zusammensetzung in Bezug auf den Einsatz in der
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1 Einleitung Brennstoffknappheiten, wie die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, der Ölkrise 1973 und in den 90iger Jahren des 20. Jahrhunderts, führten zu verstärkten Forschungs- und Produktionsaktivitäten auf dem Gebiet der Biogastechnologie [1]. Die Bemühungen die alternativen Energiequellen verstärkt zu nutzen, mündeten in das Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz 1991), welches durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (2000, 2004 und 2009) abgelöst wurde. Kritikpunkte hinsichtlich der Nutzung von Biogas sind u.a. die Bedrohung der Biodiversität [2], die `Teller-Tank`-Problematik [3], Auszehrung der Böden durch exzessiven Anbau von Energiepflanzen [4] und das Verbreiten von Krankheitserregern bei Wildtieren [5]. Da ökonomische Aspekte über den Betrieb von Biogasanlagen entscheiden, ist es wichtig, genaue Kenntnisse über das Gärverhalten organischer Substrate zu gewinnen. So spielt die Kinetik (Abbauzeit von Substraten), Gaszusammensetzung (Methangehalt) und die Biogasausbeute (Masse des Biogases pro Substrat) eine entscheidende Rolle [6]. Es ist daher ratsam, vor dem Einsatz von neuen Substraten, Gärtests durchzuführen. Für die Forschung werden daher Messapparaturen benötigt, die aus einem (thermostatierbaren) Fermenter, einer Volumenmesseinheit und eventuell Gassensoren bestehen. 2 Grundlagen 2.1 Biogasentstehung Durch anaeroben Stoffabbau von organischen Materialien entsteht durch Gärung Biogas. Als Gärung wird in der heutigen Zeit der mikrobielle Abbau organischer Stoffe unter Abwesenheit von Sauerstoff zum Zweck der Energiegewinnung bezeichnet [7]. Bevorzugte Substrate zur Erzeugung von Biogas sind u.a. Kohlenhydrate (z.B. Stärke, Zellulose), Fette und Eiweiße. Diese Stoffgruppen befinden sich z.B. in landwirtschaftlichen Abfallprodukten wie Stroh, Gülle oder Laub. Aber auch Abfälle aus der Tierverwertung und Lebensmittel(-reste) können als Substrat verwertet werden. Die Hauptbestandteile des Biogases sind Methan und Kohlendioxid. In Spuren finden sich Wasserdampf, Schwefelwasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Wasserstoff. Die Formel nach Buswell und Mueller [8] ermöglicht es, von der Zusammensetzung des Gärgutes auf die Anteile von CH4 und CO2 (Vol.-%) im entstehenden Biogas zu schließen (1). (1) Genauer kann die Zusammensetzung nach Boyle 1976 [9] nach Gleichung (2) (2) berechnet werden. Für Abfälle, wie z.B. Rindergülle, Speisereste oder Verschnitt, muss das 1 spezifische Biogasvolumen bzw. der Methangehalt in einschlägigen Publikationen [10, 11] nachgelesen, bzw. experimentell ermittelt werden. Allerdings wird nicht das ganze Substrat zu Biogas verstoffwechselt, sondern nur 80 bis max. 90 % wird in Biogas umgewandelt. Aus 10 % des Substrates entsteht Biomasse (Abb. 2.1). Durch den energetisch ungünstigen Stoffwechsel können die Mikroorganismen nur relativ wenig Energie von den Substraten nutzen. Wenn man die Energiebilanz zwischen Edukt/ Abb. 2.1 : Bilanzierung der Stoffumsätze beim Abbau von 100% C-Fracht unter anaeroben Bedingungen [12] (* die Zusammensetzung kann je nach Substrat variieren) Substrat und Produkt/Metabolit vergleicht, kann man feststellen, dass das Methan der Hauptenergieträger ist. In Gleichung (3) wird die Energiebilanz vereinfacht dargestellt: C6H12O6 2870 kJ/mol → 2,975 CH4 + 2,975 CO2 + 0,05 C6H12O6(Biomasse) 2360 kJ/mol 312 kJ/mol (3) 198 kJ/mol Des Weiteren liegen in der Biomasse noch Stickstoff, Phosphor und Schwefel vor. In Folge des anaeroben Abbaus entstehen daraus Phosphat, Ammonium und Schwefelwasserstoff bzw. Sulfide. Der Entstehungsprozess des Biogases wird in Hydrolyse, Acidogenese, Acetogenese und Methanogenese unterteilt. In jeder Phase haben sich Bakteriengruppen spezialisiert, die in der unterschiedlichsten Art und Weise voneinander abhängig sind (Abb. 2.2). Hydrolyse Durch Freisetzung von Exoenzymen von hydrolytischen Bakterien werden organische Makromoleküle wie Eiweiße, Kohlenhydrate oder Fette in einfachere organische Moleküle wie Aminosäuren, Fettsäuren, Alkohole oder Zucker zerlegt. Die Prozesse erfolgen in Gegenwart von Wasser, daher der Begriff Hydrolyse. Acidogenese Die in der Hydrolyse freigesetzten Bruchstücke werden, wenn sie klein genug sind im Inneren der säurebildenden Bakterien zu niederen Carbonsäuren, wie z.B. Essig-, Propion- oder Buttersäure, ab2 gebaut. Bei der Säurebildung entstehen Acetat, Wasserstoff und Kohlendioxid. Acetogenese Die acetogenen Bakterien wandeln organische Säuren und Alkohole zu Wasserstoff, Kohlendioxid und Essigsäure bzw. Acetat um. Der dabei entstehende Wasserstoff wird durch die methanogenen Bakterien verbraucht. Methanogenese In der letzten Phase wird das Methan über zwei Reaktionswege erzeugt: 1. Essigsäurespaltung: Archaebakterien beziehen Energie aus der Spaltung von Acetat zu Methan und Kohlendioxid CH3COO- + H+ → CH4 + CO2 (4) 2. Reduktive Methanisierung: Aus der Reduktion von Kohlendioxid mit Wasserstoff beziehen chemolithotrophe Bakterien ihre Energie (Carbonatatmung) 4 H2 + CO2 → CH4 + 2 H2O (5) Abb. 2.2: Vereinfachte Darstellung der Entstehung von Biogas [13] 3 2.2 Einflussfaktoren auf den Methanertrag In Abb. 2.3 wird die Abhängigkeit des gemessenen Biogasertrags von verschiedenen Einflussfaktoren schematisch dargestellt. Zum einen können die Gärbedingungen Einfluss auf die Bio- Abb. 2.3: Einflussfaktoren bei der Biogasbestimmung nach Fritz [14], die grün gekennzeichneten Felder waren Themen der Evaluierung des BlueSens - Systems (AG J. Hopp, FH Jena) gasmenge haben, zum anderen können fehlerhafte Apparaturen zu Verfälschung der Messergebnisse führen. Die wichtigsten Faktoren sind: Luftabschluss - Die Bakterien sind streng anaerob, Sauerstoff kann die Methanproduktion stören Lichtabschluss - Licht hat ebenfalls einen störenden Einfluss, in der Arbeit von Prehn [15] konnte eine tageszeitliche Schwankung im Methangehalt festgestellt werden gleichmäßige Temperatur - Die Bakterien reagieren sensibel auf Temperaturschwankungen. Es gibt drei verschiedene Temperaturbereiche (Abb. 2.4), bei denen unterschiedliche Bakteriengruppen arbeiten: psychrophil Wachstumsoptimum zwischen 15 und 20 °C, geringer Energieverbrauch, aber geringe Biogasausbeute mesophil Wachstumsoptimum zwischen 25 und 35 °C, hohe Prozessstabilität, gute Biogasausbeute (bevorzugte Betriebsweise von Biogasanlagen) thermophil Wachstumsoptimum zwischen 45 und 80 °C, sehr hohe Biogasausbeute und Hygienisierung, jedoch energieaufwändig und störanfällig Druckverhältnisse: Durch erhöhten Druck löst sich vermehrt Kohlendioxid im Gäransatz, es wird 4 ein geringeres Biogasvolumen mit einem erhöhtem Methangehalt gemessen. Gaslöslichkeit: Bei der Wahl der Sperrflüssigkeit ist darauf zu achten, dass sich möglichst wenig Biogasbestandteile darin lösen. Gasdichtigkeit: Es sollte möglichst wenige Verbindungsstellen mit möglichst kurzen Verbindungen geben. Kunststoffschläuche müssen gegenüber Biogaskomponenten diffusionsresistent sein. Ideal wäre eine Apparatur, die nur aus Glas besteht. Abb. 2.4: Relative Biogasmenge in Abhängigkeit von Temperatur und Verweilzeit [16] Gasbildungsverlauf In Abb. 2.5 sind typische Verläufe von Gasbildungen dargestellt. Im Normalfall sollte unmittelbar nach der Substratzugabe die Hauptproduktionsphase beginnen. Eine Plateau-Bildung im Gärungsverlauf deutet auf ein Substratüberangebot, welches in zwei Phasen abgebaut wird (Diauxie-Effekt). Hemmungen im Gärungsverlauf können durch Schwermetalle, Bakterizide oder Sulfide hervorgerufen werden [17]. Abb 2.5: Typische Verläufe von Gasbildungskurven nach [17] 5 2.3 Bestimmung der Biogasmenge und -zusammensetzung Fermenter Für homogene Proben mit einem Volumen kleiner als 0,1 l sind Kolbenproberapparaturen, wie z.B. im Hohenheimer Biogasertragstest (HBT) (Abb. 3.2 und 3.3), geeignet. 0,5 l, 1 l und 2 l-Flaschen werden für inhomogene Proben eingesetzt. Bei stark inhomogenen Proben, wie z.B. Hausmüll, kommen 10 l und 20 l-Gefäße zum Einsatz. Die Fermenter können auf verschiedene Weise thermostatiert werden, z.B. mit Brutschränken, Wasserbädern oder bei größeren Gefäßen mit Heizwendeln. Volumenmessgeräte Für kleine Volumina bis 0,5 l sind Kolbenprober geeignet. Dabei ist teilweise mehrmaliges Gasablassen notwendig, um eine Beschädigung des Kolbens zu vermeiden. Für Gasvolumina von 0,2 bis 5 l sind Eudiometer geeignet. Für mittlere Gasströme von max. 1 l/h bis 8 l/h können Mikrogaszähler (Abb. 3.7) und ab 1 l/h Trommelgaszähler (Abb. 2.6) eingesetzt werden. Phase 1: Phase 2: Kammer 1: Beginn der Befüllung (in den Raum oberhalb der Sperrflüssigkeit) Kammer 1: Während Befüllung Phase 3: Phase 4: Kammer 1: Füllung beendet, Kammerein- und -ausgang geschlossen Kammer 1: Entleerung Abb. 2.6: Funktionsweise eines Trommelgaszählers (Firma RITTER [18]) Es ist auch möglich, das entstehende Biogas in speziell laminierten Gasspeicherbeuteln [19] aufzu6 fangen. Gasspeicherbeutel werden von 0,1 l bis 200 l Volumen, oder noch mehr, angefertigt. Druckmesseinrichtungen Mit gewissen Einschränkungen ist das Biogasvolumen über die Druckänderung bei konstantem Volumen messbar. Zu beachten ist, dass der Überdruck nicht zu hoch wird, weil ansonsten der Gärverlauf negativ beeinflusst werden kann. Außerdem führt ein erhöhter Druck zu einer erhöhten Löslichkeit des CO2 im Impfschlamm. Aufbau der Messapparaturen In den Abbildungen 2.7 bis 2.10, 3.2, 3.3 und 3.5 werden VDI-konforme Apparaturen gezeigt. Die Gasvolumenmessung mit Gasspeicherbeutel (Abb. 2.8) und der HBT ist wegen der geringen Über- Abb. 2.7: Versuchsapparatur nach DIN 38414-8 – Gasvolumenmessung mittels Eudiometerrohr [17] Abb. 2.8: Versuchsapparatur – Gasvolumenmessung mittels Gassammelrohren [17] 7 drücke besonders günstig. Bei Eudiometerapparaturen (Abb. 2.7), Gassammelrohren (Abb. 2.8) und ganz besonders bei Volumenmessungen mittels Druckmessgerät (Abb. 2.10) besteht die Gefahr von Undichtigkeiten. Abb. 2.9: Gasvolumenmessung mittels Folienbeutel [17] Abb. 2.10: Versuchsapparatur nach DIN EN ISO 11734 – Gasvolumenmessung mittels Gasdruckmessgerät [17] 8 2.4 Motivation und Zielstellung der Arbeit Verschiedene Arbeiten (Harnisch [20], Prehn [15], Kumbholz [21]) haben gezeigt, dass die nach VDI-Norm 4360 ausgeführten Vergärungsversuche mit Standardsubstrat mikrokristalline Cellulose je nach verwendetem Biogasmesssystem zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Das aufsummierte spezifische Biogasgesamtvolumen sollte nach VDI mindestens einen Wert von 592 ml/goTS erreichen (80 % des theoretischen Umsatzes der mikrokristallinen Cellulose), unabhängig davon welches Gasvolumen bzw. Gasanalysemesssystem verwendet wird. Untersuchungen staatlicher Institutionen, wie der TLL Jena dokumentieren deshalb regelmäßig die Werte für das aufsummierte Biogasgesamtvolumen. Die Biogaserträge der TLL werden mit HBT-Verfahren bestimmt. Die Abb. 2.11 zeigt, dass der von der VDI geforderte Schwankungsbereich für diesen Parameter eingehalten wird. Abb. 2.11: Vergleich der im Jahr 2011 gemessenen spezifischen Biogasvolumina aus mikrokristalliner Cellulose (HBT-TLL) nach [22], Versuchsdauer 30 Tage Versuche, die über einen Zeitraum von 15 Monaten an der FH Jena mit dem Biogasmesssystem der Firma BlueSens, sowie entsprechende Vergleichsversuche, die parallel an der TLL-Jena mit dem HBT-Biogasmesssystem durchgeführt wurden, sind in Abb. 2.12 dargestellt. Die Abb. 2.12 zeigt, dass mit dem HBT-System (rote Balken) die geforderten VDI-Werte erreicht wurden. Die mit diesem System erhaltenen Werte zeigen darüber hinaus nur sehr geringe Schwankungen. Anders sieht dies mit den Ergebnissen aus, die mit den BlueSens-System erhalten wurden. In den vorhergehenden Versuchen zeigte es sich, dass das gemessene spezifische Biogasvolumen bei gleichen Cellulosegäransätzen bei den MilliGascounterversuchen immer geringer ist als bei den entsprechenden HBT-Versuchen (Abb. 2.11). Bei den Versuchen von Harnisch [20] lagen die Werte mit 620 – 650 ml/goTS noch über dem von der VDI-Norm 4360 [17] geforderten Mindestwert 592 ml/goTS. Allerdings wurden Schlämme eingesetzt, deren oTS IS-Gehalt bei ~ 2,2 % lag. Gefordert wird ein Gehalt von 1,5 % – 2 % oTSIS (organische Trockensubstanz des Impfschlamms), der VDLUFA - Arbeitskreis hat den Konzentrationsbereich allerdings auf 1 – 3 % oTSIS erweitert [22]). 9 Warum die Werte bei gleichen Versuchsbedingungen aus dem Praktikumsversuch mit dem BlueSens-System [21] geringer als in [20] ausfallen, kann mehrere Ursachen haben (z.B. Schlammalter). Um konform mit der VDI-Norm 4360 zu arbeiten, wurde von Prehn [15] die Schlammkonzentration auf ~ 1,5 % oTSIS erniedrigt und ein oTSCel/oTSIS-Verhältnis von 0,3 gewählt. Die Änderung der Ansatzbedingungen hatte ein weiteres Absinken des gemessenen spezifischen Biogasvolumens (420 – 480 ml/goTS) zur Folge. Variation der MilliGascounter, Ausgleichsgefäße, Herkunft der mikrokristallinen Cellulose, Rühr- und Lichtbedingungen durch Prehn [15] hatten entweder keinen oder nur geringen Einfluss. Sie konnten die Defizite im Vergleich zu den Versuchen der TLL nicht erklären. Abb. 2.12: Vergleich der gemessenen spezifischen Biogasvolumina von vorangegangenen BlueSens(MilliGascounter-)versuchen mit HBT-Versuchen: 04/10 – 05/10 Harnisch [20] (oTS IS~ 2,2 %, mcel = 6 g, Frisch-schlamm), 9/10 – 11/10 Praktikumsversuch [21] (oTS IS~ 2,2 %, mcel = 6 g, Schlammalter ?), 03/11 – 07/11 Prehn [15] (oTSIS~ 1,5 %, mcel = 3 g, Frischschlamm, KA Jena) In den Ringversuchen des KTBL wurden anfangs für Cellulose spezifische Biogasvolumina von 450 bis 940 ml/goTS gemessen, die bei den späteren Durchgängen zwischen 500 bis 750 ml/g oTS lagen. Bei manchen Laboratorien gab es erhebliche Variabilitäten [23]. Deshalb waren folgende Punkte zu klären: Welchen Einfluss hat das gelöste CO 2 im Impfschlamm bzw. Gäransatz auf das gemessene Biogasvolumen? Welchen Einfluss hat die Herkunft des Impfschlamms auf die Biogasproduktion? Welchen Einfluss haben die Schlammkonzentration und das mCel/moTS-IS-Verhältnis auf die Biogasproduktion? Gibt es Skalierungseffekte wie bei manchen chemischen Reaktionen bzw. welchen Einfluss hat die Ansatzgröße auf das gemessene spezifische Biogasvolumen? Welchen Einfluss hat die Verbindungstechnik (Ausgleichsgefäße, Schläuche, Schlaucholiven)? 10 3 Material und Methoden 3.1 Versuchsmaterialien 3.1.1 Impfschlamm/ Trinkwasser Der Impfschlamm wurde für die Versuche 1 - 11 und 13 – 15 von der Kläranlage Jena bezogen. Die Faulschlämme aus der Kläranlage besitzen in der Regel mehr als 95 % Wasser (Abb. 3.1). Der oTS –Gehalt des Schlamms lag zwischen 2,1 bis 2,5 %. Um die VDI-Richtlinien einzuhalten, musste der Schlamm mit Trinkwasser (Analyse siehe Anhang A2) verdünnt werden. Zum Verdünnen des Rohschlamms darf kein entsalztes Wasser verwendet werden, um Schädigungen der Mikroorganismen durch Osmoseeffekte zu vermeiden. Bei dem Versuch 12 wurde der Faulschlamm aus der Kläranlage Erfurt direkt eingesetzt, da dieser nur einen oTS-Gehalt von 1,5 % aufwies. Um eine Adaption der Mikroorganismen des Schlamms an das Substrat zu vermeiden, wird bei jedem Versuch neuer Impfschlamm eingesetzt. Abb. 3.1: Ungefähre Zusammensetzung von Faul(Impf-)schlamm einer kommunalen Kläranlage 3.1.2 Mikrokristalline Cellulose In allen Versuchen wurde als Substrat mikrokristalline Cellulose der Firma Merck verwendet. Laut VDI liegt der Biogasertrag von mikrokristalliner Cellulose bei 740 bis 750 ml N/goTS. Der Rest der Cellulose, etwa 10 %, wird in Biomasse umgewandelt. 3.2 Analytische Methoden 3.2.1 TS- und oTS-Bestimmung Die Trockensubstanz (TS) wird nach DIN EN 12880 [24] bestimmt, indem etwa 30 g unverdünnter Impfschlamm bzw. 1 g mikrokristalline Cellulose in einer Porzellanabdampfschale genau eingewogen und 12 h bei 105 °C getrocknet werden. Um ein sicheres Ergebnis zu erhalten, müssen mindestens zwei Bestimmungen pro Probe durchgeführt werden. Die Porzellanschalen wurden vorher 6 h im Muffelofen auf 550 °C erhitzt und 2 h im Exsikkator abgekühlt. 11 (6) wdr ma mb mc f Trockenrückstand der Probe [%] Masse des leeren Tiegels [g] Masse des Tiegels mit Probe [g] Masse des Tiegels mit Trockenrückstand [g] Umrechnungsfaktor 100 für Prozent Da Impfschlämme auch wesentliche Mengen anorganische Bestandteile wie z.B. Phosphate enthält, ist es notwendig, die organische Trockensubstanz (oTS) nach DIN EN 12879 [25] zu bestimmen. Dazu werden Tiegel mit den Proben von der Trockensubstanzbestimmung 2 h im Muffelofen bei 550 °C geglüht und mindestens 2 h im Exsikkator abgekühlt. (7) wv ma mb mc Trockenrückstand der Probe [%] Masse des leeren Tiegels [g] Masse des Tiegels mit Trockenrückstand [g] Masse des Tiegels mit Glührückstand [g] 3.2.2 CO2-Bestimmung im Impfschlamm Vor dem Versuchsbeginn werden innerhalb von einer halben Stunde 600 g Schlamm mit 20 ml 50%iger Schwefelsäure (pH = 2) bei 37 °C angesäuert [26]. Die Säure wird mit einer Spritze durch das Silikonseptum der GL14,5-Schraubkappe (Abb. 3.5, S. 15) injiziert. Die Menge der Schwefelsäure ist im Vorversuch zu ermitteln. Die Zugabe hat langsam zu erfolgen, da der Schlamm stark schäumt und dadurch Schläuche und Messgeräte verunreinigen kann. Die gleiche Prozedur ist am Ende des Versuches mit der Blindprobe (Nullvariante) und der Substratprobe durchzuführen. Wird an Stelle des MilliGascounters ein Eudiometer bzw. Kolbenprober (die Probemengen sind entsprechend anzupassen) eingesetzt, muss das gemessene Volumen auf Normalbedingungen umgerechnet werden (Gl. 9). Nach der Beendigung der Versuche werden die Blindwert- und Substratproben ebenfalls angesäuert. Dabei werden die IR-Sensoren zur Sicherheit abgeschraubt. 3.2.3 Temperaturbestimmung Die Innentemperatur im Fermenter wird nach Beendigung des Versuches mit einem Temperaturfühler (Pt-Widerstandsthermometer) gemessen, indem der Messstab 4 cm in das Substrat eingetaucht wird. 3.2.4 Kalibrierung der Eudiometer Da die Eudiometer aus gewöhnlichen Glasrohren angefertigt wurden, fehlte noch die Skalierung. Diese lässt sich mit hinreichender Genauigkeit durch Auslitern bestimmen. Dazu werden die Eudiometerrohre blasenfrei mit Wasser gefüllt, verschlossen, um 180° gedreht und sicher in einem Stativ eingespannt. Nach vorsichtigem Betätigen des Dreiwegehahns wird das ausfließende Wasser in einem, auf einer Oberschalenwaage, stehenden Becherglas aufgefangen. Bei 10 verschiedenen Füllständen werden Zahlenwerte mit wasserfestem Stift an das Eudiometerrohr geschrieben. Die 12 Masse entspricht näherungsweise dem Volumen. 3.2.5 Vergleichsmessung mit definiertem Volumen Ein definiertes Gas-Volumen, z.B. 1,2 l, werden in ein Eudiometer gefüllt. Der Schlauch des Eudiometers wird direkt mit dem MilliGascounter verbunden. Durch langsames Anheben der Niveaugefäße, etwa 1 m/h, wird das Gas vom Eudiometer durch den MilliGascounter gedrückt. Der Eigendruck des MilliGascounters von 40 mm Wassersäule muss dabei berücksichtigt werden. Als Intervall zwischen zwei Messungen wurden 20 s gewählt. Das Gasvolumen des Eudiometers wird nach Gl. 9 normiert (S.27). 3.2.6 Kalibrierung der Gassensoren Vor der Inbetriebnahme der Apparatur mit den Gassensoren ist Autokalibrationsfunktion zu starten. In der Umgebungsluft dürfen keine CO2- bzw. CH4-Quellen vorhanden sein (Lüften, keine offenen Fermenter bzw. Schlammbehälter). Sollten die Werte bei gleicher Gaszusammensetzung zu stark schwanken (zwei gleichartige Sensoren auf einem Fermenter), kann, wenn kein Kalibrationsgas zur Verfügung steht, CO2 durch die Zersetzung einer definierten Menge Calciumcarbonat mit Schwefelsäure erzeugt werden. 3.3 Aufbau der eingesetzten Biogasmesssysteme 3.3.1 Hohenheimer-Biogasertragstest Um das BlueSens-Messsystem zu testen, wurden zeitnah zu den Versuchen Prehn [15] und Harnisch [20] Biogasertragsbestimmungen von der TLL mit Hilfe des Hohenheimer-Biogasertragstest (HBT) durchgeführt. Das HBT-System wurde an der Universität Hohenheim entwickelt und patentiert [27]. Dazu wurden etwa 30 g Gäransatz (Impfschlamm mit mikrokristalliner Cellulose), der die gleiche Zusammensetzung wie bei den BlueSens-Messungen aufwies, genau in einem mit einem Schlauch verschließbaren Kolbenprober eingewogen (Abb. 3.2). Abb. 3.2: Kolbenprober mit Schlauchklemme (Detailansicht) [20] Anschließend werden die befüllten Kolbenprober in einem Brutschrank bei 37 °C gelagert (Abb. 3.3). Nach etwa 20 ml Gasproduktion kann das Biogas mit dem IR-Gasanalysator auf seinen Methangehalt hin untersucht werden. Durch eine Lichtschranke im Brutschrank wird das Bedienpersonal informiert, wenn die Kolbenprober einen kritischen Füllstand überschritten haben. Für die vorliegende Arbeit wurden die Ergebnisse des HBT mit einem Verhältnis m Cel/moTS-IS ~ 0,3 zum Vergleich herangezogen. 13 Abb. 3.3: Brutschrank mit Kolbenprobern [20], TLL 3.3.2 Kolbenproberapparatur Als Anregung für die Kolbenproberapparatur diente der Versuchsaufbau aus [28]. Auf Grund der langen Zeiträume der Versuche (bis zu 3 Wochen), wurden an Stelle der Gummistopfen Normschliffverbindungen verwendet (Abb. 3.4). Abb. 3.4: Schematische Darstellung der Kolbenproberapparatur (bei der Verwendung von 30 mg anstelle von 300 mg Cellulose wird ein Reagenzglas mit NS 14,5 eingesetzt) [28] Bei Gummi als Verbindungsmaterial besteht die Gefahr der Diffusion des Biogases. Deshalb kam ein für Biogas spezifizierter, diffusionsbeständiger Gasschlauch von der Fma. Rehau zum Einsatz. Bei den Kolbenprobern ist genauestens darauf zu achten, dass der Ölfilm zwischen Kolben und 14 Zylinder frei von Staub und Luftblasen ist. Der Kolben muss beim leichten Neigen langsam heraus gleiten. Bei den gewählten Ansatzgrößen (30 mg bzw. 300 mg Cellulose) ist in der Hauptproduktionsphase einmal pro Tag das Volumen, bei Temperaturschwankungen die Raumtemperatur und der Luftdruck (z.B. lokale Wetterstation [29]) abzulesen. Ggf. muss der Kolbenprober in die Ausgangslage zurückgeschoben werden. Bei der Verwendung von 30 mg mikrokristalliner Cellulose und 6 mg Impfschlamm wird anstelle eines 100 ml-Kolbenprobers die 10 ml-Variante gewählt. Zum Thermostatieren der Gäransätze wurde, wie bei den Eudiometerversuchen, das Wasserbad der MilliGascounter-bzw. BlueSens-Ansätze verwendet. 3.3.3 BlueSens-Messsystem Die Hauptkomponenten des BlueSens-Messsystems Yieldmaster (Abb. 3.5) bestehen aus 1,2 l– Fermentergefäßen mit Gassensoren, MilliGascountern und den Anschlusboxen für die Datenübertragung zum PC [30]. In Abb. 3.5 wird der BlueSens-Versuchsaufbau mit allen integrierten Komponenten dargestellt. Abb. 3.5: BlueSens-Apparatur, Zeichnung nach [20] (1-1,2 l-BlueSens-Fermenter, 2-Wasserbad mit Abdeckplatte, 3-Einhängethermostat LAUDA E 100, 4-Rührplatte „magnetic emotion 2mag“ mit 40 mm Magnet-Rührstäben Ø 5mm, 5-Ansteuerung für die Rührplatte, 6-Rührstab, 7-IR-Sensor bzw. Blindkappe (GL 45), 8-Gasverbindung (mit GL14-Schlaucholive, a) 100 ml-Ausgleichgefäß mit Schraubverbindungen (Fa. Festo), b) Verbindung 5mm/3mm-Schlauchverbindung mit einer Schlaucholive, c) durchgängiger 5 mmSchlauch), 9-MilliGascounter, 10-Anschlussbox BACCom 12 zum Anschluss von bis zu 12 Gassensoren, 11Anschlussbox BACCom 12CB zum Anschluss von bis zu 12 MilliGascountern, 12-PC mit WindowsBetriebssystem 15 Jedes Gefäß (1) besitzt je zwei GL45 und zwei GL14,5–Öffnungen. Die GL45–Öffnungen können mit Sensoren belegt werden. In Fall der vorliegenden Arbeit handelt es sich um IR-Sensoren (7) für CO2 und CH4. An den GL14,5–Öffnungen wird u.a. der Fermenter mit dem MilliGascounter (9) der Firma Ritter verbunden. Als Verbindungsmaterial (8) wurden Schläuche (Länge 1,5 m) der RAUCLAIR-E-Serie von der Firma Rehau eingesetzt. Die Sensoren und MilliGascounter sind über die Multiplexerboxen BACCom 12 (10) und BACCom 12CB (11) mit einem Windows-PC (12) verbunden. Zur Steuerung und Datenerfassung dient die Software BACVis. Jeweils maximal 6 Fermenter stehen in einem durchsichtigen Wasserbehälter aus Polycarbonat (2). Mit Hilfe eines Einhängethermostaten mit Umwälzpumpe (3) kann die Temperatur (in Abhängigkeit des Behältermaterials) variabel eingestellt werden. Für die Durchmischung der Substrate mit einem im Fermenter befindlichen Magnetrührstab (6) sorgt eine in das Wasserbad eingelassene Magnetrührplatte mit 6 Plätzen (4). Die Rührersteuerung (5) muss, wie bei Thermostaten, manuell eingestellt werden. Hinweise zur Bedienung finden sich in [31]. Messanordnung der Gassensoren (IR-Sensoren) Im Kopfvolumen des Fermenters wird mittels der Messköpfe (BCP-CO2 und BCP-CH4 Biogas) die Zusammensetzung des produzierten Biogases bestimmt. Die Messköpfe bestehen aus einem Sensorkopf und einem Adapter. Die Abb. 3.6 stellt dies schematisch dar. Abb. 3.6: Messanordnung IR-Sensor [32] Mit IR-Sensoren kann die spezifische Absorption von IR-Strahlung in Abhängigkeit von der Methan- bzw. Kohlendioxidkonzentration des Biogases gemessen werden. Ein Saphirfenster trennt die Strahlungsquelle und den Detektor von der Probenatmosphäre ab, und sorgt dafür, dass das Probengas nicht nach außen gelangen kann. Durch die Filterscheibe wird vermieden, dass Partikel in die Messzelle gelangen können. Um ein Auskondensieren von Wasser im Messraum zu verhindern, wird der Messadapter durch die Strahlungsquelle beheizt. Wichtige technische Daten der BlueSens-Messköpfe sind in der Tabelle 3.1 aufgelistet. 16 Tab. 3.1: Technische Spezifikationen der BlueSens-Gasdetektoren [32] Messsensor BCP-CO2 BCP-CH4 Hersteller BlueSens BlueSens Gasart CO2 CH4 Messprinzip Infrarot Infrarot Messbereich 0 bis 50 Vol. % 0 bis 100 Vol. % Genauigkeit ±3% ±3% Temperaturbereich 15 bis 40 °C 15 bis 40 °C Druckbereich 0,8 bis 1,3 bar 0,8 bis 1,3 bar Messanordnung der MilliGascounter Typ MGC-1 Bei dem MilliGascounter handelt es sich um einen physikalisch arbeitenden Kippzähler. Das Gas gelangt über einen Gaseingangsstutzen durch eine Mikrokapillare von unten in den Flüssigkeitsbehälter des MilliGascounters. Das Gas steigt innerhalb der Sperrflüssigkeit nach oben in die Messzelle. Die Messzelle besteht aus zwei Messkammern mit genau definiertem Volumen, die abwechselnd mit Gas befüllt werden. Abb. 3.7: Schematische Darstellung eines MilliGascounters nach [33] Ist eine Kammer mit Gas befüllt, kippt die Messzelle in Folge des Auftriebs in eine Position, in der die gefüllte Messkammer entleert wird und die Füllung der anderen Messkammer beginnt. Über einen Gasausgangsstutzen entweicht das gemessene Gas in die Umgebung oder in andere Behältnisse. Mittels eines Impulses, der bei einem Kippvorgang von Dauermagnet und Magnetsensor (Reedkontakt) erzeugt wird, erfolgt die Volumenmessung, anders als beim Eudiometer oder Kolbenprober, in diskreten Schritten. Die technischen Daten können aus Tabelle 3.2 entnommen werden. 17 Tab. 3.2: Technische Spezifikationen der MilliGascounter vom Typ MCG-1 [26] Messsystem MilliGascounter MGC-1 Hersteller Ritter Messprinzip physikalisch (Kippzähler) Messbereich 1 bis 1000 ml/h Genauigkeit ±3% Temperaturbereich 10 bis 40 °C Druckbereich 0,8 bis 1,3 bar Messrauminhalt ca. 3 ml Min. Messvolumen 3 ml Gas-Eingangsdruck 5 bis 100 mbar (Überdruck) 3.3.4 Eudiometer-Versuche Für die 60 g-, 150 g– und 300 g-Ansätze, sowie für die Blindwerte sind 600 ml-Eudiometer ausreichend. Das Biogas der 600 g-Ansätze wird in 1,5 l-Eudiometern aufgefangen. Die Eudiometer wurden mit einem gasdichten Schlauch mit den Gärgefäßen verbunden (Abb. 3.8). Abb. 3.8: Eudiometerapparatur (600 ml Eudiometer mit 1 l Ausgleichsgefäß, 1,5 l Eudiometer mit 2 l Ausgleichsgefäß) nach Vorlage von [34] 18 Zum Thermostatieren der Gäransätze wurde das Wasserbad der MilliGascounter-Ansätze verwendet. Wie bei den Kolbenprober-Versuchen ist an jedem Tag der Füllstand und der Druck zu notieren, sowie ggf. das Eudiometer zu leeren. Als Sperrflüssigkeit wird eine schwefelsaure Natriumsulfatlösung verwendet [35]. 30 ml konzentrierte Schwefelsäure (ρ = 1,84 g/ml) werden zu 1 l deionisiertem Wasser gegeben. In dieser Mischung werden unter leichtem Erwärmen 200 g Natriumsulfat-Decahydrat gelöst. Die Lösung wird durch Zugabe einiger Tropfen MethylorangeLösung (0,1 g Methylorange-Natriumsalz gelöst in 100 ml deionisiertem Wasser) rotorange gefärbt. Die Sperrflüssigkeit ist wegen der Gefahr des Auskristallisierens des Natriumsulfates bei Raumtemperatur aufzubewahren. Durch Erwärmen der Mischung kann das auskristallisierte Natriumsulfat wieder in Lösung gebracht werden. 3.4 Durchführung der Gärversuche Die Gärversuche wurden nach den Vorgaben der VDI 4630 durchgeführt. 3.4.1 Berechnung der Impfschlammeinwaagen Da der Schlamm aus der KA Jena einen oTS-Gehalt von ~ 2,2 % besaß, war es notwendig den Impfschlamm mit Trinkwasser zu verdünnen. Dabei wurden die Flaschen zur Hälfte bis 2/3 des Volumens mit dem Gäransatz gefüllt (etwa 600 bis 800 ml). Aus Gründen der Vergleichbarkeit zu den vorhergehenden Arbeiten [15, 20] wurden 600 ml bei einem 1,2 l-Fermenter gewählt, obwohl 800 ml der VDI-Forderung entsprechen würden. 3.4.2 Berechnung der Cellulose-Einwaagen Nachdem der oTSIS-Gehalt bestimmt wurde, kann über die eingesetzte mIS die dazugehörige mCel berechnet werden, in dem man die VDI 4630 – Forderung (8) berücksichtigt. Wenn nicht anders beschrieben, wurde in der vorliegenden Arbeit das m Cel/mIS -Verhältnis von 0,3 gewählt. Durch Multiplikation der Impfschlammmasse mit 0,3 erhält man die Substratmasse für Cellulose - mCel. 3.4.3 Bestimmung des Volumens von Fermentergefäßen Die Gefäße (mit Verschlusskappen) werden zuerst im trocken, unbefüllten Zustand ausgewogen. Anschließend wird das Gefäß blasenfrei mit Wasser (ρ ~ 1 g/cm3) befüllt, verschlossen, gründlich von außen abgetrocknet und erneut gewogen. Aus der Massendifferenz kann näherungsweise das Volumen ermittelt werden (Kap. 3.2.4). Die ermittelten Werte werden im Anhang A4 aufgeführt. 19 3.4.4 Versuchsansatz und –ablauf Generelle Bedingungen 37 °C Badtemperatur (Thermostat Lauda E 100) Spülen mit Reinstickstoff 5.0 (99,999 Vol% Stickstoff, Westfahlen AG) Substrat mikrokristalline Cellulose (Fa. Merck ) zum Verdünnen wurde Trinkwasser gleicher Herkunft (siehe Anhang A2) verwendet es wird immer mindestens eine Blindwertbestimmung pro Versuch durchgeführt verdunkelter Raum (bis auf Versuch 15, bei dem die Apparatur mit beschichteter Folie abgedeckt wurde) In einem ausgewogenen und ausgeliterten Gefäß (ggf. mit Rührer) (Kap. 3.4.3) wird die entsprechende Menge unverdünnter Impfschlamm (bis 60 g Analysenwaage, darüber Laborwaage) eingewogen. Anschließend wird eine genau abgewogene Menge mikrokristalliner Cellulose hinzugegeben (Fma. Merck, Substratmengen bis 1 g Analysenwaage, darüber Feinwaage). Danach wird Trinkwasser (bis 60 g Analysenwaage, darüber Laborwaage) bis zur gewünschten Verdünnung vorsichtig zugegeben. Dabei ist darauf zu achten, dass das Substrat vollständig in den Impfschlamm gespült wird. Die Gärgefäße werden in einem Wasserbad auf 37 °C erwärmt und anschließend mit Stickstoff gespült (600 ml- und 3000 ml–Gefäße 0,5 h, kleinere Gefäße entsprechend kürzer). Der Fermenter wird anschließend schnell mit dem Volumenmessgerät verbunden. Eudiometer- und Kolbenprober-versuche sind während der Hauptproduktionszeit täglich zu kontrollieren. Bei den MilliGascounter-Versuchen ist mindestens alle drei Tage der Füllstand des Wasserbades zu kontrollieren. Wenn weniger als 1% Volumenunterschied pro Tag bei Biogasproduktion der Substratansätze zu beobachten werden, kann der Versuch beendet werden. Trotzdem dürfen diese Ansätze, wenn sie noch weiter verwendet werden sollen, nicht fest verschlossen werden! 3.4.5 Variierte Anlagen- und Prozessparameter Da 15 Hauptversuche (MilliGascounter), 7 Kolbenprober-Versuche und 7 Eudiometer-Versuche durchgeführt wurden, war eine Codierung der Versuchsansätze notwendig (Tab. 3.3). Die entsprechenden Kürzel sind der nachfolgenden Tabelle 3.3 zu entnehmen. Tab. 3.3 Codierung der Messreihen Code Beschreibung MilliGascounter – und Eudiometer (600 g Impfschlamm)-Versuche BW-YY-XX Blindwert – Versuchsnummer (01 bis 15) – Fermenter-Nummer (1 bis 6, 1a bis 6a) P-YY-XX Ansatz – Versuchsnummer (01 bis 15) – Fermenter-Nummer (1 bis 6, 1a bis 6a) Kolbenprober- und Eudiometer (60 g, 125 g und 300 g Impfschlamm)-Versuche BW-dd.mm.yy Blindwert-Tag.Monat.Jahr (Versuchsbeginn) P-dd.mm.yy Ansatz-Tag.Monat.Jahr (Versuchsbeginn) Um nicht jeden Ansatz eines Versuches einzeln aufzuzählen, werden alle gleichen Ansätze eines 20 Versuches mit P-YY-XX bezeichnet. Beispiel Versuch Nr. 15: P-15-01 P-15-02 P-15-03 P-15-04 (3 g Cellulose, 600 g Impfschlamm mit einem oTS-Gehalt (3 g Cellulose, 600 g Impfschlamm mit einem oTS-Gehalt (3 g Cellulose, 600 g Impfschlamm mit einem oTS-Gehalt (3 g Cellulose, 600 g Impfschlamm mit einem oTS-Gehalt von 1,5%) von 1,5%) von 1,5%) von 1,5%) werden zu P-15-XX zusammengefasst BW-15-01 (600 g Impfschlamm mit einem oTS-Gehalt von 1,5%) BW-15-02 (600 g Impfschlamm mit einem oTS-Gehalt von 1,5%) werden zu BW-15-XX zusammengefasst Die Versuche können in 3 Grundtypen eingeteilt werden: BlueSens (MilliGascounter)-Versuche Bei diesen Versuchen wurden Variationen an den Gärgefäßen (bezüglich Volumen und Typ), an der Ansatzgröße und der Substratzusammensetzung vorgenommen. Als Gärgefäße wurden GL45Flaschen und BlueSens-Fermenter verwendet. Der Versuchsaufbau wird in Abb. 3.5 schematisch dargestellt. Eudiometer-Versuche Hier wurden Variationen bezüglich der Ansatzgröße vorgenommen. Bei Versuch 15 wurde an Stelle der GL45-Flaschen ein 1,2 l BlueSens-Fermenter verwendet. In Abb. 3.8 wird die Eudiometerapparatur, die etwas von der VDI-Apparatur abweicht, dargestellt. Kolbenprober-Versuche Bei den Kolbenproberversuchen wurde die Ansatzgröße und die Verbindungstechnik variiert. Als Fermenter kamen GL45-Flaschen, NS14,5- Reagenzgläser und Erlenmeyerkolben zum Einsatz. Bei der GL45-Flasche wurde das Biogas über einem Gummischlauch mit Schlaucholive (diese Baugruppe wird auch in der Eudiometerapparatur eingesetzt, bei der diffusionsbeständiger Schlauch verwendet wird) in den Kolbenprober geleitet (Abb. 3.4) In der Tabelle 3.4 sind sämtliche in dieser Arbeit durchgeführten Gärversuche und in Tabelle 3.5 die dazugehörigen Variationen Gärgefäß-Messeinheit aufgelistet. Als Gärgefäße wurden GL45Flaschen und BlueSens-Fermenter verwendet. 21 22 23 24 25 26 3.5 Versuchsauswertung Alle Angaben in den Diagrammen der vorliegenden Arbeit beziehen sich auf die Normbedingungen idealer Gase (1013,25 hPa; 273,14 K). Der oTS-Gehalt der Cellulose wurde mit 98 % bestimmt. Da nur Cellulose als Substrat verwendet wurde, bezieht sich das spezifische Biogasvolumen auf die Vergärung von 1 g wasserfreier (genauer fremdstofffreier) mikrokristalliner Cellulose. In der Literatur wird dieser Wert häufig in der Einheit ml N/goTS oder lN/kgoTS angegeben. Der Methangehalt wird in Volumen-% angegeben. 3.5.1 HBT-, Eudiometer- und Kolbenprober-Versuche Da die Messungen der Biogasvolumina in der Regel nicht unter Normbedingungen durchgeführt werden und das Biogas außerdem mit Wasserdampf gesättigt ist, ist es notwendig, das gemessene Biogasvolumen nach Gl. (9) zu korrigieren: (9) VN V pN pw p TN T Volumen des trockenen Biogases im Normzustand [ml] gemessenes Volumen des Biogases [ml] Normdruck, p = 1013,25 hPa Dampfdruck des Wassers in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur [hPa] Druck zum Ablesezeitpunkt [hPa] Normtemperatur, T = 273,15 K Temperatur zum Ablesezeitpunkt [K] Für die Berechnung des Wasserdampfgehaltes kann im Bereich von - 45 °C < T < 60 °C mit guter Näherung die Magnusformel (Gleichung 10), bzw. das nachfolgende Diagramm verwendet werden) [36]: (10) T Temperatur [°C] Abb. 3.9: Abhängigkeit des Wasserdampfgehaltes von der Temperatur [36] (p N = 1013,25 hPa) 27 Die Werte für den Luftdruck in der vorliegenden Arbeit wurden von der Wetterstation der FH Jena bezogen [26]. Alternativ dazu kann aber auch ein höherwertiges Barometer verwendet werden. Die Temperatur, etwa 20 °C, wird mit einem handelsüblichen Thermometer gemessen. Da der Impfschlamm auch ohne Zugabe von Substrat Biogas produziert, muss das Biogasvolumen des Impfschlamms ohne Substrat als Blindwert (BW) vom Biogasvolumen, welches aus dem Substrat und Impfschlamm entsteht, nach Gleichung (11) abgezogen werden. (11) Vn VN,Misch VN,IS Nettogasvolumen [mlN] aus der Mischung gebildetes Gasvolumen [mlN] aus dem Impfschlamm gebildetes Gasvolumen [mlN] Um eine Vergleichbarkeit der Biogasproduktion zu ermöglichen, die unabhängig von der Ansatzgröße ist, wird das Nettobiogasvolumen durch die Masse (oTS) des Substrats nach Gleichung (12) dividiert: (12) v Vn m wdr wv spezifische Biogasproduktion (auf moTS bezogen) [mlN/goTS] Nettogasvolumen [mlN] Masse des eingewogenen Substrats [g] Trockenrückstand des Substrates [%] Glühverlust der Trockenmasse des Substrats [%] 3.5.2 BlueSens-Versuche Durch die Software (BACVis) und die Druck- und Temperatursensoren (in der BACCom-Box) wird das Biogasvolumen automatisch korrigiert (Druck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit). Die Software berücksichtigt außerdem noch den hydrostatischen Druck von 4 hPa des MilliGascounters. Für das Nettobiogasvolumen und das spezifische Biogasvolumen gelten die im vorangegangenen Kapitel angeführten Gleichungen (11) und (12). Für die Bestimmung der Gaszusammensetzung ist die Kenntnis des Kopfvolumens notwendig. Nach Befüllen des Fermenters mit Gärsubstrat wird der Füllstand mit einem wasserfesten Faserschreiber am Gärgefäß markiert. Nach Beendigung des Versuches wird das Gefäß gereinigt, getrocknet und ausgewogen. Danach wird das Gefäß bis zur Marke mit Wasser gefüllt und erneut ausgewogen. Die Massendifferenz entspricht in guter Näherung dem Volumen V 1. Das Kopfvolumen entspricht der Differenz aus dem Fermentervolumen V 2 (Kap. 3.4.3) und V1 (Gleichung 13): (13) 3.5.3 Berechnung der Methanproduktion Umrechnung des Kopfvolumens in Normbedingungen (Gleichung 14): 28 (14) VN,Kopf VKopf p pw TN pN T Kopfvolumen im Normzustand [mlN] Kopfvolumen [ml] Druck zum Ablesezeitpunkt [hPa] Dampfdruck des Wassers in Abhängigkeit der Umgebungstemperatur [hPa] Normtemperatur, T = 273,15 K Normdruck, p = 1013,25 hPa Temperatur zum Ablesezeitpunkt [K] Das korrigierte Methanvolumen wird in Gleichung 15 unter Verwendung des Kopfvolumens berechnet. Die Gleichung 17 wird durch Einsetzen der Gleichung 15 in Gleichung 16 erhalten: (15) (16) (17) VN,CH4 VN,Kopf VN cCH4(t) cCH4(t-1) cCH4, korr produziertes Methanvolumen [mlN] Kopfvolumen im Normzustand [mlN] produziertes Biogasvolumen [mlN] Methankonzentration zum Zeitpunkt (t) [Vol.%] Methankonzentration zum Zeitpunkt (t-1) [Vol.%] korrigierte Methankonzentration [Vol.%] Multipiziert man Gleichnung 17 aus, so erhält man Gleichung 18: (18) Das im Zeitraum (t-1) bis (t) produzierte Normbiogasvolumen V N wird auf die im gleichen Zeitraum entstandene Methankonzentration bezogen (19) Die berechneten Methanvolumina werden anschließend schrittweise aufsummiert. Dadurch erhält man die Methanproduktion in Abhängigkeit von der Zeit. Die Berechnung des Nettomethanvolumen erfolgt analog der Berechnung des Nettogesamtvolumen 29 (Gleichung 11): (11) Vn,CH4 VN,CH4,Misch VN,CH4,IS Netto-Methanvolumen [mlN] aus der Mischung gebildetes Methan-Normvolumen [mlN] aus dem Impfschlamm der Blindprobe gebildetes Methan-Normvolumen [mlN] Analog zum spezifischen Netto-Biogasvolumen erhält man das spezifische, auf oTS-Substrat bezogenes Methanvolumen (Gleichung 22): (12) vCH4 Vn,CH4 m wdr wv spezifische, auf die oTS bezogene, Methanproduktion des Substrats [mlN] Netto-Methanvolumen des Substrats [mlN] Masse des eingewogenen Substrats [g] Trockenrückstand des Substrats (TS) [%] Glühverlust der Trockenmasse des Substrats (oTS) [%] 3.5.4 Statistische Auswertung Die Standardabweichung wurde sinnvollerweise bei Versuchen angewendet, bei denen mehr als drei Messwerte vorlagen. Im Fall der vorliegenden Arbeit waren dies alle BlueSens-Versuche und der Eudiometerversuch (Nr. 15) bei denen 3,03 g mikrokristalline Cellulose in 600 g Impfschlamm (oTS ~ 1,5 %) vergoren wurden. Mit Hilfe des Programms Microsoft EXCEL wurde mit der Funktion STABW die Standardabweichung berechnet. Diese Funktion beinhaltet folgende Bestandteile: (21) (22) s bzw. σ V n i Vi Standardabweichung Arithmetisches Mittel der parallelen Messwerte Anzahl der Messwerte (z.B. Sechsfachbestimmung → n = 6) Laufzahl, i = 1,2,3,...n Messwert 30 4 Ergebnisse und Diskussion Die (spezifischen) Biogasvolumina sämtlicher Versuche beziehen sich auf Normbedingungen. Als Substrat wurde in allen Versuchen mikrokristalline Cellulose mit Impfschlämmen aus einer kommunalen Kläranlage vergoren (Kap. 3.5). Es sollte die Reproduzierbarkeit, der Einfluss von gelöstem CO2 auf das Biogasgesamtvolumen, die Variation der Messtechnik auf das gemessene Biogasvolumen, der Einfluss des Rührregimes und der Konzentrationsverhältnisse auf die Kinetik untersucht werden. 4.1 Reproduzierbarkeit des BlueSens-Messsystems Die Reproduzierbarkeit von Versuchsergebnissen wurde in Versuchen mit identischen Bedingungen überprüft. Abb. 4.1 zeigt die Entwicklung des spezifischen Biogasvolumens während 5 Versuchen (wegen der besseren Übersichtlichkeit, wurde bei den Versuchen P-01-XX, P-02-XX, P-03-XX und P-10-XX der Mittelwert aus den jeweiligen Ansätzen gebildet, rötliche Kurven). Es ist zu sehen, dass das erreichte spezifische Biogasgesamtvolumen nach ca. 200 h einen mittleren Wert von 420 ml/g Cellulose mit einer Standardabweichung von 10,2 ml/g erreicht. Größere Schwankungen sind allerdings in der Hauptproduktionsphase von 25 bis 100 h zu beobachten. Die Standardabweichung hat ihr Maximum nach 45 h von 65 ml/g (grüne Kurve). Abb. 4.1: Vergleich der spezifische Biogasvolumen bei der Vergärung von 3,03 g mikrokristalliner Cellulose mit 600 g Impfschlamm mit einem oTS IS-Gehalt ~ 1,5 % (x – Mittelwert aus mehreren Ansätzen im BlueSensVergärungssystem (identisch IS, Substrat, Versuchsstart, Rührbedingung, Temperatur) pro Versuch, σ – Standardabweichung aller Versuche), die Ansätze wurden mit 320 min -1 gerührt 31 4.2 Einfluss des gelösten CO2 auf den gemessenen Biogasertrag-BlueSensMesssystem Da der pH-Wert des mit Leitungswasser verdünnten Rohschlamms bei etwa 7,5 – 7,6 liegt, befinden sich im Impfschlamm bzw. Gäransatz größere Mengen Hydrogencarbonate (HCO3-) und geringe Mengen Hydrogensulfide (HS-). Die Henry´schen Konstanten für die gelösten Gase sind in Tab. 4.1 aufgeführt. Tab. 4.1: Henry´sche Konstanten bei Normalbedingungen für relevante Biogasbestandteile [37] Gas Ө H k O2 [mol/(l*Pa)] N2 1,3*10 -3 CO2 6,1*10 -4 H2S 3,4*10 -2 CH4 1,0*10 -1 1,4*10-3 Es konnte beobachtet werden, dass beim Ansäuern des frisch verdünnten Rohschlamm mit Schwefelsäure etwa die gleiche CO 2-Menge freigesetzt wird, wie bei der Blindprobe nach Ablauf der Versuche (etwa 1000 bis 1200 ml CO2). Durch Freisetzung von Schwefelwasserstoff aus den gelösten Sulfiden ist ein deutlicher Fäulnisgeruch wahrnehmbar. Dieser Fakt ist dadurch erklärbar, dass sich das CO2 in Wasser bei niedrigen Temperaturen besser löst (Abb.4.2). Abb. 4.2: Temperaturabhängigkeit der CO2-Löslichkeit [38] Ein plausible Erklärung wäre, dass bei der unverdünnten Probe beim Erwärmen auf 37 °C das überschüssige CO2 in die Atmosphäre entweicht, während bei den verdünnten Proben (mWasser/mRohschlamm = 0,5) das Verdünnungswasser das CO 2 teilweise aufnimmt. Bei einer Zugabe von CO2-gesättigtem Leitungswasser konnte gegenüber ungesättigtem Leitungswasser ebenfalls keine Erhöhung des spezifischen Biogasvolumens (Abb. 4.3) beobachtet werden. Durch die Pufferkapazität des Impfschlamms ändert sich der pH-Wert bei der Verdünnung mit ungesättigtem Leitungswasser praktisch nicht. Eigene Untersuchungen zeigten, dass der CO 2(liquid)-Gehalt erst bei Versäuerung (pH ~ 5,5) der Ansätze (siehe Kap. 4.3) gegen Null abnimmt, weil bei diesen pHWerten das Hydrogencarbonat, wie auch das Hydrogensulfid, zu CO2 bzw. H2S reagieren. 32 Abb. 4.3: Auswirkung der Verdünnung der Impfschlämme mit CO 2-gesättigtem bzw. ungesättigtem Leitungswasser: Vergleich spezifische Biogasvolumina (Ansatz im BlueSens-Messystem mit 3,03 g mikrokristalliner Cellulose und 600 g Impfschlamm mit einem oTS IS-Gehalt ~ 1,5 %) 4.3 Einfluss der organischen Trockensubstanzmasse bei Einsatz von verschiedenen Cellulosemassen auf das spezifische Biogasvolumen In den Arbeiten von Harnisch [20], Prehn [15], AUA [34] und der TLL [39] wurden die Impfschlämme (~ 2,2 oTS) immer unverdünnt und am gleichem Tag zum Substrat (Cellulose) gegeben. Entsprechend hoch konnten die Substratmengen gewählt werden. Es zeigte sich, dass bei den MilliGascounter - wie auch bei den Eudiometer-Versuchen der AUA spezifische Biogasvolumen zwischen 600 und 700 ml/g erzeugt werden konnten. Im Gegensatz zu Harnisch wurden bei gleichen oTSIS/oTSCel-Verhältnissen und annähernd gleichem oTSIS-Gehalt geringere spezifische Biogasvolumina und eine zwischenzeitliche Verzögerung der Biogasproduktion beobachtet. Eine Ursache könnte das höhere Alter der in der vorliegenden Arbeit verwendeten Impfschlämme von etwa einer Woche sein. Eine Erniedrigung der der Substratmenge von 6 g auf 5 g Cellulose führte zu einer geringfügigen Verlängerung der Lag-Phase (Abb. 4.4). 33 Abb 4.4: Einfluss der oTS-Erhöhung des Impfschlamms: (P-06-XX: 2,2 % oTSIS, P-08-xx: 2,11 %); unverdünnt, mCel ( P-06-xx) = 5 g, mCel (P-08-xx) = 6 g; Durchführung im BlueSens-Messsystem Diauxie-Effekte (zweiphasige Umsetzungen, Abb. 2.5) können auch bei anderen Gärungstypen, wie z.B. bei der Umwandlung von Glucose in Ethanol auftreten.Mit zunehmenden mCel/moTS-IS– Verhältnis ist eine Steigerung des spezifischen Biogasvolumens zu beobachten. Es ist daher notwendig, Versuchsreihen immer mit dem gleichen oTS-Verhältnis durchzuführen. Das Diagramm Abb. 4.5 berücksichtigt nur die mCel/moTS-IS–Verhältnisse bis max. 0,6. Bei größeren mCel/moTS-IS– Verhältnissen (0,7 bis 1,5) ist keine sichere Reproduzierbarkeit zu beobachten. Alle Ergebnisse sind jedoch im Anhang A2 dokumentiert. Die VDI-4630 fordert ein m Cel/moTS-IS–Verhältnis von ≤ 0,5, was durch die vorliegenden Ergebnisse als sinnvoll bestätigt wird. Der Einfluss der wechselnden Rührbedingungen kann zu Unsicherheiten im Gärverlauf führen. Ein Grund könnte ein mögliches partielles Substratüberangebot durch die Homogenisierung ein. Dabei verlaufen die säurebildenden Prozesse gegenüber den methanbildenden Prozessen schneller. So zeigte es sich, dass nach einem Rührerausfall im Versuch 7 das gemessene spezifische Biogasvolumen bei der Zugabe von 9 bzw. 12 g Cellulose bei 13,1 g organischer Trockensubstanz wesentlich größer (> 400 ml/g) war, als bei dem Versuch 8 (< 200 ml/g), bei den die Durchmischung problemlos funktionierte. 34 Abb. 4.5: Einfluss der moTS-IS bei Einsatz von verschiedenen m Cel auf das gemittelte spezifische Biogasvolumen; Mittelwert aus X-Versuchen (Versuchsnr. z.B. P-05-XX, Anhang A1; identisch bei allen 600 g Impfschlamm aus KA Jena, Lagerzeit des Schlamms: min. 4 Tage; Durchführung im BlueSens-Messsystem.; Versuchszeit unterschiedlich Abbruchkriterium VDI erfüllt) Belege dafür sind: Es ist möglich, nach Beendigung der Hauptproduktionsphase Substrat zuzugeben, wobei die Biogasproduktion erneut stattfindet Ohne Rühren kann mCel/moTS-IS-Verhältnis bis 1,0, mit Rühren nur bis 0,6 betragen (Versuche 7 und 8, siehe Anhang A1). Bei höheren Werten ist die Bildung von niederen Carbonsäuren (Geruch) zu beobachten. Der pH-Wert sinkt dabei auf Werte von 5,5. Durch Zugabe von Schwefelsäure kann gezeigt werden, dass fast kein gelöstes CO2 mehr vorhanden ist. 4.4 Herkunft der Impfschlämme Wie in der nachfolgenden Abbildung 4.6 ersichtlich ist, unterscheidet sich die Kinetik des Biogasprozesses und das spezifische Biogasvolumen bei der Verwendung von Impfschlämmen verschiedener Kläranlagen im Rahmen der Messgenauigkeit nicht. Um eine allgemeingültige Aussage zu treffen, sind Schlämme von anderen Kläranlagen nötig. 35 Abb. 4.6: Vergleich der spezifischen Biogasvolumina bei der Vergärung von 3,03 g Cellulose mit Impfschlämmen (600 g, oTSIS-Gehalt ~ 1,5 %) verschiedener Herkunft (Erfurt und Jena) 4.5 Einfluss der Bauelemente auf das gemessene Biogasvolumen Da anfänglich Undichtigkeiten am BlueSens-Messsystem an den Ausgleichsgefäßen bestanden, wurden die kritischen Schlauchverbindungen entfernt (Abb. 3.5, Bauelemente 8 a bis c) und gegen einen durchgängigen, diffusionsbeständigen Schlauch ausgetauscht. Dabei konnte aber kein größeres Volumen gemessen werden. Auch die Verwendung von 1 l-GL45-Schraubflaschen anstelle von 1,2 l BlueSens-Fermenter brachte keine Erhöhung des Biogasvolumens (Versuch 13, Abb. A36). Allerdings kann die Verwendung von Gummischläuchen starke Gasverluste verursachen. Wird in der Kolbenproberapparatur (Abb. 3.4) anstelle der Schliffverbindung/Glasrohr eine GL45Schraubkappe mit Olive und 10 cm Gummischlauch verwendet, sinkt das gemessene spezifische Biogasvolumen von ~ 740 ml/g auf 600 ml/g (Anhang S. XXVII – XXX). 4.6 Einfluss der entstehenden Gasmenge auf das gemessene Volumen Wie eingangs schon erwähnt, wurde in der Bachelorarbeit von Prehn [15] ein deutlich geringeres spezifisches Biogasvolumen gemessen, als mit der HBT-Methode der TLL. Die Ansätze und Temperaturbedingungen waren identisch. Das Messprinzip und die Ansatzgröße waren allerdings unterschiedlich. Deshalb war der Einfluss von Messmethoden und Ansatzgrößen auf das gemessene spezifische Biogasvolumen von Interesse. Die anfänglich vermuteten Skalierungseffekte, kleine Ansatzgröße beim HBT-Versuchen (150 mg Cellulose) vs. relativ große Ansatzgrößen BlueSens (3,03 g), konnten nicht bestätigt werden. 36 Vielmehr konnte beobachtet werden, dass innerhalb der Messmethoden bei Ansatzvergrößerungen ein Ansteigen des spezifischen Biogasvolumens zu beobachten ist. Der Unterschied war am stärksten bei den MilliGascounter-Versuchen ausgeprägt (Abb. 4.7). Um eine Vergleichbarkeit der Messwerte sicherzustellen, ist auf einen annähernd konstanten oTS ISWert und ein konstantes mCel/moTS-IS-Verhältnis zu achten. Alle in diesem Abschnitt betrachteten Versuche wurden nicht gerührt, sondern täglich einmal für zwei Minuten vorsichtig geschwenkt. Das Ansteigen der gemessenen spezifische Biogasvolumen mit zunehmender Ansatzgröße bei den Eudiometer- und MilliGascounterversuchen kann mit der Löslichkeit von Gaskomponenten in der Sperrflüssigkeit erklärt werden. Bis auf den Versuch 15 (Eudiometer) waren alle Volumen der Sperrflüssigkeiten konstant. Abb. 4.7: Einfluss der Ansatzgröße bei annähernd gleichem m Cel/moTS-IS–Verhältnis von 0,3 (der VDIGrenzwert liegt bei 750 ml Biogas pro 1 g mikrokristalliner Cellulose) 4.7 Volumenstrom-Bestimmung bei verschieden großen Gäransätzen Der MilliGascounter der Firma Ritter ist laut Spezifikation für Volumenströme von 1 – 1000 ml/h ausgelegt. Da diese Geräte wesentlicher Bestandteil des BlueSens-Systems zur Ermittlung der Biogaserträge sind, war zu prüfen, ob VDI-4630 konforme Vergärungsansätze mit verschiedenen Substratmengen Biogasvolumenströme erreichen, die im Messbereich des MilliGascounters liegen. Dazu wurden verschieden große Ansätze mit einem m Cel/moTS-IS-Verhältniss von ~ 0,3 gewählt. Die nachfolgende Abbildung 4.8 zeigt, dass die gemessenen Volumenströme des 3000 g-Ansatzes genau in diesem Bereich liegen. Bei einem 600 g-Ansatz, der im BlueSens-Messsystem mit den 37 bereitgestellten 1l-Fermentern die Obergrenze der Beladung darstellt, wird der Bereich der zu messenden Volumenströme gerade noch abgedeckt. Für den hier diskutierten 600 g-Ansatz, wurde der in der VDI-4630 gegebene Spielraum mit Erhöhung der Substratmenge bzw. Erhöhung des oTS-Gehaltes im Impfschlamm noch nicht voll ausgeschöpft. Es könnten also 600 g-Gäransätze konzipiert werden, die höhere Volumenströme erwarten ließen. Da die Biogasvolumen der Blindwerte erwartungsgemäß klein sind, liegen die Volumenströme oft nicht vollständig im Messbereich des BlueSens-Messsystem. Abb. 4.8: Volumenströme (oTSIS-Gehalt ~ 1,5 %, ungerührt) 38 Da diese jedoch in die Berechnung des spezifischen Biogasvolumenstroms einfließen, sollte bereits hier schon ein Fehler entstehen. Die bei einem 300 g-Ansatz gemessenen Volumenströme liegen nur teilweise im Messbereich der MilliGascounter. Für 150 g- und 60 g-Ansätze ist das Messverfahren völlig ungeeignet. Ein weiterer Kritikpunkt am modularen BlueSens-Messsystem mit den gewählten Countern ist, dass die Kalibrierung der MilliGascounter mit Luft im Volumenstrombereich 210 – 800 ml/h erfolgte, also weit oberhalb der im System mit seinen begrenzten Faulraumvolumina zu erzielenden Biogasvolumenströmen. Weiterhin kann durch die Verwendung des Prüfgases Luft bei der Kalibrierung (siehe Prüfzertifikat [40]) eine Verfälschung der Ergebnisse angenommen werden. Dieser Fehler kann mit der erhöhten Löslichkeit von CO2 in Silikonöl erklärt werden (Kap. 4.7). 4.8. Vergleich der Messsysteme Beim direkten Vergleich der Messsysteme wurden identische Gäransätze verwendet. Die Fermenter wurden dabei mit verschiedenen Gasmesseinrichtungen verbunden. Bei identischen Parametern wie Mischungs-, Temperatur- und Konzentrationsverhältnissen wiesen die Biogasvolumen-Kurven der MilliGascounter-Versuche und der Kolbenprober-Versuchen bis 600 ml einen gleichen Verlauf auf. Auch die Blindwerte der MilliGascounter-Versuche waren nur geringfügig niedriger als die bei den Kolbenproberversuchen (Abb. 4.9, 4.11, 4.12 und 4.14). Bei den resultierenden spezifischen Biogasvolumina sind am Anfang ebenfalls nur geringe Unterschiede zu beobachten (Abb. 4.9). Die KP-Versuche konnten apparatetechnisch nur geschüttelt werden. In den Versuchen Nr. 11 und 15, bei denen der Gäransatz des MilliGascounter- und Kolbenproberversuches nicht gerührt, sondern wie in der VDI-4630 empfohlen, nur einmal pro Tag 15 s geschüttelt wurde, beginnt die Hauptproduktionsphase der Cellulosevergärung zur gleichen Zeit (sichtbar in den Kurvenverläufen der spezifischen und absoluten Biogasvolumina). Ein ähnliches Ergebnis erhält man beim Vergleich von Kolbenprober- mit Eudiometer-Versuchen (Abb. 4.11). Abb. 4.9: Direkter Vergleich der MC-Versuche (Nr. 15) mit dem KP-Versuch (VN – Werte (KP) wurden mit dem Faktor 10 multipliziert), gleicher IS, gleicher oTS IS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuche MC und KP wurden nicht gerührt, mCel (MC) = 3,03 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 600 g, mIS (KP) = 60 g) 39 Abb. 4.10: Direkter Vergleich der spezifischen Biogasvolumina der MC-Versuche (Nr. 15) mit dem KPVersuch (gleicher IS, gleicher oTSIS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuche MC und KP wurden nicht gerührt, mCel (MC) = 3,03 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 600 g, mIS (KP) = 60 g) Abb. 4.11: Direkter Vergleich der EU-Versuche (Nr. 15) mit dem KP-Versuch (VN –Werte (KP) wurden mit dem Faktor 10 multipliziert), gleicher IS, gleicher oTS IS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuche EU und KP wurden nicht gerührt, mCel (MC) = 3,03 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 600 g, mIS (KP) = 60 g) 40 Wird die Ansatzgröße von 3,03 g Cellulose auf 15,15 g unter Beibehaltung des m Cel/moTS-ISVerhältnisses erhöht, beobachtet man einen ähnlichen Kurvenverlauf, nur ist am Ende die Differenz der gemessenen (spezifischen) Biogasvolumina geringer (Abb. 4.12 und 4.13). Abb. 4.12: Direkter Vergleich der MC-Versuche (Nr. 11) mit dem KP-Versuch (VN –Werte (KP) wurden mit dem Faktor 50 multipliziert), gleicher IS, gleicher oTS IS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuche MC und KP wurden nicht gerührt, mCel (MC) = 15 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 3000 g, mIS (KP) = 60 g) Abb. 4.13: Direkter Vergleich der spezifischen Biogasvolumina der MC-Versuche (Nr. 11) mit dem KPVersuch (gleicher IS, gleicher oTSIS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuche MC und KP wurden nicht gerührt, mCel (MC) = 15 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 3000 g, mIS (KP) = 60 g) Auf Grund eines Programmabsturzes des MilliGascountersystems wurde die Messung nach 200 Stunden abgebrochen (Abb. 4.12 und 4.13). Auf Grund des abnehmenden Volumenstroms und des Gärverhaltens vergleichbarer Ansätze lässt sich ein spezifisches Biogasgesamtvolumen (MC) von 41 620 ml/g abschätzen. Werden die Ansätze während der Gärung unterschiedlich gemischt, findet im stärker durchmischten Ansatz die Hauptproduktionsphase eher statt (Abb. 4.14 und 4.15). Auf das (spezifische) Biogasvolumen haben die Rührbedingungen bei einem m Cel/moTS-IS-Verhältnisses bis 0,5 nur einen geringen Einfluss (von einer durchgehende Durchmischung mit 320 min -1 bis einmaliges tägliches ‚Schwenken‘). Abb. 4.14: Direkter Vergleich der MC-Versuche (Nr. 10) mit dem KP-Versuch (VN –Werte (KP) wurden mit dem Faktor 10 multipliziert), gleicher IS, gleicher oTS IS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuch MC wurde gerührt, Versuch KP wurde nicht gerührt, mCel (MC) = 3,03 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 600 g, mIS (KP) = 60 g) Abb. 4.15: Direkter Vergleich der spezifischen Biogasvolumen der MC-Versuche (Nr. 10) mit dem KPVersuch (gleicher IS, gleicher oTSIS-Gehalt von ~ 1,5 %, Versuch MC wurde gerührt, Versuch KP wurde nicht gerührt, mCel (MC) = 3,03 g, mCel (KP) = 0,303 g, mIS (MC) = 600 g, mIS (KP) = 60 g) 42 Die gleichen Beobachtungen wurden schon in der vorangegangenen Bachelorarbeit gemacht [15]. In der Arbeit von Prehn (rötliche Kurven) wurden die Ansätze jedoch völlig ruhen gelassen. Dabei bildete sich eine Phasentrennung, die eine weitere Gasbildung verhinderte. Dies führte zu ähnlichen Kurvenverläufen wie in der vorliegenden Arbeit (grüne Kurve), nur ist hier die spezifische Biogasausbeute noch geringer (Abb. 4.16). Durch unterschiedliche Gasproduktionen von Blindwert- und Substrat-Ansatz kann das spezifische Biogasvolumen in der Start- und Endphase rückläufig sein. Abb. 4.16: Vergleich der Kinetik der Biogasbildung in Abhängigkeit von den Rührbedingungen (oTS ~ 1,5, ~ 3 g Cellulose, gleiches Messsystem, IS aus der KA Jena, P-15-MW wurde täglich einmal 15 s geschwenkt) Vergleich Eudiometer – MilliGascounter Im Gegensatz zu den vorhergehenden Versuchen wurden die Volumenmessgeräte direkt gekoppelt. Der direkte Volumen-Vergleich (Luft) von MilliGascounter und Eudiometer ergab bei einem Umgebungsdruck von 993,5 hPa und einer Temperatur von 20 °C ein Volumen-Verhältnis V EU/VMC = 1,19 (Doppelbestimmung) (Abb. 4.17). Der Volumenstrom vom Eudiometer zum MilliGascounter Abb. 4.17: Differenz in der Volumenanzeige bei identischen V N-Ansätzen mit identischer Biogasproduktion aber unterschiedlicher Volumendetektion (MilliGascounter=MC; Eudiometer=EU) 43 betrug etwa 1000 ml/h. Versuche von Prehn [15] mit einem 100 ml-Kolbenprober ergaben Volumendifferenzen von 20% bzw. 29 %. Eine mögliche Erklärung für die Differenzen zwischen entstandenen und gemessenen Biogasmengen kann die Löslichkeit von Biogaskomponenten in der Sperrflüssigkeit des MilliGascounters sein [41]. Diese Vermutung basiert erstens auf der Beobachtung, das die Differenzen der Blindwerte im Vergleich zum Kolbenproberversuch geringer sind, als die der 60 g-, 150 g-, 300 g– und 600 g–Versuche mit Substrat. Durch die Pfropfenströmung gelangt das Biogas von den Blindwertversuchen gar nicht, oder nur zum geringen Teil, in den MilliGascounter (das Totraumvolumen beträgt bei den 600 g–Versuchen etwa 600 ml). Zweitens ist bei der Verwendung von Eudiometern bei gleichem Versuchsansatz (Versuch 15) ein geringeres Volumendefizit zum Kolbenproberversuch zu beobachten als beim MilliGascounterversuch. In Abb. 4.18 wird die Beladung der Sperrflüssigkeit mit Kohlendioxid dargestellt. Abb. 4.18: Mögliche Fehlerquelle des MilliGascounters (Versuch 15, Parameter siehe Abb. 4.13, V Totraum ~ 600 ml) 44 Stickstoff, welcher am Anfang aus der Apparatur gedrückt wird, löst sich sehr wenig im Silikonöl, daher wird der Volumenstrom korrekt wiedergegeben. Mit zunehmendem Biogasgehalt steigt auch der CO2-Gehalt im Gasstrom an. Bis zur Sättigung des Öls mit CO 2 wird das Methan angereichert und ergibt weniger Volumen. Erst nach der Sättigung des Öls mit Kohlendioxid wird das Gas wieder komplett volumetrisch detektiert. Ein weiterer Sachvehalt, der für diese These spricht, sind die unterschiedlichen Methangehalte des bei Blindprobe und Gäransatz gebildeten Gases. So enthalten die Blindproben etwa 70 – 80 % Methan, während die Ansätze einen Methangehalt von 50 – 55% aufwiesen. Demzufolge sind die Verluste des Blindwert-Biogasvolumens, die durch Lösung des CO2 in Silkonöl entstehen, geringer. Silikonöle, wie das KORASILON Öl M 100 der Firma KURT OBERMEIER GmbH & Co. KG, weisen z.B. bei Normaldruck folgende Löslichkeiten (cm3/g Öl) auf: Tab. 4.2: Gaslöslichkeiten im KORASILON Öl M 100 [42] 0 °C 25 °C 100 °C 200 °C Sauerstoff [cm3/g] 0,25 0,24 0,24 0,22 Stickstoff [cm3/g] 0,13 0,18 0,19 0,24 Kohlendioxid [cm3/g] 2,3 1,88 1 0,56 Bei einem Volumen von etwa 100 ml dürften sich in der Größenordnung 200 ml Kohlendioxid lösen. Es ist auf Grund der ähnlichen chemischen Struktur anzunehmen, dass das Silox-Öl der Firma RITTER ähnliche Löslichkeitseigenschaften hat. Im Internetforum Biogascommunity wurde ebenfalls die CO2-Löslichkeit in Silikonölen erwähnt [43]. Bei größeren Ansätzen, wie z.B. der 3000 g-Ansatz, wird der Fehler geringer, weil das gelöste CO 2 anteilsmäßig zum Gesamtvolumen geringer wird. 4.9 Druckabhängigkeit der Biogaszusammensetzung Nach dem Niveauausgleich der Eudiometerflüssigkeit war in der Hauptproduktionsphase ein deutlicher Rückgang der Methankonzentation, bis zu 4 Vol.-%, zu beobachten (Abb. 4.19). Abb. 4.19: Vergleich der Methangehalte des gebildeten Gases bei den Eudiometer-Versuchen mit denen bei den MilliGascounter-Versuchen (Versuch 03) 45 Der hydrostatischem Druck der Eudiometerflüssigkeit (~ 80 hPa bei 70 cm Füllstandsdifferenz des Eudiometers im Vergleich zu 4 hPa bei 4 cm Füllstandsdifferenz des MilliGascounters) kann dazu führen, dass das entstehende Kohlendioxid im Gäransatz verbleibt. Dies ist eine Erklärung dafür, warum das Volumenmessprinzip via Druckänderung nur bedingt geeignet ist. 4.10 Einsatz der Messmethoden zur Bestimmung des erzeugten Biogasvolumens Eine konkrete Empfehlung für eine bestimmte Messmethode kann nicht gegeben werden, da die Materialkonsistenz des Gärgutes, und somit die Ansatzgröße, sehr unterschiedlich sein kann. Jede Messmethode hat daher ihre Berechtigung. Es ist schwierig einen Kostenvergleich der Messmethoden durchzuführen, weil es für jede Größenordnung (Gasvolumenströme) nur eine stark begrenzte Anzahl von Messverfahren gibt. Bei der Verwendung von MilliGascountern und Eudiometern darf das entstehende Biogasvolumen nicht zu klein sein, weil ansonsten die Verluste durch Gaslöslichkeit in der Sperrflüssigkeit zu hoch sind. Die in Abb. 4.7 dargestellten Ergebnisse lassen vermuten, dass die Eudiometerflüssigkeit bessere Absperreigenschaften für Biogas hat, als Silikonöl. Die Verwendung von Eudiometerflüssigkeiten in MilliGascountern birgt allerdings die Gefahr der Korrosion (Edelstahlteile) bzw. der Verstopfung (Auskristallisation von Salzen in der Gaszufuhr-Kapillare). Von den in dieser Arbeit untersuchten Apparaturen ist der MilliGascounter am teuersten (ab 1000 €), Kolbenprober liegen in der Preisklasse von 60 € und die Anfertigung eines Eudiometers liegt ebenfalls bei 60 €. Liegen viele homogene Proben vor, ist die HBT-Apparatur mit ihren 57 Gäreinheiten für Screening-Untersuchungen die Methode der Wahl. Bei gröberen Substraten bzw. kinetischen Untersuchungen hat die HBT-Apparatur ihre Grenze. Hier sind Eudiometer- bzw. Gaszählerapparaturen die bessere Wahl. Tab. 4.3: Vergleich der Messmethoden TrommelGaszähler MilliGascounter Eudiometer Kolbenprober- HBT Apparatur Homogenität gering mittel bis gering mittel hoch sehr hoch Ansatzgröße > 10000 g 5000 - 10000 g 300 g – 1000 g 60 g 30 g Einsatz Kontinuierliche Versuche, große Batch-Versuche Batch-Versuche 46 5 Zusammenfassung und Ausblick Verbesserung der Kolbenproberapparatur (Verwendung eines Dreiwegehahnes), das Silikonöl sollte eine etwas höhere Viskosität als dass der Firma Ritter besitzen, um eine Kanalbildung zu vermeiden (Abb. 5.1) Abb. 5.1: Verbesserung der Kolbenprober-Apparatur Bevor unbekannte Substrate vergoren analysiert werden sollen, ist es sinnvoll, das Verhalten der Apparaturen mit definierten Substanzen zu testen, die eine andere Abbaukinetik besitzen. So sind die Abweichungen der Methoden bei den Blindproben nicht so hoch wie bei der Substratvergärung. Da nach der Empfehlung der VDI 4630 der Kolben zu 2/3 gefüllt sein sollte, ist es sinnvoll, das Ansatzvolumen von 600 g auf 800 g zu erhöhen, da der Fermenter ein Fassungsvermögen von 1,2 l besitzt. HBT- bzw. Kolbenproberversuche sollten als Referenzversuche für die Kalibrierung von Biogasertragsbestimmungen verwendet werden, da sie den Werten der VDI 4630 (740 – 750 ml/g für mikrokristalline Cellulose) am nächsten kommen. Die Anschaffung von Kolbenprobern ist relativ kostengünstig. Für das Rührregime muss es eine klare Anweisung geben, da dieses zwar keinen großen Einfluss auf die Biogasausbeute hat, wohl einen signifikanten Einfluss auf die Kinetik (Lagund Hauptproduktionsphase) ausübt. Es sollte nicht nur eine Obergrenze (z.B. Diauxie-Effekte, Versäuerung) der Substratzugabe, sondern auch eine Untergrenze der Substratzugabe geben (0,3 , Einfluss der Blindgasproduktion) Der Schlamm sollte eine Woche bei Raumtemperatur gelagert werden. Zu lange Lagerzeiten können den Schlamm inaktivieren. Bei zu kurzen Lagerzeiten ist der Blindwert unnötig 47 hoch. Es muss die Löslichkeit der Biogaskomponenten in der Sperrflüssigkeit untersucht werden. Gegebenenfalls sollte über eine andere Sperrflüssigkeit nachgedacht werden. Wenn die Suche nach einer neuen Sperrflüssigkeit für den MilliGascounter kein Erfolg bringt, müssten die Fermenter der BlueSens-Apparatur um den Faktor 10 größer ausgelegt werden. Der Messbereich um die 600 g Impfschlammeinwaage sollte dann Eudiometer-Apperaturen vorbehalten sein. MilliGascounter sollten mit einem Methan-Kohlendioxid-Gemisch (50/50) kalibiert werden. Da das Gemisch einheitlich ist, kann man als Messgröße für den Massestrom die Wärmekapazität nutzen. Allerdings sind die Messbereiche geringer (1 – 40 ml/h) als die des MilliGascounters (1 – 1000 ml/h). Verringerung des Ölvolumens durch Verwendung einer quaderförmigen Messzelle, anstelle einer zylindrischen Messzelle, um die Mengen CO2, die in der Sperrflüssigkeit gelöst werden, zu verringern Der Boden der Fermenter sollte konkav sein, damit der Magnetrührer während der Versuchsdauer gleichmäßig rührt (Abb. 5.2) Abb. 5.2: Reaktor mit gewölbtem Boden (die Gefäße werden auf einem Kunststoffring gestellt) 48 Literaturverzeichnis Kap. 1 [1] Schulz, Heinz: Biogas-Praxis (Grundlagen, Planung, Anlagenbau, Beispiele) ökobuch 1996, ISBN 3-922964-59-1 [2] Zeit, http://www.zeit.de/2011/29/Biogas/ (28.08.2012) [3] Breuer, Detlef: „Der Wettbewerb um die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen: Nachwachsende Rohstoffe zur energetischen Nutzung contra Veredelungswirtschaft“ Am 26. 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(Biogashandbuch Bayern – Materialienband - Kap. 1.1 – 1.5, Stand Juli 2007, S. 12) [17] Verein Deutscher Ingenieure: VDI 4630 - Vergärung organischer Stoffe, Substratcharakterisierung, Probenahme, Stoffdatenerhebung, Gärversuche; Beuth Verlag GmbH, Berlin 2006 [18] Dr.-Ing. Ritter Apparatebau GmbH & Co. KG, Coloniastr. 19-23, D-44892 Bochum http://www.dr-ritter.eu/Messprinzip.27.0.html (28.08.2012) [19] Dr.-Ing. Ritter Apparatebau GmbH & Co. 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