysiologischen Bedarf liegenden Gehalten bei Schweinen (250 mg
Kupfersulfat /kg Futtermittel) eine leistungsfördernde Wirkung erzielt werden. Da von Schweinen im Gegensatz
zu Schafen nur ein sehr geringer Teil an Kupfer aus dem Darm resorbiert wird, gelangt es mit dem entsprechenden
organischen Dünger auf landwirtschaftliche Nutzflächen. Die steigenden Mengen an Kupfer führten zu einer
Störung der Bodenfruchtbarkeit und überdies zu einer Anreicherung im Pflanzenaufwuchs auf diesen Flächen,
welche bis hin zum Intoxifikationsrisiko für Schafe führte. Dies wiederum hatte zur Konsequenz, dass der
Gesetzgeber per Verordnung (EG) Nr. 1334/2003 eine Verwendungsbeschränkung erlassen hat, indem die
Höchstgehalte von Kupfer für Schweine und andere Tierarten/-kategorien im Alleinfutter reduziert wurden. Auch
wurde die Abgabe beschränkt und das so genannte Flaschenhalsprinzip – vorgeschriebener Einsatz über
Vormischungen mit Mindesteinmischrate – hier umgesetzt.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
79
5. Bedeutung der Herstellung für die Anwendungssicherheit von Futterzusatzstoffen
Auch die Art und Weise der Herstellung von Futterzusatzstoffen für deren Anwendungssicherheit spielt eine
bedeutende Rolle. Auch auf diesem Gebiet und vor allem in der Kommunikation darüber hat sich ein Wandel hin
zur Fokussierung auf den gesundheitlichen Verbraucherschutz vollzogen.
Anlass dafür waren hauptsächlich die Verunsicherung und das Misstrauen des Verbrauchers, der mit
Kaufzurückhaltung bei Lebensmitteln tierischer Herkunft reagierte. Das wiederum führte sowohl bei der
Futtermittel-/Lebensmittelwirtschaft als auch beim Gesetzgeber zu entsprechenden Aktivitäten, um dieser
Akzeptanzkrise zu begegnen.
Die betroffene Wirtschat hatte und hat nicht nur um die Erhaltung und Rückgewinnung der Verbraucherakzeptanz
zu kämpfen, sondern sich auch den Marktkräften zu stellen, die sich aus der Globalisierung von Lebens- und
Futtermittel-Erzeugung, Transport und Handel ergeben. All diese daraus resultierenden Faktoren erzeugen einen
Druck auf die Lebensmittel-Qualität und –Sicherheit in allen Stufen der Lebensmittelkette. Auch die so genannten
subjektiven Faktoren von Lebens- und Futtermittel-Qualität und –Sicherheit wie Tier- und Umweltschutz,
Nachhaltigkeit der Produktionsmethoden u.v.m. gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Hier ist deutlich der
Einfluss des soziokulturellen Wandels zu spüren.
Die Wirtschaft begegnete diesen Marktforderungen mit dem Ausbau ihrer Eigenkontrolle über
Qualitätsmanagement und Qualitätssicherungsmaßnahmen (QM und QS), die zu entsprechenden Systemen
ausgebaut wurden. Diese waren zunächst nur betriebsintern und dann auch branchenspezifisch übergreifend
organisiert. Die QM- und QS-Systeme wurden von neutraler Prüfung begleitet (Zertifizierung) und im Markt
durch Qualitäts- und Gütezeichen kommuniziert und auf den Produkten kenntlich gemacht.
Diese Maßnahmen waren und sind also aus Eigeninitiativen der Futtermittelunternehmer und zwar aus
ökonomischen Gründen entstanden. Denn es ist im allgemeinen Kosten sparender, erkannten Herstellungsrisiken
vorbeugend entgegenzuwirken, als hinterher Reklamationen der Produktqualität oder gar von Sicherheitsmängeln
zu regulieren. Die vertikale und horizontale Vernetzung der Systeme über die gesamte
Lebensmittelherstellungskette sowie die Verzahnung von internationalen und nationalen Lebens- und
Futtermittelstandards ist die große Herausforderung, vor der die Wirtschaft nun steht. Die QM- und QS-Systeme
sind in der Herstellungskette so zu vernetzen, dass Qualität und Sicherheit von Anfang bis Ende -„from stable zu
table“- durchgängig garantiert werden können. Dabei sind die Übergänge von einem „Kettenglied“ zum anderen
besonders sensibel. Hier liegt wahrscheinlich das größte Sicherheitsrisiko, vor allem bedingt durch Mängel in der
Kommunikation und klare Abgrenzung der Verantwortlichkeit. Die Schnittstellen sind deshalb zwischen den
vorgelagerten und nachgelagerten Bereichen genau zu definieren und ggf. vertraglich abzusichern.
Neben der Wirtschaft hat auch der Gesetzgeber auf das bereits beschriebene Verbraucherverhalten reagiert. Da die
Qualität und Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln eng miteinander verbunden sind, hat der Gesetzgeber mit
der Lebensmittel-Basis-Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verbindliche Rahmenbedingungen sowohl für die Lebensals auch für die Futtermittel-Sicherheit festgelegt. Das Lebens- und Futtermittelrecht wurde entsprechend
fortentwickelt, wobei das Vorsorgeprinzip und der vorbeugende Verbraucherschutz in den Mittelpunkt gerückt
wurden.
6. Erweiterung der Hygienevorschriften für die Futtermittel- und Lebensmittel-Herstellungskette
Für die Lebens- und Futtermittel-Herstellungskette wurden insbesondere die Hygienevorschriften umfassend im
genannten Sinne erweitert. Über die Futtermittel-Hygiene-Verordnung (EG) Nr. 183/2006 wurde der
Anwendungsbereich der Futtermittelhygiene auf die Tätigkeit von Futterunternehmern auf allen Stufen, von
Primärproduktion bis zum Inverkehrbringer von Futtermitteln, die Fütterung von Lebensmittel produzierenden
Tieren sowie die Ein- und Ausfuhr von Futtermitteln in/aus Drittländern ausgedehnt und geregelt. Diese
Regelungen zur Futtermittelhygiene sind auch im Bereich der Futterzusatzstoffe anzuwenden, die auch Teil der
Lebens- und Futtermittelkette sind. So wirken die Verbrauchererwartungen auch auf die Futterzusatzstoffindustrie
gestaltend ein.
Die Futterzusatzstoffindustrie hat sowohl die Erwartungen der Landwirte als auch der Verbraucher zu erfüllen.
Von beiden Gruppen ist sie aber relativ weit entfernt in der Kette, so dass sie besondere Anstrengungen für
Transparenz und Aufklärung in beide Richtungen unternehmen muss.
80
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Die Wandlungsprozesse, sowohl bei der Wirtschaft als Eigenmaßnahmen als auch durch den Gesetzgeber
gefordert, haben zu Konsens bei beiden in den folgenden wichtigen Punkten geführt:
- Risikomanagement statt Krisenmanagement
- Transparenz, Rückverfolgbarkeit
- Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Lebens- und Futtermittelhersteller für die Qualität und Sicherheit ihrer
Produkte
- Mehr Prozesskontrolle als nur Endproduktkontrolle
- Einführung des Konzeptes der Gefahrenanalyse und der kritischen Kontrollpunkte (HACCP)
- Gleichstellung der Futtermittel mit den Lebensmitteln hinsichtlich von Qualität und Sicherheit im Grundsatz
- Festlegung verbindlicher Lebens- und Futtermittelstandards
- Stärkung der Eigenkontrolle kombiniert mit amtlicher Kontrolle
- Europäisierung /Internationalisierung von Lebens- und Futtermittelerzeugnissen, Transport und Handel
7. Zusammenfassung
Aus einer historischen Sicht, seit Ende des Zweiten Weltkrieges, kann die Entwicklung dahin gehend
zusammengefasst werden, dass die gestiegene Nachfrage nach Lebensmitteln tierischer Herkunft zur
Intensivierung/Industrialisierung der tierischen Erzeugung geführt hat. Futterzusatzstoffe haben wesentlich dazu
beigetragen, indem sie die Wirtschaftlichkeit der tierischen Veredlung verbessert haben. Dadurch ist die
Nachfrage nach Futterzusatzstoffen gestiegen und der Markt gewachsen. Dies wiederum erforderte eine
Regulierung des Marktes mit Futterzusatzstoffen, die zunächst national durch die Ausgestaltung von
Futtermittelgesetz und Futtermittelverordnung erfolgte. Schon bald erforderte der gemeinsame Binnenmarkt in der
Europäischen Gemeinschaft die Harmonisierung der rechtlichen Regelungen von Zusatzstoffen EG-weit. Dem
wurde mit der Futterzusatzstoff-Richtlinie 70/524/EWG dann auch 1970 entsprochen. Das Ziel war, das
Funktionieren des europäischen Binnenmarkts zu sichern. Im Jahre 2003 wurde das Futterzusatzstoff-Recht im
Sinne des gesundheitlichen Verbraucherschutzes, der Gewährleistung von Gesundheit und Wohlergehen der Tiere
und des Schutzes der Umwelt grundlegend neu gefasst und ein Gemeinschaftsverfahren für die Zulassung und den
Verkehr mit Futterzusatzstoffen geschaffen. Dies gilt es nun umfassend und wirklich in allen Mitgliedsländern der
Europäischen Gemeinschaft harmonisiert einzuführen und anzuwenden.
8. Ausblick
Die Zukunft für den Futterzusatzstoff-Markt wird davon beeinflusst werden, dass die Nahrungsmittelproduktion
weltweit zunehmen wird. Dieser Prozess wird von einer zunehmenden Konkurrenz um nachwachsende Rohstoffe
(vor allem als pflanzliche Rohstoffe) für die Industrie (z. Bsp. für Feinchemikalien- Produktion) und ihrer
Verwendung als Futtermittel begleitet werden. Diese Entwicklung wird die maximale Verwertung des Futters
durch Tiere, die hohe Leistungen erbringen, erfordern. Daher wird die größtmögliche Wertschöpfung aus der
tierischen Erzeugung weiterhin ein wichtiger ökonomischer Motor für die tierische Erzeugung sein. Die
Anwendung von Futterzusatzstoffen wird dazu wie bisher bedeutend beitragen können. Dabei ist zu erwarten,
dass die Anwendung von Zusatzstoffen sowohl komplexer als auch spezifischer (z. Bsp. angepasst an bestimmte
Futterrationstypen) wird. Die Futterzusatzstoffwirtschaft wird sich den Herausforderungen stellen und sich durch
systematische Anpassungen und Veränderungen auch den Markterfordernissen gewachsen zeigen. So wird auch
der weitere Ausbau der Anwendung von biotechnologischen Herstellungsverfahren, einschließlich der Nutzung
von Gentechnik, zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips und Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit führen. Es
werden auch in Zukunft innovative, wettbewerbsfähige und sichere Futterzusatzstoffe zur Verfügung stehen.
9. Literatur
Bates J, Jordens ZJ, Griffiths DT (1994) Farm animals as a putative reservoir for vancomycin-resistant
enterococcal infection in man: J Antimicrob Chemother34:507-516
Busch A (2006) Futtermittelzusatzstoffe Technologie und Anwendung: Entwicklung und Herstellungsverfahren
von Futterzusatzstoffen. Bergen/Dumme: Agrimedia; 41-53 p; ISBN 3-86037-261-0
Europäische Kommission (2000) Weißbuch Zur Lebensmittelsicherheit Vom 12. Januar 2000;
Http://Europa.Euint/Eur-Lex/De/Com/Wpr/1999/Com1999_0719de01.Pdf
Europäische Kommission (2005) Gemeinschaftsregister der Futterzusatzstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr.
1831/2003; http://ec.europa.eu/food/food/animalnutrition/feedadditives/comm_register_feed_additives_183103.pdf
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
81
Kau G (2006) EU-Zusatzstoff-Verordnung Wo Stehen Wir?: Feed Magazine/ Kraftfutter 4: 6-8
Richtlinie 70/524/Ewg Des Rates Vom 23. November 1970 Über Zusatzstoffe In Der Tierernährung; Abl Eg Nr.
L 270 Vom 14.12.1970 S. 1
Richtlinie 87/153/Ewg Des Rates Vom 16. Februar 1987 Zur Festlegung Von Leitlinien Zur Beurteilung Von
Zusatzstoffen In Der Tierernährung; Abl Eg Nr. L 64 Vom 07.03.1987 S. 19
Verordnung (Eg) Nr. 183/2005 Des Europäischen Parlaments Und Des Rates Vom 12. Januar 2005 Mit
Vorschriften Für Die Futtermittelhygiene; Abl Eg Nr. L 35 Vom 08.02.2005 S. 1
Swann M M (1969) Joint Committee On The Use Of Antibiotics In Animal Husbandry And Veterinary Medicine;
H.M.S.O., London
Verordnung (Eg) Nr. 178/2002 Des Europäischen Parlaments Und Des Rates Vom 28. Januar 2002 Zur
Festlegung Der Allgemeinen Grundsätze Und Anforderungen Des Lebensmittelrechts, Zur Errichtung Der
Europäischen Behörde Für Lebensmittelsicherheit Und Zur Festlegung Von Verfahren Zur
Lebensmittelsicherheit; Abl Eg Nr. L 31 Vom 01.02.2002 S. 1 -Lebensmittel-Basis-Verordnung
Verordnung (Eg) Nr. 1831/2003 Des Europäischen Parlaments Und Des Rates Vom 22. September 2003 Über
Zusatzstoffe Zur Verwendung In Der Tierernährung; Abl Eg Nr. L 268 Vom 18.10.2003 S. 29
Verordnung (Eg) Nr. 1334/2003 Der Kommission Vom 25. Juli 2003 Zur Änderung Der Bedingungen Für Die
Zulassung Einer Reihe Von Zur Gruppe der Spurenelemente zählenden Futtermittelzusatzstoffen; ABl EG Nr.
L 187 vom 26.07.2003 S. 11
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Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Positivliste für Einzelfuttermittel – ein Beitrag zur Futtermittel-Sicherheit
Volker Potthast
Vorsitzender der Normenkommission
Die Qualität und Unbedenklichkeit von Lebensmitteln tierischer Herkunft (Milch, Fleisch, Eier) hängt in
entscheidendem Maße von der Qualität der eingesetzten Futtermittel ab.
Ab 1996 war eine geschlossene Listung von Einzelfuttermitteln nicht mehr rechtlich verbindlich vorgeschrieben.
Die Anzahl und die Menge an Nebenprodukten aus der Lebensmittelindustrie nehmen aber laufend zu. Somit
ergab sich die Notwendigkeit, diese Erzeugnisse zu erfassen, zu sichten und vor allem im Hinblick auf die
Bezeichnung und Beschreibung zu ordnen und zu bewerten. Dabei zeigte sich, dass in diesem Bereich oft mit
unklaren Bezeichnungen, teilweise „Phantasienamen“ gearbeitet wurde und somit keine eindeutige Bewertung
möglich war.
Obwohl die Verfütterung von Erzeugnissen und Nebenerzeugnissen, die nicht in der Futtermittelverordnung
gelistetet sind zulässig ist, stellt Cottrill (2004) fest, dass man für die Umsetzung der von der EU geplanten
Vorschriften zur Etikettierung auf die Existenz einer Positivliste angewiesen ist.
Eine Übersicht über die Anteile der in dem Mischfutter eingesetzten Rohstoffgruppen ist im „MischfutterTabellarium“ des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT) aufgeführt, das jährlich aktualisiert wird (Abb. 1).
Abbildung 1: Rohstoff-Einsatz in der Mischfutter-Herstellung. Quelle: DVT, 2006)
15%
Getreide
Hülsenfrüchte
3%
45%
7%
3%
26%
Ölschrote/-kuchen
Maiskleberfutter
Mühlennachprodukte
zuckerhaltige Futttermittel
sonstige
1%
Letztlich ausgelöst durch verschiedene „Skandale“ im Futtermittelbereich wurde Anfang des Jahres 2001 die
Notwendigkeit einer geschlossenen Auflistung all derjenigen Futtermittel, die in Deutschland zur Verfütterung an
Nutztiere gelangen, besonders zwingend.
Das Ziel dieser Liste sollte eine Sicherheitsprüfung zur besseren Beurteilung der Unbedenklichkeit sein, eine
Unterstützung bei der Rückverfolgbarkeit leisten sowie dem Tierhalter eine bessere Beurteilung, insbesondere
hinsichtlich evtl. hygienischer Schwächen ermöglichen und allgemein zur Transparenz beitragen.
Mit dieser Aufgabe wurde die „Normenkommission für Einzelfuttermittel im Zentralausschuss der Deutschen
Landwirtschaft“ beauftragt. Diese Kommission begann im Mai 2001 mit der Erstellung einer solchen Liste. Im
Dezember desselben Jahres konnte die erste Fassung dieser Liste vorgelegt werden.
Sie ist inzwischen in der fünften Auflage erschienen und enthält derzeit circa 330 Einzelfuttermittel (FuttermittelAusgangserzeugnisse). Der Bereich der Heimtiere wurde nicht mit einbezogen.
Die Futtermittel sind zunächst nach einem dreigeteilten numerischen System geordnet. Die erste Ziffer bezeichnet
die Gruppe der Futtermittel, die zweite die botanische Bezeichnung und die dritte schließlich das eigentliche
Produkt. Die nachfolgende Grafik zeigt hierzu ein Beispiel anhand des Rapsextraktionsschrotes:
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
83
Gruppe, Ausgangsprodukt, Erzeugnis
z. B. 2.11.04
Ölsaaten und Ölfrüchte,
deren Erzeugnisse und
Nebenerzeugnisse
Samen von Raps
(versch. Brassica-Arten,
Rübsen)
Rapsextraktionsschrot,
Nebenerzeugnis, das bei der
Ölgewinnung durch Extraktion
von Rapssaat anfällt.
Eine wesentliche Grundlage für Transparenz und Qualität sind die Bezeichnung sowie die Beschreibung. Diese
gehören zusammen. Eine Bezeichnung (in der die Natur des Stoffes erkennbar sein muss) darf nur dann
verwendet werden, wenn das Erzeugnis der dazu gehörigen Beschreibung entspricht. Damit werden Informationen
über Herkunft, Gewinnung und Verarbeitung sowie Hinweise auf die Zusammensetzung bzw. Inhaltsstoffe
gegeben.
„Differenzierungs-Merkmale“ sollen verschiedene Qualitätsstufen ähnlicher Produkte klar voneinander
abgrenzen. Wenn aus der Verarbeitung von beispielsweise Weizen nicht nur Kleie, sondern auch Grießkleie und
Futtermehl in den Verkehr gebracht werden sollen, dann müssen sich diese in bestimmten Merkmalen (hier der
Stärkegehalt) unterscheiden, und die Abgrenzung muss klar definiert sein.
Diese Vorgehensweise erklärt auch die nicht unbeträchtliche Anzahl der Futtermittel in der Liste. So finden sich
allein unter Produkten aus Weizen 17 verschiedene Einzelfuttermittel.
Für bestimmte Futtermittel sind spezielle „Anforderungen“ an die Qualität festgelegt, so etwa für den Grad des
Stärke-Aufschlusses, wenn ein Produkt die Bezeichnung „aufgeschlossen“ enthält oder Maximal-bzw.
Minimalgehalte für Inhaltsstoffe bzw. Verunreinigungen.
Die verbindlich vorgeschriebenen Angaben zur Kennzeichnung sind teilweise um weitere Merkmale ergänzt,
wenn diese aus Sicht der Kommission eine wichtige zusätzliche Information für den Verbraucher darstellen.
Zur Aufnahme eines Futtermittels in die Positivliste existiert ein umfangreicher Leitfaden, der bei Vorliegen von
Anträgen zur Aufnahme in die Liste abzuarbeiten ist. Insbesondere geht es um vier wesentliche Punkte:
1.
2.
3.
4.
Der Futterwert muss nachgewiesen sein
Das Produkt muss unbedenklich für die Gesundheit von Tier und Mensch sein
Es muss rechtlich zulässig sein
Das Produkt muss auf dem Markt verfügbar sein bzw. nachgefragt werden.
Der Versuch, den Futterwert zu beschreiben, ist nicht einfach, da Futterwert sich nicht nur in Nährstoffgehalten,
sondern auch in anderen Kriterien definieren lässt, so zum Beispiel im Strukturwert. Die Charakterisierung eines
Futterwertes mit Mindestgehalten an Nährstoffen oder Energie ist problematisch, da auch ein Einzelfuttermittel
mit extrem niedrigem Energiegehalt (z.B. Getreidestroh) beispielsweise in Sauenfuttern zur Sättigung
Verwendung finden kann und somit einen Futterwert besitzt. Auszuschließen sind negative Auswirkungen auf die
Qualität tierischer Produkte und eine Gefährdung des Naturhaushaltes.
Der Nachweis des Futterwertes für die Aufnahme eines Produktes in die Positivliste besteht somit derzeit in der
konkreten Einsatzempfehlung (welche Mengen für welche Tierarten mit welcher Funktion) und der
Dokumentation von Fütterungsversuchen.
Selbstverständlich gehören auch die wirtschaftseigenen Grobfuttermittel in die Positivliste.
Ein besonderes Kapitel – und eine besondere Herausforderung – stellen die Lebensmittel und die LebensmittelNebenprodukte dar. Bei Lebensmitteln in verarbeitetem Zustand ist zu differenzieren in:
1.
2.
Lebensmittel, die unverfälscht und unverdorben als Lebensmittel geeignet sind, aber beispielsweise
wegen Ablauf eines Haltbarkeits-Datums nicht mehr in den Verkehr gebracht werden dürfen.
Lebensmittel, die infolge von Produktionsfehlern oder Havarien geringfügige Veränderungen aufweisen.
84
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Allgemeine Voraussetzung ist, dass diese Erzeugnisse unbedenklich sind, also weder das von den Tieren
gewonnene Produkt noch die Gesundheit der Tiere negativ beeinflussen.
Um die verschiedenartigen Erzeugnisse und Nebenerzeugnisse aus der Ver- oder Bearbeitung etwas zu
kanalisieren und mit entsprechenden Anforderungen / Beschreibungen zu versehen, werden diese Produkte derzeit
in sechs Kategorien gelistet:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Lebensmittelidentische Stoffe und Erzeugnisse
Nebenerzeugnisse der Fertignahrungsindustrie
Nebenerzeugnisse der Back- und Teigwarenindustrie
Nebenerzeugnisse der Süßwarenindustrie
Nebenerzeugnisse der Konditorei- und Speiseeisindustrie
Nebenerzeugnisse aus der Verarbeitung von frischem Obst oder Gemüse.
Hierzu werden zusätzliche Angaben zum Herstellungs-Prozess in Form eines „Datenblattes“ gefordert. Das
Datenblatt soll alle wichtigen Informationen zum Produkt enthalten, insbesondere zum Herstellungs-Verfahren,
dargestellt in Form eines Fließschemas, zu den verwendeten Verarbeitungshilfsstoffen, zu den wichtigsten
Inhaltsstoffen sowie ggf. Angaben zu unerwünschten Stoffen. Somit bietet das Datenblatt auch Informationen
über evtl. notwendige Untersuchungen zu unerwünschten Stoffen im Hinblick auf die spezifischen Eigenschaften
des Ausgangsproduktes.
Das Datenblatt soll jedem Abnehmer der Einzelfuttermittel, also sowohl dem Landwirt als auch dem
Mischfutterhersteller, zur Verfügung gestellt werden. Bei Lieferungen aus einer Bezugsquelle ist eine einmalige
Vorlage des Datenblattes ausreichend, sofern sich im Produkt selbst oder im Herstellungsprozess keine
Veränderungen ergeben. Bei Änderungen ist das Datenblatt zu aktualisieren und in der geltenden Version dem
Abnehmer zugänglich zu machen. Für die angesprochenen Produkte „Lebensmittelidentische Stoffe und
Erzeugnisse“ sowie „Nebenerzeugnisse der Lebensmittelindustrie“ gilt, dass das entsprechende Datenblatt jeder
Lieferung in aktueller Version beizufügen ist.
Datenblätter werden ebenfalls gefordert, wenn Futtermittel einer speziellen Behandlung unterzogen werden (z.B.
Xylosebehandlung von Getreide). Sie sind auch notwendig bei Nebenprodukten aus differenzierten, mehrstufigen
Herstellungsverfahren von Lebensmitteln, wie Stärke, Zucker, Öl, Bier, Butter, Käse u.a.
Nebenerzeugnisse wie Kleien, Pülpe, Rübenschnitzel, Extraktionsschrote, Treber u.w. fallen in großen Mengen
an. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Größenordnung von Nebenprodukten einiger Industriezweige.
Industriezweig
Mehl- und Schälmühlen
Zuckerfabriken
Ölmühlen
Brauereien
Hauptprodukt(e) (Mio t)
6,2
4,0
2,7
> 110Mio hl
Nebenprodukt(e) (Mio t)
1,5
1,9
4,9
0,5
Es ist richtig und aus ökologischer sowie volkswirtschaftlicher Sicht unumgänglich, dass versucht wird, diese
enormen Mengen an wertvollen Nährstoffen in den Kreislauf zurück zu bringen, sie also der Verfütterung
zugänglich zu machen.
Nicht immer einfach ist die Abgrenzung zwischen Einzelfuttermitteln und Zusatzstoffen. Letztere sind in einer
entsprechenden EU-Verordnung (VO EG 1831/2003) geregelt und daher nicht Bestandteil der Positivliste.
Es gibt allerdings Fälle, in denen ein Stoff entweder als Zusatzstoff oder als Einzelfuttermittel Verwendung finden
kann. Ein Beispiel hierfür ist Propylenglycol. Dieses ist einerseits als Zusatzstoff gelistet (unter Emulgatoren,
Stabilisatoren, Verdickungs- und Geliermittel), andererseits wird es als Einzelfuttermittel zur Verbesserung der
Energieversorgung hochleistender Milchkühe häufig eingesetzt und muss in diesem Falle als Einzelfuttermittel
bezeichnet werden.
Hierbei kommt es entscheidend darauf an, welcher Einsatzzweck im Einzelfall beabsichtigt ist. Somit ist die
„Auslobung“ dieser Erzeugnisse ein wichtiges Kriterium zur Einordnung. Die Gefahr eines „Missbrauches“ ist
unter Umständen gegeben, wenn nämlich ein Produkt als Einzelfuttermittel bezeichnet wird (beispielsweise
bestimmte Kräuter, die natürlich auch Grünfutter sein könnten), tatsächlich aber bestimmte Wirkungen erhofft
und beworben werden, die eindeutig dem Zusatzstoffbereich zugeordnet werden müssen. Es ist Aufgabe der NK
über die Hauptwirkung eine Entscheidung und Zuordnung zu treffen.
Die eingangs erwähnten Überlegungen, die zur Erstellung der Positivliste in Deutschland geführt haben, sind
keinesfalls neu. So richtete der deutsche Landwirtschaftsrat im Juli 1890 das Ersuchen an den Verband
Landwirtschaftlicher Versuchsstationen im Deutschen Reich (den jetzigen Verband Deutscher
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
85
Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten, VDLUFA), im Interesse einer geordneten
Kontrolle der Handelsfuttermittel „Vereinbarungen über die zulässige Art und Menge fremder Bestandteile in den
Futtermitteln zu treffen“.
Emmerling, (Zit. N. Kellner, 1906) führt hierzu aus, dass es notwendig sei, jedes einzelne der wichtigen
Futtermittel unter eingehender Berücksichtigung der technischen Gewinnung und der Natur der Rohmaterialien
besonders zu bearbeiten. Er macht zu diesem Thema in 10 Punkten detaillierte Angaben zu notwendigen
Informationen und Untersuchungen, die für eine sachlich fundierte Beurteilung eines Futtermittels notwendig
sind. Die im Rahmen dieser Vorschläge erarbeiteten Kenntnisse wurden zu dem Gesamtwerk „Die Futtermittel
des Handels“ (1906) zusammengefasst. Es ist offensichtlich, dass die gegenwärtig bearbeiteten Probleme der
Futtermittelbewertung schon vor 100 Jahren diskutiert wurden.
Die heute existierende Positivliste ist eine geschlossene Liste. Gleichwohl ist sie ständigen Änderungen
unterworfen. So werden einerseits Anträge auf Neuaufnahme von Futtermittel-Ausgangserzeugnissen gestellt,
andererseits werden bei Bedarf auch Produkte aus der Liste gestrichen – beispielsweise dann, wenn sich
Anhaltspunkte für eine kritische Risikoeinschätzung ergeben oder wenn am Markt kein Interesse für ein Produkt
besteht.
Die Positivliste ist zwar nicht rechtsverbindlich, kann aber einen wesentlichen Beitrag zur Futtermittel-Sicherheit
leisten. Sie bringt einerseits durch eindeutig definierte Bezeichnungen und Beschreibungen Klarheit in den Markt,
andererseits ist durch das Datenblatt eine bislang nicht gekannte Aufmerksamkeit entstanden. Ein ganz
entscheidender Punkt besteht darin, dass viele Produzenten, so zum Beispiel von Nebenprodukten der
Lebensmittelgewinnung und –herstellung, sich erstmalig mit ihrem Produkt und dessen Wertigkeit und Sicherheit
befasst haben, kurz, dass ihnen plötzlich bewusst geworden ist, dass sie Futtermittel produzieren und damit eine
wesentliche Verantwortung für die Gesundheit der Tiere und die Qualität der von den Tieren gewonnenen
Lebensmittel haben. Dies wird durch die Einbindung der Positivliste in das QS-System besonders deutlich.
Es wird angestrebt, jeweils im Sommer eines Jahres eine Neuauflage zu erstellen. Die bis dahin auftretenden
Änderungen sind ebenso wie die jeweils aktuelle Version der Liste unter der Internet-Adresse
www.futtermittel.net abrufbar.
Literatur:
Cottril BR (2004) Welche Erfahrungen gibt es mit Positivlisten für Futtermittel? Landbauf Völkenrode,
Sonderheft 271: 36-43
Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft, Normenkommission für Einzelfuttermittel: Positivliste für
Einzelfuttermittel (Futtermittel-Ausgangserzeugnisse), 5. Auflage, Berlin 2006
Kellner O (1906) In: Futtermittel des Handels, herausgegeben durch den Verband Landwirtschaftlicher
Versuchsstationen im Deutschen Reiche, Verlag Parey, Berlin, 1906
86
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Die Bedeutung der Futtermittelsicherheit in der Beratungspraxis
Werner Lüpping
Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Futtermittelsicherheit ist ein umfassender Begriff. Er beinhaltet neben der Futtermittelhygiene im Sinne der
Futtermittelhygieneverordnung, die sich im Wesentlichen auf unerwünschte Stoffe konzentriert, u. a. auch
Aspekte der Nährstoffgehalte einschließlich ihrer Varianz, technologische Eigenschaften, sekundäre
Pflanzeninhaltsstoffe, Bestandteile, die die Produkte der damit versorgten Tiere beeinflussen (z. B.
Fettsäuremuster, Geschmack, Vitamine, Spurenelemente etc.), die technische Aufbereitung u. a. m..
Futtermittelhygiene
Die Basisverordnung zur Lebensmittelsicherheit (EU-Verordnung 178/2002 vom 28.02.2002) stellt die
landwirtschaftliche Urproduktion in die Kette der Lebensmittelerzeugung und verlangt einen neuen Ansatz in der
Beratung. Während bisher die Produktionstechnik mit der ökonomisch optimalen Nährstoffversorgung im
Mittelpunkt stand, tritt jetzt verstärkt die gesamte Lebensmittelkette mit dem Landwirt und seiner Verantwortung
als Lebensmittelerzeuger in den Vordergrund. Durch die Verankerung der Futtermittelhygiene (EU-Verordnung
183/2005 vom 12.01.2005) und des Hygienepakets (EU-Verordnungen 852-854/2004 vom 29.04.2004) in die
cross-compliance-Überprüfungen werden Verstöße gegen die Futter- und Lebensmittelhygiene mit empfindlichen
Abzügen bei den Direktzahlungen sanktioniert. Damit erhält die Futtermittelhygiene bei den Landwirten einen
höheren Stellenwert.
Ziel der Hygieneverordnungen ist ein hohes Maß an Sicherheit für die Gesundheit von Mensch und Tier.
Kontaminationen mit Stoffen, die die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden können, sollen vermieden
werden. Dabei stehen Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel, organische bzw. anorganische Schadstoffe, Mykotoxine
u. a. m. im Fokus. Durch die gute landwirtschaftliche Praxis bei Anbau, Transport, Lagerung und Fütterung sollen
mögliche Gefahren erkannt und verhindert bzw. Produkte mit gefährlichen Kontaminationen untersucht und ggf.
von der Nahrungskette ausgeschlossen werden.
Futtermittelsicherheit in der Beratung
Aufgabe der Beratungsinstitutionen ist es, die wissenschaftlichen Kenntnisse zur Futtermittelsicherheit so
aufzubereiten, dass die Zielgruppe der Berater und Landwirte für das Thema sensibilisiert wird. Durch eine
Analyse der Gefährdungsquellen sind die für die Praxis bedeutsamen Punkte, bei denen die Futtermittelsicherheit
beeinflusst werden kann, zu ermitteln und zu bewerten. Auf dieser Basis sind in weiteren Schritten Empfehlungen
und Handlungsanweisungen abzuleiten, die nachvollziehbar und in die täglichen Arbeitsabläufe der Praxis
integrierbar sind. Entscheidend für die tatsächliche Umsetzung ist die Einsicht für die Bedeutung der Maßnahmen,
eine zuverlässige und schnelle Beurteilung der Futtermittelsicherheit sowie eine einfache Umsetzung in den
praktischen Arbeitsroutinen.
Die klassischen Methoden der Wissensvermittlung sind Veröffentlichungen in den einschlägigen
Fachzeitschriften, Vortragstätigkeiten und Seminare. Aber auch der vorgelagerte Bereich der Ausbildung in den
Berufs- und Fachschulen muss über Weiterbildungen der Lehrkräfte sowie Entwicklung von aussagekräftigem
Unterrichtsmaterial für dieses spezielle Feld intensiv geschult werden.
Berater und Landwirte legen Wert auf regionale Ergebnisse und auf Pilotprojekte, die sie besichtigen können.
Daher haben sich Demonstrationsprojekte und regionale Praxiserhebungen bewährt, um die Akzeptanz für
Beratungsempfehlungen zu erhöhen. Gleichzeitig ist eine betriebswirtschaftliche Bewertung der Maßnahmen
erforderlich, um auch die wirtschaftliche Notwendigkeit zu begründen.
In Vorträgen, Gruppenberatungen und Veröffentlichungen sind die Beratungsaussagen so zu vereinfachen, dass
sie leicht begreifbar nachvollziehbar und praktisch umsetzbar sind. Aufgrund der großen Varianz hinsichtlich
Leistung, Produktionsverfahren, Technik u. a. m. kann jedoch eine optimale Lösung häufig nur in der
einzelbetrieblichen Beratung erarbeitet werden.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
87
Einzelbetriebliche Werte oder Tabellenwerte
Die Ergebnisse der Futteruntersuchungen zeigen immer wieder eine große Streuung der Einzelergebnisse bei z. T.
relativ geringen Schwankungen der Mittelwerte bzw. aktueller Tabellenwerte. Besonders groß sind die Varianzen
bei Grünlandprodukten, da hier die Inhaltsstoffe sehr stark vom Nutzungszeitpunkt, der botanischen
Zusammensetzung, der Düngung und den geogenen Verhältnissen abhängen. Am Beispiel der Protein- und
Rohfasergehalte von Grassilagen aus Schleswig-Holstein wird die erhebliche Varianz bei den Inhaltsstoffen
ersichtlich (Abb. 1).
Proben ( % )
60
50
40
Rohprotein
Rohfaser
30
20
10
0
<12
-15
-18
-20
>20
-22
-24
-26
>26
Gehalte (% i.d.T.)
Abbildung 1: Rohprotein- und Rohfasergehalte in Grassilagen (1. Schnitt) aus Schleswig-Holstein
Rationsberechnungen mit regionalen Mittelwerten sind daher sinnlos. Bei den in Nordwestdeutschland typischen
Einsatzmengen führen sie bei einer Vielzahl von Betrieben zu deutlichen Überversorgungen oder zu
Unterversorgungen mit entsprechenden Konsequenzen für Leistung, Gesundheit und Umwelt. Werden größere
Mengen von Futtermitteln mit stark schwankenden Inhaltsstoffen (Trockenmasse, Nährstoffe, Mineralstoffe)
eingesetzt, sind einzelbetrieblich Analysen unverzichtbar, um eine sichere, dem Bedarf angepasste Versorgung
der Tiere zu gewährleisten.
Bei zugekauftem Mischfutter muss sich der Landwirt auf die Deklaration verlassen können. Die gesetzlich
vorgeschriebenen Deklarationen sind jedoch nicht ausreichend, um die Rationen zu optimieren. Für eine sichere
Versorgung sind entweder die Deklarationspflichten zu erweitern oder Auskunftspflichten der
Mischfutterhersteller auch für weitere wert bestimmende Bestandteile einzuführen.
Gesamtversorgung beachten
Werden im Betrieb die Futtermischungen selbst erstellt oder wie im Bereich der Wiederkäuer und Pferde selbst
erzeugte Futtermittel mit Mineralfutter, Ergänzungsfutter sowie sonstigen Einzelfuttermitteln kombiniert, so kann
die Futtermittelsicherheit nur gewährleistet werden, wenn die Gesamtration beachtet wird. Unter- bzw.
Übergehalte, die bei Einzelkomponenten Probleme bereiten, können je nach Mischungsanteil in der Gesamtration
unproblematisch sein. Andererseits können Komponenten, die einzeln gesehen die gesetzlichen Anforderungen
erfüllen, in der Gesamtmischung problematisch werden. Dieses trifft insbesondere für Spurenelemente oder
Vitamine zu, die eine schmale Bandbreite zwischen Unter- und Überversorgung bzw. unerwünscht hohe Gehalte
in Lebensmitteln aufweisen.
88
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Untersuchungen Anfang der neunziger Jahre ergaben in weiten Bereichen Deutschlands zu geringe Selengehalte
im Grobfutter. Die Blutwerte von Selen waren vielfach im Mangelbereich – insbesondere bei Wiederkäuern auf
der Weide – und zahlreiche Störungen wie Nachgeburtsverhaltungen, lebensschwache Kälber u. a. m. wurden auf
akuten Selenmangel zurückgeführt. Durch die intensive Diskussion entstand der Eindruck, mit zusätzlichem Selen
„alle Probleme“ lösen zu können. Als Konsequenz wurden die Selengehalte im Mineralfutter deutlich erhöht, die
Selengehalte im Mischfutter bis zum Grenzwert ausgenutzt, Seleninjektionen über Tierärzte verabreicht, Selenboli
angeboten, organische Selenverbindungen eingeführt, Selendüngungsmaßnahmen propagiert und teilweise
Selenanreicherungen in den Erzeugnissen – insbesondere Milch – angestrebt. Selbst unter Beachtung der
gesetzlichen Grenzen bei jeder Einzelmaßnahme wurden durch unsachgemäße Kombinationen in der
Gesamtration teilweise unkontrolliert erhebliche Überversorgungen sowie höhere Gehalte in Lebensmitteln
erreicht, ohne jedoch die Problembereiche – Selenversorgung auf der Weide ohne Zufütterung und
Milchviehfütterung ohne bzw. mit geringen Milchleistungsfuttergaben – gezielt zu lösen.
Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass durch unterschiedliche Interessen und zu starke Vereinfachungen durchaus
Probleme entstehen können. Nur ein ganzheitlicher Ansatz mit der notwendigen differenzierten Betrachtung
ermöglicht eine hohe Futtermittelsicherheit für Tier und Mensch.
Freiwilliges Schadstoffmonitoring
Ein sehr gutes Beispiel für eine aktive Kontrolle der Futtermittelsicherheit ist das Schadstoffmonitoring der
Milcherzeugervereinigung (MEV). So führt die MEV in Schleswig-Holstein seit vielen Jahren unter
wissenschaftlicher Begleitung der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel, Standort Kiel
(Heeschen, Blüthgen) ein intensives Monitoring der Milch sowie der Mischfuttermittel durch, um die
Konzentration von unerwünschten Stoffen in der Milch deutlich unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte zu senken.
Untersucht werden u. a. persistente Chlorkohlenwasserstoffe, Aflatoxin, PCB, Dioxine, Schwermetalle und
Insektizide. Durch die Einbeziehung der Mischfutterhersteller, eine intensive Kommunikation im Vorfeld und
Aufklärung der Landwirte (Verzicht auf bestimmte Risikokomponenten) gelang es, die unerwünschten Stoffe auf
ein sehr niedriges Niveau zu senken und dort zu stabilisieren (Abb. 2). Das intensive Monitoring der
Einzelkomponenten mit entsprechender Kommunikation unter den Mischfutterherstellern ermöglicht eine sehr
frühe Erkennung und Ausschaltung problematischer Komponenten.
Proben (%)
100
90
80
70
2004 (n=6.031)
2005 (n=5.649)
60
50
40
30
20
Höchstwerte :
10 ng Babynahrung
50 ng Trinkmilch
10
0
< 3 ng
> 3 ng
- 10 ng
> 10 ng
Aflatoxingehalte je kg Milch
Abbildung 2: Aflatoxingehalte in der Tankwagensammelmilch von Schleswig-Holstein (Milcherzeugervereinigung Schleswig-Holstein, 2006, pers. Mitteilung)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
89
Die Einführung der freiwilligen Qualitätssicherungssysteme „Qualität & Sicherheit“ (QS), „Qualitätsmanagement
Milch“ (QM) u. a. war in der Praxis sehr erfolgreich. Die Qualitätssicherungssysteme haben das Bewusstsein der
Primärproduzenten für die Futtermittel-und Lebensmittelsicherheit deutlich verbessert. Das Monitoring
einschließlich der selbst erzeugten Futtermittel ermöglicht eine bessere Abschätzung des Gefährdungspotenzials.
Sicherheit der selbst erzeugten Futtermittel
Für die Praktiker sind die Nährstoffgehalte das entscheidende Qualitätskriterium für Grobfutter. Hinsichtlich der
Futtermittelsicherheit gibt es jedoch weitere Parameter: So finden sich beispielweise regelmäßig überhöhte
Sandgehalte in Grassilagen (Abb. 3), weil zu tief gemäht oder die Bearbeitungs- bzw. Ernteaggregate zu tief
eingestellt werden. In diesen Silagen finden sich häufig erhöhte Clostridiengehalte, die bei Übergang in die Milch
in einigen Regionen bereits zu Kürzungen des Milcherlöses führen. Clostridien können auch die Silagequalität
beeinträchtigen.
Durch die Häckseltechnik in Kombination mit Fräsmischwagen werden bei zu tief eingestellten
Bearbeitungsgeräten Steine aufgenommen und zerkleinert, die zu Verletzungen des Magen-Darm-Traktes führen
können.
Proben ( % )
60
50
40
2002
2006
30
20
10
0
<2
-4
-6
-8
>8
Sandgehalte (% i.d.T.)
Abbildung 3: Sandgehalte in Grassilagen (1. Schnitt) aus Schleswig-Holstein
Beton, der nicht säurefest ist bzw. nicht entsprechend versiegelt wurde, kann durch die Gärsäuren so angegriffen
werden, dass die Stahlbewehrung frei liegt und mit dem Fräsmischwagen Stahlteile abgefräst werden, die
Verletzungen verursachen.
Der richtige Siliermitteleinsatz gestaltet sich in den Betrieben häufig schwierig. Je nach Art des Futters und
Witterungssituation sind unterschiedliche Siliermittel erforderlich, die teilweise verschiedene
Applikationstechniken (flüssig, fest) verlangen. Häufig sind jedoch die Häcksler/Ladewagen nur mit einer
Technik ausgestattet. Aus Sicht der Futtermittelsicherheit wäre es für die Praxis sinnvoll, wenn die
unterschiedlichen Siliermitteltypen mit einer Technik dosiert werden könnten.
Mit der neuen Technik erfolgt teilweise eine zu starke Zerkleinerung und Vermusung der Mischrationen für
Rinder. Die Folgen der unzureichenden Strukturversorgung spiegeln sich dann in subklinischen Azidosen und
geringen Milchfettgehalten wider. Durch visuelle Beurteilung, Griffigkeit oder mit den verfeinerten Methoden der
Schüttelsiebtechnik verdeutlicht die Beratung dieses Problem in der Praxis.
90
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Mykotoxine sind sowohl im Grundfutter – insbesondere in Maissilagen – als auch im eigenen Getreide in
Abhängigkeit von Region, Witterungseinfluss, Bodenbearbeitung und Sorte nachweisbar. Während in der
Schweinefütterung die negativen Auswirkungen erhöhter Gehalte bei jedem Praktiker präsent sind, gibt es
insbesondere in der Wiederkäuerfütterung noch zahlreiche offene Fragen. Für Beratung und Landwirte sind
jedoch zuverlässige Aussagen erforderlich, um die tatsächliche Gefährdung einzuschätzen.
In Einzelfällen sind geogene Belastungen bekannt. Hier ist jedoch auch der Staat gefordert, um über ein
geeignetes Monitoring gefährdete Regionen zu ermitteln. Bei unvorhersehbaren Großereignissen, wie z. B.
großflächige Überschwemmung, sollten Behörden durch entsprechende zeitnahe Untersuchungen mögliche
Beeinträchtigungen sicher abschätzen.
Mikrobiologische Qualität von Futter
Die Untersuchungen des Vereins für Futtermitteltest (VFT) belegen die gute mikrobiologische Qualität des
Mischfutters (Abb. 4). Im Grundfutterbereich fehlen aber derzeit entsprechend abgesicherte
Untersuchungsmethoden, die eine sichere Beurteilung der Qualität erlauben. Ergebnisse der
Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zeigen mit üblichen Methoden jedoch erhebliche Qualitätsmängel
ebenfalls bei Heu und Stroh (Abb. 5). Untersuchungen der Thüringer sowie der Sächsischen Landesanstalt für
Landwirtschaft ergaben deutliche überhöhte Werte, insbesondere bei Heu, aber auch bei Silagen. Hier fehlt es an
zuverlässigen Aussagen, ob die „überhöhten“ Werte tatsächlich die Futtermittelsicherheit so beeinträchtigen, dass
negative Folgen für Tiere oder Menschen bestehen.
Proben ( % )
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Rinder (n=40)
Schweine(n=81)
Hennen(n=22)
gesamt
1
2
3
4
Qualitätsstufe
Abbildung 4: Mikrobiologische Qualität von Mischfutter (VFT-Mitteilungen 166/205)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
91
Proben ( % )
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
Heu
Stroh
1
2
3
Qualitätsstufe
Abbildung 5: Mikrobiologische Qualität von Stroh und Heu in der Pferdefütterung (Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen, Referat 32 Dr. Sommer, Münster 2001)
Futtermittellagerung
Die Futtermittellagerung ist in einigen Bereichen noch deutlich zu verbessern. Die z. T. geübte Praxis, Stroh oder
Heu ohne Witterungsschutz zu lagern, führt unter unseren Klimabedingungen zu erheblichen Beeinträchtigungen
der Randschichten, die dann nicht mehr als Futter oder Einstreu zu verwenden sind. Großer Wert wird auch auf
die ausreichende Verdichtung der Silagen, ggf. mit Unterstützung entsprechender Siliermittel, gelegt, um
Schimmelbildung in den Randschichten vorzubeugen. Trotz hoher Beratungsintensität liegen teilweise zu geringe
Entnahmemenge (geringer Vorschub) aufgrund nicht angepasster Silogeometrie vor. Erfreulicherweise sind die
Siloflächen zunehmend betoniert und ermöglichen damit eine saubere, schmutzfreie Entnahme auch bei
ungünstiger Witterung.
Bei den Kraftfutterlagern werden Silos leider von vielen Herstellern standardmäßig immer noch ohne
Revisionsöffnung ausgeliefert. Nur eine entsprechende Öffnung ermöglicht jedoch die Kontrolle und ggf.
Reinigung der Silos. Häufig werden die Landwirte erst sensibilisiert, wenn im eigenen Betrieb Probleme mit
Schimmelbildung im Lager aufgetreten sind. Offene Flachlager sind ein Anziehungspunkt für Schadnager und
Vögel mit entsprechender Gefährdung der Futtermittelsicherheit. Auch Hofhunde bzw. Katzen verunreinigen
nicht gesicherte Flachlager. Da außerdem die Entnahme mit Fräsmischwagen zu erheblichem Staub führt, werden
zunehmend geschlossene Silozellen für die Lagerung verwendet.
Bei der Konservierung von selbst erzeugtem Getreide, Raps, Erbsen, Bohnen etc. ist auf die schnelle und sichere
Konservierung mit entsprechender Kontrolle der Feuchtigkeit und Lagertemperatur zu achten. In
Milchviehbetrieben erfolgt zunehmend eine Feuchtgetreidekonservierung, die z. T. durch Fremdfirmen
durchgeführt wird. In der Praxis ist dabei insbesondere auf die Qualität der Ausgangsware (Mykotoxine,
Mutterkorn), eine ausreichende Dosierung und die gleichmäßige Einmischung zu achten, um eine sichere
Lagerstabilität zu erreichen. Bei unzureichender Behandlung wurde neben Verderb auch eine Aflatoxinbildung in
wenigen Einzelfällen nachgewiesen.
Eigene Futtermischungen
Wer Futtermischwagen verwendet oder Eigenmischungen für die Schweine- bzw. Geflügelfütterung herstellt,
muss für die Mischgenauigkeit sensibilisiert werden. Häufig wird beim Einsatz von Mikrokomponenten nicht
beachtet, dass die verfügbare Dosiertechnik für die erforderlichen Kleinstmengen nicht ausreicht.
92
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Bei allen Techniken sind die Reihenfolge der Befüllung sowie die Mischzeiten zu beachten. Bei Flüssigfütterung
einschließlich Vorratstränke mit Milchaustauschern sind die Mischbarkeiten zu berücksichtigen sowie ggf.
Entmischung durch geeignete Techniken (Rührwerk, Ringleitung o. Ä.) zu vermeiden. Es dürfte kaum gelingen,
1 - 2 kg einer Mikrokomponente gleichmäßig als letzte Komponente in einem Mischwagen mit 4 - 8 t Futter zu
verteilen! Entsprechende Probleme sind dann vorprogrammiert. Neben der Beratung sind hier auch die Hersteller
gefordert, die in Abhängigkeit von Mengen und Mischzeiten realistische Dosier- sowie Verteilgenauigkeiten
angeben sollten.
Arzneimitteleinsatz
Der Arzneimitteleinsatz über Tränke und Fütterung ist immer ein kritischer Punkt für die Futtermittelsicherheit.
Durch die verwendeten Techniken (Dosierung, Verteilung) ist zu gewährleisten, dass einerseits die
entsprechenden Tiergruppen gleichmäßig die erforderliche Dosierung erhalten und andererseits Verschleppungen
an andere Tiergruppen vermieden werden. Grundsätzlich sind für Fütterungsarzneimittel getrennte
Futtermittelsilos erforderlich. Erfolgen nur Teilbehandlungen, sind Spülchargen gute Möglichkeiten, um
Verschleppungen zu minimieren. Neuerdings bieten Hersteller von Fütterungseinrichtungen auch Techniken zur
Verminderung der Verschleppungen (Konstruktion der Leitungen, Besenaufsätze u. a. m.) an. Bei Dosierung über
das Wasser ist neben der ausreichenden Mischbarkeit auch auf eine sichere konstruktive Trennung von
behandeltem und unbehandeltem Wasser zu achten und möglichst eine Ringleitung mit entsprechender
Umwälzung zu verwenden.
Werden Medikamente selbst ins Futter eingemischt, ist zusätzlich eine sichere Dosierung mit ausreichender
Genauigkeit zu gewährleisten. Gerade für den sicheren Medikamenteneinsatz sind weitere Lösungen für die
Praxis zu entwickeln.
Wasserqualität
In Deutschland gibt es derzeit keine allgemein verbindlichen Werte zur Tränkwasserqualität, regionale Richtwerte
unterscheiden sich z. T. beträchtlich. Sicherlich sind unterschiedliche Qualitätsanforderungen je nach
Verwendungszweck (Tierart, Altersgruppe) erforderlich. Die Werte nach der Trinkwasserqualität sollten jedoch
grundsätzlich nicht gefordert werden, da nachweislich im Außenbereich (Weide) Tiere problemlos auch andere
Wasserqualitäten vertragen. (Abb. 6)
Proben ( % )
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
KBE
E.Coli
Coliforme
Eisen
unbedenklich
bedenklich
ungeeignet
Bewertung
Abbildung 6: Mikrobiologische Qualität von Tränkwasser in Schweinemastbetrieben (Landwirtschaftskammer
Nordrhein-Westfalen, 2004)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
93
Abstriche in der Futtermittelsicherheit sind in einigen Regionen durch hohe Eisen- und/oder Mangangehalte
bedingt. Hier haben sich entsprechende Aufbereitungsanlagen bewährt. In Einzelfällen kann auch bei hofeigener
Versorgung die mikrobiologische Qualität der Wasserquelle beeinträchtigt sein. Häufig wird die
Wasserversorgung durch zu geringe Leitungsquerschnitte oder Rohre mit Eisen-/Kalkablagerungen beeinträchtigt.
Zunehmend erkannt wird insbesondere im Schweine- und Geflügelbereich die Biofilmbildung, die z. T. auch
durch den Einsatz von Tränkwassermedikation gefördert wird. Die nachteiligen Folgen müssen durch eine
entsprechende Behandlung vermieden werden. Die z. T. neuen Aspekte der Wasserversorgung werden von
Industrie und Beratung aufgegriffen, um die Praxis für diese Bereiche zu sensibilisieren.
Fazit
Futtermittelsicherheit ist mehr als Futtermittelhygiene. Die Implementierung in der Praxis gelingt nur
ausreichender Sensibilisierung der Tierhalter. In Beratung und Praxis muss neben dem „Nährstoffdenken“
letzten Jahre verstärkt das „ganzheitliche“ Denken mit Kenntnissen über die Besonderheiten
Einzelkomponenten sowie die Qualität gefördert werden. Aufgabe der Beratung ist es auch, das Bewusstsein
Landwirts als Lebensmittelerzeuger in der Gesamtkette zu verstärken.
bei
der
der
des
Durch freiwillige Systeme der Wirtschaft (z. B. QS, QM) ist das Bewusstsein der Landwirte für die Lebens- und
Futtermittelsicherheit bereits erfolgreich gestärkt worden. Beratung und Berufsstand sollten die Möglichkeit zur
Erstellung von „Leitlinien“ zusätzlich nutzen, um weitere Verbesserung der Futtermittelsicherheit in der
Primärproduktion zu erreichen.
94
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
IV. Futtermittelüberwachung
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
95
Organisation und Durchführung der Futtermittelüberwachung in der Bundesrepublik
Deutschland
Wolfram Meng
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Bonn
Vorbemerkungen
Wer nach Meilensteinen für die Futtermittelsicherheit sucht, kommt am Datum 1. November 2002 nicht vorbei.
An diesem Tag nahm das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) seine Arbeit auf.
Das BVL ist eine selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV).
Die Leitung des BVL wird ab Mai 2007 ihren Sitz in Braunschweig haben, weitere Dienststellen befinden sich
derzeit noch in Berlin und Bonn. Der Dienstsitz Bonn wird zum 30.04.2007 aufgelöst und die heute noch in Bonn
tätigen Arbeitsbereiche werden nach Braunschweig und Berlin verlagert. Das betrifft auch das Referat Futtermittel
des BVL, welches seinen Dienstsitz nach Berlin verlegen wird.
Auf dem Sektor Futtermittel ist das BVL zuständig für das Risikomanagement und die Risikokommunikation und
nimmt in diesem Zusammenhang schwerpunktmäßig folgende Aufgaben wahr:
- Mitwirkung bei der Vorbereitung europäischer und nationaler Rechtssetzungsvorhaben auf dem
Futtermittelsektor
- Mitwirkung bei der Koordinierung der Futtermittelkontrolle der Länder
- Mitwirkung bei der europaweiten Zulassung von Futtermitteln (Zusatzstoffe, Bioproteine, Diätfuttermittel)
- Zulassung von Pflanzenschutzmitteln
- Zulassung von Tierarzneimitteln
- Zulassung von GVO (Feldversuche))
- Nationale Kontaktstelle für das “Europäische Rapid Alert System for Food and Feed” (RASFF)
- Kontaktstelle für das “Food and Veterinary Office” (FVO) in Dublin
- Europäisches und Nationales Referenzlabor für Rückstände von Tierarzneimitteln und für Schadstoffe in
Lebensmitteln tierischen Ursprungs, für Schwermetalle in Futtermitteln und Lebensmitteln, für polycyclische
aromatische Kohlenwasserstoffe sowie für PSM-Rückstände.
Zielstellung der amtlichen Futtermittelkontrolle
Die Ziele der amtlichen Futtermittelüberwachung orientieren sich an den Schutzzielen des Lebensmittel- und
Futtermittelgesetzbuches (LFGB). Das heißt, sie dient dem Zweck der Sicherstellung der Unbedenklichkeit der
vom Tier gewonnenen Lebensmittel für die menschliche Gesundheit, dem Schutz der Tiergesundheit, der
Verhinderung der Gefährdung des Naturhaushaltes sowie der Erhaltung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit
der Tiere.
Überwacht wird die Einhaltung rechtlicher Vorschriften über unerwünschte Stoffe, unzulässige Stoffe, verbotene
Stoffe, Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln, Futtermittel-Zusatzstoffe, Vormischungen und
Futtermittel, die Bezeichnung und Kennzeichnung von Futtermitteln, Vormischungen und FuttermittelZusatzstoffen, die Verbote zum Schutz vor Täuschung und die Werbung.
Die originäre Zuständigkeit für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des LFGB und damit auch die
Durchführung der amtlichen Futtermittelkontrolle liegt gemäß §§ 38 und 39 LFGB bei den Ländern.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderalistischer Staat mit 16 Bundesländern mit jeweils eigenen
Regierungen und Parlamenten, mit eigenen Verfassungen, mit sehr unterschiedlicher Größe (von 404 – 70.000
Quadratkilometern), mit sehr unterschiedlicher Struktur der Landwirtschaft und der Futtermittelwirtschaft und
nicht zuletzt mit unterschiedlichen finanziellen und personellen Ressourcen.
Das BMELV ist die ist oberste Bundesbehörde und hauptsächlich verantwortlich für die Ausarbeitung von
Rechtsvorschriften auf Bundesebene und für die Koordination der Umsetzung mit Unterstützung des BVL.
Innerhalb des BMELV ist das Referat 318 zuständig für Futtermittelkontrollen, innerhalb des BVL das Referat
102.
Zu den Aufgaben des BVL im Rahmen der Futtermittelüberwachung zählen insbesondere die Koordination, die
Erarbeitung von Leitlinien und die Beratung der Länder in der Durchführung der Kontrollprogramme. Andere
Einrichtungen mit Zuständigkeiten in diesem Bereich sind das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR),
verantwortlich sowohl für die Bewertung von Risiken für die öffentliche Gesundheit im Bereich Futtermittel als
96
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
auch für die Risikokommunikation, und das Institut für Tierernährung (ITE) der Bundesforschungsanstalt für
Landwirtschaft (FAL).
Die Länder verfügen in der Regel über einen dreistufigen Behördenaufbau, bestehend aus den obersten
Landesbehörden, den Mittelbehörden auf Ebene der Regierungsbezirke und den unteren Verwaltungsbehörden auf
(Land)Kreisebene. Für die Durchführung der Kontrollen sind in den Ländern entweder Mittelbehörden oder
untere Verwaltungsbehörden zuständig.
Die Landesbehörden sind darüber hinaus für die Zulassung und Registrierung von Futtermittelunternehmen
zuständig. Sie führen Verzeichnisse aller zugelassenen und registrierten Betriebe und zwischengeschalteten
Personen im Futtermittelsektor und halten diese Verzeichnisse auf dem neuesten Stand.
Die zuständigen Landesbehörden benennen Laboratorien, die die Analysen von amtlichen Futtermittelproben
durchführen. Zu ihnen zählen sowohl private als auch staatliche Laboratorien.
Bei der Überwachung der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr von Futtermitteln wirken das Bundesministerium der
Finanzen und die von ihm bestimmten Zollstellen an den Eingangsstellen mit.
In den Ländern ist die Zuständigkeit der Futtermittelüberwachungsbehörden für Warenkontrollen an den
Eingangsstellen auf verschieden Ebenen angesiedelt.
Zur Sicherstellung eines einheitlichen Kontrollansatzes in den Ländern gibt es seit dem Jahr 2001 ein
koordiniertes „Nationales Kontrollprogramm Futtermittelsicherheit“, welches jährlich von den Ländern, dem
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und dem Bundesinstitut für Risikobewertung gemeinsam
ausgearbeitet und von der Agrarministerkonferenz des Bundes und der Länder bestätigt wird.
Die Überwachung ist in drei Komplexe aufgegliedert:
a) Betriebsprüfungen (Kontrollen mit dem Schwerpunkt der Dokumentenkontrolle und der Sauberkeit und
Hygiene am Tag der Kontrolle),
b) Buchprüfungen (Dokumentenkontrolle über einen festgelegten Zeitraum vor der Prüfung) und
c) Risiko- bzw. verdachtsorientierte Probenahmen und Analyse der Proben (Überwachung) sowie
zufallsorientierte Probenahmen und Analyse der Proben (Statuserhebungen).
Ab dem Jahr 2007 ist auf der Grundlage der Verordnung(EG) Nr.882/2004 ein fünfjähriges integriertes nationales
Kontrollprogramm für die gesamte Lebensmittelkette vorgesehen. Dazu haben sich die Länder und der Bund auf
die Erarbeitung eines „Rahmenplanes der Kontrollaktivitäten auf dem Futtermittelsektor“ verständigt und für
diesen Rahmenplan folgende 11 Eckpunkte vereinbart:
1.
Planmäßige Kontrollen
• In Abhängigkeit von der Betriebsgröße und Betriebsart sowie von verarbeiteten, produzierten und
verfütterten Futtermitteln soll jedes Futtermittelunternehmen regelmäßig kontrolliert werden.
Kontrollinhalt und Kontrollabstände werden auf der Grundlage von Risikoanalysen und der
Vorgaben des Rahmenplanes durch die Länder festgelegt.
(Kontrollen = Betriebsprüfungen, Buchprüfungen oder Probenahmen)
2.
Kontrollen bei Verdacht der Vorschriftswidrigkeit
• Rückverfolgungsuntersuchungen auf der Grundlage eigener Kontrollergebnisse zur Herkunft und zur
Auslieferung von Futtermitteln, bis zur Verfütterung.
• Verfolgsuntersuchungen im Ergebnis von Meldungen aus dem Europäischen Schnellwarnsystem
(RASFF)
• Verbraucherbeschwerden
3.
Probenahmen und Analysen nach den Vorgaben von Empfehlungen der Kommission zur
Durchführung von Statuserhebungen
4.
Angemessenes Verhältnis zum angestrebten Ziel
Schwerpunkte der Kontrollen liegen bei der Untersuchung des Gehaltes an unerwünschten, nicht
zugelassenen und verbotenen Stoffen sowie an Futtermittel-Zusatzstoffen und nicht bei Inhaltsstoffen.
5. Berücksichtigung von Risiken und von gesammelten Erfahrungen
• Aflatoxin im Milchviehmischfutter
• Fluor in Alleinfuttermitteln für Fische
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
•
•
•
•
•
•
•
•
•
6.
97
Dioxin in getrockneten Einzelfuttermitteln, Fischprodukten, Bindemitteln und Fließhilfsstoffen
sowie in Spurenelementverbindungen
Zink und Kupfer in Kälber- und Schweinemischfuttermitteln
Rohasche in Mischfuttermitteln
Mineralstoffe in Mischfuttermitteln
Selen in Schweine- und Rinderfuttermitteln
Mykotoxine in Getreide und Ölsaaten sowie in Einzelfuttermitteln mit langer Lagerzeit oder großen
Transportstrecken im Seeverkehr
Schwermetalle in Grün- und Raufutter unter besonderer Berücksichtigung von Belastungsgebieten
sowie in Spurenelementverbindungen
Chlorierte Kohlenwasserstoffe in Einzelfuttermitteln
Einhaltung des Verschneidungsverbotes für unerwünschte Stoffe
Erfassung aller Stufen von der Futtermittelherstellung bis zur Verwendung
• Herstellerbetriebe von Mischfuttermitteln für Nutztiere
• Herstellerbetriebe von Mischfuttermitteln für Heimtiere
• Herstellerbetriebe von Futtermittel-Zusatzstoffen
• Herstellerbetriebe von Vormischungen
• Herstellerbetriebe von Einzelfuttermitteln
• Trocknungsanlagen
• Landwirte (Erzeugung und Inverkehrbringen von Futtermitteln, Tätigkeiten nach Artikel 5 Absätze 1
und 2 der Verordnung (EG) Nr. 183/2005 und Fütterung)
• Handelsbetriebe, Lagerhalter und Transporteure
• Betriebe nach der Verordnung (EG) Nr. 1292/2005
• Grenzeingangsstellen
• Dekontaminationsanlagen
7. Auswahl der am besten geeigneten Stufe (Flaschenhalsprinzip)
Orientierung für das Verhältnis der insgesamt zu kontrollierenden Unternehmen:
• Hersteller 50-60 %
• Händler (incl. Lagerhalter und Transporteure) 15-25 %
• Landwirte 25-35 %
8. Kontrollen auf unzulässige Verwendungszwecke
•
Einhaltung der VO (EG) Nr. 999/200
•
illegaler Einsatz oder Verschleppungen von Tierarzneimitteln und von „kritischen FuttermittelZusatzstoffen“ wie Kokzidiostatika, Histomonostatika oder Wachstumsförderern
•
Abweichungen von zugelassenen Verwendungszwecken von Futtermittel-Zusatzstoffen
9.
Kontrollen auf unerwünschte Stoffe mit den Schwerpunkten:
Schwermetalle (Blei, Quecksilber, Arsen, Cadmium)
Chlorierte Kohlenwasserstoffe
Mykotoxine (Aflatoxin B1, OTA, ZEA, DON, Fumonisine) und
Dioxine / Furane / PCB (PCDD, PCDF, PCB)
•
•
•
•
10. Im Plan der Kontrollaktivitäten sind folgende Maßnahmen enthalten:
•
Betriebsprüfungen
•
Buchprüfungen
•
Risikoorientierte Plan-Probenahmen und Analysen im Rahmen der amtlichen Überwachung
•
Probenahmen und Analysen bei Verdacht auf Vorschriftswidrigkeiten
•
Durchführung der Empfehlungen der Kommission für koordinierte Kontrollpläne im Bereich
Futtermittel (Artikel 53 der VO(EG) Nr. 882/2004)
•
Durchführung von Statuserhebungen für bestimmte Parameter zur Vorbereitung neuer gesetzlicher
Regelungen
98
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
11. Soll-Anzahl an Einzelbestimmungen (ohne Schädlingsbekämpfungsmittel)
Einzelbestimmungen
%
Inhaltsstoffe
(ohne Wasser)
23.640
23,3
Energie
2.500
2,5
Futtermittel-Zusatzstoffe
22.025
21,8
Unerwünschte Stoffe
28.365
28,1
Unzulässige Stoffe
10.990
10,9
8100
8
2.500
2,5
3.000
2,9
101.120
100
Verbotene Stoffe
Zusammensetzung von
Mischfuttermitteln
Mikrobiologische
Untersuchungen
Gesamt
Zur Harmonisierung der amtlichen Futtermittelkontrollen in den einzelnen Ländern wird die Aufteilung der von
den Ländern durchzuführenden Einzelbestimmungen in Anlehnung an das Futteraufkommen, die
Futtermittelherstellung und den Futtermittelverbrauch berechnet. Jedes Land hält mind. 10 % der personellen und
finanziellen Ressourcen für unvorhergesehene Ereignisse und landesspezifische Schwerpunkte vor.
Ergebnisse der amtlichen Futtermittelkontrollen im Jahr 2005
Im Jahr 2005 wurden von den Kontrollbehörden der Länder in insgesamt 13.213 Futtermittelbetrieben (Tab. 1)
14.890 Betriebsprüfungen (Tab. 2) und 2.618 Buchprüfungen (Tab. 3) durchgeführt. Dabei wurden 19.847
Futtermittelproben gezogen und 135.064 Einzelbestimmungen auf verschiedene Parameter durchgeführt. Darüber
hinaus wurden noch 36.792 Einzelbestimmungen auf Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmittel
durchgeführt.
Tabelle 1: Anzahl der durch die Überwachung erfassten Orte der Kontrolle
2003
Hersteller
Vertriebsunternehmer
Tierhalter
Eingangsstellen
Sonstige
Gesamtzahl der kontrollierten
Betriebe
4.629
8.557
21
195
13.402
2004
1.286
3.198
7.982
16
330
12.812
2005
1.613
3.662
7.550
9
379
13.213
5.275 Hersteller und Händler wurden von der Futtermittelüberwachung kontrolliert. Das sind 791 (17,6 v. H.)
mehr als im Vorjahr. Die Anzahl der durch die Futtermittelüberwachung kontrollierten Tierhalter betrug 7.550.
Mit einem Anteil von 57,1 v. H. an den insgesamt durchgeführten Kontrollen wurden damit mehr als die Hälfte
der Kontrollen bei Tierhaltern durchgeführt.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
99
Tabelle 2: Anzahl der Betriebsprüfungen
übrige
Hersteller/Händlerbetriebe
(Mischfuttermittel,
Vormischungen,
Futtermittel-Zusatzstoffe)
einschl. Vertreter von
Drittlandsherstellern
6.321
7.318
6.041
Herstellerbetriebe
von
Einzelfuttermitteln
644
667
756
2003
2004
2005
Tierhalter
Sonstige
(Spediteur,
Tierarzt,
Lagerbetrieb)
Summe
9.584
7.825
7.677
265
568
416
16.814
16.378
14.890
Tabelle 3: Anzahl der Buchprüfungen
2003
3.061
2004
2.599
2005
2.618
Im Jahr 2005 waren 869 Futtermittelbetriebe nach § 28 der Futtermittelverordnung (FMV) anerkannt und 960
Futtermittelbetriebe waren nach § 30 FMV registriert (Tab.4 und Tab. 5).
Tabelle 4: Anzahl der anerkannten Betriebe (§ 28 FMV)
Herstellerbetriebe
2003
2004
2005
FuttermittelZusatzstoffe
Vormischungen
Zulassungsbedürftige
Einzelfuttermittel
32
27
28
157
138
142
4
15
12
Handelsbetriebe
Mischfuttermittel
nicht
gewerblich
gewerblich
376
409
391
12
9
11
Mischfuttermittel unter Verwendung von
Einzelfuttermitteln mit
über-höhten
Gehalten an
unerwünschten
Stoffen
308
-
gesamt
davon
Vertreter
von
Drittlandsherstellern
252
294
285
65
54
58
Tabelle 5: Anzahl der registrierten Betriebe (§ 30 FMV)
Herstellerbetriebe
FuttermittelZusatzstoffe
2003
2004
2005
21
22
29
Vormischungen
145
122
124
Trocknungsbetriebe
42
47
Handelsbetriebe
Mischfuttermittel
gewerblich
nicht
gewerblich
457
473
491
14
10
28
insgesamt
davon
Vertreter
von
Drittlandsherstellern
210
231
241
52
49
58
100
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Anzahl der Probenahmen und der durchgeführten Einzelbestimmungen
Im Vergleich zum Vorjahr wurden in 2005 geringfügig weniger Probenahmen durchgeführt. Dieser Rückgang der
Anzahl der Probeentnahmen um 11,5 v. H. auf 19.847 Probeentnahmen darf nicht als Ausdruck für nachlassende
Kontrolltätigkeit angesehen werden, sondern ist Ergebnis der den Kontrollen vorausgegangenen Risikoanalysen.
Die Auswahl und Festlegung der Probenahmen erfolgt in den verschiedenen Stufen der Futtermittelkette nach
einem offenen Kontrollansatz unter Berücksichtigung des so genannten „Flaschenhalsprinzipes“ und unter
Berücksichtigung der eingesetzten Erzeugnisse und der produzierten, transportierten, gelagerten und verfütterten
Futtermittel sowie der in den vergangenen Jahren festgestellten Auffälligkeiten. Die Beanstandungsquote bei den
untersuchten Proben ist im Vergleich zum Vorjahr um 0,8 Prozentpunkte auf 16,2 v. H. gestiegen. (Tab. 6 und
Tab. 7). Die relativ hohe Zahl der insgesamt beanstandeten Proben ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass
an einer Probe in der Regel mehrere Einzelbestimmungen auf verschiedene Parameter durchgeführt werden
(durchschnittlich 6,8 Einzelbestimmungen pro Probe im Jahr 2005).
Tabelle 6: Anzahl der untersuchten Proben differenziert nach Betriebskategorien
bei Herstellern oder Händlern
bei Tierhaltern
Eingangsstellen
Sonstige
gesamt
2003
16.459
7.373
589
309
24.730
2004
13.686
7.813
158
759
22.416
2005
12.304
6.925
303
3015
19.847
Tabelle 7: Anzahl der untersuchten Proben und der beanstandeten Proben nach Futtermittelarten
Anzahl der Proben
Einzelfuttermittel
Mischfuttermittel
für Geflügel
für Schweine
für Kälber
für Rinder
andere Nutztiere
Hunde, Katzen
andere Heimtiere
andere Tiere
Mischfuttermittel insgesamt
davon Mineralfuttermittel
Vormischungen
Futtermittel-Zusatzstoffe und
deren Zubereitungen
gesamt
2003
6.777
2004
7.092
2005
6.212
3.671
4.497
1.506
4.729
2.012
471
195
34
17.115
1.565
533
3.175
3.835
2.634
3.561
4.759
5.117
2.415
1.322
511
408
37
14.732
1.220
433
305
159
24
13.066
1.342
420
149
24.730
22.416
19.847
Beanstandungen
in v. H.
2003
2004
2005
7,0
5,5
6,1
24,1
21,0
20,0
16,8
28,2
25,1
21,5
17,6
21,4
34,7
34,7
22,6
19,5
21,5
22,2
17,5
17,8
21,1
24,2
24,3
25,5
5,4
19,9
31,3
31,4
16,7
20,6
35,2
33,3
4,6
1,9
2,7
17,5
15,4
16,2
Insgesamt wurden in 2005 135.064 Einzelbestimmungen durchgeführt. Die Beanstandungsquote bei den
Einzelbestimmungen ist mit 2,9 v. H. genauso hoch wie im Jahr 2004. (Tab. 8)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
101
Tabelle 8: Anzahl der Einzelbestimmungen5,6
Anzahl der Einzelbestimmungen
Inhaltsstoffe (außer Wasser)1
Wasser
Energie
Futtermittel-Zusatzstoffe
Unzulässige Stoffe
davon verbotene Stoffe nach Artikel 7
der Verordnung (EG) Nr. 999/2001
und nach § 18 Abs. 1 des LFGB
Unerwünschte Stoffe
davon:
unerwünschte Stoffe mit festgesetzten
Höchstgehalt
unerwünschte Stoffe ohne
festgesetzten Höchstgehalt
Verbotene Stoffe
(Anlage 6 FMV)
Kontrolle der Zusammensetzung von
Futtermitteln
Untersuchungen auf mikrobiellen
Verderb
sonstige Futtermittelkontrollen
gesamt
Beanstandungen
in v. H.
2003
2004
2005
6,1
5,4
5,8
0,2
0,4
0,5
6,7
7,3
7,2
11,12
13,63
13,74
1,4
0,9
0,7
0,5
1,0
0,9
2003
34.288
14.307
2.387
20.895
20.854
9.224
2004
23.837
11.537
1.777
13.533
35.890
6.739
2005
20.616
13.267
1.587
13.858
34.521
6.453
47.960
46.420
43.211
0,6
0,3
0,2
37.936
37.032
31.205
0,6
0,3
0,3
10.024
9.388
12.006
0,3
0,3
0,1
972
3.335
2.728
3,4
0,2
0,2
1.595
1.369
996
6,3
5,8
4,9
2.932
3.072
2.818
7,1
5,9
5,4
914
147.104
1.419
142.189
1.462
135.064
5,8
3,8
1,7
2,9
3,1
2,9
1
in der vorliegenden Statistik noch einschließlich der Bestimmungen auf die Zusatzstoffe Aminosäuren und ihre
Salze (1557 Bestimmungen, 169 Beanstandungen), sowie Harnstoff und seine Derivate (36 Bestimmungen, 1
Beanstandung)
2
davon 4,4 v. H. wegen Überschreitung des angegebenen Gehaltes und 1,9 v. H. wegen Überschreitung des
zulässigen Höchstgehaltes
3
davon 1,9 v. H. wegen Überschreitung des zulässigen Höchstgehaltes
4
davon 1,9 v. H. wegen Überschreitung des zulässigen Höchstgehaltes
5
ohne Einzelbestimmungen auf Rückstände an Schädlingsbekämpfungsmitteln gemäß Anlage 5a FMV und ohne
Untersuchungen auf Salmonellen
6
Mit der Verordnung 1831/2003/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Zusatzstoffe zur
Verwendung in der Tierernährung vom 22. September 2003 wurden Aminosäuren, deren Salze und Analoge,
sowie Harnstoff und seine Derivate ab 18. Oktober 2004 als eigene Kategorien von Futtermittelzusatzstoffen
aufgenommen und somit aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 82/471/EWG des Rates vom 30. Juni 1982
über bestimmte Erzeugnisse in der Tierernährung übernommen. Da die Richtlinie 79/373/EWG über den
Verkehr mit Mischfuttermitteln noch die Kennzeichnung der Aminosäuren als analytische Bestandteile
(Inhaltsstoffe) vorschreibt, ist dies in der vorliegenden Statistik für 2005 noch nicht in den jeweiligen Tabellen
berücksichtigt.
Anzahl der Einzelbestimmungen auf Inhaltsstoffe und Energie
Mit Einführung des Koordinierten Kontrollprogramms im Jahre 2001 war es erklärtes Ziel, den
überproportionalen Anteil der Untersuchungen auf Inhaltsstoffe und Energiebestimmungen deutlich abzusenken
und dafür den Anteil der Untersuchungen auf unerwünschte, unzulässige und verbotene Stoffe zu erhöhen. Dem
wurde insofern Rechnung getragen, dass die Anzahl der Bestimmungen auf Inhaltsstoffe von 34.288 im Jahr 2003
auf 20.616 im Jahr 2005 deutlich um ca. 40 v. H. reduziert wurde. Die Beanstandungsquote bei Inhaltsstoffen ist
im Jahr 2005 im Vergleich zum Jahr 2003 um 0,3 Prozentpunkte gesunken und beträgt nunmehr 5,8 v. H.
Im Jahr 2005 wurden 1.587 Energiebestimmungen durchgeführt und damit 33,6 v. H. weniger als im Jahr 2003.
Die Beanstandungsquote für den Energiegehalt liegt mit 7,2 v. H. im Jahr 2005 etwa gleich hoch wie die des
Vorjahres.
102
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Anzahl der Einzelbestimmungen auf Futtermittel-Zusatzstoffe
Futtermittel-Zusatzstoffe sind Stoffe, die Futtermitteln zugesetzt werden, um bestimmte Wirkungen im
Futtermittel oder im Tier zu erzielen. Der Dosierungsbereich für verschiedene Futtermittel-Zusatzstoffe ist durch
Mindest- und Höchstgehalte eingegrenzt. Die Beanstandungsquote bei Futtermittel-Zusatzstoffen insgesamt (Tab.
9) ist mit 13,7 v. H. etwa gleich hoch wie im Vorjahr (13,6 v. H.). Die Mehrzahl der Beanstandungen musste
wegen Unter- bzw. Übergehalten an Futtermittel-Zusatzstoffen in Vormischungen (134 Beanstandungen, davon 6
Überschreitungen) und in Mischfuttermitteln (1.764 Beanstandungen, davon 255 Überschreitungen des
festgesetzten Höchstgehaltes) ausgesprochen werden. Als ein Schwerpunkt bei den Überschreitungen der
Höchstgehalte kristallisieren sich hierbei Übergehalte an Spurenelementen (168 Überschreitungen) in
Mischfuttermitteln heraus.
Die Beanstandungsquote aufgrund von Überschreitungen des zulässigen Höchstgehaltes in Futtermitteln
insgesamt ist mit 1,9 v. H. gleich hoch wie in den Jahren 2003 und 2004.
Tabelle 9: Qualitätskontrolle bei Futtermittel-Zusatzstoffen und auf Gehalt an Futtermittel-Zusatzstoffen in
Vormischungen und Mischfuttermitteln und in der Tagesration
Anzahl der Bestimmungen
Vitamine
Spurenelemente
Leistungsförderer
Kokzidiostatika,
Histomonostatika
andere Futtermittel-Zusatzstoffe, für die
Höchstgehalte festgesetzt sind
Sonstige
gesamt
Beanstandungen
in v. H.
2003
2004
2005
12,8
13,9
13,6
2003
7.269
2004
5.193
2005
4.632
10.085
794
1.028
6.371
325
617
7.071
323
519
9,7
10,6
12,5
12,7
14,5
20,9
12,7
20,7
21,0
1.633
957
1.118
11,3
14,1
12,2
86
20.895
67
13.535
195
13.858
4,7
11,1
7,5
13,6
29,7
13,7
Anzahl der Einzelbestimmungen auf unzulässige Stoffe
Die Kategorie „unzulässige Stoffe“ schließt die Untersuchungen auf verbotene Stoffe nach Artikel 7 der
Verordnung (EG) Nr. 999/2001 oder § 18 Abs. 1 des LFGB mit ein. (Tab. 10)
Tabelle 10: Anzahl der Untersuchungen auf unzulässige Stoffe
Anzahl der Bestimmungen
unzulässige Stoffe
davon: verbotene Stoffe nach Artikel 7 der
Verordnung (EG) Nr. 999/2001 oder § 18 Abs.
1 des LFGB
sonstige unzulässige
Stoffe7
7
Beanstandungen
in v. H.
2003
2004
2005
1,4
0,9
0,7
2003
20.854
2004
35.890
2005
34.521
9.224
6.739
6.453
0,5
1,0
0,9
11.630
29.151
28.068
2,1
0,9
0,7
unzulässiges Vorhandensein nicht mehr zugelassener oder für die jeweilige Tierart nicht zugelassener
Zusatzstoffe, sonstiger nicht zugelassener Stoffe (Verschleppung, illegaler Einsatz von Arzneimitteln),
Überprüfung der Einhaltung vorgeschriebener Wartezeiten
Insgesamt konnte bei den unzulässigen Stoffen erneut ein Rückgang der Beanstandungsquote von 0,9 auf 0,7 v. H.
verzeichnet werden.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
103
Die in den Empfehlungen der Europäischen Kommission für das Koordinierte Kontrollprogramm der
Gemeinschaft vom 2. März 2005 geforderte Anzahl von mindestens 20 Untersuchungen auf verarbeitete tierische
Proteine und Fette wurde deutlich überschritten. Damit wurde der besonderen Relevanz dieser Untersuchungen in
Bezug auf die Futtermittelsicherheit (BSE) Rechnung getragen. Die Beanstandungsquote konnte im Vergleich
zum Vorjahr um 0,1 Prozentpunkte auf 0,9 v. H. reduziert werden. Die in 2004 und 2005 gegenüber 2003 leicht
erhöhten Beanstandungsquoten sind im Wesentlichen auf mit Tiermehl/Knochensplittern kontaminierte
Zuckerrübenschnitzel zurückzuführen.
Unter „sonstige unzulässige Stoffe“ sind
nicht mehr zugelassene oder für die jeweilige Tierart nicht zugelassene Zusatzstoffe,
sonstige nicht zugelassene Stoffe (Verschleppungen oder illegaler Einsatz von Arzneimitteln) sowie
die Nichteinhaltung vorgeschriebener Wartezeiten
•
•
•
zu verstehen. Diese Kontrollen waren ebenfalls Bestandteil der Empfehlung der Europäischen Kommission für
das Koordinierte Kontrollprogramm der Gemeinschaft. Insgesamt wurden 28.068 Bestimmungen auf sonstige
unzulässige Stoffe durchgeführt. Wie bereits im Vorjahr wurde die Beanstandungsquote erneut verringert und lag
mit 0,7 v. H. im Jahr 2005 um 0,2 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr.
Anzahl der Einzelbestimmungen auf unerwünschte Stoffe (einschließlich Schädlingsbekämpfungsmittel)
Die Gesamtzahl der Vorgabe aus dem Nationalen Kontrollprogramm 2005 von 27.832 durchzuführenden
Einzelbestimmungen auf unerwünschte Stoffe wurde mit 43.211 Einzelbestimmungen erneut deutlich
überschritten (Tab. 11).
Tabelle 11: Unerwünschte Stoffe (ohne Schädlingsbekämpfungsmittel nach Anlage 5a FMV)
Anzahl der Bestimmungen
Beanstandungen
in v. H.
2003
2004
2005
0,6
0,3
0,3
2003
37.936
2004
37.032
2005
31.205
2.058
2.197
1.939
0,3
0,2
0,2
chlorierte Kohlen-wasserstoffe
21.661
19.803
14.316
0,06
0,2
0,1
9
10.124
12.041
11.842
0,5
0,2
0,3
Dioxine
2.584
1.734
1.490
4,7
1,6
0,7
unerwünschte Stoffe ohne festgesetzten
Höchstgehalt
10.024
9.388
12.006
0,3
0,3
0,1
PCB
2.254
2.536
4.135
0,2
0,5
0,0
Mykotoxine (außer Aflatoxin B1)
5.084
5.650
5.647
0,5
0,1
0,0
unerwünschte Stoffe mit festgesetztem
Höchstgehalt
darunter:
Aflatoxin B1
8
Schwermetalle
darunter:
gesamt
47.960
46.420
43.211
0,6
0,3
0,2
Chlordan, DDT, Dieldrin, Endosulfan, Endrin, Heptachlor, Hexachlorbenzol, α- und β-HCH, Gamma-HCH
(Lindan)
9
Blei, Quecksilber, Arsen, Cadmium
8
Hierbei ist die Anzahl der Einzelbestimmungen auf Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln aus Gründen
der besseren Vergleichbarkeit zu den Vorjahren nicht einbezogen. Diese sind in der Tabelle 12 gesondert
ausgewiesen.
Bei den unerwünschten Stoffen mit festgesetztem Höchstgehalt ist die Beanstandungsquote mit 0,3 v. H. gleich
niedrig wie im Vorjahr.
Die im Überwachungsjahr 2003 im Vergleich zu den Jahren 2004 und 2005 hohe Beanstandungsquote bei
Dioxinen von 4,7 v. H. war im Wesentlichen auf den höheren Anteil an Verdachtprobenahmen zurückzuführen,
die als Folge eines Dioxinereignisses im Jahre 2003 durchgeführt wurden. Im Überwachungsjahr 2005 konnte mit
einer Beanstandungsquote von 0,7 v. H. diese im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozentpunkte verbessert
werden.
104
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Bei unerwünschten Stoffen, die häufig in Verbindung mit importierten Futtermitteln genannt werden (chlorierte
Kohlenwasserstoffe, Aflatoxin B1), wurden im Berichtsjahr 2005 wiederum nur geringfügige Beanstandungen
festgestellt. Dieses Ergebnis ist bei der hohen Anzahl von Bestimmungen des Gehaltes an Aflatoxin B1
(1.939 Analysen, 0,2 v. H. Beanstandungen) und chlorierten Kohlenwasserstoffen (14.316 Analysen, 0,1 v. H.
Beanstandungen) beachtlich. Wie bereits im Vorjahr war bei Schwermetallen in 2005 ebenfalls eine relativ
geringe Beanstandungsquote (0,3 v. H.) zu verzeichnen.
Im Überwachungsjahr 2005 wurden insgesamt 12.006 Bestimmungen auf unerwünschte Stoffe ohne festgesetzten
Höchstgehalt durchgeführt. Die Beanstandungsquote war mit 0,1 v. H. um 0,2 Prozentpunkte niedriger als in den
Jahren 2003 und 2004 (Tab. 11).
Insgesamt wurden 36.792 Einzelbestimmungen auf Rückstände an Schädlingsbekämpfungsmitteln durchgeführt.
Bei dieser hohen Zahl ist zu berücksichtigen, dass die meisten Wirkstoffe in einem Analysengang nach der
Methode der amtlichen Sammlung von Untersuchungsverfahren nach § 35 LMBG (Methode L 00.00-34):
Modulare Multimethode zur Bestimmung von Pflanzenschutzmittelrückständen in Lebensmitteln, durchgeführt
wurden. Bei unbearbeiteten Futtermitteln wurden 19.696 Einzelbestimmungen durchgeführt. Es wurden 5
Beanstandungen ausgesprochen, davon 3 für Getreide und 2 für Körnerleguminosen (Tab. 12).
Tabelle 12: Rückstände an Schädlingsbekämpfungsmitteln nach Anlage 5a FMV
Anzahl der Bestimmungen
2003
2004
2005
Beanstandungen
Anzahl
2003
2004
2005
Schädlingsbekämpfungsmittel gemäß
Anlage 5a FMV in unbearbeiteten
Futtermitteln
23.322
22.823
19.696
1
13
5
Schädlingsbekämpfungsmittel gemäß
Anlage 5a FMV in bearbeiteten
Futtermitteln
32.091
15.467
17.096
0
1
16
Der Umfang der Bestimmungen von Schädlingsbekämpfungsmitteln in bearbeiteten Futtermitteln belief sich auf
17.096. Es wurden 16 Beanstandungen ausgesprochen. Insgesamt war damit bei Überschreitungen der
Höchstmengen an Schädlingsbekämpfungsmitteln eine Beanstandungsquote von 0,06 % zu verzeichnen.
Anzahl der Einzelbestimmungen auf verbotene Stoffe
Bei 2.728 durchgeführten Untersuchungen auf verbotene Stoffe nach Anlage 6 FMV im Jahr 2005 wurde eine im
Vergleich zum Vorjahr gleich niedrige Beanstandungsquote von 0,2 v. H. erzielt.
Kontrolle der Zusammensetzung von Mischfuttermitteln
Die Kontrolle der Zusammensetzung erfolgt durch mikroskopische Untersuchungen. Hiermit wird vor allem die
so genannte offene Deklaration kontrolliert. Insgesamt sind 996 dieser Bestimmungen durchgeführt worden. Die
Beanstandungsquote ist gegenüber dem Vorjahr erfreulicherweise um 1,7 Prozentpunkte gesunken und beträgt
nunmehr 4,9 v. H.
Anzahl der Untersuchungen auf mikrobiellen Verderb
Der Umfang der mikrobiologischen Untersuchungen ist im Vergleich zum Vorjahr um 8,3 v. H. auf 2.818
gesunken. Die Beanstandungsquote ist um 0,5 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gesunken und beträgt
nunmehr 5,4 v. H.
Anzahl der formalen Kennzeichnungsverstöße
Es wurden 3.536 Verstöße gegen formale Kennzeichnungsvorschriften verzeichnet. Das sind ca. 5 Prozentpunkte
weniger als im Vorjahr. Die Interpretation dieser Zahl ist wegen des großen Ermessensrahmens der
Überwachungsbehörden auf diesem Gebiet allerdings schwierig.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
105
Maßnahmen bei Beanstandungen
Die Maßnahmen bei Beanstandungen waren fallbezogen unterschiedlich. Insgesamt wurden 2.247 Hinweise und
Belehrungen erteilt und 580 Verwarnungen ausgesprochen; außerdem wurden 743 Bußgeldverfahren und 2
Strafverfahren eingeleitet. (Tabelle 13).
Tabelle 13: Maßnahmen bei Beanstandungen
Maßnahmen
Hinweise (Belehrungen)
2003
2.265
2004
3.067
2005
2.247
705
626
580
eingeleitet
715
705
743
abgeschlossen
515
465
403
eingestellt
172
211
186
eingeleitet
5
9
2
abgeschlossen
1
6
2
eingestellt
2
1
3
Verwarnungen
Bußgeldverfahren:
Strafverfahren:
Zusammenfassung
Mit der Einführung des Nationalen Kontrollprogramms Futtermittelsicherheit im Jahr 2001 war es erklärtes Ziel
des Bundes und der Länder, den bis dahin überproportionalen Anteil der Kontrollen auf Inhaltsstoffe und
Energiebestimmungen abzusenken und die Kontrollen auf unerwünschte, unzulässige und verbotene Stoffe im
Sinne des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier sowie des Naturhaushaltes deutlich zu verstärken.
Dieses Ziel ist auch 2005 wieder erreicht worden (Abb. 1).
70
1. Nationales Kontrollprogramm 2001
60,2
60
55,1
54,7
52,6
50,7
46,8
50
40
30
59,6
Inhaltsstoffe und
Energie
27,8
27,6
27,9
24,2
24
18
16,4
unerwünschte,
unzulässige und
verbotene Stoffe
20
10
0
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Einzelbestimmungen von 1999 bis 2005
Der prozentuale Anteil der Kontrollen auf Inhaltsstoffe und Energie an den insgesamt durchgeführten
Einzelbestimmungen betrug im Jahr 2005 16,4 v. H. während 59,6 v. H. der Kontrollen auf unerwünschte,
unzulässige und verbotene Stoffe durchgeführt wurden.
Erfreulich sind in diesem Zusammenhang die relativ niedrigen Beanstandungsquoten bei kritischen Parametern
wie
106
ƒ
ƒ
ƒ
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
unerwünschten Stoffen - 0,2 v. H.
verbotenen Stoffen
- 0,2 v. H. und bei
unzulässigen Stoffen - 0,7 v. H.
Insgesamt lag die Beanstandungsquote mit 2,9 v. H. bei den 135.064 im Jahr 2005 durchgeführten
Einzelbestimmungen (ohne Schädlingsbekämpfungsmittel) auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr.
Das detaillierte Nationale Kontrollprogramm Futtermittelsicherheit und die ausführliche Statistik der Ergebnisse
der amtlichen Futtermittelüberwachung sind abrufbar auf der Homepage des Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft
und
Verbraucherschutz
unter:
http://www.bmelv.de/cln_045/nn_751684/DE/07SchutzderTiere/Futtermittelsicherheit/__Futtermittel__node.html__nnn=true
Die Überwachungsbehörden der Länder stellten dem Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit die aggregierten Ergebnisse ihrer Überwachungstätigkeit für eine umfassende statistische
Auswertung zur Verfügung. Nur dadurch war der vorliegende Beitrag möglich. Dafür gilt den Behörden der
Länder mein Dank.
Mein besonderer Dank gilt jedoch Herrn Ministerialrat Dr. Uwe Petersen für seine engagierte fachliche
Unterstützung bei der Organisation der amtlichen Futtermittelkontrolle und für seinen maßgeblichen Anteil an der
Erarbeitung von bisher fünf „Nationalen Kontrollprogrammen Futtermittelsicherheit“.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
107
Futtermittelüberwachung in Österreich
Herbert Würzner
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Wien
Nachdem das Futtermittelrecht in der EU weitgehend harmonisiert ist und die gesetzlichen Grundlagen für die
Futtermittelüberwachung in den Mitgliedstaaten dieselben sind, kann ich auf die Ausführungen meines
Vorredners Kollegen Meng verweisen und werde diese nicht wiederholen. Ich werde daher nur auf die
Zuständigkeiten und Organisation der Futtermittelüberwachung in meinem Land näher eingehen.
In Österreich wurde 2002 in der Folge der BSE-Krise und der VO (EG) 178/2002 auf dem Gebiet der
Lebensmittelsicherheit ein Meilenstein gesetzt: Mit dem Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz 2002
(GESG) wurde die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) errichtet
und das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) eingerichtet. Dabei wurden 18 Bundesuntersuchungsanstalten und das schon bestehende Bundesamt und Forschungszentrum für Landwirtschaft aus den beiden
zuständigen Ministerien ausgegliedert und zur AGES vereint (Abb. 1).
Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft
Bundesministerium für Gesundheit
und Frauen
40%
60%
Geschäftsführung
Bundesamt f.
Sicherheit im
Gesundheitswesen
Bundesamt f.
Ernährungssicherheit
Landwirtschaft
Lebensmittel
Veterinär- Humanmedizin
medizin
Pharm
Med
AnalytikKompetenz
zentren
Risikobewertung
Risikokommunikation
prüfen – genehmigen – beraten – forschen
Abbildung 1: Organigramm AGES
Wie in der Abbildung 1 ersichtlich gibt es in der AGES fünf Fachbereiche und die verschiedenen AnalytikKompetenzzentren, in deren Labors Spezialuntersuchungen fachbereichsübergreifend durchgeführt werden.
Beispiele wären Tierarzneimittel und Hormone, Mengen- und Spurenelemente, GVO, Mykotoxine, Pestizide in
Lebens-, Futtermitteln und anderen Matrizes.
Insgesamt gibt es in den 6 Bereichen 42 Institute und Kompetenzzentren, die in den Standorten Wien (Zentrale),
Graz, Linz, Innsbruck Mödling und Salzburg angesiedelt sind (Abb. 2) und etwa 1400 Mitarbeiterinnen
beschäftigen. Es werden jährlich rund 900.000 Proben mit ca. 7,2 Mill. Einzelanalysen untersucht, darunter auch
ca. 3 000 Proben aus der Futtermittelüberwachung.
Im GESG werden die Ziele und Grundsätze, wie sie vor allem in der Basisverordnung 178/2002/EG betreffend
Lebensmittelsicherheit enthalten sind, dargelegt.
Zu den Aufgaben der AGES zählen
• Risikoanalyse, -bewertung, -management, -kommunikation,
• die chemische und mikrobiologische Untersuchung diverser Proben, u. a. die Untersuchung und
Begutachtung von Futtermitteln, Vormischungen und Zusatzstoffen,
• die Ermittlung, Sammlung und Dokumentation von Erkenntnissen und Daten, die für die Sicherheit oder
die Qualität der Ernährung oder die Verbrauchererwartung von Lebensmitteln und Futtermitteln
maßgeblich sind,
108
•
•
•
•
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
die Entwicklung, Prüfung und Verbesserung von Methoden, Verfahren, Geräten und Materialien,
die Erstellung von Prüfberichten und Gutachten,
die Beratung des BMLFUW und BMGF sowie
die fachliche Zusammenarbeit in EU und internationalen Organisationen.
Landwirtschaft
Lebensmittel
Veterinärmedizin
Humanmedizin
PharmMed
Kompetenzzentren
Abbildung 2: Standorte
Im Bereich Landwirtschaft wurde das Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) eingerichtet, welches für
die Vollziehung von acht Materiengesetzen, u. a. des Futtermittelgesetzes, zuständig ist (Abb. 3).
Abbildung 3: Kompetenzfelder der AGES
Dieses Bundesamt ist gemäß Futtermittelgesetz (FMG) Behörde 1. Instanz in der Vollziehung dieses Gesetzes
bzw. der zahlreichen EG-Verordnungen im Futtermittelbereich; Oberbehörde ist das Bundesministerium für Landund Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW).
Weitere Aufgaben des BAES laut FMG sind
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
•
•
•
•
109
die Mitwirkung bei der Zulassung von Futtermitteln und Zusatzstoffen gem. VO (EG) 1829/2003 und
1831/2003,
die Zulassung und Registrierung von Betrieben,
wissenschaftliche Versuche sind dem BAES zu melden,
und die Futtermittelkontrolle (Abb. 4)
Versuchswesen
Institut für
Saatgut
Analytik und
Mikrobiologie
Futtermittel
Landwirtschaft
Sortenwesen
Zentrum
Kontrollorgane
Kartoffelpflanzgut
und genetische
Ressourcen
Bienenkunde
Bodengesundheit
Pflanzengesundheit
Pflanzenschutzmittelbewertung
und –zulassung,
Abbildung 4: Bereich Landwirtschaft
Die wichtigsten Punkte dazu sind
¾ Befugnisse und Pflichten der Aufsichtsorgane
¾ Pflichten der Betriebsinhaber, Eigenkontrollen
¾ Gebühren
¾ Rückverfolgbarkeit und Futtermittelsicherheit
Zu den Befugnissen der Aufsichtsorgane wurden 2002 mit der Änderung des Futtermittelgesetzes neue
Instrumente für die Futtermittelkontrolle vorgesehen. Bei begründetem Verdacht, dass Futtermittel nicht den
gesetzlichen Vorschriften entsprechen, können Maßnahmen zur Mängelbehebung oder Risikoausschaltung – unter
einer gleichzeitig zu setzenden Frist- angeordnet werden, z.B.:
¾ Verbot des Inverkehrbringens und des Verfütterns
¾ Rückholung vom Markt
¾ Anordnung betrieblicher Maßnahmen, wie geeignete Behandlung, unschädliche Beseitigung oder
Anpassung der Kennzeichnung oder Verpackung
¾ Rückbeförderung an den Ursprungsort im Falle des grenzüberschreitenden Verbringens
Wenn angeordneten Maßnahmen nicht Folge geleistet wird oder bei schwerwiegenden Mängeln hat eine Anzeige
bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde erstattet zu werden. Diese wickelt dann ein Strafverfahren ab, was
meist mit einem Bußgeld oder Einstellung endet. Sowohl im Beanstandungsfall als auch in einem Strafverfahren
werden von uns Kontroll- und Untersuchungsgebühren beansprucht.
Die Zuständigkeiten der Futtermittelüberwachung ist ebenfalls im Futtermittelgesetz geregelt. Danach ist das
Bundesamt für Ernährungssicherheit für die Kontrolle der Herstellung und Inverkehrbringung, der
Landeshauptmann (sprich die „Länder“) für die Überwachung der Verwendung von Futtermitteln zuständig.
Dazu wurde erstmals 2002 ein AKTIONSPLAN FUTTERMITTEL vom BMLFUW erlassen, der sich sowohl an
das BAES als auch an den Landeshauptmann richtet. Er dient der Festlegung von Verfahren und Abläufen bei der
amtlichen Kontrolle, um bei Risiken angemessen, rasch und effizient handeln zu können. Er regelt die
¾ praktische Durchführung der Kontrolle (Merkblätter, Formulare, Checklisten, verantwortliche
Ansprechpartner),
¾ Risikobewertung,
¾ Informationssysteme (Schnellwarnsystem und Info innerhalb Österreichs).
110
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Innerhalb des Bundesamtes ist das Institut für Futtermittel (IFMT; dem ich vorstehe) das so genannte
federführende Institut. Die Abteilung Futtermittelüberwachung mit 6 Personen ist verantwortlich für Probenlauf,
Kennzeichnungsprüfung, Anordnung der Untersuchungsparameter, Beurteilung der Ergebnisse, Setzung von
Maßnahmen. Gemeinsam mit der Institutsleitung erfolgt die Zulassung und Registrierung der Betriebe, die
Erstellung von Kontrollplan und Berichten, die Ausübung von EU-Agenden, Beratung usw. In der Abteilung
Futtermittelanalytik (7,5 VZK) wird die so genannte Basisanalytik, in der Abteilung Zusatzstoffe (5 VZK) die
Analyse von ausgewählten Zusatzstoffen durchgeführt.
In Zusammenarbeit mit dem IFMT ist das Zentrum Kontrollorgane (ZKO; ca. 15 Personen) für die Vor-OrtKontrolle von Futtermitteln, aber auch anderen landwirtschaftlichen Betriebsmitteln zuständig.
In den neun Bundesländern ist jeweils 1 Person als Ansprechpartner und für die Organisation im Land
zuständig; für die Überwachung auf den landwirtschaftlichen Betrieben bedient sich das Land der Amtstierärzte in
den Bezirken oder beschäftigt eigene Kontrollorgane.
Alle gezogenen Proben vom ZKO (ca. 2200) und den Ländern (ca. 800) gelangen samt Niederschriften (Protokoll)
in das IFMT und werden dort und in den Labors der AGES untersucht. Wie in Deutschland hat sich in den letzten
Jahren der Schwerpunkt der Kontrollen auf die Untersuchung des Gehalts an unerwünschten, nicht zugelassenen
und verbotenen Stoffen verlagert. Aus Gründen des Täuschungsschutzes wird jedoch die Untersuchung auf
Inhalts- und Zusatzstoffe nicht vernachlässigt.
Die Hersteller von Zusatzstoffen, Vormischungen und Mischfuttermitteln werden mindestens einmal pro Jahr auf
Erfüllung der Erfordernisse überprüft. Bei jeder Vor-Ort-Kontrolle hat eine Prüfung der maßgeblichen Unterlagen
über Lieferanten und Abnehmer sowie über Verfahren und Prozesse, und erst dann haben gezielte,
risikoorientierte Probenahmen zu erfolgen.
Die Einfuhr aus Drittländern hat sich mit dem Beitritt der 10 neuen Mitgliedstaaten stark reduziert und wird wie
bisher vom Zoll und den Grenzveterinären durchgeführt. Diese machen in der Regel eine Dokumenten- und
Nämlichkeitskontrolle und informieren uns mittels der Futtermittelbescheinigung gem. RL 95/53 über den
Bestimmungsort der betreffenden Futtermittellieferung. Sollte der Empfänger in einem anderen Mitgliedsland
(meist Deutschland) sein, unterrichten wir die dortige Behörde von dieser Sendung.
Nicht zuletzt aus diesem erwähnten Grund besteht seit Jahren eine gute Zusammenarbeit zwischen mir (uns) und
Ihren Bundes- und Landesbehörden im Sinne der Lebensmittelsicherheit. Ich hoffe, dass dies so bleibt und danke
für die Aufmerksamkeit.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
111
Entwicklung der Futtermitteluntersuchung
Bernd Eckstein
Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum, Baden-Würtemberg
Bedeutung der Analytik
Produkte und Prozesse werden in unserer Gesellschaft zunehmend mit Qualitätsmerkmalen beschrieben, was zu
einer wachsenden Dominanz der Analytik in allen Lebensbereichen führt. Die Gesellschaft deutscher Chemiker
stellt in ihrem "Memorandum Analytik" (GDCh, 2006) weiter fest, dass unsere Gesellschaft bei
Entscheidungsfindungen statt empirischer oder nur traditioneller Grundlagen zunehmend analytisch abgesicherte
Daten und Urteile fordert. Analytische Ergebnisse können weit reichende Auswirkungen für die betroffenen
Wirtschaftskreise, für die Behörden und für die Gesellschaft insgesamt haben. Gute Analytik schafft Vertrauen
und ist damit eine wesentliche Voraussetzung für Produktion und Vermarktung. Gute Analytik ist eine wichtige
Voraussetzung für mehr Futtermittelsicherheit und besseren Verbraucherschutz.
Kurzer historischer Rückblick
In Deutschland war schon sehr früh mit der Erarbeitung einheitlicher Bestimmungsmethoden begonnen worden.
Schon 1893 wurden durch die "Futtermittelkommission" im Verband der landwirtschaftlichen Versuchsstationen
die ersten einheitlichen Untersuchungsmethoden initiiert. Ziel war es, "das häufige Vorkommen von
Verfälschungen, von Herstellung minderwertiger und selbst schädlicher Futtermittel und von betrügerischen
Manipulationen, welche auf die Übervorteilung des Käufers abzielen" (Fink, 1988) zu unterbinden. Ergänzend zu
dem 1926 erlassenen ersten Futtermittelgesetz (Ranfft, 1988) wurde in einer Ausführungsverordnung
festgeschrieben, dass für die Untersuchung von Handelsfuttermitteln die Verbandsmethoden anzuwenden sind.
Deshalb folgten 1927 Erläuterungen zum "Futtermittelgesetz mit den Bestimmungen des Verbandes
landwirtschaftlicher Versuchsstationen im deutschen Reich über die Untersuchungsmethoden für Futtermittel".
1951 erschien das Methodenbuch des Verbandes "Die Untersuchung von Futtermitteln" in zweiter Auflage.
In der noch kleinen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft hatte die wirtschaftliche Bedeutung eines freien
Futtermittelhandels einen hohen Stellenwert. Gemeinschaftliche Vorschriften für die Beschaffenheit und die
Zusammensetzung der verwendeten Futtermittel sollten den Handel stärken und die Entwicklung der
Landwirtschaft in der Gemeinschaft fördern. Ergänzend zu diesen gemeinschaftlichen Regelungen wurde 1970 die
Richtlinie 70/373 (Richtlinie 70/373/EG) erlassen, durch die gemeinschaftliche Probenahmeverfahren und
Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln festgeschrieben und den Behörden der
Mitgliedstaaten vorgegeben wurden. Die Entwicklung und Festlegung dieser Verfahren und Methoden wird als
eine rein technische und fachwissenschaftliche Aufgabe der analytischen Sachverständigen beschrieben.
Verfahren und Methoden müssen entwickelt und geprüft, aber auch verbessert und vervollständigt werden. Hierzu
sind kurze und schnelle Wege erforderlich. Der Ständige Futtermittelausschuss wurde zum Bindeglied zwischen
den aus den Mitgliedstaaten entsandten analytischen Sachverständigen und der Kommission benannt. Im Juni
1971 wurde die Richtlinie 71/250 (Richtlinie 71/250/EG) veröffentlicht, mit dem Ziel einer schnellstmöglichen
Festlegung aller erforderlichen Analysemethoden. Dieser hohe Anspruch wurde über drei Jahrzehnte verfolgt und
wird nun in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 aufgefangen. Die Richtlinie 71/250 enthält eine Vielzahl von
Analysemethoden zu Parametern aus der Gruppe der Inhaltsstoffe und der unerwünschten Stoffe sowie zu anderen
Qualitätsmerkmalen. Dieser Richtlinie folgten in den nächsten drei Jahrzehnten noch zahlreiche weitere
Richtlinien mit amtlichen Methoden zur Untersuchung von Futtermitteln. Damit kam der
Futtermitteluntersuchung als Bestandteil der amtlichen Futtermittelkontrolle in einem noch kleinen Europa eine
wichtige Vorreiterrolle zu.
Bedeutung der Futtermitteluntersuchung in der amtlichen Kontrolle
In der amtlichen Futtermittelkontrolle kommt der Untersuchung von Futtermittelproben eine große Bedeutung zu.
Sie ist neben der Betriebsprüfung und der Buchprüfung die Maßnahme, die im Einzelfall zu einer abschließenden
Bewertung der Sicherheit eines Futtermittels beiträgt. Sie ist aber auch eine Leistung, deren Qualität
Voraussetzung ist für ein effizientes und funktionierendes Kontrollwesen. Untersuchungsergebnisse dienen der
Überprüfung von Zielwerten, sie dienen dem Auftraggeber zur Einordnung eines einzelnen Produktes, in
gesammelter Form tragen sie zur Beschreibung von Normalzuständen und Schwankungsbreiten bei. Sie lassen
Abweichungen erkennen, beschreiben Über- und Unterschreitungen, zeigen Entwicklungen auf und können damit
auch Grundlage politischer Entscheidungen und neuer Rechtssetzungen sein. Futtermitteluntersuchung ist kein
112
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
statischer Zustand. Sie unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung, was sich in neuen analytischen
Aufgabenstellungen und in der Anpassung bestehender Methoden zeigt. Die Futtermitteluntersuchung muss neue
wissenschaftliche Erkenntnisse aufgreifen, muss rechtliche Entwicklungen berücksichtigen, sich neuen Strukturen
stellen, technische Entwicklungen verfolgen und prüfen sowie gegebenenfalls nutzen. Dies ist eine originäre
Aufgabe der in der Untersuchung von Futtermitteln Tätigen. Aus der historischen Entwicklung heraus werden
unter Berücksichtigung der futtermittelrechtlichen Regelungen Konzepte und Beiträge erwartet, die aktuellen und
zukünftigen Entwicklungen gerecht werden. Die Futtermitteluntersuchung wird sich dabei zukünftig noch stärker
an den Kriterien Qualität, Schnelligkeit und Kosten messen lassen müssen. Die inhaltliche und strukturelle
Anpassung beginnt über die Regelungen der Europäischen Union (EU) und hat bereits zu neuen Strukturen und
einem veränderten Untersuchungswesen in der EU und in Bund und Ländern geführt.
Futtermitteluntersuchung heute
Strukturen
Mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 (Kontroll-Verordnung) (Verordnung (EG) Nr. 882/2004) hat der
Gesetzgeber das Kontrollwesen für die Bereiche Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und
Tierschutz auf eine gemeinsame und einheitliche Grundlage gestellt. Sie löst im Bereich der
Futtermitteluntersuchung die bisherigen Richtlinienregelungen ab, lässt jedoch die für die tägliche Arbeit
notwendigen Durchführungsbestimmungen weiter in Kraft. Damit gelten die amtlichen Methoden zur
Probenahme und zur Untersuchung von Futtermitteln, die sich in der Futtermittel-Probenahme- und
Analyseverordnung wieder finden, weiterhin. Ziel muss jedoch sein, die amtlichen Methoden auf ihre Aktualität
und ihre Notwendigkeit zu überprüfen, um zukünftig im Sinne der Kontrollverordnung eine moderne
Methodensammlung zur Verfügung zu haben.
Die Kontroll-Verordnung schreibt die bisherige Kaskadenregelung fort, nach der die Analyseverfahren
entsprechend dem Stand ihrer Überprüfung einer Rangordnung unterliegen. Ein wichtiger neuer Gesichtspunkt bei
der Entwicklung von Methoden ist die Verankerung des Europäischen Normenausschusses CEN im
Verordnungstext. Für die Beschreibung der Qualität einer Methode sind in Anhang III der Kontroll-Verordnung
zahlreiche Kriterien genannt, die im Einzelfall durch den Analytiker zu prüfen und dokumentieren sind. Dort ist
auch die Bedeutung von Ringanalysen für die Ermittlung von Präzisionswerten hervorgehoben. Ein wesentlicher
und neuer Aspekt, der sich möglicherweise auf zukünftige Strukturen auswirken und neue Synergien freisetzen
wird, ist die Feststellung, dass Methoden, die sich für die Untersuchung verschiedener Matrices eignen, anderen
speziellen und produktspezifischen Methoden vorzuziehen sind. Die ergänzende Anforderung, dass Proben so zu
handhaben sind, dass ihre rechtliche und analytische Validität gewährleistet ist, erfordert in der praktischen
Umsetzung umfangreiches Wissen zum Umgang mit diesen Proben.
Artikel 4 der Kontroll-Verordnung verweist auf die Verantwortung der zuständigen Behörde bei der Benennung
von Laboratorien. Sie muss dafür Sorge tragen, dass sie über ausreichende Laborkapazitäten für die
Untersuchungen verfügt. Neben den notwendigen Einrichtungen und Ausrüstungen müssen die Laboratorien über
ausreichendes und entsprechend qualifiziertes und erfahrenes Personal verfügen oder dazu Zugang haben, damit
die amtlichen Kontrollen und Kontrollaufgaben effizient und wirksam durchgeführt werden können. Die
zuständige Behörde aber auch die Laborleitung sind verantwortlich und gefordert, frühzeitig Defizite aufzuzeigen
und abzubauen. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Behörde und Untersuchungseinrichtung. Eine
solche ist insbesondere im Hinblick auf mögliche „Krisenfälle“ notwendig, um die notwendige Flexibilität und
eine schnelle Anpassung an besondere Anforderungen gewährleisten zu können. Nach Artikel 12 der KontrollVerordnung benennt die zuständige Behörde nur solche Laboratorien, die über die notwendigen Fähigkeiten und
Kenntnisse zur Untersuchung von Futtermitteln im Rahmen der amtlichen Futtermittelkontrolle verfügen. Diese
Kenntnisse muss die Untersuchungseinrichtung an Hand des Untersuchungsspektrums und durch die erfolgreiche
Teilnahme an Vergleichsuntersuchungen belegen. Wesentliche Voraussetzung für die Benennung eines Labors ist
die Akkreditierung. Die zuständige Behörde kann eine Benennung auch zurückziehen, wenn die notwendigen
Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Dies setzt ein Verfahren voraus, das eine regelmäßige Prüfung der
Funktionalität zulässt und damit Grundlage ist für evtl. notwendige Entscheidungen. Der für das Labor
Verantwortliche ist in der Pflicht, unzureichende Ausrüstungen und Personalausstattungen der zuständigen
Behörde mitzuteilen und Konzepte für Lösungen aufzuzeigen, um die Qualität der amtlichen Futtermittelkontrolle
nicht zu gefährden.
Parallel zur Anpassung der rechtlichen Regelungen wurden auf europäischer und nationaler Ebene neue
Strukturen geschaffen. Auf Grundlage der oben erwähnten Richtlinie 70/373 haben sich Strukturen entwickelt, die
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
113
den heutigen Ansprüchen und Gegebenheiten nicht mehr gerecht werden. Aus den Mitgliedstaaten waren die
analytischen Sachverständigen in das Expertenkomitee entsandt worden, in dem die aus den Mitgliedstaaten
eingereichten Methoden diskutiert, zu einer „amtlichen Methode“ entwickelt und durch eine Richtlinie
veröffentlicht wurden. Zum einen führt die stark gewachsene Zahl an Mitgliedstaaten dazu, dass
Methodenentwicklung durch einen Kreis delegierter Analytiker innerhalb des Committee of Experts on Methods
of Analysis (CEMA) nicht mehr Ziel führend, zu unflexibel und zeitaufwändig ist. Zum anderen muss sich die EU
internationalen Normungsgremien öffnen und die Interessen aller beteiligten Gruppen, also auch der betroffenen
Wirtschaft, stärker berücksichtigen. Eine Entscheidung für die Schaffung neuer Strukturen zur Erarbeitung von
Untersuchungsmethoden im Bereich der Futtermittelkontrolle war deshalb notwendig. Sie führte 2003 nach
langen Vorüberlegungen zur Schaffung eines Technischen Komitees (TC) „Animal Feedingstuffs“ im
Europäischen Normenausschuss. Die langwierigen Diskussionen um die Einrichtung eines nationalen
Spiegelgremiums beim Deutschen Institut für Normung (DIN) für das TC 327 des CEN haben Ende 2005 endlich
zu einem positiven Ende geführt. Damit ist nun sichergestellt, dass deutsche Interessen und Erfahrungen, die hier
aufgrund der föderalen Strukturen in einem Umfang, wie in keinem anderen Mitgliedstaat vorliegen, genutzt und
berücksichtigt werden und dass alle interessierten und betroffenen Kreise auf die Methodenentwicklung einwirken
können. Flankiert wird diese neue Struktur durch die Einrichtung von Referenzlaboratorien der Kommission
(CRL) und in den Mitgliedstaaten (NRL). Damit ist eine fachliche Kommunikation zwischen den verschiedenen
Ebenen möglich und ein weiteres Steuerungsinstrument installiert. Durch das Bundesministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz waren der Kommission im November 2006 für eine Reihe analytischer
Fragestellungen Nationale Referenzlaboratorien benannt worden (siehe Tab. 1). Diese haben die Aufgabe mit den
europäischen Referenzlaboratorien zu kommunizieren und wichtige Aufgaben innerhalb des Bundes und der
Länder wahrzunehmen. Hierzu zählen die Erstellung und Validierung von Analysemethoden, die Durchführung
von Vergleichsuntersuchungen, die Bereitstellung von Referenzmaterialien sowie die Fortbildung von
Labormitarbeitern. Diese sehr aufwändigen Aufgaben erfordern eine enge Kooperation auf allen Ebenen,
insbesondere mit den in den Ländern bestimmten amtlichen Laboratorien. Für verschiedene Themenbereiche, wie
Dioxine, Pestizide, Schwermetalle und Mykotoxine wurde bei der Benennung nicht zwischen den Bereichen der
Lebensmittel- und der Futtermitteluntersuchung unterschieden und ein gemeinsames Referenzlabor benannt. Dies
lässt eine enge Verknüpfung in den Arbeiten und die Freisetzung von Synergien erwarten. Um die Kooperation zu
erleichtern und die Arbeiten zu strukturieren müssen deshalb Verbindungen zwischen den NRL und zu
benennenden Untersuchungseinrichtungen in den Ländern eingerichtet werden. Es entspricht dieser neuen
Aufgabenverteilung, wenn das EU-Referenzlabor "Dioxine" am CVUA Freiburg zu einer Arbeitstagung einlädt,
bei der es allein um die Frage der Extraktion von Dioxinen aus mineralischen Stoffen geht, die Futtermitteln als
Fließhilfsstoffe zugesetzt werden.
Tabelle 1: Benannte Nationale Referenzlaboratorien (Auszug)
Untersuchungsparameter
tierisches Protein in Futtermitteln
TSE / VO (EG) Nr. 999/2001
Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung
Pestizide / Schädlingsbekämpfungsmittel
Schwermetalle
Mykotoxine
Dioxine und PCB
benanntes Laboratorium
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
Friedrich-Löffler-Institut (FLI)
BfR
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
BVL
BfR
BfR
In den Bundesländern werden im Sinne der Verordnung 178/2002 (Basis-Verordnung) (Verordnung (EG) Nr.
178/2002) unter Berücksichtigung der finanziellen Auswirkungen neue Strukturen diskutiert und geschaffen.
Dabei werden Untersuchungseinrichtungen zusammengelegt oder Laboratorien neu mit der Untersuchung von
Futtermitteln beauftragt. Deshalb ist es besonders wichtig, die über Jahrzehnte gesammelten Erkenntnisse und
Erfahrungen in den neuen Strukturen zu verankern und neu mit dieser Aufgabe beauftragte Einrichtungen in die
bestehenden nationalen Gremien und Arbeitsgruppen zu integrieren. Laboratorien, die bisher nicht im Bereich der
Futtermitteluntersuchung tätig waren, müssen sich um eine Integration in die bestehenden nationalen Systeme
bemühen. In der Bewertung dabei evtl. auftretender Schwierigkeiten ist zu berücksichtigen, dass durch die
Zusammenführung oder Benennung von Untersuchungseinrichtungen, Analytiker unterschiedlicher
Ausbildungsgänge mit unterschiedlichen Berufsbildern zusammengeführt oder neu beauftragt werden. Ein
wesentlicher Unterschied in der Untersuchung von Futtermitteln und Lebensmitteln ist, dass der
Lebensmittelchemiker als Sachverständiger die Ergebnisse der Analytik rechtlich einordnet und begutachtet, was
114
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
im Bereich der Futtermitteluntersuchung allein Aufgabe der Überwachungsbehörde ist. Diese grundverschiedene
Vorgehensweise mag manchmal auf Unverständnis stoßen, lässt sich aber aus den rechtlichen Gegebenheiten
heraus nicht kurzfristig angleichen. Es ist der politische Wille in den Bundesländern, landesinterne und
länderübergreifende Kooperationen weiter zu prüfen. Allerdings sind auf Grund der sehr unterschiedlichen
Strukturen in den Ländern allgemeingültige Vorgaben nicht sinnvoll. Die Agrarminister haben Bezug nehmend
auf die Evaluierungsergebnisse der Futtermittel- und Lebensmittelüberwachung in den Ländern in der Konferenz
vom 7. Oktober 2005 den vorgelegten Bericht zur Kenntnis genommen und den Ländern die Prüfung eines
weiteren Ausbaus der landesinternen und länderübergreifenden Kooperation empfohlen. Eine länderübergreifende
Zusammenarbeit wird insbesondere bei der Erstellung neuer Methoden, deren Validierung und bei der
Durchführung von Ringversuchen für notwendig erachtet. Landesinterne Kooperationen werden in der Umsetzung
schwierigeren länderübergreifenden Kooperationen vorgezogen. Allgemeine Berechnungen über
Einsparpotentiale sind nicht möglich, sie können nur länderspezifisch unter Berücksichtigung der dortigen
Strukturen und des bestehenden Untersuchungsumfangs erfolgen. Voraussetzung für die Schaffung von
Kooperationen ist, dass die fachlichen Kompetenzen berücksichtigt und Qualitätsstandards beachtet werden.
Inhalte
Neben den strukturellen sind auch inhaltliche Anpassungen notwendig. Die nachfolgenden Ausführungen greifen
aus der Vielfalt inhaltlicher Fragestellungen nur wenige Themenbereiche heraus.
Gemeinsame Begriffsbestimmungen
Das Bemühen, über die rechtlichen Regelungen gemeinsame Grundlagen für die Kontrollen zu schaffen und deren
Durchführung einheitlich zu gestalten, setzt im Bereich des Untersuchungswesens einheitliche Begriffe voraus.
Gleiche Sachverhalte sind in verschiedenen Verordnungen, Richtlinien oder Entscheidungen zu unterschiedlichen
Kontrollbereichen keineswegs immer mit gleichen Beschreibungen belegt, was zu Diskussionen und
Auslegungsproblemen führt. Gegenseitiges Verständnis und gemeinsames Handeln setzen eine einheitliche
Sprache voraus. Ein aktuelles Beispiel ist die kontroverse Diskussion zur zukünftigen Angabe der
Messungenauigkeit und der Wiederfindungsrate nach der Richtlinie 2002/32 (Richtlinie 2002/32/EG) bei der
Attestierung von Gehalten an unerwünschten Stoffen. „Analysenspielräume", über Jahrzehnte zur Beschreibung
der Messunsicherheit in der Futtermitteluntersuchung entwickelt und Bestandteile gesetzlicher Toleranzen, sind
außerhalb des Futtermittelbereichs in dieser Form unüblich. Es ist zu klären, ob die nach einer bestimmten
Systematik aus nationalen Ringversuchen hergeleiteten Analysenspielräume in ihrer Bedeutung gleichwertig sind
zu der in der Richtlinie genannten „Messungenauigkeit“ mit einem Vertrauensniveau von 95 % und ob diese
synonym verwendet werden können. Aus der Formulierung des Analysenbefundes muss erkennbar sein, ob das
Analysenergebnis um die Wiederfindung korrigiert wurde. Eine solche Korrektur kann entfallen, wenn die
Wiederfindungsrate in einem Bereich von 90 – 110 % liegt. Der so berichtete Analysenbefund muss durch die
zuständige Behörde rechtlich bewertet und es müssen die entsprechenden Schritte eingeleitet werden.
Komplizierte Analysenberichte unter Berücksichtigung der Wiederfindung und der Messungenauigkeit können für
den Auswertenden schwer verständlich sein und dadurch zu Fehlbeurteilungen führen.
“Konventionsmethoden“ sind Verfahren, bei denen zur Erzielung vergleichbarer Ergebnisse mangels einer klaren
chemischen Zuordnung des Analyten alle Verfahrenschritte, von der Extraktion bis hin zu Umrechnungsfaktoren
festgelegt sind. Nur durch Einhaltung aller Verfahrensschritte ist sichergestellt, dass laborunabhängig
vergleichbare Ergebnisse erzielt werden. Eine Konventionsmethode hat nur dann Bestand, wenn sie mit dem
Status einer amtlichen Methode versehen wird. Für einen Analytiker, der die Konzentration eines chemisch
definierten Parameters wie Blei oder Aflatoxin B1 ermitteln soll, sind solche methodischen Vorgaben weitgehend
unverständlich. Hier helfen nur eine klare Beschreibung der Zusammenhänge und eine intensive Kommunikation,
um zu einem besseren Verständnis und zu einer Akzeptanz unterschiedlicher Methodenarten zu kommen. Es gilt
jedoch nicht nur, eigene Gepflogenheiten zu verteidigen, sondern auch Erkenntnisse aus anderen Bereichen
vorurteilsfrei zu prüfen und sie eventuell zu übernehmen. Als weiteres Beispiel mag die Diskussion zur
Unterscheidung von so genannten Screening- und Multimethoden dienen. Sie kann möglicherweise verkürzt
werden, wenn bereits in anderen Rechtsbereichen vorliegende Begriffsbestimmungen übernommen werden
können.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
115
Wandel der Untersuchungsinhalte
Amtliche Futtermittelkontrolle gliedert sich unter Berücksichtigung möglicher Risiken in drei Bereiche: die
Betriebsprüfung, die Buchprüfung und die Beprobung von Futtermitteln. Aus den Anforderungen der FuttermittelHygieneverordnung ist zu vermuten, dass der Probenahme zukünftig eine geringere Bedeutung zukommen wird,
bei gleichzeitig wachsender Bedeutung der Betriebskontrolle und Buchprüfung. Amtliche Futtermittelkontrolle
wird zunehmend zur Kontrolle zur betrieblichen Eigenkontrolle. Ziel der amtlichen Futtermittelkontrolle muss es
sein, Systeme innerhalb der Betriebe zu prüfen und aus der Gesamtschau auf die Sicherheit der Futtermittel zu
schließen. Die Beprobung eines Futtermittels und die Untersuchung auf einen speziellen Parameter beschreiben in
ihrem Ergebnis nur einen kleinen Ausschnitt des Produktes „Futtermittel“. Aus dieser sehr schmalen Erkenntnis
auf die Sicherheit eines Futtermittels insgesamt oder auf die Qualität eines Produktionsprozesses zu schließen, ist
nicht möglich. Dagegen lässt eine Vor-Ort-Kontrolle eine umfassendere Bewertung zu, zu deren Abrundung eine
Probenahme und eine spezielle Untersuchung ergänzend eingeleitet werden kann. Durch die Reduzierung der
amtlichen Tätigkeit auf die „Kontrolle der Kontrolle“ kommt der Eigenverantwortung des Betriebes eine
besondere Bedeutung zu. Nach Mitteilung des BVL ist der Anteil der Untersuchungen auf Inhaltsstoffe seit 1999
von 55 % auf 16 % zurückgegangen und die Zahl der Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe von 24 auf 60 %
angewachsen. Diese Gewichtung wird über den Rahmenplan der Kontrollaktivitäten im Bereich Futtermittel als
Bestandteil des integrierten mehrjährigen nationalen Kontrollplans bestehen bleiben.
Diese Verlagerung der Untersuchungsschwerpunkte kann auch bedeuten, dass in den Laboren Kapazitäten
angepasst, neue Schwerpunkte gebildet oder neue Kooperationen gesucht werden müssen. Bei allen Maßnahmen
ist wichtig, dass das zu diesen Untersuchungen vorliegende Wissen erhalten wird. Betriebswirtschaftliche
Überlegungen können zu dem Ergebnis führen, dass geringe Probenzahlen unwirtschaftlich sind und damit neue
Verbindungen oder gar Verlagerungen erzwingen. Die meist zeitaufwändigen und kostenintensiven
Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe erfordern zudem eine engere Kooperation zwischen Behörde und
Untersuchungseinrichtung, damit eine effiziente Nutzung der Untersuchungskapazitäten sichergestellt und eine
zeitnahe Abarbeitung der Proben erreicht werden kann. Ziel wird es zudem sein, für chemisch definierte
Parameter Methoden zu entwickeln, die sich aus Bausteinen zusammensetzen, um somit angepasst an den
Einzelfall und die Möglichkeiten des Labors zu größerer Flexibilität zu gelangen. Um die Bedeutung und
Akzeptanz der "amtlichen Methoden" zu erhalten, ist es notwendig, veraltete Methoden zu streichen und zu
erhaltende Methoden evtl. anzupassen und zu aktualisieren. Diesen Weg ist die Kommission mit der aktuellen
Vorlage eines Entwurfs einer Kommissionsregelung zur Probenahme und zur Untersuchung in der amtlichen
Futtermittelkontrolle gekommen (SANCO, 2006). Die Methoden zu den verbleibenden Untersuchungsparametern
verteilen sich in einem zukünftigen "europäischen Methodenbuch" auf 8 Anhänge, wobei der Bestimmung von
Inhaltsstoffen zahlenmäßig die größte Bedeutung zukommt. Dies ist verständlich, da es sich bei der Bestimmung
der Inhaltstoffe in der Mehrzahl um „Konventionsmethoden“ handelt, deren Fortbestehen nur in Verbindung mit
einer amtlichen Bestätigung sichergestellt ist. Andere Untersuchungsparameter, hierzu zählen insbesondere solche
aus der Gruppe der „unerwünschten Stoffe“, werden sich zukünftig in den Tätigkeitsfeldern des CEN bzw. von
ISO wieder finden oder müssen auf nationaler Ebene zunächst vorbereitet werden, um den Weg in die
internationalen Normungsgremien zu finden. Methoden zur Bestimmung ehemals als Zusatzstoffe zugelassener
Stoffe sollten erhalten und mit den notwendigen Standardsubstanzen zur Absicherung von Befunden bereit
gehalten werden.
Zusammenfassung und Ausblick
Methoden, die bei der Untersuchung verschiedener Matrices universell einsetzbar sind, werden zukünftig anderen
speziellen Methoden vorzuziehen sein. Entsprechend werden zukünftig die Methodensammlungen nach § 64 des
Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches aufgebaut und gestaltet sein. Festgeschrieben ist über die FuttermittelProbenahme- und Analyse-Verordnung bereits, dass die Untersuchung auf Rückstände von
Schädlingsbekämpfungsmitteln nach den Methoden der Lebensmittelüberwachung zu erfolgen hat. Dies ist
berechtigt, da die zu untersuchenden Matrices überwiegend sowohl Lebensmittel als auch Futtermittel sein
können. Weitgehende Übereinstimmung in der Durchführung der Untersuchungen gibt es bei den Parametern
Dioxine und Polychlorierte Biphenyle (PCB), Genetisch veränderte Organismen (GVO), Mykotoxine und
Pflanzeninhaltsstoffe. Diese sehr personal- und geräteintensiven Untersuchungen erfordern zum einen hohen
Sachverstand, zum anderen eine gute Auslastung, um einen kontinuierlichen Betrieb im Labor aufrecht erhalten
zu können. Ein enger Austausch zwischen den in matrixbezogenen Arbeitsgruppen tätigen Fachleuten ist
notwendig, um vorliegende Erfahrungen gegenseitig zu nutzen. Ein erster Schritt ist sicherlich, dass Vertreter der
116
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
einzelnen Arbeitsgruppen gegenseitig an Besprechungen teilnehmen, was für bestimmte Fragestellungen bereits
Praxis ist.
Zusätzlich zu den inzwischen bestehenden gemeinsamen Untersuchungsaktivitäten sollte geprüft werden, ob
mittelfristig eine Ausbildung des innerhalb der Lebensmittelkette tätigen Analytikers sinnvoll sein kann, die die
Untersuchung auf Parameter in verschiedenen Matrices umfasst. Zu den rein analytischen Fragestellungen
müssten ergänzend rechtliche sowie lebensmittel- und futtermittelkundliche Inhalte vermittelt werden. Damit wäre
ein breit angelegtes Ausbildungsspektrum geschaffen und für die spätere analytische Arbeit ein
fachübergreifendes Handeln innerhalb der Produktionskette leichter möglich.
Gemeinsame rechtliche Regelungen werden die Zusammenführung der Bereiche Lebensmittel- und
Futtermittelkontrolle weiter fördern. Die Zunahme an aufwändigen Untersuchungen auf unerwünschte Stoffe
muss zudem unter betriebswirtschaftlichen Aspekten und unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten
der Länder betrachtet und beurteilt werden. Begriffe und Inhalte müssen geklärt und evtl. vereinheitlicht,
Ausbildungswege mittelfristig den heutigen Anforderungen angepasst werden. Auf EU-Ebene werden
Verantwortlichkeiten neu geregelt und zugeordnet, was sich auf nationaler Ebene widerspiegeln muss. Hierzu sind
erste positive Ansätze vorhanden. Aus diesen heraus wird die Festlegung von Verantwortlichkeiten evtl.
verbunden mit der Zusammenführung von Untersuchungsbereichen innerhalb der Länder oder Länder
übergreifend an Bedeutung gewinnen. Dieser fortlaufende Prozess setzt eine enge Zusammenarbeit zwischen
Verwaltung und Untersuchungseinrichtung voraus.
Literatur
Fink A (1988) Geschichte des Verbandes. In: Fink, A., Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Verbandes
Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten e.V. (VDLUFA), Darmstadt,
Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten e.V.,:1 - 75
Ranfft K (1988) Geschichte der Fachgruppen, Fachgruppe VI Futtermittel. In: Fink, A., Festschrift zum
100jährigen Bestehen des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten
e.V. (VDLUFA), Darmstadt, Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten e.V.: 91 - 93
GDCh (2005) Memorandum Analytik [online], zu finden in http://www.gdch.de/strukturen/fg/ach/memoanal.htm
Amtsblatt Nr. L 170 vom 03.08.1970, S. 2 -3: Richtlinie 70/373/EWG des Rates vom 20. Juli 1970 über die
Einführung gemeinschaftlicher Probenahmeverfahren und Analysemethoden für die amtliche Untersuchung
von Futtermitteln
Amtsblatt Nr. L 155 vom 12.07.1971, S. 13 - 37: Erste Richtlinie 71/250/EWG der Kommission vom 15. Juni
1971 zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln
Amtsblatt Nr. L 191 vom 28.05.2004, S. 1 - 52: Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der
Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und
Tierschutz
Amtsblatt Nr. L 31 vom 01.02.2002, S. 1 - 24: Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des
Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung
von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit
Amtsblatt L 140 vom 30.05.2002, S. 10 - 21: Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 07. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung
Commission of the European Communities SANCO/05423/2006 - rev 1: Draft Commission Regulation (EC) of
[…] laying down the methods of sampling and analysis for the official control of feedingstuffs
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
117
Schlusswort
Holger Martens
Institut für Veterinär-Physiologie, Freie Universität Berlin
Der Einladung zu einem Schlusswort dieser Tagung habe ich gerne entsprochen, obwohl klar ist, dass am Ende
einer Tagung dem Wort Schluss mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht wird als dem Begriff Wort. Dennoch ein
Versuch, Ihre Aufmerksamkeit für einige wenige Minuten zu gewinnen.
Der Titel der Tagung „Meilensteine der Futtermittelsicherheit“ erweckt Ansprüche, die nicht enttäuscht wurden.
Es wurde ein weiter Bogen gespannt von
-
den rechtlichen Rahmenbedingungen (Petersen, Trunk),
über Beiträge aus der Forschung (Flachowsky, Dänicke, Schenkel, Kamphues, Lahrrsen-Wiederholt),
über Aspekte der Praxis (Staudacher, Lüpping, Maier, Potthast, Busch, Grote),
und zur Futtelüberwachung (Meng, Würzner, Eckstein).
Dieses breite Spektrum von Themen hat Vertreter/innen ganz verschiedener Disziplinen zusammengebracht, die
im üblichen Tagungsgeschehen mit monodisziplinärer Ausrichtung kaum einen Meinungsaustausch ermöglichen.
Leider muss ich gestehen, dass meine Kompetenz im Hinblick auf die vorgetragenen Themen - von einigen
Ausnahmen abgesehen - limitiert ist, weil sich zu meinem Arbeitsgebiet der Transportphysiologie mit einer
gewissen Verbindung und Bindung an die Ernährungsphysiologie nur indirekt ein Bezug herstellen lässt.
Verbindungen zum Futtermittelrecht ergeben sich dadurch nur anekdotisch, die aber vielleicht von Interesse sind.
Bei der Vorbereitung eines Forschungsantrages an die DFG im Rahmen einer Forschgruppe wurde diese
Thematik angesprochen und Herr Simon meinte, das Futtermittelrecht ist viel schärfer als das Lebensmittelrecht.
Ich gebe zu, dass diese Aussage mich damals etwas überrascht hat. Diese straffe Regelung erscheint berechtigt.
Ich stamme aus einer Müllerfamilie, habe als Student in einem Kraftfutterwerk gearbeitet und kann daher die tiefe
Bedeutung der Worte Malen und Mischen richtig interpretieren. Da heute auch noch das Pelletieren – als
unkenntlich machen -dazukommt, sind rechtliche Rahmenbedingungen sicherlich angebracht.
Aus diesem Grunde sind Tagungen zu dieser Thematik notwendig, zumal eine Persönlichkeit im Mittelpunkt
steht, die man sicherlich als Nestor des Deutschen Futtermittelrechtes bezeichnen kann. Der Kollege Peters ist seit
Jahrzehnten, wie wir gehört haben, für dieses Referat zuständig. Das Positivste, was man zu dieser Tätigkeit
zunächst bemerken kann, ist einfach die Tatsache, dass das Futtermittelrecht keine Schlagzeilen macht. Wenn man
z. B. an das Arzneimittelrecht denkt, wird die Solidität dieser Arbeit, die mit seiner Person untrennbar verbunden
ist, erkennbar.
Der Kollege Petersen hat diese Tätigkeit lange, aber nicht immer wahrgenommen. Er ist 1981 von der FAL
Braunschweig ins Ministerium gewechselt, d. h. er hat dann im gestandenen Alter von etwa 40 Jahre seine
Tätigkeit gewechselt. Gereizt hat sicherlich bei der Aufnahme dieser neuen Aufgaben die Verbindung zwischen
wissenschaftlicher Erkenntnis einerseits mit der für die neue und politisch eingebundene Tätigkeit notwendigen
Rechtsetzung im Futtermittelrecht andererseits. Dieses Spannungsfeld beruflicher Tätigkeit, das nicht frei ist von
politischer Einflussnahme, erfordert unbedingt Sachkenntnis, damit man es unter den gegebenen Umständen
zumindest so gut wie möglich oder auch besser machen kann. In diesem Sinne war Verlass auf Herrn Petersen und
dafür sollten wir ihm dankbar sein und ihm für den kommenden Ruhestand alles Gute wünschen.
Dieser Dank richtet sich auch an die Organisatoren dieser Tagung, die den notwendigen und wünschenswerten
interdisziplinären Meinungsaustausch verschiedenster Disziplinen ermöglicht haben. Dieser Erfolg könnte zu der
Anregung führen, zukünftig Tagungen mit entsprechenden Themenspektren zu veranstalten. Der Erfolg dieser
Tagung könnte dazu ermutigen.
118
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Poster
119
Meilensteine für die
Futtermittelsicherheit
LFGB
§§
2005
VO (EG)
Nr. 183
2005 (FM-Hygiene-VO)
VO (EG)
Nr. 882
VO (EG)
Nr. 1831
VO (EG)
Nr. 1829
VO (EG)
Nr. 1782
VO (EG)
Nr. 178
2004 (Kontroll-VO)
2003 (FM-Zusatzstoff-VO)
2003 (GVO-VO)
2003 (Cross-Compliance-VO)
VO(EG) 2002 (LM-Basis-VO)
Nr. 999
2001 (TSE-VO)
Amtliche Futtermittelkontrolle
Wissenschaftliche Beratung/Risikobewertung
BVL
Risikomanagement
Wissenschaftl.
Beratung
Wi
ch
ns
sse
af t
l.
ra
Be
t un
g
Risikobewertung
BMELV
Risikomanagement
Gesetzgebung Koordinierung
sik
Ri
FAL- ITE/
BFEL
tu
er
ew
b
o
BfR
ng
Koordinierung
16 Landesministerien
AMK, ACK,
LAGV, AFU
Akkreditierung/
Zulassung
Auditierung Koordinierung
Betriebe bzw.
zwischengeschaltete
Personen
Zulassung /
Registr.
Kontrolle
Zu
la s s
/R
ung
trol
Ko n
Primärproduzenten
als Futtermittelunternehmer
120
tr.
e g is
Regierungspräsidien/
Landesämter/
Landesanstalten
Analysenauftrag
Analysenergebnis
Beauftragte
Laboratorien
le
Auditierung
Analysenauftrag
Registrierung
Kontrolle
Kreise/
kreisfreie
Städte
Analysenergebnis
Futtermittelhygieneverordnung
VO gilt
nicht
für:
Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 183/2005
Tierhalter die nur
zugekaufte
fütterungsfertige
Futtermittel füttern
(Anhang III)
Registrierungspflichtige
Futtermittelunternehmen
Private
Erzeugung
Registrierungspflichtige
Futtermittelunternehmen
mit Primärproduktion
Andere
registrierungspflichtige
Futtermittelunternehmen
(Anhang II)
Heimtierfütterung
darunter
Zulassungspflichtige andere
Futtermittelunternehmer, die
Futtermittel unter Verwendung von
bestimmten
Zusatzstoffen/Vormischungen
herstellen und/oder in den Verkehr
bringen (Anhang II + Zulassung)
Futtermittelerzeugung
für die
Direktvermarktung
Einzelhandel
Heimtierfutter
Direkte
Lieferung
kleiner
Mengen
auf örtlicher
Ebene
Registrierungspflichtige
Primärproduzenten mit
eigener Futtererzeugung,
einschließlich
Verwendung Ergänzungsfuttermittel / Siliermittel
(Anhang I und ggf. III)
Registrierungspflichtige
Primärproduzenten, einschl.
Futtermittelherstellung unter
Verwendung von
Zusatzstoffen (außer
Silierzusatzstoffen) oder
Vormischungen (Anhang II
und ggf. I und III)
Zulassungspflichtige
Primärproduzenten, die Mischfutter
unter Verwendung von bestimmten
Zusatzstoffen/Vormischungen
herstellen (Anhang II und ggf. I und
III + Zulassung)
darunter
121
Registrierungspflichtige
und zulassungspflichtige
Futtermittelunternehmen
Registrierungspflichtige Futtermittelunternehmen:
•
Einzelfuttermittelhersteller
(incl. Nebenprodukte aus der Lebensmittelwirtschaft)
Mischfutterhersteller (incl. Heimtierfutter)
Vormischungshersteller
Zusatzstoffhersteller
Mobile Mahl- und Mischanlagen
Inverkehrbringer
Transporteure
Lagerhalter
Mobile Trocknungsanlagen
Tierärzte (als Hersteller, Inverkehrbringer)
Importeure
Aufbereitungsanlagen
Veredlungsbetriebe (eigenes Getreide)
Milchviehhaltung (eigenes Grundfutter)
Schaf- und Ziegenhaltung (eigenes Grundfutter)
Deichschafhaltung
Damtierhaltung (eigenes Grundfutter)
Pferdehaltung (eigenes Grundfutter)
Reitstall (eigenes Grundfutter)
Landwirte, die Einzelfuttermittel aus der Primärproduktion verkaufen
Landwirte mit eigener Futtererzeugung und Eigenmischung unter
Verwendung von Zusatzstoffen mit Ausnahme von Silierzusatzstoffen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Zusätzlich zulassungspflichtig:
•
•
Hersteller und/oder Inverkehrbringer von Zusatzstoffen oder von Bioproteinen
Hersteller und/oder Inverkehrbringer von Vormischungen mit bestimmten
Zusatzstoffen
Hersteller von Mischfuttermitteln unter Verwendung von Kokzidiostatika,
Histomonostatika oder Wachstumsförderern
Hersteller von Mischfuttermitteln ausschließlich für den Bedarf des eigenen
landwirtschaftlichen Betriebes unter Verwendung von Kokzidiostatika,
Histomonostatika oder Wachstumsförderern
Herstellerbetriebe, die Grünfutter, Lebensmittel oder Lebensmittelreste zum
Zweck der Herstellung eines Futtermittels unter direkter Einwirkung der
Verbrennungsgase trocknen
Betriebe, die Futtermittel dekontaminieren
•
•
•
•
122
Amtliche
Futtermittelkontrolle
% Anteil der Untersuchungen
(Risikoorientierung - Futtermittelsicherheit)
Erstes Nationales Kontrollprogramm (2001)
70
60,2
60 55,1
54,7
59,6
52,6
50,7
46,8
50
Untersuchungen auf
40
30
27,9
27,8
Inhaltsstoffe und
Energie
27,6
24,2
24
18
16,4
unerw ünschte,
unzulässige und
verbotene Stoffe
20
10
0
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
123
Amtliche
Futtermittelkontrolle
Anzahl der untersuchten
Proben (n)
30000
27488
Beanstandete Proben (%)
19,9
29114
24730 22416
25000
18
20
17,5
16,2
15,4
19847
15
20000
15000
10
10000
5
5000
0
0
2001
2002
2003
2004
2005
2001
Anzahl der
Einzelbestimmungen (n)
200000
180000
184011
160450
147104
142189
160000
135064
140000
120000
100000
80000
60000
40000
20000
0
2001
124
2002
2003
2004
2005
4,8
5
4,5
4
3,5
3
2,5
2
1,5
1
0,5
0
2002
2003
2004
2005
Beanstandungen bei
Einzelbestimmungen (%)
4,2
3,8
2001
2002
2003
2,9
2,9
2004
2005
Amtliche
Futtermittelkontrolle
Beanstandungen bei
Inhaltsstoffen (%)
6,6
6,4
6,2
6
5,8
5,6
5,4
5,2
5
Beanstandungen bei
Zusatzstoffen (%)
6,5
6,3
5,8
5,8
5,5
2001
2002
2003
2004
16
14
12
10
8
6
4
2
0
2005
13,2
13,6
13,7
2004
2005
11,1
2001
Beanstandungen bei
unerwünschten Stoffen (%)
14,5
2002
2003
Beanstandungen bei
unzulässigen Stoffen (%)
3,4
2,5
3,5
2,1
2,6
3
2
2,5
1,5
2
1
0,6
0,6
1,4
1,5
0,3
0,5
0,2
0,9
0,7
2004
2005
1
0,5
0
0
2001
2002
2003
2004
2005
2001
2002
2003
125
126
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Kurzfassung
zum
Posterbeitrag
„BMELV/BfEL
Dioxinund
PCBStatuserhebung“ anlässlich der Veranstaltung „Meilensteine für die
Futtermittelsicherheit“ am 16./17.11.2006
K.-H. Schwind, W. Jira und S. Dänicke
Forschungsprojekt „Statusbestimmung“
Zur repräsentativen Belastungssituation deutscher Futtermittel mit dioxinähnlichen
polychlorierten Biphenylen und den daraus erzeugten vom Tier stammenden
Lebensmitteln gibt es nur sehr beschränktes Datenmaterial. Um diese
unbefriedigende Datenlage zu verbessern, startete Mitte des Jahres 2004 ein
mehrjähriges BMELV-Forschungsvorhaben, bei dem Futtermittel und die vom Tier
stammenden Lebensmittel Fleisch, Fisch, Milch, deren Produkte sowie Eier in den
BfEL-Standorten Kulmbach (Dioxin- und PCB-Analytik, Koordination), Hamburg
(PCB-Analytik) und Kiel (Dioxin-Analytik) auf Dioxine (PCDD/F), dioxinähnliche
polychlorierte Biphenyle (DL-PCB) und Indikator-Kongenere (PCB 28, PCB 52, PCB
101, PCB 138, PCB 153, PCB 180) aus der Substanzklasse der polychlorierten
Biphenyle (NDL-PCB) untersucht werden sollen.
Die Stoffklassen und Analytik der dioxinähnlichen Verbindungen
Mit dem Begriff „dioxinähnliche Verbindungen“ werden in der Regel 29 toxisch
relevante Einzelverbindungen (Kongenere) aus insgesamt drei Substanzklassen von
aromatischen Organochloverbindungen zusammengefaßt. Zwei davon – die
polychlorierten Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und die Dibenzofurane (PCDF) sind
tricyclische chlorierte aromatische Ether, die dritte Substanzklasse besitzt ein
Chloraromatensystem mit Biphenyl-Grundstruktur. Von den möglichen insgesamt
419 chlorierten Einzelverbindungen (Kongeneren) besitzen aber nicht alle
toxikologisches Wirkpotential, sondern nur diejenigen, bei denen das jeweilige
Molekülgrundgerüst an bestimmten Positionen mit Chloratomen substituiert ist. Für
die Stoffklassen der PCDD und PCDF sind dies die Molekülgrundgerüstpositionen
2,3,7 und 8, für die Substanzklassen der PCB sind dies die Positionen 3,4,5 und/oder
3’, 4’, 5’. Damit gibt es bei den PCDD sieben Kongenere, denen toxikologisches
Wirkpotential zugeschrieben werden muss, bei den PCDF sind es zehn und bei den
DL-PCB zwölf entsprechende Verbindungen. Ziel der modernen Spurenanalytik ist es
nun, diese 29 Kongenere mit toxikologischem Gefährdungspotential in
Umweltproben, Futter- und Lebensmitteln aus den insgesamt 419 möglichen
Einzelverbindungen dieser drei Substanzklassen abzutrennen, weitestgehend von
störenden Matrixbestandteilen zu befreien und schließlich quantitativ zu erfassen.
Die Analytik zur Bestimmung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB erfolgte in
Anlehnung an die EU-Richtlinie zur Bestimmung dieser Stoffe in Futtermitteln
(2002/69/EG, Richtlinie der Kommission vom 26.Juli 2002 zur Festlegung von
Anforderungen an die Bestimmung der Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen
PCB in Futtermitteln).
Vor der eigentlichen analytischen Aufarbeitung ist es hilfreich, in den Proben den
Wasseranteil möglichst schonend zu entfernen. Dazu wird in Kulmbach die
Gefriertrocknung eingesetzt. Danach werden die Proben zerkleinert und
homogenisiert. Anschließend werden die zu bestimmenden Stoffe aus der jeweiligen
Probe quantitativ extrahiert. An der BfEL in Kulmbach wird hierzu seit einiger Zeit
erfolgreich die ASE-Technik (Accelerated Solvent Extraction) eingesetzt, bei der die
Proben unter gleichzeitiger Anwendung hoher Drücke (bis zu 200 bar) und
Temperaturen, die über dem jeweiligem Siedepunkt des verwendeten
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
127
Extraktionsmittels bei Normaldruck liegen, extrahiert werden. In den sich daran
anschließenden
Clean-up-Schritten
(Gelpermeationschromatographie,
Chromatographie an Florisil, Chromatographie an Carbopack B) erfolgt die
Abtrennung von Biopolymeren, Fett und weiteren störenden Matrixbestandteilen,
sowie die Anreicherung von Dioxinen und PCB in den Probenextrakten. Mit einem
weitgehend automatisierten Chromatographieschritt an Carbopack B™ – einer
speziellen Aktivkohle – wird die Auftrennung der Dioxin- und PCB-Verbindungen in 3
Fraktionen (1. Fraktion mit mono- und di-ortho-PCB-Kongeneren, 2. Fraktion mit nonortho-PCB-Kongeneren, 3. Fraktion mit PCDD- und PCDF-Kongeneren) erreicht. In
diesen 3 Fraktionen werden Dioxine und dioxinähnliche PCB mit Hilfe der
Gaschromatographie getrennt und in Verbindung mit einem hochauflösenden
Massenspektrometer (HRGC/HRMS-System) getrennt.
Futtermitteluntersuchungen
Mit Hilfe eines möglichst repräsentativen Futtermittelbeprobungsplanes, der vom
Institut für Tierernährung der Forschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig
(FAL) unter Mitwirkung des BVL erstellt wurde, wurden am BfEL-Standort Kulmbach
mehr als 200 Futtermittelproben auf Dioxine (17 WHO-PCDD/F-Kongenere) und
dioxinähnliche PCB (12 WHO-PCB-Kongenere) untersucht. Die Probenahmen
erfolgten durch die Futtermittelkontrollbehörden der jeweiligen Bundesländera.
Die Auswahl der beprobten Futtermittel hatte zum Ziel, die durchschnittliche
Aufnahme von Dioxin- und PCB-Verbindungen durch landwirtschaftliche Nutztiere so
repräsentativ wie möglich darzustellen. Dabei wurde prinzipiell davon ausgegangen,
dass die tägliche Ration, die sich zum überwiegenden Anteil aus Grob- und
Mischfuttermitteln zusammensetzt, die Höhe der Aufnahme an diesen
unerwünschten Stoffen bestimmt. Mischfuttermittel enthalten hauptsächlich
energiereiche (z.B. Getreide) und proteinreiche (z.B. Sojaextraktionsschrot)
Konzentratfuttermittel. Darüber hinaus sind Vitamine, Aminosäuren und weitere
Zusatzstoffe enthalten. Die Analyse so gearteter Mischfuttermittel erfasst und
berücksichtigt auf diese Weise sowohl unterschiedliche Gehalte von Dioxin- und
PCB-Verbindungen aller in das Mischfuttermittel eingehenden Einzelkomponenten
als auch Fütterungsaspekte, da das Mischfuttermittel hinsichtlich seiner Energie- und
Nährstoffzusammensetzung auf die jeweilige Tierkategorie abgestimmt ist. Im
Rahmen der Statuserhebung wurden wichtige Einzelfuttermittel, die in die
Mischfuttermittel eingehen, mituntersucht. Empfehlungen des Bundesamtes für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hinsichtlich einer möglichst
repräsentativen Beprobungsrate von Grün- und Rauhfuttern wurden bei der
Erstellung der Beprobungspläne berücksichtigt und integriert.
Seit Februar 2006 werden in der EU erstmals auch dioxinähnliche PCB in
Futtermitteln geregelt. Zusätzlich zu den Höchstwerten für Dioxine gilt hier ein
Höchstgehalt für Dioxine und dioxinähnliche PCB in Form eines Summenwertes
(2006/13/EG, Richtlinie der Kommission vom 03. Februar 2006 zur Änderung der
Anhänge I und II der Richtlinie 200/32/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates über unerwünschte Stoffe in Futtermitteln in Bezug auf Dioxine und
dioxinähnliche PCB) bei dem in Futtermittelausgangserzeugnissen pflanzlichen
Ursprungs ein Höchstgehalt von 1,25 ng WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/kg Futtermittel
bezogen auf 88% Trockenmasse (TM) nicht überschritten werden darf. Darüber
hinaus wurden für die Substanzklassen der Dioxine und der dioxinähnlichen PCB
a
Wir danken den Behörden von 14 Bundesländern
128
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
sogenannte Auslösewerte festgesetzt, bei deren Überschreiten die verursachenden
Kontaminationsquellen zu ermitteln sind, um für entsprechende Eindämmung oder
Beseitigung zu sorgen. Da Kontaminationsquellen für Dioxine und dioxinähnliche
PCB in der Regel verschieden sind, wurden hier getrennte Auslösewerte für beide
Substanzklassen festgesetzt.
Die WHO-TEQ-Gehalte von dioxinähnlichen PCB bzw. Dioxinen in den untersuchten
Futtermittelproben liegen im Median bei 0,018 bzw. 0,028 ng/kg 88% TM. Diese
Absolutwerte unterscheiden sich nicht gravierend. Interessant ist die größere
Schwankungsbreite im Box-Whisker-Plot für die dioxinähnlichen PCB. Neben breiter
variierenden physikalisch-chemischen Eigenschaften der untersuchten PCBVerbindungen könnten die Gründe hierfür auch in den unterschiedlichen
Kontaminationsquellen für beide Stoffklassen liegen.
Betrachtet man die gemessenen Gehalte für Dioxin und dioxinähnliche PCB in
Mischfuttermitteln sowie in Rau- und Saftfuttermitteln, so zeigt sich, dass
Mischfuttermittel in der Regel geringere Gehalte an diesen unerwünschten Stoffen
aufweisen als Rauh- und Saftfutter. Eine mögliche Ursache hierfür ist wahrscheinlich
darin zu sehen, dass in die Mischfuttermittel in der Regel vorgereinigte und/oder
bereits prozessierte Einzelfuttermittel wie z.B. Getreidearten eingearbeitet werden,
die deswegen eine geringere Oberflächenkontamination mit den untersuchten
Zielanalyten aufweisen. Denn PCDD/F - aber auch viele PCB-Verbindungen gelangen gebunden an feine Staubpartikel, die sich ausgehend von den jeweiligen
Kontaminationsquellen über Luftströmungen verteilen, in die Umwelt. Durch
Deposition gelangen diese Schwebstaubpartikel aus der Luft auf die Oberflächen der
Böden und der Futterpflanzen, wo sie absorbiert werden. So sitzen
Umweltkontaminanten wie Dioxine und PCB-Verbindungen beispielsweise in bzw. an
den äußeren Schichten des Getreidekorns. Durch Transport- und Umladevorgänge
von Getreide, aber auch bei Vermahlungsschritten, wird ein Großteil dieser äußeren
Getreidekornschichten durch Abrieb entfernt und befindet sich dann in den sog.
Getreidestaubfraktionen, die schon aus diesen Gründen Schadstoffsenken darstellen
und deswegen aus der Nahrungskette zu entfernen sind.
Weder für die Stoffklasse der PCDD/F noch für die der dioxinähnlichen PCB waren in
den untersuchten Futtermittelproben Höchstwertüberschreitungen zu beobachten.
Die gesetzlichen Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland zur Senkung der
Dioxin- und PCB-Emissionen aus entsprechenden Quellen haben gegriffen und
zeigen Wirkung.
Insgesamt kann als Ergebnis der Statuserhebung im Projektabschnitt „Futtermittel“
festgehalten werden, dass PCDD/F- und dioxinähnliche PCB-Gehalte in deutschen
Futtermitteln erfreulich niedrig sind.
1. Einleitung und Zielsetzung
X
X
X
X
Durchgang 4
Durchgang 3
Durchgang 2
X
X
Durchgang 1
Gly
X
X
X
X
AS
X
X
X
X
Gly + AS
ohne Zusatz
0,77 g Glyphosat
aromatische Aminosäuren*
aromatische Aminosäuren* + 0,77 g Glyphosat
Versuchszeitraum: 4 Versuchsdurchgänge über je 28 Tage
* (0,89 g Tryptophan, 2,42 g Tyrosin, 3,43 g Phenylalanin)
Kontrolle
Gly
AS
Gly + AS
Die pansenphysiologischen Parameter pH-Wert, Ammoniak
und flüchtige Fettsäuren lagen bei allen Tieren und allen
Rationsvarianten im physiologischen Bereich. Auch hier
konnte kein signifikanter Einfluss von Glyphosat - mit oder
ohne Zusatz aromatischer Aminosäuren - beobachtet werden.
Die in sacco Trockensubstanzabbaukurven von Grasheu
zeigten bei allen Rationsvarianten ähnliche Verläufe. Auch
bei der statistischen Auswertung der Ergebnisse mittels
2faktorieller Varianzanalyse war kein signifikanter Einfluss
von Glyphosat, aromatischen Aminosäuren oder deren
Wechselbeziehung festzustellen.
Grundfutter: 1 kg Maissilage-T, Min.-Vit.-Ergänzung,
Harnstoff
Rationsvarianten (2faktoriell):
3. Ergebnisse und Diskussion
pansenphysiologische Parameter: pH-Wert, NH3, FFS:
1x pro Versuchsdurchgang über einen Zeitraum von 5 h
in sacco Trockensubstanzabbau von Heu über 2 bis 96 h
Untersuchte Parameter:
Tier 1
Tier 2
Tier 3
Tier 4
Tier 1
Tier 2
Tier 3
Tier 4
X
X
Tier 1
Tier 2
Tier 3
Tier 4
Tier 1
Tier 2
Tier 3
Tier 4
Kontrolle
Tier
Versuchsprogramm:
Versuchstiere: 4 Hammel mit Pansenfisteln
2. Material und Methoden
ob eine verminderte Aktivität möglicherweise nur dann
auftritt, wenn die Zufuhr aromatischer Aminosäuren über
das Futter limitiert ist.
ob Glyphosatrückstände, wie sie maximal im Futter
vorkommen können, die Aktivität von Mikroorganismen im
Pansen von Wiederkäuern beeinträchtigen und
Ziel unserer Untersuchungen war es daher zu prüfen,
Da der Shikimisäurezyklus außer bei Pflanzen auch bei
Bakterien und Pilzen vorkommt, sind vor einigen Jahren
Bedenken aufgekommen, ob Glyphosatrückstände im Futter
die Pansenmikroorganismen von Wiederkäuern schädigen
können.
Glyphosat gehört weltweit zu den wichtigsten herbiziden
Pflanzenschutzmittelwirkstoffen und wird seit vielen Jahren in
unterschiedlichen Bereichen der Landwirtschaft, u.a. auf
Wiesen und Weiden sowie zur Ernteerleichterung von
Futtergetreide eingesetzt. Seine Wirkungsweise auf Pflanzen
beruht auf einen Eingriff in einen wichtigen Stoffwechselweg,
den Shikimisäurezyklus, der für die Synthese aromatischer
Aminosäuren erforderlich ist. Dieser Eingriff führt schließlich
zum Absterben der Pflanze.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
12
24
36
Zeit, h
48
60
72
Kontrolle
Gly
AS
Gly + AS
Kontrolle
84
96
Gly + AS
AS
Gly
3)
2)
1)
0,031
0,030
0,033
0,030
Abbaurate
von b [h-1]
59,7
59,6
60,1
58,5
ED 23)
[%]
40,2
40,0
40,7
39,5
ED 83)
[%]
Auf der Grundlage dieser Untersuchungen ist bei der
Verfütterung von Futtermitteln mit Glyphosatrückständen, die
aus einer sachgerechten, zugelassenen Anwendung eines
Herbizids herrühren, mit keiner negativen Beeinträchtigung der
Pansenfermentation beim Wiederkäuer zu rechnen.
4. Schlussfolgerung
lösliche Fraktion
abbaubare Fraktion
effektive Abbaubarkeit bei einer angenommenen Passagerate von 2 bzw. 8 %/h
59,8
23,7
Gly + AS
59,7
58,1
59,7
23,7
Gly
23,7
23,7
Kontrolle
b2)
[%]
AS
a1)
[%]
Variante
Tab.1: Ermittelte Parameter für den in sacco T-Abbau von Grasheu für
die 4 unterschiedlichen Rationsvarianten
Abb.1: Mittlerer in sacco T-Abbau von Grasheu (n = 4) in Abhängigkeit von der Inkubationszeit im Pansen für die 4 Rationsvarianten (Angleichung der Daten an eine nicht-lineare Regression)
T-Abbau, %
Institut für Tierernährung, Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), Bundesallee 50, 38116 Braunschweig
Liane Hüther, Svenja Drebes, P. Lebzien
Untersuchungen zum Einfluss von Glyphosatrückständen im Futter auf pansenphysiologische
Parameter und auf den in sacco Trockensubstanzabbau
129
mittlere AA Aufnahme, µg/d
80,00
70,00
60,00
50,00
40,00
30,00
20,00
10,00
0,00
2
1
3
14,77
69,83
Versuchswoche
12,98
62,09
11,77
59,20
4
13,58
73,17
Figure2. Acrylamide intake, mg/hen/day
Figure1. Potato meal before/after baking
Versuch
Kontrolle
Methods
• 16 hens (LSL) were kept individually in a cage battery
• Duration time of the experiment was four weeks
• Commenced when the hens were 42 weeks old
• 120 g feed were provided per hen and day (Fig.2)
• Diet: 50 % potato meal, soy bean meal, barley, premix
• Potato meal of the experimental group was baked for 2
hours at 150 degrees (Fig.1)
• Acrylamide content: Experimental diet 671 ±32 µg/ kg
Control diet
125 ±40 µg/kg
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
2,50
3,00
3,50
1,02
Ei
2,21
Egg
0,43
Leber
1,24
Liver
0,93
B rustmuskel
3,14
Breast muscle
Kidney
N ie re
0,04 0,05
V ersuch
K ontrolle
µg/kg
Breast meat
Kidney
Liver
Table2
1.39
±0.20(n=51)
1.14
±0.47(n=35)
Experimental
Figure3. Carry over coefficients of acrylamide, %
0.39
±0.27(n=60)
2nd week
0.11
±0.14(n=38)
1st week
Control
Table1 µg/100g egg
8.7 ± 1.5 (n=3)
3.3 ± 5.8 (n=3)
5.3 ± 9.2 (n=3)
Control
1.64
±0.18(n=16)
0.58
±0.10(n=22)
3rd week
15.6 ± 8.3 (n=7)
27.7 ± 15.9 (n=8)
9.9 ± 4.1 (n=8)
Experimental
1.72
±0.05(n=24)
0.59
±0.18(n=26)
4th week
Results and discussion
During the experimental time the acrylamide concentration of eggs in the experimental
and control groups was increased (Tab.1). After a trial duration of three weeks, the
concentration of acrylamide in the eggs no longer changed. The carry-over coefficients of
acrylamide from diet to egg were 0.022/0.011 of experimental/control hens (Fig.3). At the
end of the trial the highest content of acrylamide was determined in the kidneys, in
comparison to breast muscle meat and liver, of the experimental hens (Tab.2).
Introduction
Acrylamide is produced during the thermal processing of food, mainly due to the Maillard reaction of asparagine and
reducing sugars. In foods which are baked, roasted, deep fried or similarly prepared, acrylamide levels of over 2000
µg acrylamide per kg have been measured. Potato products in particular have a high potential for accumulating
acrylamide. The objective of this study was to determine the carry-over of acrylamide from a heated potato product to
eggs, muscles and organs of laying hens.
I. Halle, G. Flachowsky 1) M. Ihling 2) M. Lahrssen-Wiederholt, H. Klaffke 3)
1) Institut für Tierernährung (FAL), Braunschweig, 2) Institut für Ernährungswissenschaften FSU Jena,
3) Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin
Effect of acrylamide from a heated potato product on the acrylamide content in eggs, breast
muscle meat, liver and kidney of hens
wiedergefundenes AA, % der Tagesaufnahme
130
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
131
Extensivierung von Grünland: Gefahrenpotential von Pyrrolizidinalkaloiden für die
Tiergesundheit und den gesundheitlichen Verbraucherschutz
Nadine Adrian, Annabella Khol-Parisini, H. Klaffke
BUNDESINSTITUT FÜR RISIKOBEWERTUNG
Bundesinstitut für Risikobewertung, Abteilung Lebensmittelsicherheit, Leiter: Prof. Dr. Dr. A. Lampen
Zum Auftreten pyrrolizidinalkaloidhaltiger Giftpflanzen
Gefahrenquellen für die Tiergesundheit
Im Zuge einer sich ändernden EU-Agrarpolitik gewinnt die extensive bzw.
ökologische Bewirtschaftung von Grünlandflächen auch in der modernen
Landwirtschaft an Bedeutung. Auf diesen extensiv genutzten Flächen zeigt
sich eine wachsende Artenvielfalt. Allerdings breiten sich auch
pyrrolizidinalkaloidhaltige Giftpflanzen vermehrt aus. In den letzten Jahren
häufen sich Berichte, nach denen das Vorkommen von PyrrolizidinalkaloidIntoxikationen beim Weidevieh zunimmt. Verantwortlich dafür ist
insbesondere das vermehrte Auftreten des pyrrolizidinalkaloidhaltigen
Jakobskreuzkrautes (Senecio jacobaea), ein spät blühender Korbblütler der
Senecio spp. (Abb.1).
Die Pyrrolizidinalkaloide des Jakobskreuzkrautes (Senecio jacobaea)
werden in der Leber in sehr reaktive Pyrrol-Derivate umgewandelt. Diese
Biotransformationsprodukte können kovalente Bindungen mit der DNA und
mit anderen Makromolekülen der Leber eingehen. Die Pyrrolizidinalkaloide
des Jakobskreuzkrautes wirken dadurch stark hepatotoxisch und weisen
darüber hinaus sowohl eine karzinogene und mutagene Wirkung, als auch
teratogenes Potential auf. Nach oraler Aufnahme von Jakobskreuzkraut
kann es daher zu nekrotischen Veränderungen der Leber bis hin zur
Leberzirrhose kommen (Abb. 3).
Zur Aufnahme pyrrolizidinhaltigen
Jakobskreuzkrautes
Das Nutztier kann Jakobskreuzkraut sowohl
bei der Beweidung extensiv bewirtschafteter
Grünlandflächen
als
auch
bei
Stallhaltung aufnehmen, wenn Heu oder
Grassilage
verfüttert
werden.
Bei
Weidehaltung scheinen vor allem ältere
Tiere pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen
instinktiv zu meiden, während Jungtiere
beim Weidegang eher gefährdet sind. Das
Risiko der Aufnahme von Jakobskreuzkraut
steigt unter Bedingungen eines hohen
Beweidungsdruckes und dem damit einhergehenden Mangel an Selektionsmöglichkeiten.
Bei der Stallhaltung erfolgt die Aufnahme
über Heu bzw. Silage, die mit pyrrolizidinalkaloidhaltigen Pflanzen verunreinigt sind.
Abb. 3: Fortgeschrittene Leberzirrhose beim Rind
Auf Grund der kumulativen Wirkung der
Pyrrolizidine und der durch sie verursachten
hochgradigen Leberschädigung ist die Prognose
i.d.R. sehr ungünstig. Bei akuter Vergiftung tritt
der Tod innerhalb weniger Tage ein, bei
chronischer Vergiftung (infolge sukzessiver
Aufnahme kleinerer Mengen) können oft erst
nach Wochen oder Monaten entsprechende
toxische Effekte beobachtet werden.
Risiko für die menschliche Gesundheit:
Carry over in tierische Erzeugnisse
Mit
Blick
auf
den
gesundheitlichen
Verbraucherschutz ist der Übergang (Carry
over) von Pyrrolizidinalkaloiden aus dem
Futtermittel (Weide/Heu) in die Milch von Kühen,
Schafen und Ziegen, welche belastetes Futter
aufgenommen haben, von Bedeutung. Aus den
in der Literatur vorliegenden Ergebnissen
tierexperimenteller Untersuchungen kann eine
Carry over-Rate nur sehr begrenzt abgeleitet
werden. Danach gibt es Hinweise, dass weniger
als 1% der aufgenommenen Pyrrolizidinalkaloide über die Milch ausgeschieden werden.
Einfluss des Prozesses der
Heuwerbung und Silierung auf die
Toxizität von Pyrrolizidinalkaloiden
Die toxische Wirkung des Jakobskreuzkrautes beruht auf seinem Gehalt an
Pyrrolizidinalkaloiden, der in den Blüten am
höchsten ist (Abb. 2).
Abb. 1: Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea)
Während bei dem Prozess der Heubereitung (Trocknung) die Toxizität der
Pyrrolizidinalkaloide weitgehend unbeeinflusst erhalten bleibt, wird bei der
Silierung ein vergleichsweise großer Anteil der Pyrrolizidinalkaloide in
unproblematischere Verbindungen biotransformiert. Das weidende Tier
meidet pyrrolizidinalkaloidhaltige Pflanzen auch wegen ihres unangenehmen Geruchs. Im Heu und in den Silagen wird dieser Geruch
überdeckt. Durch die Stabilität der Pyrrolizidinalkaloide bei der Trocknung
besteht insbesondere durch die Verfütterung von spät geschnittenem Heu,
welches mit Jakobskreuzkraut kontaminiert ist, für die Tiere die Gefahr
einer Pyrrolizidinalkaloid-Intoxikation.
Das Problem ist nicht nur auf laktierende Tiere beschränkt. Auch in Honig
aus bestimmten Gebieten konnten Pyrrolizidinalkaloide in Mengen von bis
zu 3,9 mg/kg nachgewiesen werden.
Aktuell werden am Bundesinstitut für Risikobewertung die Analysemethoden zur Bestimmung der Pyrrolizidinalkaloide in unterschiedlichen
Lebensmittel-Matrizes (z.B. Milch, Honig) optimiert und validiert. Parallel
werden tierexperimentelle Untersuchungen am kleinen Wiederkäuer mit
dem Ziel durchgeführt, den Übergang von Pyrrolizidinalkaloiden aus einem
mit Jakobskreuzkraut kontaminierten Futter in die Milch zu quantifizieren.
Zudem wird in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen
Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin das Thema der „Wirkungen der
Pyrrolizidinalkaloide auf die Gesundheit von Tier und Mensch“ im Rahmen
einer Masterthesis untersucht.
Literatur
Abb. 2: Blüte (links) und Samenbildung (rechts) von Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea)
Anonymus (2006): Jakobskreuzkraut: Giftpflanze auf dem Vormarsch;
Deutsches Tierärzteblatt 10: 1210
Clarke, E.G.C.; Clarke, M. (1975): Veterinary Toxicology, London
Dickinson, J.O., Cooke, M.P., King, R.R., Mohamed, P.A. (1976): Milk
Transfer of Pyrrolizidine Alkaloids in Cattle; Journal of the American
Veterinary Medical Association 169: 1192-1196
Mattocks, A. R. (1986): Chemistry and Toxicology of Pyrrolizidine Alkaloids,
London
Panter, K.E., James, L.F. (1990): Natural plant toxicants in milk: a review;
Journal of Animal Science 68: 892-904
Bundesinstitut für Risikobewertung • Thielallee 88-92 • D-14195 Berlin • Tel. 0 30 - 84 12 - 0 • Fax 0 30 - 84 12 - 47 41 • bfr@bfr.bund.de • www.bfr.bund.de
132
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Risikoeinschätzung der Kontamination
von Rübenschnitzeln mit tierischen
Bestandteilen
Heike Itter, Chr. Boess, H. Broll, Monika Lahrssen-Wiederholt
BUNDESINSTITUT FÜR RISIKOBEWERTUNG
Bundesinstitut für Risikobewertung, Abteilung Lebensmittelsicherheit, Leiter: Prof. Dr. Dr. A. Lampen
Problementwicklung
Hintergrund
In einer Schiffsladung mit Zuckerrübenmelasseschnitzeln wurden im Rahmen der amtlichen
Kontrolle in Irland Spuren tierischer Bestandteile gefunden. Da nicht auszuschließen war, dass
durch diese Futtermittel ein ernstes unmittelbares oder mittelbares Risiko für die menschliche
Gesundheit ausgehen kann (Verfütterungsverbot), wurde das Europäische Frühwarnsystem
RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) ausgelöst und die Ladung mit den aus
Deutschland stammenden Pellets von den Behörden am 23. November 2004 blockiert.
Bestimmungen über das Verbot der Verfütterung von aus Tieren gewonnenen Proteinen, sind in der
Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. März 2001 mit
Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer
Enzephalopathien (TSE) festgelegt.
Das Gemeinschaftsrecht verbietet die Verfütterung von aus Säugetieren gewonnenen Proteinen, von
sonstigen tierischen Proteinen und Futtermitteln, die solche Proteine enthalten an Wiederkäuer. Es
gilt eine "Nulltoleranz“. Die Maßnahmen dienen dem Ziel der Gewährleistung der
Futtermittelsicherheit und des gesundheitlichen Verbraucherschutzes.
Als ein Nachweiß für die Kontamination von Futtermitteln mit tierischem Eiweiß gilt z.B. das
Vorhandensein von Knochenfragmenten.
Knochenfragment aus Zuckerrüben-Melasseschnitzel
Mikroskopie
Potentielle Kontaminationswege
Die große Aufmerksamkeit, die dieser Fall erzielte, lag in der Tatsache begründet, dass es sich bei
dem beanstandeten Futtermittel um Zuckerrübenmelasseschnitzel handelte, einem
Ausgangserzeugnis, bei dem der Nachweis einer Kontamination mit tierischen Proteinen allgemein
Verwunderung hervorrief.
Die Zuckerrübe ist aufgrund einer botanischen Besonderheit, der sogenannten Wurzelrinne,
prädestiniert für hartnäckige Anhaftungen des Ackerbodens. Es wurde untersucht, ob als Ursache ein
Eintrag über den an den Rüben anhaftenden Boden in Betracht kommt. Zu diesem Zweck wurden
Bodenproben fraktioniert und die Feinsandfraktion mikroskopisch auf Knochenfragmente analysiert. In
mehr als 60 % der untersuchten Bodenproben wurden Knochenfragmente gefunden (Hoffmann et al.,
2005). Aufgrund unterschiedlicher Bodennutzungsformen und Bodenbeschaffenheit können
Knochenfragmente über sehr lange Zeiträume im Boden verbleiben.
Die Knochenfragmente im Boden stammen unter anderem von
- Resten von Beutetieren von Füchsen und Greifvögeln
- Exkrementen von Füchsen und Greifvögeln
- erntebedingten Kleintierkadaver (Feldmäuse etc.)
- jahrelangem Ausbringen von Exkrementen landwirtschaftlicher Nutztiere, die früher mit
Tiermehl gefüttert wurden
- zulässigem Einsatz von Knochenschroten oder –mehl als Phosphatdünger
Neben den Bodenanhaftungen in der Wurzelrinne kann auch die Epidermis von Wurzel- und
Knollenfrüchten Knochenfragmente aufweisen. So bewirkt Wind und Regen, dass Bestandteile der
Feinsandfraktion der Ackerkrume aufgewirbelt werden (sog. Spray), mit dem Effekt der
Kontaminationen oberirdischer Pflanzenteile. Bei einigen Feldfrüchten besteht somit die Möglichkeit,
dass Knochenfragmente oder andere Bodenpartikel im Verlauf des Wachstums in die Epidermis
eingeschlossen werden.
Ein Ergebnis des im Januar 2005 im Bundesinstitut für Risikobewertung durchgeführten
Sachverständigengesprächs war, dass bei der Verarbeitung der Zuckerrübe selbst intensives
Waschen des Wurzelkörpers nicht verhindern kann, dass im Nebenprodukt, den zu Futterzwecken
eingesetzten Rübenschnitzeln, Knochenfragmente in Spuren nachgewiesen werden.
Risikobewertung durch das BfR
nach Hoffmann et al. (2005)
Reaktion auf EU-Ebene
Bei Zuckerrübenschnitzeln wurden tierische Verunreinigungen gefunden. Es handelte sich dabei um
Überreste von Nagern (Ratten, Mäuse), die im Verlauf der Ernte in Form von Bodenanhaftungen in
das Rohmaterial gelangten. In einer gemeinsamen vom BfR und dem Friedrich-Loeffler-Institut
erarbeiteten Risikobewertung wurde festgestellt, dass die “BSE-Rest”-Infektiösität von verarbeitetem
tierischen Protein, welches aus Material der Kategorie 3 hergestellt und Verwendung in Düngemitteln
und Kultursubstraten findet, als vernachlässigbar angesehen wird. Ebenso wird das BSE-Risiko von
Futtermitteln mit Anhaftungen tierischer Bestandteile aus dem Boden, die über Spray und Staub auf
das Futtermittel gelangen, als vernachlässigbar angesehen.
Die Bundesrepublik Deutschland beantragte bei der EU-Kommission eine Präzisierung der Vorschriften zum Verfütterungsverbot
tierischer Proteine an Wiederkäuer (Anhang IV Nr. 1lit. b der Verordnung (EG) Nr. 999/2001), verbunden mit dem Vorschlag,
anbau- und erntebedingte Verunreinigungen mit tierischen Bestandteilen vom Verbot auszunehmen. Begründet wurde der Antrag
mit dem Ergebnis der Risikobewertung, nach dem ein Risiko, dass sich lebensmittelliefernde landwirtschaftliche Nutztiere,
insbesondere Wiederkäuer, durch die Verfütterung von mit Spuren tierischer Überreste kontaminierter Zuckerrübenschnitzel mit
BSE infizieren, nicht gegeben sei. Die EU-Kommission folgte dem Vorschlag aus Deutschland.
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1292/2005 wurde der Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments
und des Rates hinsichtlich der Tierernährung neu gefasst: II. A. Die in Artikel 7 Absätze 1 und 2 vorgesehenen Verbote gelten nicht
für (Buchstabe d): „die Verfütterung von Knollen- und Wurzelfrüchten sowie Futtermittel, die solche Erzeugnisse enthalten, an Nutztiere,
wenn Knochenspuren nachgewiesen wurden; sie kann von Mitgliedstaaten erlaubt werden, sofern eine befürwortende Risikobewertung
vorliegt. Bei der Risikobewertung sind zumindest die Menge und die möglichen Kontaminationsquellen sowie die endgültige Bestimmung
der Sendung zu berücksichtigen.“
Nationale Umsetzung
Um eine einheitliche Vorgehensweise bei der Bewertung der Risiken infolge des Nachweises von Spuren von Knochensplittern in
Futtermitteln aus Knollen- und Wurzelfrüchten zu gewährleisten, stellte die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten ein sogenanntes
„Non-Paper“ mit Informationen zu Art und Umfang der Risikobewertung zur Verfügung.
National wurde daraufhin in Deutschland der „Leitfaden für die Risikoabschätzung bei der Durchführung der VO (EG) Nr. 999/2001“
erarbeitet. Dieser beinhaltet eine detaillierte Anleitung, wie bei einem positiven Nachweis von tierischen Bestandteilen in Futtermitteln
vorzugehen sei. Anhand von Prüfkriterien werden der Umfang und die Quelle der Verunreinigung erfasst, ebenso wie die genaue
Bestimmung der Lieferung. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen wird eine einzelfallbezogene Risikobewertung erstellt und
dann darüber entschieden, ob eine Verfütterung des Futtermittels erlaubt werden kann.
Literatur
Hoffmann, Christa M.; Becker, K.-W.; Meyer, B.; Märländer, B. (2005): Knochenfragmente im Boden - Null-Toleranz für Futtermittel?;
Berichte über Landwirtschaft83 (2005):325-333
Verordnung (EG) Nr. 1292/2005 der Kommission vom 5. August 2005 zur Änderung des Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen
Parlaments und des Rates hinsichtlich der Tierernährung, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 205, S.3 vom 6.8.2005
Food-info.net
Bundesinstitut für Risikobewertung • Thielallee 88-92 • D-14195 Berlin • Tel. 0 30 - 84 12 - 0 • Fax 0 30 - 84 12 - 47 41 • bfr@bfr.bund.de • www.bfr.bund.de
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
133
Cadmium ein unerwünschter Stoff in der Tierernährung
H. Schafft, Simone Nitschke
BUNDESINSTITUT FÜR RISIKOBEWERTUNG
Abteilung Lebensmittelsicherheit des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR), Leiter: Prof. Dr. Dr. Alfonso Lampen
Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
Zur Toxizität von Cadmium
Vor über 30 Jahren wurden am Institut für Tierernährung der Bundesforschungsanstalt für
Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig umfangreiche Untersuchungen zum Einfluss von
Schwermetallen im Futter auf die Rückstandsbildung in den Geweben von Nutztieren durchgeführt
(Petersen und Vemmer, 1979; Vemmer und Petersen, 1978; Vemmer und Petersen,1979). Diese
Forschungsarbeiten gelten bis heute als Meilensteine für die Futtermittelsicherheit.
Die Kontamination von Tierfutter mit Schwermetallen kann aufgrund des ubiquitären Auftretens von
Cadmium in der Umwelt nicht vollständig vermieden werden. Entscheidend ist, den Gehalt an
unerwünschten Stoffen in den zur Tierernährung bestimmten Erzeugnissen unter gebührender
Berücksichtigung der Toxizität, der Bioakkumulationsfähigkeit sowie der jeweiligen Metabolisierungsbzw. Ausscheidungsrate so herabzusetzen, dass keine unerwünschten und schädlichen Folgen
eintreten.
In zahlreichen Fütterungsversuche mit Mastschweinen wurden damals sowohl der Zusammenhang
zwischen der Cadmiumzufuhr und der tierischen Leistung untersucht als auch der Umfang der
Akkumulation von Cadmium in unterschiedlichen Organen und Geweben der Schweine quantifiziert.
Die Ergebnisse dieser tierexperimentellen Arbeiten dienten als Grundlagen für die Festlegung der
Höchstgehalte an Cadmium in Futtermitteln.
Für Lebensmittel existierten in Deutschland bereits seit 1976 so genannte Richtwerte für Cadmium
– zunächst allerdings ohne Gesetzescharakter. So ergab sich die Notwendigkeit, auch für
Futtermittel Höchstgehalte für Cadmium festzulegen (EU 1987) . Diese Höchstgehalte sollten
sicherstellen, dass die Höchstgehalte in Lebensmitteln nicht überschritten werden.
Cadmium (Cd) ist für alle Tierarten toxisch. Bei den meisten als Nutztiere gehaltenen Tierarten,
einschließlich den Schweinen, die als empfindlichste Spezies gelten, ist es unwahrscheinlich,
dass die gegenwärtig gültigen Höchstgehalte in Fleisch, Lebern und Nieren von 0,05, 0,5 bzw.
1,0 mg Cd pro kg Frischgewicht überschritten werden, sofern die Cadmiumkonzentration in der
Ration einen Wert von 0,5 mg pro kg Futtertrockenmasse nicht überschreitet.
Cadmium kann sich im menschlichen Körper ansammeln und zu Nierenversagen,
Skelettschäden und Einschränkungen der Reproduktionsfunktion führen. Es kann zudem nicht
ausgeschlossen werden, dass Cadmium beim Menschen karzinogen wirkt.
Höchstgehalte Cadmium
mg / kg Futtermittel (88%TM)
1987
2006
Einzelfuttermittel pflanzlichen Ursprungs
Einzelfuttermittel tierischen Ursprungs
Einzelfuttermittel mineralischen Ursprungs, ausgenommen
- Phosphate
Alleinfutter für Rinder, Schafe, Ziegen, Fisch, ausgenommen
- Alleinfutter für Heimtiere
- Alleinfutter für Kälber, Lämmer etc.
Ergänzungsfuttermittel für Heimtiere
1
2
5
10
1
-0,5
--
1
2
2
10
1
2
0,5
2
Auszüge aus Anon (2006); EU (1987); EU (2005)
Vorbeugender gesundheitlicher Verbraucherschutz
Als Kontaminant in Lebensmitteln gilt jeder Stoff, der dem Lebensmittel nicht absichtlich hinzugefügt
wird, jedoch als Rückstand im Verlauf der Lebensmittelherstellungskette oder infolge einer
Verunreinigung durch die Umwelt im Lebensmittel vorhanden ist. Es darf kein Lebensmittel in den
Verkehr gebracht werden, das einen Kontaminanten in einer gesundheitlich und insbesondere
toxikologisch nicht vertretbaren Menge enthält. In Analogie zu den Bedingungen bei den
unerwünschten Stoffen in der Tierernährung, sind bei den Lebensmitteln die Höchstgehalte für
Cadmium so niedrig anzusetzen, wie dies vernünftigerweise und durch gute Praxis auf allen Stufen
der Lebensmittelherstellungskette sinnvoll zu erreichen ist (EU1993).
Bei Höchstmengenregelungen für Schwermetalle in Futter- und Lebensmitteln steht nicht die akute
Vergiftungsgefahr als Gefährdungspotential im Mittelpunkt der Betrachtung, sondern vielmehr die
tägliche Aufnahme geringer Dosen über vergleichsweise lange Zeiträume. Als Maßnahmen für den
gesundheitlichen Verbraucherschutz leiten sich daraus neben der Festsetzung von Höchstmengen
die Einhaltung von Qualitätsparametern bei Produktion, Transport, Lagerung und Weiterverarbeitung
sowie die Aufklärung des Verbrauchers ab. Das Ziel besteht darin, eine Senkung der
Schwermetallkontamination in den Futter- und Lebensmitteln auf das niedrigste, technisch
erreichbare Niveau zu erreichen. Da ein vollständiger Schutz vor schädlichen Einflüssen aus der
Umwelt nicht möglich ist, muss das verbleibende Restrisiko minimiert werden.
Da der häufige Verzehr von Nierengewebe älterer Tiere (Pferde, Zuchtschweine, Rinder) sowie der
Verzehr von Leber und Nieren von jagdbarem Wild wesentlich zu einer unerwünschten Belastung
des Menschen insgesamt beitragen kann, unterliegen einige dieser Produkte besonderer
Regelungen im Rahmen der Fleischhygiene.
Die Aufnahme einer mit Cadmium kontaminierten Futterration kann die Resorption von
Spurenelementen, insbesondere Kupfer beeinträchtigen und bei Wiederkäuern zu einem
sekundären Kupfermangel führen. Zudem besteht das Risiko, dass durch hohe Kupfergehalte im
Schweinefutter (durch Kupferergänzung) eine unerwünschte Cadmiumakkumulation in Organen
(Leber und Nieren) auftritt, während eine Zinkergänzung die Bioverfügbarkeit von Cadmium
verringert (EFSA 2004).
Höchstgehalte für Heimtierfutter
Die geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über Cadmium in Erzeugnissen, die für
Futtermittel bestimmt sind, reichen im Allgemeinen aus, um zu gewährleisten, dass diese
Erzeugnisse keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen oder die Tierhaltung
beeinträchtigen.
Für Heimtierfutter war bisher kein Höchstgehalt festgelegt worden. Da Heimtiere immer älter
werden, erschien es notwendig, sowohl für Allein- als auch Ergänzungsfuttermittel für Heimtiere
entsprechende Höchstwerte festzusetzen (EU 2005; Anon. 2006).
Literatur
Dosis- und altersabhängige Anreicherung von Cadmium im Nutztier
Die Cadmiumakkumulation in tierischem Gewebe hängt von der Konzentration des Stoffes in der
Tagesration sowie der Dauer der Exposition ab. Die vergleichsweise kurze Lebensspanne von Tieren
wie Mastschweinen und Mastgeflügel minimiert das Risiko unerwünschter Cadmiumkonzentrationen
in essbaren Geweben dieser Tiere.
Bei allen lebensmittelliefernden Tiere sind die Nieren dasjenige Organ, in dem die Akkumulation
von Cadmium zuerst Konzentrationen erreicht, die die zulässigen Höchstgehalte für
Kontaminanten in Lebensmitteln überschreiten. Neuere Kalkulationen auf Basis von MetaAnalysen von entsprechenden Fütterungsversuchen kommen zu dem Schluss, dass die
Cadmiumkonzentrationen in den Nieren von Schafen im Mittel schon nach 130 Fütterungstagen
die zulässigen Höchstgehalte überschreiten, wenn den Tieren Futterrationen verabreicht werden,
deren Cadmiumgehalte den Bereich der in der EU zulässigen Höchstwerte nicht überschreiten
(Prankel et al., 2004; 2005).
Wiederkäuer und Pferde nehmen während ihrer gesamten Lebenszeit Cadmium mit dem Grundfutter
(Weidegras/Heu) auf. In bestimmten Regionen kann dies zu einer unerwünschten
Cadmiumakkumulation, insbesondere in den Nieren, führen.
Anon (2006): Achtundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Futtermittelverordnung vom 6. Juli 2006; BGBl. Teil 1
(2006) Nr. 31 vom 13. Juli 2006, 1444
EFSA (2004): Gutachten des Wissenschaftlichen Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette auf Ersuchen
der Kommission bezüglich Cadmium als unerwünschte Substanz in Tierfuttermittel. (Anfrage Nr. EFSA-Q-2003-033).
EFSA Journal (2004) 72: 1-24
EU (1987): Richtlinie der Kommission vom 1. April 1987 zur Änderung der Anhänge der Richtlinie 74/64/EWG des Rates
über unerwünschte Stoffe und Erzeugnisse in der Tierernährung (87/238/EWG), ABl. L 110 vom 25.4.1987, S.25
EU (1993): Verordnung (EWG) Nr. 315/93 des Rates vom 8. Februar 1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen
Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln; ABl. L 37 vom 13.2.1993, S.1
EU (2005): Richtlinie 2005/87/EG der Kommission vom 5. Dezember 2005 zur Änderung von Anhang I der Richtlinie
2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung in Bezug auf
Blei, Fluor und Cadmium, ABl. L 318 vom 6.12.2005, S. 19
Petersen, U.; Vemmer, H. (1979): Untersuchungen über den Einfluss steigender Cadmiumzulagen auf die Entwicklung
von Mastschweinen und auf die Rückstandsbildung in verschiedenen Geweben. 1. Mitteilung: Entwicklung der Tiere und
Schlachtbefunde; Landwirtsch. Forschung 32 (1979): 292-302
Prankel, S.H.; Nixon, R.M.; Phillips, C.J. (2004): Meta-analysis of feeding trials investigating cadmium accumulation in the
livers and kidneys of sheep; Environ Res 94 (2004): 171-183
Prankel, S.H.; Nixon, R.M.; Phillips, C.J. (2005): Implications for the human food chain of models of cadmium
accumulation in sheep; Environ Res 97 (2005): 348-358
Vemmer, H.; Petersen, U. (1978): Blei- und Cadmiumgehalte in verschiedenen Geweben von Mastschweinen bei
normaler Fütterung; Landwirtsch. Forschung, Sonderheft 34/1 (1978), Kongressband 1977, 62-71
Vemmer, H.; Petersen, U. (1979): Untersuchungen über den Einfluss steigender Cadmiumzulagen auf die Entwicklung
von Mastschweinen und auf die Rückstandsbildung in verschiedenen Geweben. 2. Mitteilung: Cadmiumrückstände in
verschiedenen Geweben; Landwirtsch. Forschung 32 (1979): 303-315
Bundesinstitut für Risikobewertung • Thielallee 88-92 • D-14195 Berlin • Tel. 0 30 - 84 12 - 0 • Fax 0 30 - 84 12 - 47 41 • bfr@bfr.bund.de • www.bfr.bund.de
134
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Jodversorgung des Menschen Beiträge der Tierernährung
Iodine Supply of Men - Contributions of Animal Nutrition
Gerhard Flachowsky, Andreas Berk, Peter Lebzien, Ulrich Meyer und Markus Spolders
Institut für Tierernährung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)
Bundesallee 50 - D-38116 Braunschweig +49 531 596-3101 - +49 531 596-3199 - te@fal.de -
www.fal.de
Zur Jodversorgung des Menschen
Beiträge der Tierernährung
Jod gehört für Mensch und Tier zu den lebensnotwendigen Spurenelementen. Von der Welternährungsorganisation (FAO) wird eingeschätzt, dass
gegenwärtig weltweit noch nahezu eine Milliarde
Menschen an Jodmangel leiden. Andererseits gibt
es auch Menschen, die sensibel auf höhere Jodversorgung reagieren.
Durch über den Bedarf der Tiere hinausgehende
Jodzusätze kann der Jodgehalt in Lebensmitteln
tierischer Herkunft, vor allem von Milch und Eiern,
erhöht werden.
An der FAL laufen Forschungsaktivitäten zur Bewertung der Jodversorgung über Lebensmittel tierischer Herkunft.
Durch diese Aktivitäten hat sich die Jodversorgung
der Deutschen in den zurückliegenden Jahren verbessert, wobei allerdings ein landesweites Monitoring zur Einschätzung der Gesamtsituation aussteht.
Bewertung der Jodversorgung
Bedarf und Überschuss
Jodgehalt der Milch (µg/l)
Von verschiedenen wissenschaftlichen Gremien
wurden in Abhängigkeit von Alter und physiologischem Zustand der Menschen Empfehlungen zur
Jodversorgung und zur Vermeidung von Jodüberschuss abgeleitet. Der Jodbedarf des Erwachsenen wird mit ≈200, die maximal tolerierbare Jodmenge mit ≈600 µg/Tag angegeben.
700
600
500
400
300
200
100
0
0,5
1
(Bedarf der
Milchkuh)
2
5
Jodgehalt im Futter
(mg/kg)
Einfluss der Jodversorgung von Milchkühen auf den Jodgehalt der
Milch
Möglichkeiten zur Jodversorgung
Mit Ausnahme von Seefisch (30 - 200 µg/100 g) ist
der Jodgehalt der meisten Lebensmittel relativ gering (< 10 µg/100 g) und reicht häufig nicht aus, um
den Jodbedarf der Menschen zu decken.
Aus diesem Grund wird weltweit versucht, durch
Jodierung von Speisesalz, den Zusatz von jodiertem Salz bei der Lebensmittelverarbeitung und
durch Einsatz jodhaltiger Mineralfuttermittel in der
Nutztierernährung die Jodversorgung zu verbessern.
Schlussfolgerungen
Durch verschiedene Maßnahmen konnte die
Jodversorgung in Deutschland verbessert
werden.
Weitere Dosis-Wirkungsstudien zur Beurteilung des Jodtransfers vom Futtermittel in Lebensmittel sind notwendig.
Einzelne Mitbürger scheinen sehr sensibel
auf eine höhere Jodversorgung zu reagieren.
Ein landesweites Monitoring zur Bewertung
der Jodversorgung ist erforderlich.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
135
Fusarium-Erkrankungen beim Mais
Auswirkungen auf die Futtermittelsicherheit
Institut für Pflanzenbau
und Grünlandwirtschaft
Dr. Elisabeth Oldenburg und Dr. Frank Höppner
Bundesallee 50
38116 Braunschweig
www.pg.fal.de
Mais gehört zu denjenigen Kulturpflanzen, die häufig von Pilzen der Gattung Fusarium
befallen werden und daher typische Fusarientoxine wie das Deoxynivalenol (DON)
enthalten können. Unter mitteleuropäischen Klimabedingungen werden die DONbildenden Arten Fusarium graminearum und Fusarium culmorum als die wichtigsten
Schaderreger beim Mais angesehen.
Kolbenanlage
Kolben
Stängelbasis
Foto: FAL
Foto: KWS
Foto: KWS
Fusarium -befallene und DON-haltige Maisorgane
Zur Siloreife sind Pflanzenorgane unterhalb der Etage des
Hauptkolbens am häufigsten mit DON belastet. Die höchsten
DON-Gehalte treten in Kolbenanlagen auf, die nicht befruchtet wurden (bis 1000 mg/kg TM), gefolgt von den Blattscheiden (bis 16 mg/kg TM) und den Blattspreiten (bis 4
mg/kg TM). Die Kolben sind in der Regel jedoch noch nicht
oder nur gering mit DON belastet (bis 1 mg/kg TM).
In Ernteprodukten von Silomais können die DON-Konzentrationen fallweise so hoch sein, dass die Richtwerte für die
Fütterung unter Berücksichtigung der Rationsgestaltung
überschritten werden (Empfehlung 2006/576/EG der Kommission).
Empfohlene Maßnahmen zur Gewährleistung der Futtermittelsicherheit
Wahl von Sorten mit geringer Anfälligkeit gegenüber der Stängelfäule
Anhebung der Schnitthöhe bei der Ernte, ggf. Hochschnitt unterhalb des Hauptkolbens
Rechtzeitige Ernte bei Gesamt-TM-Gehalten von 30 bis 35 %
136
Landbauforschung Völkenrode, Sonderheft 306, (2007)
Bioavailability of the Fusarium toxin deoxynivalenol from
naturally contaminated wheat for the pig*
Tanja Goyarts, Sven Dänicke, Hana Valenta
Institute of Animal Nutrition, Federal Agricultural Research Centre (FAL), Bundesallee 50,
38116 Braunschweig, Germany
MATERIALS AND METHODS
16 castrated male pigs (41.5 ± 2.0 kg) were provided with a
permanent catheter to facilitate frequent blood sampling (0, 5, 10,
15, 20, 30, 45, 60, 90, 120 min, then every hour until 12 h, and
after 24h). The toxicokinetics of DON from naturally Fusarium
contaminated wheat (16.6 mg DON/kg, in a diet with a total wheat
content of 40 %) was examined after chronic exposure (• 4 weeks)
or a single oral dose (acute).
The systemic absorption (bioavailability) of DON was estimated
based on the area under the curves (AUC) after dietary exposure
and intravenous application of pure DON (53 ȝg/kg bw).
Table 1. Design and number of pigs of the studies
DON application
Study
Group
Duration
Form
Kinetic DON chronic
5-8 weeks
Wheat
DON acute
Single bolus Wheat
DON iv
Single bolus crystalline
Balance Control
DON chronic
4-6 weeks
Wheat
Mean dose
(ȝg/kg bw/d)
5 68.5 ± 4.9
6 77.3 ± 2.4
5 53.0 ± 0.0
N
11
4.2 ± 0.4
11 162.9 ± 15.9
DON and its metabolite de-epoxy-DON was determined in serum,
urine and freeze-dried faeces according to Valenta et al. (2003).
RESULTS
Following intravenous dosing, the disappearance of DON is
described by a two compartment model, while the oral dosing was
characterized by an first-order absorption and elimination (Figure 1).
Table 2. Toxicokinetic parameters after chronic and acute oral or
intravenous (iv) DON exposure
DON iv
DON chronic DON acute
Live weight [kg]
39.7 ± 0.8
42.4 ± 2.3
41.6 ± 2.3
Cmax [ng/ml]
21.8 ± 3.4
15.2 ± 3.3
1.5 ± 0.5
1.7 ± 0.8
tmax [h]
t½Į [h]
0.7 ± 0.5
0.4 ± 0.3
0.7 ± 0.6
t½ȕ [h]
15.2 ± 12.9 6.3 ± 2.4
5.3 ± 2.4
Vd [l/kg]
3.8 ± 2.3
2.7 ± 0.6
4.0 ± 1.7
Cl [ml/kg*min]
3.8 ± 1.6
5.3 ± 1.6
9.3 ± 2.9
DONconjugated [%]
Ffree DON [%]
Ftotal DON [%]
-4.8 ± 15.2 14.2 ± 33.5
100.0 ± 13.5 89.4 ± 27.2
100.0 ± 12.0 112.3 ± 24.2
35.6 ± 20.8
54.1 ± 17.6
91.5 ± 27.4
Cmax, maximum serum DON concentration; tmax, time of maximum serum
DON concentration; t½Į, biological half-life of distribution (iv) or
absorption (oral); t½ȕ, half-life of elimination; Vd, apparent volume of
distribution; Cl, clearance; F, bioavailability of free and total (free +
conjugated) DON.
DON was found in serum of pigs as early as 15 min after feeding a
DON contaminated meal, with peak concentrations between 0.8 to
2.3 h (Table 2). DON was highly distributed in all groups, with an
apparent volume of distribution (Vd) higher than the total body
water. After dietary DON exposure 9 to 60 % of total (free +
conjugated) DON was in the form of the glucuronid conjugate,
while following iv application DON in serum seemed not to be
conjugated. The mean bioavailability (F) of free (unconjugated) and
total (free+conjugated) DON was 89 and 112 % for the chronic
group and 54 and 92 % for the acute oral group, respectively.
Serum DON concentration [ng/ml]
INTRODUCTION
The Fusarium toxin deoxynivalenol (DON) is of outstanding
importance for human and animal health because of its frequent
occurrence in toxicologically relevant concentrations. However,
only limited data of the toxicokinetic parameters of pure DON in
pigs are available. Therefore, the present study aimed to determine
the bioavailability of DON from a naturally contaminated source
and to distinguish the effects of an acute and chronic DON
intoxication.
80
70
60
50
40
30
20
10
0
30
total DON
free DON
A
B
25
20
15
10
5
0
28
24
20
16
12
8
4
0
C
5
10
15
20
Time [h]
Figure 1. DON concentrations in serum [ng/ml] of one exemplary
pig dosed intravenously with 53 ȝg DON/kg bw (A) or fed a DON
contaminated diet (5.7 mg/kg) chronically (B) or acutely (C).
CONCLUSIONS
In the present study, oral exposure of a diet contaminated naturally
with DON resulted in a rapid and nearly complete (total DON)
absorption, high distribution and low metabolism. The difference
in the glucuronidation grade between oral and iv DON exposure
might indicate a glucuronidation within the intestinal tract.
However, the effects of glucuronide conjugation of DON on
toxicity and excretion behavior in pigs have to be clarified.
Assuming a high comparability of digestion and excretion in
humans and swine, it can be concluded that although DON is
poorly detoxified, it is rapidly excreted and is not found in
remarkable concentrations in serum after 24 h.
Valenta H, Dänicke S, Döll S (2003) Mycotoxin Res. 19, 51-55.
*this work was supported by the Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG DA 558/1-1) and was published in Toxicol. Lett. 163, 171-182.
U.Petersen, S.Kruse, S.Dänicke, G.Flachowsky (Hrsg.), Meilensteine für die Futtermittelsicherheit
137
Carry-over of deoxynivalenol and deepoxy-deoxynivalenol into edible tissues,
blood serum and bile fluid of growing bulls
Hana Valenta and Sven Dänicke
Institute of Animal Nutrition, Federal Agricultural Research Centre (FAL),
Bundesallee 50, D-38116 Braunschweig, Germany
1. Introduction
3. Results
On the basis of studies to date, it is estimated that food
of animal origin does not significantly contribute to
human exposure to deoxynivalenol (DON). However, in
case of ruminants, studies on carry-over of DON into
edible tissues are scarce to date.
Referring to the edible tissues, neither DON nor de-epoxyDON could be detected in any of the muscle and fat
samples. Very low concentrations of de-epoxy-DON below
10 ng/g (relating to freeze-dried samples) were found in
four liver samples and three kidney samples of the toxin
group. Only trace concentrations of de-epoxy-DON were
measured in four serum samples of the toxin group, as
well. In contrast to these results, de-epoxy-DON was
detected in all bile samples of the toxin group
(concentration range 8 – 40 ng/ml, mean value 24 ng/ml)
and of the control group (range 7 – 17 ng/ml, mean value
12 ng/ml) (see Figure).
Therefore, the carry-over of DON and of the metabolite
de-epoxy-deoxynivalenol (de-epoxy-DON) into edible
tissues as well as into blood serum and bile fluid of
growing bulls was examined within a feeding experiment
with Fusarium contaminated wheat (10 mg DON per kg
dry matter).
45
2. Materials and methods
Two groups of bulls (n = 14 per treatment) received
concentrates on wheat basis with resulting DON
concentrations per kg DM (dry matter) of 7.8 mg (DON
group) and 0.06 mg (control group), respectively.
Concentrate supply was restricted to 2.3 kg/d – 2.8 kg/d
whereas maize silage (DON concentration: 0.4 mg/kg DM)
was offered for ad libitum consumption. The feeding
experiment covered the live weight range between 244 kg
and 460 kg.
Ten animals of each group were slaughtered at the end of
the experiment. Liver, kidney, muscle sample from
musculus longissimus dorsi, back fat (sample of the
corresponding subcutaneous fat), blood serum and bile
fluid were taken of eight and four animals of the DON and
control group, respectively, for mycotoxin analysis.
de-epoxy-DON (ng/ml)
2.1 Feeding experiment
Max
Min
75%
25%
Median
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Control group
DON group
Figure: De-epoxy-DON concentration in bile fluid
For confirmation, it is intended to re-analyse the bile
samples with LC/MS/MS.
2.2 Mycotoxin analysis
DON and de-epoxy-DON were analysed using a previously
described HPLC-UV method (Valenta et al., 2003) with
modifications. All samples were incubated with ßglucuronidase before extraction in order to cover
glucuronide conjugates:
Liver, kidney and muscle: lyophilization, extraction with
acetonitrile-water, purification with immunoaffinity columns
(IAC) after a pre-cleaning step.
Fat: sample preparation according to muscle, but without
lyophilization.
4. Conclusions
The results show that the significance of carry-over of
DON into edible tissues of bulls is very low.
Moreover, only the far less toxic metabolite de-epoxyDON which is formed in the rumen was detected.
Blood serum and bile fluid: extraction with ethyl acetate
on ChemElut® cartridges, purification with IAC.
Detection limits of both toxins: 4 ng/g in freeze-dried
liver, kidney and muscle corresponding to approx. 1.5 ng/g
in fresh samples, 4 ng/g in fresh fat, 2 ng/ml in serum and 4
ng/ml in bile fluid.
5. References
Valenta, H., Dänicke, S. and Döll, S., Mycotox. Res. 19,
2003, 51-55
Mutterkorn im Futter – Lösungsansätze
zum besseren Schutz der Tiergesundheit
Ergot in feed - Possible solutions for a better protection of animal health
Sven Dänicke
Institut für Tierernährung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL)
*
Bundesallee 50 - D-38116 Braunschweig - (
+49 531 596-3136 - 4
+49 531 596-3199 - :
te@fal.de -
www.fal.de
1000 g unzerkleinertes Getreide darf höchstens
enthalten:
1000
10
1 g Mutterkorn
1
Gesamtalkaloidgehalt
(= Summe aller Alkaloide)
Aber:
- Gehalt an toxischen
Alkaloiden ist variabel
- Alkaloidmuster ist
variabel
Log Menge (g)
100
0.1
0.01
0.001
Fall 1: Unterschiedlicher Gesamtalkaloidgehalt bei gleichem Alkaloidmuster
Das Futtermittel ist:
sicher unsicher
Ergocryptin
Ergcristin
Ergocornin
Ergotamin
%
Ergometrin
Ergosin
Ergocryptin
Ergcristin
Ergocornin
Ergotamin
%
Ergometrin
Ergosin
Ergocornin
Ergocryptin
Ergcristin
%
Ergotamin
Alkaloidmuster =
Gehalt
einzelner
Alkaloide
Ergometrin
Ergosin
0.0001
Fall 2: Gleicher Gesamtalkaloidgehalt bei
verschiedenem Alkaloidmuster
sicher
unsicher
Was ist zu tun ?
1. Screening zur Variation des Alkaloidgehaltes und
des Alkaloidmusters in Mutterkorn
2. Tierexperimentelle Präzisierung kritischer
Alkaloidkonzentrationen im Futter
3. Festlegung von Höchstgehalten
138
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Vergleichende Analyse verschiedener Vorschläge zur Reform der Zuckermarktordnung
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Proceedings of the 1st Sino-German Workshop on Aspects of Sulfur Nutrition of Plants
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Transforming Rural Communication
Three sociological case studies in a developed an urbanized rural area of northern Germany:
regional partnership Lübeck bay, organic farming and nature protection
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content and uptake of corn, sunflower and beans, and soil microbiological parameters
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