datenschutz aktuell - Datenschutzbeauftragter Schwyz • Obwalden
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DATENSCHUTZ AKTUELL April 2015 (Öffentlichkeits- und) Datenschutzbeauftragter Schwyz - Obwalden - Nidwalden Jahrgang 2015, Ausgabe 1 Editorial In dieser Ausgabe: Editorial 1 Öffentlichkeitsprinzip: was ist ein amtliches Dokument? 1/2 Recht am eigenen Bild vs. Verbreitung von Fotos 2/3 „Aus der Praxis“ 3/4 Liebe Leserinnen und Problemen. Wir erläutern die wichtigs- digen Interessen? Ist der Datenaustausch vom Sozialdienst an das Betreiten Kriterien. Leser bungsamt in derselben Gemeinde Das Recht am eigenen Bild wird in der zulässig? Im 1. Quartal 2015 hat heutigen Zeit oft nicht allzu stark sich bereits vieles getan beachtet. Man betrachtet es häufig Wir wünschen unseren Leserinnen und wir hatten einige aus der Perspektive von Betroffenen und Lesern eine spannende Lektüre! Fälle zu bearbeiten. (die auf einem Foto ersichtlich sind). Darunter waren auch Was aber darf jemand mit einem z.B. verschiedene Fragen zum Öffentlich- per Smartphone erhaltenen Foto tun? keitsprinzip. Darf er es weiter verwenden und Aus einigen dieser Anfragen und solchen aus der Vergangenheit ergab sich der erste Artikel dieses Newsletters. Er befasst sich mit dem spezifischen Begriff des amtlichen Dokuments. Was genau ist ein amtliches Dokument? Der Begriff erscheint eigentlich klar, bietet in der Praxis aber doch immer wieder Anlass zu © Ulrich Erckenbrecht (*1947), deutscher Schriftsteller und Aphoristiker Philipp Studer Zudem zeigen wir folgende drei kon- Stv. (Öffentlichkeits- und) Datenschutzbeauftragter krete Fälle aus unserer Praxis auf: Schwyz – Obwalden – Nidwalden Dürfen Schulunterlagen dauernd aufbewahrt oder müssen diese zu einem bestimmten Zeitpunkt vernichtet werden? Besteht eine Liste der für eine Datensperre ausreichenden schutzwür- Öffentlichkeitsprinzip: was ist ein amtliches Dokument? Gemäss § 5 Absatz 1 des Gesetzes über die Öffentlichkeit der Verwaltung und den Datenschutz (ÖDSG) hat jede Person einen Rechtsanspruch darauf, amtliche Dokumente einzusehen oder Auskunft über deren Inhalt zu erhalten. Diese Bestimmung bildet den Kern des Öffentlichkeitsprinzips. Der Anspruch gilt jedoch nicht ausnahmslos: § 6 ÖDSG zählt eine Reihe von Ausnahmen auf, die den Zugangsanspruch einschränken. Ausserdem bezieht sich der Anspruch nur auf "amtliche Dokumente". „In den Akten verschwinden die Fakten. Zumindest die nackten.“ wenn ja, im welchem Rahmen? § 4 Buchstabe b ÖDSG definiert, was als amtliches Dokument zu gelten hat. Danach müssen kumulativ drei Bedingungen erfüllt sein: 1. Die Information muss auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet sein; stelle verfügt, sind in Dokumenten aufgezeichnet. Das Öffentlichkeitsprinzip will jedoch nur den Zugang zu tatsächlich existierenden Dokumenten ermöglichen. Eine Behörde kann deshalb gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip nicht dazu verpflichtet werden, ein noch nicht existierendes Dokument zu erstellen oder zu beschaffen. Ebenso wenig kann sie gezwungen werden, Informationen, die nicht aufgezeichnet wurden, preiszugeben (zum Beispiel den Inhalt eines nicht aufgezeichneten Gesprächs). Einzige Ausnahme: Nur wenn eine noch nicht existierende Information durch einen einfachen elektronischen Vorgang aus einer bestehenden Datenbank generiert werden kann, darf von einem amtlichen Dokument gesprochen werden (s. nachfolgend "virtuelles Dokument"). 2. Das Dokument muss fertig gestellt Unerheblich ist hingegen, auf welund im Besitz eines öffentlichen chem Informationsträger die Information festgehalten ist. Ausser Organs sein; einem Papierdokument können also 3. Die Information muss die Erfüllung auch Daten-CDs, USB-Sticks, Hardeiner gesetzlichen Aufgabe betref- disks oder jedes andere Trägermedifen. um ein amtliches Dokument darstellen. Nur aufgezeichnete Informationen Fertig gestellt und im Besitz eines Nicht alle Informationen, über die öffentlichen Organs eine Behörde oder eine Verwaltungs- Als fertig gestellt gilt ein Dokument dann, wenn es vom Ersteller unterzeichnet oder dem Adressaten definitiv übergeben worden ist (§ 2 Absatz 1 der Verordnung zum ÖDSG). Ausserdem muss es tatsächlich im Besitz des angefragten öffentlichen Organs sein. Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe Damit ein Dokument als amtlich gilt, muss es sich auf die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe beziehen. Was dies beinhaltet, wird von Verfassung und Gesetz festgelegt. Dabei kommt es nicht darauf an, wer ein Dokument erstellt hat. Der Zusammenhang mit einer öffentlichen Aufgabe kann sich auch erst aus dem Gegenstand des Dokuments oder dessen Gebrauch ergeben. So wird ein privates Dokument, das sich im Besitz einer Behörde befindet, zu einem amtlichen Dokument, wenn es zur Ausübung einer öffentlichen Aufgabe verwendet wird. Das ist zum Beispiel bei Bauplänen regelmässig der Fall: Diese werden normalerweise von einem privaten Architekten erstellt und vom Bauherrn bei der Baubewilligungsbehörde eingereicht. Von diesem Augenblick an gelten ... Seite 2 Datenschutz Aktuell sie, obwohl privat erstellt, als amtliche Dokumente, da sie für die Prüfung des betreffenden Baugesuchs benötigt werden. Virtuelle Dokumente Sehr viele Informationen einer Behörde sind heute elektronisch in Datenbanken gespeichert. Der in einem Zugangsgesuch verlangte Auszug aus einer oder mehreren Datenbanken ist jedoch kein existierendes Dokument; er muss von der angefragten Behörde erst erstellt werden. Nur wenn dies mit einem einfachen elektronischen Vorgang möglich ist, sozusagen "auf Knopfdruck", kann von einem (virtuellen) amtlichen Dokument gesprochen werden. Erlaubt es das Informatiksystem hingegen nicht, das gewünschte Dokument auf einfache Weise zu erstellen, dann existiert dieses auch virtuell nicht und die Behörde kann nicht dazu verpflichtet werden, es zu erstellen (d.h. die betreffende Auswertung zu programmieren). Die Rohdaten einer ment. Dabei ist entscheidend, ob die betreffende Information tatsächlich nur dem persönlichen Gebrauch dient. Das heisst, eine handschriftliche Not iz, die zwar als Eine Behörde kann gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip nicht dazu verpflichtet werden, ein nicht existierendes Dokument zu erstellen oder zu beschaffen. Datenbank stellen für sich allein "PERSÖNLICH" klassifiziert, aber intern an eine grosse Zahl von Persokein amtliches Dokument dar. nen verteilt wurde, gilt nicht mehr Ausschliesslich für den persönlichen als "ausschliesslich persönliches Gebrauch bestimmte Informationen Dokument", sondern als amtliches Das Gesetz nimmt schliesslich auch Dokument, zu welchem Zugang zu Informationen und Dokumente, die gewähren ist (sofern die übrigen ausschliesslich für den persönlichen Voraussetzungen gegeben sind). Gebrauch bestimmt sind, vom Zu- Jules Busslinger gangsanspruch aus. Darunter fallen zum Beispiel persönliche Notizen, Skizzen oder handschriftliche Randbemerkungen zu einem Doku- Recht am eigenen Bild vs. Verbreitung von Fotos „Mobbing ist das langsame Abwürgen einer nicht geduldeten Persönlichkeit.“ © Franz Schmidberger (*1942), deutscher Publizist Im Zeitalter der Smartphones und der dauernden Erreichbarkeit werden viele personenbezogene Daten verschickt. Jugendliche verschicken Nacktbilder per Smartphone an andere Personen. Welche Fotos dürfen verschickt werden und was darf mit erhaltenen Fotos getan werden? Dürfen Sie diese weiterverwenden (z.B. anderen Personen weiterschicken) oder wird dies durch das Recht am eigenen Bild verhindert? Nach dem Recht am eigenen Bild darf grundsätzlich jeder Mensch selbst darüber bestimmen, ob überhaupt und in welchem Zusammenhang Bilder über ihn erstellt und/ oder veröffentlicht werden. Dieses Recht ist als Teil des Persönlichkeitsrechts durch die Schweizerische Bundesverfassung, das Zivilgesetzbuch und das massgebende Datenschutzgesetz geschützt. Gemäss oder in einem überwiegenden priva- einer weiteren Öffentlichkeit verten oder öffentlichen Interesse an borgen bleiben sollen. Mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung dem Foto bestehen. können heute personenbezogene Rechtsprechung Informationen in beliebigem UmAuch gemäss Bundesgericht hat fang gespeichert, verknüpft und jeder Mensch ein (Persönlichkeits-) reproduziert werden. So lassen sich Recht am eigenen Bild (BGE 136 III auch an sich harmlose Informatio401 & 129 III 715). Prinzipiell darf nen, die ohne Weiteres der Öffentalso niemand ohne seine Zustim- lichkeitssphäre zuzurechnen wären, mung abgebildet werden, sei es zu eigentlich schützenswerten Perdurch Zeichnung, Gemälde, Foto- sönlichkeitsprofilen verdichten. grafie, Film oder ähnliche Verfahren Die jüngste Gerichtspraxis des Euro(BGE 136 III 401). päischen Gerichtshofes für MenDas Recht am eigenen Bild schützt schenrechte geht in die gleiche, als Selbstbestimmungsrecht vor restriktive Richtung. In einem Urteil widerrechtlicher Verkörperung des hielt der Gerichtshof fest, ein effekeigenen Erscheinungsbildes. Es tiver Schutz des Rechts am eigenen umfasst zwei inhaltlich verschiedene Bild setze voraus, dass die betroffeRechte: Erstens den Abwehran- ne Person bereits bei der Aufnahme spruch gegen gezieltes, auf Identifi- – und nicht erst einer späteren kation und Ausforschung gerichte- Veröffentlichung - zustimme. tes Erstellen von Fotos und zweitens Nur letztere Auffassung wird der das Recht auf Selbstbestimmung rasanten Entwicklung der Informationstechnologie und der Datenverar„Die Verwendung einmal verschickter Bilder kann nicht beitung gerecht. Allerdings ist der mehr kontrolliert werden“ Vorbehalt anzubringen, dass sich diesen Regelungen darf niemand des Menschen bzgl. der Veröffentli- Abgebildete eine Abbildung gefalwiderrechtlich in seiner Persönlich- chung des eigenen Bildes, insbeson- len lassen müssen, wenn sie bloss keit verletzt werden. Bezogen auf dere des Porträts, und seiner Ver- zufälliges Beiwerk auf einem nicht das Recht am eigenen Bild darf also wendung in kommerzieller oder verbreiteten, nur im Privatbereich dokumentierten Foto sind. niemand ohne Rechtfertigungsgrund politischer Werbung. ein Bild einer anderen Person erstelWeiterverwendung erhaltener Fotos len oder ein solches bearbeiten. Gleichermassen soll das Recht auf Bearbeiten ist in einem weiten und Achtung der Privatsphäre verhin- Zugeschickt erhaltene Bilder dürfen umfassenden Sinne zu verstehen, dern, dass jede private Lebensäusse- gemäss dem Recht am eigenen Bild wovon beispielsweise publizieren, rung der Allgemeinheit bekannt und den eingangs erwähnten Beonline stellen, vorzeigen, verschicken wird. Der Einzelne soll sich nicht stimmungen nicht einfach so weiter dauernd beobachtet fühlen, son- verwendet (z.B. jemand anderem und anschauen erfasst sind. dern in gewissen Grenzen selber zugeschickt) werden. Auch dafür Ein Rechtfertigungsgrund kann nur bestimmen dürfen, wer welches braucht es eine gesetzliche Grundin der Einwilligung (zum Foto), einer Wissen über ihn haben darf bzw. lage, die Einwilligung der betroffegesetzlichen Grundlage (im konkre- welche personenbezogenen Bege- nen Person oder ein überwiegendes ten Fall ein Foto machen zu dürfen) benheiten des konkreten Lebens öffentliches oder privates ... Seite 3 Jahrgang 2015, Ausgabe 1 Interesse. Liegt keine dieser drei Cybermobbing als inzwischen sehr Fazit Voraussetzungen vor, begeht die verbreitetes Mittel gezielt gegen Die Verbreitung einmal publizierter Person, die erhaltene Daten anderer eine gewisse Person vorzugehen. Personen weiter verwendet, eine Genau aus diesem Hintergrund Fotos ist praktisch nicht mehr zu stoppen. Der Grundsatz „Einmal im Persönlichkeitsverletzung. Ein ent- empfiehlt sich eine grosse ZurückInternet, immer im Internet“ gilt sprechendes Verfahren aufsomit auch für das Versengrund dieser Verletzung „Einmal im Internet, immer im Internet.“ den eigener Fotos. Einmal wird allerdings erst auf Klaverschickt (egal an wen), ge der betroffenen Person ist die Kontrolle über weitere Bearhin eingeleitet. haltung betr. Versand von Bilder, beitungen dieses Fotos faktisch nicht die einen selber zeigen. GrundsätzCyber-Mobbing lich kann man sich vor dem Versand mehr möglich. Deshalb ist im Vorneherein abzuwägen, welche Bilder Cyber-Mobbing ist die Belästigung, eines Bildes immer fragen, ob man verschickt werden und welche nicht. eben dieses Bild der ganzen Welt Bedrängung und Nötigung anderer Im Nachhinein schlauer zu sein, Personen mit Hilfe elektronischer zur Verfügung stellen möchte oder nützt eben nichts… Kommunikationsmittel per Internet, es lieber privat halten möchte. Ist Chatrooms, Messaging und/oder letzteres der Fall, ist von einem Philipp Studer Mobiltelefonen. Die Weiterverwen- Versand (an wen auch immer) abdung erhaltener Fotos stellt ein typi- zusehen. Im Unterschied zum tradisches Beispiel des Cyber-Mobbings tionellen Mobbing werden Cyberdar. Durch die Eigenheiten der sozia- Mobbing-Opfer nicht auf dem Paulen Medien ist Mobbing noch diffu- senplatz, sondern im Internet (und ser, ungreifbarer und kaum mehr somit zugänglich für unzählige Personen) fertiggemacht. kontrollierbar geworden. „Aus der Praxis“ Eine Gemeinde fragte an, wie und wie lange sie die Schulakten aufbewahren muss. Das Datenschutzgesetz des Kantons Obwalden enthält dazu keine expliziten Regelungen. Es sagt nur – aber immerhin – aus, dass gewisse Massnahmen zur Sicherheit der bearbeiteten (und somit auch der aufbewahrten) Personendaten beachtet werden müssen. Aus der Schulgesetzgebung des Kantons Obwalden kann jedoch eine entsprechende Norm für die Praxis herangezogen werden. rechtigungskonzepte, starke Passwörter, Weisungen oder Sensibilisierung. Grundsätzlich müssen Schulakten vom zuständigen öffentlichen Organ so aufbewahrt werden, dass Unbefugte keinen Zugriff darauf haben können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Akten in Papier- und/ oder in digitaler Form aufbewahrt werden. se und Promotionsentscheide während mindestens 20 Jahren und alle übrigen Akten im Aus- und Weiterbildungsbereich während mindestens 10 Jahren an geeigneter Stelle aufzubewahren. Wir empfehlen, Art. 8 BVO sinngemäss auch auf die allgemeinen Schulakten anzuwenden. Die Akten wären demnach zehn Jahre lang (sicher) aufzubewahren und danach korrekt zu entsorgen bzw. zu vernichten. Vor der effektiven Entsorgung müssen sie dem Staats- oder Gemeindearchiv zur Langzeitarchivierung angeboten werden. Das zuständige Archiv entscheidet über die Archivwürdigkeit der Akten. Erst wenn die Archivwürdigkeit verneint wurde, dürfen die entsprechenden Akten vernichtet werden. Bei der Vernichtung ist zudem ebenfalls darauf zu achten, dass Unbefugte keinen Zugriff erhalten (z.B. keine Entsorgung via normalen Abfalleimer). Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Datenschutz des Kantons Obwalden in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Datenschutz müssen Personendaten durch angemessene technische und organisatorische Massnahmen gegen unbefugtes Bearbeiten geschützt werden. Dies geschieht beispielsweise mit folgenden Massnahmen: abschliessbares Mobiliar, Virenschutzprogramme, Firewall, Back-ups, Be- Da keine explizite Bestimmung zur Aufbewahrungsdauer besteht, ist das Verhältnismässigkeitsprinzip heranzuziehen. Somit sind die Akten so lange aufzubewahren, wie es für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgabe notwendig ist. Massgebend dafür ist die Schulgesetzgebung des Kantons Obwalden. Diese enthält keine Regelung zur Aufbewahrungsdauer der allgemeinen Schulakten. Für Zeugnisse und Promotionsentscheide sowie übrige Akten im Aus- und Weiterbildungsbereich hingegen besteht eine entsprechende Regelung. Gemäss Art. 8 der Bildungsverordnung des Kan- DSB SZ-OW-NW tons Obwalden (BVO) sind Zeugnis- Die Bekanntgabe von Personendaten von einem öffentlichen Organ (hier: Sozialdienst einer Gemeinde) an ein anderes öffentliches Organ (hier: Betreibungsamt derselben Gemeinde) stellt eine Amtshilfe gemäss § 14 des Gesetzes über die Öffentlichkeit der Verwaltung und den Datenschutz (ÖDSG) dar. Eine solche ist nicht beliebig möglich, sondern nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen zulässig. Grundsätzlich ist die Bekanntgabe von Personendaten an andere öffentliche Organe nicht beliebig zulässig. Denn nur weil der Datenempfänger eine Behörde oder Amtsstelle ist (und nicht eine private Person), besteht keine Pflicht, automatisch alle personenbezogenen Informationen weitergeben zu müssen. Schliesslich gilt es, die von einer solchen Datenbekanntgabe betroffenen Personen angemessen zu schützen. Soweit es um Personendaten geht (und das trifft beim Sozialdienst wohl meist zu), ist § 14 ÖDSG massgebend. Gestützt auf diese Bestimmung dürfen Personendaten einem anderen öffentlichen Organ bekannt gegeben werden, wenn alternativ a. eine gesetzliche Grundlage dafür besteht, b. die datenempfangende Stelle dartut, dass sie zur Bearbeitung ... „Schule ist überall.“ © Dr. phil. Manfred Hinrich (1926-2015), deutscher Philosoph, Philologe, Lehrer, Journalist, Kinderliederautor, Aphoristiker und Schriftsteller Seite 4 Datenschutz Aktuell der verlangten Personendaten berechtigt ist und der Bekanntgabe keine Geheimhaltungspflicht entgegensteht, oder „Austausch ist die vernünftigste Form von Abhängigkeit.“ © Thomas S. Lutter (*1962), Lyriker und Musiker Betreibungsverfahren konkret befindet. Im Rahmen der Pfändung oder des Konkursverfahrens wäre der Sozialdienst beispielsweise verpflichtet, dem Betreibungsamt Informatic. die betroffene Person eingewil- onen über Einkommen, Vermögensligt hat. gegenstände etc. des Schuldners Dies bedeutet für diesen konkreten bekannt zu geben. Dies ergibt sich aus Art. 91 Abs. 5 bzw. Art. 222 Fall folgendes: Abs. 5 des Bundesgesetzes über Eine Einwilligung wird in der Praxis Schuldbetreibung und Konkurs. wohl eher selten vorliegen. Deshalb sind die anderen beiden Alter- Das Betreibungsamt könnte im Einzelfall wohl darlegen, dass es die nativen zu prüfen. gewünschten Informationen zur Ob eine gesetzliche Grundlage für Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaeine Pflicht zur Datenbekanntgabe ben benötigt. Allerdings stellt hierzu des Sozialdienstes besteht, hängt § 5 des Sozialhilfegesetzes des Kanvom Stadium ab, in dem sich das tons Schwyz eine gesetzliche Ge- heimhaltungspflicht dar, welche eben gerade dieser Bekanntgabe entgegensteht. Somit bleibt in der Praxis wohl einzig die Möglichkeit der gesetzlichen Grundlage, aufgrund welcher eine Datenbekanntgabe stattfinden darf. Jede betroffene Person, welche die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann die Bekanntgabe bestimmter ihrer Daten sperren lassen. Eine Gemeinde wollte wissen, ob wir eine Liste der den gesetzlichen Voraussetzungen genügenden Gründe bzw. schutzwürdigen Interessen führen. Dies geschieht nur indirekt. sich in der Praxis aufgrund verschiedenster Umstände immer wieder neue schutzwürdige Interessen ergeben. Im Kanton Nidwalden sind die Voraussetzungen für eine Datensperre in Art. 15 des kantonalen Gesetzes über den Datenschutz (kDSG-NW) festgelegt. Nach Art. 15 Abs. 1 kDSG-NW kann eine betroffene Person, die ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft macht, von der Inhaberin oder dem Inhaber einer Datensammlung verlangen, dass es die Bekanntgabe von bestimmten Daten sperrt. Macht nun eine Person ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft, hat sie einen Rechtsanspruch auf die entsprechende Sperre. Das bedeutet, der Inhaber der entsprechenden Datensammlung muss ihr diese Sperre gewähren. Eine solche Sperre dient der betroffenen Person zur Durchsetzung ihrer Kontrollrechte, die sie gegenüber denjenigen Stellen hat, die ihre Perso- nendaten bearbeiten (dürfen). Diese Sperre betrifft aber nicht die Amtshilfe, sondern nur – aber immerhin – die Bekanntgabe an private Personen. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass das Betreibungsamt in seinem Amtshilfebegehren die gesetzliche Grundlage vorbringen muss, die den Sozialdienst im konkreten Fall zur Auskunft verpflichtet. DSB SZ-OW-NW Ein schutzwürdiges Interesse allein Was ist nun ein schutzwürdiges genügt allerdings noch nicht. VielInteresse und wie wird ein solches mehr muss ein solches noch glaubhaft gemacht werden. Wann ist also glaubhaft gemacht? ein schutzwürdiges Interesse glaubEin schutzwürdiges Interesse ist haft gemacht? keine allzu hohe (aber eben doch eine) Schwelle. Beispiele solcher Glaubhaft machen bedeutet, dass die schutzwürdiger Interessen, die in betroffene Person ihr schutzwürdiges diversen Gemeinden bereits zu Interesse nicht (nach den für Gerichte Datensperren geführt haben, kön- massgebenden Kriterien) beweisen nen beispielsweise folgende Sach- muss, sondern dieses einfach der verhalte sein: Schutz vor Nachstel- Gemeinde (als Inhaberin der entsprelungen (für ein Kind oder eine Frau, chenden Datensammlung, d.h. des die von Vater bzw. Mann miss- Einwohnerregisters), welche über die braucht wurde), Arbeit als Richter, Datensperre entscheidet, plausibel Staatsanwalt, Polizist, Sicherheits- machen muss. Kurz: das schutzwürdipersonal (z.B. bei der Securitas) oder ge Interesse muss für die Gemeinde in anderen ähnlichen und ebenfalls nachvollziehbar sein. So muss z.B. die heiklen Berufsfeldern), Schutz einer eine Datensperre beantragende Peraus langer Haft entlassener Person, son der Gemeinde bekannt (d.h. für die das Recht hat, ein neues Leben sie identifizierbar) und ihr Grund (z.B. beginnen zu dürfen, Schutz promi- eine gewisse berufliche Tätigkeit) nenter Persönlichkeiten vor grossem ebenfalls nachvollziehbar sein. Medienaufmarsch. Dies stellt in gewissem Sinne bereits eine solche DSB SZ-OW-NW – von der Gemeinde erfragte – Liste schutzwürdiger Interessen dar. Diese ist aber weder vollständig noch abgeschlossen, vielmehr können Unabhängig - Partnerschaftlich - Dienstleistungsorientiert (Öffentlichkeits- und) Datenschutzbeauftragter Schwyz - Obwalden - Nidwalden Gotthardstrasse 21 6414 Oberarth Telefon: 041 859 16 20 Fax: 041 859 16 26 E-Mail: info@kdsb.ch Sie finden uns auch im Internet! www.kdsb.ch