Sonderausgabe der Handelsrundschau

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Sonderausgabe der Handelsrundschau
EXTRA Informationen für den Lebensmittelhandel
November 2014
100 Jahre
EDEKABANK
Eine Zeitreise
gewachsen
gesund
gerüstet
Die Segel historisch
richtig gesetzt
Gut aufgestellt
die Krisen umschifft
Mit innovativen
Technologien in die Zukunft
Extra
100 Jahre EDEKABANK
7
Die eigene Bank
In diesem Jahr feiert die EDEKABANK, die Bank der EDEKA-Kaufleute, ihr 100-jähriges
Jubiläum. Anlass für die handelsrundschau, in dieser Extra-Ausgabe auf wichtige
historische Ereignisse zurückzublicken. Teil I: Von der Gründung zur Weltwirtschaftskrise.
D
ie Einführung der beschränkten Haftung durch das Genossenschaftsgesetz von 1889 löste
einen Gründungsboom aus. Das Genossenschaftsmodell ist auch für die Kolonialwarenhändler interessant. Um sich
gegen Warenhäuser, Konsumgenossenschaften und Filialgeschäfte zu behaupten, setzen selbstständige Kaufleute auf
Kooperation und organisieren den gemeinschaftlichen Einkauf durch die
Gründung von Einkaufsgenossenschaften. Im zweiten Versuch gelingt es 1907
mit dem »Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften«, dem Vorläufer
des EDEKA Verbands, eine Dachorganisation aufzubauen. Wenig später folgt die
Gründung der »Zentral-Einkaufsgenossenschaft des Verbandes deutscher kaufmännischer Genossenschaften eGmbH«,
aus ihr geht die EDEKA-Zentrale hervor.
Von Beginn an stehen auch Finanzfragen im Mittelpunkt der Diskussion.
Die Aufgaben reichen von der Organisation des Geldverkehrs bis zur Kreditbeschaffung. Früh sprechen sich die
­EDEKA-Gründer für die Einrichtung einer eigenen Bank aus. Sie sehen das Finanzgeschäft als wichtige Ergänzung
zur EDEKA-Idee. Die Verbandsmitglieder
lehnen zunächst ab. Erst als mit Beginn
des Ersten Weltkrieges eine Kreditklemme befürchtet wird, kommt es am 9. November 1914 zur Gründung der »Genossenschaftsbank Edeka eGmbH«.
Geldengpässe bleiben jedoch aus, sodass die EDEKABANK bis 1918 außer den
elf Gründern nur sieben weitere Mitglieder gewinnt. Nach dem Ersten Weltkrieg werden die Bankgeschäfte unter
Fritz Godau ausgebaut. Die EDEKABANK
übernimmt jetzt die Aufgaben einer
a
aDie Vertreter der
13 Verbandsvereine
unterschrieben
gemeinsam mit
den Vorständen der
EDEKA-Zentrale und
dem Verband Deutscher Kaufmännischer
Genossenschaften
am 9. November 1914
in Berlin die Gründungsurkunde der
EDEKABANK eGmbH.
bDr. Paul König
b
begann 1910 seine
­Karriere bei EDEKA.
Der spätere Verbandsdirektor be­gleitete
und führte die
EDEKA­BANK bis in
die 1960er-­Jahre.
fotos: Corbis, EDEKA
cDer Börsencrash
im Oktober 1929 löste
weltweit, wie hier in
London, eine Wirtschaftskrise aus.
2handelsrundschau
Spar- und Darlehenskasse, gibt Sparbücher aus. So sollen die Kaufleute und
die Einkaufsgenossenschaften Spareinlagen einbringen, die dann für den Aufund Ausbau der Genossenschaftsorganisation eingesetzt werden. Ziel ist es, alle
Kredit- und Geldgeschäfte der Einkaufsgenossenschaften zu erbringen.
Ab 1920 werden umfassende Dienstleistungen mit Scheck- und Überweisungsverkehr sowie An- und Verkaufs­vermitt­
Eine Institution
Den EDEKA-Kaufleuten einen
möglichst günstigen Zugang zu
Kapital zu verschaffen – unter
diesem Credo wurde die EDEKABANK im Jahr 1914 gegründet.
In den folgenden hundert Jahren begleitete sie die Edekaner
in schwierigen und aufregenden Zeiten, von den Krisenund Kriegsjahren über den
Wiederaufbau bis zur deutschen
Wiederver­einigung. In unserer
historischen Reihe wirft der
Wissenschaftler Dr. Holger
­Martens einen Blick auf einige
entscheidende Ereignisse.
lung von Wertpapieren an­ge­boten. Zum
Aus­bauprogramm gehört auch die Einrichtung von Zweigniederlassungen.
Die erste gibt es 1921 in Hamburg, es
folgen bis 1931 weitere 17 Zweigstellen.
Das Konzept geht auf. 1922 gehören von
den 454 Verbandsmitgliedern bereits 274
der EDEKA­BANK an. Drei Jahre­ später
haben fast alle eine Beteiligung an der
Genossenschaftsbank.
Die Inflation von 1923 bringt einen
schweren Rückschlag. Die Zahl der Mitglieder im EDEKA Verband geht um
über 25 Prozent zurück. Die Krediteinschränkungen der Reichsbank führen hingegen zu einer Ausdehnung
des Zweigstellennetzes, um Spareinlagen heranzuziehen. Allerdings werden einige Niederlassungen in den folgenden Jahren wieder geschlossen. Als
1924 in Berlin­-Wilmersdorf, Badenstraße 43/44, das EDEKA-Haus eingerichtet
wird, nimmt auch die Bank hier ihren
Sitz. Die Geschäfte sind ganz auf die Bedürfnisse der EDEKA-Organisation abgestellt. Das wird daran deutlich, dass
es eine enge Personalverbindung zwischen EDEKA Verband, EDEKA-Zentrale und EDEKABANK gibt. Ausdruck dieser Verbundenheit ist die Gründung
der »Spar- und Arbeitsgemeinschaft
der Jungkaufleute des deutschen Kolonialwaren- und Feinkost-Einzelhandels«, kurz »Spara«. Die EDEKABANK
legt Sparprogramme auf, die es den
jungen Kaufleuten ermöglichen, sich
später selbstständig zu machen.
Die Weltwirtschaftskrise, die 1929 mit
dem Börsenkrach beginnt, stellt alle bisherigen Probleme in den Schatten. Das
eigene Geldinstitut verschafft den EDEKA­Genossenschaften zwar finanziellen Spielraum, am Ende benötigen aber zehn
Prozent der EDEKA-Genossenschaften Finanzhilfen, um zu überleben. Das übersteigt die Möglichkeiten der Bank, sodass
sie um staatliche Unterstützung für die
Not leidenden EDEKA-Genossenschaften
nachsucht. Erschwert wird die Situation
dadurch, dass die EDEKABANK der durch
die Wirtschaftskrise in Bedrängnis geratenen Deutschen Mittelstandsbank AG nicht
hinreichend gesicherte Kredite gewährte.
Die Schließung der Bank am 1. Oktober
1931 verursacht erhebliche Verluste. p
c
Handelsrundschau
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Extra
100 Jahre EDEKABANK
Weltwirtschaftskrise
Die Weltwirtschaftskrise macht den EDEKA-Organisationen 1931 / 32 schwer zu schaffen. Und noch
mehr die anschließende NS-Zeit sowie der Zweite Weltkrieg. Teil II: Die 30er- und 40er-Jahre.
4handelsrundschau
damit den NS-Richtlinien entsprechen.
Borrmann selbst wird in dieser Zeit zwar
als »Partei­genosse« bezeichnet, Mitglied
der NSDAP war er jedoch nicht. In
den personell eng verzahnten EDEKA­Zentralorganisationen
nehmen
in
fünf Unternehmen – EDEKA-Zentrale,
EDEKABANK, EDEKA-­Verlagsgesellschaft,
Transport- und Handelsgesellschaft
und EDEKA Haus Gesellschaft – sowie
dem EDEKA Verband insgesamt sechs
Personen 21 Vorstandsposten wahr. Keiner von ihnen gehört vor 1933 der ­NSDAP
an. Drei folgen Borrmanns Rat und treten
der NSDAP bei. Mit diesen Maßnahmen
geht Borrmanns Plan tatsächlich auf und
die Vorstände können in der bewährten
Besetzung unverändert weiterarbeiten.
Zweimal kann der Eintritt der NS-­
Größe Dr. Franz Hayler, Leiter der
Reichsgruppe Handel und später Stellvertreter des Reichswirtschaftsministers, in die ­EDEKA-Gremien und damit die Übernahme verhindert werden.
Borrmann wird dabei zur Zielscheibe
der Angriffe und muss sich zurückziehen. Um die Nachfolge an der Spitze des
EDEKA Verbands antreten zu können,
wird von Paul König­ der Eintritt in die
NSDAP verlangt. Außerdem wird ihm
ein überzeugter Nationalsozialist an die
Seite gestellt, der bisher nicht in den
EDEKA-Organisationen tätig gewesen ist.
In die Vorstände der EDEKA-Zentrale und
der EDEKABANK, wo Borrmann eben-
falls ausscheidet, kommen hingegen
keine neuen Leute hinzu.
Es gelingt der ­EDEKA, ihre wirtschaftlichen Interessen und ihre genossenschaftliche Ausrichtung zu wahren.
Kein NS-Funktionär gelangt in die
Vorstände von Zentrale und Bank,
kein Vorstand wird zum überzeugten Nationalsozialisten. EDEKA profitiert vom wirtschaftlichen Aufschwung, und die Bank leistet einen
wesentlichen Beitrag, um die in der
Wirtschaftskrise in Not geratenen
EDEKA­-Genossenschaften bis 1938 zu
unterstützen. 1939 erwirbt die EDEKAZentrale drei jüdische Weinkellereien
in Bingen und Landau (Pfalz) und wird
bei diesen Investitionen finanziell von
der EDEKABANK begleitet. Mit dem Angriff auf Polen 1939 beginnt Hitler den
Zweiten Weltkrieg, der Europa und die
ganze Welt ins Chaos stürzt. In den von
Deutschland annektierten Gebieten
werden Genossenschaften aufgenommen und neue gegründet. 1942 hat die
EDEKABANK 510 Mitglieder.
Am 22. November 1943 versinkt
das ­EDEKA-Haus in Berlin-Wilmersdorf, der ganze Stolz der EDEKA-Bewegung, durch Brandbomben in Schutt
und Asche. Am 25. April 1945 öffnet
die EDEKABANK in Berlin zum letzten
Mal ihre Schalter. Wenige Tage später
kommt Bankdirektor Fritz Godau bei
den Straßenkämpfen ums Leben.
p
aStille Zeitzeugen:
ein Sparbuch und
ein grüner Kalender
aus den 30er-Jahren
sowie ein »Spara«Einlagenbuch und
ein Kontogegenbuch
aus den 40er-Jahren.
bDer frühere Eingang der EDEKABANK.
1945 versinkt Berlin in Schutt
und Asche. Am 25. April öffnet
die EDEKABANK zum letzten
Mal ihre Schalter.
fotos: Corbis, EDEKA
D
ie aus der Weltwirtschaftskrise resultierenden Probleme sind so groß, dass der von
der Idee der Selbsthilfe überzeugte Genossenschaftler und wirtschaftsliberale
Reichstagsabgeordnete Fritz Borrmann
um staat­liche Hilfe nachsuchen muss.
Als Vorsitzender des EDEKA Verbands
schreibt Borrmann noch am 30. Januar 1933 einen Bittbrief an den soeben
zum Reichskanzler ernannten Adolf
Hitler. Borrmann glaubt vermutlich wie
viele andere, dass Hitler sich nicht lange
halten wird. Doch als dieser im März 1933
die Gleichschaltungsgesetze durchsetzt,
wird es ernst.
Die latente Anti-Genossenschaftseinstellung der Nationalsozialisten
lässt nichts Gutes erwarten. Borrmann
legt den Führungskräften nahe, den
neuen politischen Verhältnissen mit
einem Kurs zu begegnen, der den
Nationalsozialisten möglichst wenig
Angriffsfläche bietet. Während sich die
EDEKA-Leitung den neuen Machthabern nach außen hin anpasst, versucht
Borrmann, den Einfluss der Nationalsozialisten nach innen zu verhindern.
Um den Gleichschaltungsanforderungen Genüge zu tun, wird ein neues, dreiköpfiges Präsidium geschaffen. Ihm
gehören neben Fritz Borrmann die beiden einzigen Nationalsozialisten unter 52 ­EDEKA-Obleuten an, die der Partei schon vor 1933 beigetreten sind und
Handelsrundschau
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100 Jahre EDEKABANK
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Währungsreform 1948: Die
alten Reichsmarkscheine
werden, wie hier in Frankfurt,
gegen D-Mark eingetauscht.
a
Wiederaufbau
Nach dem Ende des Krieges werden am 4. Juni 1945 in Berlin mit Ausnahme der
Berliner Stadtbank alle Kreditinstitute stillgelegt. Auch die EDEKABANK muss ihre Arbeit
einstellen. Teil III: Wiederaufbau bis 60er-Jahre.
b
A
aUnterlagen für
Firmenwagen der
EDEKABANK von 1956.
bUnterschriftenblatt
der EDEKABANK von 1946,
die Niederlassungen in
den Westzonen sowie
eine Einladung zum
Verbandstag 1950.
cEDEKA-Rabattmarken
und Rabattmarkenkarten
aus dem Jahr 1964.
fotos: Corbis, EDEKA
c
6handelsrundschau
uch die EDEKABANK muss ihre
Arbeit einstellen. Auf Anordnung der sowjetischen Militäradministration werden die Filialen in
der Ostzone geschlossen. Die Zweigstellen der EDEKABANK in den drei Westzonen können ihre Arbeit fortsetzen. Die
Zonengrenzen erlauben zunächst keine Zusammenarbeit, sodass die Filialen
weitgehend auf sich allein gestellt sind.
Hier beginnt der Wiederaufbau. Als neue
Zentren bilden sich die Niederlassungen
in München unter Anton Seidenspinner und in Hamburg unter Hermann
Naujoks heraus. Beide waren 1933 dem
Aufruf Borrmanns gefolgt und in die
NSDAP­eingetreten. Sie werden in ihren
Entnazifizierungsverfahren entlastet
und 1947 in den Vorstand der EDEKA­
BANK berufen.
Von den einst über 500 EDEKA-Genossenschaften bleiben noch 205 im Westen. Allmählich lichtet sich das Chaos
der Nachkriegszeit, und die EDEKA-Organisationen können an ihren Erfolgskurs
anknüpfen. 1947 erscheint zum ersten
Mal wieder das »EDEKA-Mitteilungsblatt«, später »EDEKA-Rundschau«. Die
frühere Bezeichnung »Deutsche Handelsrundschau« kann aus rechtlichen Gründen vorerst nicht verwendet werden. Ab
August 1949 erscheint die Kundenzeitschrift »Die kluge Hausfrau« wieder. Am
1. Dezember 1948 nimmt auch die Sparund Arbeitsgemeinschaft der Jungkauf-
leute e.V. (Spara) ihre Arbeit wieder auf.
Die Währungsreform 1948 und das Wirtschaftswunder in der jungen Bundesrepublik bilden das Fundament, auf dem
die EDEKA-Organisationen mit ihrem
Erfolgsmodell expandieren. Auch in der
Führungsebene stellt sich Kontinuität ein.
Über drei Jahre kämpft Paul König im Entnazifizierungsverfahren um seine Rehabilitierung, bis er 1948 als »Mitläufer« entlastet wird. Im darauffolgenden Jahr kehrt
er zurück an die Spitze der EDEKA-Organisationen und setzt sein Lebenswerk fort.
Sichtbares Zeichen der neuen Zeit ist
die Verlegung der EDEKA-Organisationen
nach Hamburg. 1952 wird das in repräsentativer Lage neu erbaute EDEKA-Haus An
der Alster 52 bezogen. Auch die EDEKABANK nimmt hier ihren Hauptsitz.
Endlich kann unter Berücksichtigung
von Altsparer-Entschädigungen und
Lastenausgleichsregelungen die langwierige Umstellung und Neubewertung
des Bankvermögens abgeschlossen werden. Am 1. Januar 1953, viereinhalb Jahre nach der Währungsreform, liegt die
D-Mark-Eröffnungsbilanz vor. Erschwert
wird das Verfahren durch Ausgleichsberechnungen. Sie sind erforderlich, weil
es sich um ein in die westlichen Besatzungszonen verlagertes Geldinstitut handelt. Schließlich sind auch die Verhältnisse in Berlin geregelt, sodass im Frühjahr
1954 die Neuzulassung der EDEKABANK in Berlin erfolgt.
1954 erhält sie die Zulassung zur Außenhandelsbank – ein weiterer wichtiger
Schritt auf dem Weg zur Universalbank.
Die Bank nimmt direkte Verbindung mit
zehn Ländern auf und finanziert fast vollständig den Außenhandel der EDEKA Import. Die Jahre des Mangels sind überwunden. Neue Herausforderungen zeichnen
sich ab. Die selbstständigen Kaufleute sehen sich einem verstärkten Wettbewerb
ausgesetzt. Der EDEKA Ausstattungsdienst
wird 1953 wieder ins Leben gerufen, um
die Modernisierung der Einzelhandelsgeschäfte voranzutreiben. Die EDEKABANK
beteiligt sich und stellt die finanziellen
Mittel bereit. Damit Kaufleute bei der
Standortsicherung besser unterstützt werden können, erfolgt 1956 die Gründung
der EDEKA Kreditgarantiegemeinschaft.
Die Aufgaben der EDEKABANK sind
unverändert: Finanzierung des genossenschaftlichen Warengeschäfts, Beschaffung von Investitionskrediten und Förderung der Jungkaufleute. Vor allem im
Wiederaufbau leistet die Bank unschätzbare Dienste, indem sie zahlreiche Geschäftsinhaber unterstützt, Existenzgründungen begleitet sowie geflüchteten und
vertriebenen EDEKA-Kaufleuten Perspektiven bietet. Nach 56 Jahren Tätigkeit für
die EDEKA tritt Paul König 1966 in den
Ruhestand. Damit endet eine Ära. Fast 30
Jahre hat er die EDEKA-Organisationen gelenkt und nach dem Krieg zu neuer Größe
geführt. p
Handelsrundschau
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Extra
100 Jahre EDEKABANK
fotos: corbis, EDEKA
7
Neue Herausforderungen
Von der Modernisierung zur Deutschen Einheit: Ende der 60er-Jahre kündigen sich
für die EDEKA-Organisationen tief greifende Veränderungen an. Teil IV: Westdeutschland
bis Anfang 90er-Jahre.
P
aul König, der über Jahrzehnte die Geschicke der ­EDEKA
gelenkt hatte, tritt 1966 in den
Ruhestand. ­Vorstandsmitglieder der
EDEKA-Zentrale und der EDEKABANKVorstand Anton Seidenspinner, die den
Wiederaufbau gelenkt hatten, scheiden ebenfalls aus. Als Nachfolger von
König tritt 1967 Erich H. Diederichs an
die Spitze von Zentrale und Verband.
Mit Heinz Gerkens und Horst O. Hermsdorf bekommt die EDEKABANK 1967 / 68
einen neuen Vorstand.
Die Konkurrenz im LebensmittelEinzelhandel erfordert Modernisierungen, die mit der Verjüngung der
Vorstände an Schubkraft gewinnen.
Um im Wettbewerb zu bestehen, kommen auch genossenschaftliche Glaubenssätze auf den Prüfstand. Ausdruck
dieser Entwicklung ist der Fusionsprozess bei den EDEKA-Großhandelsbetrieben. Damit sie den zukünftigen
Herausforderungen gewachsen ist,
beginnt EDEKA 1970 mit einer Umstrukturierung, die zwei Jahre später in die
Umwandlung der EDEKA-Zentrale
eGmbH und der EDEKABANK eGmbH
in Aktiengesellschaften mündet. An der
Genossenschaftsidee wird auch nach
dem Wechsel der Rechtsform festgehalten. So werden die genossenschaftlichen Grundüberzeugungen weitergelebt und fortentwickelt. Ausdrücklich wird der genossenschaftliche
Förderauftrag in der Satzung der
EDEKA ZENTRALE AG verankert.
8handelsrundschau
Hier wie auch bei der EDEKABANK
AG werden die Aktien nicht frei gehandelt, sondern als vinkulierte Namensaktien ausgegeben. Diese besondere Form
der Namensaktie macht eine Eigentumsübertragung von der satzungsgemäßen
Zustimmung der jeweiligen Aktiengesellschaft abhängig.
Zum Modernisierungsprozess gehören
auch ­Strukturveränderungen, die die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der
EDEKA-Verbund eine Spitzenposition im
deutschen Lebensmittel-Einzelhandel
einnimmt. Die EDEKA­BANK kommt dabei ihren Aufgaben nach. Sie stellt die Finanzierung des Warengeschäfts sicher
und beschafft die notwendigen Investitionskredite. Auch die Nachwuchsförderung – einst aus der Genossenschaftsidee
heraus entstanden – wird innerhalb des
EDEKA-Verbunds fortgeführt und weiterentwickelt. 1970 erfolgt die Umbenennung der ­»Spara«-Organisation in ­EDEKA
Juniorengruppe e.V.
Mitte der 80er-Jahre wird die traditionell enge personelle Verflechtung zwischen den EDEKA-Organisationen aufgegeben. Ausschlaggebend dafür sind
veränderte Bestimmungen des Kreditwesengesetzes. Aufgrund der Personalunion sieht das Bundesaufsichtsamt
für Kredit­wesen in dem EDEKA-Verbund einen Gleichordnungskonzern
mit weitreichenden Folgen für die
EDEKABANK. Die daraufhin eingeleitete personelle Trennung des Vorstandes
war notwendig, da ansonsten nicht aus-
zuschließen gewesen wäre, dass auch die
EDEKA-Zentrale den Status eines Kreditinstitutes erhalten hätte. Durch die Trennung gewinnt die EDEKABANK an Eigenständigkeit, was allerdings dazu führt,
dass sich die Bank bei den anstehenden
Entscheidungen über die wirtschaftliche
Ausrichtung nicht mehr allein von den
Interessen der EDEKA-Organisationen
und der EDEKA-Kaufleute hat leiten lassen. Bezeichnend für diese Entwicklung
ist der Versuch, neue Geschäftsfelder außerhalb des EDEKA-Verbunds zu erschließen. Aus betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit wurden sämtliche Filialen
der EDEKABANK 1987 / 88 an die jeweils
ansässigen Volks- und Raiffeisenbanken
verkauft, was zu einem spürbaren Rückgang der Einlagen und damit der Refinanzierung der Bank führt. Auch mit dem
Ausbau des Drittkundengeschäfts entfernt sich die Bank von ihren bisherigen
Kernaufgaben.
Wie wichtig die EDEKABANK für die
Gesamtorganisation ist, zeigt sich nach
der Öffnung der innerdeutschen Grenzen am 9. November 1989. Zwischen
1991 und 1999 unterstützen Kredite
von knapp 278 Millionen DM die Investitionen des ­EDEKA-Verbunds. Existenzgründer werden von der Bank begleitet.
1995 gehören bereits 1.166 Einzelhandelsgeschäfte in den neuen Bundesländern zu EDEKA. Vier Jahre später
verfügt der ­EDEKA-Einzelhandel hier
über 167.857 Quadratmeter moderner
Verkaufsfläche.
p
aDer Umgang
mit ausländischen
Währungen gehört
nach dem Krieg
selbstverständlich
zum Geschäft der
EDEKABANK.
bAnfang der
70er-Jahre zieht die
Bank in die Hamburger City Nord.
a
b
Der symbolische Fall der
Mauer: Im November 1989 nahte
das Ende der deutschen Teilung.
Handelsrundschau
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Extra
100 Jahre EDEKABANK
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Neuausrichtung
a
Zukunftsfähig durch Neuausrichtung: Internationale Vereinbarungen, europäische Verträge
und nationale Gesetze stellen seit den 90er-Jahren immer neue Anforderungen an die
deutschen Kreditinstitute. Teil V: EDEKA und EDEKABANK starten durch.
V
b
aBlick hinter die
Kulissen: Die EDEKABANK
präsentiert sich in ihrer
Geschichte stets konsequent kundenorientiert.
bKundennähe und
Beratung stehen ganz
im Vordergrund.
cAuf ihren Karten
lässt die EDEKABANK
keinen Zweifel an ihrer
Verbundenheit mit den
EDEKA-Organisationen.
fotos: Schmid, EDEKA
c
10handelsrundschau
Heute sorgt die EDEKABANK
mehr denn je dafür, dass ihre
Kunden in Geldfragen den
Durchblick behalten.
or allem die kleineren Banken können nicht mehr mithalten. Von
3.037 Kreditgenossenschaften im
Jahr 1990 sinkt die Zahl der Kreditinstitute auf 1.138 im Jahr 2010. Heute existieren
noch 1.078 Kreditgenossenschaften, das
entspricht einem Rückgang um 35,5 Prozent. Auch für die EDEKABANK geht es um
den Fortbestand. Die Geschäftspolitik der
vergangenen Jahre wird einer kritischen Betrachtung unterzogen. Um die Zukunftsfähigkeit sicherzustellen, konzentriert sich
die Bank wieder auf ihren Grundauftrag:
das kostengünstige Zur-Verfügung-Stellen
von Bankprodukten für den EDEKA-Kaufmann. Das Geschäftsprofil wird ganz auf
die EDEKA-Gruppe abgestellt und das Drittkundengeschäft aufgegeben. Unter neuer
Leitung geht es wieder aufwärts.
Der Schwerpunkt liegt zunächst auf der
organisatorischen Neuausrichtung und der
Umstrukturierung des Kreditgeschäfts, begleitet von einer größeren Kundennähe
im Vertrieb. Diese wird durch die Einrichtung von Regionalbereichen und der Einstellung von zusätzlichen Kundenberatern
geschaffen. Die EDEKABANK profiliert sich
wieder verstärkt als Finanzierungsbank für
den selbstständigen EDEKA-Einzelhändler und als kreditwirtschaftlicher Begleiter für Existenzgründungen innerhalb der
EDEKA. Dass die EDEKABANK sich gerade
in Krisenzeiten für den EDEKA-Einzelhandel besonders bewährt, war bereits weitgehend in Vergessenheit geraten, als die
Finanzkrise 2008 schlagartig die besonderen Vorzüge eines eigenen Kreditinstituts
verdeutlicht. Die Bonitätsanforderungen
für den selbstständigen EDEKA-Einzelhandel bleiben unverändert. Die EDEKA­BANK
vergibt ohne Einschränkungen Kredite an
ihren spezifischen Kundenkreis. Insbesondere gibt es für die ­EDEKA-Kaufleute keine
Kreditklemme – anders als für weite Teile des Mittelstands. Einmal mehr stellt
die EDEKABANK in ihrer 100-jährigen Geschichte unter Beweis, dass sie dem Einzelhändler Unabhängigkeit, Sicherheit und
Kostenvorteile garantiert.
Auf einer zwischenzeitig aufgebauten
starken wirtschaftlichen Basis wird der
Vertrieb ab 2009 neu ausgerichtet. Ziel der
EDEKABANK ist es, »für alle Edekaner und
deren Freunde die bessere Bank zu sein«.
Die Botschaft »Wir sind EDEKA und Bank«
steht für die enge Verbindung zwischen
dem Lebensmittel-Einzelhandel und den
Bankdienstleistungen.
Neu aufgebaut wird das Privatkundengeschäft mit der Ausrichtung als beratende Direktbank. Im Geschäftskundenbereich wird der Prozess der Kreditvergabe
optimiert. Zu den Kernaufgaben gehört
weiterhin die Nachwuchsförderung. Die
Beteiligung an dem Unternehmer-Kompetenzprogramm (UKP) ist selbstverständlich.
Jungen ambitionierten Kaufleuten faire
Finanzierungswege für die Existenzgründung in einer starken, genossenschaftlich
geprägten Gemeinschaft zu bieten, ist für
die EDEKABANK mehr als ein erfolgreiches Geschäftsmodell. Es geht darum, die
Idee der EDEKA-Gründer von Genera­tion
zu Generation weiterzutragen und den
EDEKA-Kaufleuten zu ermöglichen, das
Familienunternehmen fortzuführen, ein
bestehendes EDEKA-Geschäft zu übernehmen oder einen neuen Lebensmittelmarkt
zu eröffnen.
Auch nach 100 Jahren wird an genossenschaftlichen Prinzipien festgehalten –
eine Werteorientierung, die für eine lang-
fristige Unternehmensstrategie und für ein
nachhaltiges Wirtschaftskonzept steht. Der
Aufstieg der EDEKA-Gruppe aus kleinsten
Anfängen zum Marktführer im deutschen
Lebensmittel-Einzelhandel ist das Ergebnis
genossenschaftlichen Denkens und Handelns aller Beteiligten. Dass dazu ein eigenes Kreditinstitut ein wichtiges strategisches Instrument ist, erkannten schon die
Gründungsväter und hat die EDEKABANK
in der Vergangenheit mehrfach unter
Beweis gestellt. Dies gilt künftig auch für
die sich je nach Branchen verändernden
Kundenbedürfnisse und die technischen
Revolutionen in der Informationstechnologie für Bankdienstleistungen, welche sich
bereits heute abzeichnen.
Mit einer im Geschäftsjahr 2013 um
mehr als zehn Prozent gewachsenen
Bilanzsumme von 1,7 Milliarden Euro gehört die EDEKABANK im genossenschaftlichen Bankenverbund zu den 100 größten
Kredit­instituten in Deutschland.
Am 9. November 2014 begeht die
EDEKABANK ihren 100. Geburtstag. Herz­
lichen Glückwunsch!
p
Der Autor Dr. Holger Martens
Der Verfasser der
Reihe zur Geschichte
der EDEKABANK
ist der Historiker
Dr. Holger Martens­.
Er ist Vorstand der
Historiker-Ge­nos­sen­schaft eG sowie Lehrbeauftragter am
Historischen Seminar der Universität Hamburg.
Handelsrundschau
11
Über den Wind können wir nicht bestimmen,
aber wir können die Segel richten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
100 Jahre EDEKABANK sind der beeindruckende Beweis dafür, dass die Segel in der Vergangenheit richtig gesetzt wurden. Aber auch künftig gilt es, den herausfordernden Winden, die dem
Bankensektor aus den verschiedensten Richtungen entgegenwehen, mit gesunder Stärke und
historisch gewachsenem Selbstvertrauen gegenüberzutreten.
Da wäre zum einen die aktuelle Niedrigzinsphase, welche die Erlöse und Kosten der Banken
voraussichtlich noch einige Jahre unter Druck setzen wird. Der Gestaltungsraum für ertragsfähige Margen wird damit so eng wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Gleichzeitig wird von Brüssel aus das regulatorische Klima für Banken deutlich verschärft, umfassende neue Anforderungen durch den deutschen Gesetzgeber sowie durch die Europäische Bankenaufsicht stehen bevor. Es sei hier nur an die bevorstehende Einführung der Bankenunion erinnert.
Auch im Zahlungsverkehr weht der Wind der Veränderung und lässt uns über einen Aufbruch
zu neuen Ufern nachdenken. Bei der Abwicklung von Bankgeschäften stehen wir erst am Anfang
gigantischer Möglichkeiten, die uns durch neue Technologien geboten werden. Wir als EDEKABANK
werden die technischen Innovationen nicht nur begleiten, sondern auch vorantreiben.
Die EDEKABANK ist für künftige Herausforderungen bestens gerüstet! Wir haben die Segel
gerichtet, das Boot getrimmt und sind ideal auf Kurs. Wir investieren nach wie vor in neue
Mitarbeiter, in neue Geschäftsfelder, in neue Prozesse und in neue Strukturen. Und damit in ein
gesundes Fundament für die Bewältigung aller bevorstehenden Aufgaben.
Auch in Zukunft wird unser Handeln dadurch geprägt sein, die bessere Bank für alle EDEKANER
zu sein, denn wir sind EDEKA und Bank.
Jürgen ManegoldMaik Wandtke
Sprecher des Vorstands
Mitglied des Vorstands