Warum jede Fliege zählt

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Warum jede Fliege zählt
Hans-Dietrich Reckhaus
Warum jede
Fliege zählt
Eine Dokumentation über
Wert und Bedrohung von Insekten
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2015
Hans-Dietrich Reckhaus
Warum jede
Fliege zählt
Eine Dokumentation über
Wert und Bedrohung von Insekten
Der Autor
Dr. Hans-Dietrich Reckhaus absolvierte an der Universität St. Gallen ein
betriebswirtschaftliches Studium, das er 1993 mit der Promotion zum Dr.
oec. abschloss. Seit 1995 leitet er die Reckhaus GmbH & Co. KG in Bielefeld
in zweiter Generation als geschäftsführender Gesellschafter. Mit dem 2012
lancierten Gütezeichen «Insect Respect» strebt Reckhaus eine nachhaltige
Transformation seiner Branche an. Dafür erhielt er 2014 den deutschen
Vordenker-Preis. Auslöser für das weltweit einzigartige Ausgleichsmodell
war der Dialog mit den Schweizer Konzeptkünstlern Frank und Patrik Riklin.
Sie initiierten die Gegenbewegung „retten statt töten“ und setzten 2012
gemeinsam mit Hans-Dietrich Reckhaus die Aktion «Fliegen retten» um.
Der Unternehmer referiert und publiziert regelmässig zu Fragen der KMUFührung und Nachhaltigkeit. Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.
Das Unternehmen
Die Firma Reckhaus ist seit 60 Jahren auf die Entwicklung und Herstellung
von Produkten zur Insektenbekämpfung spezialisiert. Das Unternehmen ist
in Deutschland (Reckhaus GmbH & Co. KG, Bielefeld) und der Schweiz (Reckhaus AG, Gais) ansässig.
Das Gütezeichen
Insect Respect ist das Label für ein neues Verständnis im Umgang mit Insekten. Das weltweit erste Gütesiegel für bekämpfungsneutralen Insektenschutz
garantiert eine Kompensationsleistung: Auf Basis eines wissenschaftlichen Modells werden die Schäden berechnet, die ein Biozid verursacht.
Anschliessend werden mit „insektenfreundlichen Lebensräumen“ Kompensationsflächen errichtet, um einen Ausgleich zu schaffen und gleichzeitig die
Biodiversität in versiegelten Siedlungsgebieten zu fördern.
Impressum
Reckhaus GmbH & Co. KG
D-33689 Bielefeld
kontakt@insect-respect.org
www.insect-respect.org
www.fliegenretten.de
www.reckhaus.com
Lektorat: Tina Teucher
© 2016 Hans-Dietrich Reckhaus
Reckhaus AG
CH-9056 Gais
Inhaltsverzeichnis
Vorwort .......................................................................................... 5
Einleitung ...................................................................................... 7
1 Insekten als Nützlinge .............................................................. 9
. )nsekten bestäuben Pflanzen ................................................ 9
1.1.1 Die Bestäubung ................................................................
. . Pflanzen und ihre Bestäuber .............................................
1.1.3 Fliegen, die unbekannten Bestäuber ..................................
1.1.4 Der Wert der Insektenbestäubung ....................................
. )nsekten beschleunigen das Wachstum der Pflanzen ..........
1.3 Insekten stärken die Biodiversität .......................................
1.4 Insekten verbinden die Nahrungskette ................................
1.5 Insekten bilden das wichtigste Element der Ernährung .....
1.5.1 Insekten als Lebensmittel .................................................
1.5.2 Insekten als Futtermittel ..................................................
1.6 Insekten helfen wesentlich bei der Hygiene ........................
1.7 Insekten wirken als preiswerte Biozid-Alternativen ...........
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1.8 Insekten unterstützen Wirtschaft und Gesellschaft
Wissenschaft, Textilproduktion, Medizin, Chemie, Kriminologie .. 38
2 Insekten als Schädlinge ............................................................ 43
2.1 Insekten gefährden Menschen .............................................. 43
2.1.1 Virusübertragende Insekten .............................................
2.1.2 Ursachen und Trends der Virusübertragungen ..................
2.1.3 Krankheiten, die durch Mücken verursacht werden
Chikungunyafieber, Denguefieber, Gelbfieber,
Japanische Enzephalitis, Leishmaniose, Malaria,
St. Louis Enzephalitis, West-Nil-Fieber ..............................
2.1.4 Krankheiten, die durch Zecken verursacht werden
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Krim-KongoFieber, Lyme-Borreliose, Q-Fieber, Rickettsiosen .................
2.1.5 Weitere Gefährdungen durch Insekten
Tsetsefliege, Krätzmilbe, «Killerbienen», Wespen
und Bienen, (ausstaubmilben, Flöhe, Kopfläuse, Eichenprozessionsspinner ..........................................................
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3
2.2 Insekten gefährden Tiere ............................................................... 64
2.2.1 Nagana ..................................................................................... 65
2.2.2 Blauzungenkrankheit ................................................................ 65
2.2.3 Schmallenberg-Virus ................................................................. 66
2.2.4 Louping-Ill ................................................................................ 67
. )nsekten gefährden Pflanzen ......................................................... 67
2.3.1 Landwirtschaftliche Schäden in den Entwicklungs- und
Schwellenländern
Gefährdung der Maniokpflanze durch )nsekten, Ausbreitung der
Fruchtfliegen, (euschreckenplagen, Vorratsschädlinge ................ 68
2.3.2 Landwirtschaftliche Schäden in Europa
Maiszünsler, Kulturfremde Schädlinge,
«Nach der Ernte»-Schäden ........................................................ 74
2.3.3 Waldschäden ............................................................................ 79
3 Insekten heute und in Zukunft ........................................................ 81
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume ................................... 82
3.1.1 Klimawandel ............................................................................ 84
3.1.2 Urbanisierung und Verkehr ....................................................... 92
3.1.3 Landwirtschaft ......................................................................... 94
3.1.4 Schwefel- und Stickstoffemissionen ........................................... 96
3.1.5 Forstwirtschaft ........................................................................ 98
3.2 Bestandsentwicklung .................................................................... 99
3.3 Ausblick .......................................................................................... 102
4 Fazit: Gehasst, bedroht und schützenswert ................................... 104
Verzeichnis der Insekten ..................................................................... 106
Glossar .................................................................................................... 111
Anmerkungen ........................................................................................ 115
Warum jeder Austausch zählt ............................................................. 135
4
Vorwort
Insekten! Und dann noch Fliegen. Wer braucht die schon? In unserer aufgeräumten Welt möchte man eigentlich nur das herumfliegen
sehen, was uns entweder sympathisch (Marienkäfer) oder schön
(Schmetterlinge) erscheint. Und was uns bitte ja nicht gefährdet.
Natürlich mögen wir auch Bienen gerne – wahrscheinlich, weil der
Honig so süss ist, und wir ja auch wissen, dass es ohne Bienen kaum
Früchte oder Gemüse geben würde.
Die häufigsten Konflikte zwischen Mensch und )nsekt entstehen in
der Landwirtschaft. Meistens ist dann noch ein drittes Subjekt im
Spiel: unsere Nutzpflanzen oder Nutztiere. Diese Konflikte wurden
und werden leider immer noch mit der Chemiekeule gelöst. Man
spritzt ein Gift – und schwups, liegen alle Schädlinge auf dem Rücken.
So einfach scheint es, seit man das Insektizid DDT erfunden hat – und
später weitere, immer schlimmere Varianten von immer stärkeren
Giften. Es stellt sich die Frage: Warum kann man nicht dauerhaft
dasselbe Gift einsetzen? Das müsste doch billiger sein, als ständig
neue Produkte zu entwickeln und zu vermarkten. Doch Insekten
haben es in sich! Sie können diesen Giften ausweichen oder die
chemische Dusche aushalten, so dass jedes Mal mindestens ein paar
wenige von ihnen ganz fröhlich weiterleben. Und so richten sie in
der Landwirtschaft weiter Schäden an, belästigen die Menschen oder
infizieren sie mit Krankheiten.
Es fehlt nach wie vor an Beobachtung. Und es fehlt vor allem am
Lernen von der Natur. Wir haben die Natur stark verändert: Wir
dringen in Gegenden ein, in denen die Insekten Könige sind. Wir
wandeln ganze Landschaften um, um doppelt so viele, billige, meist
nährstoffarme Lebensmittel mit viel Chemie zu produzieren – wovon
wir dann die Hälfte verschwenden. Von diesem menschlichen Verhalten sind alle Insekten – Nützlinge und Schädlinge – betroffen. Statt das
System zu untersuchen und herauszufinden, wie man es ohne Chemie
optimieren oder neu aufbauen kann, nehmen wir den einfachen und
schnellen Weg. Die Konsequenzen dieses Vorgehens überlassen wir
den nächsten Generationen.
5
Vorwort
Wir brauchen mehr Systemdenken, mehr Verständnis dafür, dass
alles mit allem verbunden ist, und dass Eingriffe wie z.B. Insektizide
gegen Pflanzenschädlinge nur eine höchst temporäre Lösung sind.
Denn damit versucht man nicht die Ursache des Schädlingsbefalls zu
verstehen, sondern behandelt einfach das Symptom. Das geht eine
Weile gut. Doch die Rache dieser kleinen Lebewesen kommt gewaltig und rasant. Es gibt heute sehr viele gute Beispiele, dass es auch
anders geht. Unsere Bio-Bauern produzieren ja auch viel und in guter
Qualität. Sie bekämpfen die Natur eben nicht, sondern sie wissen ihre
Unterstützung zu nutzen.
Gerade weil die Öffentlichkeit Insekten eher scheut – viele Menschen
haben sogar Phobien – war es höchste Zeit für ein solches Buch über
Insekten. Ein Buch, das klarmacht, dass ohne diese kleinen Sechsbeiner (Insekten; die Spinnen haben acht Beine) nach kurzer Zeit mit
den Menschen Schluss wäre. Wie lange das dauern würde? Darüber
streiten sich die Experten. Es spielt aber eigentlich keine Rolle. Wichtig ist: Ohne sie geht es eben nicht.
Dr. Hans-Dietrich Reckhaus hat verstanden, dass die Insekten ein
essentieller Teil unserer Biosphäre sind. Wenn wir uns schon manchmal gegen Schäden und Plagen schützen müssen, sollten wir dabei
umweltschonend vorgehen. Es wird uns allen in Zukunft besser
gehen, wenn wir zudem proaktiv die Nützlinge und im weiteren
Sinne die Ökosysteme mit ihren Dienstleistungen fördern. In diesem
aussergewöhnlichen und unterhaltsamen Buch finden sich dafür
unzählige sehr spannende und wissenschaftlich basierte Beispiele
sowie gute Gründe, nach naturverträglichen Alternativen in unserem
Umgang mit Insekten zu suchen.
Dr. Hans Rudolf Herren,
Träger des Right Livelihood Award («Alternativer Nobelpreis») 2013
und des Welternährungspreises 1995; Präsident Biovision Stiftung
(Zürich) und Millennium Institute (Washington).
6
Einleitung
Die Bartmücken sind wunderbare Insekten. Die Tiere sind so winzig
und einmalig geformt, dass sie die kleinen und engen Blüten des
Kakaobaumes besonders gut bestäuben können. Ohne sie gäbe es viel
weniger Schokolade. Andere Insekten verbinden wir eher mit den
Schäden, die sie anrichten. Mücken und Wespen stechen uns. Mottenlarven schädigen Textilien und verunreinigen Lebensmittel. Ameisen
untergraben unsere Wege und Fliegen sind einfach nur lästig.
Wir erleben die Tiere als tägliche Gegenspieler, deren Zahl offenbar
sogar zunimmt. Vor allem fremde Arten, die durch den internationalen
Warenverkehr und den Tourismus eingeschleppt werden, richten
erhebliche Schäden an. Die exotischen Insekten fühlen sich aufgrund
der Klimaerwärmung wohl und können sich wegen fehlender
natürlicher Feinde schnell vermehren. So wurde z.B. die Asiatische
Tigermücke in den letzten Jahrzehnten über Warentransporte
nach Europa und Nordamerika eingeführt, wo sie sich mittlerweile
etablieren konnte und gefährliche Fieberkrankheiten überträgt.
Trotz der Bedrohung durch die kleinen Lebewesen sagt der namhafte amerikanische Insektenforscher Edward Wilson: Ohne Insekten
würden wir Menschen nur wenige Monate überleben.1 Sie haben
einen viel grösseren Nutzen als wir vermuten. So geht z.B. ein Drittel
aller Lebensmittel auf ihre Bestäubung zurück.2 Ein Abendessen wäre
eintönig, denn es bestünde fast nur noch aus Brot: Ohne die Insektenbestäubung gäbe es weder Salat, Gurke und Tomate, noch Käse und
Wurst oder Fleisch von Rindern. Diese ernähren sich nämlich am
liebsten von Luzerne und Klee, die wiederum auf Insekten angewiesen sind.3
Mit über einer Million bekannten Arten sind die Insekten die mit
Abstand grösste Tierklasse der Welt.4 Die sechsbeinigen Lebewesen
gehören wie die Tausendfüsser, die Krebstiere und die Spinnen zu
den Gliederfüssern (Arthropoden), die 80 Prozent aller auf der Welt
lebenden Tiere repräsentieren. In der Vergangenheit dominierten die
Insekten, und zwar schon vor über 400 Millionen Jahren.5
7
Einleitung
«Der Mensch ist ein Neuling unter diesen sechsbeinigen Massen...
und seine Herrschaft über den Planeten ist sehr fragil. Die Insekten können ohne uns gedeihen, wir und die meisten terrestrischen
Organismen hingegen würden ohne sie zugrunde gehen».6
Wie steht es tatsächlich um unser Verhältnis zu den Insekten? Sind
sie eher nützlich oder schädlich? Welche Rolle spielen sie in der Welt?
Wie wichtig sind sie für uns? Wie wirkt sich der Klimawandel aus:
Wird ihre Zahl aufgrund der globalen Erwärmung weiter zunehmen?
Dieses Buch soll einen aktuellen Überblick über das Verhältnis
zwischen Mensch und Insekt bieten. Es diskutiert die nützlichen
und schädlichen Wirkungen der Insekten und setzt sich mit ihrer
Bestandsentwicklung auseinander. Vor allem aber möchte es die
Leser einladen, den Blick für den Wert dieser Lebewesen zu öffnen:
Ob jede Fliege zählt, darüber lässt sich diskutieren. Doch jedes
Insekt nimmt seinen Platz in natürlichen Kreisläufen, Biotopen und
Nahrungsketten ein und ist damit ein wichtiger Teil der Biodiversität.
8
1 Insekten als Nützlinge
Der Nutzen, den Insekten für die Natur und den Menschen stiften, ist
ebenso vielseitig wie unschätzbar. )nsekten bestäuben Pflanzen und
ermöglichen so überhaupt erst viele Kreisläufe in unserem Ökosystem. Sie sind Wachstumsbeschleuniger und tragen essentiell zu der
uns bekannten Vielfalt von Arten und Lebensräumen bei.
Insekten sind die Hauptnahrung für viele Tiere. Vor allem Vögel und
Süsswasserfische kommen ohne sie nicht aus. Somit spielen )nsekten
eine Schlüsselrolle für zahlreiche Nahrungsketten.
Für den Menschen produzieren Insekten wichtige Lebensmittel und
helfen bei der Hygiene. Sie unterstützen uns sogar im Kampf gegen
sie selbst und fördern darüber hinaus unsere Wirtschaft und unsere
Gesellschaft mit zahlreichenden Dienstleistungen.
1.1 Insekten bestäuben Planzen
«Blütenbestäubung ist, indem sie das Leben von Pflanzen und
Tieren verbindet, die bedeutendste Schlüsselfunktion in allen
terrestrischen Ökosystemen.»7
1.1.1 Die Bestäubung
Bei den Pflanzen unterscheidet man grundsätzlich drei Gruppen:
die Moose (26.000 Arten) und Farne (12.000 Arten) sowie die
Blütenpflanzen über
.
Arten . Letztere weden aufgrund
der Bestäubungsmöglichkeit auch Samenpflanzen genannt. Der
Blütenstaub gelangt entweder auf die offenliegende, «nackte» Samenanlage (Nacktsamer, 800 Arten) oder auf die geschützte, «bedeckte»
Narbe der Fruchtblätter (Bedecktsamer, knapp 226.000 Arten). Zu
den Nacktsamern gehören z.B. Nadelgewächse wie Nadelbäume,
zu den Bedecktsamern zählen z.B. Laubbäume, Gräser und andere
Blütenpflanzen.
9
1 Insekten als Nützlinge
Pflanzen mit zwittrigen Blüten können sich selbst bestäuben. Die
Fremdbestäubung (Xenogamie) ist jedoch immer erfolgreicher.
Sie kann durch Wasser, Wind und Tiere erfolgen. Bei der Windbestäubung muss viel Pollen vorhanden sein, damit dieser sich auf
die offenliegenden Staubblätter und Narben absetzen kann. Die
Abbildung 1 verdeutlicht die Wirkung der unterschiedlichen Bestäubungsarten: Links eine Erdbeere, die von Insekten fremdbestäubt
wurde. In der Mitte eine Erdbeere, die sich selbst bestäuben musste
und rechts eine selbstbestäubte Frucht, die zusätzlich durch Wind
fremdbestäubt wurde. Die volle Frucht ist nur durch die Fremdbestäubung von Insekten möglich.
Nachstehend wollen wir uns auf die Bedecktsamer konzentrieren,
die mit einem Anteil von über 85 Prozent die grösste Klasse aller
Pflanzen bilden.8 Bedecktsamer locken Tiere mit Duftstoffen und
Farben an. Die Tiere, meistens Insekten, kriechen in die Blüte, um an
den am Blütengrund produzierten Nektar zu gelangen. Dabei bleiben
Pollen am Körper der )nsekten hängen, die so zur nächsten Pflanze
transportiert werden. Auf der Suche nach weiterer Nahrung kriechen
die Insekten wiederum bis zum Grund der nächsten Blüte. Dadurch
geschieht die Bestäubung (Pollination): Der Pollen bleibt am klebrigen Fruchtknoten hängen.
Um an die weibliche, tief in der Blüte sitzende Samenanlage zu
gelangen, bildet der auf dem Fruchtknoten sitzende Pollen einen
Schlauch. Dieser wächst durch die Narbe und den Griffel und
gibt beim Erreichen der Samenanlage die Spermazelle frei. Die
Befruchtung findet durch die Verschmelzung der Spermazelle mit der
vorhandenen Eizelle statt (Zygote).
Aus der Zygote entsteht der Samen, der Fruchtknoten entwickelt sich
zur Frucht und die Blütenblätter fallen ab. Neues Pflanzenwachstum
ergibt sich, wenn der Samen reif ist und verbreitet wird: Die Frucht
fällt dann ab oder Tiere fressen davon und scheiden später den Samen
mit ihrem Kot an einer anderen Stelle aus.
Die Vorgänge der Bestäubung und Befruchtung sind deswegen so
erfolgreich, weil sich Pflanzen und Tiere im Zeitverlauf aneinander
angepasst haben. Voraussetzung für eine erfolgreiche Befruchtung
10
. )nsekten bestäuben Pflanzen
Abb. 1: Fruchtentwicklung in Abhängigkeit der Bestäubungsart.
(Bild: © Kristin Marie Krewenka)
Abb. 2: Obst und Gemüse sind oft auf die Insektenbestäubung angewiesen.
(Bild: © Stefanie Salzer-Deckert)
Abb. 3: Kakao gäbe es nicht ohne die Bestäubung der Bartmücken.
(Bild: © Tim Reckmann / pixelio.de)
11
1 Insekten als Nützlinge
ist das Empfangen einer geeigneten Spermazelle, also einer Zelle von
einer Pflanze der gleichen Art. Aufgrund ihres artspezifischen Aufbaus
der Blüten bilden die Pflanzen sehr heterogene Anordnungen der mit
Pollen gefüllten Staubbeutel, Stempel und Blütenböden. Nicht jedes
)nsekt kann jede Pflanze bestäuben bzw. an den Nektar gelangen vgl.
Abbildungen und . So locken die Pflanzen diejenigen )nsekten an,
die es aufgrund ihrer Anatomie schaffen, einerseits mit ihrem Körper
an die Staubbeutel zu gelangen und andererseits die Pollen auf dem
Stempel der nächsten Pflanze der gleichen Art abzustreifen.
Die Pflanzen spezialisieren sich bei der Lockwirkung für Bestäuber
auf artspezifische Farben und Gerüche und differenzieren sich so von
anderen Pflanzen. Das Ergebnis ist, dass die Tiere immer die gleichen
Pflanzen bevorzugen und als blütenstet gelten, wie die Beispiele in
Abbildung 4 zeigen:9
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Die Kartäusernelke zieht vor allem Tagfalter an, die einen besonders
langen und dünnen Saugrüssel haben. Keine andere Insektenart könnte die lang gestreckte und enge Blütenröhre der Pflanze durchdringen.
Hummeln haben ebenfalls einen langen Saugrüssel, sie sind aber im
Vergleich zu anderen Insekten sehr gross und benötigen einen entsprechenden Landeplatz. Die breite Blütenform der Goldnessel ist
darauf bestens angepasst.
Bienen dagegen haben einen kurzen Rüssel. Der Schlehdorn bietet
einen guten Landeplatz und einen nur wenig eingesenkten Blütenboden.
Fliegen werden besonders von schlechten Gerüchen angezogen. Diesen Umstand nutzt der Bärenklau, der aasähnliche Düfte ausströmt,
damit die )nsekten mit den kurzen Mundwerkzeugen seine flachen
Blütenteller aufsuchen.
Einige Pflanzen unterstützen intensiv die Prozesse der Bestäubung
und der Befruchtung. Der mit Pollen gefüllte, querliegende Staubbeutel der Lupine ist z.B. so angelegt, dass er sich aufgrund einer kleinen,
nach oben gerichteten Öffnung leert, wenn ein Insekt auf ihm sitzt.
Das Insekt wird dabei regelrecht mit Pollen beschossen. Die weitläufigen, liegenden Staubblätter des Sauerdorns hingegen richten sich
auf, wenn ein Insekt ihre Ansatzstelle berührt. Die Insekten werden
umschlungen und dadurch mit Pollen getränkt.
12
. )nsekten bestäuben Pflanzen
Tagfalter und Kartäusernelken
Hummeln und Goldnesseln
Bienen und Schlehdorn
Fliegen und Bärenklau
Abb. 4: Unterschiedliche Blüten und deren Bestäuber.
Bilder: Zeichnungen © Klett; Pflanzen v.o.n.u.: CC by anro, free photos, Maja Dumat, Matt Lavin / all by flickr.com
13
1 Insekten als Nützlinge
Eindrücklich wirkt auch der Aronstab, der mit kot- und aasähnlichen
Gerüchen Fliegen und Käfer anlockt. Aufgrund seiner glatten Wände
fallen die Tiere von der hochstehenden Blüte tief zum Blütenboden.
Ein bis zwei Tage hält die Pflanze die )nsekten fest. So wird sichergestellt, dass die mitgebrachten Pollen auch tatsächlich die Narbe des
Stempels erreicht haben. Schliesslich werden die eigenen Pollenbeutel geöffnet und die Insekten eingestäubt. Die Sperrborsten, die ein
Entrinnen der Insekten verhindert haben, verwelken und geben den
Weg frei.
1.1.2 Planzen und ihre Bestäuber
Die zum überwiegenden Teil von Insekten bestäubten Bedecktsamer
werden gemäss der Keimblätter in die einkeimblättrigen (50.000
Arten und in die zweikeimblättrigen über
.
Arten Pflanzen
unterteilt.
Zu den einkeimblättrigen Pflanzen zählen:10
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Süssgräser, wie z.B. Roggen, Weizen, Hafer, Gerste, Reis, Mais, Zuckerrohr. Sie verbreiten ihre Pollen grösstenteils durch Wind.
Bananengewächse, für deren Bestäubung Tiere wie z.B. Fledermäuse und Kolibris verantwortlich sind.
Liliengewächse, wie z.B. Tulpen, Spargel, Schnittlauch, Porree, Knoblauch, Küchenzwiebel und Graslilie. Sie werden meist von Insekten
bestäubt.
Zu den mehrheitlich von Insekten bestäubten zweikeimblättrigen
Pflanzen gehören:
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14
Kreuzblütengewächse, wie z.B.: Kohl, Rettich, Raps, Senf, Kresse,
Meerrettich
Schmetterlingsblütengewächse, wie z.B.: Robinie, Ginster, Lupine,
Erbse, Klee, Bohne und Linse
Lippenblütengewächse, wie z.B.: Majoran, Bohnenkraut, Pfefferminze, Thymian, Salbei und Lavendel
Doldengewächse, wie z.B.: Petersilie, Dill, Fenchel, Kümmel, Möhre
und Sellerie
•
•
. )nsekten bestäuben Pflanzen
Rosengewächse, wie z.B.: Rose, Fingerkraut, Erdbeere, Himbeere,
Brombeere, Birne, Apfel, Pflaume und Kirsche
Korbblütengewächse, wie z.B.: Aster, Margerite, Salat, Sonnenblume,
Kamille, Löwenzahn und Schafgarbe
Zusätzlich sind als weitere Familie die Nachtschattengewächse zu
nennen, zu deren bekannten Arten z.B. Kartoffeln, Tomaten, Kürbisgewächse und Tabak zählen.
Die wichtigsten tierischen Pflanzenbestäuber sind die )nsekten. Das
für Nutzpflanzen bedeutendste )nsekt ist die Europäische (onigbiene (Apis mellifera).11 Zusammen mit anderen Honigbienen und
Wildbienen (25.000 bis 30.000 Arten) bestäubt sie die meisten
Pflanzenarten.12 Zusätzlich sind über 150.000 Fliegenarten sowie
Tagfalter, Motten, Käfer und Mücken mit Pollentransporten beschäftigt. Die Blüten des Kakaobaums stehen beispielsweise so eng,
dass nur die kleinen Bartmücken (Ceratopogonidae) sie bestäuben
können. Aber auch Wirbeltiere wie Fledermäuse und nicht-fliegende
Säugetiere wie Affen, Ratten, Eichhörnchen und diverse Bärenarten
wie z.B. Nasenbären und Vögel wie Kolibris, Nektarvögel aus der
Gruppe der Sperlinge sowie einzelne Papageienarten übertragen
Pollen auf andere Pflanzen.13 So wird z.B. die in den Tropen wichtige
und weit verbreitete Futter- und (eilpflanze der Juckbohnen Feijoa
ausschliesslich von Vögeln bestäubt. Der in Asien wegen seiner
Frucht geschätzte Durianbaum kann sich mit der Bestäubungshilfe
von Fledermäusen vermehren.
1.1.3 Fliegen, die unbekannten Bestäuber14
Die Fliegen (Brachycera) werden vorwiegend nicht als Bestäuber
wahrgenommen. Dabei wirken sich ihre besonderen Merkmale im
Vergleich zu den Bienen direkt positiv auf die Bestäubungsleistung
aus:
•
Aufgrund ihrer geringeren Grösse brauchen sie weniger Platz zum
Landen und zum Eindringen in die Blüte. So bestäuben Fliegen eine
Vielzahl von kleinen, unscheinbaren Pflanzen auf dem Waldboden.
15
1 Insekten als Nützlinge
•
•
Fliegen sind nicht so temperatursensibel wie Bienen und bestäuben deswegen vor allem dort Pflanzen, wo Bienen weniger oder gar
nicht vorkommen. Beispiele hierfür sind kühle, arktische und alpine
Regionen.
Fliegen benötigen grundlegend weniger Energie als Bienen und
können deswegen aktiver sein. Studien zeigen, dass in gewissen
Regionen Fliegen mindestens so viele Pflanzen bestäuben wie die
Bienen.
)n kühleren Regionen bieten Pflanzen den Fliegen sogar einen
Wärmeschutz an. Die Blüten haben eine um etwa fünf Grad höhere
Temperatur als die Umgebung. Die Fliegen besuchen die Blüte,
wärmen sich auf und fliegen direkt zur nächsten Pflanze. )m Ergebnis
kommt es so zu einer besonders hohen Bestäubungsleistung.
Fliegen fühlen sich auf und in den grossen Blüten der Pflanzen wohl.
Oftmals suchen sie spezifische Pflanzen auf, um sich zu paaren. Als
Nebenprodukt erfolgt eine intensive Bestäubung.
Mehr als 100 Früchte sind massgeblich von der Bestäubung der
Fliegen abhängig. So werden z.B. die protein- und vitaminreichen
Beerenfrüchte der Papayapflanze in Nordamerika hauptsächlich von
Dung- und Aasfliegen bestäubt.
Fliegen, insbesondere die Schwebfliegen Syrphidae), sorgen für die
Enwicklung wirtschaftlich relevanter tropischer Früchte wie Mango,
Paprika oder Pfeffer. Auch Fenchel, Koriander, Kümmel, Küchenzwiebeln, Petersilie und Karotten gäbe es ohne Fliegen nicht in den uns
bekannten Formen und Mengen.
Früchtetragende Pflanzen aus der Familie der Rosen werden auf
der westlichen Halbkugel zumindest teilweise von Fliegen bestäubt:
Äpfel, Birnen, Kirschen, Aprikosen, Erd- und diverse andere Beerenarten. Studien in Europa zeigen, dass Fliegen sogar bis zu 80 Prozent
aller Pflanzen aufsuchen.
16
. )nsekten bestäuben Pflanzen
Die Landwirtschaft nutzt das Bestäubungspotential der Fliegen mittlerweile aktiv: Die Kaisergoldfliege Lucilia caesar) wird kommerziell
gezüchtet und zur Pflanzenbestäubung vor allem in Saatzuchtbetrieben eingesetzt.15 Sie bestäubt vornehmlich Blumenkohl, Kopfsalat,
Karotten, Spargel und Zwiebeln.
1.1.4 Der Wert der Insektenbestäubung
Zahlreiche Pflanzen sind auf )nsekten angewiesen und damit auch
die meisten Tiere, die Lebens- und Futtermittelproduktion sowie das
gesamte Funktionieren von Ökosystemen.16 Die Fakten zur Bestäubungsleistung der Insekten belegen dies eindrucksvoll:17
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Prozent aller Wildpflanzen weltweit profitieren von )nsekten.18
Prozent aller Fruchtpflanzen in Europa werden von )nsekten
bestäubt.19
Prozent aller Kulturpflanzen weltweit wachsen mit der Unterstützung von Insekten.
Prozent der
wichtigsten Fruchtpflanzen der Welt können
ohne Insekten nicht reifen.20
Prozent aller Nutzpflanzen für Lebensmittel weltweit werden
von Insekten bestäubt.21
Berechnet man den Wert aller Kulturpflanzen, die auf )nsektenbestäubung angewiesen sind, so kann der ökonomische Wert der
Bestäubungsleistung mit über 320 Milliarden US-Dollar angegeben
werden. Dieser Wert ist in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen, Anfang der 1990er Jahre betrug er noch knapp 200
Milliarden US-Dollar.22
Fragt man sich jedoch, wie viel Aufwand betrieben werden muss, um
die Bestäubungsleistung alternativ ohne Insekten zu betreiben, so ist
der Wert sehr viel höher. In Südamerika und Asien werden bereits
aufgrund des Fehlens von )nsekten Pflanzen per (and bestäubt.
Ohne die Bestäubung würde der gesamten Tierwelt ihre Hauptnahrungsquelle entzogen. Der Tierbestand würde sich erheblich
reduzieren, so dass es zu einer starken Verschiebung des ökologi-
17
1 Insekten als Nützlinge
schen Gleichgewichts käme. Die Folgen und die daraus entstehenden
Kosten für den Menschen wären immens, vor allem für die Sicherung
der Lebensmittelversorgung: Nicht nur würden die Preise für viele
pflanzliche Lebensmittel steigen.23 Es gäbe auch viel weniger Fleisch,
weil sich z.B. Rinder und Schafe von Luzerne und Klee ernähren, die
von Insekten bestäubt werden.24
In einer Langzeitstudie konnte nachgewiesen werden, dass die landwirtschaftliche Produktion ohne Insekten zwischen fünf und acht
Prozent zurückgehen würde. Dieser Rückgang erscheint nicht drastisch, weil die meisten Pflanzen nicht ausschliesslich auf )nsekten als
Bestäuber angewiesen sind. Nur ca. zehn Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Lebensmittelproduktion sind exklusiv von Insekten
abhängig.25 Die drei wichtigsten Pflanzen Reis, Mais und Weizen sind
nicht auf die Bestäubung von Insekten angewiesen.
Zusätzlich muss erwähnt werden, dass die durch Insekten bestäubten Pflanzen besonders nährstoff- und vitaminhaltige Lebensmittel
hervorbringen. Ein Fernbleiben der Insekten würde sich daher unmittelbar auf unsere Ernährung und Gesundheit auswirken.26
Fehlen die )nsekten, werden die Pflanzen nicht mehr bestäubt und
können sich nicht mehr oder weniger gut vermehren. Damit würden
auch die Dienstleistungen fehlen, die Pflanzen für die Umwelt
erbringen:27
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Nahrung für Insekten, Vögel, Säugetiere usw.
Beitrag zur Biodiversität
Hochwasser- und Erosionsschutz
Klimaregulierung
Wasserreinigung
Stickstofffixierung
Kohlenstoffbindung
Die Bestäubung wirkt sich somit auf die gesamte Umwelt aus. Sie ist
eine entscheidende Ökosystemleistung.
18
. )nsekten beschleunigen das Wachstum der Pflanzen
1.2 Insekten beschleunigen das
Wachstum der Planzen
Insekten wirken als Wachstumsbeschleuniger. Sie produzieren
Dünger, bauen schädliche Substanzen ab und kultivieren die Böden.
Das Zusammenwirken von Pflanzen, bodengebundenen Tieren und
Mikroorganismen fördert massgeblich die biologische Verwitterung
der Böden.28 Die Pflanzen, die zum grossen Teil von )nsekten bestäubt
werden, dringen mit ihren Wurzeln in Spalten ein und lockern den
Boden. Nach der Blüte fallen die Pflanzenblätter und anderes abgestorbenes Material wie Nadeln und Zweige auf den Boden, wo es von
Tieren, hauptsächlich Insekten, zerkleinert wird. Das Material wird
entweder gefressen oder zum Nestbau eingesetzt (Primärverwerter).
Die Exkremente der Erstverwerter werden von Sekundärverwertern aufgenommen und wiederum ausgeschieden. Die mehrmalige
Weiterverwertung findet immer tiefer im Boden statt, bis Mikroorganismen und Pilze den finalen Abbau der Materie vornehmen und
durch Mineralisierung anorganische Verbindungen entstehen, die
wiederum als Nährstoffe für die Pflanzen dienen.
Auf einem Quadratmeter Waldboden wirken in der Regel zwei
Millionen Organismen, darunter ca. 50.000 Insekten.29 Zu den bodengebundenen Insekten gehören vor allem:30
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Käfer, wie Laufkäfer, Zwergkäfer und Rüsselkäfer
Geradflügler, wie Grillen Maulwurfsgrille
Zweiflügler, wie Larven von Schnaken und Mücken
(autflügler, wie Wegwespen, Bienen und Ameisen
Den Ameisen kommt bezüglich der Bodenkultivierung eine besondere Rolle zu. Ihre Nester sind mit 500.000 bis 800.000 Tieren relativ
gross. Sie lockern und durchlüften die Böden durch den Nestbau,
zerkleinern Material, machen es damit zugänglich für kleinere Organismen und scheiden stickstoffreiche Exkremente aus, weil sie sich
hauptsächlich von Insekten ernähren. Starke Ameisenvölker können
bis zu 100.000 Insekten pro Tag vertilgen.
19
1 Insekten als Nützlinge
Exkremente sind für die Pflanzen der beste Dünger. Man konnte feststellen, dass der Kot von Insekten in Waldböden bis zu fünf Prozent
des Kohlenstoffs, Kaliums, Stickstoffs, Natriums und Calciums sowie
mehr als acht Prozent des Phosphors ausmachen.31
1.3 Insekten stärken die Biodiversität
Nur eine vielgestaltige Natur ist auch eine resistente Natur. Als die
mit über einer Million Arten grösste Tierklasse der Welt tragen Insekten massgeblich zur Biodiversität auf unserem Planeten bei.
«Die biologische Vielfalt – der Ökosysteme, Arten und Gene – ist
das natürliche Kapital der Erde. Mit lebenswichtigen Gütern und
Dienstleistungen wie Nahrungsbereitstellung, CO2-Abscheidung
sowie Meeres- und Wasserregulierung, die die Grundlage für
wirtschaftlichen Wohlstand, soziales Wohlbefinden und Lebensqualität bilden, ist sie ein wesentliches Element der nachhaltigen
Entwicklung. Der Verlust an biologischer Vielfalt stellt neben dem
Klimawandel die grösste globale Umweltgefährdung dar und führt
zu beträchtlichen Wirtschafts- und Wohlfahrtsverlusten.»32
In den letzten Jahrzehnten hat die biologische Vielfalt erheblich
abgenommen. Weltweit verschwinden jedes Jahr mehrere Tausend
Tier- und Pflanzenarten:33
•
•
•
•
•
Von 1970 bis 2006 ist der gesamte Bestand von Wirbeltieren um ein
Drittel gesunken.34
Von 1980 bis heute sind die Vogelbestände in Europa um 50 Prozent
zurückgegangen.
Über 40 Prozent aller Vögel sowie aller Amphibien sind gefährdet.
Ein Viertel aller Pflanzen ist vom Aussterben bedroht.35
Weltweit ist heute knapp ein Drittel der von der Weltnaturschutzorganisation ermittelten Arten gefährdet.
In Deutschland sind 26 Prozent der rund 3.000 Farn- und Blütenpflanzen und
Prozent der einheimischen Tierarten gefährdet.36
Von den bewerteten Wirbeltieren stehen sogar 43 Prozent auf der
20
1.4 Insekten verbinden die Nahrungskette
Roten Liste der gefährdeten Arten.37 Der in Deutschland vom Bundesamt für Naturschutz herausgegebene Indikator für Artenvielfalt zeigt,
dass die Artenvielfalt von 1970 bis 2010 um mehr als 35 Prozent
abgenommen hat.38
Die Geschwindigkeit des in den letzten Jahren eingetretenen Artensterbens übersteigt bei Weitem die natürliche Erhaltungsrate. Die
Vereinten Nationen schätzen eine 100- bis sogar 1000-fache Überhöhung.39
Für die notwendige Stärkung der biologischen Vielfalt und damit der
Vitalität der Natur spielen die Insekten eine herausragende Rolle.
Insekten sind klein, sehr beweglich, vermehren sich schnell, sind
besonders anpassungsfähig und können praktisch in jede ökologische
Nische vordringen. Zusammen mit ihrem Artenreichtum verfügen
sie deswegen im Vergleich zu allen anderen Tieren und Pflanzen
über einzigartige Voraussetzungen, die Biodiversität massgeblich zu
beeinflussen.
Insekten halten den Kreislauf von Ernährung, Verdauung und Verwesung im Gleichgewicht. Sie bauen Substanzen ab, die für andere
Lebewesen schädlich sind. Und sie stacheln Flora und Fauna an,
mit immer besseren Strategien auf die Intelligenz der Insekten zu
antworten. Insekten können deswegen als Schlüsselelement für die
Biodiversität gesehen werden.
1.4 Insekten verbinden die
Nahrungskette
Insekten sind ein wichtiges Element der Nahrungskette, wobei man
besser von Nahrungsnetzen spricht. Die trophischen Beziehungen
zwischen den Organismen sind nicht linear. Vielmehr ergeben die
Interaktionen der einzelnen Beteiligten (wie Räuber, Parasiten,
Nahrungsquellen und Konkurrenten) in der Lebensgemeinschaft
ein komplexes Netz von Abhängigkeiten.40 )nsekten beeinflussen
deshalb massgeblich die Abundanz und Artenvielfalt anderer Lebe21
1 Insekten als Nützlinge
wesen. Sie sind Hauptnahrungsquellen von sehr vielen Tierarten und
gleichzeitig Prädatoren von anderen Insekten und Mikroorganismen
niedrigerer Trophieebenen.
Die meisten Wirbeltiere wie Vögel, Süsswasserfische, Reptilien und
Amphibien sowie diverse Säugetiere sind bei der Ernährung auf
Insekten angewiesen. Bei den Vögeln sind vor allem die insektivoren
Sperlingsvögel, zu denen Singvögel wie Schwalben, Drosseln, Meisen
und Kleiber gehören, ausgesprochene Insektenliebhaber: Diese in
ganz Europa und Russland heimischen Vögel leben bis zu 100 Prozent
von Insekten. So ernährt sich z.B. der Mauersegler von mehr als 500
)nsektenarten wie Blattläusen, (autflüglern wie Bienen und Ameisen,
Käfern, Fliegen und von Spinnentieren. Fütternde Brutpaare sammeln
für ihre Jungtiere pro Tag bis zu 40.000 Insekten.41 Auch die Drosseln
kümmern sich intensiv um ihren Nachwuchs. In den ersten zwölf
Lebenstagen werden die Nestlinge mit etwa 150 Insektenfütterungen
pro Tag bedient. Die kleinen Drosseln nehmen in dieser Zeit jeden Tag
fünf Gramm zu, was einer benötigten Nahrung von über 1.000 kleinen
Insekten pro Tag und pro Tier entspricht.42 Die ausgewachsenen Tiere
verspeisen für ihre eigene Versorgung ca. zehn Prozent ihres Körpergewichtes und damit weit über 1.000 Insekten pro Tag.
Selbst Käfer, die über eine harte Chitin-Aussenhaut verfügen, können
von den Nestlingen verzehrt werden. So mischen z.B. die Meisen
ihren Jungtieren kleine Steinchen in die Nahrung, die den Chitin-Panzer der Käfer zerreiben.43 Bis zu 97 Prozent besteht die Nahrung von
Meisen und anderen Singvögeln von Frühjahr bis Anfang Sommer aus
)nsekten, danach ziehen sie Pflanzensamen vor.44
Ganz besondere Insekten-Gourmets sind die Spechte.45 So ernährt
sich z.B. der Dreizehenspecht praktisch ausschliesslich von Borkenkäfern, von deren Larven er im Winter über 3.000 pro Tag verzehrt.
Zu Ameisen haben vor allem Grünspechte eine ganz besondere Beziehung: Die Vögel setzen sich regelmässig auf ihre Haufen, wo sie sich
mit Ameisensäure bespritzen lassen und die Insekten aufnehmen,
um sich mit ihnen die Flügel und andere Körperteile einzureiben.
Ameisensäure wirkt desinfizierend, man geht deswegen davon aus,
dass sich die Spechte damit vor Bakterien schützen wollen.
22
1.4 Insekten verbinden die Nahrungskette
Ameisen sind auch die Hauptnahrung für die Aufzucht, vor
allem für den Grünspecht. Der Appetit der Nestlinge ist enorm.
Der durchschnittliche tägliche Nahrungsbedarf pro Tier beträgt:
•
•
•
1.-10. Tag: 15 Gramm
10.-20. Tag: 39,5 Gramm
20.-30. Tag : 49,3 Gramm
Sieben Jungspechte verzehren so in ihren ersten 30 Lebenstagen die
erstaunliche Menge von 1, 5 Millionen Ameisen und deren Puppen.46
Auch im Winter lässt der Hunger nicht nach: Dann gräbt der
Grünspecht bis zu 85 Zentimeter lange Gänge, um an das Innere von
Ameisenhaufen zu gelangen.
Der Saftlecker-Specht in Nordamerika dagegen kommt einfacher zu
seiner Beute. Die Spechte hacken solange Löcher in die Bäume, bis
durch die Verletzung des unter der Rinde liegenden, saftführenden
Bastes Flüssigkeit austritt. Die Spechte warten ein wenig und lecken
dann den zuckerhaltigen und klebrigen Saft auf, der sich mittlerweile
mit Insekten wie Fliegen und Mücken angereichert hat.
Im Wasser spielen Insekten ebenfalls eine zentrale Rolle. Bis zu 90
Prozent besteht die Nahrung von Süsswasserfischen aus )nsekten.47
Das gilt selbst für räuberische Arten wie Forelle, Lachs und Barsch,
die sich als ausgewachsene Tiere von Fischen ernähren. In den ersten
Monaten nehmen sie neben Zooplankton fast ausschliesslich Insektenlarven der Zuckermücken, Eintagsfliegen und Köcherfliegen zu
sich.48 Die Abbildungen 5a und 5b illustrieren die Nahrungspräferenzen von Fischen in Abhängigkeit ihrer Grösse.49 Das Beispiel der
Lachsart Lavaret zeigt, dass Fische auch zu einem späteren Zeitpunkt
ihrer Entwicklung zu Insektenliebhabern werden.
Allein für die USA wurde errechnet, dass der ökonomische Wert
der Insekten für die Fischerei mindestens 224 Millionen US-Dollar
beträgt. So hoch ist der Umsatz, der mit den gefangenen Süsswasserfischen pro Jahr erzielt wird.50
23
1 Insekten als Nützlinge
Amphibien verbringen ihr Larvenstadium im Wasser, wo sie sich
hauptsächlich von Insektenlarven ernähren. Der in ganz Europa
endemische Feuersalamander ernährt sich z.B. zu einem Drittel von
Insekten.51 Der Alpensalamander jagt sogar bis zu einer Höhe von
2.500 Metern Ameisen.52 Dabei können Amphibien selbst zum Opfer
von )nsekten werden. So greifen Larven von Grosslibellen, Köcherfliegen und anderen grossen Insekten die Larven von Fröschen an.53 Die
überlebenden Frösche ernähren sich später als ausgewachsene Tiere
fast nur von Insekten.54 Sie sind dabei nicht wählerisch. Seefrösche
ernähren sich z.B. innerhalb eines Tages von diversen Zweiflüglern
(Dipteren sowie von Laufkäfern, Ameisen, Rüsselkäfern, Maikäfern,
Hornissen und Spinnen. Biologen beobachteten sogar, wie ein Frosch
nacheinander 19 grosse Mehlkäferlarven vertilgte.55 Laubfrösche
fressen zusätzlich Wespen und Bienen sowie Ameisen.56 Im Kothaufen eines Laubfrosches wurden einmal 117 Ameisenköpfe gezählt.57
Schliesslich ernähren sich auch viele Säugetiere von Insekten, wie
z.B. Igel, Maulwürfe und Spitzmäuse, die als „Insektenfresser“ in
einer eigenen Ordnung zusammengefasst sind. So besteht z.B. die
Nahrung von Maulwürfen in regenwurmschwachen Gebieten wie
Kiefernwäldern aus bis zu 90 Prozent Insektenlarven von Käfern wie
Bockkäfern oder Zweiflüglern wie Schnaken und Fiebermücken.58 Da
der tägliche Nahrungsbedarf eines ausgewachsenen Maulwurfes ca.
50 Gramm Biomasse beträgt, verzehrt das Tier dort mehrere 10.000
Insekten pro Tag.59
Europäische Fledermäuse ernähren sich ausschliesslich von Insekten, Spinnen und anderen Arthropoden. Sie benötigen täglich
zwischen 20 und 30 Prozent ihres Körpergewichts an Nahrung, was
bei der Grossen Hufeisennase bis zu 5.000 ausgewachsenen Mücken
entspricht.60 Die Fledermäuse jagen ihre Beute nachts in einer Höhe
von 0,5 bis acht Metern und ernähren sich fast ausschliesslich von
Zweiflüglern Diptera) wie Fliegen und Mücken, Schmetterlingen
(Lepidoptera , Netzflüglern Neuroptera wie Florfliegen und Ameisenjungfern sowie von Staubläusen (Psocoptera).61
24
1.4 Insekten verbinden die Nahrungskette
A: Lota lota.
Wahrscheinlichkeit (%) der Nahrungsaufnahme
100
Insektenlarven
Fisch
75
50
25
0
140
150
160
170
180
190
200
210
220
230
240
250
260
270
Länge (mm)
a: Die Quappe (Lota lota)
Wahrscheinlichkeit (%) der Nahrungsaufnahme
100
Insektenlarven
Plankton
Weichtiere
75
50
25
0
120
140
160
180
200
220
240
260
280
300
320
340
Länge (mm)
b: Der Lavaret (Coregonus Lavaretus)
Abb. 5a und 5b: Anteil unterschiedlicher Nahrung von Fischen in Abhängigkeit von der
Körpergrösse.
(Quelle: Capinera, J. L.
: )nsects and Wildlife. Arthropods and their Relationships with Wild
Vertebrate Animals. Oxford: Wiley-Blackwell, S. 152 ff.)
25
1 Insekten als Nützlinge
1.5 Insekten bilden das wichtigste
Element der Ernährung
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten
Nationen (FAO) forscht bereits seit 2003 zur Ernährung mit Insekten. 62 Sie beschreibt die Insekten in ihrem Gutachten von 2013 als
einen wesentlichen Beitrag zur weltweiten Nahrungssicherung, zur
Einkommenssicherung vor allem in den Entwicklungsländern sowie
zur Verbesserung der allgemeinen Umweltsituation.63
1.5.1 Insekten als Lebensmittel
Im Vergleich zum Fleisch anderer Tiere belasten Insekten die Umwelt
weniger. Ihre Produktion benötigt weniger Futtermittel und stösst
weniger klimaschädliche Gase aus. Die FAO hat beispielsweise
errechnet, dass Insekten aus zwei Kilo Futter ein Kilo Insektenmasse
generieren, Rinder dagegen benötigen achtmal so viel. Schweine
verursachen zehn- bis hundertmal mehr Treibhausgase als Mehlwürmer. Insekten brauchen viel weniger Wasser und lassen sich
effizienter züchten. Daher kann )nsektenzucht zur Einkommensquelle für ärmere Menschen werden, auch in trockeneren Regionen.
Die Tiere sind damit von entwicklungspolitischem Interesse.
Insekten gelten als sehr gesunde Nahrungsmittel. Sie sind reich an
Proteinen, Vitaminen und Nährstoffen und beinhalten viele Ballaststoffe und Mikronährstoffe, wie z.B. Eisen und Magnesium, und sehr
wenig Fett.64 So haben z.B. Mehlwürmer oder Grüne Ameisen pro 100
Gramm zwischen 200 bis 1.200 Kalorien, viele andere essbare Insekten bestehen zu 20 bis 75 Prozent aus Protein.65 Je nach Insektenart
können 100 Gramm den Tagesbedarf eines 25 Jahre alten Mannes
teilweise decken: Kalium 25 Prozent, Natrium 65 Prozent, Calcium 15
Prozent, Phosphor 80 Prozent und Magnesium 35 Prozent.66 Zudem
konnten die Vitamine A, B1, B2 und E bei zahlreichen Insekten nachgewiesen werden.
Im direkten Vergleich zwischen bereits heute industriell gezüchteten
Mehlwürmern und Rindern schneiden die )nsekten als effizientere
Nahrungsalternative ab: Rindfleisch beinhaltet zwar zehn Prozent
26
1.5 Insekten bilden das wichtigste Element der Ernährung
mehr Protein, aber auch 20 Prozent mehr Fett. Mehlwürmer dagegen sind reicher an Vitaminen und Mineralien wie Kupfer, Sodium,
Kalium, Eisen und Zink.67
Bereits seit über 2.000 Jahren dienen Insekten als Lebensmittel.
Mehr als 1.900 unterschiedliche Insekten werden heute in Südasien,
Südamerika und Afrika von rund zwei Milliarden Menschen verzehrt.
Essbare )nsekten finden sich dabei auch in Europa, so z.B. in Frankreich, Italien und Spanien.68
1.5.2 Insekten als Futtermittel
Die Welternährungsorganisation FAO hat errechnet, dass die
Menschheit im Jahr 2050 etwa 70 Prozent mehr Lebensmittel als
heute nachfragen wird.69 Das erfordert gleichzeitig ein grösseres
Angebot an Fleisch, Geflügel und Fisch. Die Zuchtbetriebe brauchen
mehr Futtermittel, also mehr Getreide, Fischmehl, Fischöl und Sojabohnen. Diese werden jedoch immer knapper, weshalb die Preise
steigen. Bereits heute verursacht das Futtermittel 60 bis 70 Prozent
der gesamten Herstellkosten. In den letzten zehn Jahren verdoppelten sich die weltweiten Preise für Getreide und Fischmehl. Der
internationale Grosshandelspreis für das wichtige Basisprodukt
Fischmehl ist in den letzten zehn Jahren um 250 Prozent auf 1.764
US-Dollar pro Tonne gestiegen.70
Die FAO rechnet mit einem weiteren Anstieg der Preise. Entsprechend
dringend ist die Suche nach Alternativen. Insekten können dabei eine
wesentliche Rolle als Futterersatz oder -ergänzung für Fische und
andere Tiere übernehmen. Studien konnten nachweisen, dass z.B.
Seidenwürmer (Anaphe panda), Mehlwürmer (Tenebrio molitor) und
Heuschrecken (z.B. Oxya fuscovittata und Acrida exaltata) Futtermittel wie Fischmehl und Sojabohnen ersetzen können.71
Besonders in der Geflügelwirtschaft werden (euschrecken z.B.
Grillen), Schaben, Käfer, Fliegen und viele weitere Insekten der Tiernahrung beigemischt. In Afrika und vor allem in Asien sind die Larven
der gewöhnlichen Stubenfliege Musca domestica) weit verbreitet:
Diese bestehen aus 54 Prozent reinem Protein und können so bei der
27
1 Insekten als Nützlinge
Zucht von Hühnern das teure Fischfutter ersetzen. Studien konnten
nachweisen, dass die Fütterung mit Larven die Fleischqualität und
das Wachstum der Hühner um bis zu 15 Prozent steigern72 und den
Einsatz von Medikamenten reduzieren konnte.73
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet damit, dass der Konsum von Fisch den von
Fleisch und Geflügel – ausser in Afrika – sogar übersteigen wird. Dieser
Entwicklung steht die begrenzte Fangmenge in natürlichen Gewässern
entgegen. Der kritische Mindestbestand an Fisch für eine Regenerierung ist heute bereits erreicht. Die jährliche Fangmenge bewegt sich
seit den 1990er Jahren konstant auf einem Niveau zwischen 85 und 90
Millionen Tonnen. Die OECD prognostiziert einen leichten Anstieg bis
zum Jahr 2022 auf 95 Millionen Tonnen.74
Insekten kommt für die weltweite Fischversorgung eine Schlüsselrolle
zu. Meerestiere bevorzugen in natürlicher Umgebung Insekten und
andere Arthropoden als Nahrung. Vor allem Larven, Wanzen und Flöhe
sowie Würmer stehen auf dem Speiseplan. Insekten spielen aber eine
noch grössere Rolle in der wachsenden Aquakultur (vgl. Abbildung
6). Diese kontrollierte Aufzucht von Fischen, Muscheln, Krebsen und
anderen aquatischen Tieren in künstlich angelegten Gewässern konnte sich aufgrund der gesetzlichen Verbote für eine Vergrösserung der
Fangmengen seit den 1980er Jahren stark entwickeln. In den letzten
30 Jahren wuchs sie durchschnittlich um rund acht Prozent.75
Während man Anfang der 1990er Jahre 17 Millionen Tonnen in Aquakultur züchtete, waren es im Jahr 2000 bereits 32 und 2012 etwa 63
Millionen Tonnen, davon allein über 80 Prozent in Asien. Die OECD
rechnet für das Jahr 2022 mit ca. 81 Millionen Tonnen. Das entspricht
dann der Hälfte des gesamten Fischverbrauchs, den man auf 161
Millionen Tonnen schätzt. Bereits heute liegt der Anteil von gezüchtetem Fisch bei über 40 Prozent.76 Die OECD erklärt die Aquakultur
deshalb zu einer wesentlichen Quelle für die menschliche Ernährung.77
Aufgrund ihres hohen Nährwertes und der relativ billigen Beschaffung sind Insekten in der Aquakultur als Futtermittel beliebt. Um sie
anzulocken, hängt man z.B. Lampen über Gewässern auf.78
28
1.5 Insekten bilden das wichtigste Element der Ernährung
Abb. 6: Die Aquakultur ist eine wichtige Quelle für die menschliche Ernährung.
Bild: CC by )vanWalsh.com
Abb. 7: Mediales Aufsehen in Thailand: Die Wespe Anagyrus lopezi soll die landwirtschaftlich desaströse Maniokschmierlaus in Zaum halten.
Bild: CC by C)AT, flickr.com
29
1 Insekten als Nützlinge
1.6 Insekten helfen wesentlich bei der
Hygiene
Was passiert mit den Kuhfladen auf unseren Weiden? )nsekten, die
sich von Kot ernähren und sich so um die Misthaufen kümmern, nennt
man Koprophagen. Die einen legen ihre Eier direkt in den Kot und
leben dort, andere graben bis zu zehn Zentimeter tiefe Stollen und
ziehen mit dem Kot dort ein. Blatthornkäfer (Scarabaeidae) bringen
ihn viele Meter weit weg, um ihn geschützt vor Konkurrenten in Ruhe
zu verwerten.
Doch selbst für auf Kot spezialisierte Insekten kam die Einführung
der Landwirtschaft im 18. Jahrhundert zu schnell: Grosse Probleme
entstanden, weil sich der Import von Nutztieren und die Viehzucht
schneller als die Insekten entwickelten und damit auch die Misthaufen. So brauchte z.B. Australien ein amtliches «Misthaufen Käfer
Projekt», um
unterschiedliche, auf Kuhfladen spezialisierte )nsekten aus Südafrika, Europa und Hawaii zu importieren und damit der
Lage wieder Herr zu werden.79
Christopher O’Toole berechnete Ende der 1990er Jahre, dass in Australien jedes Jahr ohne Insekten Misthaufen in der Grösse von 1,2
Millionen Quadratkilometern entstehen würden.80 Pro Tag kann eine
Kuh ein Dutzend Kuhfladen produzieren, was einem Gewicht von
knapp 5.000 Kilogramm pro Jahr entsprechen würde.81 Wie würde
unsere Welt aussehen, wenn wir keine Koprophagen hätten? Und wie
viel Geld würde die Entfernung und Entsorgung dieses Sondermülls
kosten?
Mücken und Fliegen reinigen unser Wasser. Die weit verbreiteten
Stechmücken aus der Familie Culicidae brauchen für ihre Entwicklung feuchte Gebiete. Die Larven filtern Nahrungspartikel aus dem
Wasser und tragen dadurch erheblich zur Verbesserung der Gewässerqualität bei.82
Die Larven von Eintagsfliegen der Gattung Hexagenia kümmern sich
um die Bodenbeschaffenheit in Gewässern: Sie graben grössere Gänge,
bringen dabei verseuchtes Material und Wasser in den Boden und
30
1.7 Insekten wirken als preiswerte Biozid-Alternativen
unterirdisches, gereinigtes Material nach oben. Mit der Durchmischung
bauen sie Giftstoffe ab und verbessern so die Wasserqualität.83
Auch Sondermüll ist kein Problem für Insekten. Die Larven der
schwarzen Soldatenfliege (Hermetia illucens), die wegen ihres hohen
Calciumgehaltes als wertvolle Nahrung gelten, bauen sensible Stoffe
wie Nitrogen (über 70 Prozent), Phosphor (52 Prozent) und andere Stoffe wie Aluminium, Chrom und Blei bis zu 93 Prozent ab und
wandeln diese sogar in eine hochwertige Biomasse um.84
Schmeissfliegen verfügen wie nur wenige Insekten über das Enzym
Kollagenase, mit dem sie auch die hartnäckigsten Stoffe abbauen
können. Kleidermotten, Pelz- und Speckkäfer bilden das Enzym Keratinase, das Proteine wie Haut, Haare und Nägel zersetzt.85
1.7 Insekten wirken als preiswerte
Biozid-Alternativen
Insekten können sehr gut für die Insektenbekämpfung eingesetzt
werden (vgl. Abbildung 7). Das wussten bereits vor über 2.000 Jahren
die Landwirte in China.86 Sie hängten Nester von Weberameisen
der Art Oecophylla smaragdina in ihre Zitrusbäume, um pflanzenfressende Insekten, wie z.B. die Schildwanze, fernzuhalten oder zu
bekämpfen. Die Weberameisen sind besonders gute Abwehrspezialisten: Mit über 30 nervenwirksamen Stoffen verfügen sie über sehr
spezielle Alarmpheromone und reagieren mit besonderer Wachsamkeit und erhöhter Beissbereitschaft.
Aufgrund der natürlichen Abhängigkeiten in einem Ökosystem werden
Insekten in der Regel erst dann zur Plage, wenn von aussen eingegriffen wird oder fremde Insekten eindringen. Gebietsfremde Insekten
können mit ihren natürlichen Feinden bekämpft werden, die man
zuvor aus dem ursprünglichen Verbreitungsgebiet importiert. Diese
Art der biologischen Insektenbekämpfung wurde erstmals über eine
grössere Distanz im Jahr 1762 angewendet. Damals führte man für
die Bekämpfung von Heuschrecken auf Mauritius den Sperlingsvogel
Hirtenstar bzw. Hirtenmaina aus Indien ein.87
31
1 Insekten als Nützlinge
Über Kontinente hinweg transportierte man Insekten zur Schädlingsbekämpfung erstmals am Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahr
1885 entwickelte sich die knapp 20 Jahre vorher aus Australien
eingeschleppte Wollschildlaus (Icerya purchasi) zur ernsthaften
Bedrohung des gesamten Zitrusfrüchte-Anbaus in den USA. In Australien suchte man natürliche Feinde der Laus und fand schliesslich
mit dem Marienkäfer Rodolia cardinalis ein geeignetes Insekt. Man
importierte einige Tiere, die sich schnell auf schildlausinfizierten
Bäumen ausbreiteten. Betroffene Zitrusbauern nutzten die Käfer im
ganzen Land. Innerhalb eines Jahres war die Branche gerettet, der
Ertrag der Früchte stieg von 700 auf 2.000 Güterwaggons.88
Ein aussergewöhnliches Beispiel aus der Gegenwart ist die Bekämpfung der Maniokschmierlaus (Phenacoccus manihoti) in Afrika.89
Im Jahr 1973 wurde die Schmierlaus unbemerkt auf Maniokstecklingen aus Südamerika nach Zaire eingeführt. Die Laus, die sich pro
Jahr bis zu 300 Kilometer weit ausbreitet, wurde schnell zum existenziellen Problem in Zaire. Sie zerstörte 80 Prozent der Ernte der
Maniokpflanze, die südlich der Sahara als (auptnahrungsmittel
dient. Eine landesweite (ungersnot drohte. Der grossflächige Einsatz
von Insektiziden in Zaire und den Nachbarländern verschlimmerte
das Problem: Die hohe Toxizität des Wirkstoffes Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) sowie die unsachgemässe Anwendung führten zu
zahlreichen Vergiftungsfällen und zu lokalen Umweltzerstörungen.
Es hätte zu lange gedauert Manioksorten zu züchten, die gegen die
Schmierlaus resistent sind. Als Ausweg kam ausschliesslich die biologische Bekämpfung infrage, für die der Insektenforscher Hans Rudolf
Herren gewonnen werden konnte. Nach einer zweijährigen Suche in
Südamerika fand Herren in Paraguay die schädliche Schmierlaus und
damit auch ihre natürlichen Feinde. Untersuchungen von über zwölf
endemischen Marienkäfern und Schlupfwespen, die als mögliche
Feinde erschienen, ergaben, dass am besten die Schlupfwespe Anagyrus lopezi zur Bekämpfung geeignet sei. Herren importierte das Insekt
und vermehrte es in Gewächshäusern. Von 1982 bis 1992 setzte er in
30 afrikanischen Ländern rund 1,6 Millionen Schlupfwespen frei.
Das Maniokprogramm von Hans Herren «bewahrte damit 200
Millionen Menschen ihre wichtigste Nahrungsquelle. Indem die sich
anbahnende Hungersnot abgewendet werden konnte, dürfte das
32
1.7 Insekten wirken als preiswerte Biozid-Alternativen
Leben von 20 Millionen Menschen gerettet worden sein. Das bisher
grösste Programm einer biologischen Schädlingsbekämpfung hat mit
einem verhältnismässig bescheidenen Aufwand von 20 Millionen
Dollar der afrikanischen Landwirtschaft laut Schätzung der Beratungsgruppe für internationale Agrarforschung CGIAR einen Nutzen
von
Milliarden Dollar gebracht – eine Bilanz, die im Pflanzenschutzgeschäft einmalig sein dürfte.»90
Der biologische Pflanzenschutz kennt keine Resistenzen, ist preiswert
und ökologisch gut verträglich. In den USA sind zu Forschungs- und
Bekämpfungszwecken mittlerweile über 2.300 Arten eingeführt
worden.91 Auch in Europa gewinnt diese Art der natürlichen Insektenbekämpfung immer mehr an Bedeutung. Wurde Anfang der 1980er
Jahre in Deutschland praktisch überhaupt keine biologische Insektenbekämpfung praktiziert, so kommt sie heute in Gewächshäusern auf
annährend
Prozent der Anbaufläche für Tomaten, Gurken, Bohnen
und Salat, bei 20 Prozent des Schnittblumen- sowie 70 Prozent des
Topfblumenanbaus zur Anwendung. Bei Freiflächen ist der Anteil
deutlich geringer, er beträgt jedoch z.B. bei Mais oder Kernobst ca.
30 Prozent.92 Während der Markt Anfang der 1980er Jahre nur drei
Nützlingsarten anbot, werden heute über 50 Insekten speziell zur
Insektenbekämpfung gezüchtet und gewerblich vertrieben.93 Die in
Deutschland am stärksten verbreiteten Nützlinge sind die Hainschwebfliege Episyrphus balteatus), die Gallmücke Aphidoletes aphidimyza,
der heimische Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella septempunctata),
die Grüne Florfliege Chrysoperla carnea) und Schlupf-, Brack- und
Erzwespen wie z.B. der Gattung Trichogramma.
Neben dem Pflanzenschutz nutzt man )nsekten weltweit verstärkt
für den Vorratsschutz. So lässt sich z.B. die Plattwespe Laelius pedatus
gegen die weltweit verbreiteten Speckkäfer einsetzen. In tropischen
Regionen vernichtet der Khaprakäfer (Trogoderma granarium) bis zu
20 Prozent der Nahrungsvorräte. Die Larven sind besonders widerstandsfähig gegen tiefe Temperaturen und Trockenheit und immer
häufiger resistent gegen )nsektizide. Für die Bekämpfung kommt
erschwerend hinzu, dass sich die Larven bei günstigen Bedingungen
bis zu vier Jahre im Ruhestadium befinden können. )n Europa kommt
vermehrt der Kabinett- oder Museumskäfer (Anthrenus museorum)
vor, der in Haushalten und Betrieben Wollerzeugnisse aller Art befällt.94
33
1 Insekten als Nützlinge
Obwohl Schlupfwespen sehr klein sind, können sie mehrere Zentimeter grosse Raupen bekämpfen. Die vier Millimeter grosse
Schlupfwespe Habrobracon hebetor sticht z.B. die 2,5 Zentimeter
grosse Mehlmottenlarve, lähmt sie damit und legt ihre Eier an die
Aussenhaut. Die schlüpfenden Wespenlarven saugen die Mottenlarve aus und verpuppen sich zu Adulten. Die nur 0,4 Millimeter grosse
Schlupfwespe Trichogramma evanescens lässt die Entwicklung von
Mottenlarven gar nicht erst zu. Sie legt ihre Eier mittels eines Stiches
direkt in die Motteneier. In Europa werden diese beiden zusammen
mit den auf Käfer spezialisierten Lagererzwespen Anisopteromalus
calandrae und Lariophagus distinguendus industriell gezüchtet und
sehr erfolgreich für den Vorratsschutz eingesetzt.95
Lassen sich gegen Unkräuter keine Herbizide spritzen, weil auf den
Flächen z.B. Tiere weiden, können den Dienst auch Insekten übernehmen. Ein prominentes Beispiel ist die Bekämpfung von Johanniskraut
in den 1940er Jahren in den USA.96 Etwa 8.000 Quadratkilometer
hochwertiges Weideland waren mit dem Unkraut bedeckt. Die Tiere
verendeten, weil die Blätter des Johanniskrautes das Gift Hypericin enthalten. Es war bekannt, dass sich der australische Blattkäfer
Chrysolina quadrigemina ausschliesslich von dieser Pflanze ernährt.
Deshalb importierte man 5.000 Käfer aus Australien, die sich schnell
vermehrten und die gesamte Fläche unkrautfrei machten. Mit der
Investition von einigen Tausend Dollar konnte das Land gerettet und
wieder Viehzucht betrieben werden.
Insekten können auch präventiv andere Insekten bekämpfen bzw.
fernhalten. Spezialisierte Käfer und Fliegen, die sich prioritär von
Misthaufen ernähren und damit diese sehr effizient «entsorgen»,
halten andere Insekten fern, die diese Biomasse nicht so schnell
verarbeiten. So z.B. die schwarze Soldatenfliege Hermetia illucens):
Sie frisst Misthaufen so schnell auf, dass 94 bis 100 Prozent weniger
normale Fliegen hinzukamen als bei einem Zersetzungsprozess ohne
die Soldatenfliege.97
Wenige gezüchtete Insekten können viele natürliche Insekten
bekämpfen. Eine bekannte Methode ist, sterile Männchen in die
Natur zu entlassen, damit sie sich mit natürlichen Weibchen paaren.
Die Weibchen können sich nicht vermehren, wodurch sich die gesam34
1.7 Insekten wirken als preiswerte Biozid-Alternativen
te Brut reduziert oder eingeht. So konnten z.B. grosse Schäden in
den USA und in Mittelamerika abgewendet werden, die durch die
Neuwelt-Schraubenwurmfliege Cochliomyia hominivorax) und die
Mittelmeerfruchtfliege Ceratitis capitata) drohten.98
Der anthropogene Einsatz gebietsfremder Insekten zur Bekämpfung
anderer exotischer )nsekten oder fremder Pflanzenkulturen ist aber
auch immer ein Eingriff in ein gewachsenes Biotop. Die eingesetzten
biologischen Gegenspieler sollen idealerweise zunächst die Zielorganismen und danach am besten sich selber eliminieren. Überlebt jedoch
der eingesetzte Parasit, so sucht er sich andere Nahrungsquellen und
verursacht damit ein neues ökologisches Ungleichgewicht. Aufgrund
zunächst fehlender Feinde kann er sich dabei schnell entwickeln und
entsprechend grosse Schäden anrichten.
In den 1950er Jahren importierte die Vereinigung der Zuckeranbauer auf Hawaii regelmässig Schlupfwespen (Ichneumonidae)
aus China und den USA. Die Wespen sollten Schmetterlingslarven
zurückdrängen, die die Zuckerrohrpflanzen zerstörten. Sie waren
erfolgreich, siedelten sich dann aber dauerhaft an und dezimierten
weitere Insektenarten. Eine Studie aus den Jahren 1999 und 2000
zeigte, dass rund acht Prozent der über 2.000 gesammelten Schmetterlinge von den parasitischen Wespen befallen waren, die 50 Jahre
vorher eingeführt wurden.99 Die natürlichen Gegenspieler werden
heute als Hauptgrund dafür gesehen, dass die Anzahl und die Populationen der Schmetterlingsarten auf der ganzen Insel dramatisch
zurückgegangen sind. Mit der Reduktion der Insekten ist auch ein
Rückgang der Vögel zu verzeichnen, die sich von Schmetterlingslarven ernähren sowie der Hawaiianischen Weissgrauen Fledermaus,
die bevorzugt von adulten Motten lebt.100
Noch länger als die Wespen hat sich die Raupenfliege Compsilura
concinnata in den USA etabliert. Die im Jahr 1868 aus Europa nach
Boston eingeschleppte Schmetterlingsart des Schwammspinners
(Lymantria dispar) schädigte die Wälder in Neuengland. Als auch gross
angelegte Einsammelaktionen der Insekteneier sowie der Einsatz
von Insektiziden nichts halfen, entschied die Landwirtschaftsbehörde im Jahr 1905, natürliche Feinde des Baumschädlings aus seiner
(eimat zu importieren. Die Raupenfliege war dafür bekannt, dass
35
1 Insekten als Nützlinge
sie besonders auf den Nachtfalter spezialisiert sei und diesen erfolgreich bekämpfen könne. In den USA fühlte sich die Fliege aber wohler
als gedacht. Neben den Baumschädlingen interessierte sie sich auch
für viele andere Schmetterlingsarten und reduzierte deswegen die
Spinnerbestände weniger intensiv. Obwohl neben der Raupenfliege
noch weitere neun parasitäre Insekten eingeführt wurden, breitete sich der Schwammspinner weiter in den Süden und den mittleren
Westen der Vereinigten Staaten aus und ist bis heute ein bedeutender
Pflanzenschädling vgl. Abbildungen und . Die jährlichen Schäden
werden auf weit über 100 Millionen US-Dollar geschätzt.101 Es gibt
weiterhin keine sichere Bekämpfungsmethode.102 Auch die Raupenfliege fühlt sich bis heute in ihrer neuen Umgebung wohl. Sie ernährt
sich von mehr als 180 Schmetterlingsarten und wird für den Rückgang
zahlreicher, nicht pflanzenschädigender Schmetterlingsarten mitverantwortlich gemacht.103
Die Zusammenhänge im biologischen Pflanzenschutz können ebenfalls komplex sein. Seit den 1970er Jahren wachsen in Nordamerika
zwei Flockenblumenarten (Centaurea maculosa und Centaurea diffusa), welche die Landwirtschaft schädigen. Allein im Bundesstaat
Montana waren ca. 80.000 Quadratkilometer mit dem aus Europa
stammenden Unkraut befallen.104 Zur Bekämpfung wurden die
europäischen Fruchtfliegen Urophora quadrifasciata und Urophora
affinis importiert. Die Insekten legten ihre Eier in die Knospen der
Pflanzen, ihre Larven frassen dann die Blütenorgane und drängten
so das Unkraut erfolgreich zurück. Woran man nicht gedacht hatte:
die endemischen Hirschmäuse fanden solchen Gefallen an den ihnen
vorher unbekannten Larven, dass ihre Nahrung nun zwischen 50 und
90 Prozent aus den eingeführten Insekten besteht.105 Aufgrund der
fehlenden Entwicklung der Insekten ist das Unkraut noch heute ein
Problem für die Landwirtschaft. Besorgniserregend ist nun zusätzlich der Anstieg der Mauspopulation: Gegenden mit Fruchtfliegen
verzeichnen eine dreimal höhere Dichte von Hirschmäusen.106 Die
Mäuse können das für den Menschen gefährliche, hoch ansteckende
Hantavirus in sich tragen. In den USA sind seit 1993 über 600 Infektionen mit über 200 Toten gezählt worden.107
Um erfolgreich zu sein, benötigen die biologische Insektenbekämpfung und der biologische Pflanzenschutz umfangreiches
36
1.7 Insekten wirken als preiswerte Biozid-Alternativen
Abb. 8: Entlaubung ganzer Landschaften durch Schwammspinner-Raupen (Pennsylvania, 2007).
Bild: CC . by Dhalusa, Wikimedia
Abb. 9: Die Wespe Aleiodes indiscretus parasitiert eine Schwammspinner-Raupe.
Bild: CC by U.S. Department of Agriculture, flickr.com
37
1 Insekten als Nützlinge
Wissen über die Insekten, die Pflanzen und das gesamte Biotop,
in dem der Einsatz stattfinden soll. Bevor z.B. Hans Herren die in
Südamerika endemische Schlupfwespe Anagyrus lopezi in Afrika zur
gezielten Bekämpfung der Maniokschmierlaus einsetzen konnte,
bedurfte es einer intensiven Vorbereitung. Weil er die Ausbreitung
eines allfällig falschen Parasiten verhindern wollte, führte Herren die
Untersuchungen zur Frage, welches Insekt am besten geeignet sei, in
englischen Treibhäusern durch. Bevor er die ausgewählte Insektenart
importierte, züchtete er zunächst in Quarantäne mehrere Generationen, um die Einschleppung von Krankheiten zu verhindern.108
Der Einsatz von Insekten zur biologischen Kontrolle benötigt viel
Vorarbeit. Wird jedoch der richtige natürliche Gegenspieler gefunden,
ist dessen Einsatz gezielter, wirksamer, preiswerter und umweltverträglicher als der Gebrauch von konventionellen Bioziden.
1.8 Insekten unterstützen Wirtschaft
und Gesellschaft
Mit ihren vielfältigen Eigenschaften können Insekten als Schlüsselelement für unseren ökologischen und wirtschaftlichen Kreislauf
verstanden werden.109 Sie bestäuben nicht nur Pflanzen und bieten
ein überzeugendes Futtermittel für Tiere in der Landwirtschaft. Sie
sind auch direkt für die menschliche Ernährung geeignet. Ihre Zucht
kann in Zukunft die steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln
befriedigen und sich darüber hinaus für die traditionelle Landwirtschaft zu einem grösseren Wirtschaftszweig entwickeln. Die Insekten
schliessen den Stoffkreislauf, indem sie den durch den menschlichen
Konsum entstandenen Abfall verarbeiten und als neue Brutstätten
nutzen.
Insekten fördern auch die Wissenschaft und unterstützen die Textilproduktion. Sie helfen der Medizin, indem sie Heilpflanzen bestäuben,
unser Immunsystem stärken und Wunden heilen. Ausserdem produzieren Insekten Produkte für die Chemie und helfen der Kriminologie,
Verbrechen aufzuklären.
38
1.8 Insekten unterstützen Wirtschaft und Gesellschaft
Wissenschaft
Motten können bis zu 100 mal feiner als wir Menschen riechen, Ameisen können ein Mehrfaches ihres Körpergewichts tragen, Mücken
trotzen mühelos der Kraft von grossen Regentropfen und Käfer
orientieren sich zuverlässig ohne elektronisches Navigationssystem
an den Sternen.110 Die Erforschung der Insekten kann uns Menschen
von grossem Nutzen sein.
Warum leuchten Glühwürmchen? Können wir uns diesen Prozess
zunutze machen? Die Leuchtkäfer der Familie Lampyridae verfügen
über ein spezielles Enzym mit dem ihr Luciferin mittels Sauerstoff in
Licht umgewandelt wird. Amerikanische Forscher versuchen nun, das
Erbgut der Glühwürmchen am Computer nachzustellen, DNA-Stränge
auszudrucken und mittels Lasertechnologie so zurechtzuschneiden,
dass diese in Pflanzen implantiert werden können. Die leuchtenden
Pflanzen sollen dann künstliches Licht einsparen.111
Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten leben in Gemeinschaften mit
bis zu 800.000 Individuen. Aus der Erforschung der sozialen Lebensgewohnheiten dieser Insekten können wir wertvolle Informationen
für ein gutes Miteinander in unserer Gesellschaft generieren.112
Auch als Nutztiere stehen die Insekten der Wissenschaft zur Verfügung. Seit vielen Jahren wird die Taufliege Drosophila melanogaster
für genetische Versuche genutzt. Sie ist aufgrund ihrer Grösse im
Vergleich zu Laborratten und Meerschweinchen viel effizienter
einzusetzen, sie kostet weniger und vermehrt sich schneller.113
Textilproduktion
Ohne Insekten würden wir ziemlich nackt dastehen. Das bezieht sich
nicht allein auf die Seide, die nur von wenigen Insektarten produziert wird. Ohne die aktive Mitwirkung von Insekten könnte auch
die Baumwollpflanze nicht gedeihen. Dasselbe gilt für Lederwaren,
denn die Tiere, aus deren Haut wir das Leder gewinnen, sind auf
Futterpflanzen angewiesen – und diese wiederum auf die Arbeit von
Insekten.114
39
1 Insekten als Nützlinge
Seide ist bereits seit über 5.000 Jahre bekannt, das Geheimnis der
Herstellung wurde jedoch bis 300 Jahre vor Christus streng von den
Chinesen gehütet. Alle Raupen produzieren Seide, aber die Raupe
des Seiden- oder Maulbeerspinners (Bombyx mori) beherrscht diese
Kunst am besten. In einer Minute kann sie bis zu 800 Meter lange
Fäden spinnen, was für sie selbst nichts anderes als das Produzieren von Speichel bedeutet. Seide hat hervorragende Eigenschaften:
Sie isoliert und absorbiert sehr gut, sie ist nicht brennbar und sehr
reissbeständig. Heute werden jährlich über 90.000 Tonnen Seide von
Insekten produziert.115
Medizin
Der Mensch nutzt seit Jahrtausenden natürliche Heilpflanzen
und Heilkräuter. Die Pflanzen werden direkt angewendet oder zu
Nahrungsmitteln oder Medikamenten weiterverarbeitet. Die meisten
gesundheitsfördernden Pflanzen kommen nicht ohne die Bestäubung
durch Insekten aus. Beispiele dafür sind: Baldrian, Lavendel, Melisse,
Eukalyptus, Kamille, Johanniskraut und Salbei.
Für einen Grossteil der Erdbevölkerung sind solche pflanzlichen
Stoffe die einzigen Medikamente. Vor allem in Entwicklungsländern fehlt es oftmals an finanziellen Mitteln für Medikamente und
an einer medizinischen Infrastruktur. In Afrika sind z.B. 80 Prozent
der Menschen auf natürliche Heilpflanzen angewiesen.116 Aber auch
in vielen anderen Ländern nehmen Heilpflanzen und Kräuter einen
hohen Stellenwert ein. So bestehen z.B. in China 30 bis 50 Prozent
der gesamten medizinischen Behandlung aus natürlichen Stoffen.117
Die Nachfrage nach Heilpflanzen wächst aufgrund des Bevölkerungsanstiegs in den Entwicklungs- und Schwellenländern sowie in Japan
und China. Chronische Krankheiten und der Anstieg der Gesundheitskosten motivieren auch immer mehr Menschen in den USA,
Europa und Australien auf die traditionelle Medizin zurückzugreifen,
in deren Zentrum Heilpflanzen stehen. So nutzen z.B. über
Millionen Menschen in Europa heute die traditionelle Medizin. In einzelnen
asiatischen Ländern greifen 86 Prozent der Menschen auf alternative
Heilmethoden zurück, in Kanada sind es 70 Prozent und unter den
HIV-infizierten Menschen weltweit 75 Prozent.118 Der globale Markt
40
1.8 Insekten unterstützen Wirtschaft und Gesellschaft
für (eilpflanzen wächst seit Jahren mit ca. zehn Prozent und beträgt
heute rund 100 Milliarden US-Dollar.119
Neben der Bestäubung von (eilpflanzen unterstützen )nsekten die
Medizin, indem sie unser Immunsystem stärken und Wunden heilen.
So wird das Gift der Honigbienen bereits seit 1930 gegen die Gelenkerkrankung Arthritis eingesetzt. Diese Therapie gilt als vielfach
wirksamer als die Behandlung mit herkömmlichen Medikamenten.120
Schon Ende des 18. Jahrhunderts beobachtete man bei kriegerischen
Auseinandersetzungen, dass mit Fliegenlarven besetzte Wunden
besonders gut heilten. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der
wissenschaftliche Grundstein für die Biochirugie gelegt. Die Larven
verschiedener Aas-, Fleisch- und Schmeissfliegen CalliphoridenArten) ernähren sich von abgestorbenem Gewebe. Da sie gesundes
Gewebe praktisch nicht interessiert, säubern sie die Wunden infektionsfrei. Aufgrund des Auftretens von multiresistenten Keimen, für
die die Medizin keine sichere Behandlung hat, gewann die Madentherapie in den letzten Jahren wieder an Bedeutung. Die Larven der
therapiegeeigneten Goldfliege Lucilia sericata werden heute industriell gezüchtet und weltweit vertrieben.121
Chemie
Pflanzenläuse verursachen beträchtliche Schäden. Die gleichen Läuse
werden jedoch auch wirtschaftlich verwendet: Die Haut der Schmierund Mehlläuse kommt bei der Wachsproduktion zum Einsatz und die
Deckelschildläuse liefern Harz. Besonders bekannt ist die Schildlaus
Laccifer lacca.122 Nach der Paarung bildet sie ein harziges Sekret, das
nichts anderes als Stock- oder Rohlack ist. Nach Mahlung, Waschen
und Filtrieren entsteht der bekannte «Schellack». Die Eigenschaften dieses Stoffes sind hervorragend: sehr gute Haftung an vielen
Oberflächen, gute thermische Plastizität und geringe Empfindlichkeit gegen viele Lösemittel. Zusätzlich ist Schellack im Vergleich zu
synthetischen Harzen biologisch abbaubar. Das Produkt kommt
heute weltweit in vielen Formen zum Isolieren, Vergällen und Versiegeln zum Einsatz: in elektrischen Geräten, Schuhcremes, Haarsprays,
Nagellack, Bodenpolituren, Druckfarben usw. Weltweit produzieren
Schellack-Fabriken jährlich ca. 30.000 Tonnen des vielseitigen Mate41
1 Insekten als Nützlinge
rials. Allein die deutschen Unternehmen fertigen pro Jahr über 3.000
Tonnen Lacke auf Schelllackbasis.123 Für die Herstellung von einem
Kilo benötigt man dabei 300.000 Schildläuse.124
Schildläuse sind ausserdem nützliche Farbproduzenten. Bereits vor
3.000 Jahren handelte man die Schildlaus Kermes vermilio, weil sich
aus ihr ein schöner Rotton produzieren lässt. Ende des 16. Jahrhunderts setzte sich dann die aus Zentral- und Südamerika stammende
Laus Dactylopius coccus durch. Aus ihr gewinnt man bis heute den
besonders intensiven Farbton «Karminrot», hauptsächlich für
Kosmetik und die Lebensmittelindustrie.125
)nsekten produzieren sogar Öl: Die schwarze Soldatenfliege Hermetia illucens) kann Kot in Bio-Diesel umwandeln. Sie legt ihre Larven in
Misthaufen ab, die sich dort ernähren und wachsen. Je nach Mistart –
ob von Schaf, Schwein oder auch Geflügel – ergibt das Fett der Larven
zwischen 36 und 91 Gramm Bio-Diesel pro Kilogramm Mist.126
Kriminologie
Zahlreiche Insekten ernähren sich von totem Fleisch. Zu diesen
nekrophag genannten Arten zählen Fliegen, wie z.B. Schmeiss-,
Stuben- und Fleischfliegen und Käfer, wie z.B. Speckkäfer und Pelzkäfer. Die Insekten bevorzugen dabei unterschiedliche Nahrung und
werden deswegen verschiedenartig angelockt. So ziehen z.B. Gerüche,
die sich direkt nach dem Tod eines Lebewesens durch Gärungsprozesse bilden, Fleischfliegen an. Anschliessend werden Fettsäuren
freigesetzt, die Speckkäfern ein nahes Nahrungsangebot signalisieren. Später werden Käsefliegen, danach Motten und schliesslich
Milben angelockt. Da dieser Prozess in exakter, zeitlich bekannter
Folge abläuft, können Entomologen errechnen, wann der Tod des
Lebewesens eingetreten ist. Diese Form der Beweisführung wird in
der Kriminologie bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts angewendet
und ist heute fest etabliert.
42
2 Insekten als Schädlinge
«Als Schädlinge oder Schadtiere bezeichnet man Organismen,
die das Wohlbefinden, die Leistungsfähigkeit oder die Gesundheit
des Menschen, seiner Haus- und Nutztiere beeinträchtigen, eine
normale Entwicklung der Kulturpflanzen stören, tierische und
pflanzliche Produkte, Erntegut, Vorräte sowie Materialien wertmindern und unbrauchbar machen.»127
Alte Bilder und Texte zeigen, dass sich der Mensch bereits seit 4.000
Jahren gegen Flöhe, Läuse, Mücken, Wespen und andere Insekten
wehrt. In China wurden in über 3.500 Jahre alten Gräbern Reiskäfer
sowie Tabak- und Brotkäfer gefunden. Griechen berichteten schon
vor über 2.500 Jahren von durch Fliegen ausgelösten Seuchen und
Römer von schmerzenden Mückenstichen. Erbsenkäfer vernichteten
Bohnen und Erbsen, Getreidewürmer das Korn und Kleidermotten
frassen schon damals Löcher in Kleidungsstücke.128
2.1 Insekten gefährden Menschen
Die Schäden, die Insekten dem Menschen zufügen, sind vielfältig. Sie
reichen von leichten Beeinträchtigungen wie z.B. Geruchsbelästigung
durch Schaben oder Geräuschen, die Mücken und Fliegen verursachen über schmerzhafte Stiche von Wespen bis hin zu schweren
Erkrankungen, die auch tödlich enden können. Sehr wenige Insekten,
wie z.B. die Kopf- und die Kleiderlaus, sind als «ständige Parasiten»129
sogar auf den Menschen oder ein Tier als Wirt angewiesen. Andere
für den Menschen schädliche Arthropoden ernähren sich teilweise
von dessen Blut (wie z.B. Zecken oder Stechmücken).
Infektionskrankheiten entstehen durch die Übertragung von Viren,
also infektiösen Partikeln. Blutsaugende Insekten wie Mücken und
Zecken nehmen durch einen Stich bei Menschen oder Tieren Blut
auf. Trägt der Mensch oder das Tier den Krankheitsvirus in sich, so
gelangt das Virus in das Insekt, das selbst keinen Schaden nimmt.
Beim nächsten Stich eines anderen Menschen oder Tieres überträgt
43
2 Insekten als Schädlinge
das )nsekt mit seinem infizierten Speichel die Viren dem gesunden
Organismus, den dann die Krankheit befällt. Die Insekten selbst sind
also die Träger (Vektoren) und der Mensch oder das Tier der Wirt.
Die Insekten können die Viren zwischen Menschen und zwischen
Menschen und Tieren übertragen.
Am schwersten beeinträchtigen die bekannten Fieberkrankheiten
wie Gelbfieber, Denguefieber und Malaria den Menschen. Sie werden
von Mücken übertragen, die in tropischen und subtropischen
Regionen endemisch sind. Insbesondere in Afrika, aber auch in Asien
und Südamerika erkranken jährlich über 250 Millionen Menschen an
diesen Virusinfektionen, über 700.000 von ihnen sterben.
Die meisten durch Insektenstiche übertragenen Virusinfektionen
wurden am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschrieben. Die Forschung bemühte sich um Impfstoffe und entwickelte
Insektizide zur Bekämpfung der krankheitsübertragenden Tiere.
Durch internationale Anstrengungen gelang es in den 1950er und
1960er Jahren, die Erkrankungen, vor allem in Afrika, zurückzudrängen. In den letzten 30 Jahren ist die Anzahl der Infektionen trotz
Aufklärung und Einsatz von )mpfungen und )nsektenbekämpfungsmitteln wieder gestiegen. Am stärksten breitet sich das Denguefieber
aus, für das es heute noch keinen Impfstoff gibt. Die gemeldeten Fälle
erhöhten sich in den letzten Jahren jeweils um mehr als 25 Prozent.
Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO)
geht davon aus, dass sich jährlich rund
Millionen Menschen infizieren. Auch das West-Nil-Fieber sowie die Japanische Enzephalitis
breiten sich vermehrt aus. Im Kampf gegen Malaria konnten Fortschritte erzielt werden. Die Todesfälle gingen von 2000 bis 2014 um
47 Prozent zurück. Im Jahr 2013 sind jedoch immer noch rund 200
Millionen Menschen an Malaria erkrankt, von denen über 550.000
gestorben sind.130
Neue unbekannte Infektionskrankheiten kommen hinzu. So wurde
z.B. 1994 das Alkhurma-Virus in Saudi Arabien entdeckt, als ein
Mann sich beim Schlachten eines Schafes tödlich infizierte. Das Schaf
trug das Virus in sich, das von der Zecke Ornithodoros savignyi übertragen wird. Die Zecken mögen vor allem Kamele und Schafe, können
aber auch den Menschen stechen. Bis zum Jahr 2009 sind rund 100
44
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Menschen an der Infektion erkrankt, 25 sind verstorben. Obwohl die
Zecke bereits seit langem bekannt ist, wusste die Forschung nichts
von dem Virus und der Gefahr, die von ihr ausgeht.131
Zwar sind heute bereits eine Million Arten bekannt und beschrieben.
Biologen gehen jedoch davon aus, dass die meisten Insekten noch
nicht entdeckt sind, weil sie in den schwer zugänglichen Tropenwäldern leben und dort schwierig zu beobachten sind. Mit jedem Meter,
den wir von der unberührten Natur entdecken, stossen wir auf neue
Arten und damit auf neue Chancen oder Gefahren. In Zukunft werden
neue Viren und Virusüberträger auf uns zukommen.
Schon immer blieben Infektionskrankheiten nicht in einer Region,
sondern vergrösserten ihre Verbreitungsgebiete über Landwege,
später Schiffe und heute vermehrt über Flugzeuge. Da die Reisetätigkeit innerhalb der einzelnen Länder ebenfalls zugenommen hat,
breiten sich die Virusträger und Insekten nach Ankunft in einem
Land immer schneller aus.
So wurden z.B. im Jahr
mit dem West-Nil-Virus infizierte,
ursprünglich nur in Südeuropa und Afrika vorkommende Tigermücken plötzlich in New York City gefunden. Die Insekten dehnten
ihre Lebensräume rasch in ganz Nordamerika aus und sind bis heute
eine ernstzunehmende Gefahr. Allein im Jahr 2014 wurden über
2.000 am West-Nil-Fieber erkrankte Menschen gezählt, von denen 97
starben. Insgesamt kam es zu 41.762 Infektionen mit 1.765 Toten.132
Die gefährlichen Fieberkrankheiten werden in der Regel von Insekten
übertragen, die sich in der Vergangenheit nur in tropischen Regionen
wohl fühlten. Aufgrund gestiegener Temperaturen können sie sich nun
aber auch in nördlicheren Regionen ansiedeln. So haben sich z.B. die
im Jahr 1975 mit Lieferungen von gebrauchten Autoreifen aus Ostasien
nach Rumänien eingeführten Asiatischen Tigermücken (Aedes albopicti) in den letzten Jahrzehnten in Italien, Südfrankreich und Spanien
und seit 2003 auch in der Schweiz ausgebreitet.133
Entscheidend für die Gefährlichkeit der Mücken ist, ob diese einen
Krankheitsvirus in sich tragen. Im Jahr 2010 stellte man erstmals
autochthone Fälle des Denguefiebers in Westeuropa fest. So wurden
45
2 Insekten als Schädlinge
zwei Personen in Südfrankreich, eine in Italien und eine in Kroatien direkt von Mücken infiziert.134 In den Jahren von 2009 bis 2011
sind jährlich über .
mit Denguefieber erkrankte Europäer von
asiatischen Reisen zurückgekehrt.135 Da die Krankheit ohne Mücken
nicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist, konnte sich die Infektion nicht ausbreiten. Die nun im Jahr 2010 festgestellten direkten
Übertragungen zeigen ein ernstes Problem: Das Denguefieber ist in
Europa endgültig angekommen. Die WHO sieht deswegen heute auch
Europa als potentielle Region für einen Ausbruch von Denguefieber
und stuft die Krankheit für weltweit 2,5 Milliarden Menschen als
ernsthafte Gefahr ein.136
Die WHO ist sehr besorgt über die Entwicklung der durch Insekten
hervorgerufenen Krankheiten und beschreibt diese als weltweite
Bedrohung. Entsprechend widmete die Organisation im Jahr 2014
den Weltgesundheitstag den «vector-borne diseases».
2.1.1 Virusübertragende Insekten
Es gibt zahlreiche gefährliche und teilweise lebensbedrohliche
Fieberkrankheiten, die durch wenige Insektenarten übertragen
werden.
Mücken sind die gefährlichsten Insekten. So übertragen z.B. die
Ägyptischen (Aedes aegypti) und die Asiatischen Tigermücken
(Aedes albopictus Dengue-, Chikungunja-, West-Nil- und Gelbfieber.
Die Mücken der Gattung Anopheles verursachen Malaria, die Sandmücken (Phelbotominae) sind Auslöser für Leishmaniose und die
Reisfeldmücken (Culex tritaeniorhynchus infizieren die Menschen
mit der Japanischen Enzephalitis.
Fliegen wie z.B. die Tsetsefliege Glossina) übertragen die Schlafkrankheit. Zecken wie z.B. der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus)
übertragen die Lyme-Borreliose und Zecken wie die Dermacentor
reticulatus sind Verursacher des Omsk-hämorrhagischen Fiebers.
Während Stechmücken überwiegend die tropischen Zonen und
praktisch die gesamte südliche Halbkugel bevölkern, sind Zecken
46
2.1 Insekten gefährden den Menschen
vor allem auf der nördlichen Erdhälfte heimisch. Dabei vermischen
sich zusehends die traditionellen Lebensräume: Tropische Insekten
breiten sich nach Norden und asiatische nach Westen aus.
So hat sich z.B. das Vorläufervirus von der bekannten Frühsommer-Meningoenzephalitis, die durch Schildzecken übertragen wird,
von Ostrussland und Japan über Zentral- und Westeuropa bis England
ausgebereitet.137
Das Problem der vektorübertragenen Krankheiten ist in den letzten
Jahrzehnten zu einem globalen Thema geworden. Kein Land kann
sich sicher vor dem Einschleppen und leider auch nicht mehr vor dem
autochtonen Ausbrechen von Infektionen schützen.
2.1.2 Ursachen und Trends der Virusübertragungen
Warum haben sich die Infektionen und die gefährlichen Insekten
immer weiter ausgebreitet? Nachstehend werden einige Ursachen und
Trends für Virusübertragungen erläutert:
1) Das Ausmass der Insektenpopulation und die damit zusammenhängende (äufigkeit von )nfektionen korrelieren mit dem
Entwicklungsstand einer Region. Je ärmer die Menschen sind, desto
eher sind sie gefährlichen Stechmücken, Fliegen und Zecken ausgeliefert. In den tropischen und subtropischen «Ursprungsregionen»
beschleunigen die ärmlichen Wohn- und Arbeitsverhältnisse die
Entwicklung der Insekten. Eine Virusübertragung von Mensch zu
Mensch durch einen Vektor wird z.B. dadurch begünstigt, dass viele
kleine Hütten oder Wohnungen dicht beieinander liegen und in den
Wohnräumen viele Menschen auf engem Raum leben. Durch die
rasche Vergrösserung der Städte entstehen vermehrt solche armen
Siedlungen, die ideale Nährböden für gefährliche Insekten bieten.
Die ungenügende Kanalisation zieht Fliegen an, die genauso wie
Stechmücken und Zecken Fieberkrankheiten übertragen können. Die
dürftige Müllentsorgung wiederum hinterlässt viele kleine Gegenstände, wie Plastiktüten oder Dosen, die sich mit Wasser füllen und damit
ideale Brutstätten für weitere Mücken bilden. Meist findet die Abfall47
2 Insekten als Schädlinge
entsorgung direkt neben dem Wohnort statt. Stechmücken, die sich
ursprünglich an entfernten Gewässern entwickeln, werden so ungewollt direkt in der menschlichen Umgebung «gezüchtet».
Überall auf der Welt beeinflusst der Mensch die natürlichen
Wasserwege. Sei es, um mittels Staudämmen Wasserreserven anzulegen oder sich zu schützen, oder durch Flussbegradigung Schifffahrt
möglich zu machen, oder mit der Errichtung von kleinen Wasserläufen die Landwirtschaft zu unterstützen. Dort, wo man fliessendes
Wasser verlangsamt oder anhält und so aus tiefen flache Gewässer
entstehen, finden Mücken bessere Brutorte als sonst in der Natur vor.
3) Die globale Erderwärmung begünstigt generell die Entwicklung
der tropischen Stechmücken und Fliegen. Auch die Zecken, die sich
in der Regel nur in flachen Gebieten aufgehalten haben, können sich
nun in höheren Regionen ausbreiten.
4) Das intensive Bevölkerungswachstum im tropischen und subtropischen Bereich hat in den letzten Jahrzehnten die Entwicklung der auf
die Menschen angewiesenen Parasiten gefördert.
5) Mit der steigenden Mobilität werden Krankheiten und Viren sowie
Vektoren national und international verteilt. So finden Parasiten
immer wieder gesunde Menschen für die Virusübertragung vor.
6) Die Steigerung des weltweiten Handels mit Tieren erhöht die
Präsenz von infizierten Tieren, die Wirte für die Übertragung zum
Menschen darstellen. Auch infizierte Zugvögel, die vorher nicht in
gemässigte Regionen vorgedrungen sind, können – begünstigt durch
den Klimawandel – nun an neuen Orten indirekte Überträger von
Krankheiten werden.138
Die genannten Punkte zeigen, warum sich die gefährlichen Insekten in den letzten Jahrzehnten in den tropischen und subtropischen
Regionen gut entwickeln konnten. Zwar wurden internationale
Anstrengungen dagegen unternommen, sie konnten die Verbreitung
aber nicht aufhalten. Die Massnahmen einzelner Länder auf einem
Kontinent reichen aufgrund der grenzübergreifenden Ausbreitung
der Insekten nicht aus. Kontinentale Aktivitäten brauchen jedoch die
48
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Übereinstimmung aller Länder, die nur dann zu erzielen ist, wenn
eine akute Gefahr erkannt wird. Nur konsequente und vor allem
permanente Programme, unabhängig vom jeweiligen Stand der
Insektenpopulation, sind dauerhaft wirksam. Das zeigt die wechselvolle Geschichte des Denguefiebers in Amerika , auf die weiter unten
eingegangen wird.
Wie werden sich die Virusübertragungen sich auf der nördlichen
Halbkugel entwickeln?
1) Gefährliche Krankheiten und die sie übertragenden Insekten werden vermehrt auch ausserhalb der tropischen Regionen
eingeführt. Der internationale Tourismus sowie die weltweiten
Warenbewegungen werden nicht abnehmen. Bereits heute gibt es
virusübertragende Insekten in Europa, wie die Tigermücken zeigen.
Das grössere Problem stellt sicherlich die mögliche Einfuhr von
Insekten dar, die das Virus in sich tragen. Aufgrund der geringen
Grösse und der Beweglichkeit der Insekten wird dieses Problem
nicht zu lösen sein.
2) Voraussetzung für eine dauerhafte Ansiedlung der Insekten ist die
klimatische Anpassung. Die bereits in Europa lebenden Tigermücken
zeigen, dass der allgemeine Temperaturanstieg bereits ausreicht,
damit sich die tropischen Mücken langfristig auch auf der Nordhalbkugel etablieren können.
3) Jede Ausweitung der Zivilisation bedeutet einen Eingriff in die Natur
und damit in den natürlichen Kreislauf und Haushalt. Über Jahrhunderte eingespielte Gleichgewichte werden gestört. Ein Beispiel aus
Nordamerika zeigt mögliche Auswirkungen: Nördlich von New York
City wurden in den 1990er Jahren grosse Wälder abgeholzt, um kleine
Wohnsiedlungen entstehen zu lassen. Raubtiere wie Wölfe und Greifvögel, die grosse, zusammenhängende Wälder brauchen, wanderten
ab. Dafür konnten sich kleine Nagetiere vermehrt ansiedeln und ebenso Hirsche, die nun mehr Lebensraum vorfanden. In ihnen fanden die
Hirschzecken (Ixodes scapularis) geeignete Wirte, sodass sie sich rasch
entwickeln konnten. Seit Jahren hat die Region um Dutchess City die
höchste Anzahl von Zeckenstichen in den USA: Jährlich werden 400
von 100.000 Bewohnern von Lyme-Borreliose befallen.139
49
2 Insekten als Schädlinge
Um das Spektrum aufzuzeigen, welche Schäden Insekten dem
Menschen direkt zufügen können, werden nachstehend wichtige
Krankheiten aufgeführt, die Insekten durch direkte oder indirekte
Übertragung von Bakterien und Viren verbreiten.
2.1.3 Krankheiten, die durch Mücken verursacht
werden
Stechmücken stören uns immer wieder. Fast jeder ist schon einmal
gestochen und entsprechend sensibilisiert worden, wenn die Hausmücke (Culex pipiens) im Zimmer herumschwirrt. Dabei stechen den
Menschen nur die wenigsten Mücken. Viele Insekten ziehen das Blut
von Tieren vor. Die Männchen stechen überhaupt nicht, weil sie sich
– wenn überhaupt – von Nektar ernähren.
Chikungunyaieber
Die Krankheit wurde erstmals 1952 in Tasmanien und Uganda nachgewiesen. Sie ist mit hohem Fieber, schweren Gelenkschmerzen und
einer hohen Berührungsempfindlichkeit verbunden. )n der Regel ist
der Verlauf gutartig, nur wenige Todesfälle sind bekannt.
Das Fieber wird von den Stechmücken Aedes aegypti sowie Aedes albopictus übertragen und kommt vor allem in Asien und Afrika vor. Die
Krankheit breitet sich sehr schnell aus. So haben sich z.B. in Indien im
Jahr 2006 etwa 1,25 Millionen Menschen mit dem Virus angesteckt.
Es gab Regionen, in denen bis zu
Prozent der Bevölkerung infiziert waren.140 Auf den beiden Inseln vor Madagaskar Mauritius und
La Réunion erkrankten im gleichen Jahr über 210.000 Menschen.141
Immer mehr Touristen führen diese Krankheit nach Europa ein. So
breitete sich das Fieber im Jahr 2007 plötzlich in Italien aus, als sich
rund 200 Menschen in einer kleinen Region ansteckten.142 In Deutschland wurden zwischen 2006 und 2013 jährlich zwischen 17 und 53
neue Fälle gemeldet.143
50
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Dengueieber
Das Denguefieber ist sehr gefährlich und weit verbreitet. Es ist mit
grippeähnlichen Symptomen verbunden, in schweren Fällen kommt
es zu inneren Blutungen, Schockzuständen und schliesslich zum Tod.
Das Denguefieber wird von der Aedes aegypti übertragen, die auch
Ägyptische Tigermücke oder Denguemücke genannt wird.
Wahrscheinlich ist das Denguefieber zum ersten Mal im Jahr
auf Martinique ausgebrochen. Sichere Dokumente liegen dagegen für
das Jahr 1780 vor, als in Philadelphia die Krankheit ausbrach und die
konkreten Symptome beschrieben wurden. Das Denguevirus selbst
konnte erst 1944 isoliert und analysiert werden.
Von Afrika aus verbreitete sich das Fieber in der ganzen Welt. Nach
einer grossen Epidemie in Griechenland in den 1930er Jahren, bei der
sich eine Million Menschen infizierten, wurde die Mücke aus Europa
zurückgedrängt. In den letzten Jahren häufen sich aber wieder Fälle
in Europa.
)m
. Jahrhundert verursachte das Denguefieber in Süd- und
Nordamerika mehrere regionale Epidemien. Die Anfang des 20.
Jahrhunderts von einzelnen Ländern lokal ergriffenen Massnahmen
reichten nicht aus, um die virusübertragenden Tigermücken zurückzudrängen. Bei den «The Pan American Health Conferences» konnte
in den 1940er Jahren die Einigung erzielt werden, die Aedes aegypti
systematisch mit dem neu aufgekommenen synthetischen Insektizid DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) in allen Ländern der beiden
Kontinente zu bekämpfen. Bereits in den 1950er Jahren konnte nur
noch von einer Infektion berichtet werden und 1962 galten 18 Länder
als tigermückenfrei.144
Dieser Erfolg verleitete die Staaten zum Schluss, dass keine gemeinsamen und gezielten Eingriffe mehr notwendig seien. Seit den späten
1960er Jahren kamen wieder Krankheitsfälle auf, die als Ergebnis der
reduzierten Massnahmen und der einsetzenden Resistenz der Tigermücken gegen DDT und andere Insektizide gelten. In den 1970er
Jahren wurden rund 120.000 schwere Erkrankungen jährlich gezählt,
in den 1980er Jahren knapp 300.000 und seit den 1990er Jahren über
500.000.145
51
2 Insekten als Schädlinge
Die WHO schätzt, dass die Aedes aegypti jedes Jahr ca. 100 Millionen
Menschen weltweit mit dem Virus des Denguefiebers infiziert.146 Von
den 500.000 Menschen, bei denen die Krankheit ausbricht, sterben
rund 22.000. Gegen die Krankheit gibt es keine Impfmöglichkeit.
Gelbieber
Auch das Gelbfieber wird durch die Stechmücke Aedes aegypti übertragen, die neben dem Namen Denguemücke daher auch den Namen
Gelbfiebermücke trägt. Die Krankheit ist mit Fieber, Übelkeit und
Schmerzen verbunden. In ca. 15 bis 30 Prozent der Fälle endet die
Krankheit tödlich.
Die Gelbfiebermücke ist vorwiegend in tropischen und subtropischen
Regionen heimisch. In Afrika ist sie schon seit Jahrtausenden bekannt.
Durch den vor 500 Jahren aufgekommenen Sklavenhandel verbreitete sich die Mücke in der ganzen Welt, hauptsächlich in Südamerika,
aber auch in Nordamerika und Europa.147 Im 18. und 19. Jahrhundert
starben bei über 100 Epidemien über 10.000 Menschen.
Obwohl bereits seit 50 Jahren sichere Impfmethoden bestehen,
erkranken jedes Jahr rund 200.000 Menschen, von denen 30.000 am
Gelbfieber sterben, davon über
Prozent in Afrika.148 In Europa gab
es in den letzten Jahren keine autochthonen Fälle und in Deutschland
auch keine Fälle von eingeschlepptem Gelbfieber.149
Japanische Enzephalitis
Die Fieberkrankheit, die 1935 erstmals beschrieben wurde, tritt in
Ost- und Südostasien auf. Die Hauptwirte sind Vögel und Schweine,
deren Viren über Stechmücken auf den Menschen übertragen
werden. Hauptüberträger ist die in Asien endemische Reisfeldmücke
Culex tritaeniorhynchus. Die Infektion wird in der Regel von Fieber
und Schmerzen begleitet und führt bei 30 bis 50 Prozent der Fälle
zu langfristigen Störungen des Nervensystems und bei 20 bis zu 30
Prozent der Fälle zum Tod. Vor allem Jugendliche bis 15 Jahre werden
infiziert, ältere Menschen scheinen gegen das Virus resistenter zu
sein. Obwohl Impfmöglichkeiten bestehen, rechnete die WHO 2012
mit 70.000 erkrankten Menschen und über 15.000 Todesfällen.150
52
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Die Krankheit bricht fast ausschliesslich in ländlichen Gegenden aus,
die weit von den Ballungszentren entfernt sind. Man rechnet deswegen damit, dass viele Fälle erst gar nicht bekannt werden und die Zahl
der Erkrankungen höher liegt.151 Für Europa sind keine Fälle bekannt.
Leishmaniose
Die Krankheit wird von Schmetterlingsmücken der Unterfamilie Phlebotominae übertragen. Die Mücken stechen Tiere,
insbesondere Hunde, und Menschen. Es werden drei unterschiedliche Krankheitsformen unterschieden: die kutane (Hautbefall), die
mukotane (Schleimhautbefall) und die viszerale, die die inneren
Organe angreift und tödlich verlaufen kann.
Die auch Sandmücken genannten Insekten kommen vorwiegend in
den Tropen und Subtropen vor. Die WHO hat errechnet, dass ca. zwölf
Millionen Menschen infiziert sind und jedes Jahr ein bis zwei Millionen Ansteckungen dazukommen, von denen ca. 200.000 bis 400.000
viszeral verlaufen. Insgesamt sterben jedes Jahr 20.000 bis 40.000
Menschen an Leishmaniose. Über 90 Prozent der Fälle werden
aus den folgenden Ländern gemeldet: Indien, Bangladesch, Sudan,
Süd-Sudan, Äthiopien und Brasilien.152
Von Afrika aus breitet sich die Sandmücke im gesamten Mittelmeerraum aus. Dort wurden zwischen 2004 und 2008 durchschnittlich
über 85.000 Fälle von Leishmaniose jährlich gezählt.153 Im Zeitraum
von 2005 bis 2013 gab es durchschnittlich pro Jahr in Italien rund
100 und in Spanien rund 200 viszerale und damit potentiell tödlich
verlaufende Leishmaniose-Fälle.154
In Deutschland wurden Anfang der 2000er Jahre zwei autochthone
Fälle bekannt: Bei einem Kind und einem Hund wurde die Krankheit
nachgewiesen, obwohl diese nie im Ausland gewesen sind. Gleichzeitig konnte ein potentieller Vektor in Süddeutschland beobachtet
werden: die Sandmücke Phlebotomus mascittii. Die Mücke hat sich
jedoch nicht ausgebreitet und weitere Fälle sind nicht bekannt
geworden.155
53
2 Insekten als Schädlinge
Malaria
Malaria, auch Sumpfkrankheit genannt, ist bereits seit über .
Jahren in Afrika bekannt. Sie verbreitete sich ostwärts nach Asien
sowie nordwärts nach Europa, wo sie vor allem in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts immer wieder grössere Epidemien verursachte.
Die durch die Anopheles-Mücke übertragene Malaria ist die häufigste
vektorübertragene Krankheit: Im Jahr 2013 waren 200 Millionen
Menschen betroffen. Über 550.000 von ihnen starben.156 Über 90
Prozent der Todesfälle werden in Afrika, der Rest besonders in Südostasien und über zwei Prozent im Iran und Saudi Arabien gezählt.157 In
Europa ist Malaria nicht endemisch. Im Jahr 2011 wurden 69 autochtone Ansteckungen ausschliesslich in Südosteuropa registriert: 65
in Tadschikistan, vier in Aserbaidschan und der Türkei158 und neun
Fälle im Jahr 2012 in Griechenland159. Die europäischen Malariafälle
tauchten ansonsten alle bei Touristen auf, die sich vornehmlich in
Afrika aufgehalten haben. Das Robert Koch-Institut verzeichnete in
den letzten Jahren in Deutschland durchschnittlich 500 Fälle.160
Die Vereinten Nationen kämpfen seit Jahren zusammen mit privaten Organisationen gegen Malaria. Die Massnahmen sind vielfältig:
Aufklärung in den betroffenen Gebieten, Einsatz von )nsektenbekämpfungsmitteln und Behandlung der Erkrankten. Obwohl keine
sicheren Impfmethoden bestehen161 (vgl. Abbildung 10), sind Ansteckungen und insbesondere Todesfälle theoretisch vermeidbar: Durch
Steigerung der Hygiene, Tragen von schützender Kleidung, Verwendung von Repellents und Insektennetzen, Einsatz von Insektiziden
und im Krankheitsfall die frühzeitige Anwendung von Arzneimitteln.
Die Vereinten Nationen haben errechnet, dass pro Jahr rund fünf
Milliarden US-Dollar notwendig sind, um die Länder wirksam vor
Malaria zu schützen. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 2,7 Milliarden
US-Dollar für den Kampf gegen Malaria ausgegeben.162
St. Louis Enzephalitis
Das Virus wurde von Afrika über Brasilien und Argentinien nach
Nordamerika gebracht und dort 1933 entdeckt.163 Diese zurzeit nur
auf die USA beschränkte Fieberkrankheit wird hauptsächlich von
den Culex Mücken übertragen: Culex pipiens, Culex tarsalis und Culex
54
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Abb. 10: An einem Impfstoff gegen Malaria wird noch geforscht.
(Bild: © Ventures Africa)
Abb. 11: Das Gift in den Haaren der Eichenprozessionsspinner-Raupe kann Dermatitis
und Asthma auslösen.
Bild: CC by Andreas März, flickr.com
55
2 Insekten als Schädlinge
quinquefasciatus. Die St. Louis Enzephalitis ist mit hohem Fieber und
Schmerzen verbunden und führt bei fünf bis 30 Prozent der Fälle zum
Tod. In den USA sind in den letzten 40 Jahren über 5.000 Menschen
infiziert gewesen, von denen rund
starben.164
West-Nil-Fieber
Das West-Nil-Fieber wurde erstmals 1937 im West-Nil-Distrikt in
Uganda bei einem Menschen festgestellt. Es wird nicht nur von der
Asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus), sondern auch von der
weit verbreiteten und in Europa und Amerika heimischen Stechmücke Culex pipiens übertragen. Betroffene zeigen grippeähnliche
Symptome. Die Krankheit führt in schweren Fällen zu Hirnhautentzündungen und sogar in drei bis 20 Prozent der Fälle zum Tod. Eine
Impfmöglichkeit besteht nicht.
Nach der Entdeckung wurden zunächst nur einzelne Fälle bekannt,
bis 1997 plötzlich mehrere Menschen in Israel am West-Nil-Fieber
erkrankten. Von dort aus gelangten virustragende Insekten nach
Nordamerika und auch nach Süd- und Osteuropa, wo sich ebenfalls
die Fälle mehrten. Im Jahr 2010 wurden im Europäischen Wirtschaftsraum insgesamt 200 autochthone Fälle bestätigt, davon in
Griechenland 121, Rumänien 52, Ungarn 19, Italien drei und Spanien
zwei. Insgesamt 40 Menschen verstarben.165 Im Jahr 2012 wurden
Menschen infiziert, von denen
starben.
erkrankten
Menschen in der EU, davon allein 42 in Italien. Auch in den direkten Nachbarländern werden mit 557 Meldungen vermehrt Fälle des
West-Nil-Fiebers verzeichnet.166
2.1.4 Krankheiten, die durch Zecken verursacht
werden
Zecken gehören zur Klasse der Milben und damit zu den Spinnen,
die nicht zu den Insekten gezählt werden, jedoch wie die Insekten Arthropoden sind. Die Tiere sind blutsaugende Ektoparasiten,
also Tiere, die nur zur Nahrungsaufnahme auf ihren Wirten leben.
Hauptsächlich kommen Zecken auf dem nördlichen Teil der Weltku-
56
2.1 Insekten gefährden den Menschen
gel vor: Asien, Russland, Europa und Nordamerika. Zecken können
die nachfolgenden gefährlichen und teilweise tödlich verlaufenden
Krankheiten verursachen.
Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Die Symptome der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
wurden erstmals in den 1930er Jahren in Europa, Ostasien und
Russland beobachtet. 1948 konnte dann das FSME-Virus isoliert
werden.167 Die Krankheit ist eine typische Zoonose, bei der Schildzecken – in Westeuropa der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) – das
Virus von kleinen Säugetieren auf den Menschen übertragen.
Die Krankheit ist mit grippeähnlichen Symptomen verbunden. Bei
ca. zehn Prozent der Infektionen tritt ein schwerer Krankheitsverlauf auf, der mit einer Meningoenzephalitis (Gehirnhautentzündung)
verbunden ist und in 0,5 bis zwei Prozent der Fälle zum Tod führt.168
Die Meningoenzephalitis war seit langem in Süd- und Mitteuropa und
Russland verbreitet. Seit den 1990er Jahren werden auch Fälle in Nordeuropa gemeldet – mit steigender Tendenz: Während man im Zeitraum
1976 bis 1989 in Europa inklusive Russland rund 38.000 Fälle (jährlicher Durchschnitt: 2.000) zählte, waren es von 1990 bis 2009 schon
rund 170.000 Fälle mit einem jährlichen Durchschnitt von 8.500. In
Westeuropa betrug die durchschnittliche Zahl der jährlichen Neuinfektionen über 2.500.169 In Deutschland wurden im Zeitraum 2002 bis
2012 jährlich zwischen 195 und knapp 550 Fälle registriert.170
Die relativ niedrige Zahl für Deutschland ist vor allem auf die weit
verbreitete Inanspruchnahme der Impfmöglichkeit zurückzuführen.
Im Jahr 2012 haben sich z.B. über 30 Prozent der Einwohner der
süddeutschen Risikobundesländer Baden-Württemberg und Bayern
impfen lassen.171
Begründet wird die schnelle Ausbreitung der Krankheit in den letzten
Jahrzehnten vor allem mit dem Klimawandel: Der Temperaturanstieg
in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts sowie die Zunahme
der Luftfeuchtigkeit vergrössern die Lebensräume der Zecken. Sie
57
2 Insekten als Schädlinge
können sich weiter nach Norden ausbreiten und zusätzlich höhere
Lagen bevölkern. So werden z.B. erst seit den 1990er Jahren vermehrt
Meningoenzephalitisfälle in den skandinavischen Ländern gemeldet.172 Mittlerweile findet man Zecken bereits auf (öhen zwischen
900 und 1.300 Metern.173
Krim-Kongo-Fieber
Das Fieber wurde erstmals 1944 auf der Krim in Russland beobachtet und das Krim-Kongo-Fieber-Virus aus der Gruppe der Arboviren
erstmals im Kongo isoliert. Es wird von der Zecke Hyalomma marginatum übertragen, die in Afrika, Asien, dem mittleren Osten sowie in
Ost- und Südwesteuropa verbreitet ist.174
Die Krankheit verursacht Fieber, Schüttelfrost, Kopf-, Gelenk- und
Muskelschmerzen. Bei ca. 20 Prozent der Fälle treten starke Hämorrhagien (Blutungen) auf, die in vielen Fällen zum Tod führen. Die
Letalität beträgt zwischen zwei und 50 Prozent. Das Fieber ist stark
ansteckend, Impfmöglichkeiten bestehen nicht.
Seit Ende der 1990er Jahre wird das Fieber vermehrt in Südosteuropa festgestellt. Fälle werden aus Albanien, Bulgarien und dem
Kosovo gemeldet. In der Türkei kommen die meisten Erkrankungen
vor: Von 2002 bis 2008 stieg die Zahl der jährlichen Infektionen
von zehn auf mehr als 1.100, insgesamt sind 113 Menschen an dem
hämorrhagischen Fieber gestorben.175 Im Jahr 2010 betrug die Zahl
der Toten 61.176 In Griechenland wurde im Jahr 2008 eine tödlich
verlaufende autochthone Infektion bekannt.177 In Deutschland gab
es 2008 zwei Fälle des eingeschleppten Krim-Kongo-Fiebers, ein Fall
verlief tödlich.178
Lyme-Borreliose
Die Lyme-Borreliose, deren Krankheitssymptome bereits Ende des
19. Jahrhunderts beschrieben wurden179, konnte erstmals 1977 in
der Stadt Lyme in den USA wissenschaftlich festgestellt werden. Sie
ist die häufigste von Zecken auf den Menschen übertragende Krankheit. Das Bakterium Borrelia burgdorferi wird in Europa durch den
58
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus), in Osteuropa durch Ixodes
persulcatus und in Nordamerika durch Ixodes scapularis und Ixodes
pacificus übertragen.180
Die Borreliose wird als Multiorgankrankheit beschrieben. Nach
anfänglichen grippeähnlichen Symptomen entwickeln sich Gelenkschmerzen und chronische Ermüdungserscheinungen. Schlussendlich
können jahrelange, nervliche Beschwerden zurückbleiben.
Die Krankheit ist in ganz Europa flächendeckend verbreitet. Jährlich
werden über 30.000 Fälle registriert, davon rund 5.000 in Deutschland.181 In den USA steigt die Zahl der Infektionen seit vielen Jahren
an: Wurden 1992 knapp 10.000 Fälle registriert, so waren es im Jahr
2006 knapp 20.000 und in 2012 rund 25.000.182
Q-Fieber
Die Zoonose Q-Fieber wurde zum ersten Mal 1935 in Australien und
in den 1940er in den USA, sowie Ost- und Westeuropa beschrieben.
Heute ist die Krankheit bis auf Neuseeland und die Antarktis überall
auf der Welt verbreitet.183 Der Name «Q-Fever» kommt vom englischen
«Query» (Frage), weil man sich die Krankheit zunächst nicht erklären konnte. Sie wird vom Bakterium Coxiela bumetii verursacht,
das sich hauptsächlich bei Zecken findet. Vor allem die Auwaldzecke
(Dermacentor reticulatus) aber auch weitere 40 Zeckenarten legen das
Bakterium auf Tiere, wie z.B. Schafe und andere Paarhufer ab.184 Die
Übertragung auf den Menschen geschieht durch die Aufnahme kontaminierten Staubes oder durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren.
Die Krankheit ist sehr ansteckend. So reichen weniger als zehn Bakterien für eine Infektion, von denen Zecken mehr als eine Milliarde
pro Gramm Körpergewicht besitzen können.185 Die Bakterien wirken
aufgrund ihrer wetter- und umweltstabilen Eigenschaften wochenlang.
Sie werden mit Wind in die Umgebung ausgetragen und können Infektionen bis zu einem Umkreis von mehr als zehn Kilometer auslösen.186
Die Krankheit kann zu Fieber, Gelenk-, Kopf- und Muskelschmerzen
sowie zu Leber- oder Lungenentzündungen führen, mit denen lange
Arbeitsunfähigkeit verbunden ist. Todesfälle sind nicht bekannt.
59
2 Insekten als Schädlinge
Die Infektionen verbreiten sich plötzlich. So kam es in Holland im
Jahr 2007 zu einer Epidemie, an der bis zum Jahr 2010 über 4.000
Personen erkrankten. Um die Ausbreitung zu unterbinden, wurden
über 60.000 Tiere getötet.187 )n Deutschland infizierten sich im Jahr
2003 in einer Stadt plötzlich 299 und im Jahr 2005 in einer anderen
Stadt über 330 Menschen.188 Auslöser waren in den drei Fällen virustragende Schafherden. Von
bis
infizierten sich in Europa
ca. 7.000 Menschen, über 80 Prozent davon in Holland, Deutschland
und Frankreich.189 In den USA erkrankten im gleichen Zeitraum rund
650 Menschen.190 Grundsätzlich geht man von einer höheren Zahl
der Infektionen aus, weil die Krankheit nur in 50 Prozent der Fälle
zu länger anhaltenden Beschwerden führt, die in der Regel mit einem
Krankenhausaufenthalt verbunden sind und damit statistisch erfasst
werden.
Rickettsiosen
Die 14 verschiedenen bekannten Rickettsia-Bakterien sind auf
allen fünf Kontinenten zu finden und verursachen unterschiedliche
Rickettsiosen. Beispielhaft sind zu nennen: Sibirischer Zeckentyphus,
Queensland Zeckentyphus, )sraelisches Fleckfieber, Japanisches
Fleckfieber und Afrikanisches Zeckenstichfieber.191
Für Europa ist vor allem das Mittelmeer Fleckenfieber relevant,
dessen Symptome erstmals 1909 in Tunesien beobachtet wurden.
1925 konnte man in Marseille die Übertragung durch Zecken
beschreiben.192 Der Vektor für die Übertragung der Rickettsia conirii ist die Zecke Rhipicephalus sauguineus, die hauptsächlich Hunde
befällt. Die Übertragung auf den Menschen ist jedoch auch möglich.
Die Krankheit ist mit Fieber und Exanthemen (Hautausschlag)
sowie Kopf- und Gliederschmerzen verbunden. Die Letalität liegt bei
unter drei Prozent.193 Andere Formen der Rickettsiosen werden z.B.
von der Ixodes ricinus übertragen und verlaufen milder. In Europa
wurden bislang nur einzelne Fälle beim Menschen erwähnt. In den
letzten Jahren fand man allerdings vermehrt Zecken mit gefährlichen
Rickettsia-Bakterien in Italien, England und Schweden.194
Für Amerika und besonders Nordamerika ist die bereits seit 1906
bekannte Rickettsiose, das Rocky-Mountain-Fieber, von Bedeutung.
60
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Es wird hauptsächlich über die Ixodes dermacentor übertragen.195
Die Krankheit ist mit starken grippeähnlichen Symptomen und
grösseren Exanthemen verbunden. Bei schweren Verläufen kommen
Blutdruckabfälle, Nierenversagen und Schockzustände dazu, die ohne
Behandlung bei 20 bis 80 Prozent der Fälle zum Tod führen.196 Die
Letalität bei Behandlung beträgt unter einem Prozent. Die Rickettsiose breitet sich in den USA schnell aus: Bis Ende der 1990er Jahren
wurden weniger als
Personen jährlich infiziert. )m Zeitraum
2000 bis 2005 erkrankten jährlich rund 1.000 Personen, im Zeitraum
2005 bis 2010 rund 2.000 Personen.197
2.1.5 Weitere Gefährdungen durch Insekten
Tsetseliege
Von der Tsetsefliege gibt es
Arten. Nur die hauptsächlich in Afrika
vorkommende Glossina palpalis ist besonders gefährlich, denn sie gilt
als Überträgerin der Schlafkrankheit. Der Stich ist sehr schmerzhaft
und kann sogar durch die Kleidung dringen. Bei einem Prozent der
gestochenen Menschen bricht die Krankheit aus: Fieber, Störungen
des Nervensystems und anhaltender schläfriger Dämmerzustand.
Aufgrund präventiver Abwehrmassnahmen (z.B. Moskitonetze)
konnte die Zahl der Neuerkrankten reduziert werden: Im Zeitraum
von 2000 bis 2012 sank die Zahl der registrierten Fälle von rund
25.000 auf 7.000.198
Krätzmilbe
Die Krätzmilbe (Sarcoptes scabiei) wird nur bis zu 0,5 Millimeter
gross, aber sie ist sehr unangenehm: Sie gräbt sich bis zu 2,5 Zentimeter tief in die Haut ein, um dort ihre Eier abzulegen. Nach 14 Tagen
verlassen dann die adulten Tiere die Stelle. Die Ansiedlung ist mit
Juckreiz und einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. In Europa
kommt die Milbe nur sporadisch vor, in Entwicklungsländern ist sie
dagegen stark verbreitet. Man schätzt heute, dass ca. 300 Millionen
Menschen befallen sind.199
61
2 Insekten als Schädlinge
Wespen und Bienen
Wespenstiche sind schmerzhaft und führen in aller Regel zu Juckreizungen und Hautschwellungen. Sie können auch zu schwer
verlaufenden Allergieerscheinungen (Anaphylaxien) führen, die
meist mit Begleiterkrankungen einhergehen. Im deutschsprachigen
Raum gehen über 35 Prozent aller Anaphylaxien auf Wespenstiche
und zehn Prozent auf Bienenstiche zurück.200 Für Deutschland geht
man von jährlich mehr als 20 Todesfällen aus, die auf Insektenstiche
zurückzuführen sind.201 Gemäss englischen und amerikanischen
Studien erleiden demnach in Europa jährlich über 10.000 Menschen
schwer verlaufende Allergien durch Insektenstiche, die in einzelnen
Fällen zum Tod führen.202
«Killerbienen»
Der brasilianische Bienenforscher Warwick Kerr brachte afrikanische
Honigbienen im Jahr 1956 für Forschungszwecke nach Südamerika.
Dort konnten einige von ihnen entweichen. Das Gift der Insekten
ist nicht gefährlicher als das von anderen Bienen. Die sogenannten
«Killerbienen» sind jedoch aggressiver, sie stechen dreimal häufiger
und schneller zu als andere. Der Begriff «Killerbienen» wurde 1965
verwendet, weil man mehr als 150 Todesfälle auf die Bienen zurückführte.203 Eine genaue Überprüfung war nicht möglich, da die Bienen
anderen Bienen sehr ähnlich sind. In den 1980er Jahren wurden
die Insekten auch in den USA gefunden, wo jährlich mindestens 40
Personen an den Folgen von Bienen- und Wespenstichen sterben. Die
Insekten stechen nicht ohne Bedrängnis, in aller Regel zeigen Bienen
und Wespen nur dann aggressives Verhalten, wenn Menschen sie
oder ihre Nester angreifen.
Hausstaubmilben
Menschen können empfindlich auf den Kot von Hausstaubmilben
reagieren. Er zerfällt in kleinste Teilchen, die zusammen mit dem
Staub vom Menschen aufgenommen werden. Zu den allergischen
Krankheitssymptomen gehören Augen- und Hautreizungen und
Niesanfälle, selten kommt es bei schwerwiegenden Fällen zu Atemnot. Man geht davon aus, dass in Deutschland ca. 20 Prozent aller
62
2.1 Insekten gefährden den Menschen
Allergien auf Hausstaubmilben zurückgehen204 und 21,2 Prozent
aller drei bis 17-Jährigen sensibel auf den kontaminierten Staub
reagieren.205
Flöhe
Der Menschenfloh Pulex irritans) sticht und saugt das Blut von
Menschen, aber auch von Schweinen, Hunden und anderen Säugetieren. Befallene Personen können auf die Stiche unempfindlich
reagieren oder aber anhaltenden Juckreiz verspüren. In Westeuropa
ist diese Flohart praktisch ausgestorben.
Kopläuse
Kopfläuse Pediculus capitis) brauchen ebenfalls das Blut des
Menschen. Sie verursachen Juckreiz und springen gern auf weitere
Wirte über. In Deutschland ist es deswegen für Kinder sogar rechtlich
verboten, mit Kopfläusen in den Kindergarten oder in die Schule zu
gehen. Kopfläuse kommen häufig vor: Eine Studie konnte ermitteln,
dass ca. zehn Prozent aller Kinder einmal an Kopfläusen leiden.206
Eichenprozessionsspinner
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea, vgl.
Abbildung 11) bevorzugt warme Lebensräume und breitet sich
aufgrund der globalen Klimaerwärmung von Südeuropa ebenfalls
immer mehr in Mitteleuropa aus. Mehrere Länder berichten seit 1990
von einer starken Zunahme und einer mittlerweile flächendeckenden
Ausbreitung. In Wald- und Stadtgebieten werden grossräumig Insektizide zur Bekämpfung eingesetzt.207 Am stärksten hat sich der
Falter in Holland vermehrt. Dort müssen sich jedes Jahr rund 80.000
Menschen nach Infektionen behandeln lassen.208
Die Haare der Raupen enthalten ein Nesselgift, das Dermatitis und
Asthma auslösen kann. Abgebrochene Haare werden durch Wind in
der Umgebung verteilt und können so den Menschen unmittelbar
gefährden. Pro Raupe werden über 500.000 Gifthaare gezählt, deren
Wirkung bis zu zwölf Jahre anhalten kann.209
63
2 Insekten als Schädlinge
2.2 Insekten gefährden Tiere
Insekten gefährden in hohem Masse nicht nur Menschen, sondern
auch Tiere. Dazu gehören wildlebende Tiere wie z.B. Rehe, Hasen
oder Vögel, Nutztiere wie Kühe, Schafe oder Rinder und Haustiere
wie Hunde und Katzen. Sie alle werden von Parasiten geplagt, gestochen und teils auch infiziert. Die Krankheiten können zu Tierseuchen
führen, die ganze Bestände reduzieren oder auch zu Zoonosen, bei
denen die Krankheiten auf den Menschen übertragen werden.
Die Weltorganisation für Tiergesundheit OIE stuft insgesamt 89 Krankheiten als beobachtungs- und meldepflichtig ein, wovon
durch
Insekten verursacht bzw. übertragen werden.210 Mehrere Millionen
Tiere sterben jedes Jahr nach Insektenstichen. In Afrika verenden z.B.
jährlich ca. drei Millionen Kühe und Rinder an der Schlafkrankheit
Nagana , die durch die Tsetsefliegen hervorgerufen wird.211
In der Regel sind die Insektenstiche mit Hautreizungen und Fieber
verbunden, in schweren Fällen jedoch auch mit Lähmungen und
Fehlgeburten. Für die Menschen in den am stärksten betroffenen
Regionen wie z.B. Mittelafrika bedeutet das einen hohen Mehraufwand und die Reduzierung oder sogar den Wegfall ihrer Einkommen.
Die durch Insekten hervorgerufenen Tierkrankheiten treten hauptsächlich in Afrika auf, gefolgt von Asien und Russland. )mmer häufiger
kommen sie auch nach Nordamerika und Europa, so z.B. die Blauzungenkrankheit, die sich seit 2006 in ganz Westeuropa ausbreitet.
Eine besondere Rolle bei der Ausbreitung von Krankheiten können
Zugvögel spielen. In den Jahren 2010 und 2011 wurden in Italien
virustragende Zecken an Zugvögeln gefunden. Die infizierten Vögel
tragen die Zecken tausende Kilometer weit in ein fremdes Gebiet, in
dem sie weitere Tiere infizieren.212
Auch neue, unbekannte Viren treten vermehrt auf. So wurde z.B. erst
im Jahr 2011 das Schmallenberg-Virus beschrieben, von dem innerhalb von zwei Jahren über 8.000 Viehherden in Europa betroffen
waren.213 Nachstehend werden beispielhaft wichtige Krankheiten
kurz beschrieben.
64
2.2 Insekten gefährden Tiere
2.2.1 Nagana
Tsetsefliegen Glossina übertragen die Schlafkrankheit nicht nur
auf Menschen, sondern stechen auch Tiere, deren Erkrankung dann
Nagana African Animal Trypanosomiasi genannt wird. Die infizierten Tiere zeigen Fieber und Lähmungen bereits nach wenigen Tagen
und verenden in der Regel innerhalb von drei Monaten. Die Krankheit
kommt im sogenannten Tsetse-Gürtel in Afrika vor. Dieser erstreckt
sich mit einer Grösse von zehn Millionen Quadratkilometer vom 14.
nördlichen Breitengrad (direkt unterhalb der Sahel-Wüste) bis zum
29. südlichen Breitengrad (Johannesburg).
Nagana gilt als die gefährlichste Tierkrankheit, denn sie schränkt die
Viehhaltung in Afrika stark ein. Noch heute erfolgen 80 Prozent der
Bodenbewirtschaftung per Hand.214 Aus Sorge vor Stichen werden
viele Flächen in Afrika erst gar nicht erschlossen und entsprechend
nicht für die Landwirtschaft genutzt. Der wirtschaftliche Schaden,
der durch die Tsetsefliege verursacht wird, ist entsprechend hoch.
2.2.2 Blauzungenkrankheit
Die ersten Fälle der Blauzungenkrankheit wurden bereits 1880 in
Südafrika registriert.215 Die Tiere, vor allem erwachsene Schafe, litten
unter Fieber und Entzündungen im Nasen- und Mundbereich, die mit
einer Blaufärbung der Zunge verbunden waren. Die Krankheit breitete sich schnell in der ganzen Welt aus und ist heute noch auf allen
Kontinenten vorzufinden, jedoch nur in besonders warmen Regionen
zwischen den Breitengraden 40° Nord und 35° Süd.
Die Übertragung geschieht über nur ein bis drei Millimeter grosse
Mücken der Gattung Culicoides, genannt Gnitzen. Es gibt über 1.400
bekannte Culicoides Arten, aber nur 17 von ihnen übertragen das
Blauzungenvirus.216 Die Sterberate ist sehr unterschiedlich und liegt
bei aktuellen Ausbrüchen zwischen zwei und 30 Prozent.217
Besonders in Südafrika spielt die Krankheit eine grosse Rolle. Studien
zeigen, dass heute über 50 Prozent der Schafe mit dem Virus befallen
sind.218 Weltweit wird der jährliche Schaden, der durch die Krankheit
entsteht, auf drei Milliarden US-Dollar geschätzt.219
65
2 Insekten als Schädlinge
Nachdem bereits in den 1950er Jahren zwei Epizootien in Spanien
und Portugal über 175.000 Todesfälle verursachten220, breitet sich
das Virus seit Ende der 1990er Jahre ausgehend von Afrika wiederum
nach Norden aus. Nach Sizilien, Griechenland und der Türkei wurden
erste Fälle im Jahr 2006 in Holland gemeldet. Die Welternährungsorganisation FAO hat errechnet, dass in Europa seit 1998 mehr als 1,5
Millionen Schafe der Krankheit zum Opfer gefallen sind.221
Bedrohlich ist die Geschwindigkeit: Es dauerte lediglich vier Tage,
bis nach der ersten Ansteckung eines Schafes in Holland im August
bereits elf Schafherden in Belgien infiziert waren und nur drei
weitere Tage, bis die Krankheit in Deutschland sieben Herden erfasst
hatte. Aufgrund von Impfungen wurde der Ausbruch schnell zurück
gedrängt und seit 2009 gestoppt.222
Man geht davon aus, dass sich die für die Übertragung bekannten
Arten der Culicoides Mücken aufgrund wärmerer Temperaturen
von Afrika nordwärts nach Europa ausgebreitet haben. Aus bisher
ungeklärten Gründen taucht der Virus nun aber auch bei in Europa
endemischen Culicoides Arten auf. In betroffenen Regionen konnte
man vor allem die Culicoides obsoletus und Culicoides pulicaris finden,
die seit Jahren in Mitteleuropa ansässig sind, früher jedoch nie das
Virus übertrugen.223
2.2.3 Schmallenberg-Virus
Das Virus wurde im November 2011 im deutschen Schmallenberg
entdeckt und breitete sich dann schnell auf fast alle Länder Nord- und
Mitteleuropas aus. )nfizierte Rinder, Kühe, Schafe und Ziegen zeigen
Fieber und eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit, die z.B. bei Kühen
zu einer erheblichen Reduzierung der Milchleistung führt. Tragende
Tiere gebären Missbildungen oder Todgeburten.
Bis Mitte 2013 wurden in Europa über 8.000 Betriebe gezählt (davon
rund 2.500 in Deutschland), die von der Schmallenberg-Krankheit
betroffen waren.224 Überträger sind auch hier die winzigen Mücken
der Gattung Culicoides. Das Virus wird von den Mücken ebenso auf
andere Tiergruppen wie z.B. Rotwild oder Hunde übertragen. Die
66
2.2 Insekten gefährden Tiere
Ausbreitung geschieht sehr schnell. In England konnte festgestellt
werden, dass in einem Bestand von Rotwild im Jahr 2010 überhaupt
kein Virus gefunden wurde und ein Jahr später über 43 Prozent der
Tiere infiziert waren.225
Da man das Virus erst Ende 2011 entdeckte, ist bis heute kein Impfstoff entwickelt worden. Zusätzlich lässt sich noch nicht sicher sagen,
wie viele der in West- und Nordeuropa endemischen 120 Arten des
Culicoides Stammes die Viren übertragen.226
2.2.4 Louping-Ill
Die seit 1934227 bekannte Zoonose Louping-Ill zeigt, dass eine Tierkrankheit auch ohne direkten Kontakt auf den Menschen übertragen
werden kann. Interessant ist vor allem ein Fall aus dem Jahr 2011,
bei dem eine junge Frau am Louping-Ill-Virus schwer erkrankte. Die
Übertragung des Virus´ geschah durch einen Spaziergang mit offenen
Schuhen über eine Wiese, auf der infizierte Schafe grasten. Kot und
andere Ablagerungen der Schafe befanden sich auf dem Gras und
kamen so mit den Füssen in Kontakt.228
Das Louping-Ill-Virus wird durch den in Mittel- und Nordeuropa
endemischen Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) vornehmlich auf
Schafe, aber auch auf andere Tiere wie Hunde oder Vögel übertragen.
Die Infektion ist mit Inkoordinationen der Bewegungen verbunden
und heisst deswegen Louping-Ill. Die Letalität beträgt zwischen 20
und 50 Prozent.229
Die Krankheit ist sehr selten. Neben einem plötzlich aufgetretenen
Ausbruch in einer Ziegenherde im Jahr 2011 in Spanien230, bei der
alle 70 Tiere starben ist die Krankheit praktisch nur in England endemisch – mit jährlich zwischen 25 und 35 gemeldeten Fällen in den
letzten Jahren.231
67
2 Insekten als Schädlinge
2.3 Insekten gefährden Planzen
)nsekten haben sich schon immer von Pflanzen ernährt und damit
das Wachstum der Pflanzen beeinträchtigt oder sogar zum Absterben der Organismen geführt. Jahrtausendealte Quellen erzählen von
bedrohlichen Heuschrecken, Raupen und Käfern. Ebenso berichtet
die Bibel von Beispielen, wie Insekten den Ackerbau beeinträchtigten
und Vorräte vernichteten.232
Trotz langer Erfahrung in der Bekämpfung von Schädlingen und trotz
jährlichen Ausgaben für moderne Pflanzenschutzmittel in (öhe von
weltweit über 40 Milliarden US-Dollar beeinträchtigen die Insekten
die Landwirtschaft, den Obst- und Weinanbau und die Wälder in
grossem Masse.233 Allein für die Landwirtschaft beträgt der Schaden, der auf die Einwirkung von Insekten zurückgeht, 20 Prozent
der gesamten Produktion. Das entspricht mehr als 50 Milliarden
US-Dollar jedes Jahr.234
2.3.1 Landwirtschaftliche Schäden in den
Entwicklungs- und Schwellenländern
Die grössten, durch )nsekten verursachten Pflanzenschäden weltweit
treten in den Entwicklungs- und Schwellenländern in den tropischen
und subtropischen Regionen auf. Die Gründe sind naheliegend:235
•
•
•
Grosse Wetterschwankungen von Regenfällen zu Trockenperioden
schwächen die Widerstandskraft der Pflanzen und fördern das
Wachstum der Insekten.
Die kurzfristige Orientierung an Ertragsmaximierung in der
Landwirtschaft ist verbunden mit ungesundem Wachstum und
Monokulturen, was wiederum die Widerstandskraft der Pflanzen
schwächt.
Pflanzenschützende Massnahmen werden aufgrund von zu wenig
Know-how und Geld in unzureichendem Masse ergriffen.
Auch hier spielt die durch die Globalisierung intensivierte, internationale Migration von Insekten eine grosse Rolle. Die eingewanderten
)nsekten finden in diesen Regionen besonders attraktive Lebens68
. )nsekten gefährden Pflanzen
räume und breiten sich entsprechend schneller als üblich aus. Die
Welternährungsorganisation FAO spricht von einer «dramatischen»
Zunahme der grenzüberschreitenden Pflanzenschädlinge in den
letzten Jahren. Schätzungen gehen davon aus, dass Insekten die
möglichen Erträge in den Entwicklungsländern mehr als halbieren:
Ein Drittel fällt ihnen während der Blütezeit und ca. zehn bis 35
Prozent während der Lagerung zum Opfer.236
Gemäss dem internationalen Emergency Programm der FAO gehören
zu den grössten Bedrohungen der Nutzpflanzenwelt folgende durch
Insekten hervorgerufene Probleme:237
•
•
•
Gefährdung der Maniokpflanze durch )nsekten
Ausbreitung der Fruchtfliegen
Heuschreckenplagen
Gefährdung der Maniokplanze durch Insekten
Die Maniokpflanze vgl. Abbildung
liefert das wichtigste
Nahrungsmittel Afrikas: Cassava. Über 200 Insektenarten behindern
das Wachstum der Pflanze. Die grüne Cassava Milbe Mononychellus tanajoa), die Tabakmottenschildlaus (Bemisia tabaci) und die
verschiedenen Arten der Maniokschmierlaus (Phenacoccus maniboti, vgl. Abbildung 13) sind in ganz Afrika aktiv und können bis zu
80 Prozent einer Ernte vernichten.238 Besondere Sorgen bereiten
neu eingeschleppte Insekten wie der Stängelbohrer (Chilo partellus) aus Asien und der Ende der 1980er Jahre erstmals entdeckte
Grosse Kornbohrer (Prostephanus truncatus) aus Mexiko. Die beiden
Eindringlinge hatten zunächst keine natürlichen Feinde und vermehrten sich entsprechend schnell. Sie haben in mehreren Ländern bis
zu
Prozent der Maniokanpflanzungen und bis zu
Prozent der
Maisernten vernichtet.239
Ausbreitung der Fruchtliegen
Die Fruchtfliegen Tephritidae) gelten als die Insekten, die weltweit
am stärksten den Obstanbau gefährden.240 Die Weibchen stechen ein
Loch in die Frucht und legen ihre Eier unter die Schale. Die schlüpfenden Larven ernähren sich vom Fruchtfleisch.
69
2 Insekten als Schädlinge
Rund
Prozent der über .
bekannten Arten der FruchtfliegenFamilie Tephritidae schädigen ca.
Fruchtpflanzenarten auf der
ganzen Welt. Ihr jährlicher Schaden wird auf über eine Milliarde
US-Dollar beziffert.241 Die Schäden sind besonders hoch in Zentralamerika, Afrika und Asien, wo die Insekten regelmässig zwischen 30
und 80 Prozent des Anbaus zerstören.242
Zwei Entwicklungen verschärfen dabei die Situation:
Neue Arten von Fruchtfliegen werden eingeschleppt
Neue Arten von Insekten haben in fremden Gebieten zunächst keine
natürlichen Feinde und können sich dort sehr gut entwickeln. Ein
bezeichnendes Beispiel dafür ist die ursprünglich in Sri Lanka heimische Fruchtfliege Batrocera invadens. Sie kam im Jahr 2003 nach
Afrika und ernährt sich hauptsächlich von Mango, Guava, Papaya und
anderen Früchten. )nnerhalb von zehn Jahren hat sich die Fruchtfliege in 28 afrikanischen Ländern ausgebreitet und ist heute z.B. für den
Verlust von 80 Prozent der Mango-Ernte verantwortlich.243
2) Obst als natürlicher Wirt
Das Verhalten der Fruchtfliegen wirkt sich unmittelbar auf den internationalen Handel aus. Da sie ihre Eier unter die Schale von Obst und
Gemüse legen und diese sich dort zunächst unsichtbar entwickeln,
werden die befallenen Obstsorten zum Wirtsträger und damit zum
)mporteur von Fruchtfliegen. Länder wie Chile, Japan, Neuseeland
und die USA gelten heute als frei von schädlichen Fruchtfliegen. Sie
verbieten die Einfuhr aus Nationen, in denen die Insekten verbreitet
sind. Die Restriktionen treffen die Fruchtfliegen-Länder sehr hart. So
können z.B. die Länder Zentralamerikas ihre wichtigen Produkte wie
Tomaten, Paprika und Papaya nicht nach Nordamerika und die oben
erwähnten 28 Länder Afrikas keine Mangofrüchte exportieren.244
Heuschreckenplagen
Heuschreckenplagen sind seit den Pharaonen im alten Ägypten
bekannt. Bis heute verwüsten sie ganze Regionen. Von den insgesamt
über 20.000 Arten ist in den tropischen und subtropischen Regionen
vor allem die Familie Acrididae und hier im Besonderen die Wüstenheuschrecke (Schistocerca gregaria) eine anhaltende Bedrohung.
70
. )nsekten gefährden Pflanzen
Abb. 12: Cassava, Maniok, Mandioca, Yucca: Das weltweit beliebte Wurzelgemüse hat
viele Namen – und einen Feind: Die Maniokschmierlaus.
Bild: CC by C)AT, flickr.com
Abb.
: Maniokschmierläuse auf der Cassava-Pflanze in Nordost-Thailand.
Bild: CC by C)AT, flickr.com
71
2 Insekten als Schädlinge
Diese Insekten bevorzugen sehr trockene Gebiete mit weniger als
200 Millimeter Regen pro Jahr. Sie sind in 30 afrikanischen und
asiatischen Ländern mit einer Fläche von über 15 Millionen Quadratkilometern heimisch. Vereinzelt auftretende Heuschreckenplagen
erstrecken sich sogar auf 60 Länder mit einer Fläche von knapp 30
Millionen Quadratkilometern. Damit gefährden die Tiere 20 Prozent
der gesamten weltweiten Landfläche und das Einkommen von zehn
Prozent aller Menschen.245 Doch auch moderne Satelliten schaffen es
nicht, anwachsende (euschreckenschwärme zu identifizieren.
Normalerweise kommen Heuschrecken nur zur Paarbildung zusammen. Die Tiere leben bis zu fünf Monate und legen in dieser Zeit bis zu
dreimal eine Menge von jeweils ca. 100 Eiern. Je feuchter das Klima
ist, desto mehr Tiere können schlüpfen und sich entwickeln. Kommt
es in den trockenen Regionen zu vermehrter Feuchtigkeit, wachsen
überproportional viele Insekten nach. Gleichzeitig wechselt ihre
Farbe von braun zu pink und ihr Verhalten ändert sich: Die vorher
solitär lebenden Insekten gruppieren sich über mehrere Monate zu
kleinen Schwärmen und verlassen dann ihre Region, um gemeinsam
nach mehr Nahrung zu suchen. Da die besonders heuschreckenfreundlichen Wetterbedingungen in einer ganzen Region so spezifisch
ausgeprägt sein können, entstehen gleichzeitig mehrere Schwärme.
Sie verbinden sich zu einer grossen Einheit, die mehrere Milliarden
Tiere umfasst. Sie lassen sich mit dem Wind tragen und können pro
Tag über 100 Kilometer zurücklegen.
Heuschrecken benötigen sehr viel Nahrung: Die zwei Gramm schweren phytophagen Insekten fressen jeden Tag so viel wie sie wiegen,
vor allem Pflanzen wie Blumen, Blätter, Baumrinden sowie Getreide,
Mais und Obst.
Jedes Jahr kommt es in Afrika und dem Nahen Osten zu bedrohlichen
Ansammlungen von Heuschrecken. Die Schwärme bestehen schnell
aus über 1.000 Insekten pro Quadratmeter und umfassen eine Grösse
von 1.000 Quadratkilometer.
Im Jahr 2004 entwickelte sich ausgehend von Mauretanien ein
Schwarm von 230 Kilometern Länge bei einer Breite von 150 Metern,
der knapp 70 Milliarden Insekten umfasste. Die Heuschrecken brei72
. Insekten gefährden Pflanzen
teten sich praktisch über ganz Nordafrika, sowie über Teile von
Portugal und Kreta aus. Die FAO schätzt den entstandenen ökonomischen Schaden auf 2,5 Milliarden US-Dollar, für die Bekämpfung
wurden allein 400 Millionen US-Dollar ausgegeben.
Die Welternährungsorganisation FAO koordiniert mit mehreren
Büros permanent ein umfassendes Monitoringsystem sowie die
Bekämpfung der Insekten.246 Über 1.000 Quadratkilometer besprühen Landwirte jährlich mit Insektiziden, um die Ausbreitung von
anwachsenden Schwärmen zu verhindern.
Trotz aller Bemühungen kommt es immer wieder zu noch grösseren Heuschreckenplagen, die aus ca. 60 Millionen Insekten pro
Quadratkilometer bestehen und Flächen von mehreren 100 Quadratkilometern bedecken. Sie fressen täglich eine Menge an Nahrung, die
2.500 Menschen rund vier Monate versorgen könnte.
In den letzten 100 Jahren gab es sechs grosse Plagen in Afrika und
Asien, die teilweise mehrere Jahre andauerten. Bei der letzten
grossen Plage Ende der 1980er Jahre sprach man sogar von einer
Dichte von mehreren Milliarden Insekten pro Quadratkilometer. Die
Heuschrecken breiteten sich über ganz Nordafrika aus und gelangten
schliesslich mit dem Wind auf den offenen Atlantik. Anstatt einzugehen, überwanden sie eine Strecke von 5.000 Kilometern und kamen
nach zehn Tagen in der Karibik und Südamerika an.247 Im Jahr 1954
flogen Heuschrecken schon einmal ohne Nahrungsaufnahme über
das offene Meer von Westafrika nach England.248 Die Beispiele zeigen
die potentielle Gefahr, die die Insekten aufgrund ihrer Reichweite
haben können.
Vorratsschädlinge
Vorratsschädlinge sind eine grosse Herausforderung in Entwicklungs- und Schwellenländern, in denen Landwirtschaft oft noch per
Hand betrieben wird. Die Ernte erfolgt in der Regel sehr spät, damit
das Getreide möglichst trocken und damit leicht ist. Die Lagermöglichkeiten sind sehr reduziert. So wird z.B. das Getreide häufig offen
in alten Behältern aufbewahrt.
73
2 Insekten als Schädlinge
Die späte Ernte verlängert den Zeitraum der Insektenbefallsmöglichkeit. Einige Käfer treten erst am Ende der Blütezeit auf und
werden dann bei der Ernte unbemerkt mitgenommen. Die ungeschützte Lagerung ermöglicht den einfachen Zugang von weiteren
Insekten.
Die beiden grössten Schädlingsordnungen sind Käfer (Coleoptra)
und Schmetterlinge (Lepidoptera) und dort insbesondere Lebensmittelmotten.249 Käfer befallen das Getreide während der Blüte sowie
während der Lagerung. Sie werden bis zu ein Jahr alt und legen bis zu
500 Eier. Rüsselkäfer (Curculionidae) gelten als schädlichste Insekten
für gelagertes Getreide weltweit. Wenn sie in nur ein bis zwei Prozent
einer Ernte vorkommen, sind sechs Monate später 80 Prozent des
gesamten Vorrates betroffen. Die Schäden reichen bei befallenen
Anbauten und Vorräten in Afrika von 30 bis zu 100 Prozent.
Lebensmittelmotten sind weltweit verbreitet. Da sie warme Temperaturen mögen, sind sie vermehrt im tropischen und subtropischen
Raum vorzufinden. Motten können bis zu
Eier in Vorräten ablegen.
Die Larven fressen von den Vorräten, verspinnen und verschmutzen
diese. Die Schäden sind unterschiedlich hoch und reichen von zehn
bis zu 50 Prozent einer Ernte.
2.3.2 Landwirtschaftliche Schäden in Europa
)nsekten schädigen auch die Pflanzen in hoch entwickelten Ländern.
Vor allem die Landwirtschaft leidet unter neuen Herausforderungen,
die immer wieder zu hohen Verlusten führen:
•
•
•
Aggressive Schädlinge werden aus fremden Kulturen eingeführt und
vermehren sich schnell.
Ansteigende Temperaturen ermöglichen den Insekten generell eine
schnellere Entwicklung und einen natürlichen Zuwachs aus benachbarten und südlichen Gebieten.
Neue Getreidearten verursachen neue Insektenprobleme.
Praktisch alle Getreide- und Frucht-/Obstpflanzen werden heute von
Schädlingen befallen. Die erwachsenen Insekten fressen in der Regel
74
. )nsekten gefährden Pflanzen
an den Pflanzen und können Viren übertragen. Die grössten Schäden
entstehen jedoch durch die Larven, für deren Eiablage die adulten
Tiere oft Zentimeter lange Gänge in die Pflanzen bohren. Die Larven
ernähren sich über Wochen von den Pflanzen, die dadurch erheblich
langsamer wachsen können oder sogar eingehen. Die wichtigsten
Schädlinge sind:
•
•
•
•
•
•
Apfelwickler (Cydia pomonella : Fruchtpflanzen wie Apfel, Pfirsich,
Nüsse u.a.
Blattläuse (Aphidoidae): Kartoffeln, Zucker-, Zitronenfrüchte
Mottenschildläuse (Aleyrodidae): Getreide, Tomaten, Bohnen, Baumwolle, Kartoffeln
Fransenflügler Thysanoptera): Zwiebeln, Kartoffeln, Melonen
Zwergzikaden (Cicadellidae): Kartoffeln, Äpfel
Maiszünsler (Ostrinia nubilalis): Mais
Maiszünsler
Der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) ist schon seit 1800 in Südeuropa und seit dem letzten Jahrhundert in ganz Europa heimisch. Jedes
Weibchen legt 15 bis 20 Gelege mit 500 bis 600 Eiern bevorzugt auf
Maispflanzen. Die Larven bohren sich während ihrer Entwicklung
immer tiefer in die Stängel und beeinträchtigen damit das Wachstum
der Pflanzen. Dazu kommt, dass die geschwächten Pflanzen aufgrund
der neu entstandenen Gänge empfänglicher für Bakterien und Pilze
sind.
Die 27 EU-Staaten verfügen beim Maisanbau über eine Fläche von
rund 95.000 Quadratkilometern und produzieren ca. 65 Millionen
Tonnen Maiskörner.250 Das Ausmass der befallenden Flächen kann
zwischen 20 bis 60 Prozent der Flächen betragen, was zu einer
Ertragseinbusse von fünf bis 30 Prozent der gesamten Ernte führt.251
Kulturfremde Schädlinge
Die Einfuhr von über
pflanzenfressenden )nsektenarten ist in
Europa mittels einer EG-Richtlinie verboten worden.252 Lebende
Pflanzen, (olzprodukte aber auch Verpackungsmaterial werden
75
2 Insekten als Schädlinge
aufmerksam bei der Einfuhr überprüft. Aufgrund des Handelsvolumens ist eine ausreichende Kontrolle jedoch nicht möglich. Jedes Jahr
kommen so neue Insektenarten nach Europa. Die Tiere richten besonders grosse Schäden an, weil sie keine natürlichen Fressfeinde haben,
man ihre Präsenz spät feststellt und dann erst Bekämpfungsmassnahmen entwickeln muss. Nachstehend werden aktuelle invasive
Arten beschrieben.
Agrilus auroguttatus
Der ursprünglich im amerikanischen Arizona endemische Goldgefleckte Eichelbohrer wurde in Europa erstmals im Jahr
gefunden. Das Tier bevorzugt Olivenbäume und hat in den letzten
Jahren über 80.000 Bäume auf einer Fläche von 5.000 Quadratkilometern zerstört.253
Aproceros leucopoda
Diese ostasiatische Pflanzenwespe kommt vor allem in China, Japan
und Russland vor und befällt in diesen Ländern die Baumgattung der
Ulmen. Im Jahr 2009 tauchte das Insekt erstmals in Österreich auf
und hat sich mittlerweile über ganz Süd- und Mitteleuropa ausgebreitet. Die kleine Wespe gilt als sehr aggressiv: 74 bis 98 Prozent der
befallenen Bäume gehen ein.254
Aromia bungii
Die Larven des Asiatischen Moschusbocks bohren bis zu 22 Zentimeter lange Schächte in die Pflanzen, die deshalb kaum überleben
können. Das )nsekt ernährt sich von Fruchtpflanzen, wie z.B. Pfirsich
und Aprikose und wurde in Europa erstmals 2011 in Deutschland
und 2012 in Italien gefunden.255
Diabrotica virgifera virgifera
Der Westliche Maiswurzelbohrer gilt weltweit als gefährlichster
Maisschädling. Er wurde vermutlich Ende der 1980er Jahre über
Jugoslawien nach Europa eingeschleppt und im Jahr 2002 erstmals
wieder in Österreich und im Jahr 2007 in Deutschland entdeckt. Das
Insekt legt 1.000 Eier, deren Larven sich über 20 Zentimeter tief in
die Wurzeln der Pflanzen graben. Befallene Maispflanzen knicken ab,
die Ertragsausfälle können bis zu 90 Prozent betragen.256
76
. )nsekten gefährden Pflanzen
Strauzia longipennis
Die in Nordamerika heimische Sonnenblumenfruchtfliege befällt
Sonnenblumen und wurde zum ersten Mal im Jahr 2010 in Deutschland gefunden.257
Thaumastocoris peregrinus
Diese Wanzenart greift vor allem die Eukalyptus-Pflanze an und
stammt aus Australien. Nachdem das Insekt im Jahr 2003 in Südafrika
entdeckt wurde, breitete es sich über Südamerika nach Europa aus,
wo es 2011 in Italien gefunden wurde.258
«Nach der Ernte»-Schäden
Aufgrund der fortgeschrittenen Arbeitsteilung und des intensiven
internationalen Handels sind in den letzten Jahrzehnten die Transportwege ausgeweitet worden. Landwirtschaftliche Produkte
durchlaufen oft zahlreiche Stationen vom Feld, über die verarbeitende
Industrie bis in die Handelsunternehmen. Bei jeder Einlagerung und
jedem Transport ist mit Verlusten zu rechnen. Die sogenannten «Nach
der Ernte»-Schäden umfassen alle Beeinträchtigungen und Verluste
von Lebens- und Futtermitteln, die direkt nach der Gewinnung in der
Landwirtschaft bis hin zum Verzehr anfallen.
Aufgrund der Vielschichtigkeit der Warenströme gibt es keine verlässlichen Zahlen über die Vorratsschäden in den entwickelten Ländern.
Weltweit werden die Einbussen durch Schädlinge im Vorratsbereich
auf zehn bis 20 Prozent geschätzt. Davon sind ca. 80 Prozent auf
Insekten zurückzuführen, der restliche Schaden lässt sich auf Pilze,
Nagetiere und Vögel zurückführen.
Im Gegensatz zu den Entwicklungs- und Schwellenländern verfügen die entwickelten Regionen wie Europa beim Vorratsschutz über
professionelle Lagertechniken, Hygienemassnahmen und Konservierungsverfahren. Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass
die Schäden im Vorratsbereich in den Entwicklungsländern bei rund
30 Prozent und in den entwickelten Ländern entsprechend niedriger
liegen.259
77
2 Insekten als Schädlinge
Allein in der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland betragen die durch Insekten verursachten «Nach der Ernte Verluste» rund
zwei Prozent.260 Zusätzlich entstehen Schäden, die während der
nachfolgenden Transport- und Verarbeitungsstufen durch bereits in
den Produkten vorhandene oder hinzukommende Insekten verursacht werden. Schliesslich treten Schäden beim Verbraucher auf:
Jedes Jahr werden mindestens zwei Millionen Haushalte von Lebensmittelmotten befallen, die die gekauften Vorräte verunreinigen und
ungeniessbar machen.261 Ingesamt kann deswegen von einem durch
Insekten verursachten Schaden von mehr als fünf Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Grundproduktion ausgegangen werden.
In Europa werden immer mehr Schädlinge eingeschleppt und die
Resistenz der endemischen Arten gegen Bekämpfungsmassnahmen
nimmt zu, sodass von einem generellen Anstieg der Vorratsschädlinge auszugehen ist.262
Bei der Vorratslagerung sind die wichtigsten Schädlinge:263
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
78
Amerikanischer Reismehlkäfer (Tribolium confusum)
Brotkäfer (Stegobium paniceum)
Dörrobstmotte, Synonym Kupferrote Dörrobstmotte (Plodia interpunctella)
Getreideplattkäfer, Synonym Getreideschmalkäfer (Oryzaephilus
surinamensis)
Kornkäfer (Sitophilus granarius)
Kornmotte (Nemapogon granellus)
Mehlmilbe (Acarus siro)
Rotbrauner Leistenkopfplattkäfer (Cryptolestes ferrugineus)
Speichermotte, Synonym Heu- oder Tabakmotte (Ephestia elutella)
Staubläuse, Synonym Flechtlinge (Psocoptera)
2.3.3 Waldschäden
. )nsekten gefährden Pflanzen
Weltweit sind Prozent der Landfläche von Wäldern bedeckt.264 Ihre
Verteilung fällt sehr unterschiedlich aus. Die grossen Waldregionen
finden sich in Nordamerika, Russland, Südafrika und Südamerika und
damit zu einem grossen Teil im tropischen Bereich, in dem besonders
viele Insekten heimisch sind.
Die in ursprünglichen Wäldern endemischen Insekten verursachen
nur geringe Schäden.265 Offensichtlich hat sich über Jahrhunderte ein
Gleichgewicht eingestellt, das )nsekten und Pflanzen nebeneinander friedlich leben lässt. Die gegenwärtigen Schäden werden bis zu
40 Prozent auf das zunehmende Eindringen von fremden Insekten
zurückgeführt, die sich aufgrund des Fehlens natürlicher Feinde sehr
schnell ausbreiten können.
So wurde z.B. der Bergkiefernkäfer (Dendroctonus ponderosae)
erstmals auf dem amerikanischen Kontinent 1994 in British Columbia entdeckt. Das Insekt zerstörte in den ersten zehn Jahren 240
Millionen Kubikmeter Wald auf einer Fläche von über 110.000 Quadratkilometern und verursachte somit einen jährlichen Schaden von
1,7 Millionen US-Dollar. Der Käfer breitete sich dann schnell in ganz
Kanada aus und erreicht mittlerweile die USA. Der kanadische Staat
gab bis 2004 insgesamt über 80 Millionen US-Dollar aus, um den
Käfer unter Kontrolle zu halten.266
Der ursprünglich aus Asien stammende und 2002 in Ontario entdeckte
Asiatische Eschenprachtkäfer (Agrilus planipennis) wird in Nordamerika einen noch grösseren Schaden anrichten. Nachdem er sich im
Jahr 2009 in neun weiteren Staaten der USA ausbreitete, errechneten
Wissenschaftler, dass der Käfer ohne Bekämpfungsmassnahmen in
den folgenden zehn Jahren insgesamt 38 Millionen Eschen zerstören
wird. Allein der notwendige Abtransport und die Wiederaufforstung
von 17 Millionen Bäumen würden 10,7 Milliarden US-Dollar kosten.
Die Ausgaben liegen jedoch noch höher. Um die grossen befallenen
Flächen zu kultivieren, müssen insgesamt 30 Millionen Bäume gerodet und neues Kulturland angelegt werden. Eine Studie geht von
Kosten in Höhe von über 20 Milliarden US-Dollar aus.267
79
2 Insekten als Schädlinge
In Ost- und Südafrika sind in den 1980er Jahren drei Insekten gleichzeitig eingeschleppt worden, die Nadelholzbäume schädigen: Pineus
boerneri, Eulachnus rileyi und Cinara cupressivora. Allein der letztgenannte Käfer zerstörte eine Waldfläche im Wert von
Millionen
US-Dollar, was einen jährlichen wirtschaftlichen Verlust von 14,5
Millionen US-Dollar bedeutet. Zusammen schädigen die drei Käfer die
afrikanischen Länder jedes Jahr mit einem Verlust von 17 Millionen
US-Dollar.268
Auch in Europa sind aggressive, plötzlich auftretende Waldschädlinge
wie der Asiatische Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis)
und der Eichenprozessionsspinner bekannt, die hohe Kosten für die
Rodung von ganzen Wäldern sowie Monitoring und Bekämpfung
verursacht haben.269
Anfang der 2000er Jahre wurden jährlich weltweit mindestens
370.000 Quadratkilometer Wald durch Insekten zerstört (Europa:
, Millionen , was einem Anteil an der Gesamtfläche von , Prozent
entspricht. Hierbei lagen kaum Zahlen für die afrikanischen Länder
vor, so dass man davon ausgehen kann, dass insgesamt weit mehr
Fläche als bisher gemessen den Insekten zum Opfer fällt.270
80
3 Insekten heute und in Zukunft
Wie haben sich die Insekten in den letzten Jahren weltweit entwickelt? Hat ihre Anzahl zu- oder abgenommen? Wie wird es mit ihrer
Entwicklung weitergehen? Die Antwort auf diese Fragen ist schwierig,
weil die meisten Insektenarten noch nicht entdeckt und entsprechend
in ihrem Bestand untersucht worden sind. Die Schätzungen für ihre
Anzahl bewegen sich zwischen zwei und zehn Millionen.271
Insbesondere in den Tropischen Regenwäldern wird ein Mehrfaches
der heute über eine Million bekannten Insektenarten vermutet.272 Der
Artenreichtum in diesen Lebensräumen ist zehnmal höher als in den
Waldbiotopen Mitteleuropas.273 Er kann jedoch aufgrund fehlender
Daten in den folgenden Ausführungen nicht berücksichtigt werden.
Der lokale Bestand an Insekten und dessen Entwicklung hängen von
mehreren Faktoren ab wie z.B.:
•
•
•
•
Temperatur/Luftfeuchtigkeit
Nahrungsangebot
Brutmöglichkeiten
Natürliche Feinde
Alle )nsekten benötigen ein artspezifisches Umfeld. Zecken wie der
Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) fühlen sich ab einer Temperatur
von acht Grad wohl. Die Stubenfliege Musca domestica) bevorzugt
Lebensräume mit mindestens 15 Grad und die Asiatische Tigermücke
(Stegomyia albopicta) benötigt Temperaturen von über 20 Grad, um
sich gut zu entwickeln. Während Fliegen und Mücken in gemässigten
Zonen überleben, brauchen Zecken eine Luftfeuchtigkeit von mindestens 85 Prozent.274
Zecken und Stechmücken ernähren sich vom Blut von Säugetieren
und Vögeln. Zusätzlich saugen Stechmücken auch Nektar und andere
Blütensäfte. Adulte Fliegen dagegen suchen kohlen- und eiweisshaltige Nahrung wie z.B. Obstsäfte und Milch. Die Larven der Fliegen
können sich von zersetzten pflanzlichen Stoffen wie z.B. Exkrementen ernähren.
81
3 Insekten heute und in Zukunft
Für ihre Brut benötigen Insekten unterschiedliche Rahmenbedingungen. Während Stechmücken feuchte Orte bevorzugen, bauen
Ameisen eigene Nester für ihren Nachwuchs und suchen dafür meist
Pflanzenteile und geschützte Stellen. Andere )nsekten wie die Stubenfliege Musca domestica) brauchen organisches Material wie Müll,
Dung oder Nahrungsmittel für die Eiablage und Larvenentwicklung.
Adulte Fliegen sind die Hauptnahrungsquelle von vielen Vögeln.
Fliegenlarven dagegen sind die Hauptnahrungsquelle vieler Fische.
Zecken werden von Pilzarten befallen sowie von Fadenwürmern,
parasitischen Insekten wie der Erzwespe Ixodiphagus hookeri und
vereinzelt auch von Vögeln gefressen. Die Asiatische Tigermücke
(Stegomyia albopicta) hat ganz andere natürliche Feinde. Ihre Eier
sind bei Ameisen wie der Art Solenopsis invicta und bei Marienkäfern
beliebt, die erwachsenen Tiere werden von Webspinnen gejagt.
Alle beschriebenen Zusammenhänge können sich durch externe
Einflüsse verändern. )m Folgenden wird deshalb auf die Auswirkungen
menschlicher Handlungen auf die Welt der Insekten eingegangen.
3.1 Anthropogene Einlüsse auf
Lebensräume
Über Jahrhunderte gewachsene Ökosysteme werden durch die
menschliche Nutzung verändert oder sogar gänzlich zerstört.
Dadurch überleben die darin etablierten Arten mit dann reduzierter Population – oder sie sterben ganz aus. Gebietsfremde Tiere
und Pflanzen dringen in die Lebensräume ein, können sich zur
dominanten Kraft entwickeln und damit den Gesamtbestand an
Organismen sogar erhöhen. Nachstehend wird diskutiert, ob und in
welcher Weise anthropogene Eingriffe in die Natur die Lebensbedingungen von )nsekten prägen. Die einzelnen Einflüsse sind dabei
in einem Geflecht von Wechselwirkungen zu sehen. So verstärkt
beispielsweise die Forstwirtschaft durch Rodung den Klimawandel
und die Stickstoffemissionen aus dem Strassenverkehr verschlechtern die Bodenfruchtbarkeit für die Landwirtschaft.
82
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
Abb. 14: Die Klimaerwärmung fördert die Vermehrung der Denguemücke (Aedes aegypti).
Bild: CC by U.S. Department of Agriculture, flickr.com
Abb. 15: Zugvögel wie der Hausrotschwanz kehren durch die Klimaerwärmung eher aus
ihren Winterquartieren zurück und beeinflussen so die )nsektenpopulation.
Bild: CC by Frank Vassen, flickr.com
83
3 Insekten heute und in Zukunft
3.1.1 Klimawandel
Der anthropogene globale Klimawandel wirkt sich unmittelbar auf
die natürlichen Lebensräume aus.275 So hat z.B. die Temperaturerwärmung in den letzten 100 Jahren auf der ganzen Welt die Vegetationszeit
für Pflanzen früher beginnen lassen. Studien zeigen, dass der Frühling heute – im Vergleich zu dem vor 60 Jahren – sieben Tage eher
anfängt.276 Eine nordamerikanische Langzeitstudie über 100 Jahre
kam zu dem Schluss, dass der Frühling aufgrund der erfolgten Temperaturerhöhung von bis zu 2,3 Grad sogar um zehn bis 13 Tage früher
einsetzte.277
Dies verändert auch die Lebensgewohnheiten der Tiere. In England
konnten Wissenschaftler feststellen, dass Vögel deutlich eher brüten.
Sie untersuchten über 24 Jahre lang insgesamt 74.000 Nester: Die
Vögel brüteten 8,8 Tage früher als zu Beginn der Studie.278 Insekten
wie beispielsweise Schmetterlinge können noch intensiver auf die
Klimaerwärmung reagieren. In Kalifornien sind z.B. 75 Prozent von
23 untersuchten Arten 24 Tage früher zu sehen als vor 30 Jahren.279
Die globale Klimaerwärmung ist dabei ein neuzeitliches Phänomen.
Sie vollzieht sich so schnell, dass Lebensräume und deren Flora und
Fauna nicht die Zeit haben sich entsprechend daran anzupassen.
Während mehrere hundert Jahre nur unwesentliche Temperaturschwankungen zu beobachten waren, steigt die Erderwärmung seit
1900 kontinuierlich an.280 Die erhöhte Temperatur sowie die Häufung
extremer Wetterereignisse strapazieren in hohem Masse die über
lange Zeit gewachsenen Ökosysteme. Anfällige, seltene Biotope, wie
beispielsweise Korallenriffe, boreale und tropische Regenwälder,
Gletscher, Mangrovenwälder, Graslandschaften, arktische und alpine Ökosysteme sowie Prärie- und Feuchtgebiete werden dauerhaft
geschädigt.281 Damit verbunden ist auch ein Rückgang der Insektenarten in den entsprechenden Lebensräumen.
Die Populationszusammensetzung und -dichte in diesen Biotopen ist
generell von der Anpassungsfähigkeit der einzelnen Insektenarten
abhängig:
84
•
•
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
Das Ausbreitungsgebiet von nicht besonders temperaturempfindlichen Insekten vergrössert sich.
Der Lebensraum von temperaturempfindlichen )nsekten verkleinert
sich.
)nsektenarten, die nicht besonders temperaturempfindlich sind,
tolerieren eine grössere Bandbreite von Temperaturen als andere.
Erwärmt sich generell das Klima, ertragen sie die Erwärmung im
bestehenden Biotop und können sich gleichzeitig nordwärts ausbreiten. So finden sich z.B. in den USA immer mehr tropische )nsektenarten
wie Tropische Grosslibellen, die von Kuba und den Bahamas nach
Florida einwandern.282 In Europa dagegen können sich Insekten wie
die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) etablieren.
Temperaturempfindliche )nsekten wie z.B. Schmetterlinge wechseln aufgrund des Klimawandels ihren bisherigen Lebensraum. Sie
verlassen ihre angestammten Biotope und ziehen nordwärts und in
die Höhe. Eine Studie in England konnte zeigen, dass zwischen 25
und 37 Prozent der Rückgänge der lokalen Schmetterlingsbestände
wie dem Grossen Sonnenröschen-Bläuling (Aricia artaxerxes), dem
Graubindigen Mohrenfalter (Erebia aethiops) und dem Knochs
Mohrenfalter (Erebia epiphron) auf die allgemeine Klimaerwärmung
zurückzuführen waren. Die Tagfalter zogen jeweils in Gebiete, die
ihrer Temperatur entsprachen. Diese Zone bewegte sich über 19
Jahre lang 88 Kilometer nordwärts und 98 Meter höher.283
In den USA wurde nachgewiesen, dass der Scheckenfalter Euphydryas
editha seinen Lebensraum innerhalb von mehr ca. 100 Jahren um 105
Meter in die Höhe verschoben hat und unter einer Höhe von 2.400
Metern 40 Prozent der Population ausgestorben ist.284 In Südfrankreich ist der Apollofalter (Parnassius apollo) unter einer Höhe von
850 Metern gänzlich verschwunden. Über 900 Metern fühlt er sich
hingegen weiterhin sehr wohl.285
Ein Wechsel des Lebensraums ist jedoch nur dann erfolgreich,
wenn die Insektenart grundlegend anpassungsfähig ist. Fehlt z.B.
die gewohnte Nahrungsquelle im neuen Biotop, müssen die Insekten sich anders ernähren – sonst sterben sie aus. Seinen Namen hat
der Kleine Sonnenröschen-Bläuling (Aricia agestis) seiner exklu85
3 Insekten heute und in Zukunft
siven Spezialisierung auf das Gelbe Sonnenröschen (Helianthemum
nummularium zu verdanken. Das temperaturempfindliche )nsekt
bewegte sich aufgrund der Klimaerwärmung nordwärts. Seine
wärmeaffine Nahrungsquelle hingegen verblieb in der (eimat des
Schmetterlings. Der Bläuling schaffte es, sich umzustellen und kann
sich heute von Geranien ernähren.286
Neben der Temperaturerwärmung wirken sich auch extreme Wetterereignisse auf die Insektenpopulationen aus. Eine experimentelle
Studie aus Österreich simulierte die Auswirkungen des Klimawandels und konnte zeigen, dass eine Erhöhung der Wassermenge um
15 Prozent je Regenfall und die Verlängerung von Trockenphasen
um 25 Prozent die Insektenbestände zwischen 39 (Zykaden Auchenorrhyncha und
Prozent Zweiflügler Diptera und Netzflügler
Neuroptera) reduzierte.287
Grundsätzlich gilt für die Anpassungsfähigkeit von Insekten:
Anspruchslose Generalisten können sich besser auf neue Umweltbedingungen einstellen und sich dementsprechend vermehren.
Anspruchsvolle Spezialisten dagegen gehen in ihrem Bestand zurück.
Damit verbunden ist ein starker Verlust an Biodiversität.
«Vor allem seit Mitte des letzten Jahrhunderts nimmt sie die
biologische Vielfalt, Anm. des Verfassers jedoch dramatisch ab, so
dass inzwischen viele wild lebende Arten und natürliche Ökosysteme in ihrer Existenz oder dauerhaften Funktionstüchtigkeit akut
bedroht sind. In Deutschland sind aktuell rund 40 Prozent der
wildlebenden Tierarten, ca. Prozent der Farn- und Blütenpflanzen und etwa 70 Prozent der Lebensräume gefährdet.»288
Neben der generellen Anpassungsfähigkeit der Insekten ist die
zeitliche Synchronisierung der Nahrungsnetze notwendig. Die
Lebenszyklen der einzelnen, voneinander abhängigen Pflanzen und
Tiere müssen trotz Klimaerwärmung und allfälligen geographischen Verschiebungen zusammenpassen: Herbivore Insekten und
deren Pflanzen, Prädatoren und ihre Beutetiere, Parasiten und deren
Wirte sowie Bestäuber und ihre Pflanzen.289 In Deutschland blühen
beispielsweise Apfelbäume, die repräsentativ den Beginn des Früh86
3.1 Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
lings zeigen, heute schon 20 Tage früher als noch vor 50 Jahren. Das
entspricht vier Tagen pro Jahrzehnt. Eine ähnliche Entwicklung ist
bei den Waldbäumen in vielen Ländern Europas zu beobachten.290
Solche grossen Verschiebungen führen zu komplexen Anpassungserscheinungen der Natur: Bestimmte Vogelarten können sich
aufgrund des kürzeren Winters positiv entwickeln. Andere, wie z.B.
Zugvögel, kommen zu spät, weil ihre Nisthöhlen dann bereits von
anderen Vogelarten besetzt sind. Pflanzen blühen früher und fordern
von den Insekten eine parallele Entwicklung. Um das System stabil zu
halten, müssen sich auch die Fressfeinde der Insekten analog darauf
einstellen. Ein funktionierendes Ökosystem besteht aus zahlreichen
Elementen, die viele Jahre brauchten, um sich zu harmonisieren.
Diese notwendige Abstimmung kann nicht immer so kurzfristig erfolgen, weshalb einige Tiere und Pflanzen aussterben.
Die globale Temperatur ist in den letzten 100 Jahren angestiegen,
in Europa z.B. um 0,8 Grad.291 Bis zum Jahr 2100 wird weltweit
eine weitere Klimaerwärmung von 1,8 bis 4,0 Grad erwartet.292
Zusätzlich wurden in den letzten Jahrzehnten vermehrt extreme
Wetterereignisse wie Trockenperioden und Überschwemmungen
registriert. Durch heftige Regenfälle entstehen viele kleine stehende
Gewässer, in denen Insekten wie Stechmücken und bestimmte
Fliegenarten ideale Brutplätze finden. Je höher die Temperatur steigt,
desto schneller verpuppen sich die Larven zu adulten Tieren. Für die
Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti, vgl. Abbildung 14) konnte
z.B. festgestellt werden, dass die Verpuppungsdauer sich mit zunehmender Temperatur verkürzt:293
•
•
•
•
bei 16 Grad Celsius:
bei 20 Grad Celsius:
bei 25 Grad Celsius:
bei 30 Grad Celsius:
32 Tage
16 Tage
9 Tage
6,5 Tage
Die Höhe der Temperatur korreliert direkt mit der Anzahl der
Insekten. Sie sorgt nicht nur für eine schnellere Verpuppung, sondern
auch für eine häufigere Paarung und damit eine verstärkte Eiablage.
Entsprechend bringt der Temperaturanstieg eine höhere Generationenanzahl hervor.
87
3 Insekten heute und in Zukunft
Je wärmesensibler die Insekten sind, desto stärker wirkt sich eine
Temperaturänderung auf ihre Populationsentwicklung aus. Besonders sensibel sind z.B. Blattläuse, die sich pro Jahr normalerweise
ein- bis zweimal (bivoltin) vermehren. Steigt die durchschnittliche
Jahrestemperatur nur um ein Grad, bringen die Blattläuse eine zusätzliche Generation hervor und vermehren sich entsprechend dreimal.294
Die in Europa endemischen Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) sind
ein Beispiel für Insekten, die sich aufgrund der Klimaerwärmung
nicht nur stärker fortpflanzen, sondern sich gleichzeitig auch nach
Norden ausbreiten. In den letzten Jahrzehnten vermehrte sich der
Schmetterling in Süditalien, Griechenland und Spanien dreimal pro
Jahr (trivoltin), in Norditalien, Nordspanien und Südfrankreich zweimal und in Nordeuropa und damit auch in Deutschland nur einmal
(univoltin).295 Im Jahr 2002 konnte erstmals eine bivoltine Population am Genfersee beobachtet werden. Vier Jahre später fanden sich
auf einer Fläche von 0,5 Quadratkilometern zweimal vermehrende
Maiszünsler im süddeutschen Breisgau. Im Folgejahr besiedelten sie
bereits 25 und im Jahr 2013 rund 2.000 Quadratkilometer.296
Die Erderwärmung führt zu milderen Wintern, die in den letzten Jahrzehnten festgestellt wurden. Je wärmer ein Winter ist, desto mehr
Insekten können überleben bzw. länger leben. Voraussetzung dafür
ist, dass auch das Nahrungsangebot in der kälteren Jahreszeit weiter
bestehen bleibt. Zecken profitieren z.B. davon, dass ihre Wirtstiere
wie Mäuse oder auch Hochwild bei gemässigteren Temperaturen
bessere Überlebenschancen haben.
Lange trockene Phasen im Sommer schaden der Entwicklung feuchtigkeitsliebender Insekten wie gewisser Fliegen und Stechmücken. In
Siedlungsgebieten wurden und werden jedoch anthropogene Feuchtigkeitsbiotope und damit gute Brutstätten geschaffen: Künstlich
angelegte Flussverläufe, Wasserspeicher aller Art und Bewässerungssysteme von landwirtschaftlichen Flächen sowie Park- und
Gartenanlagen.
Die folgenden Beobachtungen fassen einige beispielhafte Entwicklungen zusammen, die der Klimawandel in Deutschland verursacht:297
88
Alpen-Gletscher
•
•
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
1850 bis 1979: ein Drittel der Fläche bzw. die Hälfte der Eismasse
schmilzt ab, seit 1980 Verlust von weiteren 25 Prozent
Zugspitze: Eisbedeckung heute nur noch ein Fünftel (Basis 1930),
Verkürzung des Zeitraums mit Eisbedeckung von etwa zwei bis drei
Monaten auf meist einen Monat (Basis 1970er Jahre)
Tierverhalten
•
Zugvögel sind bis zu 20 Tage länger hier als vor 30 Jahren, jede dritte
Vogelart brütet etwa neun Tage früher
Landwirtschaft
•
Trockenstress wegen geringeren Niederschlags und wasserferner
Anbauflächen
Wasserwirtschaft
•
Absinkende Grundwasserspiegel in Brandenburg seit 30 Jahren
durch abnehmende Sommerniederschläge und höhere Verdunstung
Extrem-Ereignisse
•
•
•
Verdopplung der Stürme und Überschwemmungen seit 1970
Massenvermehrungen von Pflanzen und Tieren in bestimmten
Lebensräumen (z.B. Ruderfusskrebs vor Helgoland)
Verschiebung des Verbreitungsgebietes von Schmetterlingen um 35
bis 240 Kilometer nordwärts innerhalb von 30 bis 100 Jahren
Verschiebung phänologischer Phasen bei Pflanzen
•
•
•
(äufigkeit wärmeliebender Pflanzenarten steigt
Verfrühung der Blüte von Apfel, Schneeglöckchen
spätere Herbstfärbung der Blätter um etwa 5 Tage
Die Auswirkungen der hier beschriebenen Beobachtungen auf die
Insektenpopulationen können unterschiedlich sein. In der Summe
kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die klimainduzierten
Veränderungen der Lebensräume der Insekten sich positiv auf die
Abundanz auswirken:
89
3 Die Entwicklung der Insekten
•
•
•
•
•
Verkürzte Perioden der Eisbedeckung von Seen lassen die aquatischen Biotope länger und intensiver wachsen. Damit steigt der
Insektenbestand in diesen Gebieten.
Stürme und Überschwemmungen fördern tendenziell die Populationen von Stechmücken und gewissen Fliegen.
Massenvermehrungen von Pflanzen wirken sich positiv auf das
Nahrungsangebot und damit auf die Populationsentwicklung der
Insekten aus.
Die Vergrösserung ihres Verbreitungsgebietes bietet den Insekten eine breitere Futterauswahl und aufgrund von zunächst
fehlenden Konkurrenten und Räubern auch bessere Entwicklungsmöglichkeiten.
Die früher einsetzende Blütezeit von Pflanzen bereichert das Nahrungsangebot für Insekten.
Einige klimainduzierte Veränderungen wirken sich dagegen negativ
auf die Insektenpopulation aus:
•
•
Die Verlängerung der Rastzeiten von Brutvögeln sowie das frühere
Brüten der heimischen Vögel wirken sich negativ auf den lokalen
Insektenbestand aus (vgl. Abbildung 15).
Trockene Anbauflächen und absinkende Grundwasserspiegel
verändern das lokale Biotop und verschlechtern damit die Entwicklungsmöglichkeiten von Insekten.
Die aufgezeigten klimatischen Veränderungen lassen sich weltweit
beobachten. Damit kann festgestellt werden, dass die allgemeine
Klimaveränderung die Entwicklung der Insekten generell fördert.
Auch Massenvermehrungen von Tieren, von denen sich Insekten
ernähren, können den Insektenbestand vergrössern. Wenn es jedoch
zu Massenvermehrungen von Tieren kommt, die Insekten jagen,
schmälert dies die Insektenzahl.
Für Deutschland wird aufgrund der allgemeinen Klimaveränderung
ein Anstieg der Stechmücken- und Zeckenzahlen prognostiziert.298
Auch bei den Wespen finden sich Beispiele für wärmeliebende,
ursprünglich im Mittelmeerraum endemische Insekten, die sich nun
immer mehr in Deutschland etablieren. Hier breiten sich seit einigen
90
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
Jahren die Grabwespen Sphex funerarius und Philnathus coronatus
sowie die Dolchwespe Scolia sexmaculata aus. Jüngste Einwanderer
sind seit dem Jahr 2005 die Grabwespen Pison atrum und Miscophus
eatoni sowie die aus Südostasien stammende Grabwespe Sceliphron
curvatum.299
Immer mehr Insekten aus tropischen Ländern können sich durch den
Klimawandel auch in gemässigten, vorher für sie zu kalten Regionen etablieren. Durch ihr Eindringen verändern sich mittelfristig die
Ökosysteme. Je nach Insekt und Umfeld steigt oder sinkt die Anzahl
der Arthropoden.
Nachstehend finden sich einige Beispiele aus Regionen, in denen die
Anzahl der Schadinsekten zugenommen hat:
•
•
•
•
«Der Chikungunya-Ausbruch im Jahr 2007 in Norditalien, der
erstmalige Nachweis eines Chikungunya-Überträgers, Aedes albopictus («Tigermücke»), 2007 in Deutschland und die andauernde
West-Nil-Epidemie in Nord- und Südamerika deuten an, dass Klimawandel und davon beeinflusste ökologische Faktoren sowie
zunehmender globaler Personen-, Tier- und Güterverkehr auch in
Deutschland autochthone Ausbrüche von Infektionskrankheiten
ermöglichen könnten, deren Verbreitung früher auf tropische und
subtropische Regionen beschränkt war.»300
«Seit Mitte der 1990er Jahre jedoch nimmt der Befall mit Bettwanzen
nicht nur in Massenunterkünften, sondern auch in privaten Wohnungen und Häusern, Transportmitteln bis zu Luxushotels stetig zu.
Hauptgründe dafür sind vermehrte Reisetätigkeit und Mobilität der
Menschen, der nationale und internationale Handel mit Gebrauchtwaren (auch über das Internet), die Entstehung von Resistenzen
gegen über Jahrzehnte eingesetzte Wirkstoffe sowie Verbote von
einigen Wirkstoffen.»301
Getreideschädlinge haben sich seit 1960 zwischen 0,8 und 2,7 Kilometer nach Norden ausgebreitet.302
Schädlinge im Obstbau, wie z.B. der Apfelwickler (Cydia pomonella)
haben in den letzten Jahren zugenommen und werden sich weiter
ausbreiten. Ein Temperaturanstieg von ein bis drei Grad im Jahresmittel reicht aus, damit sich die Schädlinge statt ein bis zweimal neu
dann drei bis viermal vermehren.303
91
3 Insekten heute und in Zukunft
•
Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea), der
sich bereits seit 1760 in Europa ansiedelte, hat in den letzten 20
Jahren in ganz Europa stark zugenommen. Gründe dafür sind z.B.
Verschleppung von Pflanzenmaterial England , bessere Lebensbedingungen aufgrund von durch Rodungen durchsonnten Wäldern,
frühere Blattaustriebe und wärmere Frühjahre.304
3.1.2 Urbanisierung und Verkehr
Der weltweite Bevölkerungsanstieg vergrössert die Siedlungsflächen und deren Verbindungswege. In den stark wachsenden urbanen
Gebieten sind die Wohnverhältnisse oft unzureichend: Fehlende
oder undichte Kanalisationssysteme sowie bewusst oder unbewusst
geschaffene Kleinwasserspeicher wie z.B. Schalen und Eimer sind
ideale Brutstätten für Insekten. Ihre unmittelbare Nähe zu den
Menschen und damit zu den Wirten sowie das enge Zusammenleben
der Bewohner auf kleinstem Raum fördern die Entwicklung von
Parasiten.
Auf der anderen Seite beeinflusst die zunehmende Versiegelung
ganzer Gebiete die Vielfalt der Natur und damit auch der Insekten
negativ. In Deutschland wurden von 2000 bis 2010 durchschnittlich jeden Tag rund 950.000 Quadratmeter als Siedlungs- und
Verkehrsfläche neu errichtet. Das entspricht einer jährlichen Fläche
von knapp 350 Quadratkilometern. Davon wurde nicht die gesamte
Menge versiegelt, aber doch umgenutzt und aktiv der natürlichen
Umwelt entzogen. In den 1990er Jahren war der Bedarf mit 1,25
Quadratkilometern pro Tag noch höher, so dass von 1995 bis 2010
eine Fläche von über 6.000 Quadratkilometern versiegelt wurde.305
Das entspricht mehr als zweimal der Grösse des Saarlandes oder
sechsmal der Grösse von Berlin.
Durch die Vernetzung der Siedlungsgebiete können Tiere und
Pflanzen neue Lebensräume erobern. Der wachsende internationale Waren- und Personenverkehr (vgl. Abbildung 16) fördert die
Einschleppung gebietsfremder Insekten kurzfristig und erhöht damit
langfristig die Anzahl der Insekten im jeweiligen Importland.306 In
der Regel existieren für nicht heimische Insekten nach deren Ankunft
92
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
Abb. 16: Internationaler Waren- und Personenverkehr fördert die Einschleppung
gebietsfremder Insekten.
Bild: CC by tobias ((, flickr.com
Abb. 17: In Monokulturen vermehren sich Schädlinge wie Maiszünsler oder Maiswurzelbohrer besonders gut.
Bild: CC by fishhawk, flickr.com
93
3 Insekten heute und in Zukunft
keine Fressfeinde. Sie können sich ungehindert vermehren und damit
die Anzahl der Insekten erhöhen. Mittel- und langfristig wird die
Vermehrung jedoch durch dann angepasste Feinde reguliert, was die
Anzahl der Insekten entsprechend reduziert.
3.1.3 Landwirtschaft
Der Pro-Kopf-Konsum von Nahrungsmitteln nimmt besonders in
den Entwicklungs- und Schwellenländern stark zu. Die Landwirtschaft muss deshalb stetig mehr Erträge bringen, was die Bauern in
der Vergangenheit vor allem durch die Vergrösserung der Nutzfläche ermöglichten. In den letzten 50 Jahren ist die landwirtschaftlich
genutzte Fläche weltweit jedes Jahr um ein Prozent gestiegen, die
Erträge jedes Jahr zwischen zwei und vier Prozent.307 Mittlerweile
werden über 15 Millionen Quadratkilometer für den Getreideanbau
genutzt. Dies entspricht zwölf Prozent der weltweiten Landfläche.308
In Deutschland werden bereits über 50 Prozent der gesamten Fläche
für die Landwirtschaft genutzt.309 Die Umnutzung vorhandener natürlicher Flächen ist mit einem Verlust der Biodiversität verbunden.
Biotope, die sich über Jahrhunderte artenreich entwickeln konnten,
werden nach landwirtschaftlichen Kriterien in für die bestehende
Pflanzen- und Tierwelt nicht lebensfähige Räume umgewandelt.
Das Effizienzstreben der Marktteilnehmer führt zu einer Reduzierung der Anbaupflanzen. Nur drei Pflanzensorten decken heute
Prozent der für die menschliche Ernährung weltweit benötigten
Nahrungsenergie: Mais, Reis und Weizen.310 Diese Abnahme der
Strukturvielfalt ist dabei mit kürzeren Fruchtfolgen sowie erhöhten
Nährstoffeinträgen verbunden. Auch langfristig kann sich deshalb auf
den umgenutzten Flächen die Biodiversität nicht mehr in der verlorengegangenen Intensität entwickeln. Die Grösse und die Qualität der
Lebensräume für Insekten sind entsprechend stark zurückgegangen.
Generell führen die Erschliessung neuer Gebiete, die Umnutzung
bestehender Flächen sowie die Rodung von Wäldern zum vollständigen Verlust der Lebensräume oder zur Abnahme der Attraktivität
der Biotope für die etablierten Insektenarten. Dadurch reduziert sich
auch die Insektenanzahl.
94
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
«Während die kleinbäuerliche Landwirtschaft für eine grosse
Vielfalt an Nutzungen und Strukturen sorgte und unzähligen
Bienenarten ein Auskommen in den Feldfluren ermöglichte, ist die
heutige industrielle Landwirtschaft die Hauptursache für ihren
gravierenden Rückgang.»311 (vgl. auch Abbildung 19)
Die neu entstandenen Biotope können jedoch andere Insekten anziehen und damit deren Population erhöhen. Ein Beispiel dafür ist der
international zunehmende Maisanbau. Von 2006 bis 2013 erweiterte
sich die weltweite Anbaufläche von , auf , Millionen Quadratkilometer und der Ertrag wuchs von 700 Millionen auf rund eine
Milliarde Tonnen. )m gleichen Zeitraum nahm die Anbaufläche in
Europa von 130.000 auf 190.000 Quadratkilometer zu.312 Trotz des
erhöhten Einsatzes von chemischen und biologischen Bekämpfungsaktivitäten stiegen die Artenvielfalt sowie die Populationsdichte von
Schadorganismen deutlich. Unkräuter und Pilzkrankheiten entwickelten sich rasch und Insekten breiteten sich aus. Die Monokulturen (vgl.
Abbildung 17) zogen immer mehr Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) an,
die zusammen mit den in Frankreich und Spanien auftretenden Zünslern Sesamia nonagrioides Anfang der 2000er Jahre zwischen 25 und
50 Prozent des europäischen Maisanbaus schädigten. Auch andere
Schmetterlinge wie Eulenfalter (Noctuidae) und Käfer wie Schnellkäfer (Elateridae) und der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica
virgifera virgifera) fühlten sich schnell wohl und vermehrten sich
entsprechend.313 Weltweit zerstört der Maiswurzelbohrer rund
sieben Prozent der landwirtschaftlichen Erträge und breitet sich
weiter aus.314 )n den USA verursacht er heute Schäden und Pflanzenschutzkosten von ca. einer Milliarde US-Dollar pro Jahr.315
Auch in Deutschland hat der Maisanbau in den letzten Jahrzehnten
stark zugenommen. Während im Jahr 1960 auf rund 560 Quadratkilometern Mais produziert wurde, waren es 1990 schon 16.050 und
2013 rund 25.000 Quadratkilometer.316 Die Befallsdichte und Gesamtpopulation des Maiszünslers gibt Landwirten Anlass zur Sorge: So
konnte z.B. im nördlichen Niedersachsen nachgewiesen werden, dass
der sich von Süddeutschland nach Norden ausbreitende Schmetterling im Jahr 2011 in weniger als 50 Prozent der Maisfelder mit einem
Befall von weniger als einem Prozent vorhanden war. Drei Jahre
später waren über 80 Prozent der Fläche mit mehr als einem Prozent
95
3 Insekten heute und in Zukunft
befallen und sogar über ein Viertel mit mehr als fünf Prozent.317 Im
Jahr 2013 wurde der Maiszünsler in 90 Prozent aller deutschen
Landkreise gefunden.318 Schliesslich entdeckte man 2007 erstmals
auch den Westlichen Maiswurzelbohrer in Deutschland. Aufgrund
erheblicher chemischer Bekämpfungsmassnahmen konnte man
seine Ausbreitung stoppen. Im Jahr 2013 wurde der Schädling immer
noch in sieben Prozent der Landkreise nachgewiesen.319
3.1.4 Schwefel- und Stickstoffemissionen
Wesentlichen Einfluss auf Lebensräume sowie auf die Landwirtschaft
haben die anthropogen (z.B. durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe) verursachten Schwefel- und Stickstoffverbindungen. Diese
gelangen durch Regen und Nebel in den Boden (saurer Regen) und
fördern die Eutrophierung (Überdüngung mit Nährstoffen) sowie die
Versauerung der Böden. Zudem wird dem Boden bei der Düngung
zu viel Phosphat zugeführt, das ein verstärktes Pflanzenwachstum
hervorruft. Dadurch steigt die Biomasse und damit auch die Anzahl
ihrer Verwerter. Diese benötigen zu viel Sauerstoff und erzeugen
damit ein Ungleichgewicht, das dem Boden schadet und ihn degradieren lässt.
Ein erhöhter Stickstoffgehalt wirkt sich auch direkt auf die Artenvielfalt in der Bodenfauna aus. Arten, die Stickstoff besonders mögen,
wachsen schnell, andere, die nährstoffärmere Böden bevorzugen,
gehen ein. Damit verändert sich die Artenzusammensetzung des
jeweiligen Bodens, die sich vorher über lange Zeit optimiert hatte.
Entsprechend wandelt sich langfristig das gesamte Ökosystem.
Besonders deutlich werden diese Zusammenhänge am Beispiel des
Regenwurms. Wie Insekten kann er zu Hunderten pro Quadratmeter
vorkommen und in vielfacher Hinsicht die natürliche Entwicklung des
Bodens fördern. Seine Gänge geben Bakterien Luft zum Atmen und
bieten Pflanzen die Möglichkeit, schneller zu wachsen. So vermischt
er unterschiedliche Bodenschichten und baut organische Substanzen
ab. Seine Exkremente dienen als Dünger. Um zu leben, braucht der
Wurm einen spezifischen Säuregehalt im Boden. Eine Studie konnte
zeigen, dass sich der Regenwurm bei einem ph-Wert des Bodens
96
. Anthropogene Einflüsse auf Lebensräume
Abb.
: Die grossflächige Abholzung des Regenwalds zerstört Lebensräume und
erhöht die CO2-Konzentration der Atmosphäre.
Bild: CC by C)AT, flickr.com
Abb. 19: In der Landwirtschaft können Elemente wie z.B. artenreiche Blühwiesen die
Biodiversität erhöhen sowie Nahrung und Lebensraum für Insekten bieten.
(Bild: © A. Heyd/NABU Bonn)
97
3 Insekten heute und in Zukunft
zwischen 5 und 6 am wohlsten fühlt (über 130 Würmer pro Quadratmeter).320 Fällt der Wert dagegen unter 5, nimmt der Bestand rapide
ab. Bei einem Wert von 4 bis 5 waren es nur rund 75 und bei einem
Wert von unter 4 nur 10 Regenwürmer. Der Säuregehalt des Bodens
wird sehr stark durch den Eintrag von Stickstoff, Schwefel und anderen Stoffen reduziert. So drängen diese Stoffe direkt den Bestand der
Regenwürmer zurück und wirken sich massiv auf die Entwicklung
der Böden und damit auf das Pflanzenwachstum und die )nsektenpopulationen aus.
3.1.5 Forstwirtschaft
Die Forstwirtschaft beeinflusst die Lebensräume von )nsekten.
Millionen Quadratkilometer oder 30 Prozent der gesamten weltweiten Landfläche sind mit Wald bedeckt, wovon allein
Prozent in
Russland, Brasilien, Kanada, USA und China liegen. Jedes Jahr werden
rund
.
Quadratkilometer Waldfläche gerodet und damit
natürliche Lebensräume vernichtet.321 Trotz umfangreicher Neuanpflanzungen beträgt der jährliche Nettoverlust immer noch rund
50.000 Quadratkilometer. Das entspricht einem täglichen Rückgang
von 140 Quadratkilometern und damit einer Fläche von der Grösse
einer Stadt wie Bonn.322
Wichtig für die Artenvielfalt ist nicht nur die Quantität sondern auch
die Qualität des Waldes, z.B. bezüglich des Alters. Die Bäume werden
in der Regel im ersten Drittel ihrer biologischen Lebenszeit gefällt.
Damit wird viel natürliches Wachstumspotential nicht genutzt.
Deshalb können sich manche Pflanzen und Tiere überhaupt nicht
mehr entwickeln, vor allem nicht solche, die auf alte Waldbestände
angewiesen sind. So sind z.B. nur 2,3 Prozent der Bäume älter als 160
Jahre.323
In Südamerika und Afrika sowie in Süd- und Südostasien ist der
Holzeinschlag am gravierendsten. In den westlichen Industrieländern hingegen konnte die negative Entwicklung gestoppt werden: In
Nordamerika stagniert die Grösse der Waldfläche und in Nordeuropa
kann mittlerweile ein leichter Anstieg verzeichnet werden. Weltweit
schrumpfte der Wald jedoch von 1990 bis 2015 um 3,1 Prozent.324
98
3.2 Bestandsentwicklung
Damit wird nicht nur der Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen
zerstört, sondern auch der CO2-Gehalt der Atmosphäre gesteigert.
Der Wald entzieht bei der Photosynthese der Atmosphäre ständig
Kohlendioxid (CO2) und dient somit als grosse Kohlenstoffsenke.
Jedes Kilogramm Holz kann zwei Kilogramm Kohlenstoff speichern.
Primärwälder halten entsprechend grosse Mengen an Kohlenstoff
vor. Allein die jährliche Rodung der Tropenwälder ist für 20 Prozent
der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und trägt so
wiederum wesentlich zum Klimawandel bei (vgl. Abbildung 18).325
3.2 Bestandsentwicklung
Zahlreiche Insektenzählungen in Europa belegen, dass die Anzahl
der )nsektenarten sowie die Populationen der Arten rückläufig sind.
Der Vergleich nationaler roter Listen der gefährdeten Insekten zeigt,
dass die Vielfalt an Arten und die Gesamtzahl der Tiere innerhalb
aller Insektenordnungen in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen
sind.326 Nur sehr wenige Artenbestände wachsen, während viele
stagnieren oder rückläufig sind.327 Die Bestandsgefährdung liegt bei
vielen Arten bereits im zweistelligen Prozentbereich.
Eine länderübergreifende Studie zu Schmetterlingen in ganz Europa
zeigt z.B., dass
•
•
•
•
•
nur vier Prozent der Falterarten in den letzten Jahren zunahmen,
rund 50 Prozent der Arten stabil blieben und
Prozent rückläufig waren.
Bereits neun Prozent waren in ihrem Bestand gefährdet und
zehn Prozent potenziell gefährdet.328
Für Grosslibellen konnte man europaweit feststellen, dass
•
•
•
•
•
die Bestände von zehn Prozent der Arten zunahmen,
über 50 Prozent stabil waren und
24 Prozent zurückgingen.
Bereits 15 Prozent waren in ihrem Bestand gefährdet und
weitere elf Prozent potentiell gefährdet.329
99
3 Insekten heute und in Zukunft
Beispielhaft für die europäische Populationsentwicklung wird
nachstehend die Situation in Deutschland beschrieben.330 Die vom
Deutschen Bundesamt für Naturschutz im Jahr 2011 herausgegebene
Rote Liste gefährdeter Tiere331 zeigt, dass von den 5.910 untersuchten
Insektenarten 45,8 Prozent, also 2.704 Arten, entweder ausgestorben, in ihrem Bestand gefährdet oder extrem selten geworden sind
(vgl. Tab. 1).332
Im Vergleich zur letzten Roten Liste von 1998, als 38,3 Prozent der
Arten als gefährlich eingestuft wurden, hat sich die Situation erheblich verschlechtert. Im Zeitraum von nur 13 Jahren (1998 bis 2011)
hat sich die Zahl der gefährdeten Arten um knapp 20 Prozent erhöht.
Dieser Artenschwund wird von einem massiven Rückgang der Insektenbestände begleitet: Die Populationen haben in den letzten 25
Jahren um 23,8 Prozent und damit um knapp ein Viertel abgenommen (vgl. Tab. 2).
Besonders auffällig ist der starke Abwärtstrend bei den Ameisen,
der nicht ausschliesslich mit den oben skizzierten Gründen für
einen Rückgang der Arten- und Individuenzahlen zu erklären ist.
Die negative Entwicklung der Ameisen wird unter anderem mit der
Verringerung des Totholzanteiles in den Wäldern erklärt, der sich
aufgrund einer verstärkten Nutzung des Holzes als Brennmaterial
ergibt.335
100
3.2 Bestandsentwicklung
Insektenfamilie
Langbein-, Tanzund
Rennraubfliegen
Bewertete Rote-Liste% RoteArten
Arten
Liste-Arten
1.089
747
68,6%
Ameisen
108
61
56,5%
Bienen
561
293
52,2%
Raubfliegen
81
39
48,1%
Wespen
559
258
46,1%
Zünsler
255
114
44,7%
Heuschrecken
Grossschmetterlinge
80
33
41,3%
1.444
542
37,5%
Tab. 1: Rote Liste der gefährdeten Insekten in Deutschland.333
Insektenfamilie
Negativ
Stabil
Positiv
0%
4,4%
0%
Ameisen
91,7%
2,8%
56,5%
Bienen
41,7%
45,6%
1,8%
Raubfliegen
23,5%
30,9%
2,5%
Langbein-, Tanzund
Rennraubfliegen
Wespen
37,4%
54,2%
0%
Zünsler
27,8%
58,8%
3,1%
Heuschrecken
22,8%
59,5%
10,1%
Grossschmetterlinge
30,7%
51,0%
4,9%
Tab. 2: Bestandsentwicklung innerhalb der Insektenfamilien in
Deutschland zwischen 1985-2010. Nicht aufgeführt sind
Arten mit unbekanntem Trend.334
101
3 Insekten heute und in Zukunft
3.3 Ausblick
Insekten trotzen seit über 400 Millionen Jahren allen Umwelteinflüssen. Sie haben grösste Naturkatastrophen überstanden, indem
sie sich den neuen Umweltbedingungen anpassten oder sich alternative Lebensräume suchten. Dabei profitierten sie von ihrer kurzen
Generationszeit und der Fähigkeit, sich mehrmals im Jahr zu reproduzieren. Wie die Insekten jedoch langfristig mit den anthropogenen
Einflüssen umgehen werden, ist kaum abzusehen.
Dabei zeigen die im letzten Kapitel gezeigten Zahlen noch nicht
die Folgen unseres gegenwärtigen Handelns. Die Insektenarten
und deren Bestände werden in Zukunft noch mehr als beschrieben
zurückgehen. In einer internationalen Studie konnte nachgewiesen
werden, dass das Artensterben erst mit einer Verzögerung, meistens
von einigen Jahren, eintritt. Der heutige Zustand ist also das Ergebnis unseres Handelns, das schon einige Jahre zurück liegt. Bedenkt
man, dass die anthropogenen Umweltschäden in den letzten Jahren
zugenommen haben, wird sich in Kürze ein noch schlechteres Bild
darstellen.336
Die einzelnen Insektenfamilien und -arten dürfen in der generellen
Analyse nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr gilt es Zusammenhänge zu berücksichtigen, z.B.:
•
•
Insekten haben ein vielfältiges Wirkspektrum auf ihr Ökosystem.
Bekannte Beziehungen zwischen Räuber und Beute gelten nicht
immer.
Insekten können parasitisch leben und sich von anderen Insekten
ernähren. Die gleichen )nsekten können aber auch Pflanzen bestäuben. Die Larven von Schwebfliegen z.B. jagen Blattläuse. Gleichzeitig
bestäuben sie aber auch zahlreiche Pflanzen. Gehen die Schwebfliegen zurück, können sich die Blattläuse besser entwickeln. Ein
Rückgang der Fliegen bedeutet aber aufgrund der fehlenden Bestäubungsleistung auch einen Rückgang der Pflanzen und damit der
Nahrungsquelle für viele andere Insekten.
102
3.3 Ausblick
Wie sähe eine Welt ohne Insekten aus? Der bekannteste Insektenforscher der Welt Edward Wilson beschreibt die Auswirkungen
folgendermassen:
«Die Bedeutung von Insekten und anderen landbewohnenden
Arthropoden ist so gross, dass die Menschheit deren völliges
Verschwinden wahrscheinlich nur um wenige Monate überleben würde. Ebenso abrupt wie die Menschen würden die meisten
Amphibien, Reptilien, Vögel und Säugetiere aussterben. Als nächstes verschwände die Mehrzahl der Blütenpflanzen und mit ihnen die
physische Struktur der meisten Wälder und weiterer terrestrischer
(abitate der Erde. Die Oberfläche des Festlandes würde buchstäblich verfaulen. Sobald die abgestorbenen Pflanzen sich anhäuften
und verdorrten – und somit die Nährstoffkreisläufe unterbrächen
–, stürben die höherentwickelten Pflanzenformen und mit ihnen
fast alle landbewohnenden Wirbeltiere aus. Die freilebenden Pilze
würden nach einer sprunghaften Populationszunahme gewaltigen
Ausmasses einen ebenso steilen Populationsschwund erfahren, und
die meisten Arten gingen zugrunde. Die Landmasse würde annähernd auf die Stufe des frühen Paläozoikums zurückfallen: von
Matten liegender, windbestäubter Pflanzen bedeckt, hier und da
durch versprengte Gruppen kleiner Bäume und Sträucher aufgelockert und weitgehend bar jeden tierischen Lebens.»337
103
4 Fazit: Gehasst, bedroht
und schützenswert
Die Leistungen von Insekten für unser Leben und unsere Ernährung,
für die Wirtschaft und die Wissenschaft sind von unschätzbarem
Wert. Ohne )nsekten gäbe es viel weniger Tiere und Pflanzen. Wir
Menschen würden nach kurzer Zeit aussterben. Der weltweite Rückgang ihrer Populationen ist deshalb auch für uns bedrohlich.
Andererseits richten Insekten aus menschlicher Sicht teils verheerende Schäden an und bilden eine Gefahr für Gesundheit und Besitz.
Doch warum scheinen sich Insekten und Menschen nicht zu vertragen? Die Gründe dafür sind bei uns selbst zu suchen:
•
•
Die Schäden entstehen, weil wir in die Natur eingreifen. Wir sind es,
die Naturgebiete wie z.B. Wälder abholzen und Siedlungen bauen.
Wohin sollen die )nsekten fliegen und kriechen?
Zur Plage werden vor allem gebietsfremde Insekten. Wir sind es, die
sie importieren. Wichtiger als die Bekämpfung vor Ort ist die Belassung der Tiere in ihrer Heimat.
•
Der Klimawandel fördert die Bewegung der Tiere über ihre bisherigen geographischen Grenzen hinweg. Deshalb sollten wir vor
allem die Ursachen des Klimawandels angehen statt die Insekten zu
bekämpfen und so weiteres Ungleichgewicht zu fördern.
•
Eine vielfältige Natur ist für uns von grösstem Nutzen. Selbst die für
den Menschen gefährlichen Tsetsefliegen und Tigermücken haben
einen ökologischen Wert: Sie sind Teil der Nahrungskette und fördern
die Biodiversität. Wenn wir sie grossflächig bekämpfen, verstärken
wir das ökologische Ungleichgewicht, das weitere Kettenreaktionen
verursacht. Entscheidend ist, exakt nur dort einzugreifen, wo es
dringend notwendig ist.
104
4 Fazit: Gehasst, bedroht und schützenswert
Dort, wo Menschen und )nsekten in Konflikt geraten, lohnt sich
deshalb ein differenzierter Blick auf die Situation. Insgesamt sollte
die Insektenbekämpfung reduziert werden. Wo sie unbedingt
notwendig erscheint, sollte sie möglichst umweltverträglich und
ohne Chemieeinsatz geschehen. Schliesslich ist für jeden Eingriff in
die Natur, der mit Insektenverlust verbunden ist, ein Ausgleich zu
schaffen – idealerweise durch eine Kompensationsfläche.338 So lässt
sich ein Zustand nahe am natürlichen Gleichgewicht herstellen und
das Bewusstsein für den Wert von Insekten steigern.
105
Verzeichnis der Insekten
Lat. Name
Einordnung
Seite
Acarus siro
Mehlmilbe
78
Acrida exaltata
Heuschreckenart aus der Familie
der Feldheuschrecken
27
Aedes aegypti, auch Stegomyia aegypti
Ägyptische Tigermücke, Denguemücke
46, 50ff.,
83, 87
Aedes albopictus, auch
Stegomyia albopicta
Asiatische Tigermücke
46, 50, 56,
81f., 85, 91
Agrilus auroguttatus
Goldgefleckter Eichelbohrer
76
Familie der Mottenschildläuse
75
Anagyrus lopezi
Schlupfwespenart aus der Familie
der Erzwespen
29, 32, 38
Anaphe panda
Schmetterling aus der Familie der
Seidenspinner
27
Anisopteromalus calandrae
Lagererzwespenart aus der Familie
der Erzwespen
34
Anopheles
Mückengattung aus der Familie der
Stechmücken
46, 54
Anoplophora glabripennis
Asiatischer Laubholzbockkäfer
80
Aphidoletes aphidimyza
Gallmückenart
33
Apis mellifera
Honigbiene
15
Aproceros leucopoda
Ostasiatische Pflanzenwespe
76
Aricia agestis
Kleiner Sonnenröschen-Bläuling
85
Aricia artaxerxes
Grosser Sonnenröschen-Bläuling
85
Aromia bungii
Asiatischer Moschusbockkäfer
76
Auchenorrhyncha
Unterordnung der Zykaden
86
Batrocera invadens
Fruchtfliegenart aus der Familie der
Bohrfliegen
70
Tabakmottenschildlaus
69
Bombyx mori
Chinesischer
Maulbeerseidenspinner
40
Brachycera
Fliegen
15
Ceratitis capitata
Mittelmeerfruchtfliege
35
Aleyrodidae
Bemisia tabaci
106
Verzeichnis der Insekten
Ceratopogonidae
Familie der Gnitzen oder
Bartmücken
15
Chilo partellus
Stängelbohrer
69
Chrysolina quadrigemina
Käferart aus der Familie der
Blattkäfer
34
Chrysoperla carnea
33
Cicadellidae
Gemeine Florfliege oder
Grüne Florfliege
Familie der Zwergzikaden
75
Cinara cupressivora
Zypressenrindenlaus
80
Coccinella septempunctata
Siebenpunkt-Marienkäfer
33
Cochliomyia hominivorax
Neuwelt-Schraubenwurmfliege
29
Ordnung der Käfer
67, 73
Fliegenart aus der Familie der
Raupenfliegen
33
Rotbrauner Leistenkopfplattkäfer
78
Culex pipiens
Gemeine Stechmücke oder
Nördliche Hausmücke
50, 54, 56
Culex tritaeniorhynchus
Reisfeldstechmücke
46, 52
Culicidae
Familie der Stechmücken
30
Culicoides obsoletus
Mückenart aus der Familie der
Gnitzen oder Bartmücken
66
Culicoides pulicaris
Mückenart aus der Familie der
Gnitzen oder Bartmücken
66
Curculionidae
Familie der Rüsselkäfer
74
Cydia pomonella
Apfelwickler
75, 91
Dactylopius coccus
Cochenilleschildlaus
42
Dendroctonus ponderosae
Bergkiefernkäfer
79
Dermacentor reticulatus
Auwaldzecke
46, 59
Coleoptera
Compsilura concinnata
Cryptolestes ferrugineus
Diabrotica virgifera virgifera Westlicher Maiswurzelbohrer
76, 95
24, 86
Drosophila melanogaster
Ordnung der Zweiflügler
Elateridae
Diptera
Art aus der Familie der Taufliegen
39
Familie der Schnellkäfer
95
Ephestia elutella
Speichermotte, Heumotte, Tabakmotte
78
Episyrphus balteatus
(ainschwebfliege
33
Erebia aethiops
Graubindiger Mohrenfalter
85
107
Verzeichnis der Insekten
Erebia epiphron
Knoch‘s Mohrenfalter
85
Eulachnus rileyi
Pinienblattlaus
80
Euphydryas editha
Schmetterling aus der Unterfamilie
der Scheckenfalter
85
Glossina
46, 61, 65
Glossina palpalis
Tsetsefliegen, Gattung aus der Familie der Zungenfliegen
Habrobracon hebetor
Hermetia illucens
Tsetsefliegenart
61
Mehlmottenschlupfwespe
34
Soldatenfliege
31, 34, 42
30
Hyalomma marginatum
Gattung aus der Familie der
Eintagsfliegen
Zeckenart aus der Familie der
Schildzecken
58
Icerya purchasi
Australische Wollschildlaus
32
Ichneumonidae
Familie der Schlupfwespen
35
Ixodiphagus hookeri
Art aus der Familie der Erzwespen
82
Ixodes dermacentor
Amerikanische Hund- oder
Waldzecke
61
)xodes pacificus
Westliche Schwarzbeinzecke
59
Ixodes persulcatus
Taiga Zecke
59
Ixodes ricinus
Gemeiner Holzbock
46, 57f.,
60, 67, 81
Ixodes scapularis
Hirschzecke
49, 59
Kermes vermilio
Kermes-Schildlaus
42
Laccifer lacca
Lack-Schildlaus
41
Laelius pedatus
Plattwespenart
33
Lampyridae
Familie der Leuchtkäfer
39
Lariophagus distinguendus
Lagererzwespe
34
Lepidoptera
Ordnung der Schmetterlinge
24, 74
Lucilia caesar
17
Lucilia sericata
Goldfliege
Goldfliege
41
Lymantria dispar
Schwammspinner
35
Miscophus eatoni
Grabwespenart
91
Mononychellus tanajoa
Grüne Cassava-Milbe
69
Musca domestica
Stubenfliege
27, 81f.
Hexagenia
108
Verzeichnis der Insekten
Nemapogon granellus
Kornmotte
78
Neuroptera
Ordnung der Netzflügler
24, 86
Noctuidae
Familie der Eulenfalter
95
Oecophylla smaragdina
Asiatische Webermeise
31
Ornithodoros savignyi
Zeckenart aus der Familie der
Lederzecken
44
Oryzaephilus surinamensis
Getreideplattkäfer
78
Ostrinia nubilalis
Maiszünsler
75, 88, 95
Oxya fuscovittata
Heuschreckenart aus der Familie
der Feldheuschrecken
27
Parnassius apollo
Apollofalter
85
Pediculus capitis
63
Phenacoccus manihoti
Kopflaus
Maniokschmierlaus
32
Philnathus coronatus
Grabwespenart
91
Phlebotomus mascittii
Sandmückenart aus der Familie der
Schmetterlingsmücken
53
Pineus boerneri
Blattlausart
80
Pison atrum
Grabwespenart
91
Plodia interpunctellla
Dörrobstmotte
78
Prostephanus truncatus
Grosser Kornbohrer
69
Psocoptera
Ordnung der Staubläuse
24, 78
Pulex irritans
63
Rhipicephalus sauguineus
Menschenfloh
Braune Hundezecke
60
Rodolia cardinalis
Marienkäferart
32, 109
Sarcoptes scabiei
Krätzmilbe
61
Scarabaeidae
Familie der Blatthornkäfer
30
Sceliphron curvatum
Orientalische Mauerwespe
91
Schistocerca gregaria
Wüstenheuschrecke
70
Scolia sexmaculata
Dolchwespenart
91
Sesamia nonagrioides
Maiseule
95
Sitophilus granarius
Kornkäfer
78
Solenopsis invicta
Rote Feuerameise
82
Sphex funerarius
Heuschreckensandwespe
91
Stegobium paniceum
Brotkäfer
78
109
Verzeichnis der Insekten
Stegomyia albopicta, auch
Aedes aegypti
Asiatische Tigermücke
46, 50, 56,
81f., 85, 91
Strauzia longipennis
Sonnenblumenfruchtfliege
77
Syrphidae
Tenebrio molitor
Familie der Schwebfliegen
16
Mehlwurm
27
69
Thaumastocoris peregrinus
Familie der Frucht- oder Bohrfliegen
Wanzenart
77
Thaumetopoea processionea
Eichenprozessionsspinner
63, 91
Thysanoptera
75
Tribolium confusum
Ordnung der Fransenflügler
Amerikanischer Reismehlkäfer
78
Trichogramma evanescens
Schlupfwespenart
34
Trogoderma granarium
Khaprakäfer
33
Urophora quadrifasciata
Fliegenart aus der Familie der Bohrfliegen
36
Tephritidae
Urophora affinis
110
Fliegenart aus der Familie der Bohrfliegen
36
Glossar
Abundanz
Populationsdichte bzw. Anzahl der Individuen einer Art, bezogen auf
ihr Habitat.
anthropogen
Alles durch den Menschen verursachte, hergestellte, oder von ihm
beeinflusste, wie z.B. vom Menschen verursachte Umweltprobleme.
Arthropoden
Zum Stamm der Gliederfüsser gehören Tiere wie Insekten, Krebstiere
(z.B. Entenmuscheln oder Krebse), Tausendfüsser und Spinnentiere
(z.B. Spinnen, Milben oder Skorpione).
autochthon
Einheimisch, indigen.
Biodiversität
Die Biologische Vielfalt beinhaltet drei Bereiche: die Vielfalt aller
Arten z.B. Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen , aller Ökosysteme (d.h. Lebensräume und die Wechselwirkungen der Arten mit
ihrer Umwelt) sowie die genetische Vielfalt innerhalb von Arten.
Biodiversität umfasst damit weit mehr als der Begriff der Artenvielfalt.
Biom
Grosslebensraum; das gesamte vorherrschende Ökosystem eines
weitläufigen Gebiets der Erdoberfläche.
bivoltin
Zwei Generationen pro Jahr.
boreal
Nördlich. Dem nördlichen Klima Europas, Asien und Amerikas zugehörend.
111
Glossar
endemisch
Das Auftreten von Pflanzen und Tieren in einer bestimmten, klar
abgegrenzten Umgebung. Bei Krankheiten: Gehäuftes Auftreten in
einer begrenzten Region oder Population.
Entomologie
Insektenkunde.
Epidemie
Örtliche und zeitliche Häufung einer Infektionskrankheit innerhalb
einer Population von Menschen.
Eutrophierung
Überdüngung mit Nährstoffen.
Epizootie
Örtliche und zeitliche Häufung einer Infektionskrankheit innerhalb
einer Population von Tieren.
herbivor
Kräuterfressend; bei Tieren: Tiere, die von pflanzlicher Nahrung leben.
Insekten
Insekten sind die artenreichste Klasse der Tiere und gehören
zum Stamm der Gliederfüsser (Arthropoda). Zum Stamm der Gliederfüsser zählen daneben Krebse, Spinnentiere, Asselspinnen,
Hundertfüsser sowie weniger bekannte andere Klassen. Mit knapp
einer Million beschriebener Arten repräsentieren Insekten 60 Prozent
aller beschriebenen Tierarten insgesamt. Im Deutschen nennt man
sie auch Kerbtiere, wegen ihrer verschiedenen voneinander abgesetzten Körperteile: Kopf, Brust mit drei Beinpaaren, Hinterleib,
Chitin-Panzer. Sie unterscheiden sich damit von der Klasse der
Spinnentiere, die immer vier Beinpaare am Vorderteil tragen. Zu den
bekanntesten )nsektenordnungen gehören (autflügler z.B. Ameisen,
Bienen, Wespen , (euschrecken, Käfer, Libellen, Netzflügler, Ohrwürmer, Pflanzenläuse, Schaben, Schmetterlinge, Wanzen, Zikaden und
Zweiflügler z.B. (ausfliege . Die meisten )nsekten sind ein bis
Millimeter gross. Wegen ihrer Vielfalt besetzen sie heute fast jede
ökologische Nische.
koprophag
Kot verzehrend.
112
Glossar
Letalität
Die Sterblichkeit bei einer Krankheit, d.h. das Verhältnis der Todesfälle zur Anzahl der Erkrankten.
Mangrove
Das Ökosystem Mangrove wird von Wäldern salztoleranter
Mangrovenbäume im Gezeitenbereich tropischer Küsten mit Wassertemperaturen über 20 Grad gebildet.
phänologisch
Biologische Prozesse betreffend, die von regelmässigen natürlichen
Entwicklungserscheinungen beeinflusst sind, z.B. Jahreszeiten.
Parasit
Organismus, der von einem anderen, grösseren Lebewesen (Wirt)
Ressourcen z.B. Körperflüssigkeiten wie Blut abzieht und ihn
dadurch schädigt.
Pheromon
Botenstoff zur Kommunikation zwischen Individuen derselben Art,
z.B. Sexualpheromone zum Anlocken von Geschlechtspartnern oder
Aggregationspheromone, mit dem Borkenkäfer sich versammeln, um
eine Pflanze zu befallen.
phytophag
Pflanzenfresser im Tierreich. Bei grossen Tieren spricht man von
Herbivoren, bei kleinen Tieren von Phytophagen.
Prädator
Räuber; fleischfressende Lebewesen.
Resilienz
Widerstandsfähigkeit eines Systems gegen Störungen bzw. Veränderungen.
solitär
Tiere, die einzeln leben, im Gegensatz zu geselligen Lebewesen
(gregär).
trivoltin
Drei Generationen pro Jahr.
113
Glossar
Trophieebene
Stellung eines Lebewesens in der Nahrungskette.
trophisch
Die Ernährung betreffend.
univoltin
Eine Generation pro Jahr.
vector-borne diseases
In der Biologie und Medizin ist ein Vektor ein Krankheitsüberträger. Er transportiert einen Erreger vom Wirt auf einen anderen
Organismus, ohne selbst zu erkranken. Zu den durch solche Vektoren ausgelösten („borne“) Krankheiten („diseases“) gehören z.B. die
durch verschiedene Tigermücken übertragenen Dengue-, Chikungunja-, West Nil- und Gelbfieber.
Xenogamie
Die Fremdbestäubung kann durch Wasser, Wind und Tiere erfolgen.
Zoonose
Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die sich von Tier zu Mensch
oder von Mensch zu Tier übertragen. So wird z.B. das sogenannte
Q-Fieber vor allem durch Schafe auf den Menschen übertragen.
114
Anmerkungen
1.
Wilson, E.O. (1997): Der Wert der Vielfalt. Die Bedrohung des Artenreichtums
und das Überleben des Menschen. München: Piper Verlag, S. 171.
2.
O’Toole, C. (2000): Faszinierende Insekten. Wunder und Rätsel einer fremden
Welt. Augsburg: Weltbild Verlag, S. 207.
3.
Berenbaum, M.R. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 14 ff.
4.
In der Systematik der Biologie erfolgt die Einordnung von Arten wie folgt: Reich,
Stamm, Klasse, Ordnung, Gattung, Art. Am Beispiel der Stubenfliege: Reich: Tierreich. Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda). Klasse: Insekten (Insecta). Ordnung:
Zweiflügler Diptera). Unterordnung: Fliegen (Brachycera). Familie: Echte Fliegen (Muscidae). Gattung: Musca. Art: Stubenfliege Musca domestica).
5.
Berenbaum, M.R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
Akademischer Verlag, S. 160. Und: Hölldobler, B.; Wilson, E. (2013): Der Superorganismus. Der Erfolg von Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten. Berlin/
Heidelberg: Springer Verlag, S. 360.
6.
Wilson, E.O. (1997): Der Wert der Vielfalt, Die Bedrohung des Artenreichtums
und das Überleben des Menschen. München: Piper Verlag, S. 257.
7.
Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2009): Blütenbestäuber und Biodiversität.
www.bfn.de/0326_bestaeuber.html (Zugriff: 25.08.2014).
8.
Jaksic-Born, C. et al. (2006): Natura. Grundlagen der Biologie für Schweizer
Maturitätsschulen. Zug: Klett und Balmer Verlag, S. 36.
9.
Jaksic-Born, C. et al. (2006): Natura. Grundlagen der Biologie für Schweizer
Maturitätsschulen. Zug: Klett und Balmer Verlag, S. 38.
10.
Leins, P.; Erbar, C. (2008): Blüte und Frucht. Aspekte der Morphologie, Entwicklungsgeschichte, Phylogenie, Funktion und Ökologie. ., überarb. Auflage.
Stuttgart: Schweizerbart‘sche Verlagsbuchhandlung.
11.
12.
13.
In diesem Buch sind die lateinischen Namen der Gliederfüsser kursiv in Klammern gesetzt, wenn sie als direkte Übersetzung der zuvor genannten deutschen
Bezeichnungen dienen. Sind sie ohne Klammern gesetzt, spezifizieren sie den
zuvor genannten (in der Systematik der Biologie übergeordneten) Begriff.
Beispiel: die Schlupfwespe Anagyrus lopezi. Schlupfwespen ist der Name einer
Familie der (autflügler, in welche die Art Anagyrus lopezi eingeordnet wird.
Klein, A.-M. et al. (2007): Importance of pollinators in changing landscapes for
world crop. In: Proceedings of the Royal Society B, Biological Science, Vol. 274
(1608), S. 304.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) (2008): Rapid
Assessment of Pollinators’ Status. A contribution to the international initiative
for the conversation and sustainable use of pollinators. Rome: FAO, S. 5.
115
Anmerkungen
14.
Vgl. auch: Ssymank, A. et al. (2009): Caring for Pollinators. Safeguarding agrobiodiversity and wild plant diversity. Bonn: Bundesamt für Naturschutz (BfN),
BfN-Skripten 250, S. 39 ff.
15.
Künast, C. (o.J.): Blütenbestäuber brauchen mehr Lebensraum. Wie Eh
da-Flächen die biologische Vielfalt fördern können. Berlin: Fördergemeinschaft
Nachhaltige Landwirtschaft e.V. (FNL) Initiative „Innovation & Naturhaushalt“,
S. 11.
16.
Greenpeace e.V. (2013): Bye Bye Biene? Das Bienensterben und die Risiken für
die Landwirtschaft in Europa. Hamburg: Greenpeace e.V., S. 3 ff.
17.
Klein, A.M. et al. (2007): Importance of pollinators in changing landscapes for
world crop. In: Proceedings of the Royal Society B, Biological Science, Vol. 274
(1608), S. 303 ff.
18.
Bawa, K.S. (1990): Plant–pollinator interactions in tropical rain forests. In:
Annual Review of Ecology and Systematics, Vol. 21, S. 299–422.Und: Kremen,
C. et al. (2007): Pollination and other ecosystem services produced by mobile
organisms: a conceptual framework for the effects of land-use change. In: Ecology Letters 10(4), S. 299-314, S. 306.
19.
Williams I.H. (1994): The dependence of crop production within the European
Union on pollination by honey bees. In: Agricultural Zoology Reviews 6, S. 229
– 257. Und: Aizen, M.A. et al. (2009): How much does agriculture depend on
pollinators? Lessons from long-term trends in crop production. In: Annals of
Botany, Vol. 103, Nr. 9, S. 1579-1588.
20.
Roubik, D.W. (1995): Pollination of cultivated plants in the tropics. In: FAO Agricultural Services Bulletin, Vol. 118, Rom: FAO. Und: Aizen, M.A. et al. (2009):
How much does agriculture depend on pollinators? Lessons from long-term
trends in crop production. In: Annals of Botany, Vol. 103, Nr. 9, S. 1579-1588.
21.
der
wichtigsten Futterpflanzen werden von )nsekten bestäubt. Die
bestäubten Pflanzen entsprechen
Prozent der weltweiten Lebensmittelproduktion. Die Pflanzen werden jedoch nicht ausschliesslich von )nsekten
bestäubt, so dass der Anteil der Insekten niedriger als 35 Prozent ist. Klein, A.M.
et al. (2007): Importance of pollinators in changing landscapes for world crop.
In: Proceedings of the Royal Society B, Biological Science, Vol. 274 (1608), S. 306.
22.
Lautenbach, S. et al. (2012): Spatial and Temporal Trends of Global Pollination
Benefit. PLoS ONE
:e
. doi: .
/ journal.pone.
.
23.
Kremen, C. et al. (2007): Pollination and other ecosystem services produced by
mobile organisms: a conceptual framework for the effects of land-use change.
In: Ecology Letters. Vol. 10, S. 299.
24.
Berenbaum, M. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 14.
25.
Aizen, M.A. et al. (2009): How much does agriculture depend on pollinators?
Lessons from long-term trends in crop production. In: Annals of Botany, Vol.
103, S. 1579 ff.
26.
Ebenda.
27.
Greenpeace e.V. (2013): Bye Bye Biene? Das Bienensterben und die Risiken für
die Landwirtschaft in Europa. Hamburg: Greenpeace e.V., S. 3 ff.
28.
Schulbiologiezentrum des Landkreises Marburg-Biedenkopf (2001): Praxiskauz
2. Wir untersuchen den Lebensraum Boden. Tiere in der Laub- und Nadelstreu.
116
Anmerkungen
29.
30.
Marburg: Arbeitshilfe zur Umwelterziehung, Schulbiologiezentrum des Landekreises Marburg-Biedenkopf., . Auflage, S. ff.
Schulbiologiezentrum des Landkreises Marburg-Biedenkopf (2001): Praxiskauz
2. Wir untersuchen den Lebensraum Boden. Tiere in der Laub- und Nadelstreu.
Marburg: Arbeitshilfe zur Umwelterziehung, Schulbiologiezentrum des Landekreises Marburg-Biedenkopf., . Auflage, S.
ff.
Beller, J. (2006): Bodeneigenschaften und Insekten/Spinnen. In: Bodenschutz –
eine Aufgabe des Naturschutzes?, S. 5.
31.
Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
Akademischer Verlag, S. 160.
32.
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das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und en Ausschuss der Regionen. Brüssel: Europäische Kommission,
S. 2.
33.
Convention on Biological Diversity (2010): Global Biodiversity Outlook 3.
Montreal: Secretariat of Convention on Biological, S. 24.
34.
Convention on Biological Diversity (2010): Global Biodiversity Outlook 3.
Montreal: Secretariat of Convention on Biological, S. 9.
35.
Ebenda.
36.
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007):
Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt. Berlin: Bundesministerium für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, S. 17.
37.
Bundesamt für Naturschutz (2012): Hintergrundinfo: Naturschutz / Biologische Vielfalt / Daten zur Natur, 20 Jahre nach Rio: Daten zur Natur ermöglichen
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Bonn: Bundesamt für Naturschutz, S. 4.
38.
Deutsche Bundesregierung (2012): Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, Fortschrittsbericht 2012. Berlin, S. 71 f.
39.
Millennium Ecosystem Assessment (2005): Ecosystems and Human Well-being:
Biodiversity Synthesis. Washington, D.C.: World Resources Institute, S. 3 f.
40.
Townsend, C. R. et al. (2003): Ökologie. Heidelberg/Berlin: Springer Verlag, 2nd
Edition, S. 391 ff.
41.
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Bauer, H. G. et al. (2011): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Ein
umfassendes Handbuch zu Biologie, Gefährdung und Schutz. Wiebelsheim:
AULA-Verlag, S. 745.
42.
Erwachsene Drosseln benötigen pro Tag ca. zehn Prozent ihres Körpergewichtes an Nahrung. Das entspricht ca. sieben Gramm und damit rund 1.000 kleinen
Insekten. Melde, M. (1991): Die Singdrossel. Turdus philomelos. Wittenberg
Lutherstadt: Ziemsen Verlag, S. 79 ff.
43.
Löhrl, H. (1991): Die Haubenmeise. Parus cristatus. Wittenberg Lutherstadt:
Ziemsen Verlag, S. 99.
44.
Löhrl, H. (1991): Die Haubenmeise. Parus cristatus. Wittenberg Lutherstadt:
Ziemsen Verlag, S. 97 ff.
117
Anmerkungen
45.
Wimmer, N.; Zahner, V. (2010): Spechte. Ein Leben in der Vertikalen. Karlsruhe:
G. Braun Buchverlag, S. 22 ff.
46.
Korodi Gal, ).
: Contribuții la cunoașterea biologiei reproducerii și
hranei puilor la ghionoaia verde (Picus viridis L.). Muzeul Brukenthal. Studii
și Comunicări. Științele Naturii, . )n: Bauer, K.M.; Glutz von Blotzheim, U.N.
(2001): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, S. 329-336.
47.
48.
49.
Berenbaum, M. R. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 18.
Eckmann, R.; Schleuter-(ofmann, D.
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Westarp-Wissenschaft, S. 74.
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50.
Losey, J.E.; Vaughan, M. (2006): The economic value of ecological services provided by insects. In: Bioscience, S. 311 ff.
51.
Klewen, R. (1991): Landsalamander Europa: 1. Die Gattungen Salamandra und
Mertensiella. Wittenberg Lutherstadt: Ziemsen-Verlag, . Auflage, S.
ff.
52.
53.
Klewen, R. (1991): Landsalamander Europa: 1. Die Gattungen Salamandra und
Mertensiella. Wittenberg Lutherstadt: Ziemsen-Verlag, . Auflage, S.
ff.
Grosse, W. R. (1994): Der Laubfrosch. Hyla arborea. Magdeburg: WestarpWissenschaften, S. 169 ff.
54.
Kuzmin, S. L. (1995): Die Amphibien Russlands und angrenzender Gebiete.
Magdeburg: Westarp-Wissenschaften, S. 170 ff.
55.
Günther, R. (1990): Die Wasserfrösche Europas. Anura-Froschlurche. Wittenberg Lutherstadt: Ziemsen Verlag, S. 91.
56.
Grosse, W. R. (1994): Der Laubfrosch. Hyla arborea. Magdeburg: WestarpWissenschaften, S. 89 ff.
57.
Grosse, W. R. (1994): Der Laubfrosch. Hyla arborea. Magdeburg: WestarpWissenschaften, S. 90.
58.
Witte, G. R. (1997): Der Maulwurf. Talpa europaea. Magdeburg: WestarpWissenschaften, S. 105 ff.
59.
Witte berichtet, dass der Nahrungsbedarf eines Maulwurfes mit 62,6 Prozent
seines Körpergewichtes berechnet werden konnte. Daraus hat der Autor berechnet, dass der Maulwurf bei einem durchschnittlichen Gewicht zwischen 60 und
150 Gramm ca. 50 Gramm Biomasse zu sich nehmen muss. Witte, G. R. (1997):
Der Maulwurf. Talpa europaea. Magdeburg: Westarp-Wissenschaften, S. 102.
60.
Schober, W. (1998): Die Hufeisennase: Rhinolophidae. Hohenwarsleben:
Westarp-Wissenschaften, S. 29.
61.
Schober, W. (1998): Die Hufeisennase: Rhiholophidae. Hohenwarsleben:
Westarp-Wissenschaften, S. 94 & 67 ff.
62.
Einen Überblick über die Aktivitäten zeigt: Food and Agriculture Organization
of the United Nations (2013): Edible insects. Future prospects for food and feed
security. Rome: FAO, S. 35 ff.
118
Anmerkungen
63.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rome: FAO, S. 24 ff.
64.
Ein guter Überblick über ausgezeichnete Ernährungswerte von )nsekten findet
sich bei: Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible
insects. Future prospects for food and feed security. Rom FAO, 162 ff.
65.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO , S. 68f.
66.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO , S. 73.
67.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO , S. 178 ff.
68.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO , S. 9 ff.
69.
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Deutschlands (2011): Welt im
Wandel, Gesellschaftsvertrag für eine grosse Transformation. Berlin, S. 4.
70.
Tschirner, M.; Simon A.
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processing on the nutrient composition of black soldier fly larvae destined for
animal feed. In: Wageningen Academic Publishers Journal of Insects as Food and
Feed, S. 1.
71.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO, S. 207 ff.
72.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO, S. 95
73.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO, S. 91
74.
OECD, Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): OECDFAO Agricultural Outlook 2013-2022. Highlights. O.O.: OECD/FAO, S. 194 ff.
75.
Maribus et al. (Hg.) (2013): Die Zukunft der Fische – die Fischerei der Zukunft.
Hamburg: maribus, S. 85.
76.
OECD, Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): OECDFAO Agricultural Outlook 2013-2022. Highlights. O.O.: OECD/FAO, S. 194 ff.
77.
OECD, Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): OECDFAO Agricultural Outlook 2013-2022. Highlights. O.O.: OECD/FAO, S. 196.
78.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO, S. 198 ff.
79.
Bornemissza G. F. (1976): The Australian Dung Beetle Poject 1965-1975. In:
Australian Meat Research Committee Review, Vol. 30, S. 1-30. Zitiert in: Food
and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects: future prospects for food and feed security. Rome: FAO, S. 5.
80.
O’Toole, C. (2000): Faszinierende Insekten. Wunder und Rätsel einer fremden
Welt. Augsburg: Weltbild Verlag, S. 205.
81.
Berenbaum, M. R. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 18.
119
Anmerkungen
82.
Radtke, O. A. (1999): Die Insekten als ständige Mit- und Gegenspieler des
Menschen. In: BIOkular, S. 6.
83.
Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
Akademischer Verlag, S. 379.
84.
Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects:
future propects for food and feed security. Rome: FAO, S. 203.
85.
Berenbaum, M. R. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 20.
86.
O’Toole, C. (2000): Faszinierende Insekten. Wunder und Rätsel einer fremden
Welt. Augsburg: Weltbild Verlag, S. 200.
87.
Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
Akademischer Verlag, S. 230.
88.
Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
Akademischer Verlag, S. 230 ff.
89.
Cerutti, H. (2011): Wie Hans Rudolf Herren 20 Millionen Menschen rettete. Die
ökologische Erfolgsstory eines Schweizers. Zürich: Orell Füssli Verlag, S. 37 ff.
90.
Cerutti, H. (2011): Wie Hans Rudolf Herren 20 Millionen Menschen rettete. Die
ökologische Erfolgsstory eines Schweizers. Zürich: Orell Füssli Verlag, S. 70.
91.
Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
Akademischer Verlag, S. 232.
92.
Jehle, J. A. et al.
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Braunschweig: Julis Kühn Institut, S. 33 ff.
93.
.
Schneller, H. (2009): Biologische Schädlingsbekämpfung mit Nützlingen. Referat 2.2.2009. Augustenberg: Landwirtschaftliches Technologiezentrum, S. 8.
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96.
Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung zwischen Mensch und Insekt. Heidelberg: Spektrum
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97.
Myers, H.M. et al. (2008): Development of Black Soldier Fly (Diptera: Stratiomyidae) Larvae Fed Dairy Manure. In: Environ. Entomol. 37(1), S. 11.
98.
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Future prospects for food and feed security. Rome: FAO, S. 215.
99.
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1314 ff.
120
Anmerkungen
100. Peck, R.W. et al. (2008): Alien dominance of the parasitiod wasp community
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introduced generalist tachinid, on the non-target species in North America: A
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105. Pearson, D. E.; McKelvey, K. S.; Ruggiero, L. F. (1999): Non-target effects of an
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108. Cerutti, H. (2011): Wie Hans Herren 20 Millionen Menschen rettete. Die ökologische Erfolgsstory eines Schweizers. Zürich: Orell Füssli Verlag, S. 45 f.
109. Peters, Marian (2013): Application of edible inscets: insects as the missing link
in designing a circular economy. In: Edible insects. Future prospects for food and
feed security. Rom: Food and Agriculture Organization of the United Nations, S.
114 f.
110. Der Pillenkäfer Scarabaeus satyrus nutzt zum Navigieren tagsüber die Sonne
und nachts den Mond. Forscher konnten nun feststellen, dass sich die Käfer
bei mondlosen Nächten zuverlässig an den Sternen der Milchstrasse orientieren können. Quelle: Dacke, M. et al. (2013): Dung Beetles Use the Milky Way for
Orientation. In: Current Biology, Vol. 23, Issue 4: Elsevier, S. 298 ff.
111. Glowing Plant (2015): Natural Lighting without Electricity. www.glowingplant.
com (Zugriff: 13.8.2015).
112. Über dieses Thema gibt es zahlreiche Publikationen. Stellvertretend sollen hier
genannt werden: Hölldobler, B.; Wilson, E. (2013): Der Superorganismus. Der
Erfolg von Ameisen, Bienen, Wespen und Termiten. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag, S. 1 ff. Und: Wilson, E. O. (2013): Die soziale Eroberung der Erde.
Eine biologische Geschichte des Menschen. München: Verlag Beck, S. 1 ff. Und:
Werber, N. (2013): Ameisengesellschaften. Eine Faszinationsgeschichte. Frankfurt: S. Fischer Verlag, S. 1 ff.
121
Anmerkungen
113. Berenbaum, M. R. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 20.
114. Berenbaum, M. R. (2001): Unerwarteter Weltuntergang. Was geschähe, wenn
plötzlich alle Insekten aussterben würden? In: Neue Züricher Zeitung Folio, Juli
2001, S. 18
115. Yong-Woo, L. (1999): Silk reeling and testing manual. In: FAO Agricultural
services bulletin No. 136, Rome: FAO, S. 1 ff.
116. Vasisht, K.; Kumar, V. (2004): Africa, Compendium of Medicinal and Aromatic
Plants. Trieste: United Nations Industrial Development Organization and the
International Centre for Science and High Technology, S. 1.
117. WHO (2003): Traditional medicine. Fact sheet No. 134. www.who.int/mediacentre/factsheets/2003/fs134/en/ (Zugriff: 7.8.2015).
118. WHO (2013): WHO traditional medicine strategy 2014-2023. Genf: WHO, S. 25
ff.
119. Eigene Berechnung basierend auf Vasisht und Kumar, die bereits für 2004 ein
Volumen des weltweiten Marktes in Höhe von 60 Mrd. US Dollar angegeben
haben. Vasisht, K.; Kumar, V. (2004): Africa, Compendium of Medicinal and
Aromatic Plants. Trieste: United Nations Industrial Development Organization
and the International Centre for Science and High Technology, S. 1 ff. Und: WHO
(2003): Traditional medicine. Fact sheet No. 134. www.who.int/mediacentre/
factsheets/2003/fs134/en/ (Zugriff: 7.8.2015).
120. O’Toole, C. (2000): Faszinierende Insekten. Wunder und Rätsel einer fremden
Welt. Augsburg: Weltbild Verlag, S. 209.
121. Rufli, T.
: Biochirurgie, bewährtes Verfahren in der Wundbehandlung. )n:
Deutsches Ärzteblatt, Heft 30, 26.07.2002, S. A 2038.
122. Berenbaum, M. R. (1997): Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten. Die
zwiespältige Beziehung von Mensch und Tier. Heidelberg: Spektrum Akad.
Verlag, S. 179 ff.
123. Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (2014): Jahresbericht 2012/2013. Frankfurt am Main: Verband der deutschen Lack- und
Farbenindustrie e.V., S. 34 ff.
124. Markus, M. (2014): Unsere Welt ohne Insekten? Ein Teil der Natur verschwindet. Stuttgart: Franck-Kosmos Verlag, S. 21.
125. Markus, M. (2014): Unsere Welt ohne Insekten?. Ein Teil der Natur verschwindet. Stuttgart: Franck-Kosmos Verlag, S. 21.
126. Food and Agriculture Organization of the United Nations (2013): Edible insects.
Future prospects for food and feed security. Rom: FAO, S. 93.
127. Engelbrecht, H.; Reichmuth, C. (1997): Schädlinge und ihre Bekämpfung.
(amburg: Behr’s Verlag, . Auflage, S. .
128. Engelbrecht, H.; Reichmuth, C. (1997): Schädlinge und ihre Bekämpfung.
(amburg: Behr’s Verlag, . Auflage, S. .
129. Engelbrecht, H.; Reichmuth, C. (1997): Schädlinge und ihre Bekämpfung.
(amburg: Behr’s Verlag, . Auflage, S. .
130. World Health Organization (WHO) (2015): World Malaria Report 2014. Geneva:
WHO, S. i f.
122
Anmerkungen
131. Abdullah, G et al. (2010): Alkhurma Hemorrhagic Fever in Humans, Nigran,
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2010, S. 1882-1887.
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138. Gould beschreibt z.B. die Möglichkeit, dass durch Zugvögel die in Asien beheimatete Japanische Encephalatis nach Europa kommen könnte. Gould, E.A.;
Solomon, T.
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, Nr.
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143. Robert Koch Institut (2012): Aktuelle Daten und Informationen zu Infektionskrankheiten und Public Health. In: Epidemiologisches Bulletin, Nr. 43, S. 435.
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146. WHO Initiative for Vaccine Research (2013): Vector-Borne Viral Infections.
Geneva: WHO, S. 2.
123
Anmerkungen
147. Gould, E. A.; Solomon, T.
371, Nr. 9611, S. 500.
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148. World Health Organization (WHO) (2014): Yellow Fever. Factsheet No. 100,
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149.
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150. Centres for Disease Control and Prevention (CDC) (2012): Japanese Encephalitis
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151. Ebenda.
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124
Anmerkungen
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125
Anmerkungen
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186. CDC (2013): Diagnosis and Management of Q-Fever, United States 2013. In:
MMWR, Vol. 62 (RR03), S. 3.
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Anmerkungen
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221. FAO (2006): Bluetongue in Europe. In: Empress Watch, 09/2006, S. 1.
127
Anmerkungen
222. FAO (2006): Bluetongue in Europe. In: Empress Watch, 09/2006, S. 4.
223. FAO (2006): Bluetongue in Europe. In: Empress Watch, 09/2006, S. 3.
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128
Anmerkungen
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Anmerkungen
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130
Anmerkungen
275. Einen guten Überblick über Studien zu den Auswirkungen der Klimaerwärmung
auf die Qualität der natürlichen Lebensräume mit besonderer Berücksichtigung
der Insektenbiotope gibt Camille Parmesan (2006). Einige der nachstehenden
zitierten Studien wurden hier entnommen. Parmesan, C. (2006): Ecological and
Evolutionary Responses to Recent Climate Change. In: Annual Review of Ecology, Evolution, and Systematics, Vol. 37, S. 637-669.
276. Bradley, N. L. et al.
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284. Parmesan, C. (1996): Climate and species’ range. In: Nature, No. 382, S. 765 f.
285. Descimon, H. et al. (2006): Decline and extinction of Parnassius apollo populations in France – continued. In: Kuhn, E.; Feldman, R.; Settele, J.: Studies on the
Ecology and Conservation of Butterflies in Europe. Sofia, Bulgaria: Pensoft.
286. Thomas, C. D. et al. (2001): Ecological and evolutionary processes at expanding
range margins. In: Nature, No. 411, S. 577 ff.
287. Zaller, J. G. et al. (2014): Future rainfall variations reduce abundances of aboveground arthropods in model agroecosystems with different soil types. In: Front
Environ. Sci. 2:44. Doi:10.3389/fenvs.2014.00044.
288. BMELV (2007): Agrobiodiversität erhalten, Potentiale der Land-, Forst- und
Fischerreiwirtschaft erschliessen und nachhaltig nutzen. Bonn: BMELV, S. 12.
289. Harrington R., Woiwod, I., Sparks, T. (1999): Climate change and trophic interactions. In: Trends Ecol. Evol., No. 14, S. 146 ff.
290. Deutsches Umweltbundesamt (O.J.): Durch Umweltschutz die biologische Vielfalt erhalten. Bonn: Deutsches Umweltbundesamt, S. 62 ff.
291. Umweltbundesamt (2013): Beobachteter Klimawandel. 23.07.2015. www.
umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimawandel/beobachteterklimawandel (Zugriff: 4.11.2015).
292. Umweltbundesamt (2013): Zu erwartende Klimaänderungen bis 2100.
25.07.2013. www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimawandel/
zu-erwartende-klimaaenderungen-bis-2100 (Zugriff: 4.11.2015).
131
Anmerkungen
293. Carrington, L. B. et al. (2013): Effects of Fluctuating Daily Temperatures at Critical Thermal Extremes on Aedes aegypti Life-History Traits. In: Plos One, Vol. 8,
Issue 3, S. 3 ff.
294. Müller-Motzfeld, G. (2007): Klimawandel und Faunenveränderung bei Insekten.
In: Gemeinsame Tagung des NABU-BFA Entomologie mit dem LFA Entomologie
Berlin/Brandenburg sowie den Berliner entomologischen Fachgruppen, dem
Entomologischen Verein Orion und dem Naturkundemuseum der HumboldtUniversität vom 13.-14. Oktober 2007, S. 2.
295. Meise, Th. (2003): Monitoring der Resistenzentwicklung des Maiszünsler (Ostrinia nubilalis, Hübner) gegenüber Bt-Mais. Dissertation Universität Göttingen, S.
9.
296. Zimmermann, O. et al. (2014): Die Bekämpfung von bivoltinen Maiszünsler
Populationen – ein Fazit aus Forschung & Praxis. )n: . Deutsche Pflanzenschutztagung „Forschen – Wissen - Pflanzen schützen: Ernährung sichern!“ .
bis 26. September 2014, Freiburg, S. 485.
297. Klasen. J. et al.
: Einfluss von Klimaänderungen auf vektorübertragende
Krankheiten.In: Vortrag Umweltbundesamt, S. 7-9.
298. Mücke, H.-G. et al. (2009): Gesundheitliche Anpassung an den Klimawandel.
Berlin: UBA, S. 7 ff.
299. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2011): Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). In:
Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 70 (3), S. 453 ff.
300. Stark, K. et al. (2009): Die Auswirkungendes Klimawandels. Welche neuen
Infektionskrankheiten und gesundheitlichen Probleme sind zu erwarten? In:
Bundesgesundheitsblatt, S. 1.
301. Klasen, J.; Schrader, G. (2011): Bettwanzen: Biologie des Parasiten und Praxis
der Bekämpfung. In: Fortbildung für den öffentlichen Gesundheitsdienstes
2011, 23-25.03.2011, S. 27.
302. Bebber, D.P. et al. (2013): Crop pests and pathogens move polewards in a
warming world. In: Nature Climate Change, Nr. 3, S. 985 ff.
303. Stöckli, S. et al.
: Einfluss der Klimaänderung auf den Apfelwickler. )n:
Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau, Nr. 19/12, S. 7 ff.
304. Sobczyk, T. (2014): Der Eichenprozesssionsspinner in Deutschland. In: BfNSkripten, 365, S. 27 ff.
305. Deutsche Bundesregierung (2012): Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, Fortschrittsbericht 2012. Berlin, S. 70 f.
306. Githeko, A. K. et al. (2000): Climate change and vector-borne diseases: a regional
analysis. In: Bulletin of the WHO, Vol. 78, S. 1136 ff.
307. FAO (2013): FAO Statistical Yearbook 2013. World food and agriculture. Rom:
FAO, S. 10.
308. Ebenda.
309. Statistisches Bundesamt (2014): Statisches Jahrbuch 2014. Wiesbaden: Statisches Bundesamt, S. 469.
310. BMELV (2007): Agrobiodiversität erhalten, Potentiale der Land-, Forst- und
Fischerreiwirtschaft erschliessen und nachhaltig nutzen. Bonn: BMELV, S. 12.
132
Anmerkungen
311. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2011): Band 3: Wirbellose Tiele (Teil 1). In:
Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 70 (3), S. 405.
312. FAO (2015): FAO, Statistics Division 2015. Rom. http://faostat.fao.org/site/567/
desktopdefault.aspx#ancor (Zugriff: 3.11.2015).
313. Meissle, M. et al. (2009): Pests, pesticide use and alternative options in European maize production: current status and future prospects. In: Journal of
Applied Entomology, Vol. 134. Blackwell Verlag, S. 363 f.
314. Gaspers, C. (2009): The European corn borer (Ostrinia nubilalis, Hbn.), its
susceptibility to the Bt-toxin Cry F, its pheromone races and its gene flow in
Europe in view of an Insect Resistance Management. Dissertation Universität
Aachen, S. 1.
315. Baufeld, P.; Unger, J.-G.; Heimbach, U. (2011): Westlicher Maiswurzelbohrer.
Informationsblatt des JKI. Braunschweig: Julius Kühn-Institut, S. 1.
316. Entrup, N. L.; Kivelitz, H. (2010): Bedeutung des Maisanbaus für die Landwirtschaft. In: Fachtagung 18.2.2010. Hannover: Niedersächsischer Landesbetrieb
für Wasserwirtschaft, Küstenschutz und Naturschutz, S. 9. Und: Statistisches
Bundesamt (2014): Statistisches Jahrbuch 2014. Wiesbaden: Statistisches
Bundesamt, S. 482 ff.
317. Wiggenhorn, R. (2015): Auftreten tierischer Schädlinge in Mais und Strategien
zur Bekämpfung. In: Fachtagung des Deutschen Maiskomitees e.V. (DMK) am 20.
Oktober 2015 in Saerbeck. Saerbeck: Deutsches Maiskomitee, S. 10.
318. Freier, B.; Wendt, C.; Neukampf, R. (2015): Zur Befallssituation des Maiszünslers (Ostrinia nubilalis) und Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera
virgifera in Deutschland und deren Bekämpfung. )n: Journal für Kulturpflanzen,
67 (4). Stuttgart: Verlag Eugen Ulmer KG, S. 113.
319. Ebenda.
320. Braun, S.; Flückiger, W.
: Bodenversauerung in Waldbeobachtungsflächen der Schweiz. In: Bulletin BGS (2004), Nr. 27, S. 59-62. Zitiert in: Deutsches
Umweltbundesamt (O.J.): Durch Umweltschutz die biologische Vielfalt erhalten.
Berlin: Deutsches Umweltbundesamt, S. 28.
321. Food and Agriculture Organization FAO (2013): FAO Statistical Yearbook 2013.
World food and agriculture. Rom: FAO, S. 204.
322. Food and Agriculture Organization FAO (2010): Global Forest Resources Assessment 2010. Rom, S. 17.
323. Naturschutzbund Deutschland (NABU) (2008): Waldwirtschaft 2020. Perspektiven und Anforderungen aus Sicht des Naturschutzes. Berlin: NABU, S. 6.
324. Food and Agriculture Organization FAO (2015): Global Forest Resources Assessment 2015. How are the world s forest cahinging. Rom, S. 3.
325. Deutsches Umweltbundesamt (O.J.): Durch Umweltschutz die biologische Vielfalt erhalten. Berlin: Deutsches Umweltbundesamt, S. 53.
133
Anmerkungen
326. Beispielhaft seien hier genannt, für England: Fox, R.; Warren, M. S.; Brereton,
T.
: The Butterfly Red List for Great Britain. Joint Nature Conservation Committee. Ball, S. G., Morris, R. K. A. (2014): A review of the scarce and
threatened flies of Great Britain. Part : (overflies family Syrphidae. Nature
Conservation Committee. Natural England (2015): A review oft he beetles of Great Britain. The Darkling Beetles and their allies. Natural England
Commissioned Report NECR148; für Frankreich: Le Comité français de l’Union
internationale pour la conservation de la nature (UICN) (2014): La Liste rouge
des espèces menacées en France. Papillons de jour de France métropolitaine.
327. Beispielhaft zu nennen sind: International Union for Conservation of Nature
: European Red List of Bees. Luxembourg: Publications Office of the European Union, S. 10 ff.; International Union for Conservation of Nature (2010):
European Red List of Syproxylic Beetles. Luxembourg: Publications Office of the
European Union, S. 10 ff.
328. International Union for Conservation of Nature (2010): European Red List of
Butterflies. Luxembourg: Publications Office of the European Union, S. viii ff.
329. International Union for Conservation of Nature (2010): European Red List of
Dragonflies. Luxembourg: Publications Office of the European Union, S. vii ff.
330. Die Situation in Deutschland ist auch repräsentativ für Österreich und die
Schweiz. Für Österreich: Österreichisches Umweltbundesamt (2005, 2006,
2009): Rote Listen. Band 14/1 (2005), Band 14/2 (2006) und Band 14/3
(2009). Wien: Österreichisches Umweltbundesamt, S. 1 ff. Für die Schweiz:
Bundesamt für Umwelt (BAFU) (2011, 2012, 2014): Gefährdete Arten in der
Schweiz. Synthese Rote Listen, Stand
, Rote Listen Eintagsfliegen,
Steinfliegen, Köcherfliegen
, Rote Liste der Tagfalter und Widderchen
(2014). Bern: Bundesamt für Umwelt, S. 1 ff.
331. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2011): Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). In:
Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 70 (3), S. 13 ff.
332. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2012): Pressehintergrund, Rote Liste, Band
3 – Wirbellose Tiere (Teil 1), Bonn, S. 1.
333. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2012): Pressehintergrund, Rote Liste, Band
3 – Wirbellose Tiere (Teil 1), Bonn, S. 1.
334. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2012): Pressehintergrund, Rote Liste, Band
3 – Wirbellose Tiere (Teil 1), Bonn, S. 2.
335. Bundesamt für Naturschutz (BfN) (2011): Band 3: Wirbellose Tiere (Teil 1). In:
Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 70 (3), S. 483.
336. Dullingera, S.; Esslb, F. u. a. (2007): Europe‘s other debt crisis caused by the long
legacy of future extinctions. In: Proceedings of the National Academy of Sciences
of the United States of America (PNAS), Volume 110, No. 18., O.O., S. 7342 ff.
337. Wilson, E. O. (1997): Der Wert der Vielfalt, Die Bedrohung des Artenreichtums
und das Überleben des Menschen. München: Piper Verlag, S. 171.
338. Reckhaus, H.-D. (2015): Insect Respect. Das Gütezeichen für mehr Nachhaltigkeit im Umgang mit )nsekten. . aktualisierte Auflage. Bielefeld, Gais: )nsect
Respect, S. 8 ff.
134
Warum jeder Austausch zählt
Vor drei Jahren dachte ich zum ersten Mal über den Wert von Insekten
nach. Frank und Patrik Riklin konfrontierten mich als Biozid-Hersteller mit der Frage: „Wie viel Wert hat eigentlich eine Fliege?“ Die
beiden Künstler trafen mich mitten ins Herz, wofür ich ihnen immer
dankbar bleiben werde. Ich stellte unsere Insektenbekämpfungsprodukte in Frage und fing begeistert an, mich mit der Nützlichkeit und
der Bedrohung von Insekten zu beschäftigen.
Als ausgebildeter Ökonom stiess ich bei den entomologischen Zusammenhängen oft an meine Grenzen. Glücklicherweise konnte ich den
Biologen Stephan Liersch um Rat fragen, mit dem ich schon lange
zusammen arbeite. Ich bin sehr dankbar dafür, dass er als Insektenliebhaber akribisch meine Aufzeichnungen studierte und mich auf
zahlreiche Fehler im Skript aufmerksam machte.
Die Überführung des Manuskriptes in eine Buchfassung konnte mir
ebenfalls nicht allein gelingen. Die Nachhaltigkeitsspezialistin Tina
Teucher formte als Lektorin nicht nur die Sprache im Text, stellte alle
Bilder zusammen und überprüfte und vereinheitlichte die Anmerkungen. Sie hatte auch die Idee für den wunderbaren Buchtitel und
das Fazit im vierten Kapitel. Aufgrund ihrer aufwendigen Recherchearbeit zu vielen Details wiess sie mich ebenfalls auf zahlreiche
Fehler hin. Vielen Dank für die grossartige Zusammenarbeit.
Ohne meine Frau Julianne wäre das Buch viel fragmentarischer
geworden. Herzlichen Dank für ihre Motivation, mir noch mehr Zeit
für das Thema zu nehmen sowie für viele sprachliche Korrekturen.
Für das eindrucksvolle Vorwort möchte ich Dr. Hans Rudolf Herren
ganz besonders danken. Ich schätze es sehr, dass Hans Herren und
seine Biovision – Stiftung für ökologische Entwicklung unsere Arbeit
unterstützen.
Danken möchte ich auch meinem Bruder Arne Kraeft sowie allen
Mitarbeitern in Bielefeld und Gais, insbesondere Silvia Oertle. Sie
hielten mir im Unternehmen den Rücken frei.
135
klimaneutral
natureOffice.com | CH-354-070528
gedruckt
Klimaneutral gedruckt auf
Prozent Recyclingpapier, FSC-zertifiziert
Gedruckt in Österreich
Warum Insekten mehr Respekt verdienen
Es ist höchste Zeit, Insekten zu respektieren – gerade weil wir sie
manchmal bekämpfen. Nicht nur bevölkerten Insekten die Erde
schon Millionen von Jahren vor dem Menschen. Sie übernehmen
auch viele wertvolle Funktionen. Edward Wilson, der renommierte amerikanische Entomologe, hat errechnet, dass wir ohne Insekten nur noch wenige Monate überleben könnten.
Zehn gute Gründe, Insekten zu respektieren
1. Resilienz: Insekten geben der Natur mehr Widerstandskraft.
2. Bestäubung: Insekten halten die Pflanzenwelt am Leben.
3. Ökosystem: Insekten sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette.
4. Futter und Essen: Insekten sichern die Welternährung.
5. Hygiene: Insekten befreien uns von «Müll».
6. Böden: Insekten machen unsere Erde fruchtbar.
7. Kleidung: Insekten sind für die Textilproduktion unentbehrlich.
8. Industrie: Insekten produzieren Chemikalien.
9. Medizin: Insekten heilen.
10. Forschung: Insekten sind wissenschaftlich äusserst wertvoll.
Der Animationsfilm «Kleine Riesen» veranschaulicht in vier Minuten, warum Insekten den Respekt der Menschheit verdienen.
www.insect-respect.org/respekt/wert-der-insekten.html
Bedrohliche Schädlinge oder bedrohte Nützlinge?
Die Bartmücken sind wunderbare Insekten. Die Tiere sind so
winzig und einmalig geformt, dass sie die kleinen und engen
Blüten des Kakaobaumes besonders gut bestäuben können.
Ohne sie gäbe es viel weniger Schokolade. Andere Insekten
verbinden wir eher mit den Schäden, die sie anrichten. Mücken
und Wespen stechen uns. Mottenlarven schädigen Textilien
und verunreinigen Lebensmittel. Ameisen untergraben unsere
Wege und Fliegen sind einfach nur lästig.
Doch wie steht es tatsächlich um unser Verhältnis zu den
Insekten? Sind sie eher nützlich oder schädlich? Welche Rolle
spielen sie in der Welt? Wie wirkt sich der Klimawandel aus:
Wird die Zahl der Insekten weiter zunehmen?
Dieses Buch diskutiert die nützlichen und schädlichen Wirkungen von Insekten und setzt sich mit ihrer Entwicklung und
ihrer Bedeutung für die Biodiversität auseinander.
« Mit diesem Buch gelingt Dr. Hans-Dietrich Reckhaus
ein aktueller Überblick über das Verhältnis zwischen
Mensch und Insekt. Die gut recherchierten Zahlen und
Zusammenhänge versetzen den Leser in Erstaunen
und Respekt vor diesen oft missverstandenen Tieren. »
Dr. Hans R. Herren,
Pionier der biologischen Schädlingsbekämpfung, Präsident der
Millennium Foundation, Träger des Alternativen Nobelpreises
Der Autor Dr. Hans-Dietrich Reckhaus ist geschäftsführender
Gesellschafter des gleichnamigen Familienbetriebs. Das Unternehmen stellt seit 60 Jahren Biozide her und ist in Deutschland und der Schweiz ansässig. Mit dem 2012 lancierten
Gütezeichen «Insect Respect», das Ausgleichsflächen für eine
ökoneutrale Insektenbekämpfung schafft, strebt der Unternehmer eine nachhaltige Transformation seiner Branche an. 2014
erhielt er dafür den deutschen Vordenker-Preis. Dr. Reckhaus
referiert und publiziert regelmässig zu Fragen der KMUFührung und Nachhaltigkeit.