Sonderausgabe der Handelsrundschau
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Sonderausgabe der Handelsrundschau
EXTRA Informationen für den Lebensmittelhandel November 2014 100 Jahre EDEKABANK Eine Zeitreise gewachsen gesund gerüstet Die Segel historisch richtig gesetzt Gut aufgestellt die Krisen umschifft Mit innovativen Technologien in die Zukunft Extra 100 Jahre EDEKABANK 7 Die eigene Bank In diesem Jahr feiert die EDEKABANK, die Bank der EDEKA-Kaufleute, ihr 100-jähriges Jubiläum. Anlass für die handelsrundschau, in dieser Extra-Ausgabe auf wichtige historische Ereignisse zurückzublicken. Teil I: Von der Gründung zur Weltwirtschaftskrise. D ie Einführung der beschränkten Haftung durch das Genossenschaftsgesetz von 1889 löste einen Gründungsboom aus. Das Genossenschaftsmodell ist auch für die Kolonialwarenhändler interessant. Um sich gegen Warenhäuser, Konsumgenossenschaften und Filialgeschäfte zu behaupten, setzen selbstständige Kaufleute auf Kooperation und organisieren den gemeinschaftlichen Einkauf durch die Gründung von Einkaufsgenossenschaften. Im zweiten Versuch gelingt es 1907 mit dem »Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften«, dem Vorläufer des EDEKA Verbands, eine Dachorganisation aufzubauen. Wenig später folgt die Gründung der »Zentral-Einkaufsgenossenschaft des Verbandes deutscher kaufmännischer Genossenschaften eGmbH«, aus ihr geht die EDEKA-Zentrale hervor. Von Beginn an stehen auch Finanzfragen im Mittelpunkt der Diskussion. Die Aufgaben reichen von der Organisation des Geldverkehrs bis zur Kreditbeschaffung. Früh sprechen sich die EDEKA-Gründer für die Einrichtung einer eigenen Bank aus. Sie sehen das Finanzgeschäft als wichtige Ergänzung zur EDEKA-Idee. Die Verbandsmitglieder lehnen zunächst ab. Erst als mit Beginn des Ersten Weltkrieges eine Kreditklemme befürchtet wird, kommt es am 9. November 1914 zur Gründung der »Genossenschaftsbank Edeka eGmbH«. Geldengpässe bleiben jedoch aus, sodass die EDEKABANK bis 1918 außer den elf Gründern nur sieben weitere Mitglieder gewinnt. Nach dem Ersten Weltkrieg werden die Bankgeschäfte unter Fritz Godau ausgebaut. Die EDEKABANK übernimmt jetzt die Aufgaben einer a aDie Vertreter der 13 Verbandsvereine unterschrieben gemeinsam mit den Vorständen der EDEKA-Zentrale und dem Verband Deutscher Kaufmännischer Genossenschaften am 9. November 1914 in Berlin die Gründungsurkunde der EDEKABANK eGmbH. bDr. Paul König b begann 1910 seine Karriere bei EDEKA. Der spätere Verbandsdirektor begleitete und führte die EDEKABANK bis in die 1960er-Jahre. fotos: Corbis, EDEKA cDer Börsencrash im Oktober 1929 löste weltweit, wie hier in London, eine Wirtschaftskrise aus. 2handelsrundschau Spar- und Darlehenskasse, gibt Sparbücher aus. So sollen die Kaufleute und die Einkaufsgenossenschaften Spareinlagen einbringen, die dann für den Aufund Ausbau der Genossenschaftsorganisation eingesetzt werden. Ziel ist es, alle Kredit- und Geldgeschäfte der Einkaufsgenossenschaften zu erbringen. Ab 1920 werden umfassende Dienstleistungen mit Scheck- und Überweisungsverkehr sowie An- und Verkaufsvermitt Eine Institution Den EDEKA-Kaufleuten einen möglichst günstigen Zugang zu Kapital zu verschaffen – unter diesem Credo wurde die EDEKABANK im Jahr 1914 gegründet. In den folgenden hundert Jahren begleitete sie die Edekaner in schwierigen und aufregenden Zeiten, von den Krisenund Kriegsjahren über den Wiederaufbau bis zur deutschen Wiedervereinigung. In unserer historischen Reihe wirft der Wissenschaftler Dr. Holger Martens einen Blick auf einige entscheidende Ereignisse. lung von Wertpapieren angeboten. Zum Ausbauprogramm gehört auch die Einrichtung von Zweigniederlassungen. Die erste gibt es 1921 in Hamburg, es folgen bis 1931 weitere 17 Zweigstellen. Das Konzept geht auf. 1922 gehören von den 454 Verbandsmitgliedern bereits 274 der EDEKABANK an. Drei Jahre später haben fast alle eine Beteiligung an der Genossenschaftsbank. Die Inflation von 1923 bringt einen schweren Rückschlag. Die Zahl der Mitglieder im EDEKA Verband geht um über 25 Prozent zurück. Die Krediteinschränkungen der Reichsbank führen hingegen zu einer Ausdehnung des Zweigstellennetzes, um Spareinlagen heranzuziehen. Allerdings werden einige Niederlassungen in den folgenden Jahren wieder geschlossen. Als 1924 in Berlin-Wilmersdorf, Badenstraße 43/44, das EDEKA-Haus eingerichtet wird, nimmt auch die Bank hier ihren Sitz. Die Geschäfte sind ganz auf die Bedürfnisse der EDEKA-Organisation abgestellt. Das wird daran deutlich, dass es eine enge Personalverbindung zwischen EDEKA Verband, EDEKA-Zentrale und EDEKABANK gibt. Ausdruck dieser Verbundenheit ist die Gründung der »Spar- und Arbeitsgemeinschaft der Jungkaufleute des deutschen Kolonialwaren- und Feinkost-Einzelhandels«, kurz »Spara«. Die EDEKABANK legt Sparprogramme auf, die es den jungen Kaufleuten ermöglichen, sich später selbstständig zu machen. Die Weltwirtschaftskrise, die 1929 mit dem Börsenkrach beginnt, stellt alle bisherigen Probleme in den Schatten. Das eigene Geldinstitut verschafft den EDEKAGenossenschaften zwar finanziellen Spielraum, am Ende benötigen aber zehn Prozent der EDEKA-Genossenschaften Finanzhilfen, um zu überleben. Das übersteigt die Möglichkeiten der Bank, sodass sie um staatliche Unterstützung für die Not leidenden EDEKA-Genossenschaften nachsucht. Erschwert wird die Situation dadurch, dass die EDEKABANK der durch die Wirtschaftskrise in Bedrängnis geratenen Deutschen Mittelstandsbank AG nicht hinreichend gesicherte Kredite gewährte. Die Schließung der Bank am 1. Oktober 1931 verursacht erhebliche Verluste. p c Handelsrundschau 3 7 Extra 100 Jahre EDEKABANK Weltwirtschaftskrise Die Weltwirtschaftskrise macht den EDEKA-Organisationen 1931 / 32 schwer zu schaffen. Und noch mehr die anschließende NS-Zeit sowie der Zweite Weltkrieg. Teil II: Die 30er- und 40er-Jahre. 4handelsrundschau damit den NS-Richtlinien entsprechen. Borrmann selbst wird in dieser Zeit zwar als »Parteigenosse« bezeichnet, Mitglied der NSDAP war er jedoch nicht. In den personell eng verzahnten EDEKAZentralorganisationen nehmen in fünf Unternehmen – EDEKA-Zentrale, EDEKABANK, EDEKA-Verlagsgesellschaft, Transport- und Handelsgesellschaft und EDEKA Haus Gesellschaft – sowie dem EDEKA Verband insgesamt sechs Personen 21 Vorstandsposten wahr. Keiner von ihnen gehört vor 1933 der NSDAP an. Drei folgen Borrmanns Rat und treten der NSDAP bei. Mit diesen Maßnahmen geht Borrmanns Plan tatsächlich auf und die Vorstände können in der bewährten Besetzung unverändert weiterarbeiten. Zweimal kann der Eintritt der NS- Größe Dr. Franz Hayler, Leiter der Reichsgruppe Handel und später Stellvertreter des Reichswirtschaftsministers, in die EDEKA-Gremien und damit die Übernahme verhindert werden. Borrmann wird dabei zur Zielscheibe der Angriffe und muss sich zurückziehen. Um die Nachfolge an der Spitze des EDEKA Verbands antreten zu können, wird von Paul König der Eintritt in die NSDAP verlangt. Außerdem wird ihm ein überzeugter Nationalsozialist an die Seite gestellt, der bisher nicht in den EDEKA-Organisationen tätig gewesen ist. In die Vorstände der EDEKA-Zentrale und der EDEKABANK, wo Borrmann eben- falls ausscheidet, kommen hingegen keine neuen Leute hinzu. Es gelingt der EDEKA, ihre wirtschaftlichen Interessen und ihre genossenschaftliche Ausrichtung zu wahren. Kein NS-Funktionär gelangt in die Vorstände von Zentrale und Bank, kein Vorstand wird zum überzeugten Nationalsozialisten. EDEKA profitiert vom wirtschaftlichen Aufschwung, und die Bank leistet einen wesentlichen Beitrag, um die in der Wirtschaftskrise in Not geratenen EDEKA-Genossenschaften bis 1938 zu unterstützen. 1939 erwirbt die EDEKAZentrale drei jüdische Weinkellereien in Bingen und Landau (Pfalz) und wird bei diesen Investitionen finanziell von der EDEKABANK begleitet. Mit dem Angriff auf Polen 1939 beginnt Hitler den Zweiten Weltkrieg, der Europa und die ganze Welt ins Chaos stürzt. In den von Deutschland annektierten Gebieten werden Genossenschaften aufgenommen und neue gegründet. 1942 hat die EDEKABANK 510 Mitglieder. Am 22. November 1943 versinkt das EDEKA-Haus in Berlin-Wilmersdorf, der ganze Stolz der EDEKA-Bewegung, durch Brandbomben in Schutt und Asche. Am 25. April 1945 öffnet die EDEKABANK in Berlin zum letzten Mal ihre Schalter. Wenige Tage später kommt Bankdirektor Fritz Godau bei den Straßenkämpfen ums Leben. p aStille Zeitzeugen: ein Sparbuch und ein grüner Kalender aus den 30er-Jahren sowie ein »Spara«Einlagenbuch und ein Kontogegenbuch aus den 40er-Jahren. bDer frühere Eingang der EDEKABANK. 1945 versinkt Berlin in Schutt und Asche. Am 25. April öffnet die EDEKABANK zum letzten Mal ihre Schalter. fotos: Corbis, EDEKA D ie aus der Weltwirtschaftskrise resultierenden Probleme sind so groß, dass der von der Idee der Selbsthilfe überzeugte Genossenschaftler und wirtschaftsliberale Reichstagsabgeordnete Fritz Borrmann um staatliche Hilfe nachsuchen muss. Als Vorsitzender des EDEKA Verbands schreibt Borrmann noch am 30. Januar 1933 einen Bittbrief an den soeben zum Reichskanzler ernannten Adolf Hitler. Borrmann glaubt vermutlich wie viele andere, dass Hitler sich nicht lange halten wird. Doch als dieser im März 1933 die Gleichschaltungsgesetze durchsetzt, wird es ernst. Die latente Anti-Genossenschaftseinstellung der Nationalsozialisten lässt nichts Gutes erwarten. Borrmann legt den Führungskräften nahe, den neuen politischen Verhältnissen mit einem Kurs zu begegnen, der den Nationalsozialisten möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Während sich die EDEKA-Leitung den neuen Machthabern nach außen hin anpasst, versucht Borrmann, den Einfluss der Nationalsozialisten nach innen zu verhindern. Um den Gleichschaltungsanforderungen Genüge zu tun, wird ein neues, dreiköpfiges Präsidium geschaffen. Ihm gehören neben Fritz Borrmann die beiden einzigen Nationalsozialisten unter 52 EDEKA-Obleuten an, die der Partei schon vor 1933 beigetreten sind und Handelsrundschau 5 Extra 100 Jahre EDEKABANK 7 Währungsreform 1948: Die alten Reichsmarkscheine werden, wie hier in Frankfurt, gegen D-Mark eingetauscht. a Wiederaufbau Nach dem Ende des Krieges werden am 4. Juni 1945 in Berlin mit Ausnahme der Berliner Stadtbank alle Kreditinstitute stillgelegt. Auch die EDEKABANK muss ihre Arbeit einstellen. Teil III: Wiederaufbau bis 60er-Jahre. b A aUnterlagen für Firmenwagen der EDEKABANK von 1956. bUnterschriftenblatt der EDEKABANK von 1946, die Niederlassungen in den Westzonen sowie eine Einladung zum Verbandstag 1950. cEDEKA-Rabattmarken und Rabattmarkenkarten aus dem Jahr 1964. fotos: Corbis, EDEKA c 6handelsrundschau uch die EDEKABANK muss ihre Arbeit einstellen. Auf Anordnung der sowjetischen Militäradministration werden die Filialen in der Ostzone geschlossen. Die Zweigstellen der EDEKABANK in den drei Westzonen können ihre Arbeit fortsetzen. Die Zonengrenzen erlauben zunächst keine Zusammenarbeit, sodass die Filialen weitgehend auf sich allein gestellt sind. Hier beginnt der Wiederaufbau. Als neue Zentren bilden sich die Niederlassungen in München unter Anton Seidenspinner und in Hamburg unter Hermann Naujoks heraus. Beide waren 1933 dem Aufruf Borrmanns gefolgt und in die NSDAPeingetreten. Sie werden in ihren Entnazifizierungsverfahren entlastet und 1947 in den Vorstand der EDEKA BANK berufen. Von den einst über 500 EDEKA-Genossenschaften bleiben noch 205 im Westen. Allmählich lichtet sich das Chaos der Nachkriegszeit, und die EDEKA-Organisationen können an ihren Erfolgskurs anknüpfen. 1947 erscheint zum ersten Mal wieder das »EDEKA-Mitteilungsblatt«, später »EDEKA-Rundschau«. Die frühere Bezeichnung »Deutsche Handelsrundschau« kann aus rechtlichen Gründen vorerst nicht verwendet werden. Ab August 1949 erscheint die Kundenzeitschrift »Die kluge Hausfrau« wieder. Am 1. Dezember 1948 nimmt auch die Sparund Arbeitsgemeinschaft der Jungkauf- leute e.V. (Spara) ihre Arbeit wieder auf. Die Währungsreform 1948 und das Wirtschaftswunder in der jungen Bundesrepublik bilden das Fundament, auf dem die EDEKA-Organisationen mit ihrem Erfolgsmodell expandieren. Auch in der Führungsebene stellt sich Kontinuität ein. Über drei Jahre kämpft Paul König im Entnazifizierungsverfahren um seine Rehabilitierung, bis er 1948 als »Mitläufer« entlastet wird. Im darauffolgenden Jahr kehrt er zurück an die Spitze der EDEKA-Organisationen und setzt sein Lebenswerk fort. Sichtbares Zeichen der neuen Zeit ist die Verlegung der EDEKA-Organisationen nach Hamburg. 1952 wird das in repräsentativer Lage neu erbaute EDEKA-Haus An der Alster 52 bezogen. Auch die EDEKABANK nimmt hier ihren Hauptsitz. Endlich kann unter Berücksichtigung von Altsparer-Entschädigungen und Lastenausgleichsregelungen die langwierige Umstellung und Neubewertung des Bankvermögens abgeschlossen werden. Am 1. Januar 1953, viereinhalb Jahre nach der Währungsreform, liegt die D-Mark-Eröffnungsbilanz vor. Erschwert wird das Verfahren durch Ausgleichsberechnungen. Sie sind erforderlich, weil es sich um ein in die westlichen Besatzungszonen verlagertes Geldinstitut handelt. Schließlich sind auch die Verhältnisse in Berlin geregelt, sodass im Frühjahr 1954 die Neuzulassung der EDEKABANK in Berlin erfolgt. 1954 erhält sie die Zulassung zur Außenhandelsbank – ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Universalbank. Die Bank nimmt direkte Verbindung mit zehn Ländern auf und finanziert fast vollständig den Außenhandel der EDEKA Import. Die Jahre des Mangels sind überwunden. Neue Herausforderungen zeichnen sich ab. Die selbstständigen Kaufleute sehen sich einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt. Der EDEKA Ausstattungsdienst wird 1953 wieder ins Leben gerufen, um die Modernisierung der Einzelhandelsgeschäfte voranzutreiben. Die EDEKABANK beteiligt sich und stellt die finanziellen Mittel bereit. Damit Kaufleute bei der Standortsicherung besser unterstützt werden können, erfolgt 1956 die Gründung der EDEKA Kreditgarantiegemeinschaft. Die Aufgaben der EDEKABANK sind unverändert: Finanzierung des genossenschaftlichen Warengeschäfts, Beschaffung von Investitionskrediten und Förderung der Jungkaufleute. Vor allem im Wiederaufbau leistet die Bank unschätzbare Dienste, indem sie zahlreiche Geschäftsinhaber unterstützt, Existenzgründungen begleitet sowie geflüchteten und vertriebenen EDEKA-Kaufleuten Perspektiven bietet. Nach 56 Jahren Tätigkeit für die EDEKA tritt Paul König 1966 in den Ruhestand. Damit endet eine Ära. Fast 30 Jahre hat er die EDEKA-Organisationen gelenkt und nach dem Krieg zu neuer Größe geführt. p Handelsrundschau 7 Extra 100 Jahre EDEKABANK fotos: corbis, EDEKA 7 Neue Herausforderungen Von der Modernisierung zur Deutschen Einheit: Ende der 60er-Jahre kündigen sich für die EDEKA-Organisationen tief greifende Veränderungen an. Teil IV: Westdeutschland bis Anfang 90er-Jahre. P aul König, der über Jahrzehnte die Geschicke der EDEKA gelenkt hatte, tritt 1966 in den Ruhestand. Vorstandsmitglieder der EDEKA-Zentrale und der EDEKABANKVorstand Anton Seidenspinner, die den Wiederaufbau gelenkt hatten, scheiden ebenfalls aus. Als Nachfolger von König tritt 1967 Erich H. Diederichs an die Spitze von Zentrale und Verband. Mit Heinz Gerkens und Horst O. Hermsdorf bekommt die EDEKABANK 1967 / 68 einen neuen Vorstand. Die Konkurrenz im LebensmittelEinzelhandel erfordert Modernisierungen, die mit der Verjüngung der Vorstände an Schubkraft gewinnen. Um im Wettbewerb zu bestehen, kommen auch genossenschaftliche Glaubenssätze auf den Prüfstand. Ausdruck dieser Entwicklung ist der Fusionsprozess bei den EDEKA-Großhandelsbetrieben. Damit sie den zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist, beginnt EDEKA 1970 mit einer Umstrukturierung, die zwei Jahre später in die Umwandlung der EDEKA-Zentrale eGmbH und der EDEKABANK eGmbH in Aktiengesellschaften mündet. An der Genossenschaftsidee wird auch nach dem Wechsel der Rechtsform festgehalten. So werden die genossenschaftlichen Grundüberzeugungen weitergelebt und fortentwickelt. Ausdrücklich wird der genossenschaftliche Förderauftrag in der Satzung der EDEKA ZENTRALE AG verankert. 8handelsrundschau Hier wie auch bei der EDEKABANK AG werden die Aktien nicht frei gehandelt, sondern als vinkulierte Namensaktien ausgegeben. Diese besondere Form der Namensaktie macht eine Eigentumsübertragung von der satzungsgemäßen Zustimmung der jeweiligen Aktiengesellschaft abhängig. Zum Modernisierungsprozess gehören auch Strukturveränderungen, die die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der EDEKA-Verbund eine Spitzenposition im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel einnimmt. Die EDEKABANK kommt dabei ihren Aufgaben nach. Sie stellt die Finanzierung des Warengeschäfts sicher und beschafft die notwendigen Investitionskredite. Auch die Nachwuchsförderung – einst aus der Genossenschaftsidee heraus entstanden – wird innerhalb des EDEKA-Verbunds fortgeführt und weiterentwickelt. 1970 erfolgt die Umbenennung der »Spara«-Organisation in EDEKA Juniorengruppe e.V. Mitte der 80er-Jahre wird die traditionell enge personelle Verflechtung zwischen den EDEKA-Organisationen aufgegeben. Ausschlaggebend dafür sind veränderte Bestimmungen des Kreditwesengesetzes. Aufgrund der Personalunion sieht das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in dem EDEKA-Verbund einen Gleichordnungskonzern mit weitreichenden Folgen für die EDEKABANK. Die daraufhin eingeleitete personelle Trennung des Vorstandes war notwendig, da ansonsten nicht aus- zuschließen gewesen wäre, dass auch die EDEKA-Zentrale den Status eines Kreditinstitutes erhalten hätte. Durch die Trennung gewinnt die EDEKABANK an Eigenständigkeit, was allerdings dazu führt, dass sich die Bank bei den anstehenden Entscheidungen über die wirtschaftliche Ausrichtung nicht mehr allein von den Interessen der EDEKA-Organisationen und der EDEKA-Kaufleute hat leiten lassen. Bezeichnend für diese Entwicklung ist der Versuch, neue Geschäftsfelder außerhalb des EDEKA-Verbunds zu erschließen. Aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit wurden sämtliche Filialen der EDEKABANK 1987 / 88 an die jeweils ansässigen Volks- und Raiffeisenbanken verkauft, was zu einem spürbaren Rückgang der Einlagen und damit der Refinanzierung der Bank führt. Auch mit dem Ausbau des Drittkundengeschäfts entfernt sich die Bank von ihren bisherigen Kernaufgaben. Wie wichtig die EDEKABANK für die Gesamtorganisation ist, zeigt sich nach der Öffnung der innerdeutschen Grenzen am 9. November 1989. Zwischen 1991 und 1999 unterstützen Kredite von knapp 278 Millionen DM die Investitionen des EDEKA-Verbunds. Existenzgründer werden von der Bank begleitet. 1995 gehören bereits 1.166 Einzelhandelsgeschäfte in den neuen Bundesländern zu EDEKA. Vier Jahre später verfügt der EDEKA-Einzelhandel hier über 167.857 Quadratmeter moderner Verkaufsfläche. p aDer Umgang mit ausländischen Währungen gehört nach dem Krieg selbstverständlich zum Geschäft der EDEKABANK. bAnfang der 70er-Jahre zieht die Bank in die Hamburger City Nord. a b Der symbolische Fall der Mauer: Im November 1989 nahte das Ende der deutschen Teilung. Handelsrundschau 9 Extra 100 Jahre EDEKABANK 7 Neuausrichtung a Zukunftsfähig durch Neuausrichtung: Internationale Vereinbarungen, europäische Verträge und nationale Gesetze stellen seit den 90er-Jahren immer neue Anforderungen an die deutschen Kreditinstitute. Teil V: EDEKA und EDEKABANK starten durch. V b aBlick hinter die Kulissen: Die EDEKABANK präsentiert sich in ihrer Geschichte stets konsequent kundenorientiert. bKundennähe und Beratung stehen ganz im Vordergrund. cAuf ihren Karten lässt die EDEKABANK keinen Zweifel an ihrer Verbundenheit mit den EDEKA-Organisationen. fotos: Schmid, EDEKA c 10handelsrundschau Heute sorgt die EDEKABANK mehr denn je dafür, dass ihre Kunden in Geldfragen den Durchblick behalten. or allem die kleineren Banken können nicht mehr mithalten. Von 3.037 Kreditgenossenschaften im Jahr 1990 sinkt die Zahl der Kreditinstitute auf 1.138 im Jahr 2010. Heute existieren noch 1.078 Kreditgenossenschaften, das entspricht einem Rückgang um 35,5 Prozent. Auch für die EDEKABANK geht es um den Fortbestand. Die Geschäftspolitik der vergangenen Jahre wird einer kritischen Betrachtung unterzogen. Um die Zukunftsfähigkeit sicherzustellen, konzentriert sich die Bank wieder auf ihren Grundauftrag: das kostengünstige Zur-Verfügung-Stellen von Bankprodukten für den EDEKA-Kaufmann. Das Geschäftsprofil wird ganz auf die EDEKA-Gruppe abgestellt und das Drittkundengeschäft aufgegeben. Unter neuer Leitung geht es wieder aufwärts. Der Schwerpunkt liegt zunächst auf der organisatorischen Neuausrichtung und der Umstrukturierung des Kreditgeschäfts, begleitet von einer größeren Kundennähe im Vertrieb. Diese wird durch die Einrichtung von Regionalbereichen und der Einstellung von zusätzlichen Kundenberatern geschaffen. Die EDEKABANK profiliert sich wieder verstärkt als Finanzierungsbank für den selbstständigen EDEKA-Einzelhändler und als kreditwirtschaftlicher Begleiter für Existenzgründungen innerhalb der EDEKA. Dass die EDEKABANK sich gerade in Krisenzeiten für den EDEKA-Einzelhandel besonders bewährt, war bereits weitgehend in Vergessenheit geraten, als die Finanzkrise 2008 schlagartig die besonderen Vorzüge eines eigenen Kreditinstituts verdeutlicht. Die Bonitätsanforderungen für den selbstständigen EDEKA-Einzelhandel bleiben unverändert. Die EDEKABANK vergibt ohne Einschränkungen Kredite an ihren spezifischen Kundenkreis. Insbesondere gibt es für die EDEKA-Kaufleute keine Kreditklemme – anders als für weite Teile des Mittelstands. Einmal mehr stellt die EDEKABANK in ihrer 100-jährigen Geschichte unter Beweis, dass sie dem Einzelhändler Unabhängigkeit, Sicherheit und Kostenvorteile garantiert. Auf einer zwischenzeitig aufgebauten starken wirtschaftlichen Basis wird der Vertrieb ab 2009 neu ausgerichtet. Ziel der EDEKABANK ist es, »für alle Edekaner und deren Freunde die bessere Bank zu sein«. Die Botschaft »Wir sind EDEKA und Bank« steht für die enge Verbindung zwischen dem Lebensmittel-Einzelhandel und den Bankdienstleistungen. Neu aufgebaut wird das Privatkundengeschäft mit der Ausrichtung als beratende Direktbank. Im Geschäftskundenbereich wird der Prozess der Kreditvergabe optimiert. Zu den Kernaufgaben gehört weiterhin die Nachwuchsförderung. Die Beteiligung an dem Unternehmer-Kompetenzprogramm (UKP) ist selbstverständlich. Jungen ambitionierten Kaufleuten faire Finanzierungswege für die Existenzgründung in einer starken, genossenschaftlich geprägten Gemeinschaft zu bieten, ist für die EDEKABANK mehr als ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Es geht darum, die Idee der EDEKA-Gründer von Generation zu Generation weiterzutragen und den EDEKA-Kaufleuten zu ermöglichen, das Familienunternehmen fortzuführen, ein bestehendes EDEKA-Geschäft zu übernehmen oder einen neuen Lebensmittelmarkt zu eröffnen. Auch nach 100 Jahren wird an genossenschaftlichen Prinzipien festgehalten – eine Werteorientierung, die für eine lang- fristige Unternehmensstrategie und für ein nachhaltiges Wirtschaftskonzept steht. Der Aufstieg der EDEKA-Gruppe aus kleinsten Anfängen zum Marktführer im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel ist das Ergebnis genossenschaftlichen Denkens und Handelns aller Beteiligten. Dass dazu ein eigenes Kreditinstitut ein wichtiges strategisches Instrument ist, erkannten schon die Gründungsväter und hat die EDEKABANK in der Vergangenheit mehrfach unter Beweis gestellt. Dies gilt künftig auch für die sich je nach Branchen verändernden Kundenbedürfnisse und die technischen Revolutionen in der Informationstechnologie für Bankdienstleistungen, welche sich bereits heute abzeichnen. Mit einer im Geschäftsjahr 2013 um mehr als zehn Prozent gewachsenen Bilanzsumme von 1,7 Milliarden Euro gehört die EDEKABANK im genossenschaftlichen Bankenverbund zu den 100 größten Kreditinstituten in Deutschland. Am 9. November 2014 begeht die EDEKABANK ihren 100. Geburtstag. Herz lichen Glückwunsch! p Der Autor Dr. Holger Martens Der Verfasser der Reihe zur Geschichte der EDEKABANK ist der Historiker Dr. Holger Martens. Er ist Vorstand der Historiker-Genossenschaft eG sowie Lehrbeauftragter am Historischen Seminar der Universität Hamburg. Handelsrundschau 11 Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel richten. Sehr geehrte Damen und Herren, 100 Jahre EDEKABANK sind der beeindruckende Beweis dafür, dass die Segel in der Vergangenheit richtig gesetzt wurden. Aber auch künftig gilt es, den herausfordernden Winden, die dem Bankensektor aus den verschiedensten Richtungen entgegenwehen, mit gesunder Stärke und historisch gewachsenem Selbstvertrauen gegenüberzutreten. Da wäre zum einen die aktuelle Niedrigzinsphase, welche die Erlöse und Kosten der Banken voraussichtlich noch einige Jahre unter Druck setzen wird. Der Gestaltungsraum für ertragsfähige Margen wird damit so eng wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Gleichzeitig wird von Brüssel aus das regulatorische Klima für Banken deutlich verschärft, umfassende neue Anforderungen durch den deutschen Gesetzgeber sowie durch die Europäische Bankenaufsicht stehen bevor. Es sei hier nur an die bevorstehende Einführung der Bankenunion erinnert. Auch im Zahlungsverkehr weht der Wind der Veränderung und lässt uns über einen Aufbruch zu neuen Ufern nachdenken. Bei der Abwicklung von Bankgeschäften stehen wir erst am Anfang gigantischer Möglichkeiten, die uns durch neue Technologien geboten werden. Wir als EDEKABANK werden die technischen Innovationen nicht nur begleiten, sondern auch vorantreiben. Die EDEKABANK ist für künftige Herausforderungen bestens gerüstet! Wir haben die Segel gerichtet, das Boot getrimmt und sind ideal auf Kurs. Wir investieren nach wie vor in neue Mitarbeiter, in neue Geschäftsfelder, in neue Prozesse und in neue Strukturen. Und damit in ein gesundes Fundament für die Bewältigung aller bevorstehenden Aufgaben. Auch in Zukunft wird unser Handeln dadurch geprägt sein, die bessere Bank für alle EDEKANER zu sein, denn wir sind EDEKA und Bank. Jürgen ManegoldMaik Wandtke Sprecher des Vorstands Mitglied des Vorstands