SONDERAUSGABE ZUM AFD-BUNDESPARTEITAG
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SONDERAUSGABE ZUM AFD-BUNDESPARTEITAG
z e i t u n g f ü r d e m o k r a t i e u n d s t r e i t k u lt u r POLIFAKT J U N I 20 1 5 SONDERAUSGABE ZUM AFD-BUNDESPARTEITAG p oli fakt.de VÁclav klaus DIE Satzung Zwei welten Tschechiens ehemaliger Präsident spricht über die zerstörerische Spaltung der „Alternative für Deutschland” Die unglaubliche Entwicklung in der Chronologie rund um die Satzungskommission zur „Bremer-Satzung” Wie beeinflussen uns 26 Jahre nach dem Mauerfall die unterschiedlichen Lebensläufe in West und Ost seite 3 seite 6 seite 19 SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 2 Ihre Stimme zählt! Kommen Sie nach Essen Liebe Parteifreunde, 04./05. JULI 2015 Grugahalle Messe Essen wann auch immer der nächste Bundesparteitag stattfindet - es wird der wichtigste Termin seit Gründung der AfD. Mit der Wahl des neuen Bundesvorstands werden wir auch über diese Fragen abstimmen: Wahlen als „Sturz“ von Landesvorständen. Und nur eine Seite hat unter Verwendung unserer Mitgliederkartei einen Verein gegründet, der im Fall einer Abspaltung bereits über neue Parteistrukturen zu verfügen scheint. • Möchten wir viele unserer Positionen aufgeben, um Mehrheitsbeschaffer der Union zu werden? Der anderen Seite, die von Frauke Petry vertreten wird, wirft Bernd Lucke ausgerechnet mangelnde Integrationsfähigkeit vor, während er selbst von sich sagt: „Ich möchte nur für die politischen Inhalte kämpfen, die ICH für richtig halte.“ Der Bremer „Kompromiss“ lautete jedoch: Wenn wir ein Parteiprogramm haben, wird der Vorsitzende dieses Programm zu vertreten haben, unabhängig von seiner eigenen Meinung. Seitdem versucht Lucke, die Partei seiner Meinung anzupassen. • Möchten wir, dass redliche Mitglieder, die sich keine Denkverbote aufzwingen lassen, von unseren eigenen Führungskräften undifferenziert dem „rechten Rand“ zugeordnet und aus der Partei gedrängt werden? • Soll die Alternative für Deutschland eine straff geführte, glatt geschliffene Top-DownOrganisation werden? Oder möchten wir die Alternative zu den Mainstream-Parteien bleiben? Zwar wird diese dann vorläufig keine Minister stellen, aber den Fehlentwicklungen in unserem Land aktiv entgegenwirken und ihr breites Themenspektrum weiter vertreten, einschließlich derjenigen Themen, die uns den Vorwurf des Rechtspopulismus eingebracht haben, lange bevor die Nazi-Keule auch innerhalb unserer Partei zur Universalwaffe wurde. Beide Flügel behaupten, die AfD bewahren zu wollen, die sie 2013 gegründet haben, und beide Seiten wollen offiziell die Partei nicht spalten. Doch nur eine Seite hat klar erklärt, dass sie nicht mehr über TTIP, Westbindung, Islamisierung, Zuwanderung, Gender usw. diskutieren will. Und nur eine Seite will die Partei von „Elementen säubern“, für die sie noch vor kurzem Wahlkampfunterstützung geleistet hat. Nur die eine Seite bezeichnet innerparteiliche Petry dagegen hat nie behauptet, ohne die andere Seite auskommen zu wollen. Sie erkennt allerdings die Bedeutung von Themen auch außerhalb von Euro und Wirtschaft. Unabhängig davon, auf welcher Seite Sie stehen: Nehmen Sie an der Entscheidung teil! Geben Sie beim Parteitag Ihre Stimme ab, nicht für oder gegen eine Person, sondern für die Partei des gesunden Menschenverstands, der Demokratie und des Muts zur Wahrheit! www.ja-zur-alternative.de POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 3 Die zerstörerische Spaltung der AfD Von Václav Klaus Sie wollten in der Politik mitmischen, ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen Foto: dpa – picture alliance Am Montag, den 18. Mai, schickte der Sprecher der Alternative für Deutschland, Bernd Lucke, den „lieben Mitgliedern und Förderern der AfD“ einen offenen Brief mit der Überschrift „Weckruf 2015“. Mitunterzeichner sind Hans-Olaf Henkel und Joachim Starbatty. Ich habe diese Entwicklung längst befürchtet. Eine junge, nicht fest strukturierte Partei, noch mehr Bewegung als Partei, spaltet sich. Ich habe große Hoffnungen mit dem Erfolg der AfD verknüpft Hier in Prag haben wir damit unsere Erfahrungen. Kurz nach der Wende verlief ein ähnlicher Kampf in der bürgerlichen Bewegung „Obcanske Forum“ ab. Auch dort nahme“ innerhalb der Partei anstreben, abgestempelt. Ich habe – und nicht nur ich – große Hoffnungen mit dem Erfolg der AfD verknüpft. Wir alle wissen, dass eine erfolgreiche Korrektur des undemokratischen alleuropäischen Superstaates, zu dem sich die EU entwickelte, nur aus einem der großen Länder der EU kommen kann. Am besten aus Deutschland, dem Hauptautor der jetzigen Version der europäischen Integration. Es ist auch klar, dass der Impuls zur Wende von einer neuen politischen Gruppierung kommen muss, der man nicht so leicht den Stempel des billigen Populismus aufdrücken kann. Das ist der Gruppe der Herren Professoren um Bernd Lucke toll gelungen. Sie errangen sogar einige Sessel im Europaparlament. Mit diesem Erfolg begann aber auch das Problem. Durch ihren Umzug nach Brüssel begannen sich einige führende Politiker der AfD von ihren Wählern und Parteifreunden zu entfernen. Wir Tschechen verstehen das sehr gut aus unseren Erfahrungen. Auch wir hatten hier Leute, die zwar rechts sein wollten, ohne als „Rechte“ zu erscheinen. Sie wollten von der Seitenlinie kritisieren können, ohne ra- kämpften zwei Strömungen miteinander. Auf der einen Seite standen diejenigen, die eine klar definierte politische Partei mit klarem Profil wollten und auf der anderen diejenigen, die von einer allumfassenden Bewegung träumten, die aber keine klare Position mit sich bringen würde. Es ist nichts Neues. Es begleitet das Wesen der politischen Parteien seit deren Entstehung im 19. Jahrhundert. Der tschechische Schriftsteller Jaroslav Hasek, Autor des weltberühmten Soldaten Schwejk, machte sich bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts darüber lustig, indem er die „Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen der Gesetze“ gründete. In dem Brief von Bernd Lucke sehe ich etwas Ähnliches. Alle Andersdenkenden werden dort als Radikale, Sektierer und Fundamentaloppositionelle, die angeblich die „Machtüber- dikale Vorschläge zu formulieren. Sie wollten im Scheinwerferlicht stehen, fürchteten jedoch gleichzeitig das Schicksal von Leuten wie Thilo Sarrazin, den das deutsche Establishment erbarmungslos aus seiner Mitte ausgeschlossen hatte. Sie wollten in der Politik mitmischen, ohne sich dabei die Hände schmutzig zu machen. Sie haben begriffen, dass sie zu Vollzeitpolitikern werden müssen, haben dazu aber keine Lust. Wenn Bernd Lucke in seinem Brief von einer gefährlichen „Machtübernahme“ in der Partei spricht, deutet er damit an, dass es in der AfD Menschen gibt, die diese Partei in eine andere Richtung bewegen wollen und dass sie ihm somit die Partei entwenden wollen. Auch das ähnelt stark der Entwicklung in Tschechien der 90er Jahre. Auch Vaclav Havel hatte das Gefühl, dass wir ihm das Bürgerforum entwendet u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 4 t hätten. Niemand hat ihm aber was weggenommen. Die Menschen nahmen das Bürgerforum ernst und somit passierte es, dass gewöhnliche Menschen in diese Organisation eingetreten sind. Das passte nicht ins Konzept unserer damaligen elitären Dissidenten. Wenn ich in diesem Brief lese, dass die AfD eine Partei sein soll, die „sachlich, In der Mitte gibt es nichts konstruktiv, nicht nur konservativ, sondern auch liberal und sozial“ sein soll, dann muss es eine Partei sein, die alles und gleichzeitig nichts repräsentiert. Zum Schluss seines Briefes schreibt Lucke, dass die AfD eine „unideologische, sachlich und konstruktiv arbeitende Volkspartei für die Mitte der Gesellschaft“ sein soll. Mein Kommentar dazu ist klar: • eine unideologische politische Partei sein zu wollen, ist eine Absurdität, ein Widerspruch in sich, eine contradictio in adjecto; • „sachlich und konstruktiv zu arbeiten“ klingt zwar schön, deutet aber an, man möchte sich auf die „Arbeit“ innerhalb des bestehenden Systems konzentrieren. In Deutschland scheint es – von außen gesehen – immer noch unmöglich, nicht systemkonform zu sein; • eine „Volkspartei“ zu sein, das ist auch etwas anderes als eine Bürgerpartei; • welchen Sinn hat es, eine politische Partei auf die „Mitte der Gesellschaft“ auszurichten? In der Mitte gibt es nichts. Die Mitte der Gesellschaft ist nur ein abstrakter Begriff. Dort befindet sich kein Mensch, kein potenzieller Wähler. Aber vielleicht ist alles anders. Vielleicht schreitet die Partei weiter und bekommt einen neuen Inhalt. Vielleicht ist es kein Ende, sondern eine Chance zum Neubeginn. n Dieser Artikel erschien zuerst in der WELT. Václav Klaus ist tschechischer Politiker und Wirtschaftswissenschaftler. Er war Vorsitzender des OF (1990–1991) und der ODS (1991–2002). Zudem bekleidete er die höchsten Staatsämter der Tschechischen Republik: Von 1992 bis 1998 war er Ministerpräsident, von 1998 bis 2002 Vorsitzender des Abgeordnetenhauses und von 2003 bis 2013 Staatspräsident. „Kleine Leute” Von Dr. Alexander Gauland Jeder hat das schon einmal erlebt. Man wirft ein Wort oder einen Begriff in die Runde und schon verselbständigt sich das Gesagte, löst sich vom Urheber, bekommt eine andere Bedeutung und fällt dem erstaunten Urheber dreimal gewendet wieder vor die Füße. So ist es mir mit der „Politik für die kleinen Leute gegangen“. Was Analyse des Wählerverhaltens war, wurde von Bernd Lucke fälschlicherweise als Versuch einer Entbürgerlichung der Partei interpretiert und kommt nun als Auftrag für eine entsprechende Politik zurück. Aber eins nach dem anderen. Schon die erfolgreiche Wahl in Brandenburg und jetzt wieder die Oberbürgermeisterwahl in Dresden haben gezeigt, dass die kleinen Leute in Problembereichen am ehesten mit den Folgen einer falschen Zuwanderungspolitik konfrontiert werden. Heime für Asylbewerber werden selten oder nie in großbürgerliche Wohngebiete gelegt, schon weil dort entsprechende Immobilien nicht zur Verfügung stehen. Eine falsche Politik spüren zuerst die kleinen Leute, während es den besser Gestellten meistens gelingt, den Folgen falscher Entscheidungen auszuweichen. Wenn Turnhallen nicht mehr zur Verfügung stehen, weil sie mit Flüchtlingen belegt sind, interessiert das diejenigen wenig, die ihre Kinder in einer von den vielen Privatschulen angemeldet haben. Heruntergewirtschaftete Schulgebäude und bröckelnde Sozialsiedlungen finden sich selten in den Wohngebieten der Reichen und Schönen. Und so ist es der FDP in Hamburg gelungen, viele bürgerliche Wähler zurückzugewinnen, die die AfD nur aus Überdruss an dem Totalversagen der FDP gewählt haben. Alles das, was manche unserer Parteifreunde nur mit spitzen Fingern anfas- Foto: dpa – picture alliance sen – von Pegida über Islamkritik bis hin zur Abschiebung abgelehnter Asylbewerber – drückt die kleinen Leute, da sie sich den Folgen nicht entziehen können. Also ist es nur folgerichtig für eine Partei, die Alternativen auf vielen Gebieten anbieten wollte, diese Bedürfnisse des „Mannes auf der Straße“ zu ihrer Sache zu machen. Oft wird von medialen Tugendwächtern aller Art empfohlen, die Menschen zu erziehen, ihre Vorurteile zu bekämpfen und sie bereit zu machen für jene Willkommenskultur, die aus Deutschland gern ein buntes Aufnahmelager machen möchte. Aber genau das ist nicht die Aufgabe der AfD. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen liebgewordene Bräuche, Gewohnheiten und Traditionen zu erhalten, also die Heimat im klassischen Sinne. Denn der „kleine Mann“ ist nicht im Flugzeug zwischen Singapur und London zu Hause, sondern in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen oder Brandenburg. Diese Heimat zu erhalten und krisenfest zu machen, ist jene Politik für die kleinen Leute, die uns allein Stimmen und Erfolge bescheren wird, bis wir die Mehrheiten bekommen, bei denen sich auch ängstliche Bürger trauen, uns ohne Scham zu wählen, wozu ihnen bislang noch manchmal der Mut fehlt. n POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 5 „Weckruf 2015” Eine Partei in der Partei Von Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider In Parteien bilden sich immer wieder Sondergruppen, die ein implizites besonderes Programm haben und die eigene politische Position in der Partei zur Geltung bringen wollen. Die Satzung des „Weckrufs 2015“ allerdings verfasst diesen eingetragenen Verein wie eine Partei. Sie verfolgt augenscheinlich den Zweck, eine Partei in der Partei aufzubauen und einerseits deren Mitglieder zu privilegieren und andererseits Mitglieder der Alternative für Deutschland, die sich dem Weckruf nicht anschließen oder in diesen Verein nicht aufgenommen werden, aus der Partei zu drängen. Eine solche Partei in der Partei ist mit dem Parteienbegriff und dem Parteienrecht nicht vereinbar. Die innere Ordnung einer politischen Partei muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Dazu gehört wesentlich die Gleichbehandlung aller Parteimitglieder. Alle müssen Zugang zu den Institutionen ihrer Partei haben, die mehr sind als informelle Gesprächskreise. Der Zugang darf nicht von bestimmten politischen Positionen abhängig gemacht werden. Das widerspräche der Meinungsfreiheit der Parteimitglieder. Die Grundrechte entfalten in den Parteien uneingeschränkte Wirkung. Nur wegen parteischädigenden Verhaltens dürfen Mitglieder aus der Partei ausgeschlossen Foto: dpa – picture alliance werden. Das geht nicht ohne Parteigerichtsverfahren. Auch Rechtsstaatlichkeit gehört zur inneren Demokratie einer Partei. Wenn Vorstandsmitglieder einer Partei eine derart fragwürdige Partei in der Partei aufbauen, also die Partei zu spalten unternehmen, ist das parteischädigend. Der Vorstand einer Partei ist verpflichtet, die Satzung und das Programm der Partei ohne Diskriminierung von Parteimitgliedern zu vollziehen. Änderungen der Programmatik muss er durch Programmänderungen bewirken, die auf Parteitagen, wenn nicht durch Urabstimmung, beschlossen werden. So regelt das auch die Satzung der AfD. Solche Änderungen müssen in der gesamten Partei erörtert werden können. Im Übrigen ist der Weckruf, den ich gelesen aber nicht gerade studiert habe, nicht die Alternative für Deutschland, um deretwillen die AfD ihre Wählerstimmen bekommen hat. Er wäre ein guter Versuch, die CDU-Programmatik ein wenig zu korrigieren. Deutschland braucht eine gänzlich andere Politik. Aber das sind inhaltliche, keine parteirechtliche Fragen. n parteiwerbung · marketing · design Webseiten · newsletter · Plakate · flyer eventplanung · organisation · technik foto-, video-Dokumentation Fordern Sie ein Angebot an! POLIFAKT Medien info@polifakt.de Telefon (+49) 341 - 39 280 940-0 Polifakt Medien, Nikolaistraße 6-10, D-04109 Leipzig SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 6 Die Satzungsgeschichte – Chronologie des Unglaublichen – Von der Entstehung der „Bremer Satzung“ bis zum missratenen Parteitag im Januar 2015. Am Anfang dieser Satzungsgeschichte steht der Bundesparteitag in Erfurt im März 2014. Der als Beschlussvorlage für den Parteitag versandte Satzungsentwurf löst in der Partei heftigen Unmut aus („Luckes Ermächtigungsgesetz“, Der Spiegel, 17.03.2014). Um größeres Unheil am Parteitag zu verhindern, wird den Mitgliedern – wenige Stunden vor dem Parteitag - eine leicht „entschärfte“ Version übermittelt, die sogenannte „Konsenssatzung“. Doch die Mitglieder fühlen sich vor den Kopf gestoßen und wischen auch diesen Entwurf vom Tisch. Die Satzungsdebatte wird aus der Tagesordnung gestrichen. Der Erfurter Bundesparteitag vom März 2014 beauftragte nun die „Satzungskommission Bund“ (im Weiteren „SK“ genannt) mit einer „Neufassung“ der Bundessatzung und Nebenordnungen. Die Kommission setzte sich aus 16 Vertretern aus den Landesverbänden und zwei Bundesvorstandsmitgliedern zusammen. Entgegen der gestreuten Vorwürfe „Demokratiedefizite“, „Verfahrenstricks“ und „Spielchen“ konnte die SK uneingeschränkt als Vorzeige-Gremium der Partei bezeichnet werden, mit demokratischer, gut-organisierter und transparenter Arbeitsgestaltung wie Verfahrensordnung. Diese vorbildlichen theoretischen Grundlagen sowie die positive Arbeitsbasis der beteiligten Personen haben die anfangs konstruktiven, ergebnisoffenen aber zielorientierten Beratungen und in hohem Maße einvernehmlichen Beschlüsse ermöglicht. Bis zum erstmaligen Erscheinen des Bundessprechers Prof. Bernd Lucke. Was dann geschah, soll hier in einer Zusammenfassung der wesentlichen Vorgänge dargestellt werden. Aus Gründen der Loyalität und zum Wohle der Partei haben wir diese sicherlich erschreckenden Vorgänge seither der breiten Öffentlichkeit vorenthalten. Mit der Gründung des „Weckruf2015“, den vorgeschützten Extremismus-Warnungen und der öffentlichen Diffamierung redlicher Parteimitglieder aufgrund persönlicher Befindlichkeiten und Machtansprüche hat sich die Situation jedoch nachhaltig verändert. Es erscheint nunmehr geradezu notwendig, durch die Offenlegung der unten angeführten Begebenheiten unbedarften Mitgliedern einen beispielhaften Einblick in „das System“ zu geben und die kolportierte Gut/Böse-Achse deutlich in Frage zu stellen. 1 Der vielversprechende Start Ab der ersten Sitzung am 08.06.14 gehen die Beratungen zügig, in guter Atmosphäre und Motivation voran. Am 17.08.14 ist der Entwurf der Bundessatzung fertig. Bis zum 17.08.14 ist Bernd Lucke von 9 Sitzungstagen lediglich an einem Tag anwesend. Hinzu kommt noch die erstmalige Anwesenheit am 5. Sitzungstag für 2,5 Stunden (s.u.); eine Vertretung durch ein anderes Bundesvorstandsmitglied findet nicht statt. Auch die Möglichkeit einer vorgesehenen Online-Abstimmung für in der Präsenzsitzung verhinderte Mitglieder bleibt ungenutzt. Erstes Ungemach zeigt sich jedoch in einer E-Mail Bernd Luckes vom 29.06.14 „Ich hatte zunächst vor, von dem von Herrn Meier beschriebenen Instrument des Antrags auf Nachabstimmung Gebrauch zu machen. Aber angesichts der Vielzahl der Dissense ist das aussichtslos.“ 2 Die „Monita“ Juli 2014: Bernd Lucke erstellt eine Liste der „Monita“ (Monitum = Tadel, Rüge, Beanstandung) über die „Änderungen Satzungskommission gegenüber Konsensentwurf“. Er versendet diese jedoch nicht an die Mitglieder der Satzungskommission, sondern an Bundes- und Landesvorstände. Die SK erhält das Dokument mehr als einen Monat später, am 01.08.2014. Da ist die Republik bereits in Aufruhr wegen der subversiven und „eifernden“ Satzungs-Rebellen. In den Monita findet sich eine Auflistung von 44 Kritikpunkten, in denen Bernd Lucke viele Einzelvorschläge der Kommission mit Bezeichnungen wie „Unfug“, „undurchdacht“ usw. rügt. Im Vorwort dieser Beanstandungen schreibt er, die Satzungskommission habe „rote Linien“ und „Kompetenzen“ überschritten und verurteilt „inakzeptable Änderungen“. Gemeint sind dabei Änderungen des „Erfurter Entwurfs“, mit dem sich der Parteitag seinerzeit überhaupt nicht beschäftigt hatte. Es handelte sich um einen „Entwurf“, der vor allem Luckes Handschrift trug. 3 Die Bestürzung Am 29.06.14 schreibt Bernd Lucke an die Satzungskommission, er sei über die Ergebnisse der Arbeit „tief bestürzt“. Im Wortlaut heißt es weiter: „An den entscheidenden Punkten sind Veränderungen vorgenommen worden, die sich fundamental gegen die von mir in den Konsensgesprächen vertretene Linie richten. Dieser Satzungsentwurf ist für mich völlig inakzeptabel. Er erschwert in unzumutbarer Art die Arbeit des Bundesvorstands, schafft den Konvent als eine Art Gegenregierung und destabilisiert in vielen kleinen Details die Partei.“ Abschließend bittet er die SK, „in sich zu gehen und sich zu überlegen, was eigentlich das Ziel der Arbeit ist.“ 4 Der erste Auftritt Am 5. Sitzungstag nimmt Bernd Lucke erstmals an der Sitzung teil und erklärt zu Beginn nochmals seine Ablehnung des Entwurfs. Nach einstündiger Diskussion stellt er einen Antrag über eine (nochmalige) Schlussabstimmung der SK über die Gesamtheit des bis dahin fertiggestellten Entwurfes. Als der Antrag von der Satzungskommission mit 4/7 Stimmen (und 2 Enthaltungen) abge- POLIFAKT | SONDERAUSGABE lehnt wird, verlässt Bernd Lucke mit folgenden Worten die Sitzung: „Meine Damen und Herren, unter diesen Umständen sehe ich keinen Sinn mehr in der Satzungskommission mitzuarbeiten. Ich werde diesen Satzungsentwurf mit allen Mitteln bekämpfen.“ Diese Ansage sollte sich nicht als leere Drohung herausstellen. 5 Der verdrehte Antrag Am 26. Juli stellt Bernd Lucke per E-Mail folgenden Antrag „Die Satzungskommission stimmt den in den bisherigen Sitzungen vorgesehenen Änderungen des Erfurter Konsensentwurfes zu. Sie betrachtet den so entstandenen Satzungsentwurf als den im Erfurter Parteitagsbeschluss erwähnten „finalen Vorentwurf“ und beschließt diesen.” Nach der ersten Verwunderung ob der plötzlichen Zustimmung von Bernd Lucke zum bis dahin erarbeiteten neuen Satzungsentwurf ergab sich die Auflösung beim Weiterlesen der E-Mail. (Zum Verständnis sei hier angemerkt, dass nach der Verfahrensordnung Regelungen mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden müssen.) Beabsichtigt war durch den Antragsteller, dass der Antrag abgelehnt würde und dadurch die Arbeit der SK annulliert würde. Damit, so hoffte der Antragsteller Lucke, würde der „Erfurter Entwurf“ unverändert von der SK weitergereicht. Ein listenreiches Vorgehen, dem sich die Kommission jedoch versagte. 6 Erste Kompromissvorschläge Die SK Bund unterbreitet ab 30.07.14 Bernd Lucke Kompromissvorschläge. Er solle fünf bis sieben Satzungsregeln nennen, bei denen er schwerwiegende Kritikpunkte anbringen könne. Über diese wolle man dann nochmals beraten und abstimmen. Der Vorschlag in mehreren Varianten findet keine Zustimmung bei Bernd Lucke. 7 Demokratiedefizit und der geplatzte Kragen Der letzte Kompromiss-Vorschlag der SK vom 30.07.14 bleibt unbeantwortet; stattdessen erreicht die SK am 01.08.14 eine E-Mail von Bernd Lucke mit dem Titel „Demokratiedefizite der Satzungskommission“. Im Verteiler sind auch die Landesvorstände. Seine Beschwerde über die Beschränkung der Zahl seiner Veränderungswünsche auf fünf bis sieben Kernpunkte („warum diese Beschränkung?“) gipfelt schließlich in den Worten: „Meine Damen und Herren, mir platzt hier wirklich der Kragen! Wenn wir ernsthaft reden wollen, dann können wir das tun. Aber ich habe weder Zeit noch Lust, Spielchen zu spielen, die so wirken, als solle man mit Verfahrenstricks auf den Leim geführt werden.“ 8 Bernd Lucke verklagt die Satzungskommission Am 13. August 2014 beantragt Bernd Lucke eine Einstweilige Anordnung gegen die Satzungskommission. Bernd Lucke beantragt die Ungültigkeit der Beschlüsse der Satzungskommission wegen fehlender Anwesenheit von Mitgliedern (seine eigene Abwesenheit an den ersten 9 Sitzungstagen, siehe oben!). Beschlüsse könnten nur mit einer 2/3-Mehrheit der SollMitglieder, also 12, gefasst werden. Außer neben der völlig unüblichen Beziehung der Mehrheit auf Soll-Besetzungen haben Albrecht Glaser und Jens Paulsen in zwei erwidernden Schutzschriften an das Bundesschiedsgericht u.a. auf Seite 7 folgende groben juristischen Fehler der Klage hingewiesen: - Nicht-Zuständigkeit des Bundesschiedsgerichts - Keine Parteifähigkeit auf Antragsgegnerseite vorhanden - Abgelaufene Anrufungsfrist für Klage - Rechtsschutzbedürfnis des Antragsstellers nicht vorhanden - Antrag ohne Begründung Nichtsdestotrotz gibt das Bundesschiedsgericht dem Antrag von Bernd Lucke statt. Die Klage-Erwiderung wird vom Bundesschiedsgericht überhaupt nicht behandelt. Auch das eingelegte Rechtsmittel ist bis zum heutigen Tag nicht behandelt und nicht entschieden worden. 9 Mitgliederaustausch und Repressalien Ab August 2014 wurde durch teilweise groteske Aktionen versucht, unliebsame Satzungskommissions-Mitglieder auszutauschen oder zu beeinflussen. Ein Landesvorsitzender teilte die Erkrankung „seines“ Mitglieds der SK mit, ohne dass dieser darüber Bescheid wusste. Der Landesvorstand Berlin ersetzte seinen Vertreter durch einen Angestellten der Bundesgeschäftsstelle. Das ursprüngliche Mitglied könne aus beruflichen Gründen nicht mehr teilnehmen. Der Vertreter des LV Brandenburg wollte den neuen Vertreter von Berlin mit einer zweiten, also seiner Stimme ausstatten und dafür selbst den Sitzungen fernbleiben. Ständigen Repressalien und Mobbing ausgesetzt, schrieb am 16.09. ein Mitglied der SK in einer privaten E-Mail: „… so etwas habe ich noch nie erlebt. Ich fühlte mich in die Enge getrieben, angefeindet und ausgegrenzt. Was de facto auch der Fall war. Werde ich aber öffentlich und offiziell nie zugeben…“ Des Weiteren bat ein SK-Mitglied in einem Telefongespräch um die Durchführung der kritischen Abstimmungen in anonymer Form, da sein Landesvorstand ihm jedes von Bernd Lucke abweichende Abstimmverhalten einzeln vorgehalten habe. Der (damalige) hessische Landesvorsitzende Gunter Nickel drohte dem Sprecher der SK, Albrecht Glaser, mit dessen sofortiger Abberufung aus der Satzungskommission. Ein anderes (eingetauschtes) Mitglied der SK berichtete im Vertrauen, dass sein Landesvorsitzender ihn mit dem Auftrag in die SK entsandt habe, jeweils das Stimmverhalten von Bernd Lucke abzuwarten, um sich dann stets anzuschließen. 10Die Ländertelefonkonferenz Ab August 2014 beschäftigt sich nun auch die sogenannte „Ländertelko“ ausgiebig mit dem Thema Satzungskommission, unter Koordination von Jens Paulsen, Landesvorstandsmitglied und Vertreter Niedersachsens in der SK. Die „Ländertelko“, weder Organ, offizielles Partei-Gremium, noch mit einem Auftrag des Parteitages ausgestattet, fasst nunmehr einige kuriose „Beschlüsse“ zum Thema: Die „öffentliche namentliche Online-Abstimmung“, um Landesvorständen die Möglichkeit zu geben, ihre SK-Mitglieder „auf Spur“ zu bringen; ausserdem die Entsendung eines zusätzlichen Vertreters pro Landesverband in die Sitzung, um den Mitgliedern der Satzungskommission einen redeberechtigten Beobachter an die Seite zu stellen, zur „breiteren Verankerung des Parteiwillens“; zudem die Vorab-Zustimmung zu den drei Knackpunkten von Bernd Lucke (Einzelspitze, Generalsekretär, Prinzip der „Doppelten Mehrheit“ im Konvent). Als die Online-Abstimmung über diese „Beschlüsse“ der Ländertelko startet, spitzen sich die Einflussnahmen Seite 8 gegenüber den SK-Mitgliedern zu. Trotzdem erhält der Antrag lediglich 11 JA-Stimmen. Etwa zwei Stunden vor Ablauf der Abstimmungsfrist tritt ein bis dahin zögerndes, dem psychischen Druck nicht mehr gewachsenes SK-Mitglied, aus der Satzungskommission zurück. Die notwendige 12 Stimmen-Mehrheit zur Manipulation der Beratungsergebnisse der SK wird nicht erreicht. Den illegitimen Pressionen auf sachkundige SK-Mitglieder blieb der Erfolg (knapp) versagt. 11Was nicht passt wird passend gemacht: Die Mehrheits-Beschaffung Entgegen diesem tatsächlichen Ablauf der Ereignisse erklärt der Koordinator der Ländertelko, Jens Paulsen, die Satzungskommission habe dem Antrag der Ländertelko zugestimmt. Die Begründung dieser Darstellung lautete: Ein Landesvorstandsmitglied, das zwar nicht Mitglied der Satzungskommission sei, aber dem gleichen Landesvorstand wie das zurückgetretene SKMitglied angehöre, habe ihm in einer E-Mail die Zustimmung zum Antrag erklärt. Ferner könne man ausgehend von nunmehr 17 Kommissionsmitgliedern zur Berechnung der erforderlichen 2/3-Mehrheit von 11,33 auf 11 abrunden! 12Der Berliner Konsensvorschlag Am 17.09.14 stellt das Berliner SK-Mitglied einen weiteren Vorschlag in den Raum; auch diesem sogenannten „Berliner Konsensvorschlag“ stimmt Bernd Lucke nicht zu. 13Die Sitzung unter Aufsicht Am 20./21. September traf sich die SK ein weiteres Mal. Es sollten die „Knackpunkte“ und weite Teile der Satzung mit den „Länderaufsehern“ nunmehr ein wiederholtes, drittes Mal beraten werden. Von den Diskussionen über die Übertragung von Stimmrechten und doppelten Stimmrechten bis zu den imperativ gesteuerten Beiträgen einiger Länderbeobachter wird diese Sitzung jedem Freund von Demokratie und des eigenständigen Denkens als Albtraum in Erinnerung bleiben. 14Der Putsch von oben Am 2. Oktober 2014 teilt Bernd Lucke in einer E-Mail völlig überraschend mit, dass Glaser, Brett, Meier keine Sprecher/Schriftführer der Satzungskommission mehr seien. Vier Monate nach deren Wahl in der ersten Sitzung: Lieber Herr Meier, haben Sie vielen Dank … Eines möchte ich der guten Ordnung halber aber doch bemerken: Herr Glaser unterzeichnet unten als Sprecher und Sie als Schriftführer der SK. Das ist nicht korrekt. Wir haben keinerlei derartige Beschlüsse gefasst und die Wahlen der ersten Sitzung sind wegen Nichterreichens der 2/3-Mehrheit nicht gültig. Ungeachtet dieser formalen Feststellung möchte ich Sie ausdrücklich bitten, die Aufgaben des Schriftführers weiterzuführen, denn Sie haben sie bislang m. E. in vorbildlicher Weise erledigt. Mit freundlichen Grüßen Ihr Bernd Lucke SONDERAUSGABE | POLIFAKT Ein Widerspruch aus der SK sowie ein Antrag auf Einstweilige Anordnung beim Bundesschiedsgericht vom 20.11.14 mit der Rüge, dass die Zweidrittelmehrheit des Erfurter Parteitagsbeschlusses über die Kommission sich nur auf die fachliche Arbeit der SK beziehe und nicht auf ihre Selbstorganisation, ist bis heute unbearbeitet. 15Übernahmeversuche durch Bundesgeschäftsstelle 12. Oktober 2014: Ohne Absprache oder Auftrag der Satzungskommission schreibt ein BGS-Angestellter und „tageweises SK-Mitglied Berlin“ die AfD-Parteimitglieder mit der Bitte um Stellungnahme zur Satzung an. Dem Anschreiben „im Namen der Satzungskommission“ werden unvollständige/unkorrekte Regelwerke angefügt. Ferner stellt das Anschreiben fest, dass die FBO/GO/WO ungültig seien, obwohl diese von der SK beschlossen waren; auch wird zum Einsammeln der Mitgliederanträge nicht das von der SK beschlossene Verfahren verwendet. Reklamationen und Beschwerden verhallen ohne Reaktion. 31. Oktober 2014: Der (damalige) Bundesgeschäftsführer lädt die Satzungskommission zu einer weiteren, letzten Sitzung ein. Ohne Auftrag oder Absprache mit der SK, in Widerspruch zu deren Beschlüssen und deren Einladung, zu einem anderen Termin (Freitag/Samstag) und Ort (Berlin). Die eingeschränkte Verfügbarkeit berufstätiger SK-Mitglieder, Terminüberschneidungen mit Landesparteitagen und BFA-Sitzungen interessieren nicht. Es werden erneut die „Länderbetreuer“ zusätzlich zu den SK-Mitgliedern eingeladen. Auf der „Tagesordnung“ der Einladung findet sich zudem der Punkt Neuwahl von Sprecher/Schriftführer der SK. (Anmerkung: Zu einer „Neuwahl“ kommt es aber nicht, da ein früherer Bestätigungsbeschluss nicht mehr in Frage gestellt wird.) 16Ende und Tiefpunkt Zum Wohle der Partei, sicherlich aber auch, um den „Länderbeobachtern“ nicht das Feld zu überlassen, kommen die Mitglieder der SK der dubiosen Einladung nach. Man trifft sich zur abschließenden Sitzung in Berlin am letzten Freitag und Samstag im November 2014. Nach einem anfänglichen Tumult verläuft die Sitzung verhältnismäßig ruhig, was angesichts der Vorereignisse durchaus verwundert. Anhand der Mitgliederstellungnahmen werden große Teile der Satzungsregeln nun zum vierten Male diskutiert und beraten. Dem Abschluss des schmerzvollen Entstehungsprozesses des neuen Satzungsentwurfs folgte dann die vorhersehbare Blamage von Bremen: Der Satzungsparteitag. Trotz aller Bedenken, Hinweise und Beschwerden und der Vorlage eines seriösen Rechtsgutachtens wurde der 3. Bundesparteitag der Alternative für Deutschland „durchgezogen“. Das sollte viel Geld kosten und erneut mehr Probleme bereiten als lösen. Wir alle sitzen auf einer Rechtsruine, deren Reparatur bis in diese Stunden noch nicht geklärt ist. Wir sind die Partei des „Rechtsstaats“ und des Rechts. Dies klingt vielen von uns noch in den Ohren. In Wahrheit sind wir verkommen zur Partei der Parolen. Es braucht einen Neuanfang! n Werner Meier (Autor, Schriftführer Satzungskommission) Julian Flak (Mitglied der Satzungskommission) POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 9 Das Ende des Märchens vom Flügelstreit Bernd Lucke gründet mit einer Hand voll Getreuer einen Wahlverein mit dem Namen „Weckruf 2015“ und treibt damit die zuvor bereits angekündigte Spaltung der AfD einen weiteren Schritt voran. Seit Wochen werden die Medien gezielt mit der Mär gefüttert, in der AfD würde ein Richtungsstreit zwischen dem wirtschaftsliberalen und dem wertkonservativen Flügel toben. Vor allem Hans-Olaf Henkel wurde nicht müde, die eigenen Parteimitglieder als „Rechtsideologen“ und „Spinner“ zu diffamieren und in stalinistischer Manier die „Säuberung“ von diesen „Elementen“ zu fordern. In Wahrheit hat der Streit ganz andere Gründe. Lucke und Henkel fürchten einen Kontrollverlust. Sie sahen sich zunehmend Mitgliedern und Funktionsträgern gegenüber, die sich das autokratische Machtgehabe des Bundessprechers und seiner Funktionselite nicht mehr gefallen lassen wollten. Bernd Luckes Abstieg begann im Moment seines vermeintlichen Triumphes beim Bundesparteitag in Bremen. Dort presste er unter Androhung seines Rücktritts den Mitgliedern das Zugeständnis ab, beim nächsten Parteitag nur noch einen Sprecher zu wählen – nämlich ihn, Bernd Lucke. Mit äußerst knapper Mehrheit konnte er seinen Willen durchsetzen. Nicht wenige Mitglieder votierten bereits damals – um des Parteifriedens willen – zähneknirschend in seinem Sinne. Lucke und Henkel fürchten einen Kontrollverlust Der Widerstand gegen Luckes Machtallüren steigerte sich in den folgenden Wochen. Die Auswertung der ersten Delegierten-Namen für den kommenden Bundesparteitag bewog Lucke zu dem Versuch, den Delegiertenparteitag in einen Mitgliederparteitag umzuwandeln, den er in Bremen noch vehement bekämpft hatte. ICH Foto: blunews.org/CC Zu deutlich war die Bedrohung, von den Delegierten nicht als Sprecher gewählt zu werden. Zunehmend fühlten sich vor allem die aktiven Mitglieder, die das Gros der Delegierten stellen, von Lucke unzureichend vertreten. Einmal weil zunehmend Informationen aus dem intransparenten Nebel der Parteispitze durchsickerten über organisatorische, finanzielle und personelle Unzulänglichkeiten. Und zum anderen, weil Lucke für viele Mitglieder wichtige Anliegen nicht in die Öffentlichkeit trug. Während hundertausende Flüchtlinge nach Deutschland strömten, ließ Lucke die Themen Zuwanderung und Asyl links liegen. Keine „klare Kante“ erfolgte auch in der Griechenland-Frage. Obwohl der Grexit nach dem Regierungsantritt von Tsipras in allen deutschen Medien diskutiert wurde, verlor sich Lucke lieber im Klein-Klein volkswirtschaftlicher Berechnungen, statt beherzt den Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu fordern. Es schien als wollten er und seine Gefolgsleute sich freiwillig in das enge Korsett des politischen Establish- ment zwängen. Vernichtend fiel dann auch die Abstimmung darüber aus, ob der Parteitag doch noch zu einem Mitgliederparteitag umgewandelt werden sollte. Die Mitglieder sollten durch Spenden die Mehrkosten finanzieren. Lucke wollte die im Wahlkampf erfolgreiche Geldbombe erneut zünden. Doch die Bombe zündete nicht mehr. Statt der benötigten 160.000,00 Euro kamen nur ca. 50.000,00 Euro zusammen. Prof. Lucke scheute vor der Manipulation der eigenen Mitglieder nicht zurück Hier hätte Lucke noch einlenken können. Doch stattdessen begann sein Parteifreund Henkel die Presse mit unbelegten Behauptungen zu fluten, wie die Unterwanderung der AfD durch „völkisches Gedankengut“. Ein unrühmlicher Höhepunkt dieser Kampagne war ein Artikel in der FAZ, in dem Henkel postulierte, eine „kleine Minder-u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 10 t heit“ von „stramm organisierten rechten Elementen“ würde einen Kreisverband nach dem anderen kapern und so letztendlich die Mehrheit der Delegierten stellen. Wie eine verschwindend geringe Minderheit die Mehrheit der Delegierten in einer 20.000-Mann-Partei stellen kann, bleibt bis heute Henkels Geheimnis. Auch Prof. Lucke scheute vor Stigmatisierung und Manipulation der eigenen Mitglieder nicht zurück. Ein von Prof. Lucke propagierter, wenn nicht initiierter, Mitgliederentscheid wurde vom Bundeschiedsgericht als satzungs- und verfassungswidrig erklärt. Dieser Mitgliederentscheid war von vielen Mitgliedern kritisiert worden, da er die Arbeit der Landes- und Bundesfachausschüsse konterkariert und programmatische Positionen außerhalb des vorgesehenen Programmfindungs-Prozesses vorweggenommen hätte. Weitere Niederlagen folgten. In Hamburg errang die AfD nur 6,1% der Stimmen und ließ die schon zu Grabe getragene FDP wieder aufleben. In Bremen musste die AfD gar um den Einzug in die Bürgerschaft bangen, schaffte es schließlich knapp mit 5,5% und blieb damit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Der Wahlkampf war überschattet von internen Querelen und persönlichen Anfeindungen der AfD-Spitze. Doch viele Mitglieder ließen sich nicht einmal mehr von der bedrohlich geschwungenen innerparteilichen Nazi-Keule beindrucken. Bernd Lucke spürte wohl die Die Entscheidung über die Zukunft Luckes in der AfD wird spätestens auf dem Bundesparteitag in Essen fallen bröckelnde Zustimmung. Der nunmehr quasi mit dem Rücken zur Wand stehende Lucke griff in der Folge zu einer drastischen Maßnahme: In einer E-Mail an alle AfD-Mitglieder rief Lucke zum Eintritt in die Wahlinitiative „Weckruf 2015“ auf. Er nutzte unter Missbrauch seines Amtes seinen Zugriff auf Mitgliederdaten, um private Werbung für die Keimzelle einer Konkurrenzpartei zu machen. Damit hat er die Unterstützung weiterer, ihm bis dahin noch wohlgesonnener, Mitglieder verloren. Die Entscheidung über die Zukunft Luckes in der AfD wird spätestens auf dem Bundesparteitag in Essen fallen. Die Zukunft der AfD entscheidet sich jedoch in den folgenden Wochen und Monaten. Es liegt an uns, ob wir unsere Partei kampflos opfern oder an unseren Idealen festhalten wollen. Unsere Ziele und Vorstellungen haben sich seit der Gründung nicht geändert; die Probleme und gesellschaftlichen Risiken, aufgrund derer wir uns in der Alternative für Deutschland versammelt haben sind mitnichten kleiner geworden. Wir haben bereits sehr viel erreicht. Innerparteiliche Querelen, persönliche Animositäten und autokratische Machtansprüche haben jedoch größere Erfolge verhindert. Wir lassen uns weder durch machttaktische Drohkulissen noch durch einen tatsächlichen Parteiaustritt der Weckrufer von unseren Zielen abbringen. n www.wir-halten-kurs.de Statement-Beispiele zum Weckruf 2015 auf: www.wir-halten-kurs.de Unter „Wir halten Kurs” sammeln sich Funktionäre und Verbände der AfD auf Kurs Ich halte den Weckruf 2015 für einen absichtlichen Spaltungsversuch der AfD mit sehr zerstörerischen Ambitionen. Wer deren Satzung liest, unterschreibt und sich danach noch Demokrat nennt, sollte sich Nachhilfestunden in Geschichte geben lassen. Ich fordere alle AfD Mitglieder, die stramm unseren politischen Leitlinien folgen wollen, auf, sich aktiv gegen den Weckruf 2015 zu verwenden. Es ist für mich vollkommen unerklärlich, dass der BuVo eine Vereinbarkeit mit der AfD sieht. Meines Wissens bestand die Absicht, eine neue Partei zu gründen. Lucke tauschte nach kurzem Widerstand das Wort Partei gegen Verein. Ich betrachte den Weckruf 2015 als meinen politischen Gegner, den ich bekämpfen und nicht unterstützen muss. Dieser Verein hat u.a. die Aufgabe und Funktion, die AfD in jedem Fall zu schwächen! Das ist vollkommen inakzeptabel und ich lehne das ab. Ich plädiere dafür, die Weckrufer aufzufordern, innerhalb einer bestimmten Zeit entweder die AfD zu verlassen oder sich gegen den Weckruf 2015 zu äußern. Ein Vertrauensbruch hat in jedem Fall stattgefunden, der eine lange Heilungszeit benötigt, wenn er überhaupt zu heilen ist. Karl aus O. Ich lehne den Weckruf 2015 ab, weil die AfD keinen Konflikt zwischen liberalen und konservativen Mitgliedern hat. Nur einige Funktionäre wollen möglichst schnell „regierungs- und koalitionsfähig“ werden und haben keine Lust auf Oppositionsarbeit. Alle anderen erfolgreichen europäischen, euro- und einwanderungskritischen Parteien sind gegen den Widerstand der Altparteien und Medien erfolgreich geworden. Nur einige AfD-Funktionäre hoffen, daß die Regierungsparteien und die Medien sie irgendwann lieben werden. Jens aus H. Ich möchte, dass wir wieder zu den ursprünglichen Zielen, die zur Gründung der AfD geführt haben, zurückkehren. Dabei sehe ich die AfD nicht als Mehrheitsbeschaffer für die Union oder als neue FDP 2.0 . Wenn wir wirklich etwas bewirken wollen, müssen wir weiterhin zu unseren ursprünglichen Zielen stehen und für unsere Überzeugungen kämpfen. Dabei finde ich es traurig, dass einzelne Mitbegründer unserer Partei diese gemeinsamen Ziele mittlerweile verraten haben. Christian aus K. Die AfD als einzige politische Alternative zu den Altparteien muss weiterhin auf Erfolgskurs bleiben. Es gilt, für unsere Bürger und unser Land Missstände und Fehlentwicklungen zu benennen, politische Lösungen zu entwickeln und diese notwendigen Veränderungen entschlossen und gemeinsam anzugehen. Nur so halten wir Kurs! Thomas aus D. Als Mitglied von 2013 an bin ich es leid, wenn von oben herab der usprüngliche Kurs der AfD um nahezu 180° gedreht werden soll, die Parteispitze aber weiterhin bereitwillig den Einsatz, Arbeitswillen und Enthusiasmus der Mitgliedschaft auszunutzen gedenkt. Diese Egotrips im Vorstand müssen ein Ende haben! Wir halten Kurs! Danke an alle Mitstreiter! Lorenz aus M. Wir halten Kurs! Das verstehe ich wie eine Art „Reset“ zu den Anfängen, wie diese von den Initiatoren aufgelistet ist. Dem stimme ich voll und ganz zu und bin dabei, „Kurs zu halten“! Robert aus R. POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 11 Die Anatomie des Weckrufs Von Albrecht Glaser Wie ist er entstanden? Die Antwort beginnt mit Bernd Lucke. Schon auf dem Berliner Parteitag im April 2013 trat er als die dominante Gründerfigur auf. Er hielt eine eurokritische Rede. Dieses Thema sei sein Wimbledon. Jenseits dieses Themas artikulierte er allgemeines Unbehagen mit der Politik und den Politikern. Die Stimmung war danach. Die 1.400 Menschen, die zusammengeströmt waren, waren hungrig nach einer allgemeinen Lageanalyse. Ohne Aussprache solle hierüber eine Abstimmung unter den Beteiligten erfolgen. Vier Begriffe benutzte er, die Nahrung sein sollten für die Phantasie der Anwesenden: Gesunder Menschenverstand, Mut zur Wahrheit, Altparteien und Volksabstimmungen. Die Versammelten und die Menschen im Lande, die schnell Mitglieder der AfD wurden, bildeten sich ihre eigenen Vorstellungen vom Gründungsmythos und davon, welche politischen Ziele man miteinander verfolgen wolle. Dies war auch bei den über 2.000.000 Wählern so, welche die AfD in der BT-Wahl und der Europawahl ihre Stimme gegeben haben. Immerhin wurden einige Konkretisierungen versucht. „Die AfD will eine EU souveräner Staaten. Die Mitglieder bildeten sich ihre eigenen Vorstellungen welche politischen Ziele man miteinander verfolgen wolle Einen europäischen Bundesstaat lehnt die AfD ab, da es keine europäische Nation und kein europäisches Staatsvolk gibt. Die AfD bekennt sich zu einer EU, die der Aufklärung sowie dem Streben der Völker nach Menschenrechten und Demokratie gerecht wird und die Wertgrundlagen des christlich-abendländischen Kulturkreises dauerhaft erhält.“ „Wir halten die Meinungsfreiheit und somit eine offene Diskussionskultur für eines Foto: fotolia der wichtigsten Güter der Gesellschaft. Wir wenden uns mit Nachdruck gegen zunehmend verbreitete Tendenzen selbsternannter Gesinnungswächter, Andersdenkende einzuschüchtern oder gesellschaftlich auszugrenzen. Die AfD setzt sich dafür ein, dass auch Religionskritik der Meinungsfreiheit unterliegt. Wir treten dafür ein, dass auch Auffassungen, die abseits vom Meinungskorridor der etablierten Parteien liegen, angemessen in der Berichterstattung der Medien Platz finden.“ (These 5 der sog. Leitlinien der AfD, ebenfalls auf dem Erfurter Parteitag im März 2014 beschlossen) Seit Herbst 2013 fanden Satzungsdiskussionen statt, in welchen um die innere Verfassung der „neuen Partei“ gerungen wurde und es wurden sieben Abgeordnete in das EU-Parlament gewählt. Beides führte zum Zwang, konkret zu werden. Und da alle Wahrheit im Detail steckt, zeigte sich schnell die Differenz zwischen abstrakt und konkret und zwischen Reden und Tun. An einem milden Herbstmorgen im Oktober 2013 betrat Bernd Lucke einen Verhandlungsraum, in welchem sich die meisten BuVo-Mitglieder versammelt hatten und alle Landessprecher. Ohne Tagesordnungsbezug, Ankündigung und Vorrede erklärte er, er sei für eine Einer-Spitze im Vorstand und wolle einen Generalsekretär. Ohne Aussprache solle hierüber eine Abstimmung unter den Beteiligten erfolgen. Er sprach‘s und hob den Arm. In dieser Urszene ist alles abgebildet, was seither die Partei beschäftigt und in jüngster Zeit in Atem hält. Vorstellungen und Absichten, eine „neue“, für die Mitglieder partizipativ erlebte Partei mit besonders transparenten Strukturen zu schaffen, gab es nicht und gibt es nicht. Eine Sicht auf Europa, in welcher die Dramatik erkannt wird, wie die EU längst Bundesstaat spielt und eine Strategie, dort gegenzuhalten, gab es nicht und gibt es nicht. Stattdessen steht die EU als bedingungsfreier Glaubensinhalt im Katechismus der Weckrufsatzung. Die Wiederherstellung von echter Meinungsfreiheit in diesem Land, nicht zuletzt unter Berufung auf den Grundrechtskatalog, den weder die Gender-Fanatiker noch die Ohne Aussprache solle hierüber eine Abstimmung unter den Beteiligten erfolgen Imame in den wöchentlichen Predigten anerkennen, ist kein Thema mehr. Religionskritik, die natürlich beim Islam reichlich Anknüpfungspunkte finden muss u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 12 t und tatsächlich etwas mit dem „christlichen Abendland“ zu tun hat, ist neuerdings „Islamphobie“. Das können wir so in der Weckrufsatzung lesen, obwohl wir gestern in die „Leitlinien“ noch etwas ganz anderes hineingeschrieben haben. Die Weckrufsatzung ist der Offenbarungseid. Daran ändern auch einzelne aus der AfD-Satzung abgeschriebene Passagen nichts. „Politische Grundsätze“, die zwischen Allgemeinplätzen und Mainstreamsprache changieren. Natürlich eine Hierarchie, die das Durchregieren von oben nach unten zulässt, wie es Strohmännern und Strohfrauen beliebt. Es ist völlig gleichgültig, wer unter Lucke Vereinsvorsitzender ist. Die Antwort endet daher auch mit Bernd Lucke. Wer wird dort Mitglied? Zunächst die Gefolgsleute. Solche, die es seit der ersten Stunde sind und nicht schlecht damit gefahren sind. Viele von ihnen haben Ämter und bezahlte Posten bekommen. Viele weitere haben welche versprochen bekommen. Wenn sie nicht funktioniert haben, sind sie auch wieder schnell entfernt worden. Das Befehlen und Gehorchen sind deren Tugenden. Deshalb braucht es auch einen „General“. Und dann gibt es auch solche, die sind von Geburt an Gefolgsleute. Sie können sich eine Partei nur mit einem starken Mann vorstellen. Das sei „in der Wirtschaft“ doch auch so, sagen sie und die funktioniere doch gut. Diesem organisationswissenschaftlichen Denken ist jedoch entgangen, dass Parteien gewissermaßen alternativ zu einem Unternehmen funktionieren. Dort ist der Chef nämlich der, der fast alles bestimmt. Er kann auch nicht von der Mitarbeiterschaft gewählt und abgewählt werden. Und er muss auch nicht das tun, was die Mitarbeiter wollen, sondern umgekehrt. Die Mitarbeiter sind zur Dienstleistung nach Anweisung verpflichtet; bei Parteien – und je demokratischer umso eher – funktioniert alles gerade umgekehrt. Und dann gibt es noch die Gruppe derer, die mit lauten Beschimpfungen aus der AfD ausgetreten sind, weil sie ihre Herrschaftsansprüche nicht durchsetzen konnten. Die wollen es jetzt denen von der AfD heimzahlen. Was tut der Weckruf? Er deklariert den Kampf um Macht als einen Krieg der „Vernünftigen und Anständigen“, wie Olaf Henkel sagt, gegen „das Gesindel, das die AfD magnetisch angezogen habe“, wie ein abgewählter und danach ausgetretener Landessprecher öffentlich schrieb, der jetzt Mitglied im Weckruf ist. Die beschriebene Machtelite und ihre Gefolgschaft haben erkannt, dass des Kaisers neue Kleider den Blick freigeben auf die politische Nacktheit des gesamten Hofstaates. Deshalb haben sie sich bewaffnet mit europäischem Geld, das in der EKR-Fraktion wohl reichlich zur Verfügung steht, um gegen echte Euro-Kritiker zu kämpfen. Dabei gehen sie davon aus, dass alle, die sich bei Hofe nicht so genau auskennen, den Trick mit den neuen Kleidern nicht bemerken. Mit den ferner stehenden Mitgliedern kann man es noch einmal versuchen. Sie führen, soweit sie Doppelmitglied sind, den Krieg um ihre Macht und gegen eine AfD, die sich vom Autoritarismus emanzipieren will. Um einem solchen feindlichen Angriff den Vorwurf der Illoyalität zum Mutterhaus zu nehmen, geben sie die Parole aus, sie wollten die AfD doch retten. Diese sei unter eben dieses „Gesindel“ gefallen. Davon müsse sie „gesäubert“, mithin gerettet werden. Dies ist des Pudels Kern. Persönliche Angriffe liegen dem Autor fern! n POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 13 Staatsraison „Euro” Beatrix von Storch über die Lehren aus Griechenland für den Programmprozess der AfD ges dorthin eröffnet. Diese Handlungsmöglichkeiten sind für die Öffentlichkeit zudem attraktiv, weil sie die konkreten Kosten des Euro bzw. dessen Rettung adressieren und reduzieren. Sie sind daher leichter mehrheitsfähig als das mit großerw Unsicherheit verbundene Austrittsszenario. Einige konkrete Vorschläge hierzu könnten wie folgt lauten: Foto: fotolia Das Hickhack um Griechenland hat gezeigt: Die AfD muss ihre Position zum Euro überdenken und verfeinern. Denn der Euro ist deutsche Staatsraison. Deutschland verteidigt den Euro bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus. Man stelle sich vor, was diese offizielle Haltung für den deutschen Staatshaushalt im Falle einer Krise in Frankreich oder Italien bedeutet, wenn das kleine Griechenland schon so viel abverlangt. Die AfD wird daher - so viel Realismus muss sein - im Jahr 2017 in den Bundestag, aber nicht in Regierungsverantwortung kommen. Denn alle anderen Parteien tragen den Euro aus Gründen der Staatsraison und sind daher miteinander koalitionsfähig. Die AfD ist es aber nicht. Die AfD ist daher eine Partei, die quer zum System steht. Wir müssen davon ausgehen, dass die finanziellen und ökonomischen Schäden des Euro und seiner Rettung weiter anwachsen werden. Diese Schäden resultieren aus den von den Regierungskoalitionen übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der Rettungsmechanismen von ESM und EFSF sowie bilateraler Hilfen. Dazu kommen Haftungsverpflichtungen aus dem Tun der EZB. Das Target2-System generiert Haftungsverpflichtungen, die auf Deutschland bei einem Auseinanderbrechen des Euro hinzukommen, ebenso wie Abschreibungsverluste der EZB auf die von ihr durchgeführten oder vorgehaltenen Anleihenkaufprogramme EAPP, SMP, CBPP und OMT. Schließlich kommen zu diesen direkten finanziellen Verpflichtungen ökonomische Schäden durch die Inflationspolitik der EZB, die den Geldwert aushöhlt und die Sparvermögen enteignet. Kurzum, die finanziellen und ökonomischen Risiken der Euro-Rettungspolitik sind immens. Bisher hat die AfD allein Lösungen gesucht, um den Euroraum insgesamt neu zu ordnen oder sich für den Austritt von Deutschland ausgesprochen. Angesichts der Tatsache, dass der Euro für die Konkurrenzparteien Staatsraison ist, wird es dazu vorerst nicht kommen. Die finanziellen Schäden werden weiter anwachsen und die ökonomischen Verwerfungen sich vertiefen. Die AfD muss daher ihr Programm um Punkte ergänzen, die den Schaden aus dem Euro für Deutschland minimieren, ohne in Konflikt mit der Staatsraison zu kommen. Um es zu betonen: Ich plädiere natürlich weiterhin dafür, den Euro aufzugeben und zwar insbesondere durch einen Austritt Deutschlands. Doch dieses AlternativSzenario muss unterfüttert werden durch eine Programmatik, die der AfD politische Handlungsmöglichkeiten entlang des We- Deutschland verteidigt den Euro bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus. Foto: fotolia 1. In erster Linie muss für den Zusammenbruch des Eurosystems und einen deutschen Ausstieg aus dem Euro vorgesorgt werden. In diesem Falle mutieren die Target2-Salden der Nationalen Zentralbanken zu Forderungen gegen das Eurosystem. Zum 31. Dezember 2014 hatte Deutschland eine Forderung von rund 460 Milliarden Euro gegen das Eurosystem. Das waren rund 60 Prozent der Bilanzsumme der Bundesbank. Aktuell beträgt der Saldo 532 Milliarden Euro. Bricht das Eurosystem auseinander, wäre diese Forderung uneinbringlich. Sie ist zudem unbesichert. Die deutsche Bundesbank müsste sie abschreiben. In erster Linie sollte die Bundesbank verpflichtet werden, ihre Aktiva krisenfester zu gestalten. Im Falle einer Währungs- u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 14 t krise taugen Währungsreserven zur Krisenbewältigung nur bedingt. Deshalb sollte der Bundesbank - nach dem Vorbild der Schweizer Gold-Initiative - durch eine Änderung des Bundesbankgesetzes aufgegeben werden, einen bestimmten Anteil ihrer Aktiva in Gold zu halten. Gold reagiert auf Verwerfungen der Währungsmärkte wie ein Absicherungsinstrument und steigt gegenüber solchen Währungen im Preis, deren Zentralbanken riskante inflatorische Geldpolitiken verfolgen. Das Gold der Deutschen Bundesbank wurde zum Jahreswechsel mit 107 Milliarden Euro beziffert. Das war ein Anteil von rund 14 Prozent an den gesamten Aktiva der Bundesbank. Die Gold-Quote der Bundesbank könnte z.B. auf mindestens 30 Prozent der Aktiva festgelegt werden, die sie in einer angemessenen Übergangszeit erfüllen muss. Bis zur Aufhebung der Quote im Jahr 1999 war die Schweizer Nationalbank gesetzlich zu einer Quote von 40 Prozent verpflichtet. Aufbau und Erhalt wertbeständiger Währungsreserven bei der Deutschen Bundesbank 2. Zudem sollte die Bundesbank per Gesetz verpflichtet werden, das Gold nicht zu beleihen und vollständig im deutschen Inland zu lagern. Erfolg und Akzeptanz einer neuen nationalen Währung hängen entscheidend von den verfügbaren Währungsreserven ab. Der Aufbau und Erhalt wertbeständiger Währungsreserven bei der Deutschen Bundesbank ist die einzige Möglichkeit, zur nationalen Währung zurückzukehren, ohne konfiskatorisch auf die Privatvermögen auf deutschem Boden zuzugreifen, wie es im Rahmen von Währungsreformen historisch üblich ist. Eine an Gold gekoppelte und durch Gold gedeckte Währung ist einer ungedeckten Währung vorzuziehen. Der Charme dieser beiden Punkte liegt darin, dass er im Rahmen nationaler Politik durch eine Änderung des Bundesbankgesetzes umsetzbar wäre. Das unterscheidet beide Anliegen von der Forderung nach direkter Absicherung der Target-Salden durch Gold. Dies ist wünschenswert, erfordert aber ein Vorgehen im Konzert mit den anderen europäischen Gläubigerstaaten. Beatrix von Storch Eine Mehrheit dafür ist derzeit nicht ersichtlich. Sollte hier eine Mehrheit organisiert werden können, so sollte gleichzeitig darauf hingewirkt werden, dass sich die Stimmgewichtung im Rat der EZB künftig anhand der Kapitalanteile orientiert. Zudem sollte auch das deutsche Bankensystem auf einen freiwilligen Dexit bzw. einen unfreiwilligen Zusammenbruch des Euro mit Rückkehr zur nationalen Währung vorbereitet werden. Die Bilanzen müssen krisenfest und insbesondere die Kundeneinlagen geschützt werden. Kreditinstitute sollten die auf Sparkonten liegenden Kundengelder von ihrem eigenen Vermögen getrennt verwahren müssen, um diese in der Insolvenz einer Bank vollständig zu erhalten. Denn im Falle eines Zusammenbruchs des Euro wird der überschuldete Teil der deutschen Kreditwirtschaft - insbesondere die Großbanken - eine Systemkrise erleben. Die staatliche und private Versicherung von Einlagen wird dies nicht bewältigen können. Da der wahrscheinliche Auslöser für einen Zusammenbruch des Euro oder einen Dexit die Überschuldung eines größeren Staates wie Frankreich oder Italien ist, sollte auch der Staatsbankrott berücksichtigt werden. Die Nullgewichtung von Staatsanleihen sollte schleunigst aufgehoben werden. Zudem sollten Banken Kredite an Staaten wie Großkredite an Unternehmen behandeln, um Klumpenrisiken zu vermeiden. Gold sollte dagegen mit einem Nullgewicht versehen werden, um Banken zu seinem Erwerb zu ermutigen. Es versteht sich von selbst, dass deutsche Banken bzw. ihre Gläubiger im Krisenfall nicht durch Steuergelder gerettet werden dürfen. Die entsprechenden Gesetze sollten dann schlicht nicht angewendet werden. n Eine große Tageszeitung hat kürzlich in ihrer Sonntagsausgabe getitelt, dass liberale Wirtschaftsprofessoren mit der AfD haderten. Denn die AfD von heute habe nichts mehr mit der Gründungs-AfD zu tun. Ich sehe dies anders. Die AfD war damals wie heute die einzige Partei im deutschen Parteiengefüge, die eine konsequent ordoliberale Richtung vertritt. Sie hat sich gegenüber ihrer Gründungsphase thematisch nur in einer Hinsicht verändert. Sie ist mittlerweile deutlich breiter aufgestellt. Während die CDU/CSU sich in der großen Koalition mit der SPD von letzten Resten marktwirtschaftlichen Ordnungsdenkens ebenso endgültig verabschiedet hat wie von dort in früheren Zeiten angesiedelten aufgeklärt konservativen Positionen, vertritt seit zwei Jahren allein die AfD dieses für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes grundlegende und zwingend notwendige Denken (die in kompletter inhaltlicher Beliebigkeit versinkende FDP darf hier getrost außer Acht gelassen werden). Zwei Sinnbilder dieses Untergangs ordoliberaler Überzeugungen in der Union zugunsten politischen Machtbestrebens sind das Mindestlohngesetz und die Mietpreisbremse. Die AfD hat sich frühzeitig und entschlossen gegen einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ausgesprochen. Diese nur vermeintliche „soziale Errungenschaft“ stellt ein staatlich verordnetes Verbot für eine ihre Arbeitskraft anbietende Person und einen unternehmerischen Nachfrager dieser Arbeitskraft dar, Die AfD ist mittlerweile deutlich breiter aufgestellt sich auf eine Entlohnung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns einigen zu dürfen. Damit löst der Mindestlohn keine Probleme im Niedriglohnsektor, sondern schafft zusätzliche neue. Er verursacht erstens zwangsläufig weitere Arbeitslosigkeit, indem er verhindert, dass Geringqualifizierte, die für ihren Arbeitgeber nicht den Mindestlohn erwirtschaften können, zu einem niedrigeren als diesem Lohnsatz doch beschäftigt werden können. Zweitens erweist er sich in POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 15 Eine Lanze für den Ordoliberalismus Prof. Dr. Jörg Meuthen kaum mehr zu zählenden Beispielen als ein bürokratisches Ungeheuer, denn die Durchsetzung, Dokumentation und Überwachung der Einhaltung dieses neuen Gesetzes verlangen geradezu absurde – und teure – Maßnahmen bei den Unternehmen wie der staatlichen Verwaltung. Der Mindestlohn sorgt somit drittens für erhebliche Mehrbürokratie, die von den Steuerzahlern bezahlt werden muss. Nicht anders verhält es sich mit der Mietpreisbremse. Auch mit dieser greift die Bundesregierung in private Verträge und die freie Preisbildung am Markt ein. Die Parteien eines Mietvertrages dürfen demnach nicht frei entscheiden, welchen Mietzins sie vereinbaren. Damit wird auch hier eines der elementaren Prinzipien der Marktwirtschaft mit Füßen getreten: die Vertragsfreiheit. Und wie beim Mindestlohn hat auch dieser staatliche Eingriff Folgen. Wenn Vermieter nicht mehr die Preise verlangen dürfen, die am freien Wohnungsmarkt durchsetzbar wären, wird sich das im verfügbaren Wohnungsbestand bemerkbar machen. Zwar nimmt die Mietpreisbremse den Neubau aus. Doch Erhaltungsinvestitionen in mietpreisregulierte Bestandswohnungen werden ausbleiben. Eine Konsequenz wird sein, dass die Bestandswohnungen in der Qualität verfallen. Zu den Gewinnern werden die Rechtsanwälte von Mietern und Vermietern gehören. Für beide Fälle gilt: Es handelt sich um ordnungspolitisch unhaltbare staatliche Eingriffe in den Preisfindungsprozess. Der Mindestlohn setzt eine Preisuntergrenze, die Mietpreisbremse ist faktisch eine Preisobergrenze. Beide haben unterschiedliche, aber vergleichbare Effekte einer dauerhaften, weil staatlich verordneten Störung des Marktes zu Lasten letztlich beider Marktseiten. Der Mindestlohn setzt als Untergrenze Preise über dem gleichgewichtigen Marktpreis fest. Das Angebot wird die Nachfrage dauerhaft übersteigen. Es wird Niedrigqualifizierte geben, die gern arbeiten würden, aber keinen Arbeitgeber finden, der bereit ist, den Mindestlohn zu bezahlen. Die Behauptung der Mindestlohn koste keine Arbeitsplätze, ist unsinnig: Wenn ein Mindestlohn von 8,50 Euro keine Auswirkungen hat, warum kann man ihn dann nicht gleich auf 15 oder 20 Euro erhöhen? Es ist absehbar, dass die durch ihn heraufbeschworenen Probleme alsbald nach einer Lösung ver- Prof. Dr. Jörg Meuthen Die AfD ist die einzige Partei, die den Prinzipien der Marktwirtschaft wieder Geltung verschaffen kann langen werden. Und so wird die Politik sich mit der zusätzlichen Arbeitslosigkeit unter Geringqualifizierten beschäftigen. Es wird neue Förderprogramme und Qualifizierungskurse der Arbeitsagentur geben: mehr Staat, mehr Bürokratie, mehr politische Macht. Nicht anders verhält es sich, wenn der Staat wie bei der Mietpreisbremse Preise unter dem Marktpreis festsetzt. Dann wird die Nachfrage das Angebot notwendigerweise übersteigen. Es wird geradezu zwangsläufig – quantitativ wie qualitativ – zu weiterem Wohnraummangel kommen. Wohin vorgeblich „soziale“ Höchstpreise führen, kennt man hinlänglich aus der Praxis der sozialistischen Experimente des 20. Jahrhunderts: Die Menschen stehen Schlange, um die begehrten und nie für alle ausreichenden Waren zu bekommen. Auch hier wird sich der Staat wieder – wie beim Mindestlohn – als der Löser des Problems anbieten, das er doch selbst erst geschaffen hat: Der unsinnige „Soziale Wohnungsbau“ längst vergangener Jahrzehnte, ein Instrument, dessen Ineffektivität und Ineffizienz in ungezählten Studien belegt wurde, feiert inzwischen wieder fröhliche Urständ. Aus diesem Teufelskreis des Interventionismus gilt es auszubrechen. Dazu bedarf es eines klaren ordnungspolitischen Kompasses, der unmissverständlich aufzeigt, dass vermeintlich soziale Eingriffe in den Preismechanismus vieles sind, aber in ihren Wirkungen ganz sicher nicht sozial. Es gilt, diesen Marsch in den immer weiter um sich greifenden Interventionsstaat zu bekämpfen und zu beenden. Sonst laufen die Menschen in einer freiheitlichen Gesellschaft Schritt für Schritt – und leider meist unbemerkt – in eine von den politischen Entscheidungsträgern in der Regel sehr gezielt angestrebte und fatale Abhängigkeit vom Staat. Von den etablierten Parteien, die diese Spirale über Jahre hinweg weitergedreht haben, ist diesbezüglich keine Ehrlichkeit zu erwarten. Sie haben dieses Spiel über Jahre gespielt und sie spielen es mit all ihrer derzeitigen Macht weiter. Sie werden sich nicht freiwillig selbst auswechseln und das Spiel vom Rand des Spielfelds aus verfolgen. Das passiert nicht in der Euro-Politik und es wird auch nicht im Mietrecht oder beim Arbeitsmarkt geschehen. Die AfD ist die einzige Partei, die den Prinzipien der Marktwirtschaft wieder Geltung verschaffen kann. Die AfD ist ein in diesem Sinne politisch unbeschriebenes Blatt, das gerade dadurch einen ordoliberalen Neuanfang ermöglichen kann. Damit steht auch die heutige und zukünftige Rolle der AfD fest: Sie stellt Prinzipien über die Macht. Statt in Permanenz politischen Interventionismus zu fordern und dem Wähler nach dem Munde zu reden, ist ihr Auftrag, durch Aufklärung und mit aller dazu notwendigen Geduld die Interventionsspirale zu durchbrechen. Diesem Auftrag gilt es gerecht zu werden. n SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 16 „Mut zur ganzen Wahrheit“ Ein Gespräch über AfD-Veranstaltungen mit hochrangigen Diplomaten, Versäumnisse in der Zuwanderung und die Ukraine-Krise mit dem AfD-Außenpolitiker Petr Bystron. Bystron: Natürlich. Aber mindestens genauso auch an unsere Mitglieder! Denn ich habe solche Aussagen auch bei anderen AfD-Veranstaltungen gehört. Zuletzt bei einem Vortrag in Traunstein, den die Patriotische Plattform organisiert hatte. Dort versuchte eine Gruppe der Grünen Jugend die Diskussion mit vermeintlich unbequemen Fragen zu sprengen. Da diskutierten fast alle mit: Die Grünen, die Referenten, die Zuschauer. Zum Schluss sagte ein ortsansässiger Arzt aus dem Publikum, eine Diskussion auf einem solch hohen Niveau habe er bei der CSU noch nie erlebt. Das war ein tolles Erlebnis. Petr Bystron, immer auf den Punkt: „Die Leidtragenden sind die Europäer.“ Polifakt: Herr Bystron, Sie haben bundesweites Aufsehen mit den „Diplomatischen Gesprächen“ erregt, die Sie als Vorsitzender des LFA Europa- und Außenpolitik veranstaltet haben. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse aus diesen Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der USA, Russlands und Chinas? Bystron: Die Aussagen waren höchst unterschiedlich. Für den US amerikanischen Generalkonsul Bill Moeller war es am wichtigsten, dass wir dem TTIP Abkommen zustimmen. Dem Vertreter Russlands, Andrej Grozov, lag wiederum sehr daran, dass wir die Hintergründe der Ukraine-Krise verstehen und dabei nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Interessant war auch der formale Aspekt. Grozov nannte zum Beispiel die Amerikaner stets „unsere amerikanischen Freunde“. Gerade bei seinen Erläuterungen des US-amerikanischen Engagements in der Ukraine war es natürlich ein sehr fein ziselierter Sarkasmus. Polifakt: Und die Chinesen? Bystron: Der chinesische Generalkonsul war für uns alle die größte Überraschung. Er wollte eine geschlossene Veranstal- tung nur für Mitglieder des LfA, sprach dann aber ungewöhnlich offen und blieb mit uns anschließend auf einige Bier sitzen. Zum Schluss sagte er, er freue sich sehr darüber, dass wir so gar nicht dem Bild der bösen Partei entsprächen, welches von uns die Medien gerne zeichnen. Die Aussage hätte gut in eine öffentliche Veranstaltung gepasst. Polifakt: Warum? Bystron: Nun, wenn es uns im Fachausschuss ausschließlich um den reinen Erkenntnisgewinn gegangen wäre, hätten wir alle diese Gespräche hinter verschlossenen Türen führen können. Wir entschieden uns bewusst für öffentliche Veranstaltungen, um das Image der AfD in der Öffentlichkeit zu stärken. Das gelingt uns sehr gut. Zum einen sind die Veranstaltungen immer ausgebucht. Bei dem Amerikaner hatten wir doppelt so viele Besucher als die CSU und da hatte Peter Gauweiler moderiert! Zum anderen, und das ist noch wichtiger, sagte bisher bei jeder Veranstaltung jemand aus dem Publikum, er sei das erste Mal bei der AfD und ihn beeindrucke das hohe Niveau der Diskussion. Polifakt: Ein Kompliment für die Referenten. Polifakt: Zurück zur Außenpolitik. Wie positioniert sich die AfD außenpolitisch? Bystron: Ich werde hier nicht die Ergebnisse der programmatischen Arbeit von hunderten engagierten Mitgliedern in den Fachausschüssen bundesweit vorwegnehmen. Eines ist jedoch klar: Wir leben in Zeiten eines Paradigmenwechsels. Die USA versuchen ihre Stellung als einzige Hegemonialmacht der Welt für den Preis eines Militäretats, der größer ist als die Militärausgaben Russlands, Chinas, Frankreichs und Deutschlands zusammengerechnet, zu halten. Gleichzeitig erstarken die Bestrebungen einiger Länder, sich von dem Einfluss der USA zu emanzipieren – allen voran Russland und China. China ist zusammen mit den übrigen BRICS-Ländern gerade dabei, mit der AIIB (Asian Infrastructure Investment Bank) ein Gegengewicht zum IWF aufzubauen, der von den Amerikanern dominiert wird. Beide Strömungen schreiten unaufhaltsam voran, obwohl sie konträr ausgerichtet sind. Polifakt: Stehen wir vor einem Weltkrieg? Bystron: Die Beziehungen der Länder sind stark verwoben, die gegenseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeiten sehr hoch. Die Aggression ist eher unterschwellig, an der Oberfläche kooperie- POLIFAKT | SONDERAUSGABE ren noch alle miteinander, wenngleich wir eine zunehmende Verschlechterung der Beziehungen der USA zu Russland in den letzten zwei Jahren wahrnehmen. Einen globalen Konflikt sehe ich in einer absehbaren Zeit nicht. Die Konflikte haben eher einen lokalen Charakter – sowohl im Nahen Osten wie auch in der Ukraine. In beiden Fällen sind jedoch die Leidtragenden - neben der von den Kriegshandlungen unmittelbar betroffenen Bevölkerung – die Europäer. Polifakt: Inwiefern? Bystron: Die gegen Russland wegen der Ukraine-Krise verhängten Wirtschaftssanktionen sind zwar vor allem auf Druck der USA zustande gekommen, betroffen sind jedoch vor allem europäische und in erster Linie deutsche Exportunternehmen. Hier müssen wir also mit dem Wegbrechen unserer Exporte zurecht- Seite 17 kommen. Für manche Betriebe sind die Ausfälle existenzbedrohend. Gleichzeitig strömen zu uns hunderttausende Flüchtlinge aus komplett destabilisierten Regionen wie dem Nahen Osten oder Nordafrika. Polifakt: Es heißt, Deutschland braucht Zuwanderung alleine wegen des demographischen Wandels. Bystron: Wenn das Problem unseres Landes ist, dass wir zu wenige Kinder haben, dann sollte unsere Politik daran arbeiten, Bedingungen für deutsche Familien zu schaffen, damit diese wieder im Schnitt mehr als nur 1,2 Kinder haben, anstatt sich mit Ersatzthemen wie der Homoehe zu beschäftigen. Das Argument mit der Sicherung unserer Renten ist auch widerlegt. Prof. Sinn hat errechnet, dass die Zuwanderung fiskalisch gesehen ein Zuschussgeschäft ist. Das bedeutet, dass die Zuwanderer unterm Strich zu den Leistungsempfängern des Sozialstaates gehören. Nun soll mir jemand erklären, wie eine Gesellschaftsgruppe, die per Saldo zu den Empfängern im Umverteilungsstaat gehört, unsere Renten finanzieren soll. Polifakt: Sind diese Aussagen noch politisch korrekt? Bystron: Professor Sinn wurde für seine Aussagen heftig angegriffen. Doch seine Berechnung stimmt. So viel zu der volkswirtschaftlichen Komponente. Rein politisch steckt in der Aussage natürlich eine enorme Sprengkraft, weil sie den Boden der Zuwanderungslüge entzieht, mit der wir seit Jahren gefüttert werden. Aber wozu haben wir uns „Mut zur Wahrheit“ auf die Fahnen geschrieben? Wohl nicht deswegen, um die Wähler mit Halbwahrheiten zu füttern. Fragen und Wege Martin E. Renner beschreibt die Felder, die als zu bestellendes politisches Ackerland im Kreise der Parteigründer der „Alternative für Deutschland“ angesehen wurden. Leider werden durch die Parteiführung der AfD mittlerweile einige der damals als besonders wichtig erkannten politischen Problemfelder in Deutschland und in der EU nur noch wenig systemkritisch und damit wenig „alternativ“ bearbeitet. Grund genug, sich die ursprünglich formulierten Problemfelder einmal mehr in Erinnerung zu rufen. Deutschlands politische Elite steuert einen verhängnisvollen Kurs. Sieben für die Zukunft der Nation existenzielle Fragen des Politischen sind aufgeworfen. Keine der Fragen ist beantwortet. Schlimmer noch: Die dringend notwendige Grundsatzdebatte über die künftige Ausrichtung der Nation wird nicht geführt. Die deutschen politischen Eliten – mehrheitlich vergangenheits-, macht- und pfründefixiert – verkennen die Realitäten. Sie verlieren sich in Nebensächlichkeiten und verspielen so die Zukunft des Landes. Foto: fotolia Die erste existenzielle Frage: Welche Staatsform wollen wir bewahren? Eine vielleicht schon lächerlich anmutende Frage, weil die zu erwartende Antwort ja so banal erscheint. Na, die parlamentarische Demokratie natürlich. Doch: Welche Souveränitätsrechte haben denn der Deutsche Bundestag und damit das Staatsvolk, wenn ein permanentes Krisenmanagement auf europäischer Ebene andauernd Verträge übergeht und missachtet, wenn das Haus- haltsrecht der nationalen Parlamente ausgehebelt wird und wenn einzelne Staatsvölker auf Generationen hin verschuldet werden. Und das ganz ohne hinreichende demokratische Kontrollen. Denn von Kontrolle kann ja schlechterdings nicht geredet werden, wenn Hunderte von Vertragsseiten ohne Vorbereitungszeit innerhalb von Stunden im Bundestag beraten und entschieden werden sollen (ESM-Vertrag, Bankenunion). u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 18 Die zweite existenzielle Frage: Welche EU wollen wir eigentlich? Die europäischen Verträge haben ihre bindende Wirkung verloren. Der Vertrag über die Währungsunion ist über die Jahre hin gebrochen und in sein Gegenteil verkehrt worden. Europa hat damit ein ganz anderes Gesicht bekommen. Es ist dies eine Revolution von oben, ausgelöst und gesteuert durch die politischen Eliten. Nirgendwo durch den Volkswillen legitimiert. Auf Verträge muss keine Rücksicht mehr genommen werden. Das ist die entscheidende Lehre. Der Ruf nach einer gemeinsam verantworteten Wirtschaftsregierung, nach einer Bankenunion, nach einer Sozialunion, offenbart bei genauerem Hinhören, dass er gegen die vermeintliche deutsche Dominanz gerichtet ist. Dieser Ruf zielt auf ein gänzlich anderes Wirtschaftsregime. Es ist ein Ruf nach den abgestandenen Wirtschaftskonzepten der 70er Jahre, die namentlich von Frankreich herbeigesehnt werden. Die Frage, welche Gestalt Europa nach dem abzusehenden Scheitern von Währungsunion und einer derartigen EU-Konzeption annimmt, ist existenziell. Wir benötigen Antworten auf diese existenzielle Frage. Und zwar bevor die EU-müden Briten und die reformunwilligen Franzosen die Flucht ergreifen und Deutschland mit einem strukturell schwachen Süden und einem immer noch abgewirtschafteten Osten alleine in der EU zurücklassen. Die dritte existenzielle Frage: Welche Stabilitätskultur des Geldes wollen wir? Der Verlust des Grundvertrauens in die Zentralbank und die Geldwertstabilität hat mittelfristig verheerende Auswirkungen auf die Geldwirtschaft, auf Industrie- und Gewerbebetriebe und auf die Gesellschaft insgesamt. Er hat Auswirkungen auf die Sparbereitschaft und die Sparquote, auf das Zinsniveau und die langfristige Investitionsneigung, auf Kreditvergaben, auf Lohnfindungsprozesse und auf Lebensplanungen. Familiengründungen, Unternehmensneugründungen und Aufstiegschancen werden so verbaut oder erschwert. Die Frage nach der Stabilitätskultur des Geldes, früher durch die Bundesbank beispielhaft formuliert und durchgesetzt, ist essentiell. Im Kern ist es die Frage nach dem Fortbestand der demokratisch verfassten Mittelstands-Gesellschaft. Die bun- desrepublikanische Gesellschaft, mit ihren leistungsbejahenden und werteschaffenden Milieus, ist dabei, ihren Gründungsmythos – also alles – zu verlieren. Die vierte existenzielle Frage: Welche gesellschaftliche Leitkultur wollen wir verteidigen? In keinem anderen politischen Bereich wurden die notwendigen Entscheidungen so lange verschleppt wie in der Integrations- und Zuwanderungspolitik. Bis heute wird die existenzielle Frage über Zusammensetzung und kulturelle Identität des Staatsvolks nicht rational debattiert, sondern tabuisiert. Die einfache und leicht nachvollziehbare Feststellung Milton Friedmans, „Ein Staat kann ein Sozialstaat sein und ein Staat kann offene Grenzen haben – aber niemals beides gleichzeitig“, wird ignoriert und sogar verworfen. Die muslimischen Milieus lehnen die Integration in eine von den verachteten „Ungläubigen“ dominierte laizistisch-liberale Gesellschaft aus religiös-ideologischen Gründen ab. Die Tatsache, dass wir hier die gastgebende und offene Aufnahmegesellschaft sind, spielt für diese Milieus gar keine Rolle. Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass diese Gegengesellschaft irgendwie aufgelöst werden muss, wenn die Integration und nachfolgende Assimilation gelingen soll. Das ist keineswegs allein ein Problem der Sprachaneignung, sondern ein Problem der kulturellen Selbstdefinition. Deutschland muss darauf bestehen, dass alle Einwanderer unsere Werte, Bräuche, Rechts- und Moralvorstellungen sowie das kulturelle deutsche Erbe für sich annehmen und auch leben wollen. Entscheidende Voraussetzung für Einwanderung ist also zwingend: Die Definition und eine gesamtgesellschaftliche Verteidigung unserer Leitkultur. Die Politik verliert sich hier in Scheindebatten und riskiert so die Zukunftsfähigkeit gerade unserer so offenen Gesellschaft. Die fünfte existenzielle Frage: Wie sichern wir angesichts des demografischen Niedergangs die wirtschaftliche und soziale Stabilität der Nation? Man glaubt noch immer, auf unbegrenzte Dauer ein wohlhabendes Land bleiben zu können. Es fehlt die Erkenntnis, dass eine überalterte, zahlenmäßig schrumpfende Bevölkerung die Produktivitätsfortschritte kaum mehr erzielen kann, die zum Erhalt des heutigen Wohlstandsniveaus nötig sind. Die Hoffnung, diese Entwicklung durch Einwanderung von Hochqualifizierten entschärfen zu können, ist irrational. Die Leistungsstarken kommen doch nicht hierher, um unsere Sozialsysteme vor dem drohenden finanziellen Kollaps zu retten. Und unser eigener hochqualifizierter Nachwuchs wird dann auch Angebote aus aller Welt haben. Um es klar zu formulieren: Deutschland kann sich in Anbetracht seiner demografischen Situation und den sich international verschärfenden Wettbewerbsbedingungen in der Zukunft keine so große Zahl von Geringqualifizierten, wenig Produktiven und dauerhaft von Sozialleistungen Lebenden mehr leisten. Die sechste existenzielle Frage: Wann endlich definiert die etablierte Politik in Deutschland die nationalen Interessen? Ist es wirklich im Interesse unserer Nation, wenn Frau Bundeskanzlerin Merkel auf dem Kirchentag 2009 in Bremen sagt: „Wenn man eine wirkliche Weltordnung haben will, eine globale politische Ordnung, dann wird man nicht umhin kommen, an einigen Stellen Souveränität, also Rechte, an andere abzugeben.” Ist es in unserem Interesse, Souveränitätsrechte an andere abzutreten? Und an wen? Und mit welchem demokratischen Willensbildungsprozess? Oder soll das alles schleichend vor sich gehen? Ohne dass der deutsche Wahlbürger eine Wahl hat, sondern die geschaffenen Fakten nur noch alternativlos anerkennen muss. Das ist doch genau unsere Befürchtung und Vermutung, dass die EU – wie eben auch der EURO – nur ein Zwischenschritt ist hin zu einer, wie auch immer und von wem auch immer konstruierten und gewünschten „Neuen-Welt-Ordnung“ ist. Und aus dieser Feststellung resultiert dann sogleich auch die nächste Frage: Die siebte existenzielle Frage: Welche Armee können und müssen wir uns leisten? Diese existenzielle Frage wird in ihrer Bedeutung weit unterschätzt. Es ist mitnichten eine rein militärpolitische Frage, die nur noch einen Randbereich des Politischen betrifft. Sie führt in Wahrheit in den POLIFAKT | SONDERAUSGABE Kern des politischen Selbstverständnisses unserer nationalen Gemeinschaft. Die Verteidigungsbereitschaft gibt Auskunft darüber, wie weit sich eine Gesellschaft mit sich selbst identifiziert und ob sie eine langfristige Orientierung hat. Sie ist damit ein Signal, das ein Gemeinwesen über seine außenpolitische Positionierung und mehr noch über seine innere Stärke aussendet. Es ist die essentielle Frage, welchen Wert wir Freiheit und Selbstbehauptung beimessen wollen. Die erkennbare imperiale Überdehnung der USA, die wachsenden Machtansprüche Chinas, die ungewisse künftige Rolle Russlands, die Unwägbarkeit der Entwicklung der islamischen Welt – hier vor allem die hochexplosive Lage in Pakistan und im Nahen Osten – und unberechenbare Staaten wie Iran oder Nordkorea verdeutlichen die prekäre Fragilität der gegenwärtigen Weltordnung Deutschland als noch immer stärkste Volkswirtschaft und bevölkerungsreichstes Land Europas wird dadurch zunehmend für die militärische Absicherung der Verbindungen und Interessen des Kontinents in Anspruch genommen werden. Lehnt es die erhöhte Verantwortung ab, wozu eben ein den britischen und französischen Ausgaben vergleichbarer Anteil des Militärbudgets am Gesamthaushalt gehört, wird das erhebliche Rückwirkungen haben: Sowohl auf Deutschlands Stellung im atlantischen Bündnis, als auch in der Welt und damit langfristig auf seine Freiheit vor Pressionen. Fazit und Ausblick Bis hierher eine wenig optimistische Bestandsaufnahme des aktuellen politischen Status Quo in Deutschland. Wohl wahr. Doch, wie sagt Friedrich Hölderlin in seinem Roman Hyperion: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Das Rettende sind hier ganz zweifellos die politischen Werte „Freiheit und Patriotismus“. Rufen wir der AfD und ihren führenden Funktionären zu: „Mut zur Wahrheit. Mut zu Deutschland. Mut zur Alternative.“ n Martin E. Renner ist Mitgründer und Namensgeber der „Alternative für Deutschland“. In der WA2013 und in der AfD war er ein Mann der allerersten Stunde. Seite 19 Zwei Welten unter einem Dach Ein politisches Dilemma: Als vor 26 Jahren die Mauer fiel, da kam zusammen, was historisch zusammengehörte, was fast zwei Generationen lang politisch und ideologisch nichts miteinander zu tun hatte und was gegensätzlicher nicht sein konnte. Foto: dpa – picture alliance Es waren die BRD , sozial marktwirtschaftlich, freiheitlich-pluralistisch und europäisch ausgerichtet und die DDR, sozialistisch, zentralstaatlich, planwirtschaftlich und totalitär geführt. Das Problem der zwei stark divergierenden Weltbilder, die die Bürger der beiden ehemals getrennten Staaten voneinander unterschieden, hat bis heute Einfluss und erfordert ein besonderes Engagement, endlich einen verbindenden und zeitgemäßen Ordnungsrahmen zu finden, mit dem sich alle Deutschen identifizieren können. Die AfD könnte dafür die richtige Partei sein. Die Bürger der Bundesrepublik wurden groß mit Ereignissen wie „Wirtschaftswunder“ seit der Einführung der Deutschen Mark (1948), der Sozialen Marktwirtschaft ab 1949, die Wiederbewaffnung und der Eingliederung der Bundeswehr in die Nato ab 1955, der Studentenrevolution (1968) sowie dem europäischen Einigungsprozess von der Montanunion (1951), über die Europäische Wirtschafts-Gemeinschaft (1957) bis hin zur Europäischen Union und zur Währungsunion. Das von Bundeskanzler Kohl schließlich angestrebte Ziel einer politischen Union konnte aufgrund natio- naler Befindlichkeiten der anderen Europäischen Staaten nicht erreicht werden. Sie wird aber weiter angestrebt und durch die Übertragung ursprünglich jeweils nationaler Zuständigkeiten auf EU-Institutionen vorangetrieben. Ziel der Politiker von heute ist es, Deutschland in der EU vollständig aufgehen zu lassen. In diesem Zusammenhang muss auch der „Anti-Germanismus“ der Alt-68er Salon-Sozialisten erwähnt werden, die nie den Terror des real existierenden Kommunismus am eigenen Leib erfahren mussten. Sie sind heute, seit den Tagen der Studentenrevolution, in politischen Führungsrollen der Legislative, Exekutive und Judikative angekommen und wollen Deutschland nach ihren Vorstellungen in einen Systemzustand transformieren, der sich dem der ehemaligen DDR immer mehr annähert. Die westdeutschen Wähler nehmen diesen schleichenden Umgestaltungsprozess kaum wahr und wählen zumeist das, was sie schon immer wählten, nach dem Motto: „Ich kann ja eh nichts ändern – die machen ja sowieso was sie wollen!“ oder sie schlagen sich auf die Seite der Nichtwäh-u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 20 t ler und Wahlverweigerer. So sieht das Demokratieverständnis vieler Westdeutscher heute leider aus und doch gelten Sie laut Grundgesetz als Teil des „Souveräns“. Keinen Respekt vor der Obrigkeit Die Bürger der ehemaligen DDR wiederum haben ihre Prägung im System des “real existierenden“ Sozialismus erfahren, das sich nahtlos an die NS-Diktatur anschloss. Wichtige Ereignisse waren Bodenreform, Enteignungen, Verstaatlichung von Privateigentum, der am 17. Juni 1953 von den sowjetischen Besatzern blutig niedergeschlagene Volksaufstand, der Mauerbau 1961, der ein ganzes Volk in Haft nahm, die 40 Jahre lang andauernde brutale und unbarmherzige Verfolgung und Bestrafung von Andersdenkenden und von Personen, die diesem System entkommen wollten und schließlich die friedliche Revolution von 1989, die mit dem Ruf „Wir sind das Volk“ begleitet und von vielen mit einem nationalen Ziel, d.h. der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, geführt wurde. Diese Revolutionserfahrung prägt viele Ostdeutsche mit Stolz. Nur wird sie unterschiedlich bewertet: Die ehemaligen Funktionäre und Angepassten empfinden die Wiedervereinigung als Übernahme durch den Westen, dem ehemaligen Systemfeind, wünschen sich lieber einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz zurück und arbeiten fleißig daran. Die anderen, die vielen Widerspenstigen, die zu Zeiten der DDR schon mit enormer Zivilcourage und großen persönlichen Risiken gegen den politischen Stachel gelöckt haben und die heute, 25 Jahre nach der Wiedervereinigung, besonders kritisch auf die Politik schauen, haben heute wie gestern Mut zur Wahrheit und keinen Respekt vor der Obrigkeit. Sie sind es, die sofort auf die Straße gehen, die gerne Regierungen abwählen und etwas Neues ausprobieren, wenn sie unzufrieden sind (deshalb auch der große Erfolg der AfD im Osten bei den letzten Landtagswahlen). Die „widerspenstigen Ostdeutschen“ haben die gesellschaftliche Bedeutung und Verantwortung, die hinter dem im Grundgesetz verankerten Begriff „Souverän“ steht, deutlich besser verinnerlicht, weil für sie gilt: Nie wieder Diktatur! Viele dieser Ostdeutschen sind vor allem wiedervereinigte Deutsche, stolz auf ein wiedererlangtes, so lange unterdrücktes deutsches, ideologiefreies Kultur-Bewusst- sein wie Dresdner Frauenkirche, Goethe und Schiller, Martin Luther, von der Diktatur befreite Bürger einer ehemaligen Kultur- und Erfindernation der Dichter, Denker und Forscher, von denen viele aus Mitteldeutschland kamen. Sie sagen „wir sind ein Volk“, ein Kultur-Volk und stehen dazu mit einem ganz natürlichen Nationalbewusstsein, das den Westdeutschen vollkommen aberzogen wurde und von dem diese sich peinlich berührt abwenden. Die Ostdeutschen, die noch zu DDR-Zeiten zur Schule gingen, haben auch kein anerzogenes Schuldbewusstsein, was die Nazi-Verbrechen ihrer Großvätergeneration angeht. Der DDR-Staat hat dafür die „faschistische“ BRD in Haftung genommen. Die Ostdeutschen fragen sich eher und das zu Recht, warum die Untaten des ehemaligen DDR- Regimes größtenteils noch ungesühnt bleiben wie beispielsweise unzählige Zwangsadoptionen von Kindern politisch unangepasster Eltern, wie tausende politische Gefangene, die schikaniert und gefoltert wurden; wie der staatliche Umgang mit deren Kindern und Jugendlichen, die in menschenverachtende Arbeits- und Umerziehungslager gesteckt wurden. Viele der traumatisierten Opfer kämpfen noch heute vergeblich um ihre Rehabilitation. Die etablierten Parteien leben ihre Ressentiments der Vergangenheit Wenn eine neue Partei wie die AfD sich – wie gerade vor kurzem von einzelnen West-Protagonisten praktiziert – von gut 10,4 Millionen Wählern, nämlich von den in Ostdeutschland verbliebenen deutschen Mitbürgern und ihren Lebenserfahrungen abkoppelt, weil sie diese in Unkenntnis ihrer Sozialisierung selbstgefällig als Neue Rechte abqualifiziert, vergibt sie die Chance, beide Welten endlich geistig zu vereinen. Denn alle etablierten Parteien leben ihre Ressentiments der Vergangenheit. Die CDU als traditionelle Westpartei mit Adenauer im Blut, Kohl als Wiedervereiniger wird von der im DDR-Staat sozialisierten Merkel, als andere Partei, jetzt preußisch, technokratisch und „realpolitisch“ mit einer heftigen Prise Zentralstaat angeführt. Eine Identifikation beider Welten kann ihr damit nicht gelingen, im Gegenteil, sie polarisiert aufgrund ihrer undurchsichtigen DDR-Vita mehr im Osten als im Westen. Die SPD pflegt im Schulterschluss mit den Gewerkschaften ihr Umverteilungsideal der „Sozialen Gerechtigkeit“, sorgt mit ihrem permanenten Staatsinterventionismus für einen überbordenden Hochsteuer- und Sozialhilfestaat und macht sich – Funktionäre unter sich - zum Gehilfen derer, die sie eigentlich im Interesse ihrer Klientel in die Schranken weisen müsste: die Konzerne. Die Grünen sind das Sammelbecken der westlichen Alt-68er Salon-Sozialisten, der technologiefeindlichen Weltverbesserer und aller Interessensgruppen für jede Art der „diskriminierten“ Minderheiten. Die Linken sind das ostdeutsche Pendant dazu, der real erfahrenen Kommunisten und Stalinisten, die diesmal – so glauben sie – bei einem erneuten Versuch, alles ein bisschen menschlicher machen wollen. Die FDP hat sich dem bedingungslosen Markt-Liberalismus verschrieben – ihre ehemalige Mittelstandsausrichtung hat sie als westdeutsche „Besserverdiener-Partei“ mittlerweile abgelegt. Unterschiedliche Erfahrungen - Integrieren statt ausgrenzen Der AfD könnte es als erster Partei gelingen, und das haben die vergangenen zwei Jahre gezeigt, beide Welten – Ost und West – im Geiste zu vereinen, durch klare ökonomische Positionen, durch ein klares Bekenntnis zu unserer Nation und durch das Anerkennen und Verstehen der unterschiedlichen Sozialisierung von Ost und West. Wer jeweils den anderen durch seine eigenen Vorurteile stigmatisiert, anstatt versucht, zu integrieren, macht sich selbst zur antiquierten Ossi- oder Wessi-Partei. Im 21. Jahrhundert ist das ein Anachronismus. Die verarmende Mittelschicht muss sich seit Mitte der 90er Jahre bei ihren eigenen Wohlstandsambitionen ständig immer mehr zurücknehmen, zu Gunsten exorbitant steigender Managementgehälter und Unternehmensgewinne. Diese Menschen brauchen ein Korrektiv, das ihnen sagt, dass die Lösung der gesellschaftlichen Probleme neben dem Euro-Desaster auch in einer mittelständisch geprägten und wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft liegt, weil sie es nicht wissen. Und sie brauchen eine Partei, die sich dafür einsetzt. Wer könnte das besser als die AfD mit ihren Ökonomen? Damit wäre die AfD einmal mehr kein Schaden für die Demokratie, wie es politische Gegner seit zwei Jahren gerne aus Futterneid formulieren, sondern eine Bereicherung, denn nicht Marktwirtschaft ist rückwärtsgewandt sondern Sozialismus. Ulrich Riediger, München, AfD-Mitglied POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 21 Kein Wohlstand ohne starken Mittelstand AfD bietet dem unternehmerischen Mittelstand eine neue Heimat (Stimme) AfD-Mittelstandsforum identifiziert und formuliert die berechtigten Interessen der mittelständischen Unternehmen mit dem unternehmerischen Mittelstand zu tun. Die FDP hat nachweislich jahrelang bewiesen, dass sie unternehmerische Grundsätze missachtet hat und damit unglaubwürdig geworden ist. In der CDU finden die Mittelstandsverbände überhaupt kein Gehör mehr, was die vielen enttäuschten CDU-Vertreter selbst beklagen. Dr. Hans Hermann Schreier Hansjörg Müller AfD hat Bedeutung des Mittelstandes erkannt Die AfD ist sich der großen Bedeutung des unternehmerischen Mittelstandes für die deutsche Volkswirtschaft bewusst und hat einvernehmlich die Gründung des AfD-Mittelstandsforums im Januar 2015 unterstützt. In Anbetracht der Tatsache, dass der deutsche Mittelstand im Vergleich zu großen Kapitalgesellschaften und Nicht-Regierungsorganisationen keine ernstzunehmende Vertretung in den Altparteien mehr hat, will die AfD über seine gewählten Vertreter die berechtigten Interessen des unternehmerischen Mittelstandes wahrnehmen. Strategische Allianz mit AfD-Mittelstandsforum Der direkte Zugang vom AfD-Mittelstandsforum zu den hochqualifizierten Bundes- und Landesfachausschüssen, den Funktionsträgern und gewählten Vertreter der AfD und der direkte Kontakt zu den vielen Unternehmern im AfD-Mittelstandsforum, ist ein besonderes und wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Die AfD kann große Hebelwirkung erzeugen. Die Wertschätzung der AfD für den Mittelstand soll auch dadurch deutlich werden, dass im neuen Bundesvorstand sichtbar, und nach außen und innen nachhaltig wirkend, eine Position durch einen überzeugenden Vertreter des AfD-Mittelstandsforums besetzt werden soll. Altparteien unglaubwürdig Die Gründung des AfD-Mittelstandsforums mag Anlass gegeben haben, dass die SPD ein Wirtschaftsforum gegründet und Herr Gabriel sich zur sozialen Marktwirtschaft bekannt hat. Aber: „an den Taten sollt ihr sie erkennen“: Mindestlohn, Frühverrentung usw. belasten den unternehmerischen Mittelstand! Wenn die FDP sich von ehrenwerten Managern der Großkonzerne helfen lässt, ein neues Wirtschaftsprofil zu entwickeln, hat das überhaupt nichts AfD hat Chance zur Volkspartei Diese Lücke bei den vernachlässigten Mittelständlern will die AfD in offener Kooperation mit dem AfD-Mittelstandsforum, aber auch mit anderen wirtschaftsliberalen Initiativen innerhalb und außerhalb der AfD konsequent schließen. Die einmalige Chance für die AfD besteht darin, das große Potential des unternehmerischen Mittelstandes für sich zu gewinnen. Dies ist wahrscheinlich der wichtigste strategische Baustein, um das erklärte Ziel erreichen, Volkspartei zu werden! Die Unternehmer sind heimatverbunden, ortsnah, so dass ein Schub auch für die Kommunalpolitik der AfD zu erwarten ist. Bedeutung des unternehmerischen Mittelstandes Der unternehmerische Mittelstand ist mit über 3,5 Mio. Unternehmen das anerkannte Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Mit seinen Gesellschaftern, Familienangehörigen und leitenden Angestellten sind dies über 10 Mio. Personen. Über 50% der Arbeitsplätze werden geschaffen, über 50% des Umsatzes erwirtschaftet. Der unternehmerische Mittelstand ist Träger des geschätzten dualen Ausbildungssystems und Innovationsmotor. Die mittelständischen Unternehmer sind ortsnah und heimatverbunden. Sie treten als Sponsor für Vereine auf und fördern die Gemeinschaft. Es gilt, den mittelständischen Unternehmern den kreativen Freiraum zu schaffen, damit sie den „Kuchen“ für alle weiter vergrößern können. Es gilt der Leitspruch: „Kein Wohlstand ohne starken Mittelstand“. Gemeinsame Grundlagen: Soziale Marktwirtschaft Wichtigste gesellschaftspolitische Grundlage von unternehmerischem Mittelstand, AfD und AfD-Mittelstandsforum ist das Bekenntnis zur Sozialen Marktwirtschaft im Sinne Ludwig Erhards. Die Verbundenheit zur AfD besteht durch Bekenntnis zur Heimat und deutscher Identität des global anerkannten „German Mittelstands“. Schwerpunkte der politischen Gestaltung Ansätze für die politische Unterstützung des unternehmerischen Mittelstandes werden in Abstimmung mit den Mitgliedsunternehmen entwickelt. Aktuell hat das MSF fünf Kernbereiche identifiziert, in denen kurz-, mittel- und langfristig orientierte Maßnahmen ergriffen und adäquate Instrumente eingesetzt werden. u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 22 1. Imageverbesserung, Wertschätzung des Unternehmers Auf der Grundlage von aktuellen Untersuchungen werden Ansatzpunkte entwickelt und Instrumente eingesetzt mit dem Ziel, die Bedeutung des selbständigen Unternehmers für die Gesellschaft zu verdeutlichen und das Ansehen des Unternehmers in der Gesellschaft zu erhöhen. Dazu gehört auch die Absicht, eine Akademie für Entrepreneurship zu gründen, um mehr und noch qualifiziertere Unternehmer zu generieren. 2. Stärkung der Kapitalkraft der Unternehmen Es gilt, über die Erschließung von Synergieeffekten eines Unternehmens-Netzwerkes bis hin zu geringeren Steuerbelastungen und fairem Zugang zu Fremdkapital die Eigenkapitalposition zu stärken, größere Handlungsfreiheit zu erhalten und mehr Sicherheit zu gewinnen. Damit erhöht sich die Gestaltungsfreiheit für Innovationen und schafft bzw. sichert hochwertige Arbeitsplätze. In Kürze wird eine kick-off Projekt-Kampagne zum Thema „Erbschaftssteuer“ starten. Die Kernforderung besteht bereits: Erbschaftssteuer abzuschaffen und nicht zu reformieren. Daran schließen sich weitere Steuerthemen an. 3. Fairen Wettbewerb sichern AfD und AfD-Mittelstandsforum werden in engem Kontakt mit den Mitgliedsunternehmen auf einen fairen Wettbewerb achten, eine elementare Grundlage der sozialen Marktwirtschaft. Wettbewerbsverzerrung durch Kartellbildung und das Entstehen von Monopolen soll verhindert werden! Zum fairen Wettbewerb gehören auch Datensicherheit und Schutz vor Spionage. Dazu hat das AfDMittelstandsforum ein Schwerpunktprojekt gestartet. Politische Aufklärung zu den Themen der Alternative für Deutschland (AfD). Nutzen Sie diese Zeitung zur Information vor allem bei älteren Mitbürgern, zur Gewinnung von neuen Mitgliedern und zur Spendenakquise. Die AfD-Bürgerzeitung Diese Zeitung ist als Kommunikationsmedium der AfD Kreisverbände zu den Bürgern gedacht. Es gibt eine große Anzahl an Mitbürgern, die sich nicht permanent im Internet aufhalten und informieren. Um die Inhalte der AfD breiter und effektiver unter das Volk zu bringen, ist es erforderlich dies auch auf traditionelle Weise mit einer Zeitung zu tun. Die Zeitung eignet sich sehr gut als „Träger” für Ihre regionalen Infoblätter oder Flyer mit Veranstaltungshinweisen. bestellung.polifakt.de Themen auf 20 Seiten: • Familie • Flüchtlinge & Asyl • Kriminalität • Windenergie • IWF • und weitere Ausblick Mit der Strategie der Allianz zwischen AfD Partei und AfD-Mittelstandsforum besteht eine ausbaufähige und leistungsfähige Organisation, - die den unternehmerischen Mittelstand in seinen Kerninteressen unterstützt - eine prosperierende Volkswirtschaft zum Wohle der Menschen in Deutschland fördert - der AfD den Weg zu einer Volkspartei ebnet - Konkurrenz der Altparteien und deren Organisationen unterbindet. n Dr. Hans Hermann Schreier, stellvertretender Vorsitzender Dipl. Volkswirt Hansjörg Müller, stellvertretender Vorsitzender Ausg ab e ung für dem okr at i e und stre itku lt u r 02 p ol i Eltern muss ermög lic aus eig ener Kr ht werden, finanzie aft Lebens ller Leistungs und entsche fähigk eit idu und ihr e Kinde ngen für sic h r zu tre ffen. 4. Abbau der Bürokratie In enger Abstimmung mit den Unternehmern, aber auch mit den Abgeordneten sollen bestehende oder sich abzeichnende bürokratische Hemmnisse erkannt und beseitigt oder minimiert werden. Ein Bespiel für Reduktion sind die Aufbewahrungsfristen von Geschäftsdokumenten. Sie sollten von zehn auf fünf Jahre reduziert werden. 5. Deregulierung Überflüssige Gesetze und Verordnungen gehören abgeschafft. Zumindest ist ein Verfallsdatum mit zu beschließen und eine Evaluation der Wirksamkeit zu fordern. Polifakt zeit Familie n muss mehr Fr eiheit, Verant Mut zu wortung und En tlastung Deutschl and hat gegebe Geburt n werd seit Jah enr rzehnten en Jahr hal aten haben sich biert. Die zu auf die aktuelle seit 1965 auf wenige Kin Frage, der. Die Familie 675.00 wie Kin beider 0 Geb npolitik der effi Eltern wa urten chsend bes zient um „herum Auch jetz organi die Ber chränkt sich pro uns die en Kinderm t im sie ufs ind rt“ werde Bun est angel sen eup petenz tät aus oder aus d ag hemisti n können igkeit möglic es alterte Gesells sch als einanderzuse werden hst Mutlos verkennen die . chaft ist dem tzen. Sie psycho durch igkeit, Altparteie die die eig logisch aler Lei aber, nic ografische verkauf n, aus ent n Wand stungen Umverteilun ein Au Als Alt ht nur en Inkom sla ernativ el. Eine gspolit lichen Proble vor alle ökonom betrac - We e für De ufmodell. ik über me. Fam htet. Da m isch, son ichen uts bei ger zuerst als Em 400 Mil sie es sind, ilien dern auc die ät pfä liarden Nation neu zu stellen chland haben h Euro pro diese Soziall völlig aus dem nger soziund un . Ein Bek haben wir die eistungen Bevölk serer Kul Jahr fina enntni aus un Blick, das erungs s zu un Aufgabe, hie terschied nzieren. tur ist in s Ber politik, ser r nu – Die eta Höhe von run lichen em eits r mit ein als ein Land, un die im AfD Gründen d De blierte er zuk Aspekt serer n Parteie utschland -Wahlpro versäu un der ftsw gra mt, sic n sys Familie eisend mm von mehr h mit ASYL-B dem sel teme zu stabi Kinder brauch 2013 kon npolitik, sinnvoen u sta lisieren si n es lschaft ll. Hotelie , sonder t – nicht nur, tieren wir, ein Ga rs, Ree s das r ant für n um un dereien profitie sere Soz s und Gem die Zuk vor allem, we ren von unftsfähi ialil ein KRIMINALIT einden der Asy lwelle gkeit von e jüngere GeGesells Fachkr ÄT äfte chaft ins erfolgre mangel – bei se ite ich bek 7 ämpft Kinder n Einbre chern se ite 10 IWF COU P Die Son der des Inte ziehungsrecht rnation e (SZR) alen Wä hrungs fond (IW F) se ite 17 JETZT Neue Ausgabe 12.07.2015 bis bestellbar. Auslieferung ab: 16.07.2015 POLIFAKT Herausgeber und Verlag: Polifakt Medien Nikolaistraße 6-10 D-04109 Leipzig www.polifakt.de Chefredaktion: Josef Konrad redaktion@polifakt.de Anzeigen: Telefon: E-Mail: anzeigen@polifakt.de (+49) 341 - 39 280 940-0 verlag@polifakt.de Namentlich gekennzeichnete Beiträge werden von den Autoren selbst verantwortet und geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder. Das Urheberrecht für die mit Namen versehenen Beiträge liegt bei den jeweiligen Autorinnen und Autoren. fa kt .d e POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 23 Euroausstieg bis Wehrpflicht Frauke Petry und Marcus Pretzell über liberal-konservative Gemeinsamkeiten der AfD Seit Monaten touren die AfD-Politiker Petry und Pretzell durch die Landesverbände und diskutieren mit der AfD-Basis. Ihr Ziel ist es, die AfD in ihrer ganzen inhaltlichen Breite darzustellen. Dabei sind die Rollen klar verteilt. Sie ist die Konservative, er der Liberale. „Wir müssen etwa beim Euro-Thema endlich in die Offensive kommen“, sagt Pretzell, der ursprünglich mal für die Aufteilung in einen Nord- und einen Südeuro war. Heute sei eine solche Lösung nicht mehr möglich. Einen Ausstieg südeuropäischer Staaten werde es nicht geben. „Heute ist klar: Deutschland muss aus dem Euro austreten“. „Und wir müssen den deutschen Wähler darüber aufklären, dass uns das eine Billion Euro kostet“, sagt Pretzell. „Also zwei Drittel der Kosten der deutschen Einheit.“ Jede weitere Verzögerung würde am Ende noch eine Billion kosten. Nun könne es nur noch darum gehen, weiteren großen Schaden von den Bürgern abzuwenden. Eine logische Folge des Euros sei auch die Deutschland muss aus dem Euro austreten immer größer werdende Lücke zwischen Arm und Reich in Deutschland. Zwar habe die deutsche Wirtschaft vom Euro profitiert, bei deutschen Arbeitnehmern sei davon aber nichts angekommen. Sie seien Schlusslicht der Gehaltsentwicklung in der Eurozone. Früher habe der Wertzuwachs der D-Mark auch zu einem Kaufkraft-Zu- wachs geführt. „Und das ist der große Betrug am Verbraucher, dass er viel zu viel Geld für Sprit, für Energie, für alle Importwaren zahlt“, sagt Pretzell. Der nordrhein-westfälische AfD-Chef sieht im Euro-Austritt jedoch nur einen ersten Schritt. In einem zweiten müsse über das Geldsystem insgesamt gesprochen werden. „Wir müssen über das Schuldgeldsystem reden“, sagt er. Kaum jemandem sei bewusst, dass jede Erhöhung der Geldmenge mit einer Erhöhung der Schulden verbunden sei und die Probleme so nur in die Zukunft verschoben würden. Inzwischen sei die AfD mit ihrem Vorsitzenden ins europäische Parlament eingezogen, aber fünf der sieben EU-Abgeordneten hätten die AfD-Pläne, die EU von Grund auf zu reformieren, offensichtlich aus ihrer Erinnerung gestrichen. Pretzell erinnert sich, dass der Parteichef im EU-Parlament für eine Harmonisierung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer plädiert habe. „Er wollte den Einstieg in eine Europäisierung des Steuerrechts“, sagt Pretzell. „Das widerspricht nun ganz und gar den Vorstellungen der AfD.“ Wenn Petry und Pretzell über eine Reform der EU reden, dann geht’s wirklich ins Grundsätzliche. Angesichts der massiven Vertragsverstöße könne es keine einfache Rückkehr zum Vertrag von Lissabon oder Maastricht geben. „Wir müssen die EUVerträge komplett neu verhandeln“, sagt Petry. „Denn diese EU ist unserer Ansicht nach so nicht zu reformieren.“ „Ich glaube, dass wir eine Zurückführung auf den Binnenmarkt brauchen“, sagt Pretzell. Schließlich habe der Freihandelsgedanke sehr lange gut funktioniert. „Darum müssen wir den Binnenmarkt auch wieder zum Kern der EU-Verträge machen und zu einem Europa der Nationen zurückkehren“, fügt Petry an. „Wobei sich dann auch die Frage anschließt, welche Staaten dann letztlich zu dieser neu reformierten EU gehören sollen.“ Damit meint sie unter anderem Länder wie Rumänien und Bulgarien, die „unter fragwürdigen Umständen“ aufgenommen wurden. „Erst wollten die Amerikaner, dass wir die Länder aufnehmen, jetzt wollen sie uns wegen der Korruption dort bei TTIP den Investorenschutz und die Schiedsgerichtsbarkeit aufzwingen“, sagt Pretzell. Pretzell ist von Haus aus Jurist. Als solcher sorgt er sich um die europäische Grenzsicherung und die steigenden Kriminalitätszahlen. „Wir müssen über das SchengenAbkommen reden“, sagt er. Und Petry verweist auf ihre Erfahrungen in der sächsischen Landespolitik: „Die Kosten für Kriminalitätsbekämpfung sind durch Schengen erheblich gestiegen, weil die Aufgaben der Polizei gerade durch Schengen enorm zugenommen haben“, sagt sie mit Blick auf die aus Rumänien oder Bulgarien nach Deutschland schwappende Einbruchskriminalität oder den Drogenhandel an der tschechischen Grenze. Und: „Erst wenn wir anfangen, unsere eigenen Grenzen wieder zu kontrollieren, haben Länder wie Italien wieder einen Grund, mit uns über Flüchtlinge zu reden. Genau genommen ist Schengen gescheitert.“ Pretzell schlägt die Neuordnung des Schengenraumes vor, zu dem Wir müssen über das Schengen-Abkommen reden dann nur noch Länder wie Deutschland, Niederlande, Frankreich, Großbritannien, Dänemark und Österreich gehören könnten.Ginge es nach den beiden, würde auch die militärische Sicherheitspolitik Deutschlands und Europas neu definiert und gestaltet. Es sei Zeit, über die europäische Sicherheitsarchitektur zu reden, die Russ-u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 24 t land aktiv mit einbeziehe. „Die Nato ist ein Verteidigungsbündnis, und darum müssen ihre Einsätze auf das Gebiet der Nato-Staaten beschränkt bleiben“, sagt Pretzell. „Unsere Sicherheit wird nicht in Libyen, Afghanistan, Irak oder Syrien verteidigt.“ Im Übrigen könne er sich durchaus eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur unter Beteiligung Russlands vorstellen. Und was die Krisen im Nahen Osten angeht, auch da würde er das Gespräch mit Russland suchen. „Die deutschen Interessen decken sich hier durchaus mit den russischen ebenso wie beim Freihandel“, sagt er. „Warum schaffen wir denn nicht die Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok?“ Die Neujustierung des Verhältnisses zu Russland sei ein langfristiges strategisches Projekt, so Petry. Deutschland solle sich weder von der Weltmacht USA abhängig machen, noch sich einseitig nach Russland orientieren. Petry plädiert für eine Wende in der Steuerpolitik. Gewinne müssten dort besteuert werden, wo sie entstehen. „Und wenn Amazon, Starbucks oder andere Konzerne ihre Gewinne nicht bei uns versteuern wollen, dann sollen sie eben auf Millionen lukrative Kunden in Deutschland verzichten“, sagt sie, und Pretzell pflichtet ihr bei. Es gibt aber auch Themen, bei denen beide unterschiedliche Auffassungen vertreten. Dazu gehört etwa die Wehrpflicht. Während Petry überhaupt kein Problem mit der Abschaffung hat, sieht Pretzell sie als zentrales Element einer wehrhaften Demokratie. Abweichende Auffassungen vertreten sie auch in der Bildungspolitik. Petry ist eine Verfechterin des dreigliedri- Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok gen Schulsystems, Pretzell hingegen hegt große Sympathie für langes gemeinsames Lernen, wie es an skandinavischen Schulen üblich ist. Übereinstimmend lehnen sie wiederum den Bologna-Prozess, also europaweite Harmonisierung von Studiengängen und –abschlüssen ab und wollen zurück zu den erfolgreichen deutschen Diplomstudiengängen. Auszüge aus einem Artikel von Günther Lachmann, zuerst erschienen in der WELT Was wir gewollt haben Von Konrad Adam Foto: dpa – picture alliance Jetzt, da die Partei in eine lange und schwere Krise geraten ist, hört man den Ruf: „Zurück zu den Ursprüngen! Besinnen wir uns auf das, was wir einmal gewollt haben, inzwischen aber weitgehend aus den Augen verloren haben“. Merkwürdigerweise wird dieser Ruf am lautesten von denen erhoben, die sich mit ihrem Beitritt Zeit ließen und erst dann Mitglieder wurden, als der abenteuerliche Plan, in Wochen oder Monaten eine neue Partei aus dem Boden zu stampfen, aufzugehen schien. Grund genug also, die Frage nach den Ursprüngen an einen von denen zu richten, die von Anfang an dabei waren, zum Beispiel an mich. Die Ursprungs-Idee, die der Partei ihren Schwung und ihren Namen gegeben hat, ist allgemein noch gut erinnerlich. Sie bestand im entschlossenen Widerstand gegen die Absicht, den Euro um jeden Preis zu retten. Mit der endlos wiederholten Formel „Wenn der Euro scheitert, scheitert Europa“ hatte sich Angela Merkel zur Sprecherin einer Politik gemacht, die den Banken riesige Gewinne zuschob, für die wir, die Bürger, zu bezahlen hatten. Das wollten wir nicht länger hinnehmen, und so wurde der Widerspruch gegen die verfehlte Währungsunion zum Kennzeichen der AfD. Er ist es bis heute geblieben. Weiteres ist allerdings hinzugekommen. Die Kritik an der verantwortungslosen Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik, besser gesagt: die Empörung darüber, dass es eine solche Politik nicht gibt und offensichtlich auch nicht geben soll, hat als zentrale Botschaft der Partei das Euro-Thema mittlerweile überholt. Die Bürger haben das Gefühl, vom parteipolitischen Establishment verschaukelt zu werden, wenden sich von der Regierung ab und uns zu. Sie misstrauen den Volksvertretern, die es als ihre Aufgabe betrachten, sich über den Willen des Volkes hinwegzusetzen, und wollen keine Regierung, die sich ein neues Volk wählen will, bevor das Volk auf den Gedanken kommt, sich eine neue Regierung zu wählen. So wird es weiter gehen: immer wieder neue Fragen, auf die wir immer wieder neue Antworten finden müssen. Die nächsten Themen liegen auf der Hand, sie heißen EEG, TTIP und Mindestlohn und müssen selbstverständlich genauso offen, wahrscheinlich auch kontrovers verhandelt werden wie alles andere. Sprech- und Denkverbote, gegen die wir uns sonst überall zur Wehr setzen, darf es innerhalb der AfD nicht geben. Wenn wir hier versagen, uns dogmatisch verengen und glauben, mit unserer Wirtschaftsund Währungskompetenz ein für alle Mal das Richtige getroffen zu haben, werden wir den Vorwurf der Ein-Themen-Partei zu Recht auf uns ziehen. Dann wird die Zeit über uns hinweggehen und die AfD niemals im Bundestag ankommen. Wir wollten es nicht nur anders, sondern auch besser machen als die Altparteien, die dem Volk nur deshalb aufs Maul schauen, um es ihm umso gründlicher zu stopfen. Wir wollen dem Bürger zuhören, ihm eine Stimme geben und ihn in dem Bewusstsein stärken, Souverän nicht nur zu heißen, sondern auch zu sein. Das wird uns aber nur gelingen, wenn wir uns an die Spielregeln der Demokratie halten und auch im Inneren, im Umgang miteinander, jenen Anstand wahren, den wir nach außen hin einklagen, erwarten und verlangen. Nur wenn wir das schaffen, werden wir glaubwürdig sein. Und nur wenn wir glaubwürdig wirken, werden uns die Bürger wählen. n POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 25 Alternative? Neustart! Alternativlosigkeit, dieses Wortungetüm des politischen Berlins, verlangte nach einer Antwort - und sollte sie auch bekommen. So versammelten sich am 14.04.2013 im InterContinental Hotel Berlin etwa 1.500 Bürger, um diese zu geben. Die Alternative für Deutschland war geboren und mit ihr stellte sich die inhaltliche und strukturelle Frage, was eine Alternative eigentlich ausmacht. Ein Grundsatzprogramm sollte richtungsweisend Orientierung geben, ein Grundsatzprogramm, hinter das sich eine breite Basis stellte, nur im weiteren Verlauf nicht der Parteivorsitz. Und so muss man diese Frage heute erneut stellen: Was ist eigentlich eine politische Alternative? Welche politischen und formellen Eigenschaften müssen sie kennzeichnen? Alternative: Wortstamm alter-, lat. für andere(r,s) Anders ist man nur, wenn man sich abgrenzt und Inhalte vertritt wie auch verkörpert, die anders sind als die, welche im etablierten System Konsens sind. Ein Wort, das Leitlinie sein sollte für eine Partei, die es stolz in ihrem Namen trägt. In einer Zeit, in der Parteien sich zunehmend von ihrem Auftrag, ein Meinungsspektrum abzubilden, entfernen, indem sie eigene Ideologien über die Interessen der Bürger stellen und ihre Programme ineinander verschmelzen, ist es Gebot der Stun- Foto: dpa – picture alliance Foto: dpa – picture alliance de, diesen fatalen geschlossenen Kreislauf zu durchbrechen. Durch den mehrfachen gezielten Bruch mit dem Volke, etwa bei einer so entscheidenen Frage wie der Einführung einer Währung, bis hin zur Entwicklung eines eigenen politischen Morsecodes (political correctness) haben sich die Parteien zu einer eigenen Kaste entwickelt. Bei nahezu jeder Wahl erleben wir neue Negativrekorde der Wahlbeteiligung, verkommt doch das Berufsbild des Politikers zu einer dubiosen Einrichtung, die mit den Sympathiewerten von Mafiabossen konkurriert. Die Menschen sind enttäuscht von einer Bande, die ihre eigenen Regeln bricht (Maastricht Vertrag), Verträge hinter verschlossenen Türen verhandelt (TTIP) und geschlossen geostrategische Ziele vertritt, als gälte es, die Welt zu erobern (Ukraine, arabischer „Frühling”). Kungeleien, Vetternwirtschaft und das gezielte Etablieren lebensfremder Weltbilder (Gender Mainstreaming) sorgen für tiefes Misstrauen und Unverständnis. Der Einzelne fühlt sich längst nicht mehr wahrgenommen, die Summe hat das Gefühl, etwas laufe falsch, kaum einer kann es jedoch konkret fassen. Die Alternative ist, das Schweigen zu brechen, Missstände offen aufzuzeigen, andere Meinungen zu entwickeln und zu kommunizieren, sich nicht anzupassen, Mut statt Angst zu haben. Vor uns liegt nicht weniger als die Frage ob unser Land noch eine Zukunft hat oder nicht und wer darüber bestimmt. Es hat einen schalen Beigeschmack, wenn der Vorsitzende einer Partei einen Mitgliederentscheid herbeiführen möchte, in dem auch zukünftig Souveränitätsrechte an die EU und Nato abgetreten werden sollen. Der Status Quo ist, dass etwa 80 % der Gesetzgebung bereits aus Brüssel kommen und in der Rechtswissenschaft nicht mehr von einem Staatenbund gesprochen wird, sondern von einem Staatengebilde sui generis (eigener Art), weil man sich aus verfassungsrechtlichen Gründen weigert, Die Alternative ist es, das Schweigen zu brechen von einem Bundesstaat EU zu sprechen. Faktisch existiert dieser bereits unter den schlimmsten erdenklichen Vorzeichen. Der Verlust der Souveränität geht soweit, dass wir weder die Kontrolle über unsere eigenen Grenzen haben, noch über Finanzhoheit verfügen. Somit fehlen uns bedeutende Grundpfeiler, um unser Land noch als Staat im eigentlichen Sinne zu u SONDERAUSGABE | POLIFAKT Seite 26 Foto: dpa – picture alliance t definieren. Beispielsweise wird die Bekämpfung des demographischen Wandels als Grund für die unkontrollierte Zuwanderung vorgeschoben: Der untaugliche Versuch, Symptome gesund zu beten, anstatt sich der Grundlage des Problems anzunehmen. So fragen sich junge Menschen ob sie es verantworten können Kinder in diese Welt zu setzen. Durch die vorgegebene wirtschaftliche Entwicklung werden sie dazu genötigt, von dem Bild einer Familie Abstand zu nehmen, da die Lohnentwicklung durch Inflation und ein verkorkstes Währungsexperiment desaströse Züge angenommen hat. Ist es denn ein Erfolg, wenn große Gewerkschaften alle sieben Jahre verkünden, man habe für eine Branche einen neuen Tarifabschluss mit einer Lohnerhöhung von 3,6% erzielt, wenn in der gleichen Zeit die Inflation die Löhne wegfrisst? Ein Betrug, der medial und politisch protegiert wird. Als Lösungen werden Kitas offeriert, ja, es sollen Eltern bloß nicht die Chance erhalten, Zeit mit ihrem Nachwuchs zu verbringen, wenn sogar über die Einführung einer Kitapflicht laut nachgedacht wird! Zu sehr könnte es bei der politischen Einordnung der Krabbelgruppe („Bildungsplan“) stören, zu groß erscheint Es mangelt an Wahrheit der kurzfristige wirtschaftliche Schaden durch Wegfall billiger Massenarbeitskraft. Die demographische Entwicklung ist eine Folge dieser permanenten Verunsicherung. Es mangelt nicht nur an alternativen An- sichten, es mangelt an Wahrheit – denn nur diese ist die Alternative zur Lüge. Die Wahrheit ist, dass unser Rentensystem auf einem Generationenvertrag basiert, der darauf fußt, dass Männer und Frauen Kinder bekommen. Die Wahrheit ist, dass dieser Generationenvertrag durch die Spätwehen der 68er Bewegung gebrochen wurde und es keinerlei Grundlage gibt, Kinderlosen eine Rente auszuzahlen, die über dem Sozialhilfeniveau liegt. Suggeriert wurde Freiheit, jeder zahle für sich und nicht für seine Eltern ein. Die Folge: Die klammheimliche Aufkündigung des Generationenvertrages. Freiheit bedeutet auch Verantwortung und besteht dann, wenn kinderlose Paare und Individuen private Altersvorsorge betreiben, anstatt sich an einem Vertrag zu bedienen, an dessen Erfüllung sie nicht teilhaben wollten. Wir stehen vor einem Scherbenhaufen, dem Scherbenhaufen unserer Kultur, unserer Gesellschaft, des Sozial- und Gesundheitssystems. Der wertvolle Rohstoff Bildung erfährt durch immer reduziertere Studiengänge (Master statt Diplom) und die inflationäre Vergabe des Abiturs unter der scheinheiligen Behauptung der Chancengleichheit seine Bankrotterklärung. In den Regierungs- und Konzernetagen ist man sich einig und spielt gemeinsam „das Lied vom Tod“, schottet sich dabei ab, wie mit 20.000 Polizisten in Elmau. Unser Land braucht eine Alternative wie die Luft zum Atmen, soll es überleben- das erfordert Mut zur Wahrheit und Mut zum Handeln. Doch in der AFD regiert derweil die Angst und der Putsch eines Klüngels gegen die Basis. Dies spiegelt sich in der Russlandresolution wider, in dem Wischi Waschi in der Asylpolitik in der es „keine klare Kante geben kann“ (Lucke), bei der es auch offenbar niemand wagt, nach den Gründen der Flüchtlingswelle zu fragen. Angst hat man, als Antiamerikaner bezeichnet zu werden, lieber spielt man munter mit bei einer Kriegstreiberei, wie es sie seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr gab. Angst hat man, als Populist bezeichnet zu werden, schlimmer noch als „Rechtspopulist“, lieber soll der Nachbar mit dem Abo von der Süddeutschen freundlich grüßen. „Rechtspopulist“- Ein Kampfbegriff, der sich allein darin entlarvt, dass es keinen „Linkspopulismus“ im Blätterwald zu geben scheint. Warum haben wir nicht den Mut, uns zum Populismus zu bekennen, hat er doch denselben Wortstamm wie Politik und Politiker. Populus ist das Volk, in der Theorie der Souverän. Wer eine Volkspartei sein möchte, muss populistisch sein - und sollte dies als Auszeichnung verstehen! Mut zur Praxis. Die Alternative zum Regieren von oben ist das Zuhören, eine Eigenschaft, die als verpönt gilt. Bekennen wir uns zur direkten Demokratie ohne Einschränkungen und nicht, wie Lucke es möchte, nur zu besonderen Anlässen. Haben wir den Mut, Unser Land braucht eine Alternative, wie die Luft zum Atmen, das erfordert Mut zur Wahrheit und Mut zum Handeln. die Bürger in den Mittelpunkt der Politik zu stellen. So leisten wir einen Beitrag zum inneren Frieden unserer Republik. Dort, wo Parteitage nach Gusto gesetzt und in ihrer Form verändert werden, ist der Mut nicht zu finden, den man sich einst beim Aufbruch auf die Reise zur Alternative setzte. Wer direkte Demokratie fordert, muss sie konsequenterweise auch leben. Wer einen Bundesparteitagsbeschluss nicht tragen kann, sollte zurücktreten! Wenn das „Lied vom Tod“ nicht zur Grabeshymne unseres Landes werden soll, wenn es durchbrochen werden soll durch die Alternative der Zukunft, so muss sich die AFD in Essen beweisen. Unser Land braucht eine wahre Alternative. Viel Tatkraft und Glück uns allen! n Felix Thiessen POLIFAKT | SONDERAUSGABE Seite 27 Wenn einer gewinnt, verlieren alle Sven Tritschler darüber, wie die Junge Alternative ihren Flügelkampf beendet hat. Die achthundert Mitglieder der Jungen Alternative sind der AfD ein Stückchen voraus. Ein großer Lagerkrieg fand bereits Ende 2014/Anfang 2015 statt. Nachdem man sich lange auf Aufbau, Wahlkampf und Organisation beschränkt hatte, schien es nach nach den Wahlkämpfen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen richtig, ein paar Sachen zu regeln, die man vorher im Interesse des gemeinsamen Erfolges unter der Decke gehalten hatte. Das Programm war – ähnlich wie in der AfD – noch dünn, viele umstrittene Fragen waren noch nicht entschieden. Mitgliederbefragungen zu vielen Kernthemen – Wirtschafts- und Sozialpolitik, Bildung, Europa, Euro, Generationengerechtigkeit, Außenpolitik etc. ergaben jedoch durchweg solide Ergebnisse um die 80%. Man war also in den wesentlichen Punkten nicht weit auseinander. Eine solide Grundlage, könnte man meinen. Könnte man. Aber es kam anders: Während bei der AfD ein Gutteil der parteiinternen Kommunikation bei Facebook stattfindet, ist dies bei der JA, zumindest auf Bundesebene, fast ausschließlich der Fall. Facebook aber ist ein Konfliktkatalysator: Posten Sie einen Beitrag zur Rentenpolitik und er rutscht ganz schnell nach unten, das aktuelle Krawall- und Schmuddelthema hat aber das Zeug, stunden- und tagelang ein Dauerbrenner zu sein. Im Januar war es dann soweit: Beim Bun- deskongress in Bottrop wurde der Kandidat des sogenannten liberalen Lagers gewählt. Auch im Bundesvorstand stellte man eine klare Mehrheit. Diese „klaren Verhältnisse“, wie man sie sich ja nun auch in der AfD wünscht, waren jedoch alles andere als segensreich. Ein mit knapper Not gewählter Vorsitzender, vom ersten Tag an ohne Vertrauen eines signifikanten Teils der Basis, hatte keine guten Chancen. Dass man sie dann auch nicht genutzt hat, ist ein anderes Thema. Die Mehrheiten, die dieses Modell trugen, waren stabil und groß Möglicherweise würde der Krieg bis heute andauern, hätten nicht auch wir unseren persönlichen „Weckruf“ erleben dürfen. Keinen Monat nach dem Bundeskongress trafen sich Teile des JA-Bundesvorstands mit vier von fünf Initiatoren des späteren „Weckrufs 2015“ in einem inzwischen sprichwörtlichen ICE-Bordbistro. Vorgebliches Thema: Offizielle Anerkennung der Jungen Alternative als AfD-Jugendorganisation. Tatsächlich sprach man über eine neue Jugendorganisation, die weniger unbequem und von Konservativen bereinigt sein sollte. Die Parallelen sind augenfällig. Der Plan ging nach hinten los, auch weil er dilettantisch eingefädelt war und all- gemein bekannt wurde, bevor die Bombe platzen konnte. Die beteiligten Vorstandsmitglieder waren desavouiert, die beteiligten Mitglieder der Parteispitze hatten abermals ihre feindselige Haltung offenbart und diesmal sogar noch ihre Skrupellosigkeit. Aber immerhin: Die zerstrittenen Entscheidungsträger in der JA wurden wahrlich „aufgeweckt“. Wenige Wochen später trafen sich die Länderchefs zur Konferenz in Potsdam. Es war nicht leicht, die Gräben zu überwinden und die Geduld von Gastgeber und Mediator Alexander Gauland wurde auf eine harte Probe gestellt. Doch ein erster Schritt war getan. Nachdem zunächst noch eine Stabilisierung und Ergänzung des alten Bundesvorstands angestrebt wurde, zeigte sich in den Folgewochen, dass eine Neuwahl unumgänglich war: Insbesondere die ICE-Fahrer genossen nicht mehr das Vertrauen der Mitglieder und traten zurück. Ende Mai wurde dann ein Bundeskongress im hessischen Karben anberaumt, bei dem Markus Frohnmaier – der Chef des konservativen Lagers und meine Wenigkeit (das Gegenstück auf der liberalen Seite) zu gleichberechtigten Vorsitzenden des Bundesverbands gewählt wurden. Der Lagerkrieg ist damit erstmal beendet und wir können wieder aufbauen und die Scherben aufkehren, die das letzte halbe Jahr uns beschert hat. Die Mehrheiten, die dieses Modell trugen, waren stabil und groß. Vernunft war eingekehrt. Es gab nur wenige, die es zu verhindern suchten. Es waren bezeichnenderweise die größten Streithähne und Scharfmacher auf beiden Seiten. Die jeweiligen Ränder bildeten sogar Allianzen – vergebens. Wenn die AfD eine Zukunft haben soll, dann müssen Ihre Führungskräfte sich aus der Geiselhaft der Sektierer und Scharfmacher auf beiden Seiten befreien. Sie müssen den Mut haben, aufeinander zuzugehen und sie müssen auch den Mut haben, die Egomanen, die nicht mitgehen wollen, links oder rechts liegen zu lassen. n Nutzen Sie das AfD-Reisebüro HOTELBUCHUNG SONDERBUSSE / BUSLINIEN MITFAHRGELEGENHEITEN Telefon 0179 - 35 38 281 Auch unsere Service-Nummer während des Parteitages und WhatsApp-Gruppe www.ja-zur-alternative.de 04./05. JULI 2015 Grugahalle – Messe Essen Foto: dpa – picture alliance