Informationen für nebenberufliche Kirchenmusiker

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Informationen für nebenberufliche Kirchenmusiker
Berechnung des Beschäftigungsumfanges für Chorleitungen /
Schreiben der Rentämter im Herbst 2015
Im Herbst 2015 informierten die beiden Rentämter über Änderungen für Organisten, Chorleiter und Küster,
die seit Herbst 2014 gelten. Sie baten gleichzeitig um Auskunft, wie viele Einsätze die jeweiligen Beschäftigten leisten – auch um feststellen zu können, ob den Beschäftigten der zustehende, bezahlte Urlaub auch
bezahlt gewährt wird. Nicht in jedem Fall sei aus den im Rentamt vorliegenden Unterlagen ersichtlich, ob
Urlaub tatsächlich auch als bezahlter Urlaub gewährt wird.
Hintergrund der Regelungen der KODA1:
Vertragssituation:
Viele nebenberufliche Chorleiter/-innen haben Verträge, die sie zu 50 Proben und 15 Gottesdiensten im
Jahr verpflichten. Weitere Aussagen treffen solche Verträge i. d. R. nicht.
Änderungsbedarf:
a) Verbot der Diskriminierung: Bereits seit Ende der 1990er Jahre dürfen Teilzeitkräfte ohne sachlichen
Grund nicht mehr schlechter behandelt werden, als Vollzeitkräfte. So wurde seitens der Mitarbeiterseite in
der KODA1 in der Vergangenheit insbesondere darauf hingewirkt, dass auch Kirchenmusiker/-innen im Nebenberuf an den Stufensteigerungen teilnehmen. Als weiteres Feld der Ungleichbehandlung stellte sich der
Beschäftigungsumfang heraus. Hier wurden Vorbereitungszeiten und/oder bezahlter Urlaub nicht berücksichtigt – teilweise bis heute (2016) nicht.
b) Konkurrenz: Im Vergleich zu anderen Arbeitgebern (z. B. evangelische Kirche, weltliche Chöre) blieben
die Vergütungen im Bistum weit zurück. So wurden Organist/-innen und Chorleiter/-innen beim Bistum Limburg ausgebildet und traten alsbald in den Dienst eines solchen Arbeitgebers ein; für vergleichbare Tätigkeiten erhielten sie deutlich mehr Entgelt.
Beide Problemfelder veranlasste die Mitarbeiterseite auf Änderungen hinzuwirken, die im September 2014
von der KODA beschlossen wurden.
Definitionen:
Gottesdienste:
Nach der Richtlinie für Kirchenmusiker (SVR2 IV C 1) ist die „Liturgie als Feier des christlichen Glaubens“
zu verstehen. Darunter fallen nicht nur Gottesdienste, die von einem Priester zelebriert werden. Auch ein
kirchenmusikalisch gestaltetes Totengebet (ohne Priester oder Diakon) ist eine „Liturgie als Feier des
christlichen Glaubens“. Es kommt also nicht auf die Eucharistie als einzige Form eines Gottesdienstes an –
auch nicht auf die Anwesenheit eines Priesters. In der Richtlinie ist ausdrücklich von „verschiedenen Gottesdienstformen“ die Rede. Werktagsgottesdienste zählten für Organisten 60 Minuten, Sonn- oder Feiertagsgottesdienste 75 Minuten; einschließlich Vorbereitung. Chorleiter/-innen wurden 120 Minuten angerechnet, sofern vorher mit dem Chor ein Einsingen stattgefunden hat.
Probendauer:
Meist sind mit den Proben 90-minütige Proben gemeint; zumindest stellt diese Probendauer in der Praxis
den Regelfall dar; Kinderchorproben 45 Minuten.
Neuerungen seit 2014:
Organisten:
Bei Organisten/innen beträgt die Dauer eines Dienstes 60 Minuten. Dabei wird ein Ausgleich zwischen zeitlich längeren oder kürzeren Diensten als in der Natur der Sache liegend vorausgesetzt. Ein Werktagsgottesdienst wird mit dem Faktor 1, ein Sonn- und Feiertagsgottesdienst mit dem Faktor 1,5 bewertet. Vorbereitungszeiten für Üben, Partiturstudium und Literaturauswahl sind mit der Vergütung für die Dienste abgegolten3. (Vorher war die Dauer eines Dienstes bei einem Werktagsgottesdienst umstritten; Sonn- und Feiertage wurden in einer komplizierten Berechnung festgestellt; häufig ergab sich der Faktor 1,25.)
Chorleiter/-innen:
Die umfassendsten Änderungen traten bei den Chorleiter/-innen ein: Bei Chorleiter/innen zählt eine Chorprobe zu 90 Minuten seit 01.10.2014 als 4 Dienste (4 Arbeitsstunden). Eine Chorprobe zu 45 Minuten, z.B.
1
Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechts, regelt die Inhalte der Arbeitsverträge für alle Beschäftigten der
Pfarreien, des Bistums und anderer kirchlicher Arbeitgeber.
2
Sammlung von Verordnungen und Richtlinien; ist eine Sammlung aller geltenden Richtlinien. Sie ist in Abschnitte, Kapitel und
Unterkapitel gegliedert. Sie findet sich unter „Bistumsrecht (SVR)“ auf der Homepage des Bistums.
3
Siehe § 10 AVO (Arbeitsvertragsordnung) zu finden in der SVR.
1
Kinderchorprobe, zählt 2 Dienste (2 Arbeitsstunden). Andere Probendauern sind entsprechend umzurechnen. Gottesdienste mit vorherigem Einsingen zählen als zwei Dienste. In diesen Diensten sind jeweils Zeiten für Üben, Partiturstudium und Literaturauswahl enthalten. Für die Vergütung wird ein Dienst mit 60 Minuten bewertet.
Folgen für den Beschäftigungsumfang/ das effektiv zu zahlende Entgelt:
Berechnung des Beschäftigungsumfangs:
Aufgrund dieser neuen Bewertungen und der Realisierung des Anspruchs auf bezahlten Urlaub ist in sehr
vielen Fällen – insbesondere bei Chorleiter/-innen – eine Neuberechnung des Beschäftigungsumfangs erforderlich. Folgendes Verfahren erscheint zweckmäßig: Zunächst ist auf Basis des bisherigen Vertrages
festzustellen, wie hoch der Beschäftigungsumfang ist. Dieser liegt bisher bei z. B. 50 Proben (90 Minuten
entsprechen 2 Diensten) und 15 Gottesdiensten mit vorherigem Einsingen (entsprechen 2 Diensten) bei
6,41% sofern der Urlaub unbezahlt gewährt wurde. Jetzt ergibt sich (unter Beibehaltung von nominal 50
Proben und 15 Gottesdienste pro Jahr) ein Beschäftigungsumfang von ca. 10,5% unter der Voraussetzung,
dass der bezahlt zu gewährende Urlaub in Höhe von 8 Tagen von den bisher zu leistenden Proben und
Gottesdiensten (50/15) abgezogen wird, sodass künftig z. B. 46 Proben und 11 Gottesdienste zu leisten
sind. Dennoch erhöht sich das Gehalt um die Differenz des bisherigen Beschäftigungsumfangs zum neu
auszurechnenden Beschäftigungsumfang, weil die KODA die Vorbereitungszeit und Literaturauswahl neu
bewertet hat.
Berechnung des Urlaubs:
Für die Berechnung des Urlaubs sind – entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung (50/15) – z. B.
65 Einsatztage im Jahr zu Grunde zu legen, was i. d. R. einer Urlaubsdauer von 8 Tagen (Einsatztagen)
entspricht. Quelle: § 33 Abs. 2 AVO, SVR2 III A 2 oder SVR2 III A 2 Anlage 2. Dieser Urlaub ist von den vereinbarten Diensten (50/15) abzuziehen.
Ob bisher bezahlter oder unbezahlter Urlaub gewährt wurde lässt sich daran erkennen, ob man bis zum
Jahresende die vereinbarte Anzahl Gottesdienste bzw. Proben und Gottesdienste zu erbringen hatte.
Wurde von der vereinbarten Zahl Dienste bis zum Jahresende tatsächlich der Urlaub abgezogen oder wurden die Dienste lediglich verlegt, wenn man Urlaub hatte?
Anpassung des Arbeitsvertrags:
Beide Vertragsparteien sollen die zu leistenden Dienste und die diesen Diensten gegenüberstehenden
Zahlungen genau kennen können. Unter anderem deshalb wurde das zu verwendende Arbeitsvertragsmuster neu gefasst. In dem neuen Arbeitsvertrag ist einzutragen, wie hoch der Beschäftigungsumfang ist.
Dieser ist nicht nur für das monatliche Entgelt maßgebend sondern auch für weitere Zahlungen, wie z. B.
das Weihnachtsgeld, das Leistungsentgelt oder den Zuschuss zum Krankengeld. Weiter ist einzutragen,
wie viele Dienste – nach Inanspruchnahme von bezahltem Urlaub – von der oder dem Beschäftigten zu
leisten sind. Diese werden zwischen Sonn- und Feiertagsgottesdiensten bzw. Gottesdiensten und Proben
unterschieden. (Krankheitstage sind nicht nachzuarbeiten.)
Zusatzvereinbarung:
Prinzipiell lassen sich die gegenseitigen Pflichten auch anhand der bestehenden Arbeitsverträge – z. B.
durch eine Zusatzvereinbarung – klarstellen. Der Inhalt könnte lauten: „Der Beschäftigungsumfang beträgt
aufgrund der Neubewertung der Dienste nach Beschluss der KODA vom 19.09.2014 XX%; es sind X Proben und X Gottesdienste (X Sonn- und Feiertagsgottesdienste und X Werktagsgottesdienste) – nach Abzug von X Einsatztagen Urlaub – zu erbringen; Krankheitstage sind nicht nachzuarbeiten.“)
Arbeitsvertrag:
Es kann aber auch sinnvoll sein, einen neuen Arbeitsvertrag auszustellen. Sofern ein neuer Vertrag ausgestellt wird ist darauf zu achten, dass im neuen Vertrag eine Klausel enthalten ist, in etwa mit folgendem
Wortlaut: „Die Vertragsparteien sind sich einig, dass das Arbeitsverhältnis seit dem XX besteht.“ (Bei XX ist
das Datum des derzeit geltenden Arbeitsvertrags bzw. das des ersten zu diesem Arbeitgeber bestehenden
Vertrages einzusetzen; ggf. sind Vordienstzeiten bei einer anderen Pfarrei hinzuzurechnen.)
Zusatzvereinbarung und Arbeitsvertrag:
Egal ob Zusatzvereinbarung oder neuer Vertrag: Wichtig ist, dass der bezahlt zu gewährende Urlaub (im
geschilderten Beispiel 8 Einsatztage) von den bisher zu leistenden Diensten abgezogen wird (z. B. 46/11
anstatt 50/15). Aufgrund der bisherigen Basis (z. B. 50/15) werden dann die neu bewerteten Dienste (Arbeitsstunden) neu ausgerechnet und der so ermittelte Beschäftigungsumfang als neue Berechnungsgrundlage festgehalten.
In vielen Fälle ist eine Nachzahlung des bisher nicht ausgezahlten Entgelts fällig.
2
Geltendmachung des zustehenden Entgelts:
Die Neuberechnung des Beschäftigungsumfangs auf Grundlage des KODA-Beschlusses wird für die Chorleiter/-innen einen höheren Beschäftigungsumfang ergeben. Diese Erhöhung gilt rückwirkend zum
01.10.2014. Nicht erfolgte Anpassungen der Entgeltzahlungen sind bis zu diesem Termin nachzuzahlen.
Bei einem D-Chorleiter können dabei ca. € 1.500,- herauskommen.
Sofern der Arbeitgeber nicht von sich aus zahlt, muss die oder der Beschäftigte den Anspruch „geltend“
machen, um in den Genuss der Nachzahlung zu kommen. Das kann man mit einem formlosen Schreiben
an den Arbeitgeber (i. d. R. Pfarrei NN.) tun: „… bitte ich um Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen
dem seit dem 01.10.2014 gezahlten Entgelt und dem mir nach Beschluss der KODA vom 19.09.2014 seit
dem 01.10.2014 zustehenden Betrages.“.
Verjährungsfristen:
In der hier vorliegenden Situation gilt nicht die allgemeine Ausschlussfrist von 6 Monaten. Weil die Verwaltung das Entgelt schon längst hätte berechnen können, ist § 9 Abs. 3 AVO anzuwenden. Das bedeutet,
dass die Ansprüche auf Nachzahlung von Entgelt erst nach 2 Jahren verfallen. Wurde der Urlaub bislang
unbezahlt gewährt, ist nicht gewährter bezahlter Urlaub – zumindest für das Jahr 2015 – noch zu gewähren.
Auch wenn 2 Jahre lang erscheinen: wir schreiben schon das Jahr 2016, sodass die Geltendmachung bald
erfolgen muss – will man keine Verluste hinnehmen.
Der bisher nicht bezahlt gewährte Urlaub muss umgehend geltend gemacht werden; die Nachzahlung des
Entgelts bis spätestens 30.09.2016. Beide Ansprüche sollten schriftlich geltend gemacht werden.
Umsetzungsprobleme / ggf. Vermischung mit anderen Interessen:
Leider haben einzelne Beschäftigte in Rentämtern den Eindruck erweckt, dass gleichzeitig mit der Erfassung nicht nur die Klärung des Urlaubs und eine Anpassung der neu bewerteten Arbeitszeiten erfolgt sondern auch eine Absenkung der zu leistenden Dienste (Proben bzw. Gottesdienste) auf das bisherige Niveau des Beschäftigungsumfangs vorgenommen werden soll. Käme es so, würde sich die Entgelthöhe
dann nicht verändern, sondern die Anzahl der Proben und Gottesdienste würde erheblich reduziert werden.
Das können weder Rentamt noch Pfarrei rückwirkend tun.
Die seit dem 01.10.2014 neu bewertete Leistung wurde erbracht und vom Arbeitgeber angenommen – insofern ist auch das neu bewertete Zeitmaß auszugleichen. Dieser Ausgleich hat in Geld zu erfolgen; ggf.
könnte das höhere Zeitmaß für das letzte Vierteljahr in Freizeit ausgeglichen werden. Weil das praktisch
unmöglich ist, wird der vollständige Ausgleich in Geld der sinnvollere Weg sein.
Für die Zukunft könnte sich die Pfarrei auf die Position stellen, dass weniger Dienste (also eine geringere
Anzahl Proben und eine geringere Anzahl Gottesdienste) genügen würde. Wenn die Pfarrei das will – also
der Verwaltungsrat entsprechend beschlossen hat – wäre danach eine Änderung des Arbeitsvertrags mit
dem Organisten oder Chorleiter erforderlich. Ausgehend von dem neu bewerteten Beschäftigungsumfang
wäre eine Reduzierung zu vereinbaren. Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande und will der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag gegen den Willen des oder der Beschäftigten ändern, so bleibt ihm lediglich der
Weg, den Arbeitsvertrag zu kündigen. Eine ordentliche Kündigung ist nach 15 Dienstjahren ausgeschlossen. Gründe für eine außerordentliche (sog. fristlose) Kündigung liegen hier nicht vor. Es bliebe eine betriebsbedingte Kündigung (und ggf. das Angebot mit weniger Diensten weiter tätig zu bleiben). Eine betriebsbedingte Kündigung ist jedoch an erhebliche Auflagen gebunden.
Limburg, den 25.01.2016
gez. Johannes Müller-Rörig,
Sprecher der Arbeitnehmerseite in der KODA
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