Materielles Zivilrecht im Assessorexamen
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Materielles Zivilrecht im Assessorexamen
Assessorexamen - Lernbücher für die Praxisausbildung Materielles Zivilrecht im Assessorexamen von Torsten Kaiser, Horst Kaiser, Jan Kaiser 6., neu bearbeitete Auflage Materielles Zivilrecht im Assessorexamen – Kaiser / Kaiser / Kaiser schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG Thematische Gliederung: Gesamtdarstellungen zum BGB, allgemeine Fragen zum Zivilrecht Verlag Franz Vahlen München 2012 Verlag Franz Vahlen im Internet: www.vahlen.de ISBN 978 3 8006 4286 1 Inhaltsverzeichnis: Materielles Zivilrecht im Assessorexamen – Kaiser / Kaiser / Kaiser beck-shop.de § 5 Der Reisevertrag, §§ 651a ff. BGB zen des VSD und aus § 823 BGB zu (vgl. oben Rn. 66 zum VSD).566 Der Reisevertrag ist dann gleichzeitig sowohl ein VzD als auch ein VSD! Beachte: Oft macht der Vertragspartner die Schadensersatzansprüche des Mitreisenden mit geltend. Dies ist zum einen möglich, wenn ihm die Ansprüche vorher abgetreten wurden oder die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft vorliegen567 und der Anspruchsteller eine Einziehungsermächtigung hat (er klagt idR auf Leistung an sich!). Abtretungsverbote in den Reise-AGB werden zunehmend als unwirksam angesehen.568 Außerhalb dieser Möglichkeiten billigt der BGH nunmehr dem Reisevertragspartner als Versprechensempfänger des VzD nach § 335 BGB (lesen!) eine originäre Klagemöglichkeit zu.569 C. Die mangelhafte Reise I. Das Vorliegen eines Reisemangels, § 651c I BGB Ein Reisemangel liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit negativ abweicht. Für die Soll-Beschaffenheit der Reise sind zB Angaben in dem bei der Buchung gültigen Prospekt (vgl. BGB-InfoV § 4) oder die Art der Reise (Luxus- oder Billigreise, notwendige Einschränkungen bei Massentourismus, landestypische Besonderheiten) relevant. Erforderlich ist stets, dass der Nutzen der Reise nicht unwesentlich beeinträchtigt wird, bloße Unannehmlichkeiten oder die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos reichen nicht aus (zB Wartezeiten bei der Essensausgabe im Hotel, üblicher Lärm bei Hotel in Innenstadt). In der Klausur wird es dann Ihre Aufgabe sein, den Sachverhalt gründlich auszuwerten und zu prüfen, ob die gerügten Sachverhalte tatsächlich einen Mangel darstellen. Auch ein Unfall des Reisenden, der zB durch eine Verletzung der VSP des Reiseveranstalters entstanden ist, stellt einen Reisemangel dar. Ein Reisemangel liegt auch bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft vor. Eine Zusicherung kann auch bei mündlicher Erklärung des Reisebüros angenommen werden, da der Reiseveranstalter nach §§ 84 ff. bzw. § 54 HGB grds. für derartige Erklärungen einzustehen hat.570 II. Die Rechte des Reisenden bei Mängeln Die §§ 651c ff. BGB sind bei Mängeln der Reise für den Reisenden ab Vertragsschluss vorrangig, §§ 280 ff., 323 ff., 119 II BGB sind grds. ausgeschlossen, soweit die Pflichtverletzung einen Reisemangel darstellt.571 Nach Maßgabe des § 651m BGB sind §§ 651c ff. BGB außerdem zwingendes Recht. Mängelrechte des Reisenden aus §§ 651c ff. BGB Abhilfe § 651c II BGB Aufwendungsersatz § 651c III BGB 566 567 568 569 570 571 Schadensersatz Minderung § 651d BGB Kündigung § 651e BGB BGH NJW 1980, 1947 ff.; Palandt/Sprau § 651a Rn. 2. Kaiser Zivilgerichtsklausur I, Rn. 353 ff. OLG Köln MDR 2009, 973; vgl. Nachweise bei Staudinger/Schürmann NJW 2011, 2769 ff. BGH NJW 2010, 2950 ff. Dies gilt dann wohl auch für Sekundäransprüche! BGHZ 82, 219 ff.; Palandt/Sprau § 651a Rn. 2. Die c.i.c. dürfte allerdings wie im Kaufrecht bei Vorsatz/Arglist des Reiseveranstalters nicht gesperrt sein, vgl. Rn. 25. 139 2. Teil. Die wichtigsten Vertragstypen beck-shop.de Der Reisende kann zunächst kostenlose Abhilfe verlangen, § 651c II 1 BGB. Das Abhilfeverlangen muss gegenüber dem Reiseveranstalter/dessen örtlicher Reiseleitung erfolgen. Das Recht auf Selbstabhilfe mit Aufwendungsersatzanspruch entsteht nach fruchtlosem Ablauf einer dem Reiseveranstalter gesetzten Abhilfefrist, § 651c III BGB. Zum Schutze des Reisenden lässt die hM auch das bloße Abhilfeverlangen ohne konkrete Fristsetzung genügen, durch welches dann eine angemessene Frist in Gang gesetzt wird. Achten Sie auch auf § 651c III 2 BGB. Der Reisende hat – wie bei § 536a II BGB – aus § 242 BGB einen entsprechenden Vorschussanspruch. Eine Steilvorlage für die Klausuren ist BGH NJW 2011, 371 ff. (lesen!) Außerdem kann der Reisende nach § 651d BGB den Reisepreis mindern (Eintritt kraft Gesetzes; anteilige Rückforderung des Reisepreises nach § 651d I 2 BGB iVm §§ 638 IV, 346, 347 BGB), wenn er ggü. dem Reiseveranstalter/dessen örtlicher Reiseleitung den Mangel angezeigt hat, § 651d II BGB. Die Mängelanzeige fällt idR mit dem Abhilfeverlangen iSd § 651c II BGB zusammen. Hinsichtlich der Berechnung der Höhe der Minderung ist § 287 ZPO anwendbar (Schätzung). Ein Mitverschulden des Reisenden an der Entstehung des Reisemangels ist für die Höhe der Minderung nach hM unerheblich.572 In der Praxis wird oft die ADACTabelle zur Reisepreisminderung benutzt. Problem: Entbehrlichkeit der Mängelanzeige für Minderung/Schadensersatz Nach hM573: Reiseveranstalter kennt Mangel (zB bewusste Überbuchung, vorheriger Hinweis) Abhilfe nicht möglich (zB Großbaustelle, Fehlen einer für die Entgegennahme der Mängelanzeige zuständigen Person)574 oder Anzeige hätte am eingetretenen Schaden nichts geändert575 Verschulden zu verneinen, bei unterlassener Belehrung nach § 6 II Nr. 7 BGB-InfoVO (lesen!) Die im Falle eines Reisemangels außerdem bestehende Kündigungsmöglichkeit nach § 651e BGB tritt an die Stelle des nach Reisebeginn nicht mehr gegebenen Rücktrittsrechts aus § 651i BGB. § 651e BGB regelt auch die weiteren Folgen einer Kündigung (lesen!), zuletzt Gegenstand der Z II-Klausur vieler Bundesländern im Oktober 2011. Klausurtipp: Als Loslösungsrechte des Reisenden vor Reisebeginn kommen §§ 651b, 651i, 651j BGB in Betracht. Lesen Sie zu den Entschädigungsansprüchen des Reiseveranstalters (»Storno-Gebühren«) §§ 651i II, III, 651j II BGB. Zuletzt kann der Reisende bei Verschulden des Reiseveranstalters (wird vermutet) Schadensersatz gem. § 651f BGB verlangen. Analog § 651d II BGB ist auch dafür eine Mängelanzeige/ein Abhilfeverlangen erforderlich. § 651f I BGB deckt alle durch den Reisemangel entstandenen Schäden einschließlich der Mangelfolgeschäden. IdR werden diejenigen Schäden erfasst, die nicht schon durch die Minderung abgegolten sind (so zB Mehrkosten einer getätigten vergleichbaren Ersatzreise, Körperschäden, Sachschäden, nutzlose Aufwendungen für An- u. Abreise, Rechtsanwaltskosten zur Schadensregulierung, Prämie der Reiserücktrittskostenversicherung). Ggf. kann hier eine Herausforderungsproblematik auftreten, wenn die letzte Schädigungshandlung vom Reisenden selbst stammt. Beachten Sie auch den Anspruch aus § 651f II BGB bzgl. der nutzlos aufgewendeten Urlaubstage, der auch bei vollständiger Nichterbringung der Reise greifen kann.576 Dem Anspruch kann aber § 242 BGB entgegen gehalten werden, wenn der Reisende ein gleichwertiges Angebot des Reiseveranstalters ablehnt. Obwohl es sich bei dem Anspruch aus § 651f II BGB um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt, lässt der BGH eine Abtretung des Anspruches an Dritte zu (Argument: 572 573 574 575 OLG Frankfurt NJW 1986, 1172. AA zuletzt LG Frankfurt NJW-RR 2008, 1590 f. Gegen hM auch hier zuletzt LG Frankfurt NJW-RR 2008, 1590 f. Warga JA 2011, 504 ff. mwN (wunderbare Übungsklausur!); Beispiel: Reisender stürzt über maroden Balkon. 576 BGH NJW 2005, 1047 ff. 140 beck-shop.de § 5 Der Reisevertrag, §§ 651a ff. BGB Dispositionsfreiheit des Geschädigten).577 Oft ist der Anspruch aus § 651f BGB wg. § 254 BGB zu kürzen. Denken Sie in der Klausur daran! Klausurtipp: Der Reiseveranstalter haftet nur für seine Vertragsleistungen und die seiner Erfüllungsgehilfen. Nur wenn sich die separat angebotene Fremdleistung (Wasserrutsche, Wüstenausflug, »Rail & Fly Ticket«) durch das tatsächliche Auftreten des Reiseveranstalters aus Sicht des Reisenden als Teil des Leistungsangebots des Reiseveranstalters darstellt, soll der Veranstalter doch haften (Argument: Schutz des Reisenden).578 Andernfalls haften nur die Drittanbieter zB nach §§ 823 ff. BGB und nach dem jeweils geschlossenen Vertrag (zB §§ 280, 241 II BGB/pVV). Scheidet § 651f BGB zB mangels Vertretenmüssen aus, kann wegen der abschließenden Regelung in §§ 651a ff. BGB ein Anspruch aus § 536a I BGB nur greifen, wenn der Reiseveranstalter selbst Eigentümer der Mietsache, insb. des Hotels, ist.579 Eine Anwendung von § 823 BGB v.a. wegen Verletzung einer VSP des Reiseveranstalters ist auch möglich.580 Eine Haftung für das Handeln der Leistungsträger nach § 831 BGB scheidet hingegen aus, da diese mangels Weisungsgebundenheit keine Verrichtungsgehilfen sind. Klausurtipp: Wenn Kinder zu Schaden kommen, sollten Sie daran denken, dass das Mitverschulden der Eltern (Aufsichtsverletzung) nach §§ 254 II, 278 BGB dem Kind zugerechnet werden kann. Zudem taucht in diesen Fällen wegen § 1664 BGB auch das Problem der gestörten Gesamtschuld auf (vgl. Rn. 62). Beachten Sie hinsichtlich der vorstehenden Mängelrechte des Reisenden unbedingt die Ausschlussfrist in § 651g I 1 BGB. Adressat ist der Veranstalter, seine örtliche Reiseleitung oder wg. § 91 II HGB auch das Reisebüro (nicht ausreichend: Hotelleitung). Es genügt auch die Mängelanzeige während der Reise, wenn der Reisende ausdrücklich und vorbehaltlos auch weitere Mängelansprüche und nicht bloße Abhilfe geltend macht.581 Die Frist ist gewahrt, wenn der Anspruch innerhalb der Frist von einem vollmachtlosen Vertreter geltend gemacht und dies später genehmigt wird.582 Bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung nach § 6 II Nr. 8 BGB-InfoVO ist die Fristversäumung idR unverschuldet.583 Die Verjährung der Mängelansprüche wiederum ist in § 651g II BGB geregelt, wobei diese kurze Verjährung nicht auch für konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung gilt. Nach § 651m S. 2 BGB kann die Frist vertraglich verkürzt werden (beachte aber § 309 Nr. 7 BGB). 577 578 579 580 BGH NJW 1980, 1947 ff. BGH NJW-RR 2007, 1501 ff. Palandt/Sprau Vorb v §§ 651c–g Rn. 10. Die VSP gebietet, dass der Reiseveranstalter die von ihm eingesetzten Leistungsträger sorgfältig aussucht und diese sowie deren Leistungen regelmäßig (mindestens 1 Mal zu Beginn jeder Saison, bei begründeten Zweifeln/Beschwerden auch häufiger) überwacht, vgl. BGHZ 103, 298 ff. 581 BGH NJW 2004, 3777 f. 582 BGH NJW 2010, 2950 ff.; Argument: Rechtsgedanke § 184 BGB. 583 Palandt/Sprau § 651g Rn. 3. 141 beck-shop.de § 6 Der Mietvertrag, §§ 535 ff. BGB A. Einstieg 78 Das Mietrecht ist häufig Gegenstand von Klausuren. Der Mietvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag über die entgeltliche Gebrauchsüberlassung. Die Systematik des Mietrechts lautet wie folgt: §§ 535 ff. BGB = Allgemeine Vorschriften für alle Mietverträge §§ 549 ff. BGB = Sonderregelungen für die Wohnraummiete §§ 578 ff. BGB = Mietvertrag über andere Sachen, zB Grundstücke, Geschäftsräume §§ 581 ff. BGB = Pacht und Landpacht Beachte: Im Unterschied zum Mietvertrag schuldet der Verwahrer beim Verwahrungsvertrag iSd §§ 688 ff. BGB das Gewähren von Raum und die Obhut (zB bewachter Parkplatz, Pferdeeinstellvertrag). Bei Pflichtverletzung haftet der Verwahrer nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 280 ff., 823 BGB, ggf. mit der Haftungsmilderung aus § 690 BGB. Lesen Sie zur öffentlich-rechtl. Verwahrung Kaiser JA 2007, 618 ff. Die Leihe dagegen ist die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung einer Sache (in Klausuren häufig Stellung eines Ersatzfahrzeuges durch Werkstatt oder Überlassung eines Gemäldes zu Austellungszwecken – stets RBW nötig, sonst nur reine Gefälligkeit, vgl. Rn. 4). Klausurrelevant ist v.a. die Schadensersatzpflicht des Entleihers wg. Beschädigung des Gegenstandes aus pVV584 und aus § 823 BGB. Recht häufig kommt es in Examensklausuren auch auf Beweislastfragen an. Sie sollten wissen, dass derjenige, der sich iRd Rückforderung aus §§ 985, 604 BGB auf einen mittlerweile abgelaufenen/gekündigten Leihvertrag beruft, gegenüber dem Einwand des Gegners, es liege Schenkung vor, v.a. wegen § 1006 I 1 BGB die eigene Eigentümerstellung und den Abschluss des (mittlerweile abgelaufenen) Leihvertrages beweisen muss (vgl. oben Rn. 47).585 Beachten Sie, dass bei der Pacht gem. § 581 II BGB die Vorschriften über die Miete entsprechend Anwendung finden, sofern sich aus den §§ 582 ff. BGB nichts Abweichendes ergibt. Im Unterschied zum reinen Mietvertrag liegt die Besonderheit der Pacht darin, dass neben der Gebrauchsüberlassung auch eine Fruchtziehung möglich ist (zB »Vermietung« einer eingerichteten Gaststätte). B. Das Zustandekommen und der Inhalt des Mietvertrags Mietgegenstand können nur Sachen iSd § 90 BGB sein, nicht Rechte. Der Mietvertrag ist grds. formfrei (Ausnahme: § 550 BGB bei Mietverträgen, die für länger als ein Jahr geschlossen werden.). Bei Nichteinhaltung des § 550 BGB ist der Mietvertrag aber nicht nach § 125 S. 1 BGB unwirksam, da § 550 S. 1 BGB eine Sonderregelung trifft: Der Vertrag ist als unbefristeter Mietvertrag wirksam mit der sich daran anschließenden Möglichkeit der ordentlichen Kündigung. Eine solche Kündigung und das Berufen auf den Formmangel verstoßen nicht gegen § 242 BGB.586 § 550 BGB greift nicht, wenn der Mietvertrag für unbestimmte Zeit geschlossen wurde, was wegen der restriktiven Regelung von § 575 BGB auf die meisten Wohnraummietverträge zutrifft. Befristete Verträge sind dagegen bei der Gewerberaummiete zulässig und üblich, so dass idR nur hier § 550 BGB relevant wird. Klausurtipp: Es reicht für § 550 BGB aus, wenn die wesentlichen Vertragsbedingungen (Parteien, Mietdauer, Mietpreis, Mietgegenstand) hinreichend bestimmbar sind. Nötig ist eine von beiden Seiten unterschriebene einheitliche Urkunde.587 Auch für wesentliche Nebenabreden des Mietvertrages gilt § 550 BGB, wenn auch für den ursprünglichen Mietvertrag § 550 BGB gilt. 584 585 586 587 142 Vgl. OLG Rostock NJOZ 2007, 4885 ff. BGH FamRZ 1970, 586; Baumgärtel S. 732. Palandt/Weidenkaff § 550 Rn. 12. Weitere Fragen zu den strengen Voraussetzungen von § 550 BGB finden Sie bei Bedarf in der Klausur im Palandt/Weidenkaff § 550 Rn. 8 ff. beck-shop.de § 6 Der Mietvertrag, §§ 535 ff. BGB C. Die Hauptpflichten des Vermieters und Mieters Die Hauptpflichten des Vermieters sind: 79 Vertragsgemäße Gebrauchsüberlassung der Mietsache, § 535 I 1, 2 BGB: Dazu gehört auch der Schutz gegen Störung des vertragsgemäßen Gebrauchs, wie zB unzumutbarer Lärm von anderen Mietern/Dritten oder die Vermietung naher Räume an Konkurrenten selbst ohne ausdrückliche Vereinbarung. Instandhaltung der Mietsache, § 535 I 2 BGB. Eine Abbedingung der Instandhaltungspflicht ist idR zulässig. Dies wird v.a. bei Schönheitsreparaturen relevant, die oft in AGB dem Mieter übertragen werden. Diese Überwälzung verstößt grds. nicht gegen § 307 BGB, allerdings darf die Überwälzung nicht unbillig sein.588 Merke: Zur Frage, wann bestimmte Formulierungen bei der Überwälzung von Schönheitsreparaturen in AGB unwirksam sind, gibt es immer wieder neue Gerichtsentscheidungen, die Sie sich unmöglich merken können. Schauen Sie bei Bedarf einfach in die gute Kommentierung des Palandt bei § 535. Klausurtipp: Führt der Mieter in Unkenntnis der Unwirksamkeit der Klausel nach Beendigung des Vertrages Renovierungsarbeiten aus, so kann er Aufwendungsersatz nach §§ 812 I 1 Alt. 1, 818 II BGB verlangen. § 539 BGB iVm GoA greift nach der Rspr. nicht, da ein eigenes Geschäft ohne FGW vorliegt. Bei schuldhafter Verwendung unwirksamer AGB ist auch ein Anspruch aus c.i.c. möglich. Für den Ersatzanspruch des Mieters gilt die kurze Frist von § 548 II BGB.589 Die Hauptpflichten des Mieters sind: Zahlung der Miete (§ 535 II BGB) und vereinbarte Zahlung des Vorschusses auf die Betriebskosten. § 537 BGB regelt die Mietentrichtungspflicht bei persönlicher Verhinderung des Mieters. Die Miete wird wegen § 320 BGB grds. erst ab Gebrauchsüberlassung durch den Vermieter geschuldet.590 In § 556 BGB sind die Betriebskosten bei der Wohnraummiete geregelt (der Kommentierung des Palandt zu § 556 BGB und bei § 535 Rn. 90 ff. können Sie bei Bedarf spezielle Fragen der Betriebskosten entnehmen, hier sollten Sie kein Einzelwissen anhäufen!). Einer gewissen Beliebtheit v.a. in Aktenvorträgen erfreut sich hier die Entscheidung des BGH in NJW 2006, 903 f., die Sie vor Ihrer mündlichen Prüfung einmal lesen sollten. § 556 III 2 BGB gilt analog bei der Geschäftsraummiete, nicht allerdings die Ausschlussfrist von § 556 III 3 BGB.591 IdR Ausführung der (durch den Mietvertrag übertragenen) Schönheitsreparaturen D. Die Rechte der Parteien bei Nichterfüllung der Hauptpflichten aus dem Mietvertrag I. Die Rechte des Mieters Erfüllt der Vermieter die o.g. Hauptpflichten nicht – insb. wenn ein Mangel vorliegt oder 80 während der Mietzeit auftritt –, hat der Mieter folgende Rechte: Vertragsgemäße Gebrauchsüberlassung = Mängelbeseitigungsanspruch, § 535 I 1, 2 BGB Gewährleistungsrechte, §§ 536 ff. BGB (ab Übergabe der Mietsache) Kündigung, § 543 I, II 1 Nr. 1 BGB (Kündigung ersetzt den Rücktritt im Mietrecht!) Ein Mangel der Mietsache liegt vor, wenn die Ist-Beschaffenheit der Sache von der SollBeschaffenheit negativ abweicht und dies den vertragsgemäßen Gebrauch unmittelbar erheb588 Palandt/Weidenkaff § 535 Rn. 42 ff. 589 BGH NJW 2009, 2590 ff.; 2011, 1866 f. 590 Unterbleibt die Überlassung zum vereinbartem Termin, wird dem Vermieter seine Leistung nach hM nachträglich wg. Zeitablaufs unmöglich, § 275 I BGB. Dann: Rückforderung ggf. zuvor gezahlter Miete durch den Mieter nach §§ 275 I, 326 I, IV, 346 BGB möglich (früher § 812 BGB). 591 BGH NJW 2010, 1065 ff. 143 beck-shop.de 2. Teil. Die wichtigsten Vertragstypen lich beeinträchtigt, § 536 I 3 BGB (zB unzumutbare Lärmbelästigung, Wasserflecken, öffentlich-rechtliche Beschränkungen592, Wohnfläche liegt mehr als 10% unter der im Mietvertrag angegebenen verbindlichen »cirka-«Wohnfläche, nach hM auch Verstoß gegen Konkurrenzschutzgebot). Der Mieter trägt für den Mangel, der Vermieter für die Unerheblichkeit der Tauglichkeitsminderung die Beweislast. § 536 III BGB regelt den Rechtsmangel (zB Doppelvermietung593). Den Mängelbeseitigungsanspruch kann der Mieter dem Anspruch des Vermieters auf Zahlung der Miete dabei in als ZBR nach § 320 BGB entgegenhalten. Dies jedoch erst, nachdem er dem Vermieter den Mangel angezeigt hat (Argument: Sonst kann ZBR »Druckfunktion« nicht erfüllen, Gleichlauf mit Minderung, vgl. § 536c BGB).594 Der Mieter darf dabei unabhängig von einer etwaigen Minderung einen 3 bis 5-fachen Minderungsbetrag nach § 320 BGB zurückhalten.595 Rechte des Mieters bei Hauptpflichtverletzung durch Vermieter Mängelbeseitigung § 535 I BGB ZBR aus § 320 BGB Minderung § 536 BGB Gewährleistungsrechte §§ 536 ff. BGB Schadensersatz § 536a I BGB Kündigung § 543 BGB Aufwendungsersatz §§ 536a II, 539 BGB §§ 119 I, 123 BGB sind neben §§ 536 ff. BGB auch nach Übergabe anwendbar, nur § 119 II BGB ist dann wie im Kaufrecht bei einem Irrtum des Mieters über einen Sachmangel für ihn ausgeschlossen.596 Nach Übergabe verdrängen §§ 536 ff. BGB in ihrem Anwendungsbereich für den Mieter das allg. Leistungsstörungsrecht und die c.i.c. (Ausnahme: c.i.c. möglich bei Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht bzgl. eines Umstandes, der keinen Mietmangel begründet oder bei Arglist/Vorsatz des Vermieters). Nach hM wird allerdings § 536 III BGB so verstanden, dass bei Rechtsmängeln eine Übergabe der Sache für die Anwendung der §§ 536 ff. BGB nicht erforderlich ist.597 Wann sind Mängelrechte ausgeschlossen? Jedenfalls nicht durch vorbehaltlose Mietzahlung in Kenntnis eines Mangels, da ein solcher Rechtsverlust im Mietrecht nicht vorgesehen ist.598 Nur nach Maßgabe von § 536b, 536c, 536d BGB oder § 326 II 1 Alt. 1 BGB analog (Mangel aus Sphäre des Mieters; Beachte: Kein Mangel bei Einhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs) oder bei Verwirkung sind Mängelrechte des Mieters ausgeschlossen. Werden diese in AGB ausgeschlossen, so können Sie die Einzelheiten im Palandt bei § 536 Rn. 2 und § 536a Rn. 7 nachschlagen. 592 Anders BGH NJW 2011, 3151 ff. bei nachträglichem gesetzlichem Rauchverbot für Gaststätte. Die Rspr. bejaht bei behördlichen oder gesetzlichen Beschränkungen einen Mietmangel/Pachtmangel nur dann, wenn die Beschränkung auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache und nicht auf persönlichen o. betrieblichen Umständen des Mieters beruht. Der BGH hat Ersteres im o.g. Fall verneint. 593 Palandt/Weidenkaff § 536 Rn. 30. In Klausuren ist die Problematik häufig mit verbotener Eigenmacht gekoppelt, vgl. §§ 858 ff. BGB. 594 BGH NJW-RR 2011, 447 f. 595 Palandt/Weidenkaff § 536 Rn. 6. Auf § 320 BGB kommt es v.a. dann an, wenn die Minderung an § 536b BGB scheitert. Denken Sie daran, dass nach BGH NJW-RR 2011, 447 f. § 320 BGB eine Mängelanzeige des Mieters voraussetzt! 596 Palandt/Weidenkaff § 536 Rn. 12. 597 BGH NJW 1996, 714 ff. 598 BGH NJW 2007, 147 ff.; 2005, 1503; aA Palandt/Weidenkaff § 536 Rn. 38. 144 beck-shop.de § 6 Der Mietvertrag, §§ 535 ff. BGB Zu den Gewährleistungsrechten im Einzelnen: Die Minderung nach § 536 I 1 BGB tritt für die Zeit, in der sich der Mangel auf die Gebrauchstauglichkeit auswirkt, kraft Gesetzes ein (keine Minderungserklärung nötig!), zuviel gezahlte Miete kann nach § 812 BGB (Gefahr: § 818 III BGB!) zurückgefordert werden. Beachten Sie §§ 536 IV, 536b, 536c BGB. Klausurtipp: Wenn der Vermieter nach § 543 II Nr. 3 BGB wg. Zahlungsverzug kündigt, müssen Sie prüfen, ob überhaupt Verzug vorliegt. Oft wird sich der Mieter auf Mängel berufen, so dass inzident die Minderung und/oder das ZBR nach § 320 BGB zu untersuchen sind (Schachtelprüfung). Der Schadensersatzanspruch nach § 536a I Alt. 1 BGB gilt für Mängel bei Vertragsschluss. Der Anspruch nach § 536a I Alt. 2 BGB gilt für Mängel nach Vertragsschluss und setzt anders als Alt. 1 Verschulden voraus. Es ist daher die entscheidende Weichenstellung, ob der Mietmangel bereits anfänglich schon vorlag oder eben nicht. Lesen Sie dazu die herrlichen Klausurvorlagen BGH NJW 2009, 143 f. und JA 2011, 146 f. § 536a I BGB erfasst alle Schäden aufgrund des Mangels (auch Mangelfolgeschäden, zB Kosten der einstweiligen Unterbringung, Verdienstausfall, Sachschäden). Daneben kommen Ansprüche aus § 536a I BGB iVm § 284 BGB und § 823 BGB in Betracht. Der Aufwendungsersatzanspruch für die Mängelbeseitigung ergibt sich aus § 536a II Nr. 1, 2 BGB. Nach der Rspr. hat der Mieter nach § 242 BGB sogar einen Anspruch auf entsprechenden Kostenvorschuss. Beide Ansprüche werden insbesondere durch § 275 II BGB (wirtschaftliche Unmöglichkeit – Überschreitung der Opfergrenze) gedeckelt.599 Zuviel oder nicht in angemessener Frist verwendeter Kostenvorschuss ist nach § 812 BGB zurückzugewähren.600 Denken Sie in diesem Zusammenhang an den versteckten § 556b II BGB (lesen!). Klausurtipp: Nach dem BGH ist § 536a II BGB abschließend für Aufwendungen zur Mängelbeseitigung. Fehlt es an den Voraussetzungen von § 536a II BGB (zB nicht dringende Mängelbeseitigung ohne Verzug, soz. »Selbstvornahme« im Mietrecht«), so kann der Mieter seine Aufwendungen nicht über §§ 536a I, 539 BGB geltend machen (Argument: Sonst würden Voraussetzungen von § 536a II BGB leer laufen).601 § 539 I BGB (Rechtsgrundverweisung auf die GoA) gilt nur für sonstige Aufwendungen, die keine Mängelbeseitigung betreffen, wie v.a. Aufwendungen, die die Nutzbarkeit der Mietsache verbessern sollen (zB Renovierungskosten). Stets ist bei § 539 I BGB genau zu prüfen, ob die Voraussetzungen der GoA – also insbesondere der FGW (oft dienen die Aufwendung in erster Linie dem eigenen Interesse!) – vorliegen. §§ 812 ff. BGB sind neben §§ 536a, 539 BGB wegen deren abschließenden Charakters grds. gesperrt (Ausnahme: Mietverhältnis endet vorzeitig und Vermieter gelangt dadurch früher in den Genuss von wertsteigernden Mieterinvestitionen).602 Ein Wegnahmerecht für eingebaute Einrichtungen (zB Wandschrank, Waschbecken; umstr. für Einbauküche) regeln abschließend §§ 539 II, 552, 578 II BGB. Das Kündigungsrecht ergibt sich aus § 543 I, II 1 Nr. 1 BGB (vgl. 씮 Rn. 86 zur Kündigung). II. Die Rechte des Vermieters Bei Nichtleistung des Mietzinses stehen dem Vermieter folgende Rechte zu: 81 앫 Erfüllungsanspruch aus § 535 II BGB 앫 Verzugsschaden nach §§ 280 II, 286 BGB 앫 Kündigung nach §§ 543 I, II 1 Nr. 3, 569 III BGB 599 BGH NJW 2010, 2050 ff. 600 OLG Celle Beschl. v. 28.1.2010 – 2 U 134/09. Hier wird – anders als im Werkrecht (vgl. 씮 Rn. 32b) – auf § 812 BGB abgestellt. 601 BGH NJW 2008, 1216 ff. 602 Palandt/Weidenkaff § 539 Rn. 2. 145 2. Teil. Die wichtigsten Vertragstypen beck-shop.de Bei Nichtdurchführung der dem Mieter auferlegten Schönheitsreparaturen bei dessen Auszug: Erfüllungsanspruch, erst nach fruchtloser Fristsetzung (angemessen: 14 Tage) Schadensersatzanspruch aus §§ 281, 280 BGB; Auszug des Mieters kann ggf. Erfüllungsverweigerung iSv § 281 II BGB sein.603 Anspruch aus GoA oder § 812 BGB daneben (–), da ansonsten die Voraussetzungen von §§ 281, 280 BGB unterlaufen würden.604 §§ 283, 280 BGB scheitern zumindest mangels Vertretenmüssens. Umbau der Mietsache nach dem Auszug: Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen entfällt, der Mieter muss dafür einen Ausgleich in Geld leisten (Anspruchsgrundlage: ergänzende Vertragsauslegung).605 Im Gegensatz zu nicht ausgeführten Schönheitsreparaturen haftet der Mieter für echte Schäden (zB Brandlöcher, eingetretene Türen) ohne Fristsetzung nach §§ 280, 241 II BGB/pVV und § 823 BGB. Bei üblicher Abnutzung gilt § 538 BGB.606 Problem: Durchführung der Schönheitsreparaturen durch den Nachmieter Bei entsprechender Absprache zwischen Vor- u. Nachmieter: Leistung iSv § 267 BGB, die Vereinbarung ist ein VzD und der Vormieter ist von seiner Pflicht befreit.607 Sonst: nur wenn Vormieter durch Vermieter vorher Frist gesetzt wurde: Anspruch des Vermieters aus §§ 281, 280 BGB (+) auch nach Renovierung durch Nachmieter, keine Vorteilsanrechnung zulasten des Vermieters608; Nachmieter dürfte aber analog § 255 BGB einen Anspruch gegen den Vermieter auf Abtretung dieses Anspruchs zustehen, weil er aufgrund der Arbeiten letztlich der Geschädigte ist und der Vermieter einen Schadensersatzanspruch gegen den Vormieter hat, ohne einen echten Schaden zu haben.609 Direkte Ansprüche des Nachmieters gegen den Vormieter dürften nämlich ausscheiden: Die GoA scheitert zumindest am entgegenstehenden Willen des Vormieters, Bereicherungsansprüche daran, dass der Vormieter ohne die Vorteilsanrechnung von dem Anspruch des Vermieters nicht befreit wurde und daher nichts erlangt hat. Auch ein Ausgleich zwischen Vor- und Nachmieter nach § 426 BGB wird von der hM abgelehnt.610 E. Die Nebenpflichten und deren Verletzung I. Die Nebenpflichten des Vermieters 82 Den Vermieter treffen v.a. Schutzpflichten aus § 241 II BGB (Schutz der Rechtsgütersphäre des Mieters; Folge bei Verletzung: Anspruch aus pVV; daneben treten die VSP iSv § 823 BGB), die Pflicht zur Duldung der Wegnahme von Einrichtungsgegenständen durch Mieter nach § 539 II BGB und die Pflicht zur Rückzahlung der Mietkaution (Anspruchsgrundlage: ergänzende Auslegung der Kautionsabrede) bei Beendigung des Mietverhältnisses nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist (idR 3–6 Monate).611 Besonders klausurrelevant zum Thema Mietkaution ist die Entscheidung des BGH in NJW 2011, 2570 ff. (lesen!). Lesen Sie zur Mietsicherheit des Wohnungsmieters einmal die Teilregelung in § 551 BGB. 603 Voraussetzung ist, dass der Vermieter dem Mieter zuvor konkret mitgeteilt hat, welche Schönheitsreparaturen durchzuführen sind, vgl. Palandt/Weidenkaff § 535 Rn. 50 mwN. Die Rechtsprechung ist hier zugunsten des Mieters eher streng. 604 Palandt/Weidenkaff § 535 Rn. 50 f. 605 Palandt/Weidenkaff § 535 Rn. 50. 606 Zur mieterfreundlichen Beweislast Palandt/Weidenkaff § 538 Rn. 4. 607 AG Münster WuM 2004, 562. 608 BGHZ 49, 56 ff. 609 Andere Lösungsvariante: DSL (vgl. Rn. 67), allerdings dürfte hier keine zufällige Schadensverlagerung vorliegen, so dass DSL ausscheidet. 610 OLG Hamburg ZMR 1984, 342 ff. mwN; Palandt/Weidenkaff § 535 Rn. 52. 611 Weitere Einzelheiten zur Kaution bei Palandt/Weidenkaff Einf v § 535 Rn. 120 ff. 146