Al Di Meola

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Al Di Meola
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Sommer | 2015
Das Musikmagazin für Ärzte
jazz
Romain Collin
Kyle Eastwood
Dee Dee Bridgewater
pop
James Taylor
Sophie Hunger
Konstantin Wecker
klassik
Christiane Karg
Grigory Sokolov
Itzhak Perlmann
hifi
Al Di
Meola
Neujustierung
Piega Speakers
Portrait INKLANG
www.tonartmagazin.de
4 | 2014
Zwei der weltbesten Konzertflügel
...in einem Piano
Das Erlebnis einen Konzertflügel zu spielen war nie zuvor zugänglicher als mit der neuen Clavinova CLP-Serie. Die Klänge wurden mit
höchster Sorgfalt von Yamahas größtem Konzertflügel, dem CFX, sowie dem prächtigen Bösendorfer Imperial, aufgezeichnet und bieten
damit eine einzigartige Klang-Auswahl.
Mit Virtual Resonance Modeling sowie Saiten- und Dämpfer-Resonanz liegen die feinen Nuancen einer Darbietung wie auf einem
Konzertflügel unter Ihren Fingerspitzen. Darüber hinaus werden Sie dank des realistischen Tastenanschlags, den Decklagen aus
synthetischem Elfenbein und der Druckpunktsimulation das Gefühl haben, dass Sie mit einem Clavinova der CLP-Serie vielleicht doch ein
echtes, akustisches Instrument spielen.
6 verschiedene CLP-Modelle sind in unterschiedlichen Farbvariationen verfügbar, weitere Informationen unter yamaha.com.
inhalt | editorial | impressum
Inhalt | Sommer 2015
Editorial | tonart
Liebe Leserinnen und Leser!
4
Im Interview: Al Di Meola erzählt über seinen Neustart
jazz
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Erinnerungen an New Orleans - Dee Dee Bridgewater
Jazzbassist Kyle Eastwood steht auf eigenen Füßen
Szene: von Ron Carter bis José James
Jazz Thermometer: neue CDs im Hörtest
Newcomer Romain Collin - Hang zum Cineastischen
pop
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Das James Taylor-Interview zum neuen Album
Róisín Murphys geniale Verbindung von Pop und House
Liedermacher Konstantin Wecker bezieht Stellung
Erfolgreicher Pop ohne Mainstream - Sophie Hunger
Szene: von Heather Nova bis Charles Aznavour
Hören & Sehen - DVD Area
Hot Spots - 4 Tipps der Redaktion
klassik
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Arien mit Emotion von Sopranistin Christiane Karg
Tasten-Genie Grigory Sokolov
Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz - Modern Times
Bösendorfer - Hommage an Jean Cocteau
Szene: von Diana Damrau bis Itzhak Perlman
Klassik Thermometer: neue CDs und DVDs
hifi
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Lautsprecher in Perfektion von Piega
INKLANG: audiophile Maßarbeit
jazz | titel
„Die Musik zielt darauf hin, das
Herz mit edlen Gefühlen zu
erfüllen.“ Diese Aussage des alten Konfuzius gilt auch für die
für Sie ausgewählten Themen
der neuen Sommerausgabe. So
nehmen Gitarrenvirtuose Al Di
Meola (Titelstory), der streitbare Liedermacher Konstantin
Wecker und die amerikanische
Singer/Songwr iter-Legende
Michael Möhring
James Taylor im aktuellen InterChefredakteur
view kein Blatt vor den Mund.
Darüber hinaus punktet tonart mit lesenswerten Beiträgen über das neue „New Orleans“-Projekt der großartigen Dee Dee Bridgewater und einem neu eingerichteten „Vinyl-Tipp“ in der Jazzrubrik, der dem stabilen
Comeback des wieder beliebten Formats Rechnung trägt.
Als eines der wenigen Printmedien in Deutschland haben
Jazz, Klassik und Pop in der tonart-Redaktion nie als strenge
Gegensätze stattgefunden. Ist es doch vielmehr unser Anliegen Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, auch mögliche Verbindungen aufzuzeigen, zumindest was die qualitative Auswahl
betrifft. Die neuen Klassik-Veröffentlichungen von der herzerfrischenden Sopranistin Christine Karg und des gelegentlich
mit Glenn Gould verglichenen russischen Pianisten Grigory
Sokolov stehen für diese Philosophie. Nicht zu vergessen, die
Beiträge über die hochprofessionellen Lautsprecher-Hersteller Piega und INKLANG in der Hifi-Rubrik.
Wie immer wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre der
neuen tonart sowie einen erholsamen Sommer, wo immer
Sie auch sein mögen!
Herzlichst Ihr Michael Möhring
Impressum | tonart
tonart das Musikmagazin für Ärzte ist ein Produkt von otello media.
tonart (15. Jhg.) erscheint als Beilage im Deutschen Ärzteblatt
Deutsches Ärzteblatt - Praxisausgabe IVW-geprüft
Herausgeber
Christian Scharf
Chefredakteur
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Ressortleiter Klassik
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Ressortleiter HiFi
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Manuel Brug, Volker Doberstein, Michael Fuchs-Gamböck,
Dagmar Leischow, Stephan Mayer, Thorsten Schatz,
Wolfgang Tunze, Stefan Woldach
Titelstory – Al Di Meola lässt seiner neuen Spielfreude freien Lauf
www.tonartmagazin.de
Foto: Chris Hübner
3
Online-Redaktion (Ltg.) Michael Möhring
Grafik
Agentur Scharf, Thomas Perry
Druck
hofmann infocom GmbH, Nürnberg
Titelbild
Chris Hübner
titelstory | jazz
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Foto: Chris Hübner
Nach langen Jahren auf der
akustischen Gitarre nimmt sich
Saitenflitzer Al Di Meola gerne
auch wieder seiner geliebten
Gibson Les Paul an.
Al Di Meola
Klangästhetik mit Herz und Hirn
Von der griechischen Mythologie bis hin zum Science-Fiction-Film gilt „Elysium“ als Synonym für Glückseligkeit. Ein perfekter Albumtitel für Al Di Meola, beschreibt
es doch den Seelenzustand des 61-jährigen Meistergitarristen aus New Jersey. Dabei war der Schaffensprozess
von emotionalen Brüchen begleitet, vom Gefühlschaos
einer Lebenskrise bis zum Hochgefühl einer neu gefundenen Liebe. Dass Di Meolas brandneues Ouevre ELYSIUM
dissonante Züge aufweist beflügelt das Konzeptwerk zu
einem spannungsreichen Manifest der modernen Fusion
Music.
Die Umsetzung indes überrascht: denn Di Meola lud drei
Pianisten ins Studio, strich dafür aber den Bass aus seinem
Ensemble, um fein verästelten Jazz mit spanischen und lateinamerikanischer Musiktraditionen zu verweben, basierend auf transparenten Klangteppichen der Pianisten und
seiner gewohnt souverän-virtuosen Gitarrenarbeit. Allein
die Kompositionen ‘Etcetera In E-Major‘ und ‘Etcetera In
E-Minor‘ zeigen, dass diese kunstvollen Stücke auf dem Papier entstanden und zugleich als Referenz für überragende
Technik, komplexe Rhythmik sowie ausgeprägte Musikalität
gelten, festgehalten in vier verschiedenen Studios, klanglich
professionell aufgenommen und produziert.
Rückkehr zur elektrischen Gitarre
Die größte Überraschung jedoch ist Di Meolas Rückkehr
zu elektrischen Gitarre. Hatte er doch vor Jahren erklärt,
jene Schaffensphase sei abgeschlossen und unwiederbringlich vorüber. Seitdem konzentrierte er sich ausschließlich
auf die akustische Gitarre. So ist die Rückkehr zur „Steckdose“ eine Bereicherung der Klangästhetik eines Albums,
das mitunter an die bekannten Frühwerke ‘Elegant Gypsy‘
und ‘Casino‘ erinnert. Den Fan dürfte es freuen zu hören,
dass ‘Elysium‘ eine neue Phase in der Karriere des Ausnahmekünstlers einläutet.
tonart ‘Cielo e Terra‘ war von Meistergitarrist Julian Bream inspiriert, ‘The Infinite
Desire‘ von Ihrer Venedig-Reise und dem Werk Andrea Vizzinis. Was hat Ihre Kompositionen diesmal inspiriert?
Al Di Meola Soll ich ehrlich sein? Ich habe eine wirklich niederträchtige
Scheidung hinter mir, ein Rosenkrieg, das volle emotionale Programm. Währenddessen war es am besten mich in Arbeit zu stürzen, um die Probleme
zu vergessen. Stift und Notenblatt haben eine meditative Qualität, die dich
emotional in eine andere Gemütslage versetzt. Das Schreiben dieses Albums
war eine Therapie für mich bis ich wieder zufrieden, froh und ausgeglichen
war. Meine neue Veröffentlichung hat viele Phasen und Stimmungen durchlebt
und reflektiert das auch. Und historisch betrachtet ist die beste Musik immer
aus Schmerz, Wut und Trauer entstanden.
tonart In Ihren Stücken finden sich tatsächlich starke Brüche. Schon beim Opener
‘Adour‘ findet man komplexe Harmonik als auch schmerzhaft dissonante Noten.
Al Di Meola Ich habe mich ja auch zwischen Schmerz und Freude bewegt.
Ich möchte das jetzt nicht weiter ausführen, aber jedes Stück entstand unmittelbar aus den jeweiligen Umständen heraus. Diese Platte klingt anders, weil
es eine andere Phase meines Lebens reflektiert. Die Gitarre übernimmt die
Konversation mit dem Hörer, sie ist meine Stimme.
tonart Sie haben nach vielen Jahren wieder die E-Gitarre eingesetzt, obwohl Sie
das kategorisch ausgeschlossen hatten. Woher der Sinneswandel?
Al Di Meola Die extremen Stimmungswechsel, die Kontrapunkte in der
Musik verlangten nach der elektrischen Gitarre als Melodieinstrument, sozusagen um die akustische Gitarre herum. Der Spannungsbogen zwischen
akustischen und elektrischen Instrumenten macht den Ausdruck stärker. Die
Fans verlangten immer wieder nach meinem Sound der Siebzigerjahre, dem
ich mich mit steigendem Alter konsequent verweigert hatte. Ich habe stets
behauptet, dass ich diese Art der Musik nie wieder spielen würde. Und nun
mache ich so eine Platte! (lacht)
tonart Interessanterweise haben Sie auf den Bass verzichtet. Wieso?
Al Di Meola Es sollte ursprünglich ein akustisches Ensemble-Album werden, in der Besetzung Klavier, Keyboard, Perkussion. Obwohl ich einige der
Melodiestimmen auf meiner Gibson Les Paul gespielt habe, ist es aus meiner
Betrachtung ein akustisches Album mit elektrischer Gitarre obendrauf. Und
das verlangte nun mal keinen Kontrabass.
tonart An den Tasten sind diesmal der New Yorker Pianist Barry Miles mit dem Sie
früher ‘Casino‘ und ‘Elegant Gypsy‘ eingespielt haben, der argentinische Komponist
Mario Parmisano und der französische Jazz- und New-Age-Pianist Philippe Saisse.
Wurde vieles bei den Aufnahmen vorher notiert?
Al Di Meola Ja. Die Tasteninstrumente bekommen immer Noten von mir.
Schlagzeugern oder Perkussionisten erkläre ich zumeist nur, was ich von ihnen
verlange und lasse sie eine Probeaufnahme spielen, die wir mitschneiden, um
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N E W!
jazz | titelstory
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zu sehen, ob sie meiner Idee folgen. Aber in diesem Fall habe ich auch ihre
Parts ausnotiert.
tonart Ist es einfach mit einem Perfektionisten wie Al Di Meola zu arbeiten?
Al Di Meola Oh ja! Es ist sogar sehr angenehm mit ihm zu arbeiten! (lacht)
tonart Als Musiker sind Sie seit Jahrzehnen präsent. Über Ihr Privatleben weiß
man jedoch kaum etwas. Woher diese Diskrepanz?
Al Di Meola Da gibt es nicht viel Spannendes zu berichten, befürchte
ich. Ich bin gerne in Miami, mag das Wetter, den Strand und das Meer, um
auszuspannen. Ich gehe gerne gut Essen und betreibe zusammen mit einem
Fitnesstrainer regelmäßig Sport, arbeite mit Gewichten, fahre Rad und boxe.
Versuche also so gesund wie möglich zu leben, denn das Musikgeschäft
verlangt eine gute geistige und körperliche Verfassung.
tonart Sie boxen? Ist das als Musiker nicht mit einem großen Risiko für Ihre
Hände und Gelenke verbunden?
Al Di Meola Ich weiß, ich habe mir auch schon die Knöchel verletzt. Ich
schütze meine Hände mit dicken Bandagen und benutze große Boxhandschuhe. Ich boxe auch nicht im Sparring, sondern halte mich am Sandsack fit. Das ist
eher ein Herz-Kreislauftraining, das allerdings sehr intensiv ist.
„Meine Musik reflektiert meine Gefühle,
aber auch meine Unfähigkeit sie in Worte
zu fassen. Astor Piazzollas Genie komplexe
Musik zu schaffen, die trotzdem anrührend
war, hat mich tief bewegt. Denn in den
Siebzigerjahren hat der Fusion-Jazz oft den
Intellekt angesprochen, aber weniger das
Herz berührt - wozu auch ich meinen Teil
beigetragen habe! Die Balance zu erreichen
ist mein Ziel. Wie Piazzolla, dessen Musik
Herz und Hirn anspricht.“ Al Di Meola
tonart Gutes Stichwort. Sie engagieren sich für die American Tinnitus Association.
Was würden Sie denn machen, wenn das Gehör nachlassen würde?
Al Di Meola Das wäre die Katastrophe meines Lebens! Du kannst dein Gehör sehr schnell verlieren, gerade bei heutigen Abhörmöglichkeiten mit Kopfhörern. Es ist extrem wichtig sein Gehör zu schützen! Ich habe mich neulich erst
mit Pete Townshend (Anm.d.Red.: Gitarrist von The Who) darüber unterhalten,
der sehr darunter leidet. Wir alle hoffen, dass die Medizin irgendwann eine
echte Therapie parat haben wird.
tonart Sie sind einer der einflussreichsten Gitarristen der Welt, haben legendäre
Alben veröffentlicht und triumphale Konzerte gespielt. Was treibt Sie heute noch an?
Al Di Meola Die tiefe Befriedigung, dass das, was ich tue, etwas ausspricht, was Worte nicht vermögen. Meine Musik reflektiert meine Gefühle,
aber auch meine Unfähigkeit sie in Worte zu fassen. Astor Piazzollas Genie
komplexe Musik zu schaffen, die trotzdem anrührend war, hat mich tief
bewegt. Denn in den Siebzigerjahren hat der Fusion-Jazz oft den Intellekt
angesprochen, aber weniger das Herz berührt - wozu auch ich meinen Teil
beigetragen habe! Die Balance zu erreichen ist mein Ziel. Wie Piazzolla, dessen Musik Herz und Hirn anspricht.
Interview: Stefan Woldach II
CD-Tipp | Jazz
Al Di Meola
Elysium
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aktuell | jazz
Dee Dee
Bridgewater
Magisches New Orleans
Wie keine andere zeitgenössische Jazzsängerin veröffentlicht Dee Dee Bridgewater
keine Alben, sondern musikalische Statements – konzeptionell hoch entwickelt und von künstlerischer Kraft
und Tiefe. Ihr letztes Album, eine Billie-Holiday-Hommage, wurde 2011
mit einem Grammy ausgezeichnet,
und ein Jahr später erhielt sie den
renommierten Edison Jazz Award
für ihr Gesamtwerk. Das soeben
erschienene neue Werk DEE DEE’S
FEATHERS setzt die Tradition ihrer
bemerkenswerten Alben fort. Es ist
eine lebensbejahende Verbeugung
vor der Musikkultur des Schmelztiegels New Orleans, veröffentlicht zum
10. Jahrestag der Verwüstungen durch
Hurricane Katrina.
Dee Dee Bridgewater blickt inzwischen
auf eine über 40-jährige Karriere zurück. Die große Bühne betrat sie erstmals Anfang der 1970er Jahre als Sängerin in der großartigen Thad Jones/
Mel Lewis Bigband. Der endgültige
Durchbruch gelang dann knapp fünf
Jahre später am Broadway, wo ihr
das Kunststück gelang, sowohl für
die Bühnenrolle als auch für den
darauf basierenden Soundtrack ausgezeichnet zu werden: mit einem Tony Award
und einem Grammy. Der
erlangten Popularität folgten
fortan Auftritte mit Legenden
wie Sonny Rollins, Dexter Gordon oder Dizzy Gillespie.
Geschäftsfrau mit
sozialem Engagement
Foto: Paul Natkin
Hat mit Irvin Mayfield den
kongenialen Partner für ihr New
Orleans-Projekt gefunden: Jazzsängerin Dee Dee Bridgewater
Heute ist die Sängerin ihr eigenes kleines Jazz-Unternehmen und somit im
Musikbusiness weitgehend unabhängig.
Sie besitzt ihre eigene Produktionsgesellschaft, ein eigenes Plattenlabel, und das
Management hat sie in die Hände ihrer ältesten Tochter Tulani gelegt. Zudem agiert
sie als Gastgeberin einer Radio-Show und
engagiert sich als UN-Botschafterin gegen den Welthunger.
Ihr soziales Engagement bildet auch den Ausgangspunkt des
neuen Albums, eingespielt mit dem New Orleans Jazz Orchestra (NOJO). Die Idee für die Aufnahme kam ihr, während sie
in New Orleans der Grundsteinlegung des wieder aufgebauten Jazz Market beiwohnte. In diesem Kulturhaus spielt u.a.
wöchentlich das NOJO unter Leitung des Trompeters Irvin
Mayfield. „Es schien mir“, so Bridgewater, „dass Mayfield und
das Orchester so etwas wie eine musikalische Visitenkarte benötigten, die zum Ausdruck bringt, wie gern wir miteinander
musizieren.“ Nach mehreren E-Mails und Telefonaten stand das
Repertoire. Einen Monat später wurde in den Esplanade Studios, mitten in der Altstadt von New Orleans, aufgenommen.
Widmung an die Wiege des Jazz
Die Aufnahmen kombinieren Klassiker von Armstrong und
Ellington mit Eigenkompositionen. Und natürlich darf Hoagy Carmichaels gediegen swingende Hymne ‘New Orleans‘
nicht fehlen. Alle Stücke wurden eigens für dieses Projekt neu
arrangiert. Grundiert von einem geschmackssicher agierenden Orchester beziehen die Stücke ihre Spannung aus dem
intimen Zwiegespräch zwischen der gedämpften Trompete
Mayfields und dem Gesang von Dee Dee Bridgewater. Dabei
werden die Stücke interpretatorisch voll ausgereizt, meisterhaft wechselnd zwischen elegantem Retro-Scat und einer
hoch expressiven Verdichtung von Stimmungen, wie sie im
zeitgenössischen Jazz nur selten erreicht wird ist.
„Irvin Mayfield und die Mitglieder seiner Band
haben mich mit dem Wasser des Mississippi getauft
und den Ursprüngen von New Orleans vertraut gemacht. Für mich sind diese Aufnahmen eine Hymne
an das Leben.“ Dee Dee Bridgewater
Darüber hinaus ist dieses Album ist eine Widmung an die Wiege des Jazz. Für Irvin Mayfield ist es „ein Beleg für den hohen
Stellenwert von New Orleans als Stätte der Vermittlung von
Wahrheit, Liebe und Schönheit.“ Und Dee Dee Bridgewater
ergänzt, tief beeindruckt von den Aufnahme-Sessions: „Irvin
Mayfield und die Mitglieder seiner Band haben mich mit dem
Wasser des Mississippi getauft und den Ursprüngen von New
Orleans vertraut gemacht. Für mich sind diese Aufnahmen
eine Hymne an das Leben.“
Volker Doberstein II
CD-Tipp | Jazz
Dee Dee Bridgewater
Dee Dee’s Feathers
OKeh/Sony Music 88875063532
2 | 2015
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jazz | aktuell
Ist wie sein Vater
Clint vom Jazz fasziniert: Kontrabassist
Kyle Eastwood
Foto: Sylvain Gripoix
7
connecting the
unexpected
live in concert
aufregende verbindung: flamenco, jazz & kuba
ACT 9585-2
Kyle Eastwood
Zeitreise
Bassist Kyle Eastwood legt mit TIME PIECES ein antagonistisches Album vor.
Einerseits versammelt es Standards, u.a. von Horace Silver, die Eastwoods
große Leidenschaft für den Hardbop repräsentieren. Andererseits greift er
auch auf eigene Kompositionen zurück. Vor allem auf solche, die er als Filmmusik für seinen berühmten Vater Clint Eastwood geschrieben hat.
Es ist beruhigend, festzustellen, dass die Eastwoods bislang weitgehend unverkrampft mit dem hoch emotionalen Vater/Sohn-Thema umgegangen sind.
Denn Kyle schreibt nicht nur Musik für seinen vom Jazz beseelten Vater. Er
hatte auch über 20 Jahre hinweg in einigen von dessen Blockbustern kleinere
Auftritte oder sogar tragende Nebenrollen übernommen.
akkordeon plus x: 4 duos überraschend & virtuos
ACT 9589-2
Dem Hardbop verpflichtet
Richtig los ging es mit der Karriere, als er im Alter von 30 Jahren begann, Platten unter eigenem Namen zu veröffentlichen. ‘Times Pieces‘ ist das mittlerweile achte Album. Eastwood kontrastiert eine überwiegend dem Hardbop
verpflichtete, durchaus virtuos geprägte Ästhetik mit einer Eleganz, die oftmals wie eine musikalische Entsprechung des Film Noir wirkt. Stilvolle Tiefen,
die er seiner Musik einschreibt, geerdet durch sein unaufdringlich strukturierendes Bassspiel, repräsentiert nicht weniger als die Zeitlosigkeit musikalischer
Werte. ‘Time Pieces‘ ist nicht das erste nennenswerte Album von Kyle Eastwood. Zeit also, ihn endlich kennen zu lernen.
Volker Doberstein II
CD-Tipp | Jazz
Kyle Eastwood
Time Pieces
klassisch-romantisch, jazzinfiziert & folkinspiriert
ACT 9578-2
Jazz Village/harmonia mundi JV570043
alle ACT-veröffentlichungen auch auf den
gängigen downloadportalen erhältlich
vertrieb: edel:kultur | www.actmusic.com
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Der 37-jährige Bariton erfüllt
sich mit den Billie Holiday-Interpretationen einen langgehegten Wunsch: José James
szene | jazz
José James Lady Day als Inspiration
Foto: Universal Music
Der 100. Geburtstag von Billie Holiday ist vielen eine Inspiration. Doch niemand feiert dieses
Datum persönlicher als José James. Für ihn ist Lady Day nicht nur „die größte Jazzsängerin, die je gelebt hat“, sondern seine „musikalische Mutter“.
Für seinen Tribut-Album YESTERDAY I HAD THE BLUES hat der New Yorker Sänger die
Top-Musiker Jason Moran, John Patitucci, Eric Harland sowie Don Was als Produzenten ins
Studio geholt. Gemeinsam interpretieren sie neun Perlen der Sängerin – natürlich mit ‘Strange
Fruit‘ als Finale, diesem Musik gewordenen Aufschrei gegen rassistisch motivierte Lynchmorde. James interpretiert das Stück als zeitloses Lamento und beschwört damit den Moment
der ersten Aufführung durch Holiday 1939 im „Café Society“ in New York. Legendär die
Reaktion des Publikums: lange Stille, dann zögerlicher Beifall, der stufenweise in trotzigen Applaus überging. José James, neben Gregory Porter der zweite, stilistisch
vielseitigere Shooting-Star des männlichen Jazzgesangs, bekennt: „Billie
Holiday führte mich auf den Pfad, auf dem ich heute wandle.“ So verdanken wir dieser Ikone des Jazzgesangs nicht nur ihre eigene Musik,
sondern auch die all derer, die von ihr inspiJosé James
riert wurden. José James ist darunter einer Yesterday I Had The Blues
Blue Note/Universal Music
der ganz Großen. Volker Doberstein II
Billie Holiday Nur das Beste
Das Angebot von Blue Note-Boss Don Was, neben dem neuen Tribut-Album (s.o.) mit
GOD BLESS THE CHILD (Universal Music) gleich auch noch eine Best-Of-CD von
Billie Holiday zusammenzustellen, lies sich Sänger José James nicht zweimal sagen.
Sehr persönlich, nach eigenem Geschmack und aus der Sicht eines Musikers, so
war die Herangehensweise die Stücke auszuwählen. Obwohl James schon im frühen
Kindesalter durch seine Mutter mit der Musik von Billie Holiday in Kontakt kam, fand
er erst als Teenager einen tieferen Zugang. Neben Musik von Nirvana und dem Hip
Hop-Trio De La Soul zogen ihn vermehrt die Klänge von „Lady Day“ in seinen Bann.
Mehr noch. Für ihn als angehenden Sänger nahm sie mit der Zeit gar bald eine Art
Lehrer-Funktion ein. Mit Ausnahme des 1946 veröffentlichten Stücks ‘Strange Fruit‘,
stammen alle anderen 13 Songs der Ausnahmesängerin aus der Zeit von 1952 bis
1957. Berührend gesungene Titel, mit Herzblut zusammengestellt, begleitet von Meistern wie Oscar Peterson, Barney Kessel, Ray Brown und Benny Carter.
red II
Peo Alfonsi Metheny-Juwelen
Nähert sich
aufgeschlossen
und sensibel
dem Repertoire
Pat Methenys:
Peo Alfonsi
Foto: Claus Altvater
Als Duo-Partner von Al Di Meola begleitete Peo Alfonsi den namhaften Kollegen bei mehreren Welttourneen. Auf CHANGE OF HEART steht der sardische
Gitarrist nun im Mittelpunkt und erweist in dreizehn Beiträgen Pat Metheny seine
Referenz.
Für Liebhaber der akustischen Gitarre steht die Tür bei dieser Veröffentlichung weit
offen. Ohne jegliche Overdubs versucht sich Alfonsi an den nicht einfach zu spielenden Kompositionen des Meisters Metheny. Bekannte Stücke wie beispielsweise
‘Farmer’s Trust‘, ‘James‘ oder ‘So May It Secretly Begin‘ sind brillante Beispiele, wie
man simple Nachahmerei vermeidet. Behutsam, dennoch konzentriert verbindet
die Fingerfertigkeit von Peo Alfonsi harmonische Eleganz mit solistischer Stringenz.
Passgenau fließt beides ineinander, ohne an Dynamik zu
verlieren. Ein Lob auch für die
audiophile Aufnahmequalität,
wobei im Besonderen der
luftige Gesamtsound besticht.
Peo Alfonsi
- Ein echter Geheimtipp, nicht
Change Of Heart
Songsurfer/in-akustik
nur für Gitarristen!
red II
2 | 2015
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Foto: Jörg Grosse-Geldermann
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Esbjörn Svensson Trio
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be 2/2015
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sist Dan Berglund und Schlagzeuger Magnus Öström
gelang Svensson mit diesen Einspielungen der weltweite Durchbruch. Zu Recht, befreiten die Skandinavier doch mit ihrem unkonventionellen Spagat
von wuchtiger Hymne bis hin zur liedhaften-kammermusikalischen Attitüde, das herkömmliche
Pianotrio-Format von seinen Fesseln. Man
konnte plötzlich auch mal rocken, ohne typischen Klischees zu verfallen. Der Einfluss
auf aktuell zahlreiche Nachahmer, verweist
auf die revolutionäre Errungenschaft des
leider nicht mehr existenten Trios. red II
Vinyl Wonderland
e.s.t.
Viaticum
Als 2008 der schwedische Pianist Esbjörn Svensson unerwartet
bei einem Taucherunfall starb, war der Schock in der Jazzwelt groß. Im
Zuge des aktuellen Vinyl-Revivals wurden unlängst zwei weitere Originalalben aus
seinem musikalischen Vermächtnis nun erstmals jeweils als Doppel-Longplay veröffentlicht.
Für den Genießer audiophil-analoger Klänge dürften die beiden Veröffentlichungen VIATICUM (2005) und TUESDAY WONDERLAND (2006) prioritären Charakter besitzen. Gerät doch der dynamische Sound des gefeierten Klaviertrios
e.s.t. auf 180g-Doppel-Vinyl noch transparenter und wärmer. Zusammen mit Bas-
ACT/Edel:Kultur
e.s.t.
Tuesday Wonderland
ACT/Edel:Kultur
Ron Carter Grandseigneur des Kontrabasses
Foto: Ines Kaiser
Seine Teilnahme an weit über 2.500 - oftmals historisch wichtigen - Einspielungen hat Ron
Carter den Ruf als überragenden Jazzbassisten eingetragen. Seine Kooperation mit der
WDR Big Band zeigt auf der neuen Veröffentlichung MY PERSONAL SONGBOOK auch
seine Qualität als ausgezeichneten Komponisten.
War in den Sechzigern Mitglied im
legendären Quintett von Miles Davis:
Ron Carter
Dass Ron Carter mit der WDR Big Band und Arrangeur Rich DeRosa eine gute Wahl getroffen
hat, beweisen die fein ausgearbeiteten Arrangements seiner Stücke. Gestochen scharfe Bläsersätze, unterstützt von einer aufmerksam agierenden, wenn angebracht, auch hart swingenden Rhythmusgruppe, machen die zehn Aufnahmen auf der CD zu einem Genuss. Auch die solistischen
Beiträge aller Beteiligten können sich hören lassen. Und mitten drin, wie ein Fels in der Brandung,
Bassist Carter, gesegnet mit einer schönen Tonbildung, traumhaftem Timing und glasklaren Walking
Basslinien. Das stilistische Spektrum reicht
dabei von der swingenden Eröffnungsnummer ‘Eight‘ über das kammermusikalische ‘Little Waltz‘ bis hin zum sambaseligen ‘Ah, Rio‘. Die limitierte Deluxe Edition
Ron Carter &
WDR Big Band
kann noch mit einer sehenswerten BoMy Personal Songbook
nus DVD inkl. Interview dienen. red II
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OSCAR PETERSON TRIO - live 1963
CANNONBALL ADDERLEY QUINTET - live 1961 STAN GETZ QUARTET - live 1960
Oscar Peterson, piano
Ray Brown, bass
Ed Thigpen, drums
Cannonball Adderley, sax
Nat Adderley, cornet
Victor Feldman, piano & vibraphone
Sam Jones, bass
Louis Hayes, drums
Das legendäre Trio des kanadischen
Meisterpianisten auf dem Höhepunkt
seines Schaffens.
CD N 77018 LP N 78018
Ein Meister seines Fach mit seiner legendären Band:
das Cannonball Adderley Quintet.
CD N 77017 LP N 78017
Stan Getz, sax
Ray Brown, bass
Ed Thigpen, drums
Jan Johansson, piano
Der legendäre Tenorsaxofonist
bei einem Livekonzert in Düsseldorf.
CD N 77016 LP N 78016
rezensionen | cd
Jazz Thermometer | tonart prüft neue Jazz CDs auf Herz und Nieren
Charles Lloyd
Wild Man Dance
Blue Note/Universal Music 0602547125989
Coltranes Schatten wirkt bis heute hörbar nach. Sehr spirituell und
hymnisch kommen Saxophonist
Lloyd und seine formidabel agierende Formation daher. Eine Offenbarung! tonart-Höchstwertung
Various Artists
Accordion Night
ACT 9589-2/Edel:Kultur
Ein lebhaftes Akkordeon-Gipfeltreffen vierer Meister (Peirani, Paier,
Carstensen, Givavo) in der Berliner
Philharmonie, wo von der Musette
bis hin zum Tango der Konnex zum
Jazz hochgehalten wird.
Marcus Miller
Afrodeezia
Blue Note/Universal Music 0602547214416
Miller folgt musikalisch den alten
Sklavenrouten. Inspirationen aus Mali,
New Orleans, der Karibik und Brasilien dominieren. Im Grunde eine gute
Idee, die jedoch leider an Millers egozentrischem Bassspiel scheitert.
Sun Ra Arkestra
Live At Babylon + Bonus-DVD
In+Out IOR 77122-9/in-akustik
Letztes Jahr wäre Sun Ra, der große
Mystiker des Jazz, 100 geworden. Unter der Führung seines langjährigen
Saxophonisten Marshall Allen lebt
sein Arkestra weiter. Äußerst vital,
wie man hier hört und sieht.
Gary Peacock Trio
Now This
ECM/Universal Music 4715388
Im Trio mit Marc Copland (p) und
Joey Baron (dr) hält sich Bassist
Peacock vornehm zurück. Vielmehr
dominiert, neben einer Reminiszenz
an Scott LaFaro, bei den zehn Originalen eine wohltuende Gelassenheit.
Jeremy Steig & Eddie Gomez
Collector‘s Premium
CMP/Art Of Groove/M.I.G. Music 80242 2 CD
Wie gut Querflöte und Kontrabass
im Duett funktionieren zeigen diese
beiden Originalalben von 1978/80.
Der transparente Sound, kombiniert
mit genialen Improvisationen, klingt
frisch und zeitlos. – Zwei Klassiker!
Pascal Schumacher
Left Tokyo Right
Laborie Jazz34/Edel:Kulur
Innovativ prägt der Einfluss der japanischen Kultur das neue Werk des
Jazz-Vibraphonisten. Vor allem harmonisch und rhythmisch beschreitet man abseits der gewohnten
(Jazz)-Pfade spannendes Terrain.
Harold Mabern
Afro Blue
Smoke Sessions Records SSR-1503/harmonia mundi
Der bei Kennern geschätzte Pianist
versammelte die Starriege der angesagten Jazzvokalisten wie Gregory
Porter, Norah Jones und Kurt Elling,
um ein glanzvolles Jazzstandardwerk
einzuspielen.
Bewertung | Thermometer
2 | 2015
10
KARSTEN
JAHNKE
KONZERTDIREKTION
GMBH
Foto: Emra Islek
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Verfolgt mit seiner Musik
einen cineastischen
Ansatz. Pianist und
Filmmusikkomponist
Romain Collin
Romain Collin
Musik zum Sehen
Das deutsche Jazz-Label ACT hat sich in den letzten Jahren große Verdienste um die dringend nötige Verjüngung des Jazz erworben. Was mit
Pionieren wie Esbjörn Svensson begann, findet aktuell mit Marius Neset oder Romain Collin eine Fortsetzung. Wobei insbesondere Collin
mit seiner von der Filmmusik geprägten, visuellen musikalischen Kraft
geeignet ist, dem Jazz bei einem breiten Publikum zu neuer Präsenz zu
verhelfen.
Der 35-jährige Pianist und Filmkomponist hat seinen eigenen Stil gefunden: Auf Basis einfacher, manchmal fast folkloristisch anmutender
Themen entwickelt er großflächige Visualisierungen seiner Kompositionskunst – und ist darin Esbjörn Svensson nicht unähnlich. Was
beide unterscheidet ist, dass Collin bewusst auf dieser Ebene verbleibt, nicht abtaucht in expressiv-hypnotische Tiefen, sondern die
reine klangliche Schönheit unangetastet stehen und wirken lässt.
Herbie Hancock und Wayne Shorter als Fürsprecher
Der aus Paris stammende Wahl-New Yorker, durchlief die Spitzenstätten der amerikanischen Jazzausbildung: die Berklee School in Boston
und das Thelonious Monk Institute in Los Angeles. Mit Herbie Hancock
und Wayne Shorter suchte er sich namhafte Mentoren. „Hancock war
einer der Hauptgründe, warum ich Pianist werden wollte“, bekennt
Collin. Sein neues Album PRESS ENTER verdankt seinen Titel übrigens
einem Gespräch mit Wayne Shorter. „Als ich mit Wayne in Indien war“,
berichtet der Pianist, „sprachen wir darüber, wie man manchmal große Pläne hat, aber oft nicht nach ihnen handelt“. Shorters Rat hierzu
bestand aus zwei Wörtern: „Press Enter!“ Und genau das hat Romain
mit diesem großartigen Album getan.
Volker Doberstein II
CD-Tipp | Jazz
Romain Collin
Press Enter
MICHAEL WOLLNY
›Nachtfahrten‹ Solo – Duo – Trio
28.10.15 BERLIN Kammermusiksaal
29.10.15 HEIDELBERG Stadthalle
(Enjoy Jazz Festival)
30.10.15 MÜNCHEN Prinzregententheater
01.11.15 STUTTGART Theaterhaus
03.11.15 HANNOVER Theater Am Aegi
04.11.15 BREMEN Glocke
05.11.15 KREUZTAL Stadthalle
06.11.15 DÜSSELDORF Robert Schumann Saal
07.11.15 DORTMUND Konzerthaus
08.11.15 STRASSBURG [FR] Jazzdor Festival
09.11.15 FRANKFURT Alte Oper
11.11.15 ERLANGEN E-Werk
13.11.15 HAMBURG Laeiszhalle
Neues Album: Michael Wollny „Nachtfahrten“
im Herbst 2015 (ACT / im Vertrieb von Edel Kultur)
GREGORY PORTER
& METROPOLE ORCHESTRA
BERLIN Zitadelle
STRAUBING Bluetone Festival
MÜNCHEN Tollwood Festival
ST. GOARSHAUSEN
Loreley Freilichtbühne
25.07.15 KIEL Sparkassen-Arena
01.07.15
02.07.15
03.07.15
04.07.15
Aktuelles Album:
GREGORY PORTER / Liquid Spirit
Deluxe Edition inkl. Live-DVD mit
dem Metropole Orchestra (Blue Note)
ACT9583-2/Edel:Kultur
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TICKETS:
01806 62 62 80*
& (0 40) 4 13 22 60
*Festnetz: € 0,20/Anruf , Mobilfunk max. € 0,60/Anruf
→ KJ.DE
aktuell | pop
Mit seiner neuen
Songkollektion erinnert der 67-jährige
Singer/Songwriter
aus Boston/Massachusetts wieder
an seine Anfänge:
James Taylor
tonart Obwohl Sie sich selbst als spirituellen Weltenbummler und Kosmopoliten definieren, ist Ihre Musik stark
von der Heimat Amerika geprägt. Welche Beziehung haben
Sie zu den USA und ihrer Kultur?
Taylor Auch wenn ich es nur ungern eingestehe, bin
ich durch und durch ein „real American guy“. Zwar integriere ich die unterschiedlichsten Einflüsse in meinen
Liedern, aber deren Fundament ist und bleibt „Made in
Sein Status als prägender Singer/Songwriter für nachfolgende Musithe USA“. Politisch ist Amerika jedoch schrecklich! Es hat
ker-Generationen scheint ihn nur wenig zu interessieren. „Alles alter
sich bei uns nie etwas Wesentliches geändert. Stets haSchnee von gestern”, meint Taylor gleich zu Beginn des tonart-Interben wir uns als Nabel der Welt gesehen. Ich hasse diesen
views stoisch. „Lassen Sie uns lieber gleich über das neue Album plauGrößenwahn! Wir besitzen kaum Kultur und könnten von
dern. Darin steckt schließlich jede Menge Optimismus. Hoffe ich wenigsanderen Ländern so viel lernen. Doch das lässt unsere
tens. Denn der ist es, den unsere marode Welt am meisten braucht.”
Eitelkeit nicht zu.
tonart Sie haben Klavier
tonart Abseits all der wundervollen Har„Auch wenn ich es nur ungern
und einige andere Instrumenmonie in Ihren Liedern war immer die Meeingestehe, bin ich durch und
te in der Kindheit gelernt.
lancholie die Triebfeder Ihrer Arbeit. Sind Sie
durch ein „real American guy“.
Warum sind Sie letztendlich
eher ein trauriger Mensch?
Zwar integriere ich die unbei der Gitarre geblieben?
James Taylor Ich denke, die Lieder
Taylor Die Tatsache, dass
klingen so traurig, weil meine Stimme
terschiedlichsten Einflüsse in
man sie überallhin mitnehschon immer einen gewissen bitteren Beimeinen Liedern, aber deren Funmen kann. (lacht) Dadurch
geschmack hatte. Und die Stimme kann
dament ist und bleibt „Made in
wird die Klampfe zu einem
man nun mal nicht verändern, sie ist ein
the USA.“ James Taylor
sehr demokratischen InsCharakteristikum. Rein persönlich bin ich
trument! Aber ernsthaft:
nicht gerade die Ausgeburt an Fröhlichkeit,
Obwohl ich Frau und Kinder habe, bin ich zumindest innerandererseits bin ich auch kein Trauerkloß, der nur heulend in seinem
lich immer „on the road“. Ich bin ein Durchreisender in
Haus sitzt.
Sachen Leben. Interview: Michael Fuchs-Gamböck
tonart Ihre Musik wirkt häufig wie moderner Gospel. Sind Sie religiös?
Taylor Nein, ich sehe mich als Agnostiker – somit als einen Menschen,
der seine eigene Existenz als zu unwichtig betrachtet, um die Behauptung
CD-Tipp | Singer/Songwriter
aufstellen zu dürfen, ob es Gott gibt oder nicht. (lacht) Das erfahre ich
Er ist wieder da, als wäre nichts geschehen. Dreizehn Jahre nach seinem letzten Studioalbum legt der amerikanische Ausnahme-Sänger und
Komponist James Taylor mit BEFORE THIS WORLD ein neues Meisterwerk vor. Wie gewohnt wird dem Hörer dabei eine intime Text-Nabelschau präsentiert, eingehüllt in einen prächtigen Kokon aus Country,
Folk und Pop.
noch früh genug! Diese Einsicht hängt damit zusammen, dass mein Vater
Wissenschaftler und meine Mutter eine Freidenkerin war. Oh, was gab
es zwischen den beiden für unglaublich anregende philosophische Diskussionen, die ich schon als Kind gründlich mitbekommen habe. Meine
aktuelle Überzeugung ist: Das Dasein ist geheimnisvoll, deshalb sei stets
neugierig, lass sämtliche Gedanken zu und vor allem: Glaube immer an
dich selbst!
James Taylor
Before This World
Concord/Universal Music 00888072352704
2 | 2015
12
Foto: Universal Music
James
Taylor
Melancholie als Triebfeder
pop | aktuell
Róisín Murphy
Liebt die
intelligente
Verbindung
von Pop und
House-Music.
Die 42-jährige
irische Sängerin
Róisín Murphy
Komplexes Comeback
Acht Jahre hat sich Róisín Murphy, die Ex-Sängerin des Electro-Pop-Duos
Moloko, für ihr neues Solowerk HAIRLESS TOYS Zeit gelassen. Das Warten
hat sich gelohnt.
Ein typischer Popstar war sie nie. Nach dem Ende von Moloko versuchte
sich Róisín Murphy solo. Teilweise mit fantasievollen Bühnen-Outfi ts, die
heute als schrille Vorläuferin von Lady Gaga durchgehen würden. Die
Mode einer Vivienne Westwood diente als Inspiration. Genauso kreativ,
wie sie sich kleidete, spielte Murphy als Solo-Musikerin wie zu Moloko-Zeiten mit den Potenzialen des Electro-Pop, den sie mit unterschiedlichen Stileinflüssen wie Jazz und Funk verband.
Räume für künstlerische Kreativität
Die Zeit für einen neuen Longplayer war mehr als reif. Fünf Wochen lang
zog sich die Sängerin mit dem Produzenten Eddie Stevens in dessen Studio zurück. Sie komponierte, textete und nahm 35 Songs auf, von denen
acht auf das neue Album kamen. Die Musik darauf ist eine intelligente und komplexe Verbindung von Pop und House-Music, zu denen sich
Einflüsse aus Jazz, Country und Gospel paaren. Eine tanzbare Mischung
mit gedrosseltem Tempo. Róisín Murphy bleibt sich treu. Auch wenn die
Nähe zum Pop-Mainstream nicht von der Hand zu
weisen ist, so ist der nötige Raum für künstlerisch-experimentelle Kreativität auf dieser empfehlenswerten Einspielung stets gegeben. Thorsten Schatz II
CD-Tipp | Pop
Róisín Murphy
Hairless Toys
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High End Lautsprecher-Serie im “Slim Fit”
Die neuen Komponenten der Celan GT Serie sind auf den ersten Blick als solche erkennbar.
Sie bringen zwar die edle Hochglanz-Lackierung und die gerundeten Gehäusekanten
der Serie mit, platzieren sich aber durch ihre schlanke Formensprache sofort zentral
im Blickfeld. Exklusive Materialien und innovative Technologie sorgen auch bei den
schlanken Modellen für ein überragendes Klangerlebnis.
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Foto: Mark Farrow
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Foto: Thomas Karsten
aktuell | pop
Steht zur aktiven
Verantwortung des
Künstlers im Hier und
Jetzt: Liedermacher
Konstantin Wecker
Konstantin Wecker
Lieder über Mystik und Widerstand
Konstantin Wecker verkörpert einen im Herzen so ehrlichen wie radikalen personifizierten Lebensentwurf, der ihn angreifbar wie unverwundbar
macht. Wieder einmal sehr deutlich demonstriert wird dieser Anspruch ans
Dasein mit dem aktuellen Album OHNE WARUM. tonart sprach mit dem
engagierten Liedermacher.
14
Wecker Ja, denn die Lyrik etwa eines Rainer Maria Rilke
berührt mich im tiefsten Inneren. Ich verstehe auch dessen
Religiosität, die ich passender mit „Spiritualität” umschreibe,
zunehmend besser. Kunst muss etwas mit Zauber und Wahrheit zu tun haben.
tonart Wie sind die Lieder von „Ohne Warum” entstanden?
Wecker Dieses Mal haben mich die Musen letztes Jahr an
vier oder fünf Tagen in der Toskana geküsst. In jener Phase
war ich so gut wie nicht ansprechbar, alles drehte sich um die
neuen Lieder.
tonart Woher kam die Hauptinspiration für die politisch motivierten Stücke?
Wecker Ich hatte in den letzten beiden Jahren viele spannende Begegnungen. Beispielsweise mit dem Schweizer Autor und Psychoanalytiker Arno Gruen, dessen Werk sich intensiv mit menschlicher Autonomie und der Destruktivität
des Gehorsams beschäftigt. Ich habe mich eindringlich mit
Aktivisten von der „Blockupy”-Bewegung unterhalten. Und
auch die Treffen mit meinem Freund Hans-Peter Dürr, ein
begnadeter Erkenntnistheoretiker und Physiker, hinterließen
tiefen Eindruck bei mir.
tonart Wie wichtig ist es, bei allem Ernst der Weltlage, seinen
Humor nicht zu verlieren?
Wecker Humor ist für mich lebensnotwendig, um nicht
endgültig an den Umständen zu verzweifeln. Und je älter
ich werde, desto weniger ernst nehme ich mich selbst ohne darüber meine Ideale zu verraten. Was für ein großes
Glück!
Interview: Michael Fuchs-Gamböck II
tonart Auf ‘Ohne Warum‘ wirkt Ihre gewagte Melange aus „scharfer Sozial-Kritik” einerseits und „mystischer Romantik” andererseits diskrepanter denn je. Wie
kommt’s?
Wecker Ich werde zwangsweise immer wütender in den letzten Jahren, die
verheerenden Zustände unserer Politik lassen mir gar keine andere Wahl. Für
mich heißt es, Stellung zu beziehen, sich nicht unterkriegen zu lassen, weiterzumachen und sich niemals zu verbiegen.
tonart Andererseits gibt es auch den „milden Wilden” Konstantin Wecker …
CD-Tipp | Liedermacher
Konstantin Wecker
Ohne Warum
Sturm & Klang S+K 021/Alive
Veröffentlichung: 19.06.15
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Design ist auch das,
was man nicht sieht.
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2 | 2015
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pop | aktuell
Foto: Universal Music
15
Die in Berlin lebende
Diplomatentochter
Sophie Hunger wuchs
multikulturell auf. Ihr
eigenwilliger Pop-Mix
ist derzeit schwer
angesagt.
Sophie Hunger
Fernab vom Mainstream
Vielleicht gibt Sophie Hunger der Erfolg ihrer jüngsten Platte SUPERMOON Auftrieb, die auf Platz sechs der deutschen Albumcharts eingestiegen ist. Und das, obwohl sich die 32-Jährige musikalisch fernab vom
Mainstream bewegt.
Ihren Mix aus Indie-Pop, Rock, Folk und Chanson vermag die Sängerin
stets intelligent in Szene zu setzen. Dazu singt sie mal auf Englisch, mal auf
Französisch, Schwyzerdütsch oder Deutsch – selbstverständlich akzentfrei.
Schließlich ist die Diplomatentochter in verschiedenen Ländern aufgewachsen. Zeitweilig hat sie mit ihrer Familie in Bern gelebt, danach in London,
Zürich und Bonn.
Mit einem Hauch bittersüßer Schwere
Sophie Hunger ist wie ein Zugvogel, der stets einen Hauch bittersüße
Schwere in sich trägt. Das macht sie zu einer eigenwilligen Künstlerin. Der
schnelle Durchbruch gelang mit dem zweiten Album ‘Monday’s Ghost‘. Musiker wie Stephan Eicher und Elektro-Jazzer Erik Truffaz engagieren sie fürs
Vorprogramm. Sogar
zum Montreux Jazz Festival und zum Glastonbury Fesrm_dmgl_anz_tonart_p
12.05.2015
tival wird sie damals eingeladen, mit Max Herre nimmt sie
am Bundesvision Song Contest teil. Bis sie die Notbremse
zieht. Flucht nach Kalifornien. Sie braucht dringend eine
Auszeit. Doch ganz ohne Musik geht es nicht. Hunger
schreibt neue Stücke, die ihre innere Zerrissenheit zum
Ausdruck bringen. Fernweh plagt sie genauso wie Heimweh. Einerseits möchte sie der Mond sein, andererseits
daheim auf der Erde. Ihre Rastlosigkeit spiegelt sich vor
allem in der sphärischen Pianoballade ‘Queen Drifter‘
wider. In anderen Titeln des neuen Albums drückt sich
ihre Unruhe in flirrenden Klängen aus, die ihre dunkel
getönte Stimme unterlegen. - Eine musikalische Erlebnisreise der besonderen Art.
Dagmar Leischow II
CD-Tipp | Pop
Sophie Hunger
Supermoon
Caroline International/Universal Music 7640153362360
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Das neue
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der Ägide von
Erfolgsproduzent
Larry Klein ein
neues Album
auf: Sänger und
Komponist
JD Souther
szene | pop
JD SOUTHER Sensibles Storytelling
Foto: Jeremy Cowart
Kein anderer Musiker prägte den Sound des US-Country-Rock in den 1970er Jahren
so sehr wie JD Souther. So schrieb er vor allem für die Eagles große Pop-Hits wie
‘Best Of My Love‘ und ‘New Kid In Town‘.
1984 nahm der Sänger und Gitarrist eine Auszeit als Interpret. Er arbeitete als Session-Musiker und versuchte sich als Schauspieler in TV-Serien wie ‘Die besten Jahre‘ und
‘Nashville‘. Erst 2008 brachte Souther als Sänger mit ‘If The World Was You‘ wieder ein eigenes neues Album heraus, dessen Nachfolger ‘Natural History‘ 2011 erschien. Dem folgt
nun die aktuelle Einspielung TENDERNESS (Sony Music), welche gänzlich ohne Country
Rock-Elemente auskommt. Stattdessen präsentiert der 69-Jährige im Zusammenspiel u. a.
mit Jazz-Sängerin Lizz Wright und dem deutschen Jazztrompeter
Till Brönner neun neue Kompositionen, angesiedelt zwischen typischen Singer/Songwriter-Songs, etwas Rhythm & Blues und zaghafte Balladen aus dem Great American Songbook. Das alles wird zu
einem großen Erzählstrang verknüpft – und zu
JD Souther
einem durchaus beachtenswerten Alterswerk.
Tenderness
Thorsten Schatz II
Masterworks/Sony Music
Heather Nova Engelsgleich
“Ich denke nicht, dass meine neue Platte die Welt verändern wird, aber
sie wird den Hörer definitiv für eine gute Stunde an einen sehr interessanten Ort entführen”, so das Statement der US-amerikanischen Sängerin
Heather Nova zu ihrem mittlerweile neunten Studioalbum. Ihre vorwiegend vom Singer/Songwriter-Genre geprägten Popmelodien lassen sich
am ehesten zwischen Americana und Folk, gepaart mit rockigen Elementen
verorten. Dabei steht Novas glockenklare Stimme stets im Zentrum. Eine
Stimme, die Träume, Sehnsüchte und Rückblicke thematisiert. Besonders
die durchweg hohe Qualität der zwölf Kompositionen macht das brandneue Werk THE WAY IT FEELS (Warner Music) für Fans von handgemachter Popularmusik zu einer Entdeckung. Die Aufnahmen entstanden in der
Hitze des vergangenen Sommers in Charleston/South Carolina. Ein großes
entspanntes Stück davon ist den Songs anzuhören.
red II
Sonny Landreth Blues als Mission
Als B.B. King am 14. Mai 2015 im Alter von 89 Jahren starb, trat eine von nahezu allen Gitarristen geschätzte Vaterfigur des Blues ab. So auch für Sonny Landreth, der als Teenager
King erstmals sah und fortan zu einem seiner großen Anhänger wurde. Auf BOUND BY THE
BLUES zollt der Amerikaner aber auch vielen seiner anderen Idole Tribut und zeigt zugleich wie
herzerfrischend man diese 12-taktige Musikform noch immer spielen kann.
Statt Blues war für den kleinen Sonny jedoch zunächst Jazz angesagt. „Mein erstes Instrument
war die Trompete. Miles Davis und John Coltrane waren zwei meiner Jazzhelden“, so der 1951
in Canton/Mississippi geborene Musiker. Eine Erfahrung, die er als Improvisator bis heute
nicht missen möchte. Dennoch kam der Wechsel zur elektrischen Gitarre schnell, wobei
es ihm besonders die Slide-Gitarre bzw. dessen frühe Vertreter wie Robert Johnson und
Elmore James angetan haben. Spätere
Kooperationen u.a. mit Eric Clapton,
John Hiatt, John Mayall und Johnny Winter machten Landreth zu einem allseits anerkannten Kollegen. Die aktuelle Einspielung ‘Bound By The Blues‘ markiert eine Rückkehr
zu seinen musikalischen Wurzeln. Zehn knackig gespielte Songs, die mit Klassikern wie ‘It
Sonny Landreth
Hurts Me Too‘, ‘Dust My Broom‘ und dem seinen im letzten Jahr verstorbenen Freund
Bound By The Blues
Johnny Winter gewidmeten ‘Firebird Blues‘ auch einige Highlights parat hält.
red II
Provogue/Mascot/Rough Trade
2 | 2015
16
pop | szene
Charles Aznavour Unruhestand
Ruhestand oder gar „vorgezogener Ruhestand“? Diese Termini sind
dem knapp 91-jährigen Charles Aznavour gänzlich fremd. Wo
andere sich längst zurückgezogen haben, ist der Chansonnier noch
lange nicht fertig. „Zugabe“ titelt er sein soeben erschienenes Werk.
Sein 51. Album.
Shelby Lynne
Lebt seinen Traum
aktiv bis ins hohe
Alter: Chansonnier
Charles Aznavour
Ein Hauch von Nostalgie weht durch die zwölf Chansons. Unvermeintlich, wie es scheint, doch der Meister lässt keine Zweifel, dass der Klang
des Akkordeons und süßliche Streicher genauso zu seinen authentischen Liedern gehören wie mitunter sentimentale Melodiebögen. Klar
und kräftig klingt seine Stimme, völlig untypisch für jemanden, dessen
Karriere nunmehr 83 Jahre andauert. Als Kind armenischer Immigranten kletterte er bereits in jungen Jahren auf die Bühne. Auf seiner neuesten Einspielung ENCORE (Universal Music) scheut sich Aznavour
nicht mit ‘T’aimer‘, ‘Ma Vie Sans Toi‘ und ‘Mon Amour Je Te Porte En
Moi‘ auch einige Liebeslieder anzustimmen. Ans Aufhören denkt er
nicht. „Ich schreibe viel, und jeden Tag. Wo ich auch hingehe, habe ich
meinen Schreibtisch. Eigentlich soll man es ja nicht sagen, während man
ein Album veröffentlicht, aber ich habe das nächste bereits geschrieben.
Ich bin eher ein Macher als ein Träumer.“
red II
Sound der Südstaaten
Freunde von Willie Nelson, Emmylou Harris, Bob Dylan oder Johnny Cash dürfen sich
freuen, denn der erste Eindruck des Pressefotos trügt nicht. Memphis/Tennessee scheint
gleich hinter dem Horizont zu liegen. Mit Shelby Lynne veröffentlicht eine der derzeit
besten Singer/Songwriterinnen Amerikas einen neuen Longplayer.
I CAN IMAGINE (Universal Music) klingt abgehangen und sonnengegerbt. Kompetent
beackern Lynne und ihre Mannschaft das breite musikalische Spektrum. ‘Down Here‘ mit
einem ausladenen rockigen Gitarrensolo à la Neil Young atmet durch die Hinzunahme
der Pedalsteel-Gitarre einen Hauch von Country & Western. Aber auch Southern Soul
und Rhythm & Blues aus New Orleans machen sich auf den zehn Songs breit, denen die
Chefin textlich unterschiedliche Charaktere zuordnet. Wie etwa in ‘Son Of A Gun‘, wo die
Depressions-Ära in Form eines Wanderarbeiters die damalige Weltwirtschaftskrise thematisiert. Für die Lieder ‘Love Is Strong‘ und ‘Be In The Now‘ tat sich die Sängerin mit dem
ebenso talentierten, kanadischen Songwriter Ron Sexsmith zusammen. Eine passende
Konstellation, der auch mal ein komplettes Projekt zu wünschen wäre. Im Titelstück ‘I Can
Imagine‘ betont Lynne nochmals ihre tiefe Verbundenheit mit der Country & Western-Tradition ihrer Heimat Virginia. Dem bei Kennern geschätzten Katalog des Rounder-Labels
fügt Shelby Lynne mit ihrer aktuellen Einspielung ein weiteres Kleinod hinzu.
redII
Zwischen Country
& Western und
Rhythm & Blues:
Shelby Lynne
Foto: Alexandra Hedison
Foto: Nicolas Aznavour
17
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www.tonartmagazin.de
rezensionen | dvd
18
DVD Area | Musik in Bild und Ton
DVD-Tipp | Pop
DVD-Tipp | Blues - Jazz
Various Artists
A Musicares Tribute To Paul McCartney
Annie Lennox
An Evening Of Nostalgia With ...
Eagle Vision EREDV 1180/Edel
Island/Universal Music 0060 2547262356
Als am 10. Februar 2012 Sir Paul McCartney in L.A. für seine musikalischenVerdienste ausgezeichnet wurde, kamen auch viele
Kollegen wie NeilYoung, Nora Jones, James
Taylor bis hin zu Coldplay, um den Preisträger gebührend mit Interpretationen
seiner Songs zu feiern. Er selbst bedankte
sich mit 5 beeindruckenden Beiträgen.
Das Great American Songbook ist derzeit
bei vielen Künstlern aus dem Pop-Segment
en vogue. Nur wenige jedoch haben die
entsprechende Stimme, um Klassiker wie
‘Summertime‘, ‘God Bless The Child‘ oder
etwa den beliebten Billie Holiday-Klassiker ‘Strange Fruit‘ in eine fesselnde Performance zu wandeln. Lennox kann’s!
DVD-Tipp | Pop
DVD-Tipp | Rock - Blues
Jan Delay
Hammer & Michel - Live
Jack Bruce
Rockpalast: The 50th Birthday Concerts
Vertigo/Universal Music 472 756-2
M.I.G. 90610/SPV
Wird er in die Fußstapfen von Udo Lindenberg treten oder nicht? Mehr als erahnen lässt sich das Potenzial des Hamburger
Sängers bei dieser mitgeschnittenen Sause
aus der Düsseldorfer Philipshalle. Zusammen mit seiner fetzigen Disko No. 1-Truppe nimmt Delay das gutgelaunte Publikum
mit und rockt lässig das ehrenwerte Haus.
Der 2014 verstorbene Jack Bruce war ein
Unikum! Mit klassischer Ausbildung sowie
vielen Jazz- und Blues-Erfahrungen gesegnet, schrieb er als Sänger und Bassist mit
der Supergroup Cream Rockgeschichte.
All das lässt sich auf dieser 3-DVD-Box mit
Gästen wie u.a. Ginger Baker und Gary
Moore eindrucksvoll nachempfinden.
DVD-Tipp | Rock - Pop - Country
DVD-Tipp | Alternative Rock
Neil Young
The Road Goes On Forever
Foo Fighters
Sonic Highways
Pride PG2DVD177/in-akustik
Um es gleich vorweg zu nehmen: die
zweite DVD dieses Doppelpacks lässt das
Herz höher schlagen. Aufgenommen bei
verschiedenen Interviews, spricht hier der
Meister über seinen bisweilen eigenwilligen Werdegang höchstpersönlich. DVD
1 bietet begleitende Kommentare sowie
musikalische Ausschnitte seiner Stationen.
RCA/Sony Music 88875060149
Nirvana‘s Dave Grohl avancierte mit den
Foo Fighters zum Mega-Act des sog. „Alternative Rock“. Mit Gästen wie Buddy
Guy, Allen Toussaint, Joe Walsh oder etwa
den Bad Brains, lässt man die musikalische
Geschichte diverser US-Metropolen wie
Chicago, Nashville, L.A., New Orleans etc.
hochleben. Viel Bonusmaterial inklusive.
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cd | rezensionen
Hot Spots | 4 CD-Tipps der Redaktion
CD-Tipp | Soul
Leon Bridges
Coming Home
Columbia/Sony Music 88875089142
“Young, Gifted And Black” - so der Titel einer 1972er-Einspielung von Aretha Franklin, der auch gut zu dieser Debüteinspielung passt, die ihren Spirit überwiegend von Sechziger
Jahre-Größen wie Sam Cooke und Otis Redding bezieht. Der
25-jährige Newcomer aus dem texanischen Fort Worth und
seine Band lassen die wieder hippen Retro-Sounds zwischen
Soul und Doo-Wop nonchalant hochleben. Warten wir gespannt auf die ersten Showcases in Berlin, Köln und Hamburg!
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Klangperfektion
aus Leidenschaft.
High End, aber
erschwinglich:
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CD-Tipp | Pop
Brian Wilson
No Pier Pressure
Capitol/Universal Music 0602547215239
Erstaunlich wie frisch die Stimme des ewigen Beach Boys mit
72 Jahren noch klingt! Bis auf den Zeitgeist-Pop von ‘Runaway
Dancer‘ klingt Wilson anachronistisch im besten Sinn. Den hier
dargebotenen Harmoniegesang kann man nicht besser arrangieren. Produktion, Songwriting und der clevere Einsatz von
Gastprominenz, wie z.B. der von ex-Beach Boy-Kollege Al Jardine, vereinen die aktuellen Songs zu einem prächtigen Popalbum, welches auch als Deluxe-Version und Vinyl erhältlich ist.
CD-Tipp | Worldmusic
Fatoumata Diawara & Roberto Fonseca
At Home - Live In Marciac
Montuno/Jazz Village JV 570080/harmonia mundi
Hier scheinen sich zwei gesucht und gefunden zu haben: die
fabelhafte junge Sängerin Fatoumata Diawara aus Mali und
der kubanische Jazzpianist Roberto Fonseca. Grandios wie
hier die unterschiedlichen musikalischen Kulturen unter Einbeziehung von auch traditionellem Instrumentarium ineinander
aufgehen. Wer eines der begeisternden Auftritte der letztjährigen Tour miterleben durfte, bekommt mit der im südfranzösischen Marciac aufgenommenen CD eine glanzvolle Zugabe.
CD-Tipp | Brazil
Neue, vollendete Technik, wahrhaftiger Klang. Neue Modelle,
profiliertes Design, neue Farben: Kristallweiß, Diamantschwarz,
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Baden Powell
Live In Berlin
MPS/Edel:Kultur 4029759103042
Das wiederbelebte, großartige MPS-Label macht auf den Formaten CD, DVD undVinyl einen gehobenen Schatz zugänglich.
Als im Jahr 2000 einer der virtuosesten Gitarristen Brasiliens
drei Wochen vor seinem Tod auf der Berliner Volksbühne vor
vollem Haus die mit Bossa-, Jazz- und Klassikanleihen gespickten Stücke vortrug, herrschte eine knisternde Spannung. Die
Interpretationen von ‘Manha De Carnaval‘,‘Girl From Ipanema‘
oder ‘Samba De Aviao‘ erinnern an einen einzigartigen Künstler.
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Günstig, weil direkt vom Hersteller Nubert electronic GmbH,
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Ehrliche Lautsprecher
Christiane Karg
Auf dem Sprung
zur Weltkarriere:
Sopranistin
Christiane Karg
Große Arien – große Szene
Bei der Sopranistin Christiane Karg bedeutet „große
Szene“ auf ihrer jüngsten CD SCENE! mit klassischen Sologesangsstücken zum Glück weder großes Vibrato noch
große, heulende Töne. Also nicht derart, wie manch ein
Stück in der Vergangenheit schon von irgendeiner Scheuche malträtiert wurde, die Stücke wie etwa Beethovens
„Ah, perfido!“ vor allem zur gran scena technischer Unzulänglichkeit verunstaltete.
wanger Konditorenhaushalt. Beide wurden von ihren Musik-fanatischen
Eltern mit dem Virus der Klassik infiziert. Und bei beiden ist die Saat
klanglich wunderbar aufgegangen. Dabei ist Christiane Karg, deren 2006
bei den Salzburger Festspielen mit dem Mozart-Jugendwerk ‘Apollo et
Hyacinthus’ startende Karriere sich gerade auf das Beste zu entfalten
beginnt, auf eine sehr erfrischende Art pragmatisch. „Eine CD, das ist für
mich nicht nur ein wenig Studioarbeit, wo man während der Produktion
schön singt, und den Rest machen die anderen. Ich kümmere mich um
alles, oder möchte zumindest stark in alles involviert sein. Die Repertoireauswahl, der Schnitt, das Artwork, die Covergestaltung, aber auch die
Promotion, die begleitenden Konzerte, das sind für mich viele, immer
gleich wichtige Teile eines Prozesses.“
Bei der mittelfränkischen Sopranistin, die eine Wundervoll-Lyrische ist, klar in der Linie, ergreifend im strahlenden, aber trotzdem fraulich-warmen, gar nicht anonymen
Timbre, klingt diese sich gern spreizende Evokation von
Zurückhaltend, doch präsent gerundet wird die Stimme der 34-jährigen
Pietro Metastasios und seinem ‘Ach, heimtückischer, lügneSängerin auf 'Scene!' von dem englischen Kammerorchester Arcangelo
rischer, grausamer Verräter’ fast ein wenig zu klein. Doch
unter Dirigent Jonathan
man gewöhnt sich schnell an diese neue, feiCohen. Kargs bewährter
nere Dimension für die wütende, barmende,
„Eine CD, das ist für mich nicht nur ein wenig StuKlavierpartner
Malcom
aufschreiende, verletzliche Konzertarie des
dioarbeit, wo man während der Produktion schön
Martineau sitzt bei Moberühmtesten Librettisten der klassischen
singt, und den Rest machen die anderen. Ich kümzarts ‘Ch’io mi scordi di
Seria-Oper, deren Musik Beethoven wohl für
te?’ am Hammerflügel,
die Mozart-Freundin und Sopranistin Josepha
mere mich um alles, oder möchte zumindest stark
Alina Pogostkina spielt
Duschek komponierte.
in alles involviert sein. Die Repertoireauswahl, der
bei Mendelssohns ‘InfeSchnitt,
das
Artwork,
die
Covergestaltung,
aber
Intensität durch Klangkonzentration
lice pensier’ Geige. Auch
auch die Promotion, die begleitenden Konzerte,
wenn Christiane Karg, die
'Scene!', so der Name von Kargs Album, ist
das sind für mich viele, immer gleich wichtige Teile
ihre Sololaben bis hin zur
mit dickem Ausrufezeichen versehen. Doch
eines Prozesses.“ Christiane Karg
Optik immer als Gesamtso bombastisch klingt die Musik darauf nicht.
kunstwerk gestaltet, sich
Ungewohnte Schönheit filtert Christiane Karg
diesmal in strengem Schwarzweiß präsentiert, die „barbarischen Steraus sechs ausholenden Sopranszenen von Mozart, Haydn
ne“, „einschlagenden Blitze“ und „tyrannischen Himmel“, die dieund Mendelssohn heraus, mit einer angenehmen Balance
se Frauen am Rande des Opernnervenzusammenbruch beschwöaus instrumentaler Stimmführung und humaner Wärme
ren, sie leuchten trotzdem in herrlichen Farben.
Manuel Brug II
sowie Empathie. Jedes vokale Ornament wird hier präzise Ausdruckswirkung, Tonverzierungen verwandeln sich in
emotionale Schnörkel. Dabei muss Karg nicht stöhnen und
CD-Tipp | Klassik
schnauben, nicht einmal schrill lautwerden – Intensität wird
hier vor allem durch Konzentration erzeugt.
Musikverrücke Eltern
Handwerk kann in Deutschland offenbar bisweilen auf
goldenen Sopranistinnenboden fallen. Die Frankfurter
Opern-Diva Christine Schäfer beispielsweise ist Metzgerstochter, Christiane Karg stammt aus einem Feucht-
Christiane Karg
Scene!
Berlin Classics 885470006468/Edel:Kultur
2 | 2015
20
Foto: Edel:Kultur
aktuell | klassik
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klassik | aktuell
Grigory Sokolov
Zum Hype um den Starpianisten
Der französische Musikfilmemacher Bruno Monsaingeon nennt
Grigory Sokolov in einem Atemzug mit Svjatoslav Richter und Glenn
Gould. Monsaingeon hat über diese Pianisten Filme gedreht und im Moment bereitet er einen zweiten Konzertfilm mit Grigory Sokolov vor. Der
erste entstand 2002 in Paris. Das war’s. Wer Sokolov darüber hinaus sehen
will, muss in eines seiner Konzerte gehen.
Foto: Deutsche Grammophon
Sokolov wirkt auf der Bühne wie eingemauert. „Es ist diese unglaubliche Konzentration auf sein Spiel, die ihn so entrückt“, schwärmt Bruno Monsaingeon.
„Aber privat ist dieses Genie der amüsanteste Zeitgenosse, den man sich vorstellen kann“, fügt der Regisseur hinzu.
Wer nicht ganz so nah dran ist wie Monsaingeon, kann wie der Autor dieser
Zeilen mit Grigory Sokolov hinter der Bühne ein paar liebenswürdige Worte
wechseln, kassiert bei jeder Interviewanfrage eine Absage und bekommt dann
diesen warmen russischen Händedruck, der einem stumm mitteilt, dass Sokolov auf dem Klavier spielt, was er zu sagen hat.
Dem pianistischen Geheimnis auf der Spur
Grigory Sokolov schafft in manchen seiner Konzerte eine Art Meta-Ebene
zwischen sich und dem Publikum, die einen guten Klassik-Abend zu einer außergewöhnlichen Nacht transformiert. Der Dirigent Mariss Jansons nennt das
ein „Fluidum“, das manchmal auftaucht, aber nicht vorhersehbar ist. Sokolov,
wie auch Jansons, erhielten ihren ersten Schliff als musikalische Rohdiamanten
auf der Schule für musikbegabte Kinder im damaligen Leningrad. Wenn man
durch die Räume flaniert, in denen Sokolov als Kind unterrichtet wurde, spürt
man den Geist dieser besonderen Förderung, die so viele große Künstler hervorgebracht hat. Sankt Petersburg ist auch heute noch Sokolovs Basis. Dort
studiert er sein alljährliches Konzertprogramm ein.
Wer Sokolov im heimischen Wohnzimmer entdecken möchte: Von seinen erschwinglichen CD-Boxen mit Wiederveröffentlichungen ist das
atemberaubend gespielte 2. Klavierkonzer t von Camille Saint-Saens aus
dem Jahre 1967 (Naxos 4-CD-Box MELCD1002078) und aus den 80er Jahren Bachs KUNST DER FUGE (Label opus 111, 2CD923632) zu
empfehlen. Dazu der fantastische erste Film von Bruno Monsaingeon
über den Maestro („Sokolov live in Paris“, Medici Ar ts Nr. 3073888). Sokolovs unbequemes, aber wegweisendes Mozar t-Spiel hör t man zudem
bei einen Deutsche Grammophon-Konzer tmitschnitt von den Salzburger
Festspielen 2008.
Stephan Mayer II
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CD-Tipp | Klassik
Gestochen scharfes Notenbild, intelligente
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Grigory Sokolov
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21
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aktuell | klassik
Ist stolz auf sein Orchester: Chefdirigent Karl-Heinz Steffens
und die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.
Staatsphilharmonie
Rheinland-Pfalz
Moderne Zeiten
Michael Kaufmann ist zufrieden, wenn er feststellt: „Die
Dinge entwickeln sich!“ Und damit meint er, der seit 2011 als
Intendant gemeinsam mit seinem zwei Jahre länger amtierenden Chefdirigenten Karl-Heinz Steffens der Deutschen
Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz vorsteht, stolz die
kommende Spielzeit.
„Man sieht es vor allem an den renommierten Künstlern, die
inzwischen gern zu uns kommen, weil sie wissen, das Niveau
des Orchesters ist enorm gestiegen. Aber sie verstehen auch,
was es bedeutet, das Publikum an verschiedenen Orten jeweils in seinem Lebensraum abzuholen.“ Kaufmann spielt auf
den Status seines Orchesters an, der ein ganzes Bundesland
bedient, nicht nur den Standort Ludwigshafen.
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Und so kommt in der nächsten Saison 2015/16 etwa Pinchas
Zukerman mit gleich drei Programmen als Artist-in-Residence,
wobei sich der „Viel-Saitige“ als Geiger, Bratscher und Dirigent
unter Beweis stellt. Die Kaufmann am intellektuellen Intendantenherzen liegende Reihe MODERN TIMES wird durch die
Mitwirkung nicht nur des lettischen Stargeigers Gidon Kremer,
sondern auch von dem Komponisten und Klarinettisten Jörg
Widmann sowie dem komponierenden Pianisten Fazil Say
geadelt.
Schwerpunkt: Romantisches Repertoire
Gleichfalls wichtig sind Kaufmann und Steffens die Reihen
REBELLION IM QUADRAT, welche die vorklassische Mannheimer Schule und ihre Komponisten im Kontrast zu Werken
des Karlsruhers Wolfgang Rihm quasi als Urväter des heutigen
Klangkörpers noch stärker in der Region verankern soll – und
natürlich die letzte Saison mit großen Erfolg gestarteten KATHEDRALENKLÄNGE mit Bruckner-Sinfonien in den pfälzischen
Domen von Speyer, Mainz und Trier. Die wurde zu einem ganz
persönlichen Triumph für Steffens, der das romantische Repertoire als das ihm wichtigste bezeichnet. Manuel Brug II
2 | 2015
22
klassik | aktuell
Der Bösendorfer - COCTEAU
Neue Flügel-Serie der Traditionsfirma
„Ich bin zunächst mal Dichter, mein gesamtes Werk ist Poesie”, stellte
der 1963 verstorbene Ausnahme-Künstler Jean Cocteau immer wieder
klar. Trotz der lyrischen Selbsteinschätzung hat ihm der renommierte Piano-Hersteller Bösendorfer jetzt einen nach ihm benannten exklusiven
Flügel gewidmet, der streng limitiert gehandelt wird.
Jean Cocteau war zeit seines Lebens Universal-Genie. Mit 17 Jahren schrieb
der 1889 nahe Paris Geborene erste Gedichte, der Debütroman wurde
1913 veröffentlicht, vier Jahre später verfasste er das Libretto für ein kubistisches Ballett, bald darauf erste Theaterstücke wie „Orphée”, Vorlage für
seinen gleichnamigen Film. Richtig, Cocteau war Dichter, Schriftsteller, Maler,
Regisseur, gelegentlich Schauspieler. Und zeit seines unsteten 74-jährigen Lebens der Musik innig verbunden.
Unter solchen Umständen verwundert es nicht, dass der legendäre Klavier-Hersteller Bösendorfer in Zusammenarbeit mit dem „Menton Musik Festival” sowie
dem damit verbundenen „Menton Museum” für den Ausnahmekünstler einen
eigenen Flügel, schlicht „Der Cocteau” genannt, entwickelt hat.
Faszination Orpheus-Legende
Doch warum widmet die Firma Bösendorfer diesem Artisten, der sich eher
im schreibenden denn im musikalischen Genre zu Hause sah, einen exklusiven
Flügel, der auf gerade zwölf Stück limitiert ist? Nun: Cocteau war fasziniert
von der Orpheus-Legende. Und Orpheus wiederum wird als größter und
perfektester Musiker aller Zeiten definiert. Unter dieser Perspektive passt es
perfekt, den Homo Universalis Cocteau und den sagenumwobenen griechischen Helden Orpheus in Zusammenhang zu bringen.
Zwar wird Orpheus gerne mit einer Lyra anstatt eines Pianos in der Öffentlichkeit abgebildet. Doch dies hat man beim Klavier-Hersteller elegant gelöst, indem
man ein Motiv des Sagen-Heroen samt bevorzugtem Instrument via Siebdruckverfahren auf den Deckel des Flügels transferiert hat. Und hier kommt wieder
das Verbindende mit Cocteau zum Vorschein, denn der Franzose hat liebend
gerne die Siebdruck-Technik bei eigenen Arbeiten verwendet. Zudem waren
ihm die (Nicht-)Farben Schwarz und Weiss
die bevorzugten, weshalb
die „Cocteau-Flügel” ausschließlich in jenen Nuancen gefertigt werden. MFG II
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1. Mai 2016
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szene | klassik
Foto: Erato-Simon Fowler
Diana Damrau
SAISON 2015/16
Mit Ärzteorchester dem
Wahnsinn auf der Spur
Bayerische Staatsoper, Mailänder Scala, Metropolitan Opera: Diana Damrau ist auf den großen
Bühnen der Welt zu Hause. Dabei vergisst die gebürtige Günzburgerin ihre Heimatstadt nicht.
Auf Einladung des Bezirkskrankenhauses Günzburg tritt die weltbekannte Sopranistin zusammen mit dem Bayerischen
Ärzteorchester am 29. Juli im Forum am Hofgarten im Rahmen einer Benefiz-Gala zugunsten von Kindern psychisch kranker Eltern auf. Anlass ist der
100. Geburtstag des BKH. Während der Star unter Leitung von Prof. Reinhard
Steinberg mit Opernarien von Mozart zu hören sein wird, hat sie ihre jüngste CD FIAMMA
DEL BELCANTO den tragischen Heldinnen
des italienischen Belcanto gewidmet. Und auch
für die Interpretation der Oper „Lucia di Lammermoor“, gegenwärtig Repertoiremittelpunkt,
hat sich die Damrau ärztlichen Rat eingeholt. Im
BKH hat sie sich von einem Psychiater über die
Verhaltensmuster von Borderline-Personen erkundet: „Es ist erstaunlich, wie musikalisch nahe Diana Damrau
dem Zustand dieser Patienten Donizetti in sei- Fiamma del Belcanto
ner Wahnsinnsarie kommt.“ Manuel Brug II Erato/Warner Classics 0825646166749
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Man kann sich diesem Gegenstand eigentlich nur in der Bergsteiger-Sprache nähern:
So groß! So hoch! So anstrengend! So
erhebend! So schön! Und ist man endlich oben angekommen, wird man neben
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weiter, freier Panoramasicht belohnt.
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Die Rede ist nicht von einem Viertausender, sondern von Gioachino Rossinis
letzter, 1829 in Paris uraufgeführter Oper
GUILLAUME TELL. Hier entfaltet sich nicht
nur am Vierwaldstätter See ein Schweizer Alpentableau der Sonderklasse, hier wurden bis
zu Wagners Opern für das 19. Jahrhundert
neue, selten erreichte, gar unübertroffene
musikalische und dramaturgische Maßstäbe
gesetzt. Ausschließlich Freude kam 2013 auf,
haben doch beide Rossini-Festivals in Bad Wildbad
und Pesaro einen gewaltigen „Wilhelm-Tell“-Doppelwhopper gebacken, ungekürzt und mit allem, Belcanto-Speck, Ballett-Käse und Chor-Rösti. Und mit zwei
tollen Tenören, Michael Spyres und Juan Diego Flórez.
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2 | 2015
Der Vorverkauf für die
neue Saison 2015/16
hat begonnen
24
Einer der
bedeutensten
Geiger des 20.
Jahrhunderts:
Izhak Perlmann
Itzhak Perlman
Hommage zum 70. Geburtstag
Foto: Lisa-Marie-Mazzucco
Eine lange Geschäftsbeziehung, die aber immer auch eine wunderbare Künstleraffäre
war, findet jetzt in einer schönen CD-Kiste ihre Hinterlassenschaft. Denn der Geiger
Itzhak Perlman feiert am 31. August 2015 seinen 70. Geburtstag.
Aus diesem Anlass erscheint eine limitierte Editions-Box als Hommage an den großen Virtuosen. Zwischen 1968 und 2001 nahm Perlman 25 Alben für die Deutsche
Grammophon und Decca auf - viele davon Klassiker und mit einigen der größten
Künstler seiner Zeit. Samt einem neuen Essay, einem persönlichen Erinnerungstext
von Perlman selbst und seltenen Fotos stellt diese Original-Cover-Sammlung das Vermächtnis eines großen Künstlers mustergültig vor. Perlman spielt dabei oftmals die Soil
Stradivarius von 1714, die zuvor im Besitz von Yehudi Menuhin war. Er wird bis heute gepriesen für seinen lyrisch-sanften, weich gerundeten Ton. Hier ist der Virtuose nun unter
anderem zu hören mit Beethovens und Mozarts Violinsonaten, Mozarts Violinkonzerten sowie
mit den Konzerten von Berg, StraItzhak Perlman-Box
winsky und Elgar. Manuel Brug II DG/Universal Music 028947947080
Münchner Opernfestspiele 2015
Traditionsreich, aber immer offen für Neues – so präsentieren sich die Münchner
Opernfestspiele jedes Jahr zum Ende der Saison an der Bayerischen Staatsoper.
Opernfreunden aus aller Welt wird vom 24. Juni bis 31. Juli ein hochkarätiges Programm geboten.
H. Schuch
F. Say
M. Friedlander
J. Widmann
G. Kremer
K.-H. Steffens
International gefeierte Künstler präsentieren sich in Opern und Balletten, Liederabenden
und Konzerten. Am 28. Juni geht es unter der Regie von Christiane Pohle mit der Premiere von Claude Debussys PELLÉAS ET MÉLISANDE im Prinzregententheater los. Im
Nationaltheater kommt im Juli Richard Strauss‘ in München heiß geliebte ARABELLA neu
heraus. Inszeniert wird die Oper von dem Theater- und Filmregisseur Andreas Dresen,
Philippe Jordan steht am Pult, Anja Harteros singt die Titelrolle. Jordan dirigiert auch die
beiden letzten Isolden von Waltraud Meier am 8. und 11. Juli. Darüber hinaus stehen
zahlreiche Neuproduktionen der aktuellen Saison, Kammerkonzerte, experimentelle
Musiktheater-Projekte und das Open-Air „Oper für alle“ auf dem Spielplan.
MB II
„Open Air Oper“
für alle in München.
„Die Welt ist nie genug“ – unter diesem Motto spürt MODERN TIMES Sehnsuchtsorte
in der Musik auf. Mit herausragenden Solisten öffnet die Staatsphilharmonie ein klingendes
Weltpanorama zwischen Russland und Amerika, lenkt den Blick auf die spannende Brücke am
Bosporus, wo Orient und Okzident sich begegnen.
MODERN TIMES 1
11. September 2015
MODERN TIMES 2
13. September 2015
MODERN TIMES 3
20. September 2015
MODERN TIMES 4
25. September 2015
MODERN TIMES 5
4. Oktober 2015
Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau
Ludwigshafen, Friedenskirche
Mannheim, Capitol
Mannheim, Rosengarten, Mozartsaal
Ludwigshafen, Konzertsaal im Pfalzbau
WHY PATTERNS?
WIDERHALL
FROM RUSSIA WITH LOVE
ORIENT & OKZIDENT
1. PHILHARMONISCHES KONZERT
Karl-Heinz Steffens, Dirigent
Gidon Kremer, Violine
Karl-Heinz Steffens, Dirigent
Julia Faylenbogen, Mezzosopran
Jörg Widmann, Klarinette
Werke von Franz Schreker,
Luciano Berio und Jörg Widmann
Karl-Heinz Steffens, Dirigent
Anja Schiffel, Sprecherin
Michal Friedlander, Klavier
Maximilian Sutter, Trompete
Werke von Dmitri Schostakowitsch
und Sergei Prokofjew
Karl-Heinz Steffens, Dirigent
Fazıl Say, Klavier
Marianne Crebassa,
Mezzosopran
Werke von Fazıl Say und
Maurice Ravel
THE AGE OF ANXIETY
Werke von John Adams, Erik Satie,
Philip Glass und Maurice Ravel
MODERN TIMES wird gefördert durch:
TICKETS
Telefon: 0621
- 3367333
www.tonartmagazin.de
www.reservix.de
www.staatsphilharmonie.de
Kooperationspartner:
Karl-Heinz Steffens, Dirigent
Herbert Schuch, Klavier
Werke von Leonard Bernstein
und Dmitri Schostakowitsch
rezensionen | cd
Klassik Thermometer | tonart prüft neue CDs & DVDs auf Herz und Nieren
Michael Spyres
Gaetano Donizetti: Les Martyrs
Opera Rara/Note 1 0792938005225
Hier begeistert nicht nur das hohe E
des Tenors. Diese erste, während der
römischen Christenverfolgung spielende
Grand Opéra des italienischen Meisters
bekommt endlich die ungekürzte, unverfälschte Erstaufnahme, die sie verdient hat.
Mahan Esfahani
Time present and time past
Dt. Grammophon/Universal Music 028947944812
Die erste Verpflichtung eines Cembalisten bei der Archivproduktion seit
langem. Der Engländer persischer Herkunft hat als Solist wie mit Orchester
ein eklektizistisches Repertoire zwischen Barock und Minimalismus gewählt.
Francois Leleux
Esterházy-Konzerte
Sony Classcial/Sony Music 0888750099723
Der französische Staroboist hat für seine
jüngste Soloscheibe unterhaltsame Konzerte von Haydn und Hummel aus der
berühmten ungarischen Fürstensammlung ausgewählt. Flöten-Genius Emmanuel Pahud begleitet mit sensiblem Atem.
Pavol Breslik
Schubert: Die Schöne Müllerin
Orfeo 4011790737126
Der junge slowakische Tenor begeistert
in dem berühmten Liedzyklus mit seinem
direkten, unverfälschten Interpretationszugang. Hier findet wirklich ein naiver Bursche erste Liebe und erstes Leid. Amir
Katz sitzt mit feinem Anschlag am Klavier.
Mariss Jansons
Bruckner: 6. und 7. Sinfonie
RCO/Naxos 0814337019075
Klangkathedralen-Zauber vom lettischen
Altmeister. Mit allergrößter Ruhe und Erhabenheit schichtet hier das Amsterdamer Royal Concertgebouw Orchestra einen Sinfoniesatz auf den anderen. Leider inzwischen
eine zu eingespielt gewordene Partnerschaft.
Paavo Järvi
Schostakowitsch: Kantaten
Erato/Warner Classcis 0825646166664
Diese drei Kantaten trugen lange mit dazu
bei, dass der Komponist im Westen als
williger Vollstrecker der Sowjetkunst galt.
Doch es sind letztlich ambivalente Werke,
die in dieser Aufnahme besonders durch
den grandiosen Chorklang überzeugen.
Anita Bonitatibus
La Tempesta
harmonia mundi/Sony Music 0888750267221
Schöne Präsentation der komponierenden Haydn-Schülerin Marianna Martines
(1744-1812). Cembalistin Nicholeta Paraschivescu samt dem Ensemble La Floridiana und der Mezzosopranistin Anna Bonitatibus machen sich für ihre Stücke stark.
Lorenzo Coppola, Andreas Staier
Brahms: Klarinettensonaten
harmonia mundi 3149020218723
Schöne Neuaufnahme auf einem 1875er
Steinway und einer Bärmann Ottensteiner-Klarinette, wie sie auch Richard
Mühlfeld spielte, der Brahms-Freund,
dem diese beiden Meisterwerke für „das
Fräulein Klarinette“ gewidmet wurden.
Bewertung | Thermometer
2 | 2015
26
27
dvd | rezensionen
Richard Strauss
Gaetano Donizetti: Les Martyrs
Martha Argerich/Daniel Barenboim
Mozart, Schubert, Strawinsky: Klavierduos
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EuroArts/Naxos 880242599940
Der bekannte Dokumentarfilmer Eric
Schulz bringt hier einiges Licht in das Dunkel der späten Strauss-Jahre – mit rarem
historischen Material aus der Nazizeit
und spannenden Experteninterviews mit
dem Urenkel oder Brigitte Fassbaender.
Beide kommen sie aus Buenos Aires,
beide haben sie einen impulsiven, direkten Zugang zur Musik. Es hat viel zu lange gedauert, bis diese beiden Klavier-Titanen sich zu einer späten, sprühenden
Tastenpartnerschaft gefunden haben.
Lang Lang:
The Chopin Dance Project
Iván Fischer
Beethoven-Sinfonien
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Zunächst fragt man sich: Braucht es
schon wieder alle Beethoven-Neune?
Aber schnell begeistert das ungarische
Dirigenten-Ass mit seinen unaufgeregten Tempi und der scheinbar objektiven,
dabei warmherzigen Musizierhaltung.
Ein reizvolles Kräftemessen der Künste. Der chinesische Megastar spielt am
Klavier Chopin, Mitglieder des Houston
Ballet tanzen dazu lyrisch-neoklassische Choreografien. Plötzlich atmet der
Turbo-Tastenmann ungeahnte Sensibilität.
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Piega im Regalformat: Kompaktlautsprecher Premium 1.2
Finesse vom Zürichsee
Eine Schweizer Manufaktur pflegt den guten Ton
Was macht einen guten Lautsprecher aus? Darüber können Kurt Scheuch
und Leo Greiner, Herz und Hirn der Firma Piega, abendfüllend philosophieren, und nie kämen sie zu einem Ende. Doch zwei Ingredienzen tauchen
in ihren Konstrukten immer wieder auf – und sie prägen sowohl das Erscheinungsbild als auch die speziellen Klangeigenschaften ihrer Zöglinge. So
hat Piega im Lauf der Jahre eine unverkennbare Vorliebe für Alumium als
Material für die Lautsprechergehäuse entwickelt. Das Leichtmetall, mit 7000
Tonnen Kraft wie ein Riesenmakkaroni aus massiven Zylindern gepresst, ist
enorm verwindungssteif und formtreu – und gleichzeitig beansprucht es ein
weit geringeres Volumen als übliche Holzgehäuse. So entstehen Lautsprecher
mit besonders schlanken und ranken Bauformen, die den Tieftonmembranen
dennoch genug Volumen für eindrucksvolle Basswiedergabe bieten.
Beinahe schwerelose Membranen
Die zweite typische Piega-Zutat sind Hochtonchassis, in denen statt konventioneller filigrane Folienmembranen arbeiten. Piega bezeichnet sie als
Bändchen, manche Experten nennen sie lieber Magnetostaten. Jedenfalls:
Die typischen Piega-Hochtöner erzeugen den Schall mit einer hauchdünnen Folie, auf der eine noch zartere, mäandernde Flachspule aus Aluminium
klebt. Dahinter sitzen extrem starke Stabmagneten aus Neodymium. Der
Vorteil gegenüber einer konventionellen Kalottenmembran: Die dünne Folie vibriert fast schwerelos; die Datenblätter nennen eine bewegte Masse
von nur 7 Milligramm. So kann der Membran den Signalen außergewöhnlich
schnell und präzise folgen. Die Herstellung solcher Chassis ist allerdings
Filigran: Die hauchzarten
Folienmembranen entstehen Stück für
Stück in hochpräziser Handarbeit
Edle Uhren, köstliche Schokolade, prächtiger Käse – was aus der
Schweiz kommt, lässt die Herzen von
Genussmenschen in aller Welt höher
schlagen. Seit einer Generation gehören auch feine Lautsprecher dazu:
Piega, eine Manufaktur in Horgen am
Südufer des Zürichsees, erfreut mit
seinen exquisiten Schallwandlern anspruchsvolle Musikhörer auch weit
außerhalb der helvetischen Landesgrenzen. Von Wolfgang Tunze
Präzisionsarbeit, die sich mit der Montage Schweizer Uhren messen kann: Nur eine Handvoll Exemplare ist die
Ausbeute eines Arbeitstags.
Von der Regalbox bis zum Monument
Auch Mitteltöner mit entsprechend größeren Membranflächen baut Piega nach diesem Prinzip. Kurt Scheuch hat
Mittel- und Hochtöner für einige Lautsprechermodelle
sogar schon zu Koaxial-Chassis zusammengefügt, um auf
diese Weise den größten Teil des musikalischen Spektrums
quasi von einem Punkt aus abzustrahlen. Und er setzt diese
Wandler-Kombination in manchen Modellen auch Dipolstrahler ein, ohne umgebendes Gehäuse also, das den nach
hinten abgestrahlten Schall mit üblicherweise Dämpfungsmaterial absorbiert. So können die Membranen besonders
frei schwingen und den Eindruck räumlicher Tiefe im Klangbild unterstreichen.
Die kleinsten Piegas, die den Vorzug fast schwereloser
Membranen nutzen, passten ins Bücherregal und sind
schon zum Paarpreis von etwa 1600 Euro zu haben. Die
mächtigsten Piega-Konstrukte zählen zu den größten und
kostspieligsten, aber auch zu den eindrucksvollsten Lautsprechern der Welt: Das aus vier Schalltürmen bestehende
Ensemble heißt Master Line Source, wiegt 420 Kilogramm,
lässt 66 Folienmembranen schwingen und schlägt mit rund
160 000 Euro zu Buche.
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entsteht das künftige Gefährt virtuell im Internet, bevor die Bestellung auf
den Weg geht. Individualisierung soll nun auch eine Schlüsselrolle beim
Lautsprecherkauf spielen.
Thomas Carstensen, Hamburger HiFi-Enthusiast und Freund des gepflegten
Wohnens, hat schon lange ganz eigene Vorstellungen vom schöneren Hören.
Jetzt setzt er sie in die Tat um – mit seiner Firma Inklang im Hafen der Hansestadt. tonart hat ihn dort besucht.
Ein Standlautsprecher in Violett gefällig? Oder passt zum Sideboard in Ahorn
doch eher ein zierliches Boxenpaar in Gewittergrau? Bei Inklang ist das alles realisierbar. Der Web-Konfigurator zeigt die Farbtöne zur Auswahl, und
3DS-Dateien der Wunschmodelle lassen sich sogar mit passender Innenarchitektur-Software öffnen.
24.6.– 31.7.
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Sieben Lautsprechermodelle bietet Inklang derzeit an, von der Zweiwege-Regalbox (Stückpreise ab 849 Euro) bis zum schlanken Standlautsprecher, der in seiner aufwendigsten Variante
für rund 3000 Euro je Exemplar zu haben ist.
Beeindrucken die schmucken Möbel auch mit ihren musischen Fähigkeiten? Erste akustische Eindrücke sprechen dafür ebenso wie die Qualität
der verarbeitenden Bauteile: Gehäuse mit kräftigen inneren Verstrebungen gegen unerwünschte
Schwingungen, erstklassige Chassis der norwegischen Marke Seas, Frequenzweichen mit feinsten
Bauteilen, auch Wunsch sogar Upgrades mit den
besten Kondensatoren, Spulen und Widerständen, die in der HiFi-Welt zu haben sind – dies
alles überzeugt ebenso wie das umfangreiche
Zubehörprogramm aus speziellen Lautsprecherbasen, Spikes, Kabeln und schützenden Membranverkleidungen.
Wolfgang Tunze II
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