Holländer bangen um Schwarzen Peter

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Holländer bangen um Schwarzen Peter
Ausland
Sonntag, 27. Oktober 2013 / Nr. 43 Zentralschweiz am Sonntag
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Holländer bangen um Schwarzen Peter
Amsterdam Eine Expertengruppe der Vereinten Nationen bewertet die Tradition des
Schwarzen Peters in Holland
als rassistisch. Millionen Niederländer laufen nun Sturm.
Innerhalb von wenigen Tagen zählte sie
zwei Millionen Fans; keine andere Face­
bookseite in den Niederlanden wuchs
je so schnell. Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte versuchte,
den Fall zu entpolitisieren. Vergebens.
Abgeordnete wollen mit der Präsidentin
der UNO-Kommission sprechen, ihr die
Bedeutung des Festes erklären. Andere
finden, sie sei als Kommissionspräsidentin unhaltbar geworden.
Renske Heddema
nachrichten@luzernerzeitung.ch
Kindersklaven als Vorbild
Vollständig aus der Luft gegriffen sind
die Vorwürfe der Experten der Vereinten
Nationen allerdings nicht. Laut Kunsthistorikern steht fest, dass Kindersklaven, wie sie auf Gemälden aus dem
17. Jahrhundert zu sehen sind, Vorbild
für den niederländischen Schwarzen
Peter sein mussten. So betrachtet kann
die Figur durchaus als eine Erinnerung
an die niederländische Kolonialzeit betrachtet werden.
Wenn es eine Sache gibt, wovon Ausländer die Finger lassen sollten, dann
ist es Hollands Familienfest Nummer
eins: Sinterklaas. Überall auf der Welt,
wo Holländer wohnen, wird der Geburtstag des Heiligen St. Nikolaus am
6. Dezember mit Begeisterung gefeiert.
In Luzern erwartet heuer die «Nederlandse Verenigung Luzern» den ehrwürdigen Bischof am 30. November, wo
er beim Hotel Richemont seine Schiffsreise aus Spanien beendet. Dabei wird
er von seinem treuen Helfer, dem
Schwarzen Peter (Zwarte Piet), oder wie
er in der Schweiz heisst: dem Schmutzli, begleitet. Der grosse Geschenkabend
erfolgt dann am Abend des 5. Dezembers im häuslichen Kreise. Nicht nur
wegen ihrer Kinder, sondern auch wegen
der ironischen Gedichte liegt den Holländern das Fest so nah am Herzen.
30 Milliarden Euro gefordert
Dunkle Epoche
Wenn es nach den Vereinten Nationen
geht, ist es mit dieser holländischen
Tradition bald vorbei. Eine UNO-Kommission, geleitet von der jamaikanischen
Professorin Verne Shepherd, verlangt in
einem Brief von der niederländischen
Regierung eine Erklärung. Der Charakter und das Aussehen des Schwarzen
Peters würden «ein latentes Gefühl der
Minderwertigkeit von Menschen afrikanischer Herkunft in der niederländi-
Nein, Rassismus verbindet diese Niederländerin
nicht mit der Figur des Schwarzen Peters.
schen Gesellschaft nähren und somit zu
Rassismus anregen». Ausserdem sei der
Schwarze Peter Knecht eines weissen
Meisters und mache ständig blöde Dinge. Der Schwarze Peter erinnere somit
an die dunkle Epoche des Sklavenhan-
EPA/Robin van Lonkhuijsen
dels, meinen die UNO-Experten. Während die Resultate der Untersuchung
noch ausstehen, hat die Vorsitzende der
UNO-Kommission deutlich gemacht,
dass für sie das Sinterklaasfest nicht
mehr toleriert werden darf.
Seitdem liegen in Holland die Nerven
blank. Im Fernsehen treten Moderatoren
als Schwarze Peter verkleidet auf, die
Zeitungen sind voll von Kolumnen dazu.
Auf Facebook wurde eine Petition zur
Erhaltung des Schwarzen Peters lanciert.
Die Kontroverse um den Schwarzen
Peter ist nicht das einzige Ungemach,
das den Niederlanden derzeit droht. Der
südamerikanische Staat Surinam hat bei
der UNO die Forderung nach Reparationszahlungen durch die Niederlande
eingereicht. Die Zahlungen sollen als
Ausgleich für die Schäden, die durch
die Sklaverei entstanden sind, erfolgen.
Die ehemalige niederländische Kolonie
fordert einen Schadenersatz von insgesamt 30 Milliarden Euro.
Die jamaikanischen Professorin Verne
Shepherd, die auch diese Untersuchung
führt, ist der Ansicht, dass die Diskussion
um den Schwarzen Peter vor dem Hintergrund der Forderung Surinams zu
führen ist. Dies sieht man nicht überall
gleich. Laut der UNO ist es bereits zu
Belästigungen der Mitglieder der entsprechenden Expertenkommission gekommen.
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