Blickpunkt KMU Nr. 6 / 2014

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Blickpunkt KMU Nr. 6 / 2014
Das unabhängige Schweizer
Wirtschaftsmagazin
Ausgabe 6 / 2014
CHF 6.80
www.blickpunktkmu.ch
RITa & ZIA
Mit Inspiration
und Beharrlichkeit
Sandrine Barabinot hat in weniger
als fünf Jahren eine starke
Marke für Modeschmuck
und Accessoires
aufgebaut.
www.vw-nutzfahrzeuge.ch
Editorial
Impressum
www.blickpunktkmu.ch
AUSGABE 6 / 2014
auflage: 57681 exemplare
Liebe Leserin
Lieber Leser
Herausgeberin
W. Gassmann AG
Längfeldweg135
Postfach 1344
2501 Biel/Bienne
Telefon 032 344 81 11
info@blickpunktkmu.ch
A
verleger
uch wenn die Stossrichtung kaum umstritten ist, kann
ein politisches Thema heftige Reaktionen hervorrufen.
Das gilt aktuell besonders für die Diskussion rund um
«Auslandaktivitäten von Schweizer Unternehmen». In
der Rubrik «Im Gespräch» auf Seite 44 streiten diesmal ein Vertreter des Schweizerischen Gewerbeverbandes und die Leiterin der Kampagne «Recht ohne Grenzen» über den
richtigen Weg.
Marc Gassmann
geschäftsführender direktor
Marcel Geissbühler
Verlagsleiter
Martin Bürki
mbuerki@gassmann.ch
Chefredaktor
Theo Martin
tmartin@gassmann.ch
Der Bundesrat will, dass alle in der Schweiz ansässigen Unternehmen
bei ihren Auslandgeschäften die Menschenrechte und den Umweltschutz
einhalten. Damit stellt sich die Frage, ob der bürokratische Aufwand
für KMU überhaupt noch tragbar ist. Die Hürden für den Export von
Schweizer Firmen und für die Geschäftstätigkeit von Tochterfirmen im
Ausland würden mit Sicherheit grösser. Der Schweizerische Gewerbeverband fordert deshalb den Rückzug des bundesrätlichen Berichts, «Recht
ohne Grenzen» droht bereits mit einer Volksinitiative.
Autoren Expertenwissen
Dr. Dorothea Brunner
Thomas Hasenfratz
Dr. Bernhard Höveler
Roger Jaggi
Ruedi Josuran
Prof. Dr. Matthias Lütke Entrup
Beat Rüfli
Lorenz Schmid
Sheila Schweizer
Dr. Christophe v. Werdt
Layout
Das Beispiel zeigt, dass das regulatorische Umfeld massive Auswirkungen
auf die Geschäftstätigkeit haben kann. Selbst relativ kleine Firmen sind
deshalb aufgefordert, sich für passende Rahmenbedingungen einzusetzen.
Denn wie sagt doch das Sprichwort:
Wer nicht Politik macht, mit dem wird
Politik gemacht... ●
Inédit Publications SA
Avenue Dapples 7
1001 Lausanne
BILDER
Flavio Girolimetto
Peter Samuel Jaggi
Jonathan Liechti
Vanina Moreillon
Fotolia
INSERATE
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schon heute an morgen denken. Und alle Modelle mit wegweisenden Technologien
ausrüsten, welche die Wirtschaftlichkeit erhöhen, die Kosten senken und Fahrer, Beifahrer, aber vor allem auch die Umwelt schützen. Damit Sie sich immer und überall auf
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verkaufsleitung
Roger Hauser
rhauser@gassmann.ch
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Abonnemente
E-Mail: abo@blickpunktkmu.ch
Einzelpreis: CHF 6.80
Jahresabo: CHF 60.–
Druck und vertrieb
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Kombi, Transporter, Caravelle, Crafter und Amarok.
THEO MARTIN
Chefredaktor
verkauf Innendienst
Titelbild: Vanina Moreillon
*
Herzlichst
Annoncen-Agentur Biel AG
Längfeldweg 135
2501 Biel/Bienne
Telefon 032 344 83 44
BLICKPUNKT KMU
Foto: Jonathan Liechti / Fotolia
Was immer die Zukunft bringt:
Ihr VW Nutzfahrzeug arbeitet und arbeitet und arbeitet.
3
Auspacken
braucht Kraft!
Mehr dazu
auf der Seite 50.
Inhalt
4
5
Ausgabe 6 / 2014
Standards
3
3
50
Fokusthema
Editorial
17
Impressum
Schweissarbeit
Expertenwissen
George Clooney kommuniziert perfekt
Der Erfolg der Kommunikation für KMU hängt
25
Die sinnvolle Steuerung
der gesunden Führung
auch vom richtigen Medienmix ab.
Zeitungsinserate rechnen sich immer noch.
Braucht es heute aber auch den Einsatz
von Social Media?
28
Die zehn Gebote
für Ihr Websiteprojekt
44
Panik im Verwaltungsrat
Der Bundesrat will Exporteure
auf Menschenrechte und Umweltschutz
verpflichten. Der Gewerbeverband fordert
den Rückzug des Berichts, «Recht ohne
Grenzen» droht mit einer Volksinitiative.
30
Neue Medien:
Content is ranking
Marktplatz
6 Flexibilität am Arbeitsplatz, fehlende
Fachkräfte, zufriedene Mitarbeiter,
schlaue Maturanden und weitere
Meldungen
Fotos: Vanina Moreillon / Fotolia./ zvg. / Illustrationen: Fotolia.
34
KMU des Monats
10
Mit Inspiration und Beharrlichkeit
Sandrine Barabinot hat in weniger als fünf Jahren
Im Gespräch
eine starke Marke für Modeschmuck aufgebaut.
Die trendigen Halsketten aus Holz- und
Halbedelsteinperlen gehören mittlerweile
zum begehrten Accessoire modebewusster Frauen.
BLICKPUNKT KMU
Professionelle Akten- und
Datenarchivierung im KMU
38
Wann haben Sie zuletzt
Ihren Lieferanten besucht?
42
Was haben wir,
was sie nicht haben?
BLICKPUNKT KMU
Allzeit
griffbereit:
Lesen Sie
Blickpunkt KMU
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dem iPad
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6
Marktplatz
7
Zahl
des Monats
5,8
Millarden Franken
Die Ausgaben für die Soziale Sicherheit sind in der
Schweiz im Jahr 2012 um 4,1 Prozent gestiegen.
Kostentreiber sind Krankheit und Alter.
(Quelle: Gesamtrechnung der Sozialen
Sicherheit 2012, Bundesamt
für Statistik.)
Flexibilität am Arbeitsplatz
hat Priorität
Für den Grossteil der Schweizer Berufstätigen ist
Flexibilität am Arbeitsplatz Trumpf: 82 Prozent
würden einen Job einem vergleichbaren Angebot
vorziehen, sofern sie über Ort und Zeit ihres
Arbeitens mitbestimmen dürften. Das ist das
Ergebnis einer Umfrage von Regus, dem globalen
Anbieter für flexible Arbeitsplätze. Darüber hinaus
sind rund zwei Drittel der Befragten überzeugt,
dass flexible Arbeitsmodelle helfen, Mitarbeiter
stärker an das Unternehmen zu binden.
Laut einer Studie des Beratungsunternehmens
Aon Hewitt weisen Firmen mit hoher
Mitarbeiterbindung weltweit überdurchschnittliche
Gewinne aus. 72 Prozent der Befragten gaben
an, Flexibilität im Arbeitsalltag sei ein klarer Anreiz.
64 Prozent würden einen Job, bei dem flexibles
Arbeiten nicht möglich ist, ablehnen. 54 Prozent
wären länger bei ihrem letzten Arbeitgeber
geblieben, hätte er ihnen eine freiere Gestaltung
von Arbeitszeiten und -orten ermöglicht.
Fotos: Fotolia. Illustrationen: Fotolia.
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
In der Regus-Studie wurden mehr als
20 000 Führungskräfte und Unternehmenseigentümer in 95 Ländern befragt. ●
Marktplatz
MEM-Industrie will inländisches
Fachkräftepotenzial besser
nutzen
Die Erwerbsbevölkerung altert und die Geburtenrate sinkt.
Zusammen mit der Einführung von Kontingenten für ausländische
Arbeitskräfte droht sich der bereits bestehende Fachkräftemangel in
der Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie)
deutlich zu verschärfen. Aus diesen Gründen hat Swissmem eine
Fachkräftestrategie erarbeitet, um das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Sie setzt auf die Nachwuchsförderung, will den Anteil der Frauen in der Industrie erhöhen sowie ältere Mitarbeitende länger im Arbeitsprozess halten.
Gemäss einer durch Swissmem in Auftrag gegebenen Studie des
Beratungsunternehmens BSS Basel besteht zurzeit in fünf von elf
MEM-Berufsfeldern ein Verdacht auf Fachkräftemangel (MEMInformatiker, MEM-Ingenieurberufe, Maschinisten, MEM-Techniker und Technische Fachkräfte). Aufgrund der bevorstehenden
Pensionierungen müssen in
den nächsten fünf Jahren
jährlich 17 000 Personen
dazugewonnen
werden,
um den Bestand zu halten.
In einigen Berufsfeldern seien die Ausbildungsanstrengungen zu gering. ●
www.swissmem.ch
9
Digitale Erfassung
an Messen
M
essen gelten weithin als erprobter Vertriebskanal, gerade für KMU. Für den Erfolg entscheidend ist dabei
ein schneller und gezielter Nachkontakt – der scheitert
jedoch allzu oft daran, dass der Vertrieb zunächst hunderte handgeschriebener Notizen und Visitenkarten
erfassen und auswerten muss. Die Leitz GmbH, deutsche WerkzeugHerstellerin für Holz- und Kunststoffbearbeitung, erfasste diese an der
Messe Holz-Handwerk erstmals digital und sicherte so einen schnellen
Nachkontakt der Gespräche.
Die Wahl fiel auf quickLead, eine Lösung für digitale Leaderfassung
und Leadmanagement auf Messen. Damit konnte Leitz die Messegespräche abbilden, die Daten sofort online nutzbar machen und die
Kontakte noch auf der Messe mit Hilfe einer E-Mail-Kampagne nachfassen. Am Messestand protokollierten die Standmitarbeiter das Messegespräch mit der quickLead App, die auf iPads installiert war. quickLead ist eine Lösung für digitale Leaderfassung und Leadmanagement
auf Messen. ●
Beste Maturarbeiten im Bereich
Informatik ausgezeichnet
Die besten Maturarbeiten 2014 im Bereich Informatik
umfassen vielfältige Lösungen, ein Spiel und ausgereifte
Anwendungen. Im Kern stehen neben Softwarelösungen
und Algorithmen auch komplexe Hardware-SoftwareSysteme. Vermehrt wurden Projekte mit mobilen
Technologien eingereicht. Das Institut für Informatik
und angewandte Mathematik der Universität Bern, das
Institut d’Informatique der Universität Neuenburg und
das Departement für Informatik der Universität Fribourg
fördern zusammen mit der Joint Alumni Association in
Computer Science mit dem Preis das Engagement der
Maturanden in dieser Zukunftsbranche.
Am meisten überzeugt hat die Jury die Arbeit «Bird
www.quicklead.de/leitz-auf-der-holz-handwerk
Drei Fragen an…
André Caradonna
LEITER KOMMUNIKATION,
BERNEXPO AG
Verteilen Sie noch Visitenkarten?
Ich persönlich verteile sie nach wie vor –
ich setze heute aber auch Netzwerke wie
LinkedIn ein.
Wie profitieren KMU am meisten von
einer Messe?
Eine Messe beinhaltet für Aussteller viele
Potentiale; mit Fokus darauf, Business zu
generieren. Das ist auch mit anderen
Marketingmassnahmen möglich, aber die
Livekommunikation an einer Messe
ermöglicht innert kürzester Zeit viele
qualitativ gute Kontakte. Bei B2C-Messen
ist der Effekt unmittelbarer, bei B2B
Recognition using Audio Fingerprinting» von Laurin
entwickeln sich die Abschlüsse eher
Brandner. Den zweiten Preis teilen sich Ewald Kleefstra
mittelfristig. Aussteller haben drei
(«Stundenausfall-Informationssystem») sowie Raphael
Möglichkeiten: 1. Die Frequenz der
Fischer und Sebastian Stengele («Entwicklung eines
Besucher vor Ort nutzen. 2. Zusätzliche
Quadcopters zum automatisierten Transport eines
Kommunikationsmassnahmen als
Behälters»). ●
Verlängerung einsetzen und auf die Messe
www.jointalumni.ch – http://mcs.unibnf.ch
hinweisen. 3. Bereits im Vorfeld
Leadmanagement betreiben, zur
Aktivierung von Kunden.
Schweizer Arbeitnehmer sind mit ihrem Job zufrieden
Was geht in der Nachbearbeitung
einer Messe häufig vergessen?
Es spielen ähnliche Mechanismen wie
in der übrigen Berufswelt: Man muss am
Kundenkontakt dran bleiben und die
Randstad Satisfactory Index Q2 /2014
Effizienz ausnützen. Digitalisieren kann
Geld ist nicht alles, aber ...
helfen – weil Informationen weniger
Obwohl Studien belegen, dass das Salär nicht der wichtigste Motivationsfaktor ist,
zeigt der Randstad Satisfactory Index, dass die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation
bei höheren Einkommen tendenziell grösser ist.
vergessen gehen, weil mehrere Mitarbeiter
Mit ihrer Jobsituation zufrieden bis sehr zufrieden sind:
mehrere Kanäle bearbeitet werden kann.
über CHF 100‘000
Aus Kontakten Kunden zu machen ist stets
bis
CHF 100‘000
bis
CHF 75‘000
bis
CHF 50‘000
71 %
75 %
79 %
81 %
© Randstad (Schweiz) AG
BLICKPUNKT KMU
beteiligt sind und weil der Kontakt über
Fotos: quickLead, Fotolia und ZVG.
Im Rahmen der von Randstad vierteljährlich durchgeführten Arbeitnehmerbefragung wird jeweils auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden mit ihrer
aktuellen Arbeitssituation erhoben (Satisfactory Index). Die Resultate zeigen: Schweizer sind deutlich zufriedener mit ihrem Job als ihre Kollegen aus
Deutschland, Frankreich und Italien. 75 Prozent der Schweizer Arbeitnehmer gaben an, dass sie zufrieden bis sehr zufrieden sind. Dies ist ein markant höherer Wert als bei den Nachbarn: In allen drei Ländern sind lediglich
67 Prozent der Befragten mit ihrem aktuellen Arbeitgeber zufrieden.
Obwohl Studien belegen, dass das Salär nicht der wichtigste Motivationsfaktor ist, zeigt der Randstad Satisfactory Index, dass die Zufriedenheit mit der
Arbeitssituation bei höheren Einkommen tendenziell grösser ist.
Randstad ist auf dem Gebiet der Stellenvermittlung und des Personalmanagements mit 250 Mitarbeitenden und 50 Filialen in der gesamten
Schweiz präsent. ●
www.randstad.ch
das Ziel. Eine Messe ist dabei das Abbild
eines Marktes. Sie hilft sich selber zu
positionieren und sie erlaubt einen
Konkurrenzvergleich. ●
BLICKPUNKT KMU
KMU des Monats
10
11
RITA & ZIA
Mit
Inspiration
und
Beharrlichkeit
Sandrine Barabinot hat in weniger als fünf
Jahren eine starke Marke für Modeschmuck
aufgebaut. Die trendigen Halsketten aus Holzund Halbedelsteinperlen gehören mittlerweile zum
begehrten Accessoire modebewusster Frauen.
Barabinots Kreationen verkörpern archetypische
Symbole wie Glück, Gelassenheit und Schutz
vor Unheil. Die Glücksbringer sollen ein gutes
Lebensgefühl verströmen. Vielleicht liegt hier ein
Grund, warum die Schmuckstücke so gerne
getragen werden.
Text: nathalie praz /// ÜBERSETZUNG: PIERRE LEDUC /// fOtos: vanina moreillon
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
KMU des Monats
G
«
12
lück lässt sich im
Nachhinein erklären;
Erfolg muss man sich
erarbeiten», sagt die
Genfer Schmuckdesignerin Sandrine Barabinot. Tatsächlich spielte
Fortuna zu Anfang mit. Der Markt war damals
offen für neue Trends: Neben der klassischen
Bijouterie bestand Raum für Modeschmuck
und andere Accessoires wie Handtaschen
und Foulards. Dass die Unternehmerin die
Chance im richtigen Zeitpunkt packte, darf
wohl noch dem Glück zugerechnet werden.
Aber damit endet die Gunst des Schicksals.
Den kometenhaften Erfolg ihres Unternehmens verdankt Barabinot ihrem zähen Fleiss
und dem unerschütterlichen Willen, zu
reüssieren. «Nicht ein einziges Mal dachte
ich daran, das Projekt aufzugeben», bestätigt
die Gründerin der Marke Rita & Zia. Dennoch waren die Anfänge nicht gerade rosig.
Da halfen auch die Talismane nicht, die den
Schmuck zieren. So musste Barabinot dem
Erfolg gelegentlich mit einer gehörigen Portion Dreistigkeit auf die Sprünge helfen.
Dazu hat sie gleich eine Anekdote parat: Um
ihre Produkte bei Modegeschäften bekannt
zu machen, war sie viel mit dem Auto unterwegs. Schliesslich musste sie die Verantwortlichen überzeugen, ihre Kollektion ins Sortiment aufzunehmen. Aber eines Tages ging
ihr mitten auf einer solchen Besuchstour das
FÜR SIE SchauEn
wIR gEnau hIn
Benzin aus. «Dummerweise hatte ich keinen
Rappen Geld mehr, weder im Portemonnaie
noch auf der Bank», erinnert sich unsere Gesprächspartnerin. Trotzdem betankte sie ihr
Auto und gab an der Tankstellenkasse vor:
«Ich habe unglücklicherweise meine Brieftasche zu Hause vergessen.» Man glaubte ihr
die Geschichte, nahm ihre Personalien auf
und liess sie weiterfahren. Selbstverständlich
kehrte die Schuldnerin wenig später zurück
und beglich die offene Rechnung.
Angeborener Geschäftssinn
Barabinot hatte wieder einmal gepokert. Sie
selbst spricht dabei vom «Système D». So
nennt man diese Form der Pfiffigkeit in der
Romandie. Die Wahlgenferin mit italienischen Wurzeln zeigte von Anfang an Stehvermögen: Nachts fertigte sie ihre Halsketten, und am nächsten Morgen belieferte sie
einen Genfer Concept Store, der ihr Anfang
2008 Vertrauen geschenkt hatte. Wenige
Monate später wollte auch ihr ehemaliger
Arbeitgeber, die Kaufhauskette Bon Génie,
die Kollektion von Rita & Zia ins Sortiment
aufnehmen. In diesem Augenblick bewies die
Designerin ihren angeborenen Geschäftssinn. Als Erstes zog sie ihre gefragten Accessoires für drei Monate aus dem genannten
Concept Store zurück. Damit löste sie bei
der Fangemeinde von Rita & Zia eine grosse
Nachfrage aus – und das kurz vor Weihnachten. Als die Produkte dann ab 2009 im Bon
Perlen.
Die Rohmaterialien
von Rita & Zia kommen
aus der ganzen Welt.
Wussten Sie es?
Wer ist Sandrine Barabinot?
Sandrine Barabinot ist eine Kämpfernatur. Das hat die Modeexpertin schon im Privatleben bewiesen,
wo sie ihre beiden Kinder Bruce und Léo trotz Vollzeitarbeit als Alleinerziehende betreut hatte. Aber das
schien der jugendlichen Vierzigerin nicht zu genügen, denn neben der Herausforderung durch die
heranwachsenden Söhne wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit und gründete ihr eigenes
Unternehmen für Accessoires in der Modebranche. Ihre Marke Rita & Zia sollte dereinst international
bekannt werden, lautete schon damals ihr Anspruch. Dabei konnte Barabinot nicht auf Hilfe zählen,
schon gar nicht von den Banken, die ihr Anliegen vorab nicht ernst genommen hätten. So blieben der
Selfmadefrau nur der Wille und eine aussergewöhnliche Schaffenskraft, um ihre Vision von schönen
Objekten durchzusetzen. Schliesslich hatte die quirlige platinblonde Jungunternehmerin bereits reiche
Erfahrung in der Modebranche gesammelt, zuerst als Verkäuferin, später als Einkäuferin in bekannten
Genfer Boutiquen wie Chantal Thomass, Thierry Mugler und Prada.
Heute hat Barabinot ihr «perfektes Gleichgewicht» gefunden, wie sie erklärt. Neben ihrer Passion für
den Modeschmuck pflegt sie ein gutes Verhältnis zu ihren inzwischen erwachsenen Söhnen. Obwohl
sie eigene berufliche Wege gehen, unterstützen sie ihre Mutter und Firmengründerin. Ihren neuen
Lebenspartner hat Barabinot 2012 geheiratet. Dennoch wohnen die Beiden nicht unter dem selben
Dach, wohl deshalb, weil sie die Flamme ihrer Liebe auf diese Weise besser behütet fühlen.
BLICKPUNKT KMU
Der Schmuck von
Rita & Zia ist zugleich
Glücksbringer: Die
verwendeten Symbole
verkörpern Liebe,
Schutz vor Unheil,
Gelassenheit und
Wohlbefinden. Der
Totenkopf symbolisiert
nicht nur den Mut,
sondern auch die reine
Seele, wie sie nach dem
Verlassen des Körpers
weiterlebt.
BLICKPUNKT KMU
Génie auftauchten, verkauften sie sich wie
frische Brötchen. Im ersten Monat gingen
300 Schmuckstücke über den Ladentisch. Alle
waren von der Firmengründerin in Handarbeit hergestellt worden. Endlich liess der
geschäftliche Durchbruch die Entbehrungen
der vergangen Monate verblassen. Aber das
Erfolgsrad drehte sich immer schneller, und
personelle Unterstützung wurde notwendig.
Zudem musste die Marke Rita & Zia, die
im Handelsregister als SB Diffusion firmiert,
unternehmerisch aufgestellt werden. Barabinot stellte damals ihre ersten beiden Angestellten in Vollzeit ein: eine Produktionsmitarbeiterin, die heute noch im Unternehmen
tätig ist, und eine Verwaltungsangestellte.
Schliesslich mietete Sandrine Barabinot am
geschäftigen Genfer Boulevard du Pontd'Arve einen Ausstellungsraum für ihre
Kollektionen. Marktbeobachter von Modegeschäften der Romandie, aber auch Trendscouts internationaler Warenhausketten wurden auf Rita & Zia aufmerksam. Zwischen
2009 und 2011 etablierte sich die Unter-
Eine Beratung
mit Fokus –
fünf Gründe, weshalb Sie
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Die Bank der Privat- und Geschäftskunden
Basel, Fribourg, Genf,
Lausanne, Locarno, Lugano,
Neuchâtel, Sion, Zürich
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KMU des Monats
14
15
Die Meilensteine
In Zahlen
2008 Ein Genfer Concept Store nimmt die Kollektion in sein Sortiment auf.
USA
Belgien
2008 Die Warenhauskette Bon Génie Grieder verkauft ab Dezember
Produkte von Rita & Zia.
1,5%
3%
2009 Die Marke gewinnt erste Verkaufspartner in Frankreich.
Polen
Dänemark
Norwegen
2009 Modeboutiquen in der Romandie nehmen die Accessoires
ins Sortiment auf.
18%
2011 Aufbau eines Vertriebsnetzes in Belgien.
Verteilung
des Umsatzes
Schweiz
52,5%
2011 Eröffnung der ersten eigenen Boutique in Genf.
2011 Das Franchising wird lanciert: Zwei Konzessionäre der Marke
eröffnen ihre Geschäfte in Lyon.
2012 Akquisition von Verkaufspartnern in Polen, Dänemark und Norwegen.
Frankreich
25%
2012 Eröffnung der Markenboutique im französischen Skiort La Clusaz.
2013 betrug der Umsatz
3,5 Mio. Franken.
Von 2009 bis 2013 wuchs
der durchschnittliche Jahresumsatz
alljährlich um 70 Prozent.
Zwischen 2012 und 2013 betrug der
Zuwachs 23 Prozent.
2013 Aufbau des Vertriebsnetzes in den Vereinigten Staaten.
2013 Rita & Zia wird durch einen Konzessionär in Dubai vertreten.
Wussten Sie es?
Der Markenname
Rita & Zia enthält eine
Hommage an die heilige
Rita, die Patronin der
aussichtslosen Anliegen.
Zia bedeutet auf
Italienisch «Tante»
und erinnert an die
italienischen Wurzeln
der Firmengründerin.
2013 Eröffnung der eigenen Boutiquen in Saint-Tropez und Cannes.
2014 Ein Konzessionär eröffnet in Grenoble.
2014 Vertrag mit einem Vertriebspartner in Brasilien.
Blickpunkt KMU| deutsch | CLS Coupé & Shooting Break | Format 205x137 mm | DU: 09.09.2014 | Ersch.: 25.09.2014
Ausnahmeerscheinungen.
Die neue Generation CLS.
Ab 27. September bei Ihrem Mercedes-Benz Partner.
Handarbeit.
Die Herstellung
des Schmucks erfordert
viel Konzentration.
nehmerin im französischen und belgischen
Markt. Im Juni 2011 setzte sie einen weiteren
Markstein und eröffnete ihre erste eigene
Boutique in der Genfer Altstadt. Damit war
sie in der Shoppingmeile der Schönen und
Reichen angekommen. Bald schmückten sich
Stars aus dem New Yorker Showbusiness mit
den Schweizer Kreationen. Frauenmagazine
aus aller Welt zeigten seitenweise Abbildungen der symbolhaften Halsketten und Armreife von Rita & Zia.
Eine Marke der Daimler AG
Ikonen erkennt man an ihrem Auftritt. Mit jeder Linie drücken sie ihre Vision aus. Jede Form adelt ihre Funktion.
Das macht sie unverwechselbar – in jeder Generation. Erleben Sie zwei Ikonen der Eleganz: das neue CLS Coupé
mit seiner begeisternden Dynamik und den neuen CLS Shooting Brake, den Kombi mit Coupéheck.
www.mercedes-benz.ch/cls Wohlüberlegtes Verkaufsnetz
Barbinot legt bei der Planung ihres Verkaufsnetzes grossen Wert auf prestigeträchtige
BLICKPUNKT KMU
Standorte. Dazu gehören Megève, Cannes,
Dubai, Paris und Miami. Manchmal spiele
bei der Schaffung einer geeigneten Niederlassung auch der Zufall mit, meint die rastlose Schafferin. Das Glück bleibt ihr also
hold. So geschah es 2013 in Saint-Tropez: «Ich
erhielt den Anruf einer Freundin, die mich
auf ein Mietangebot an bester Lage aufmerksam machte. Ich habe die Chance sofort beim
Schopf gepackt», erzählt die Unternehmerin.
Schon am 13. Juni 2013 wurde die neue Boutique eröffnet, wenige Wochen vor der Einweihung ihrer vorher geplanten Niederlassung in Cannes. Das Datum mit den zwei
13 wurde bewusst gewählt, denn tatsächlich
KMU des Monats
bekennt sich Sandrine Barabinot zum Aberglauben. Die Geschäfte von La Clusaz und
Saint-Tropez bleiben aus Kostengründen
ausserhalb der Touristensaison geschlossen.
Die Vertriebspartner erhalten nicht nur die
Chance, erfolgreiche Produkte zu verkaufen.
Genau wie die Franchisenehmer von Rita &
Zia müssen sie sich an gewisse Vorgaben
der Marke halten. Sandrine Barabinot und
ihre SB Diffusion überlassen nämlich nichts
mehr dem Zufall. Das pfiffige «Système D»,
welches sich in der Anfangszeit bewährt hatte, ist einer fachkundigen Unternehmensleitung auf allen Gebieten gewichen. Das gilt
vor allem für die strategische Ausrichtung
der Marke: Trotz verlockender Angebote von
Investoren will die Gründerin ihr Unternehmen nicht für auswärtiges Kapital öffnen.
Sie legt den Schwerpunkt auf das Schmuckdesign und führt eine bedachte Personalund Finanzpolitik. Dank der Unterstützung
ihrer 15 Mitarbeiterinnen kann sich Barabinot wieder vermehrt ihrer Passion, nämlich
der künstlerischen Gestaltung, widmen.
Fokusthema
16
17
Kampf den Fälschern
Je grösser der Erfolg einer Marke, desto mehr treten Produktfälscher auf
den Plan. Auch Rita & Zia ist nicht von Trittbrettfahrern verschont
geblieben. Nur zwei Jahre nach der Firmen-gründung tauchten auf
Märkten und in schweizerischen wie in ausländischen Modeboutiquen
Halsketten aus minderwertigen Holz- oder Steinperlen auf, an welchen
Symbolzeichen baumelten, die jenen von Rita & Zia überraschend ähnlich
waren. Die Schweizer Marke strengte daraufhin mehrere Prozesse wegen
Produktfälschung und unlauterem Wettbewerb an. «Ich war schockiert
zu erfahren, dass etliche Täter aus meinem unmittelbaren Umfeld
stammten», erinnert sich Barabinot. Seither lässt Rita & Zia alle
Schmuckkreationen patentrechtlich schützen. Aber wie erkennt die
Kundin, ob sie ein echtes Stück kauft? Auch hier hat das Unternehmen
Massnahmen getroffen: Einerseits steht der Markenname auf jedem
Artikel, und andererseits bürgt eine winzige patentierte Punze für seine
Echtheit (nichtdruckende Innenflächen eines Buchstabens).
Geschenk. Dieses
Armband mit Glücksbringern schenkt die
Marke ihren Kundinnen,
die eine Treuekarte
besitzen, zum Geburtstag.
Nächste Generation steht bereit
Der Umsatz von Rita & Zia steigt seit der
Firmengründung unablässig. Im vergangenen Jahr betrug er 3,5 Mio. Franken, und
ein Ende des Steigflugs ist nicht absehbar.
Inzwischen verkaufen weltweit mehr als
150 Partnerboutiquen die Produkte der Genfer Marke. Vor Kurzem unterzeichnete die
Firma einen Vertrag mit einem Vertriebsunternehmen in Brasilien. Die Zeiten, wo
Sandrine Barabinot kein Geld für Benzin hatte und wo sie nachts Perlen am Küchentisch
einfädeln musste, um ihre Kunden zu bedienen, sind passé. Auch das Jahr 2014 hat gut
begonnen. Liegt es vielleicht doch daran, dass
ihr erstes Amulett ein vierblättriges Kleeblatt
darstellte? Die Frage der Balance zwischen
etwas Glück und harter Arbeit lässt sich wohl
nie restlos klären, zumal die Schöpferin dem
Aberglauben nicht abgeneigt ist. ●
George Clooney
kommuniziert perfekt
Ein Ende des
Steigflugs ist nicht
absehbar.
Der Erfolg der Kommunikation für KMU hängt auch
vom richtigen Medienmix ab. Zeitungsinserate rechnen
sich immer noch. Braucht es heute aber auch
den Einsatz von Social Media?
Fotos: Fotolia, Nespresso und ZVG.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, heisst
es im Volksmund. Tatsächlich ist einer ihrer
Söhne ebenfalls künstlerisch tätig. Der angehende Innenarchitekt konnte die Mutter mit
seiner Kollektion von Wohnaccessoires überzeugen. Unter dem Label «Rita Home Line»
werden die bewährten Markensymbole wie
Tiger und Totenkopf auf hochwertigen Tuftteppichen bei einem prominenten belgischen
Hersteller neu interpretiert.
Barabinots Ideenreichtum ist unerschöpflich.
In weniger als fünf Jahren hat Rita & Zia den
Modeschmuck revolutioniert. Zudem bietet die Marke auch Accessoires wie Handtaschen, Etuis für Mobiltelefone, Badewäsche, T-Shirts, Schuhe, Parfüms und Herrenartikel an. Mit der Schmuckkollektion
«Black Line» ist nun auch der Einstieg ins
höhere Preissegment gelungen: Hier dominieren Gold und Diamanten. Ihr schönstes
Stück trägt die Designerin oft selbst. Es handelt sich um einen der Gothik-Szene nachempfunden Rüstungsring, der über und über
mit kleinen Brillanten besetzt ist. Der Preis
dieser Preziose liegt bei 7000 Franken.
BLICKPUNKT KMU
AUTOR THEO MARTIN
BLICKPUNKT KMU
Fokusthema
S
ieht eine Schweizerin ein Bild
von George Clooney, so denkt sie
sofort an Nespresso – solche positive Gedächtnisbilder zu schaffen,
ist für Professor Michael Boenigk
vom Institut für Kommunikation und Marketing der Hochschule Luzern die Idealvorstellung von Kommunikation. Das Beispiel
zeigt aber auch, wie stark sich Kommunikation und Werbung für KMU in den letzten
Jahren verändert haben: «Genügte früher
ein Inserat in der regionalen Tageszeitung
für eine Reichweite von 60 bis 80 Prozent, so
braucht es heute einen ganzen Medienmix»,
bilanziert Martin Bürki, Geschäftsleiter der
Gassmann Media in Biel. Das kann Firmen
ohne eigene Kommunikationsabteilung rasch
einmal überfordern.
Von 0 auf 15 Prozent
Gassmann Media in Biel konnte für Amag im
Seeland die Marke «Das WeltAuto» einführen.
Unter dieser neu geschaffenen Marke werden
die Occasionen von VW, Skoda, Seat und VW
18
19
also trotz des Wandels weiterhin sehr wichtig,
unterstreicht Martin Bürki. Das Inserat generiert weiterhin am meisten Werbegelder und
hat die stärkste Wirkung.
Nutzfahrzeugen verkauft. Gassmann begleitete nicht nur den Markteintritt kommunikativ,
sondern betreute auch Botschaft und Gestaltung der Kampagne vollumfänglich. Dazu
gehören Konzeption, Planung, Grafik und
Produktion aller Werbemittel – die Kampagne wurde schliesslich auf allen Kanälen in der
Region gefahren, wobei insbesondere auf innovative und auffällige Platzierungen geachtet
wurde.
Im «Bieler Tagblatt» fiel die Wahl auf ein
Post-it auf der Titelseite sowie auf eine
Kopfplatzierung auf einer Innenseite. Mobile gab es eine Fullscreen-Belegung. Dazu
wurden während insgesamt vier Wochen
Lokalradio und Regionalfernsehen belegt –
mit dem Resultat, dass die vorher gänzlich
unbekannte Marke nun in der für Occasionen
relevanten Zielgruppe der 18- bis 34-Jährigen
einen Bekanntheitsgrad von 15 Prozent hatte.
Die Nachkontrolle hat gezeigt, dass 63 Prozent der Befragten, die sich an die Kampagne
erinnern konnten, die Anzeige in der Tagespresse bemerkt haben. Tageszeitungen seien
Werbung muss Gesicht zeigen
«Direkt und authentisch» müsse heute kommuniziert werden, findet Armin Ledergerber
von der ZHAW School of Management and
Law – «und ein Gesicht zeigen». Der Kunde
wolle heute wissen, wer hinter einem Produkt stecke. Bei einem KMU sei diese Botschaft zwar schwieriger zu vermitteln, ist
sich Ledergerber bewusst. Denn diese Art
von Marketing ist bei kleinen und mittleren
Unternehmen noch nicht so verbreitet – und
die meisten Firmeninhaber sind auch nicht
ganz so bekannt wie George Clooney. Nur
eine «offene und authentische Kommunikation» führe zum Erfolg, ist Ledergerber aber
überzeugt. Auch ein KMU müsse transparent
sein. Die potenziellen Kunden will der wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für
Marketing-Management mit Kompetenzen
überzeugen: Das, was man besonders gut
kann kommunizieren und damit die Leute
packen, empfiehlt Ledergerber. So finde man
Anknüpfungspunkte für eine Diskussion
mit dem Kunden. Auf den Austausch online
kann dann ein Abschluss offline folgen. Der
Social Media: Ein Reifetest für KMU
Die ZHAW School of Management and Law hat zusammen mit Lardi & Partner Consulting einen Test
entwickelt, der die Social-Media-Reife eines Unternehmens misst. Das Social Media Maturity Assessment
ermöglicht eine schnelle und effiziente Messung der Social-Media-Reife. Auf der Basis von sieben
Fragen zu Social-Media-Tools, Ressourcen, Supportstruktur, Erfolgsmessung, Richtlinien, Beteiligung
des Managements sowie Unternehmenskultur wird die Reife auf einer fünfstufigen Skala eingeordnet.
Die Internet-Umfrage samt Beurteilung benötigt nur fünf Minuten. Das Ergebnis und die mitgelieferten
Vorschläge sollen helfen, die nächsten Schritte einer Social-Media-Strategie zu ermitteln.
Gute Werbung.
Anzeigen müssen direkt
und authentisch sein –
und zwar auf allen
Kanälen.
Strategie und Konzept der Vernetzung (Modell)
PR
«TelAuto»
Verkaufssendung
Die fünf Stufen im Detail (gekürzt):
• Aware (Bewusstsein schaffen) Sie sind sich grundsätzlich der Thematik «Social Media»
bewusst. Das Social Web spielt jedoch in ihrem Tagesgeschäft keine Rolle.
Marke Bekanntheit
• Listen (Zuhören) Sie sind sich der Thematik «Social Media» und dessen Einfluss auf Ihr
Geschäftsmodell bewusst. Sie überwachen und analysieren Online-Konversationen und identifizieren
Schlüsselnachrichten.
Imagewerbung
0
0
0
0
0
Print
Radio
Online
Mobile
TV
POS
• Communicate (Kommunizieren) Sie beteiligen sich an Online-Konversationen mit Ihren Kunden.
Dabei versuchen Sie, die Werte der Marke auch im Social Web zu leben.
Besuch «Das
Weltauto» vor Ort
(Wettbewerbs-Box)
• Support (Unterstützen) Die Beantwortung von Kundenanfragen im Social Web ist in Ihre
bestehende Support-Organisation integriert. Organisation und Mitarbeitende werden auf dem
jeweiligen Themengebiet wahrgenommen und bieten Beratung an.
Internetseite Amag Biel
Wettbewerb
0 Sticky Notes
0 Printwerbung
(Coupon)
• Engage (Mitmachen) Ihre Organisation nimmt eine aktive Rolle auf den Social-Media-Plattformen
wahr und schafft durch die Bereitstellung von Inhalten Mehrwert für die Kunden.
www.imm.zhaw.ch/smma
Internetseite DasWeltAuto
Sales / Action
Verkaufsförderung
0 Spezialangebot
Räder & Garantieverlängerung
1
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Fokusthema
20
Praxisbeispiel Rega: Gute Werbung wird verstanden
Die Rega verkauft keine Produkte. Sie kommuniziert daher auf zwei verschiedenen Kanälen:
Einerseits wird die Öffentlichkeit informiert «was wir als Rettungsorganisation tun», sagt Sascha
Hardegger, Leiter Kommunikation und Gönner der Rega. Andererseits gibt es
Kommunikationsaktivitäten im Bereich des Gönnerwesens. Nur in dieser Sparte werden alle
bestehenden Medien bedient. So gibt es Prospekte, Beiträge über die Rega in Printmedien
sowie eigene Kanäle wie die Gönnerzeitschrift und Social Media.
Unternehmenskommunikation, Medienarbeit und Gönneraktivitäten beanspruchen je etwa ein
Drittel des Kommunikationsbudgets. Alle Aktivitäten werden regelmässig überprüft. Wichtig ist
für Hardegger, dass die Kommunikation «zu unserer Organisation passt». Sie müsse authentisch
sein. Luxusprospekte würden der Rega nicht entsprechen. Von einer gemeinnützigen
Organisation, die sich weitgehend über Gönnergelder finanziert, werde eine gewisse
Zurückhaltung erwartet. Dazu müsse die Kommunikation sympathisch wirken. Persönlich ist
Hardegger überzeugt, dass gute Werbung verstanden wird.
Bei der Rega befasst sich eine Person schwerpunktmässig mit der elektronischen
Kommunikation. Bei den Sozialen Medien beschränkt sich Hardegger auf Facebook, weil dieses
Netzwerk dank der Verwendung von Bildern am besten zur Rega passt. Daneben gibt es den
Internetauftritt sowie einen Newsletter.
www.rega.ch
21
Dialog ist also nie Selbstzweck, sondern hat
immer das Ziel zu einem Geschäftsabschluss
zu führen.
Um diese Kontakte zu generieren, müssen
heute auch KMU mehrere Medien belegen.
Monomediale Kampagnen gebe es praktisch
nicht mehr, betont Martin Bürki. Jeder Firmeninhaber müsse sich deshalb überlegen,
was für ihn Sinn mache. Während für einen
Tag der offenen Tür Inserat und Radiospot in
Frage kommen, sind TV und Radio geeigneter für die Präsentation neuer Produkte.
Der Begriff
Corporate Publishing
bezeichnet die
journalistische und
periodische
Unternehmenskommunikation mit
eigenen Medien.
Dabei ist die Art der
Medien zunächst
unerheblich.
Die Wurzeln des
Corporate Publishing
liegen zwar traditionell
bei Printprodukten wie
Kunden-, Mitarbeiterund Mitgliederzeitschriften sowie
Firmenzeitungen,
doch auch die immer
zahlreicher werdenden
TV- und Audiomedien
sowie Online-Medien
zählen zum Corporate
Publishing – vorausgesetzt, sie sind
journalistisch geprägt.
Die Schwelle der Wirksamkeit
Die Gefahr ist jedoch, dass man sich verzettelt.
Martin Bürki plädiert dafür, weniger Kanäle
zu belegen, diese aber gezielt einzusetzen. Es
bringt nichts, möglichst viele Medien zu belegen, aber eine Anzeige nur einmal zu schalten.
Jedes Medium hat eine WerbewirksamkeitsSchwelle: Die Anzahl Einschaltungen, um
überhaupt wahrgenommen zu werden, habe
(Quelle: Wikipedia)
zugenommen, beobachtet Bürki. So brauche
es im Print mindestens drei Inserate, um eine
Wirkung zu erzielen. Weil nicht jeder täglich
das Regionalfernsehen anschaue, müssten
Werbungen dort mindestens 14 Tage lang laufen. Und dabei besteht laut Armin Ledergerber immer noch die Gefahr, dass man nicht
verstanden wird, weil man nicht die Sprache
des Kunden spricht.
Michael Boenigk plädiert deshalb für die integrierte Kommunikation, die in den 80erJahren des letzten Jahrhunderts entstanden
ist. Dabei geht es darum, alle Kommunikationsmassnahmen hinsichtlich Zeit, Inhalt
und Form aufeinander abzustimmen. Plakat, TV-Spot und Website sollen folglich die
gleiche Farbe haben, die gleiche Musik und
die gleichen Botschaften. Man erhofft sich
dadurch bessere Erinnerungseffekte bei den
Konsumenten. Und je öfter man den Auftritt
mit positiven Gedächtnisbildern wie bei Nespresso sieht, desto besser ist die Wirkung.
Praxisbeispiel: Schokolade aus dem Netz
Kamales Lardi /
Rainer Fuchs
Social Media Strategy
«A Step-by-Step
Guide to Building Your
Social Business» soll
Unternehmen helfen, Social
Media als Bestandteil
einer umfassenden
Unternehmensstrategie
zu verstehen und Schritt
für Schritt in verschiedene
Businessbereiche zu
integrieren. Ergänzt wird
das Fachbuch durch eine
Website mit umfangreichen
Fallstudien bekannter
Unternehmen.
ISBN 978-3728135575
Vdf Hochschulverlag
Zürich 2013.
www.build-your-socialbusiness.eu
BLICKPUNKT KMU
MySwissChocolate entstand aus der Idee heraus,
stellten wir zehn Varianten in den Blog und liessen
ein qualitativ hochwertiges Produkt individuell
die Leser entscheiden», erinnert sich Beichler.
nach Kundenwunsch anbieten zu können. Heute
Hier hatte der Kunde immer das letzte Wort. So
gilt das Unternehmen als Paradebeispiel für den
bestimmte er neben Logo auch die Preisstruktur
Einsatz Sozialer Medien. Das KMU ist unter
und machte Vorschläge zu der besten Versandart.
anderem vertreten auf Facebook, Twitter, Google
Später kam der Auftritt bei Facebook dazu. Immer
Plus, Youtube und Pinterest.
wieder wurden den Kunden Fragen gestellt,
Aus den langjährigen Erfahrungen der vorgängi-
beispielsweise zu den gewünschten Zutaten. Die
gen Startups der Freunde Sven Beichler und
Resultate müssten dann unbedingt auch umge-
Christian Philippi im Bereich des individuellen
setzt werden, betont CEO Sven Beichler: «Sonst
Premiumcaterings und des Eventbereiches
ist man nicht authentisch.»
entstand der Wunsch, vermehrt auf einzelne
MySwissChocolate in Pfäffikon/ZH macht auch
Kundenwünsche eingehen zu können. So wurde
heute keine Werbung, sondern bewegt sich
monatelang überlegt, welche Produkte sich wohl
ausschliesslich in den Sozialen Medien – dort ist
eignen würden. Stets war klar, dass die Qualität
man aber an 365 Tagen pro Jahr präsent. Heute
in Produkt und Herstellung absolut top sein
betreuen zwei Mitarbeiter des achtköpfigen
musste. Zudem war ein Schweiz-Bezug gefragt.
Kernteams die vielen Plattformen und die App.
Da Uhren, Milch und Käse nicht die erste Präferenz
Daneben sind sie auch zuständig für die Ratgeber-
waren, kam man schnell auf Schokolade.
Community gutefrage.net als firmenunabhängiges
Weil kein Geld für Marketing vorhanden war,
Netzwerk. Beichler: «Man muss dort sein, wo
setzte Beichler vor fünf Jahren «notgedrungen»
sich die Leute bewegen – und reagieren auf das,
auf Social Media. Wesentliche Inputs kamen
was die Kunden schreiben.»
hierbei immer auch von den Kunden aus dem
schon früh aufgesetzten Firmen-Blog. «Weil wir
uns nicht über das Firmenlogo einigen konnten,
www.myswisschocolate.ch
Kommunikation in Schweizer KMU
qualitative Ergebnisse
Anzahl und Ähnlichkeit
der Botschaften steigt
Einsatz externer Kommunikationsinstrumente
und -mittel
78
69
70
Wettbewerbsdruck.
60
Herausforderung der Stützung des Erreichens der strategischen
63
59
56 55
54
50
Unternehmensziele.
40
❚ Homogenität der Leistungsangebote: Die Produkte und Dienstleistungen
30
gleichen sich hinsichtlich ihrer Qualität immer mehr an.
20
44 44
37 34
29 28
26 25 23
15
13
Newsletter
Plakate
Lobbying
Multimedia
Publireportagen
Geschäftsberichte
Medienmitteilungen
Online-Werbung
Fachartikel
Kundenmagazine
Herausforderungen der Differenzierung gegenüber den Wettbewerbern.
Sponsoring
Kommunikationswettbewerb: Die Anzahl der Kommunikationsbot-
schaften steigt bei zunehmender Ähnlichkeit und abnehmender Wirkung.
Direct-Mailings
Marketingmix.
Events
0
Imagebroschüren
10
Herausforderung der wachsenden Bedeutung der Kommunikation im
❚
86
10
TV-Spots
durch das zunehmend internationale Leistungsangebot – der
❚
87
80
Radio-Spots
90
Steigender Wettbewerbsdruck: In vielen Branchen steigt – hervorgerufen
Medienkonferenzen
Nennung 100
in Prozent
Herausforderungen der Kommunikation in KMU
Messen
Dabei spielt auch Social Media eine immer
grössere Rolle. Social Media (auch Soziale Medien) bezeichnen digitale Medien und Technologien, die es Nutzern ermöglichen, sich
untereinander auszutauschen und mediale
Inhalte einzeln oder in Gemeinschaft zu erstellen. Beispiele dafür sind Facebook, Twitter,
Blogs und Fotosharing.
Armin Ledergerber warnt jedoch davor, einfach aufzuspringen. Ob man Social Media
einsetze, komme primär auf die Zielgruppe
an. Das unterstreicht auch Boenigk: Erst wenn
sich auch die Zielgruppe in den Sozialen
Medien bewege, sei es relevant dort mitzumachen. Am Anfang jeder Kommunikation steht
für Boenigk die Frage, was man erreichen und
wen man ansprechen will. Ob der Einsatz
eines Mediums Sinn macht, hänge letztlich
davon ab, wie affin die Zielgruppe sei. Da Erfahrungswerte gerade bei den neuen Medien
oftmals fehlen, brauche es eine gute Auseinandersetzung mit dem Thema.
Problematisch kann dabei gemäss Ledergerber sein, dass nicht der Dialog im Zentrum
steht, sondern traditionelle Einweg-Kommunikation. Es brauche aber die Bereitschaft,
sich auf den Dialog einzulassen. Voraussetzung dafür sind Investitionen, beispielsweise muss das Personal entsprechend geschult
werden. Ledergerber empfiehlt deshalb, die
Sozialen Medien zuerst privat auszuprobieren, bevor im Namen der Firma gespro-
23
Website
Social Media bewusst einsetzen
Anzeigen
22
Gespräche
Fokusthema
Frage: Welche Kommunikationsmittel setzt Ihr Unternehmen im Rahmen der externen Kommunikation ein?
Instrumentenvielfalt: Die Anzahl der Kommunikationsinstrumente
und -medien wächst.
innert Minuten um die Welt gehen. Jeder
kann etwas schreiben, sagt Boenigk, es muss
nicht mehr wie früher von einem Journalisten
verifiziert worden sein. Das ist eine Gefahr für
jedes Unternehmen, da sehr rasch ein Shitstorm entstehen kann (Sturm der Entrüstung
im Internet, der zum Teil mit beleidigenden
Äusserungen einhergeht). Eine Unternehmung wird dadurch auch abhängig davon,
was andere über sie sagen.
Durch die Verbreitung der Sozialen Medien
ändert sich laut Boenigk der Entscheidungsprozess: Ging man noch vor wenigen Jahren
für die Beratung ins Reisebüro, so konsultiert
man heute Tripadvisor. Wollte früher jemand
eine Auskunft, so griff er zum Telefonhörer.
Heute können die Sozialen Medien zur Beratung genutzt werden. Später kann ein OnlineShop die Palette erweitern. Es stellt sich also
die Frage, ob ein Unternehmen genügend
Geld und Ressouren hat, um das alles zu steuern. Soziale Medien könnten aber gerade für
KMU sehr interessant sein – vorausgesetzt
man hat jemanden, der den Auftritt auch betreuen kann.
Herausforderung des Erreichens der Zielgruppen.
Quelle: Best Practise der Kommunikation in KMU: Erfolgsfaktoren und Entwicklungspotentiale
für die Kommunikationspraxis der KMU, Prof. Dr. Michael Boenigk
chen wird. Dann gelte es, relevante Inhalte
bereitzustellen, über die man sich effektiv austauschen kann.
Boenigk erklärt es so: Die Informationshoheit
über eine Marke liegt nicht mehr allein beim
Unternehmen, denn in den Sozialen Medien
gibt es einen regen Austausch. Hinzu kommt
der Multiplikatoreffekt. Eine Botschaft kann
Selectline
Facebook ist nicht teuer...
In den USA fragt
heute niemand
mehr, ob Social
Media relevant ist.
BLICKPUNKT KMU
Einen Facebook-Auftritt zu starten sei nicht
teuer, sagt Boenigk. Und man spare erst noch
bei den Anzeigekosten. Die Betreuung aber ist
aufwendig. Denn ein Auftritt in den sozialen
Medien brauche Traffic – «sonst bringt es
nichts», so Boenigk. Gefragt sind also zusätz-
liche Massnahmen und Aktionen wie Wettbewerbe und Filme.
Entscheidend sei deshalb, welches Ziel man
verfolge, so Boenigk. Strebt ein Unternehmen
Bekanntheit und Reichweite an, so braucht
es eine Breitenwirkung in Form von Plakaten
oder Beiträgen in Magazinen (beispielsweise
Publireportagen). Während der erste Kontakt
über solche Offline-Massnahmen zustande
kommt, erfolgt die Vernetzung über die Sozialen Medien. Denn da kann das Unternehmen
in einem zweiten Schritt in direkten Kontakt
mit der Zielgruppe treten. Voraussetzung dafür ist, dass die Zielgruppe gross genug ist
und eher jüngere Personen enthält. Das B2BGeschäft kommt dafür kaum in Frage, da die
Zielgruppe zu speziell ist.
Für Ledergerber ist letztlich die Kombination entscheidend. Die Verknüpfung entsteht,
weil online und offline die gleichen Kernbotschaften verwendet werden. Der Umfang
des professionellen Einsatzes von Sozialen
Medien ist in der Schweiz aber «immer noch
verschwindend klein». Gerade im KMUBereich sind kaum Zahlen vorhanden. Und es
existiert kein Messverfahren, um die digitale
Kommunikation zu messen. Der Rückstand
auf Deutschland und die USA sei gross –
«gerade in Amerika fragt heute aber niemand
mehr, ob Social Media tatsächlich relevant
ist», so Ledergerber. ●
www.gassmannmedia.ch
Fokusthema
Expertenwissen
24
Ruedi Josuran ist CIO, Fachspezialist Prä26
vention Gesundheitsförderung, Burnout-Prävention und Gesundheits-Coach, BGM Forum
Schweiz, Zug. www.bgm-forum-schweiz.ch
Beat Rüfli ist Kaufmann, Experte Betriebliches
Gesundheitsmanagement, Geschäftsführer
bizfit. www.biz-fit.ch
Kommunikations-Audit
für Schweizer KMU
Offenlegen der Kommunikationspraxis in KMU
Eine quantitative Analyse (782 eingegangene Datensätze, Rücklaufquote 21%) sowie
Interviews mit 20 isolierten Best-PracticeUnternehmen legten die wirtschaftliche Performance sowie die Planung und Organisation der KMU-Kommunikation offen. So
haben knapp 75 Prozent der befragten Unternehmungen bereits eigene Kommunikationsstellen geschaffen. Positiv ist auch die oftmals
hohe hierarchische Einordnung der Kommunikationsverantwortlichen, vor allem auf der
Ebene der Geschäftsleitung. Nachholbedarf
besteht hinsichtlich der schriftlichen Festlegung der Kommunikation, denn lediglich in
knapp über 50 Prozent der Unternehmungen
basiert diese auf einer schriftlich festgelegten
Kommunikationsstrategie.
Entwickeln eines Kommunikationsmodells für KMU
Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse wurde ein umfassendes Anforderungsprofil für ein KMU-taugliches Kommunikationsmodell erarbeitet. Als eine Anforderung
wurde beispielsweise dessen einfacher Einsatz
in Unternehmungen mit geringeren Planungskapazitäten abgeleitet. Basierend auf dem
Anforderungsprofil wurde ein drei Ebenen
umfassendes Kommunikationsmodell entwickelt, dass sich unter anderem durch die Variabilität des Einsatzes auf Unternehmungs-,
Marken- und Projektebene auszeichnet.
Entwickeln eines OnlineSelbstanalysetools
Als drittes Ergebnis des Forschungsprojektes
wurde ein browser-basiertes Tool zur Selbstanalyse der Kommunikationsqualität von
Unternehmungen entwickelt. Mit diesem
Tool können Unternehmungen ihre Kommunikationstätigkeit einem Benchmark unterziehen und bewerten lassen. Nach dem
Ausfüllen eines Online-Fragebogens erhalten
die Unternehmungen ein Direktfeedback zur
Leistungsfähigkeit der eigenen Kommunikation in Relation zu anderen Unternehmungen.
Das Tool…
• … zeigt Stärken und Schwächen der Kommunikation im Vergleich zu den Forschungsresultaten;
• … liefert Anhaltspunkte zu Effizienz- oder
Effektivitätssteigerungen der Kommunikation;
• … ermöglicht einen Kommunikationsbenchmark im Vergleich mit Unternehmungen
ähnlicher Grösse oder gleicher Kundenart. ●
Die Betreuung des
Facebook-Auftritts
ist aufwendig.
PERSONAL GOVERNANCE
Die sinnvolle
Steuerung
der gesunden
Führung
Infolge der rasanten Veränderungen in der modernen
Arbeitswelt steigen auch die Anforderungen an die Belastbarkeit
und Flexibilität. Gleichzeitig führt die demografische Entwicklung
dazu, dass das Angebot an jüngeren Arbeitskräften zurückgeht
und das Durchschnittsalter der Belegschaften steigt.
Informationen zu den Forschungsresultaten
und zum Online-Tool sind zu finden unter:
www.kommunikationsaudit.ch
AUTOREN RUEDI JOSURAN UND BEAT RÜFLI
U
Quelle: Das Forschungsprojekt wurde
vom Institut für Kommunikation
und Marketing IKM der Hochschule
Luzern – Wirtschaft in
Kooperation mit dem Institute
for Competitiveness
and Communications ICC
der Fachhochschule
Nordwestschweiz
durchgeführt.
mso wichtiger ist, dass Führungskräfte von KMU ihre Mitarbeitenden nicht nur fachlich,
sondern auch gesundheitlich fördern, indem sie sich verstärkt für
die Gesundheit, Zufriedenheit und Motivation
ihrer Mitarbeitenden engagieren. Die Einsicht
wächst, dass Investitionen in die Gesundheit
von Mitarbeitenden deren Zufriedenheit sowie
Fotos: Fotolia und ZVG.
K
MU stehen im Wettbewerb
vor vielfältigen Herausforderungen. Dabei wird die Kommunikation immer mehr zu
einem bestimmenden Faktor
für den ökonomischen Erfolg. Bisher fehlten
jedoch Ansätze zur Gestaltung der Kommunikation in KMU. Mit einem Forschungsprojekt der Hochschule Luzern und der Fachhochschule Nordwestschweiz wurde diese
Lücke geschlossen. Das von der KTI und privatwirtschaftlichen Partnern (Infel AG und
Swisscom) unterstützte Forschungsprojekt
erzielte drei wichtige Ergebnisse.
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Produktivität erhöhen, und auch den Krankenstand dauerhaft senken.
Gemäss Gallup, einem der führenden Forschungsinstitute, ist erwiesen, dass sich jeder
investierte Franken in die Prävention und
Gesundheitsförderung in Mitarbeitende dreimal bezahlt macht. Dazu wird das Image des
Unternehmens nach innen und aussen verbessert und damit insgesamt der Erfolg und die
Expertenwissen
Performance gesteigert. Immer mehr zeigt sich,
dass der Einfluss der persönlichen Lebensweise der Führungskräfte eine grosse Rolle auf die
Sensibilisierung und nachhaltige Umsetzung
von BGM im Betrieb hat.
Für eine wachsende Anzahl Führungskräfte in
KMU setzt sich die Überzeugung durch, dass
Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter einen unternehmerischen «Wert» darstellt, in den es sich zu investieren lohnt. In
der heutigen schnelllebigen, komplexen Leistungsgesellschaft ist für Führungskräfte die
körperliche, seelische, soziale und existenzielle
Gesundheit eine absolute Voraussetzung, um
die täglichen Herausforderungen erfolgreich
meistern zu können. Die Verbesserung der Arbeits- und Lebensqualität zählt deshalb zu den
wichtigsten Aufgaben erfolgreicher Führung.
Chefs müssen reflektieren können
Health Leadership ist die Aufgabe, andere Menschen wachsen zu lassen, fachlich wie menschlich. Dafür brauchen wir Führungskräfte, die
bereit sind, sich selbst zu reflektieren und in
hohem Masse über Dialogfähigkeit, Einfühlungsvermögen und Zuhörerqualität verfügen.
Der Buchautor und Betriebsökonom Fredy
Hausamann spricht davon, dass in der Corporate Governance ein Perspektivenwechsel
angesagt ist: Personal Governance heisst das
notwendige Pendant zu Corporate Governance
im persönlichen Bereich.
Es geht dabei um ein neues Führungsverständnis: um reflektierte Selbsteinschätzung und
Selbstüberprüfung, um ethisches Management,
um den Umgang mit Stresssituationen und mit
der eigenen Reputation, um die persönliche
Weiterentwicklung und um die Notwendigkeit ausserberuflicher Passionen. Das Konzept
der Personal Governance zeigt auf, dass das
persönliche Verhalten der Verantwortlichen als
Bestandteil einer guten Corporate Governance
entscheidend ist für den nachhaltigen Erfolg
und die Gesundheit von Unternehmen und Gesellschaft.
Eine gut funktionierende Personal Governance
erfordert die Fähigkeit zur Selbstreflexion,
Selbsteinschätzung und Selbstregulation und
das Erkennen der eigenen Grenzen. Wichtig
ist auch das Kennen und das gezielte Verbessern der eigenen Produktivität der Zeit und ein
reflektierter Umgang mit den eigenen Zeit-
26
investitionen. «Personal Governance» nennt
Hausammann den vernünftigen Umgang mit
den eigenen Ressourcen. Ein gesundes Bewusstsein über eigene Fähigkeiten, Begabungen sowie
persönlichen Prioritäten und Lebens-Ziele.
In diesem Training geht es um:
• die Entdeckung Ihrer Werte,
Wertvorstellungen und Bedürfnisse;
• Ihre Motivationen, Visionen und Ziele;
• Ihre Stärken und Erfolge und
das bewusste Feiern Ihrer Erfolge.
Kurz: Selbst-Bewusstsein, Motivation und
Selbstwert-Gefühl. Wann haben Sie sich als
Führungsperson oder Mitarbeiter/in letztmals
diese Fragen gestellt:
• Wenn ich so weiterlebe, bin ich
in fünf Jahren noch glücklich, gesund,
aktiv und attraktiv sowie zufrieden?
• Wie geht es mir heute in meiner Situation?
• Was ist mir wichtig? Was brauche ich?
• Wie bekomme ich was ich brauche?
• Was kann ich tun? Wer könnte mich
unterstützen?
Das BGM Forum Schweiz in Zug bietet für Führungskräfte und Mitarbeitende vor Ort mittels
evidenzbasierter Methoden aus Medizin, Sportwissenschaft und Arbeitspsychologie medizinische Gesundheits-Check-ups an. Umfangreiche
Risikoparameter werden gemessen und erfragt.
Die Risikoanalyse führt zur gezielten Beratung
und Empfehlung von Veränderungsmassnah-
Das persönliche
Verhalten ist
Bestandteil
der Corporate
Governance.
27
men oder zur Weiterleitung an den Hausarzt.
Der grösste Nutzen entsteht dann, wenn
Gesundheit und Ausgeglichenheit der Führungskräfte und der Mitarbeitenden nachhaltig erhalten werden können und Fehlentwicklungen frühzeitig erkannt werden. Das BGM
Forum Schweiz setzt nach erfolgten medizinischen Gesundheits-Check-ups auf individuelle
Begleitung und Betreuung.
Neue Kräfte freisetzen
Jeder Teilnehmer des Gesundheits-Check-ups
erhält ein individuell auf ihn zugeschnittenes
Interventionsprogramm, welches mehrere Ebenen umfasst. Es knüpft an die «klassischen»
Felder Bewegung, Ernährung und Entspannung
an, reicht über das Thema Stressprävention bis
zur Frage der WorkAbility (Arbeitsfähigkeit),
eines gesundheitsorientierten Führungsstils
sowie einer gesundheitsorientierten Arbeitsorganisation und schliesst den Bogen beim
betrieblichen Gesundheitsmanagement. Mit
diesem Prozess erlangen Mitarbeitende und
Führungskräfte innere Klarheit und somit einen erweiterten Blick für Möglichkeiten und
Chancen. Neue Kräfte und Energien werden
freigesetzt und ermöglichen Ihnen eine andere
Gestaltung Ihres privaten und beruflichen Lebens.
bizfit, als Kooperationspartner von BGM Forum
Schweiz, unterstützt und begleitet die KMU
dank langjähriger Erfahrung in den Bereichen
Unternehmensführung und -entwicklung sowie Change Management in diesem Verände-
rungs- und Weiterentwicklungsprozess. Mit viel
Praxisbezug nehmen wir Ihre Perspektiven ein,
sind Sparringpartner und Personal Coach. Mit
dem externen Blick und dem Verständnis des
Unternehmers stärken wir Sie auf dem Weg zum
gesunden und dauerhaften Unternehmenserfolg.
Mehr als Absenzenmanagement
Wenn man für die Zukunft den Wettbewerbsfaktor Mensch im Fokus hat, gehört zu einem
BGM mit erweiterter Sichtweise auch die
Betrachtung des Überzeugungs- und Wertekapitals des Unternehmens. Die zukunftsrelevanten Werte der Unternehmensleitsätze
mussten allerdings in gelebte Alltagskultur umgesetzt werden. Die dann von allen Mitarbeitern
gemeinsam gelebten Werte bieten diesen eine
Orientierung, führen zu weniger Reibungsverlusten und vermitteln so dem Unternehmen
Stabilität. Es erhöht sich das Commitment
aller Beteiligten, vor allem des Managements,
welches einer der wesentlichen Indikatoren
für eine Leistungssteigerung ist. Wenn ein
BGM nicht als Sozialleistung für die Mitarbeiter verstanden wird, sondern als Investition in
das Personalvermögen, ist die zu erwartende
Rendite aus der Investition eine entscheidende Frage für das Unternehmen. Ein BGM in
einem Mittelstandsunternehmen muss sich
für das Unternehmen wirtschaftlich lohnen.
In den meisten Unternehmen wird der durch
ein BGM erzielbare Nutzen noch allein an der
Veränderung des Absentismus und den daraus
resultierenden, ersparten Entgeltfortzahlungen
festgemacht. Dieser Effekt ist relativ einfach
nachzuweisen, auszurechnen und darf nicht
vernachlässigt werden.
Ebenso ergeben sich durch gesunkene Unfallzahlen auf der einen Seite ersparte Lohnfortzahlung, auf der anderen Seite aber auch geringere
Beiträge zu BGM durch anteilige Rückerstattung von Beiträgen. BGM ist ein Veränderungsprozess in den Verhältnissen des Unternehmens
und im Verhalten aller Mitarbeitenden. Vor
allem aber ein Wandel von Unternehmenskultur und -werten, welcher Zeit und Geduld
braucht. Haben Sie den Mut und die Ausdauer
andere Wege zu gehen, um mit gelebter Personal
Governance und gesunder Führung Ihren persönlichen und geschäftlichen Erfolg sinnvoll zu
steuern und langfristig zu sichern. ●
Expertenwissen
Thomas Hasenfratz ist Gründer der Firma
cloudWEB – digitale medien. Seit über zehn
Jahren beschäftigt er sich professionell mit dem
Medium Internet. Sein Spezialgebiet ist das
Online-Marketing, insbesondere die
Suchmaschinenoptimierung.
28
INTERNET
Die zehn Gebote
für Ihr Websiteprojekt
www.cloudweb.ch/dienstleistungen/webdesign
Zudem ist es wichtig, dass die Projektleiterin/
der Projektleiter befugt ist zu entscheiden. Kurze Wege bedeuten wenig Zeit (= weniger Geld).
Falls Ihr Projektleiter und sein Team aktiv mithelfen können (z. B. erstellen von Texten und
Bildmaterial), bezahlen Sie weniger extern, dafür steigen die (günstigeren?) internen Kosten.
Im Internet lässt sich viel Geld verlochen – vor allem,
wenn das Projekt ohne präzisen Plan beginnt.
AUTOR THOMAS HASENFRATZ
gefällt Ihnen auf deren Seiten? Unter welchen
Stichworten tauchen Sie bei Google auf? Kopieren Sie Ihre Konkurrenz nicht, aber lassen Sie
sich inspirieren. Wie können Sie ein Feature, das
auf deren Seite ist, ausbauen, perfektionieren
und für sich nutzen?
Besuchen Sie Seiten aus anderen Branchen. Wie
und was kommunizieren die? Wie können Sie
Ihre qualitativ hochstehenden Inhalte darstellen? Die Internetseite vermittelt heute sehr oft
den ersten Eindruck Ihrer Firma. Dementsprechend wichtig ist ein ansprechender, kompetenter und aktueller Auftritt.
1 I SMART vorgehen
Bestimmen Sie eine Projektgruppe sowie die leitende Person. Von Vorteil hat diese Gruppe auch
die Entscheidungsvollmacht, damit die Wege
kurz und somit Kosten minimal gehalten werden können. Sobald diese Gruppe steht, werden
die Ziele festgehalten. Am besten verwenden Sie
dabei die SMART-Regel: Die Ziele sollen spezifisch und messbar sein. Alle Beteiligten müssen
die Ziele akzeptieren können. Zudem sollen die
Ziele realistisch und terminierbar sein.
2 I Zielgruppe kennen
Bestimmen Sie Ihre Zielgruppe. Wen sprechen
Sie an? Und was wollen diese Menschen von
Ihnen? Die konkreten Ziele sowie die Details
zur Zielgruppe helfen der Agentur, Design und
Funktionalität Ihrer neuen Webpräsenz passend
zu erstellen.
3 I Konkurrenz analysieren
Surfen Sie im Internet, suchen Sie Seiten, die
Ihnen gefallen und solche, die Ihnen nicht passen. Suchen Sie nach Ihrer Konkurrenz. Was
Gesammeltes Wissen.
Wie aus Daten verwertbare
Informationen werden.
len Sie diesen Punkt hinter den nächsten und
finden Sie die für Sie passende Lösung zusammen mit Ihrer Agentur.
6 I Agentur wählen
Nun sind Sie soweit: Sie haben die wichtigsten Informationen zusammen, um Agenturen
anzugehen und einen «Pitch» zu veranstalten.
Bei einem «Pitch» bitten Sie drei bis vier Agenturen, Ihnen Vorschläge für Layout, Funktionalität sowie eine Offerte zukommen zu lassen.
Am einfachsten suchen Sie die Agenturen im
Internet. Schauen Sie sich deren Seiten an, vielleicht finden Sie auf der Referenzseite ähnliche
Projekte. Investieren Sie Zeit in die Recherche,
lassen Sie sich aber auch vom Bauchgefühl leiten. Wichtig ist zum Schluss die Frage: Kann
ich mir vorstellen, mit dieser Agentur auch über
eine längere Zeit zusammenzuarbeiten? Und es
ist von Vorteil, wenn die Agentur in Ihrer Nähe
ist. So können Sie auch die Menschen hinter der
Agentur persönlich kennenlernen und im Falle
eines Falles ist die Hilfe schnell vor Ort.
Geben Sie der
Agentur einen klaren
und detaillierten
Auftrag. Machen Sie
ab, wann sie welche
Zwischenresultate
sehen möchten.
4 I Seite pflegen
Von Vorteil bestimmt die Gruppe bereits vor
dem eigentlichen Projektstart eine Person, die
nach der Realisierung der Seite für deren Pflege verantwortlich ist. Regeln Sie auch gleich
die Stellvertretung: Das Internet ist ein schnelllebiges Medium, entsprechend wichtig sind Ihre
Reaktionszeit und die Aktualität der WebsiteInhalte. E-Mails sollten ususgemäss innerhalb
von 24 Stunden beantwortet werden. Es reicht,
wenn Sie dem Absender signalisieren, dass Sie
sein Anliegen bearbeiten und sobald als möglich
wieder auf ihn zukommen.
Bevor Ihre Seite online geht, wird jede professionelle Agentur Tests auf verschiedenen
Endgeräten (Computer, Tablet, Smartphone)
und in etlichen Browsern durchführen, um
die Funktionalität zu gewährleisten. Machen
Sie dasselbe: Funktioniert jedes Formular?
Kommen E-Mails an? Werden Sie informiert,
wenn jemand einen Kommentar im Blog
hinterlassen hat? Wichtig: Seit 2012 ist in der
Schweiz eine Impressumseite Pflicht. Ist diese
vorhanden?
9 I Internetseite warten
Zum Zeitpunkt der Schaltung funktioniert
die Website, wie die Tests gezeigt haben. Doch
wie wird das in ein paar Monaten oder Jahren sein? Die Technik entwickelt sich rasant –
benötigen Sie einen Wartungsvertrag, damit
ihre Website sich mitentwickelt? Was passiert,
wenn einmal der E-Mail-Verkehr ausfällt? Wer
ist bei Ihnen intern für solche Zwischenfälle
verantwortlich, wen können Sie extern (bei
der Agentur) erreichen?
10 I Online gehen
7 I Kosten sparen
Normalerweise halten Agenturen die Offerten
auch ein, die sie erstellen. Wenn Sie aber mitten
im Prozess die Ziele ändern, neue Features einbauen wollen oder das Layout ändern, kostet Sie
das nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Es lohnt
sich, der Agentur einen klaren und detaillierten
Auftrag zu geben. Machen Sie auch Zeitpunkte ab, zu welchen Sie Zwischenresultate sehen
möchten. Diese sollten in vernünftigen Abständen gewählt werden, damit Sie im Bilde sind,
die Agentur aber auch daran arbeiten kann und
nicht nur Präsentationen vorbereiten muss.
5 I Systeme kennen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Internetseite und deren Inhalte zu pflegen. Üblich
sind sogenannte CMS (Content Management
Systeme = Inhaltsverwaltungssysteme). Dabei
können Sie auf «Open Source-Systeme» oder
Eigenentwicklungen zurückgreifen. Entscheiden Sie, was für Sie das richtige ist. Falls Sie sich
in diesem Bereich nicht so gut auskennen, stel-
Fotos: Fotolia und ZVG.
D
ie Realisierung oder Überarbeitung des Internetauftrittes ist immer etwas Spezielles – ausser Sie
arbeiten in einer Webagentur und
verdienen damit Ihr Geld. Falls
nicht, finden Sie im eBook der Agentur cloudWEB die zehn Gebote aus Kundensicht für ein
erfolgreiches Projekt. Damit die Website Ihres
Unternehmens so effektiv wie möglich wird, bedarf es wie bei jedem Projekt viel Vorarbeit. Für
Webagenturen ist dies Alltag. Hier finden Sie die
zehn wichtigsten Schritte zur (neuen) Website.
8 I Website abnehmen
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Dem Start Ihres neuen Online-Auftrittes steht
nichts mehr im Weg. Das wissen Sie. Doch
wissen das auch Ihre Mitarbeitenden und die
Kundschaft? Schauen Sie, dass Ihre Internetadresse auf Ihren Briefschaften ersichtlich ist,
ebenfalls in den Signaturen in den E-Mails.
Je nachdem lohnt es sich auch, den neuen
Webauftritt mit zusätzlichen Marketingmassnahmen zu bewerben. Falls beispielsweise
eines Ihrer Ziele war, zehn Prozent mehr Anfragen über das neue Kontaktformular zu erhalten, können Plakate, Inserate oder Radiospots hilfreich sein. ●
Expertenwissen
Lorenz Schmid ist Gründungspartner und
Managing Director bei in flagranti. Mit erfolgreichen
Kommunikationslösungen stärkt die inhabergeführte
Agentur mit Sitz in Lyss Beziehungen zwischen
Menschen und Marken. Im Vordergrund steht das
unternehmerische Denken und Handeln. Lorenz
Schmid berät KMU und Grossunternehmen mit Sitz
in der Schweiz. www.inflagranti.ch
30
Nach wie vor sind Marken starke Orientierungspunkte im Leben von Konsumenten. Markenwelten interessieren. Gemäss
der Edelmann-Markenstudie «brandshare»
wünschen heute 95 Prozent der Menschen
einen tiefer gehenden Dialog mit Marken und
89 Prozent wollen an der Marken- und
Unternehmensgeschichte teilhaben. Starker
Content wird zum «Must have» und ContentMarketing zu einer Art Königsdisziplin in der
Markenführung, weil es Unternehmen in den
Suchmaschinen, in den Köpfen und in der
Branche ganz nach oben bringt. Und weil es
der Beginn einer wunderbaren Freundschaft
zwischen Mensch und Marke sein kann.
Ohne Ziel kein Weg
Content produzieren ist weit mehr, als einfach ein paar beliebig nette Unternehmensgeschichten zu erzählen. Seit Menschengedenken wohnt in jeder Geschichte eine explizite
oder implizite Botschaft, die Einsicht vermittelt und Verhalten steuert. Man denke dabei
nur an die Bibel, den Koran oder die Thora.
Gute Geschichten prägen und leiten. Und
genau so, wie eine Unternehmenskultur die
Summe der Geschichten ist, die man sich
erzählt, genau so ist Konsumentenverhalten unter anderem eine logische Folge von
wahrgenommenen Markengeschichten. Markengeschichten steuern. Steuern heisst, ein
klares Ziel vor Augen zu haben. Steht beim
Content Marketing unsere Bekanntheit im
Vordergrund? Geht es vordringlich um eine
notwendige Imagekorrektur? Treten wir primär in den Dialog mit Kunden? Konzentrieren wir uns bewusst auf die Absatzförderung? Legen wir schwergewichtig Wert auf
den Aufbau von (Fach-)Wissen? Betreiben wir
mit der Content-Marketing-Strategie vor allem Marktforschung? Oder steht unser Kundenservice im Vordergrund?
CONTENT MARKETING
Content is ranking
Die neuen Medien haben bei Menschen neue Bedürfnisse ausgelöst.
95 Prozent wünschen gemäss der Edelmann-Markenstudie «brandshare»
einen tiefer gehenden Dialog mit Marken und fast ebenso viele möchten
an der Marken- oder Unternehmensgeschichte teilhaben.
AUTOR LORENZ SCHMID
Lust und Laune gezwitschert wird. Den Sozialen Medien sei Dank schauen Konsumenten
heute nicht mehr auf die Fassade eines Unternehmens, sondern direkt dahinter, was Marken dazu zwingt, nicht nur ehrlicher denn je
zu produzieren, sondern auch transparenter,
offener, individueller und schneller denn je zu
kommunizieren. Das stellt Kommunikationsverantwortliche heute vor grosse Herausforderungen. Aber auch vor grosse Chancen.
Oben:
Hier finden Sie relevante
Trends für die Märkte
«Dienstleistungen
und Services»,
«Energie und Technologie»,
«Gesundheit und Food».
Weitere Wordclouds
für die Märkte
«Institutionelles»,
«Mobilität»,
«Kommunikation und
Design» finden Sie unter
www.inflagranti.ch/zak-06
BLICKPUNKT KMU
Fotos: Fotolia und ZVG.
W
o Marken früher mit
viel Muskelkraft und
noch mehr Werbegeld
in
reichweitenstarken
Medien prunkvolle Fassaden zur Schau stellten und monologisch um
die Gunst der Konsumenten buhlten, ist heute
getrieben durch das Web 2.0 ein vibrierendes,
aber auch komplexes Mediennetzwerk entstanden, über welches auf Knopfdruck nach
Schritt 1 I Analyse Marke
Marken bieten Projektionsflächen, die weit
über den reinen Produktnutzen hinausgehen.
So geht es beispielsweise bei einem DüngerBLICKPUNKT KMU
6 starke Gründe
für Content Marketing
Menschen wollen von Marken stärker
eingebunden werden:
96%
möchten wissen, wie Produkte hergestellt
werden und wo sie herkommen.
95%
möchten einen tiefer gehenden Dialog
mit Marken.
92%
möchten, dass Marken Sie nach ihren
Bedürfnissen fragen.
92%
möchten Produkte nach ihrem Geschmack
personalisieren.
89%
möchten an der Marken- oder
Unternehmens- geschichte teilhaben.
77%
möchten gemeinsam Erlebnisse
mit Marken über die Produktebene
hinaus.
Expertenwissen
hersteller nicht nur um das Wohlergehen der
Pflanzen, sondern auch um eine bewusst individuell zelebrierte Gartenkultur und -ästhetik
(der Nachbar lässt grüssen). Bei einer Privatbank geht es nicht nur um die Vermögenserhaltung und -vermehrung, sondern auch
um persönliche Pläne und Träume, die man
irgendeinmal verwirklichen will. Und beim
Strom geht es nicht nur um Energie, sondern
um Unabhängigkeit (mein Haus, meine Solarzellen, mein Kraftwerk), Nachhaltigkeit und
Sicherheit. Nur wer sich fragt, weshalb es ihn
gibt und worin er mit seiner Marke auch noch
Experte ist, entdeckt für Content-Marketing
ergiebiges Neuland.
Schritt 2 I Analyse Markt
Märkte mutieren laufend und passen sich
wie ein anschmiegsames, gut sitzendes Hemd
neuen Bedürfnissen an. Richtungsweisenden
Content liefern, heisst wissen welche Medien,
Formate, Blogs, Experten und Meinungsführer
in der Branche den Ton angeben, wohin sich
der Markt bewegt und wer ihn bewegt. Aufschlussreiche Inputs dazu liefert beispielsweise die Ideenverbreitungsplattform TED.com.
Die Nase im Wind haben auch Institute und
Thinktanks wie das GDI, das Zukunftsinstitut oder W.I.R.E, die sich intensiv mit der Welt
von morgen auseinandersetzen. Starke Marken
zeigen ihren Kunden immer wieder eindrücklich, wie sie sich mit der Zukunft beschäftigen. Daraus schöpfen Kunden Vertrauen und
die Gewissheit, bei der Marke zu sein, die mit
sinnstiftenden Produkten und Services Antworten auf die Fragen von morgen hat. Eine
Auswahl an relevanten Trends finden Sie in
den Wordclouds auf Seite 31. Tipp: Trends herauspicken, googeln, in Kontext mit Ihrer Marke bringen und herzhaft in die Tasten greifen.
Mit Google Trends finden Sie heraus, welche
Themen auf Interesse stossen.
32
für welche sicher nicht? Menschen ticken in
Abhängigkeit von soziodemografischen (wie
Geschlecht, Alter, Wohnort, Einkommen
usw.) oder psychografischen (wie Interessen,
Kaufabsichten usw.) Kriterien grundlegend
anders. Viel darüber erfahren Sie beispielsweise mit dem Neuromarketinginstrument
Limbic von Dr. Hans-Georg Häusel, mit
dem Psychografiemodell blue mind von
blues eyes marketing, mit der MACH Consumer der AG für Werbemittelforschung, mit
den Sinus Milieus von Publisuisse oder mit
consumerbarometer.com von Google. Sie werden dabei auf zahlreiche Themen stossen, worüber Sie appetitanregend berichten können.
Als Banker werden Sie beispielsweise feststellen, dass finanzinteressierte Menschen auch
scharf auf PC- und Videogames sind. Und wer
Frauen erfolgreich unterhalten will lernt, dass
man dies am besten damit tut, was Männer so
richtig hassen: zum Beispiel mit Filmfestivals
oder Astrologie. Die besten Resultate für gute
Geschichten liefern Ihnen übrigens (fast)
immer direkte Beobachtungen oder Gespräche mit Ihrer Zielgruppe. Sich dafür Zeit zu
nehmen, zahlt sich mehrfach aus.
33
haben, und dass Sie nicht nur vordergründig
daran interessiert sind was Ihre Kunden denken, sondern dass Sie bereit sind, mit ihnen
in Dialog zu treten und daraus zu lernen.
Schritt 5 I Medien fixieren
Bleibt die Frage, wie man die produzierten
Geschichten wirksam verbreiten kann. Dazu
drei Fragen, die Ihnen dabei weiterhelfen.
Wo und wann ist die Zielperson für unseren
Content empfänglich? Mit welchen Medien
erreichen wir sie zu diesem Zeitpunkt? Und
mit welchen Medien erreicht sie uns? Ein
Tipp dazu: Lassen Sie On- und Offline-Kanäle immer zusammenspielen und konzentrieren Sie sich auf wenige, dafür gut geführte
und kombinierte Medienkanäle. Der richtige
Medienmix ist letzten Endes abhängig von
Ihrem Ziel. «Bekanntheit» oder «Absatz/Umsatz» können Sie unter anderem nur mit bezahlten Medien erfolgreich erreichen, «Image
und Reputation» lässt sich nur über ehrliche
und glaubwürdige Berichte von zufriedenen
Kunden (Earned Media) nachhaltig steuern
und für «Dialog», «Wissensaufbau», «Marktforschung» oder «Kundenservice» müssen
Sie zwingend einen eigenen Medienkanal
wie beispielsweise Wiki, Blog oder Facebook
aufbauen und pflegen.
Lassen Sie On- und
Offline-Kanäle immer
zusammenspielen.
Schritt 4 I Content fixieren
Wenn Sie die Projektionsflächen Ihrer Marke
kennen, wenn Sie wissen, welche Trends in
Ihrem Markt für Bewegung sorgen und wenn
Bewusst investieren
In flagranti 4M Content Strategy Modell
Oben:
Die Recherche
nach Interessen via
soziodemografischen
oder psychografischen
Kriterien liefert ergiebige
Anhaltspunkte für
die Contenterstellung.
Quelle: blue mind
von blue eyes marketing
Schritt 3 I Wie ticken
Ihre Zielpersonen?
Bevor Sie Content produzieren, klären Sie ab
wie Ihre Zielpersonen wirklich ticken. Welche
Ziele haben sie und was sind dabei ihre grössten Herausforderungen? Wie und wo kaufen
sie ein und wie informieren sie sich dabei?
Für welche Themen interessieren sie sich und
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Sie nahezu riechen können, wie Ihre Zielpersonen wirklich ticken, lässt sich daraus ein prickelnder Content-Mix ableiten. Langweilen
Sie Ihre Kunden nicht mit offensichtlichem
Marketingblabla wie Produktenews, Benefits,
durchsichtigen Rabatten und Aktionen. Bieten Sie ihnen Geschichten, die eindrücklich
zeigen, dass Sie wissen was und wie Sie es
machen, dass Sie verstehen was Ihre Kunden
im Leben sonst noch alles brauchen, dass Sie
sich aktiv mit der Welt von morgen auseinandersetzen, dass es im Kontext von Ihren Produkten und von Ihrem Unternehmen noch
viel Spannendes zu entdecken gibt, dass hinter jedem Krawattenknopf und unter jedem
Helm Mitarbeitende stecken, die auch neben
dem Beruf viel Wissenswertes zu erzählen
Content Marketing ist kein allheilendes
Wundermittel. Es substituiert weder Marktforschung noch Werbung, PR oder Verkaufsförderung. Aber es wird Kraft der neuen
Medien im Kommunikationsmix von morgen
eine zunehmend dominierende Rolle spielen.
Kommunikation wird damit noch mehr zur
Chefsache und zur Sache von qualifizierten
Mitarbeitenden und Partnern, die nicht nur
Inserate machen und buchen können, sondern die konstruktiv über Marke, Menschen
und Märkte nachdenken, die fähig sind hinzuhören und über passende Medienkanäle
mit bewegenden Geschichten in Dialog mit
Kunden treten können. Sieben Tage in der
Woche, 24 Stunden lang. Diese Investition
zahlt sich zwangsläufig aus. Weil man nur
Sender orten kann. Und wer nicht sendet
(und heute notabene auch empfangen will),
ist morgen weg vom Fenster. ●
Expertenwissen
Roger Jaggi ist Verkaufs- und Marketingleiter bei archivzürich,
das Gesamtlösungen für die digitale und physische Archivierung
anbietet. www.archivzuerich.ch
34
Dr. Christophe v. Werdt ist Mitbegründer und -inhaber der
Berner Archiv AG und seit 2014 Geschäftsleiter. Er ist promovierter Osteuropa-Historiker und hat als Leiter der Schweizerischen
Osteuropabibliothek 15 Jahre an der Universität Bern gearbeitet.
Welche gesetzlichen Bestimmungen
sind zu beachten?
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die sogenannte
Compliance. Der Begriff bezeichnet das generelle Erfüllen und Einhalten von Normen wie
zum Beispiel von staatlichen Gesetzesbestimmungen (957 ff. OR) in Verbindung mit der
Geschäftsbücherverordnung (GeBüV), Verordnungen, Reglementierungen usw. in der Strukturierung und Archivierung der entsprechenden
Informationen (digital oder physisch). Je nach
Branche und Geschäftsvorfall gelten spezielle
Bestimmungen. Das Einhalten dieser Normen
ist Chef-Sache. Bei Missachten der gesetzlichen
Normen droht der Unternehmung der Verlust
von ausstehenden Forderungen. Der Gesetzgeber geht sogar noch einen Schritt weiter und
verweist auf das Strafgesetzbuch. Konsequenz
kann eine zivilrechtliche Schadenersatzpflicht
oder sogar eine Verurteilung sein. Die Unternehmen sind heute gut beraten, eine klare
Archivierungsstrategie zu entwickeln, welche
der anwendbaren Compliance der Branche
sowie den gesetzlichen Grundlagen über die
Aufbewahrungspflicht Rechnung trägt.
ARCHIV
Professionelle Akten- und
Datenarchivierung im KMU
ArchivierungsfristArt 962 OR
Rechtliche GrundlagenArt 957 Abs. 1 OR
Die ungebremst wachsende Informationsflut stellt hohe
Anforderungen an die Archivierung. Um die gesetzlichen
Bestimmungen zu erfüllen, braucht es eine klare Strategie.
Steuerrechtliche VorschriftenArt 957 ff OR
Mehrwertsteuergesetz
MWSTG, SR 641.20
AUTOREN ROGER JAGGI UND CHRISTOPHE V. WERDT
Mehrwertsteuerverordnung
MWSTGV, EIDI-V SR 641.201.1
Archivierungsgesetz
BGA, SR 152.1
Bundesgesetz über
die elektronische Signatur
ZertES, SR 943.03
Das papierlose Büro wurde bereits vor 20 Jahren ins Leben gerufen. Doch noch heute sind
wir weit davon entfernt. Die Informationsquantität hat noch nie so rasant zugenommen
wie in den letzten Jahren. Viele Informationen
werden digital generiert und mehr oder weniger strukturiert abgelegt/gespeichert. Abgelegt
oder gespeichert heisst noch lange nicht archi-
viert. Auf der anderen Seite werden in Unternehmen immer mehr physische Dokumente
erstellt, dies bedingt durch die gesteigerte Komplexität an Geschäftsprozessen sowie die veränderte Auftragsstruktur in vielen Unternehmen. Die Anzahl der Kommunikationskanäle,
auf welchen geschäftlich Informationen übermittelt werden, hat ebenfalls an Breite zugelegt
(elektronisch, Papier, E-Mail, SMS usw.).
Wie archiviere ich physische
Dokumente professionell?
Ob physisch oder digital, die Grundlage für
die professionelle Archivierung von Dokumenten bildet eine saubere Archivierungsstrategie.
Grundsätzlich ist es in einem ersten Schritt
notwendig, die Dokumente zu qualifizieren. Die Ablage der Dokumente mittels eines
Ordnungssystems bildet den nächsten Schritt
einer strukturierten Organisation der Informationen. Diese sichert auch viele Jahre später
die Wiederauffindbarkeit der entsprechenden
Dokumente und gewährleistet, dass bei einer
Beweisführung innerhalb eines Vertragsverhältnisses in kurzer Zeit auf die Informationen zugegriffen werden kann. Die Verpackung
ist ein wichtiger Bestandteil, um die Dokumente vor äusseren Einflüssen zu schützen.
Bei der Wahl des Archivierungsortes sind die
Vorschriften über Feuer, Wasser und diejenigen hinsichtlich der Sicherheitsbestimmungen
(Zutritt, Einbruch) unabdingbar einzuhalten.
Was heisst archivieren von digitalen
Informationen?
Alles digitalisieren?
Fotos: Fotolia und ZVG.
Wie präsentiert sich die Situation heute?
Geschäftsbücherverordnung GeBüVGeBüV, SR 221431
das entsprechende Aufbereiten der physischen
Dokumente zu 100-prozentig elektronisch digital archivierbaren Informationen pro Papierlaufmeter zirka 1000 bis 2000 Franken kostet,
wird schnell bewusst, dass es eine dezidierte
Herangehensweise braucht, um die relevanten
Informationen vom Gros der Dokumente zu
separieren.
Aus langzeitlicher Praxiserfahrung ist bekannt, dass nur noch auf zirka zwei bis fünf
Prozent der Informationen regelmässig zugegriffen wird. Umso wichtiger ist es, die wesentlichen Informationen zu archivieren und diese
in einer systematischen Struktur wieder auffindbar abzubilden.
BLICKPUNKT KMU
Viele Unternehmen suchen die Lösung in
der umfassenden Digitalisierung sämtlicher
Dokumente. Führt man sich vor Augen, dass
der komplette Prozess des Einscannens sowie
BLICKPUNKT KMU
Bei der Langzeitarchivierung von elektronischen Daten/Informationen stellen sich im
Wesentlichen folgende Herausforderungen:
•Haltbarkeit der Datenträger
Die Daten-/Informationsträger (CD, Disketten, Magnetbänder usw.) besitzen eine
Wie wird sichergestellt, dass die digitalen
Daten auch konform archiviert werden?
Als Referenzmodell für die digitale Archivierung hat sich das OAIS-Modell (Open Archival Information System) durchgesetzt. Das
Modell regelt im Wesentlichen, wie ein
von einem Daten-Produzenten (Producer)
hergestelltes Objekt (SIP = Submission Information Package) in das Archivierungssystem
eingespiesen wird (Ingest). Es wird danach
in ein langzeit-archivierungsfähiges Informationspaket (AIP = Archival Information
Package) umgewandelt und im Archiv-Speichersystem (Archival Storage) abgelegt. Die
Verwaltung des Informationsobjekts erfolgt
mittels des Verwaltungsmoduls (Data Management). Das archivierte Informationsobjekt
wird via Benutzungsmodul (Access) an den
Benutzer unter Einhaltung sämtlicher rechtlicher Einschränkungen für die Benutzung (DIP
= Dissemination Information Package) ausgeliefert. Die Langzeitarchivierung der archivierten Informationsobjekte durch Migration und
Emulation der Objekte wird im Konservierungsmodul geplant (Preservation Planning).
Die Verwaltung des gesamten Archivierungssystems erfolgt im Administrationsmodul
(Administration). Die Arbeitsabläufe sind im
Wesentlichen vergleichbar mit den klassisch
physischen Arbeitsabläufen bei physischen
Dokumenten.
37
Archivierung
Preservation Planning
Archivieren
gehört nicht zur
Kernkompetenz –
ist aber essentiell.
Descriptive
Info
Data
Management
Descriptive
Info
queries
Ingest
SIP
AIP
Archival
Storage
Access
AIP
result sets
orders
CONSUMER
begrenzte Lebensdauer. Diese werden nicht
plötzlich unlesbar, doch die Tatsache,
dass der Systemwechsel bei den Speicher
medien und der Hardware je länger umso
rascher voranschreitet, bedingt mit jedem
Wechsel eine grundsätzliche Prüfung hinsichtlich der Lesbarkeit und Wiederabrufbarkeit der elektronisch archivierten Daten
und Informationen.
•Lesbarkeit der Dateiformate
Elektronische Daten sind in bestimmten Dateiformaten abgespeichert. Diese
Dateiformate werden von entsprechender
Software gelesen. Handelt es sich um ein
Dateiformat, welches auf einem nicht offengelegten Formatcode (proprietäre Formate) basiert, kann die Lebensdauer einer
solchen Datei sehr kurz sein, so kurz wie
jene des dazugehörenden Programms. Auf
der anderen Seite muss ebenfalls bedacht
werden, dass selbst bei Standardformaten
je länger je mehr mit einer kurzen Lebensdauer zu rechnen ist. Die Formatstandards
sind heute regelmässigen Änderungen unterworfen. Werden Daten nicht in neue Dateiformate umgewandelt, sind sie plötzlich mit
einer aktuell verwendeten Software nicht
mehr lesbar.
•Kontext und Struktur der Daten
Damit die Daten einem langzeitlichen Qualitätsanspruch genügen, ist es notwendig,
diesen ihren inhaltlichen und technischen
Zusammenhang mitzuliefern. Die Kontextinformationen und Strukturmerkmale (Meta-daten) müssen ebenfalls auf Dauer archiviert werden.
•Integrität und Authentizität
Der unsachgemässe Umgang sowie die
Manipulation von elektronischen Daten sind leicht möglich. Dies bedingt,
dass entsprechende Massnahmen für die
wahrheitsgetreue und vollständige Überlieferung ergriffen werden müssen. Die
Authentizität der Daten muss auch in 10 oder
50 Jahren nachgewiesen werden können.
36
PRODUCER
Expertenwissen
DIP
Administration
MANAGEMENT
Heute gibt es auf dem Schweizer Markt
renomierte Anbieter, welche sich professionell ausschliesslich mit dem Archivieren von
Informationen von Unternehmen im KMUBereich befassen. Hier ist es wichtig, sich einer
Welche Möglichkeiten bieten sich heute
Archivunternehmung anzuvertrauen, welche
die Kompetenz des ganzen Wertschöpfungsprozesses überblickt (von der Entstehung bis
zur professionellen Vernichtung von Informationen). Ein zentral wichtiger Bereich ist
die vorausgehende kompetente Beratung vor
Inangriffnahme eines Projekts, zur Externalisierung des Archivs. Auch nach der Externalisierung ist der Zugriff für Personen, die von
der Unternehmung dazu legitimiert sind, einfachst möglich und gewährleistet einen zeitnahen und gesicherten Zugang zu den eigenen digitalen und physischen Informationen
in Form von Akten und Daten.
Was heute in der Schweiz noch in den «Kinderschuhen» steckt (externalisierte Archivierung), ist in unseren Nachbarländern seit vielen Jahren ein Standard – getreu dem Motto
«Schuster bleib bei deinen Leisten» sowie in
weiser Voraussicht zur Abwendung von steigenden Raum- und Personalkosten. ●
10
r
e
d
o
5 ahresJ
g
a
r
t
r
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mietv
-
hinsichtlich professioneller Archivierung?
Archivieren gehört bei den KMU nicht zur
Kernkompetenz der unternehmerischen Tätigkeit, und doch ist es essentiell, die physischen
und digitalen Informationen entsprechend
den gesetzlichen Archivierungsfristen in kurzer Zeit greifbar zu haben. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Sicherheitsstandard bei der
Aufbewahrung der Informationen in Form
von Akten und Daten. Feuer, Wasser, Feuchtigkeit und Einbruch sind integrale Faktoren
professioneller Archivierung. Der Gesetzgeber
macht diesbezüglich klare Vorschriften
und kennt keinen Spielraum. Auf
der anderen Seite sind die Kosten der innerbetrieblichen
Bewirtschaftung des
Archivs nicht transparent und im Gegensatz zu einer
professionellen
Outsourcing-Lösung wesentlich
intensiver (Raumund Personalkosten).
Das Geschäftsleben steckt
voller schwieriger Fragen.
Gut, gibt’s fürs Finanzielle
eine einfache Antwort.
postfinance.ch/einfachKMU
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Expertenwissen
Prof. Dr. Matthias Lütke Entrup ist Dozent
für Operations Management und Controlling
in Dortmund und Mitglied der Geschäftsleitung
bei Höveler Holzmann Consulting GmbH.
38
EINKAUFSPRAXIS
Dr. Bernhard Höveler ist geschäftsführender
Gesellschafter der Höveler Holzmann Consulting
GmbH, Düsseldorf. www.hoeveler-holzmann.com
Wann haben Sie zuletzt
Ihren Lieferanten besucht?
Nur wer seine Lieferanten kennt, kann richtig verhandeln.
Zehn Tipps für Erkenntnis bringende Werksbesuche.
Sprechen Sie
nicht nur mit dem
Kundenbetreuer.
AUTOREN BERNHARD HÖVELER UND MATTHIAS LÜTKE ENTRUP
Tipp 2: Nehmen Sie Kollegen
zur Besichtigung mit
Binden Sie bei Ihren Werksbesuchen die
Expertise der anderen Funktionsbereiche ein.
Insbesondere Ihre Kollegen aus den technischen Disziplinen wie z. B. Produktion, Logistik, Instandhaltung und Qualitätssicherung
haben oft ein geschultes Auge für Schwachstellen und Risiken in Fertigungsabläufen. Vor
einem Werksbesuch sollten Sie sich gemeinsam
mit Ihren Kollegen Fragen überlegen und sich
während der Besichtigung unabhängig voneinander mit unterschiedlichen Mitarbeitern
unterhalten. Vergleichen Sie im Anschluss die
Antworten, die Sie erhalten haben. Beim Besuch eines Herstellers von Fertiggerichten haben
Mitarbeiter unterschiedliche Aussagen zur Beschaffenheit der verwendeten Zutaten gemacht.
Manche Mitarbeiter sagten aus, dass der verarbeitete Brokkoli frisch eingekauft sei, andere,
dass er zu bestimmten Jahreszeiten tiefgekühlt
angekauft würde. Da Marktforschungsberichte zeigten, dass Konsumenten den Unterschied
nicht schmecken, konnte die Produktion auf die
Verwendung des günstigeren Tiefkühl-Brokkoli
umgestellt werden. Die Umstellung führte zu
beachtlichen Kosteneinsparungen.
W
Tipp 1: Lesen Sie das Schwarze Brett
Ein Gutteil der Unternehmenskommunikation findet in Fabriken auch heute noch auf
dem Schwarzen Brett statt. Dort entdeckt man
nicht selten Statistiken zur Produktivität, zur
Kostenentwicklung und zu vielen anderen
interessanten Themen. Nehmen Sie sich Zeit,
nach interessanten Informationen Ausschau
zu halten, während Sie das Firmengelände besuchen. Es zahlt sich aus! Ein Hersteller von
Softdrinks vermied es, die Kostenstruktur der
Zutaten seines Produktes offen zu legen. Bei
der Fabrikbesichtigung fand sich eine Notiz
Tipp 3: Sprechen Sie
mit dem Produktionsleiter
Es ist wichtig, nicht ausschliesslich mit dem
Kundenbetreuer zu sprechen, da er eigens dazu
ausgebildet ist, Gespräche diplomatisch zu
lenken und schwierige Themen erfolgreich zu
umschiffen. Der Produktionsleiter ist in vielen
Fällen der richtige Ansprechpartner, um Ihnen
ungeschönt Auskunft über die Sachlage und
mögliche Probleme in der Produktion zu geben.
Fotos: ZVG. Illustrationen: Fotolia
er Kosten senken will,
muss sich auskennen.
Zum Beispiel in der
Produktion seines Lieferanten. Haben Sie Ihre
Lieferanten schon einmal vor Ort besucht
und dort die Wertschöpfungsprozesse en détail vor Ort betrachtet? Nur wenige Einkäufer
können uns bestätigen, dass die Leistungen
ihrer Lieferanten in regelmässigen Abständen vor Ort überprüft werden. Wenn Sie als
Einkäufer aber nicht wissen, wie die Produktion Ihres Lieferanten vonstatten geht, dann
bleiben Ihnen unter Umständen signifikante
Kostensenkungspotenziale verborgen. Statten
Sie Ihrem Lieferanten also einen Besuch ab.
Beim Besuch der Produktionsstätten werden
Sie schnell herausfinden, bei welchen Prozessen die Produktion hakt und welche Prozesse
verbessert werden können. Als findiger Beobachter und verständiger Interviewer werden
Sie von einem lehrreichen Werksbesuch mit
Einsparideen im Gepäck zurückkehren. Wir
haben Tipps und Erfahrungen aus der Praxis
für Sie zusammengestellt.
am Schwarzen Brett, die den Arbeitern die
Konsequenzen der Verschwendung einzelner
Komponenten des Softdrinks aufzeigte. Da
dort die Kosten der Einzelkomponenten benannt waren, wurde offensichtlich, dass der
Lieferant einen überhöhten Preis für Sirup an
seinen Auftraggeber weitergab. Der Preis wurde im Nachgang angepasst.
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Tipp 4: Befragen Sie die Mitarbeiter
Häufig können die Arbeiter am Band am besten erklären, welche Schwierigkeiten es im
Produktionsablauf gibt. Eine Frage, die immer zum Gespräch motiviert, lautet: «Es gibt
hier wie überall sicherlich das eine oder andere Problem. Was würden Sie ändern, wenn Sie
es sich aussuchen könnten?» Bei der Besichtigung einer Kaffeefabrik stellte sich bei mehrmaliger Befragung der Hilfsarbeiter heraus,
dass die Umstellung einer Maschine auf eine
neu eingeführte Gefässform nicht reibungslos verlief. Die Marktforschung stellte überraschenderweise fest, dass Kunden der neuen Gefässform gar nicht den Vorzug gaben.
Mit dem folgerichtigen Relaunch der alten
Gefässform konnten die Umstellungsprobleme vermieden und erhebliche Prozesskosteneinsparungen erzielt werden.
Tipp 5: Besuchen Sie
den Rohstoffeingang
Da Ihr Lieferant bei Ihrem Besuch verständlicherweise einen möglichst guten Eindruck
hinterlassen möchte, wird er vor der Besichtigung vor allem die Bereiche seiner Fabrik
auf Vordermann bringen, die üblicherweise
besichtigt werden, zum Beispiel die Endfertigung. Schauen Sie sich darum auch den
Wareneingang an. Gerade die unvorbereitete
Besichtigung bietet Ihnen die Möglichkeit,
wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Wie sieht
die Lagerhaltung der Rohstoffe aus? Stapelt
Ihr Lieferant grosse Menge an Rohstoffen, die
möglicherweise bald das Haltbarkeitsdatum
erreichen oder hat er Fehlbestände und es
ist mit Lieferengpässen zu rechnen? Schwierigkeiten dieser Art können durch eine aufmerksame Besichtigung des Rohstoffeingangs
rechtzeitig erkannt werden.
Tipp 6: Besichtigen Sie
die hintersten Ecken der Fabrik
Scheuen Sie keine langen Fusswege bei der
Inspektion der Fabrik, denn gerade darauf
setzt der Lieferant. Häufig lassen sich in den
hintersten Ecken der Gebäude stillgelegte
Expertenwissen
Anlagen oder ungenutzte Ausschussware finden. Bei einem Kleidungslieferanten hat einer
unserer Kunden überschüssiges Packmaterial gefunden, das für die Verkaufsförderungsaktion eines anderen Kunden vorgesehen
war. Da dieser Kunde vor Durchführung des
Auftrages insolvent wurde, kam die Aktion
nie zustande. Unser Kunde kaufte das tadellose Packmaterial zu guten Konditionen für
eine Neuprodukteinführung auf. Auch der
Lieferant profitierte von dieser Lösung.
Tipp 7: Stellen Sie offene Fragen
Um möglichst viele Informationen zu
gewinnen, müssen Sie offene Fragen stellen. Meiden Sie allzu konkretes Nachfragen
zu Beginn der Unterhaltung und leiten Sie
Ihre Fragen nicht mit «wer», «was», «wie»,
«warum» oder «wo» ein. Offene Fragen sind
neutral und lenken die Antwort nicht in eine
festgelegte Richtung. «Was passiert hier?»
motiviert mehr zur Antwort als «Hier mischen Sie also die Zutaten, richtig?». Fragen
Sie bei sich andeutenden Problemen immer
nach, warum etwas nicht besser funktioniert, um Optimierungspotenziale zu identifizieren. Gerade bei Lieferanten, die nicht
besonders auskunftsfreudig sind, können
offene Fragen der Schlüssel zum Erfolg sein.
40
Tipp 8: Legen Sie Ihren Besuch
auf einen Freitagmittag
Die Auslastung eines Werkes ist ein wesentlicher Parameter bei der Preisgestaltung Ihres
Lieferanten. Vollständig ausgelastete Werke
können einen Wettbewerb um die Kapazitäten entstehen lassen, was sich natürlich stark
preistreibend bei den Kunden auswirkt. Bei
Unterauslastung sind hingegen viele Werke bereit, Aufträge auch zwischen Voll- und
Teilkosten anzunehmen, um zumindest noch
eine gewisse Fixkostendeckung zu erzielen.
Es ist für Sie als Kunde nicht einfach zu erkennen, wie die Auslastungssituation des
Lieferanten ist, um Ihre Verhandlungsposition abschätzen zu können. Rückschlüsse
können Sie aber häufig gut an Freitagen rund
um die Mittagszeit ziehen, da bei Unterauslastung für die Produktionsmitarbeiter das
Wochenende früher beginnt.
41
Qualität und der Gesamtbestand (inkl. Roh-,
Halbfertig- und Fertigwaren) als Massstab für
Flexibilität und Agilität der Fabrik. Versuchen
Sie, im Rahmen der Gespräche zu evaluieren, wo Ihr Lieferant bei diesen
Indikatoren im Vergleich zum
Wettbewerb steht.
Beobachten Sie
die Fabrikation
auch am Mittag
und am Freitag.
Tipp 10: Achten Sie
auf Ordnung
und Sauberkeit
Ordnung und Sauberkeit
sind vermeintlich alte Tugenden, aber sie sind vor
allem Charakteristika von
leistungsstarken und qualitätsorientierten Fabriken. Natürlich lässt sich eine Stahlproduktion vom Sauberkeitsgrad
her nicht mit einer Leiter-
plattenbestückung vergleichen, aber schon
der Vergleich innerhalb einer Branche zeigt
signifikante Unterschiede. Verbinden Sie Ihre
Analyse mit unserem Tipp 6: Gehen Sie in
die hintersten Ecken, z. B. in die Werkstätten
der Instandhaltung oder in die Lagerbereiche der Langsamdreher. Oftmals führt dieser
Weg zu neuen Erkenntnissen.
Fazit:
Um schlummernde Einsparmöglichkeiten zu
entdecken, müssen Sie kein geübter Detektiv
sein. Durch die Anwendung unserer zehn
einfachen Tipps und mit dem Einsatz des gesunden Menschenverstandes sind Sie in der
Lage, sogar bei Besichtigungen von Produktionsstätten, die Sie bereits kennen, relevante neue Informationen zu identifizieren, die
Ihnen dann erlauben, zusätzliche Einsparungen zu erzielen. ●
Tipp 9: Ermitteln Sie
einfache Kennzahlen
Der Leistungsstand eines Werkes lässt sich
häufig anhand von wenigen, leicht zu ermittelnden Kennzahlen bestimmen. Gut geeignet
sind hier beispielsweise der Krankenstand als
Massstab für die Motivation der Belegschaft,
die Erstdurchläuferrate als Massstab für die
AUTO
PROMO
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Expertenwissen
Dr. Dorothea Brunner Senior Consultant bei
synfluence, einer strategischen HR-Beratung, welche
KMU und inhabergeführte Unternehmen bei der
Ausgestaltung einer Führungsphilosophie unterstützt,
welche konsequent auf die Markenpositionierung
ausgerichtet ist. www.synfluence.ch
42
EMPLOYER BRANDING
Was haben wir,
was sie nicht haben?
Sheila Schweizer Consultant synfluence.
gen, welche «Typen» gesucht werden und
zum Unternehmen passen.
Wie kommen KMU zu geeignetem Personal ?
Employer Branding kann auch ohne grosses
Budget betrieben werden.
(Soziale) Medien gezielt nutzen
Darüber hinaus bieten Social-Media-Kanäle
wie Xing, Facebook, Linkedin, Twitter usw.
eine kostengünstige, moderne und äusserst
breite Plattform, um das eigene Unternehmen neben den grossen Unternehmen als
attraktiven Arbeitgeber zu positionieren, die
eigenen Werte darzustellen und gerade für
junge Nachwuchskräfte, welche diese Kanäle
aktiv nutzen, sichtbar zu machen. Was es dazu
braucht sind ein Konzept für den Einstieg,
das heisst die Evaluation der für die Branche
geeignetsten Kanäle sowie die Ausgestaltung
eines Unternehmensprofils. Nach dem Initialaufwand wird die Plattform einerseits von
einer verantwortlichen Person kontinuierlich
gepflegt, anderseits können sämtliche bestehenden und ehemaligen Mitarbeitenden mitwirken, um das Unternehmensnetzwerk zu
vergrössern sowie die Markenwerte über ihre
eigenen Profile nach aussen zu tragen.
AUTOREN DOROTHEA BRUNNER UND SHEILA SCHWEIZER
nehmende und Arbeitsuchende. Aus Sicht der
Arbeitnehmenden bzw. Arbeitsuchenden heisst
es, die Pro’s und Contra’s von Grossunternehmen und KMU sorgfältig gegeneinander
abzuwägen. Die oben genannten Vorteile der
Grossunternehmen liegen dabei wohl klarer auf der Hand. Die Vorteile der KMU sind
verborgener und werden erst erkenntlich und
vor allem geschätzt von denjenigen Arbeitnehmern, die selbst schon in kleinen oder mittleren Unternehmen gearbeitet haben und den
Unterschied zu den grossen kennen.
David gegen Goliath
Rundumsicht und Flexibilität
Die grossen Unternehmen haben einiges zu
bieten: Einen starken «Brand», einen Namen,
der im Markt und somit auch auf dem Arbeitsmarkt bekannt ist. Sie haben ein umfangreiches
Budget, ja ganze Teams in der HR- und/oder
Kommunikationsabteilung, die sich mit dem
Thema «Employer Branding» auseinandersetzen. Sie drucken Flyer, hosten Events, sponsoren ganze Bildungsstätten. Sie bieten Jobs
mit komplex klingenden englischen Namen,
versprechen internationale Entwicklungsmöglichkeiten, den Besuch von internen Business
Schools, Coaching- und Mentoringprogramme
und vieles mehr.
Als grosses Plus der KMU ist vor allem die
bessere Gesamtsicht herauszustreichen. Die
Kommunikations- und Entscheidungswege
sind viel kürzer und direkter, es gibt weniger
politische Machtspiele, welche rasche Umsetzungen von Ideen bremsen oder verhindern.
Die Vernetzung zwischen den Bereichen ist
enger und die eigene Verantwortungsspanne über verschiedene Aufgabenbereiche hinweg ist breiter, womit sich ein besserer Blick
auf das Unternehmen und seine Prozesse
als Gesamtheit ergibt. Darüber hinaus sind
die Entwicklungsmöglichkeiten schneller, unkomplizierter und oft fast unbegrenzt. Das
Senioritätsprinzip, welches bei den Grossunternehmen herrscht, wird in KMU meist weniger
rigide angewandt. Ist ein Mitarbeiter oder eine
Mitarbeiterin extrem leistungsstark und motiviert, kann er bzw. sie durchaus schon in jungem Alter einen Platz in der Geschäftsleitung
einnehmen. Bei anderen uns bekannten KMU
wurden gar neue Abteilungen oder Bereiche
Die Qual der Wahl
Es liegt auf der Hand, dass dies gerade für junge qualifizierte Arbeitnehmende verlockende
Angebote sind. Die wir durchaus nicht schlecht
machen möchten. Wir möchten lediglich einen
Denkanstoss geben – sowohl für kleine und
mittlere Unternehmen als auch für Arbeit-
geschaffen, um den besten Mitarbeitenden eine
Stelle «auf den Leib zu schneidern» und so deren Potenzial optimal einzusetzen.
Kostengünstiges Employer Branding
Im KMU ist
die Gesamtsicht
besser.
Fotos: Fotolia und ZVG.
A
uch für kleine und mittlere
Unternehmen ist es lohnenswert, sich einige Gedanken zum
Thema «Employer Branding»
zu machen. Sich als KMU auf
dem Arbeitsmarkt zu positionieren heisst einerseits, die Vorteile der KMU-Struktur herauszustreichen und andererseits, die unternehmensspezifischen Werte darzustellen. Nur
so können die besten Arbeitskräfte gewonnen
werden – und zwar auch ohne bekannten Namen und ohne grosses Budget.
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
Aus Sicht der KMU gilt es zu überlegen, wie
diese vielfältigen Vorteile auf dem Arbeitsmarkt
angepriesen werden können, so dass sie trotz
ihrer nicht, oder wenig bekannten Marke als
interessanter Arbeitgeber wahrgenommen werden und die besten Mitarbeitenden gewinnen
können. Dieses Employer Branding kann auch
ohne grosses Budget betrieben werden.
Bereits im Stelleninserat kann herausgestrichen werden, wie umfassend die Verantwortung der Position ist und wie das
Unternehmen Entwicklungswege gestalten
kann. Zudem ist das Inserat ein wichtiges
Medium, um die eigene Arbeitgebermarke
zu verkaufen. Die unternehmensspezifischen
Markenwerte können hier gezielt platziert
werden und so klar zum Ausdruck brin-
Nicht die «Besten»,
sondern die «Passendsten»
Dies sind erste wichtige Schritte, um sich
auch als kleines oder mittleres Unternehmen
auf dem Arbeitsmarkt optimal zu verkaufen
und die besten Mitarbeitenden gewinnen zu
können. Es stellt sich nun die Frage: Welches sind denn die «besten» Mitarbeitenden? Natürlich müssen sie die der jeweiligen
Funktion entsprechenden Fähigkeiten, Kompetenzen, Erfahrungen und Qualifikationen
sowie Persönlichkeitsmerkmale mitbringen.
Schliesslich sind aber diejenigen die besten,
welche die genannten Vorteile der KMU bewusst auswählen und schätzen, welche die
in den Inseraten transponierten Markenwerte verstehen und diese im Arbeitsalltag leben. Dieses Mitarbeitenden mit ihren
Fähigkeiten sind für das Unternehmen zentraler Erfolgsfaktor und wichtigstes Differenzierungskriterium. ●
Im Gespräch
44
45
Leitfäden zu entwickeln. Die entsprechenden
UNO-Leitprinzipien sind 2011 einstimmig
angenommen worden. Dieser internationale
Rahmen existiert – wir wollen, dass er für alle
gilt und dass es verbindliche Regelungen gibt.
Niemand soll sich dem entziehen können.
Herr Schneider, funktioniert das nicht bereits?
Ausland.
Wer soll im Ausland
Menschenrechte
und Umweltschutz
durchsetzen? Die
Meinungen sind geteilt.
«Fast jeder Verwaltungsrat
ist heute etwas in Panik»
AUFGEZEICHNET VON THEO MARTIN
Blickpunkt KMU
Frau Ruch, was haben Sie
Problematisch ist…
gegen Exporte?
…wenn wir in der Schweiz ein
Gesetz erlassen, das Unternehmungen in
Schwierigkeiten bringt, weil es Widersprüche
schafft. Anders als die USA erheben wir ja
nicht den Anspruch, weltweit gültige Gesetze zu machen. Einzelfälle bezweifle ich nicht.
Die Schweiz hat aber heute schon relativ viele
Möglichkeiten einzugreifen – beispielsweise
mit dem nationalen Kontaktpunkt OECD.
Dort können auch Länder wie Sambia ihre
Klagen deponieren, wenn eine Firma gegen
internationale Regeln verstösst.
Ruch Der nationale Kontaktpunkt ist einzig ein Mediationsgremium und fällt keine
Schneider
(lacht) Wir haben gar nichts gegen Exporte… Zudem geht es auch nicht um
Exporteure, sondern um Firmen mit Sitz in
der Schweiz, die einen Teil ihrer Geschäfts
tätigkeit im Ausland haben (via Tochterfirmen, Filialen usw.).
Rahel Ruch
foto: Fotolia, Monika Flückiger und ZVG.
Der Bundesrat will Exporteure
auf Menschenrechte und
Umweltschutz verpflichten.
Der Schweizerische Gewerbeverband fordert den Rückzug
des Berichts, «Recht ohne
Grenzen» droht mit einer weitergehenden Volksinitiative.
Ein Gespräch mit Henrique
Schneider und Rahel Ruch.
Henrique Schneider Für die überwältigende
Mehrheit der Unternehmer ist klar, dass es
so ist. Es gibt heute schon entsprechende Vorschriften – in der Schweiz und im Ausland.
Wenn man sich daran hält, werden Mindeststandards eingehalten. Jede Unternehmung
ist frei, mehr zu machen. Besser zu sein als der
Mindeststandard, muss aber freiwillig sein.
Ruch Die Problematik ist aber gerade, dass
in Ländern mit schwachen Staatsstrukturen
oder in Konfliktgebieten die Regelungen nicht
zur Anwendung kommen. Dort kommt dem
Heimatstaat eines Konzerns eine besondere
Verantwortung zu – das schreibt auch der
Bundesrat in seinem Bericht. Es gibt Fälle wie
Glencore in Sambia, wo beim Schwefeldioxid
das 40-fache der WHO-Richtwerte überschritten wird. Teilweise tödliche Atemwegerkrankungen sind in dieser Region verbreitet. Da muss man etwas dagegen machen.
Schneider Ich bin einig, dass nicht jedes Land
Schweizer Standards hat. Es gibt aber verschiedene Gründe, wieso viele Unternehmen trotzdem hohe Schweizer Standards einsetzen –
beispielsweise, weil sie nicht an den Pranger
gestellt werden wollen. Durch die internationale Natur des Geschäfts sind sie ohnehin
diversen Regelungen gleichzeitig unterworfen.
Das war zu erwarten.
Uns geht es einzig und allein darum,
dass alle in der Schweiz ansässigen Unternehmen bei ihren Auslandsgeschäften die Menschenrechte und den Umweltschutz einhalten. Viele machen das bereits oder sind daran,
Ruch
BLICKPUNKT KMU
«Es geht
Ihnen um ein
Verbürokratisieren
von Ethik.»
BLICKPUNKT KMU
Urteile. Es gibt die Erkenntnis, dass heute
auch internationale Konzerne die Menschenrechte verletzen können. Wir wollen nicht
einem anderen Land Schweizer Ansprüche
aufoktroyieren. Die Schweiz soll – zusammen
mit anderen Staaten – einen Anfang machen
und die Sorgfaltsprüfungspflichten umsetzen
– es geht bloss um eine Risikoanalyse und anschliessende Massnahmen. Das machen viele
Unternehmungen bereits heute. Es stimmt, es
gibt Unternehmungen, die öffentlich angefeindet werden, wenn sie sich nicht an gewisse
Standards halten. Aber wir möchten, dass die
Regelungen präventiv und für alle gelten und
sich dem niemand entziehen kann. Risiken in
Bezug auf Menschenrechte und Umwelt sollen im Vorfeld abgeklärt werden.
Herr Schneider, Sie signalisieren ein gewisses
Verständnis für «Recht ohne Grenzen». Wieso
verlangt der Gewerbeverband den Rückzug
des Berichts?
Es gibt einerseits die Sachebene:
Wir haben Verständnis für das Anliegen,
ich würde aber anders vorgehen und auf
Selbstregulierung und freiwillige Massnahmen setzen. Andererseits finden wir auf der
Polit-ebene, dass der Bericht des Bundesrats
unausgewogen ist. Das bedeutet nicht, dass
das Thema nicht wichtig ist. Die grosse Problematik des Berichts ist, dass sich alles auf
die Änderung des OR-Artikels 716a zuspitzt.
Das tönt technisch, ist aber ein sehr wichtiger
Artikel, weil hier die persönlichen Pflichten
des Verwaltungsrates geregelt sind. Es geht
also nicht um die Pflicht der Unternehmung,
sondern um die einzelne Person.
Ruch Der Bericht ist eine gute Auslegeordnung, wie man die Sorgfaltspflicht als wichtiges präventives Instrument im Gesetz verankern könnte. Die konkrete Ausgestaltung
will gut überlegt sein. Die Ansiedlung bei
den Aufgaben und Pflichten des Verwaltungsrates hat aber schon ihre Berechtigung. Es geht
darum, die Themen Menschenrechte und
Umweltschutz auf die oberste Leitungsebene
zu heben. Dort wird entschieden, dort muss
das Bewusstsein der Unternehmen wachsen,
dass Menschenrechte und Umwelt wichtige
Themen sind. Eine untergeordnete Abteilung hätte zu wenig Gewicht. Der Bericht will
KMU ausdrücklich ausnehmen – vielleicht mit
Schneider
Im Gespräch
Ausnahme jener, die in besonderen Hochrisikofeldern wie Diamantenhandel tätig sind.
Das ist sinnvoll; die meisten KMU könnte
man aber befreien. Der Bundesrat schlägt
deshalb einen Schwellenwert vor.
46
Genau hier sehe ich die logische
Inkongruenz: Internationale Konzerne haben Corporate-Responsibility-Abteilungen.
Es gibt aber eine ganze Reihe von internationalen KMU, die zwar Ihre Grundhaltung
teilen, das aber nicht bürokratisch kenntlich
machen können. Wir sprechen also von eindeutigen Zusatzkosten. Diese belasten genau
jene am meisten, die der Meinung sind, dass
sie alle Anforderungen erfüllen. Es geht Ihnen um ein Verbürokratisieren von Ethik –
und das halte ich für sehr problematisch.
Ruch Uns wäre es auch lieber, es bräuchte
kein Gesetz – aber wir sehen in der Realität
ganz offensichtlich, dass freiwillige Vereinbarungen und Branchenlösungen nicht ausreichen. Ein tragischer Fall ist der Fabrikeinsturz
in Bangladesch: Firmen, die dort produzierten,
waren Mitglieder verschiedener freiwilliger
Initiativen und kurz vor dem Drama hatte
sogar ein Audit stattgefunden. Man muss die
Lücke schliessen:Alle Firmen müssen imVorfeld
Risikoabklärungen machen. Das Problem
sind nicht Schweizer KMU mit einer inhärenten Ethik, es sind oft internationale Unternehmungen, die profitieren. Das kann nicht im
Interesse eines Gewerbeverbandes sein…
Schneider In Bangladesch war keine Schweizer Firma betroffen. Ein Gesetz kann
menschliche Katastrophen nicht verunmöglichen, es gibt immer Missbrauch. Spitz formuliert: Mord ist verboten, aber es geschehen trotzdem immer wieder Morde.
Schneider
Henrique
Schneider…
Rahel Ruch …
... ist als angehende
... ist Ökonom. Er leitet das
Historikerin seit acht Jahren
Ressort Wirtschaftspolitik
in verschiedenen
Sind KMU wirklich ausgenommen?
im Schweizerischen
Funktionen im Bereich
Wir haben Bedenken, weil man
sich über den Stellenwert eines Berichts im
politischen Prozess bewusst sein muss. Entweder wird der Bericht «begraben» – was
bedeutet, dass der politische Prozess beendet
wird, oder er ist Anstoss für eine zusätzliche
Entwicklung. Wir diskutieren hier problematische Änderungen einer grundlegenden
Regel des Schweizer Privatrechts. Fast jeder
Verwaltungsrat ist heute etwas in Panik
wegen des Artikels, da hier die ureigne persönliche Pflicht angesprochen ist; und es ist
eine sehr weitreichende. Zudem sind Ausnahmen stets etwas unschweizerisch – und
selbst wenn es Schwellenwerte gäbe, wäre das
problematisch, denn es gibt KMU, die zwar
Gewerbeverband, dem
Campaigning in
grössten Dachverband der
Nichtregierungs-
Schweizer Wirtschaft.
organisationen tätig. Heute
Henrique Schneider
leitet sie die Kampagne
verbrachte den grössten
«Recht ohne Grenzen», die
Teil seines Lebens in
zum Ziel hat, dass
Südamerika und Asien.
Schweizer Unternehmen
weltweit Menschenrechte
und Umwelt respektieren.
foto: Monika Flückiger und ZVG.
Schneider
47
«Für uns sind
Menschenrechte
und internationale
Umweltstandards
nicht antastbar.»
Obstver-band
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
klein sind, aber mit hohen Werten handeln
und keine Compliance-Abteilung haben. Das
sind nicht Diamantenhändler – ich denke
beispielsweise an die Uhrenindustrie, die
rasch die finanziellen Schwellenwerte erreicht. Ich persönlich bin Mitbesitzer einer
Schokoladenfabrik, die Nougat in Frankreich
und der Türkei einkauft. Wir wollen die gleichen Standards bei Hygiene und Arbeitsbedingungen. Interessanterweise schneiden die
Türken nicht immer schlechter ab – namentlich nicht bei Umweltfragen. Mein KMU
wäre also auch betroffen und würde mit
einer Pflicht konfrontiert, die ich gar nicht
erfüllen kann. Das bedeutet Zusatzkosten,
ohne dass eine Wirkung erzielt würde. Man
hat einige wenige schwarze Schafe im Visier,
«bestraft» aber die grosse Mehrheit.
Ruch Wenn Sie, wie viele andere, die Risiken
bei Menschenrechten und Umwelt schon
berücksichtigen, dann gibt es keine Zusatzkosten, die nicht zu bewältigen sind. Der
Bundesrat schlägt eine Sorgfaltspflicht vor,
die beim Verwaltungsrat angesiedelt ist –
was bewirkt, dass ein Unternehmen Massnahmen treffen und darüber berichten muss.
Das hat nur für jene Folgen, die heute noch
die Augen verschliessen.
Welchen Weg favorisiert denn der Gewerbeverband?
Schneider Wir setzen auf eine klare Trennung: Es gibt Mindeststandards, welche Unternehmungen erfüllen müssen. Und dann
gibt es den Bereich der Ethik, der aus unserer
Sicht privat sein muss. Wir sind der Meinung,
dass freiwillige Massnahmen funktionieren
und Selbstregulierungen, wie beispielsweise
in der Schweizer Rohstoffindustrie, ein guter
Weg sind. Dieser Weg kann weiter ausgebaut
werden. Nicht akzeptabel ist aber, alle Firmen
zu bürokratischen Abläufen zu verpflichten,
die in der Wirkung nicht garantieren können,
dass das Problem behoben wird.
Die EU schlägt lediglich eine Offenlegungspflicht vor. Ist das ein Papiertiger?
Im Gespräch
48
Uns geht das sicher zu wenig weit. Eine
reine Offenlegungspflicht löst allein keine
Probleme. Das wird dann schnell zum Papiertiger. Für uns ist das Kernelement die Sorgfaltspflicht, die auch in Politikbereichen wie
Umweltverträglichkeitsprüfung und Geldwäscherei etabliert ist. Die Berichterstattung
muss als Teil dieser Pflicht verstanden werden und ist in diesem Fall ein wichtiges Instrument für mehr Transparenz. Eine möglichst unbürokratische Umsetzung ist sicher
wichtig, uns geht es aber auch um die Bewusstseinsbildung. Für uns sind Menschenrechte und internationale Umweltstandards
nicht antastbar. Es gibt genügend Beispiele,
dass es auf freiwilliger Basis nicht funktioniert. Wir bedauern das. Weil es aber so ist,
braucht es verbindliche Regeln.
Schneider In einem Punkt möchte ich Frau
Ruch Recht geben. Eine reine Reportingpflicht ist tatsächlich ein Papiertiger. Die Idee
dahinter ist, dass die Öffentlichkeit auf das
Ruch
Reporting wartet – aber das tut sie nicht. Bei
der symbolischen Lösung der EU fallen nur
Kosten an und die Wirkung ist gleich null.
49
Ruch
Die ersten beiden Elemente sind iden-
tisch.
Schneider In der alten Auslegung des
Schweizer Rechts hatte der Verwaltungsrat
Aufgaben, aber ihre Nichterfüllung hatte
kaum Konsequenzen. Heutzutage – und das
ist auch korrekt so – führen die Aufgaben zu
einer persönlichen Verpflichtung. Wenn ich
als Verwaltungsrat das interne Kontrollsystem ignoriere, dann entziehe ich mich meiner Pflicht. Im Fall eines Konkurses könnte
ich dann persönlich belangt werden. Das
gehört zur Oberleitung einer Gesellschaft.
Wir müssen aber aufpassen, dass der Verwaltungsrat nur Aufgaben bekommt, die er
widerspruchslos erfüllen kann. Es führt zu
Rechtsunsicherheit, wenn eine Aufgabe der
anderen widerspricht. Der Schweizerische
Gewerbeverband ist der Meinung, dass die
Verankerung einer politischen Pflicht einen
solchen Konflikt heraufbeschwören kann.
Das bedeutet nicht, dass sich die Firma um
Menschenrechte und Umweltschutz foutieren soll – aber es kann niemals die persönliche Aufgabe eines Verwaltungsrates sein,
Menschenrechte und Umweltstandards im
politischen Sinne zu überprüfen.
Ruch Das finde ich bedenklich, wenn Sie es
für einen Zielkonflikt halten, gleichzeitig die
Interessen der Firma zu wahren und Menschenrechte einzuhalten. Für uns ist eben
gerade wichtig, dass die Firmen nicht auf
Kosten der Menschenrechte Profit machen.
Für Führungskräfte ist es einfacher, wenn
beide Ziele klar definiert sind. Es gibt kein
Abwägen zwischen Menschrechten und Firmenanliegen – beide müssen erreicht werden.
Schneider Ich sehe einen Unterscheid in der
Ebene der Verpflichtung. Es ist klar, dass ein
Verwaltungsrat Umweltaspekte, aber auch
Qualitätsstandards berücksichtigen muss.
Aus dem Katalog der vielen Aspekte lediglich zwei Ziele herauszupicken und sie als
oberste Priorität zu deklarieren – das ist ein
Widerspruch zum Rest der Aufgaben eines
Verwaltungsrates.
Ruch Bei der externen Prüfung geht es um
den Kontrollmechanismus. Dabei sind verschiedene Möglichkeiten denkbar.
Schneider Was uns beschäftigt, ist die Summe.
Berichte kosten Geld, externe Prüfung kos-
In den USA wird die Durchführung von Sorgfaltsprüfungen mittels einer Haftungsregelung erreicht. Ist das ein Weg für die Schweiz?
Die USA setzen ebenfalls auf Reporting- und Sorgfaltspflicht – allerdings mit
Branchenlösungen. Im Fall des Rohstoffhandels im Kongo konnte man mittlerweile
belegen, dass es Veränderungen im Verhalten
gegeben hat – und dass sich die Firmen nicht
zurückgezogen haben, wie Kritiker befürchteten. Das zeigt, dass Gesetze Verbesserungen bringen.
Ruch
Wie beurteilen Sie die vom Bundesrat vorgeschlagenen Instrumente: Aufgabe des Verwaltungsrates, Pflicht des Verwaltungsrates,
Berichterstattungspflicht und externe Prüfung?
XXXXXX
VENDU
BLICKPUNKT KMU
BLICKPUNKT KMU
tet auch Geld. Man kann zwar Freigrenzen
schaffen, aber gerade im Ausland tätige KMU
erzielen oftmals einen höheren Umsatz.
Sie sind also sehr direkt betroffen von den
zusätzlichen Auflagen. Deshalb lehnen wir
auch die externe Prüfung ab. Reine Berichte
bringen nichts, wir setzen daher auf freiwillige Verpflichtungen oder Branchenlösungen.
Frau Ruch, Sie drohen in der Pressemitteilung
vom 28. Mai mit einer Volksinitiative, deren
Vorbereitung bereits weit fortgeschritten sei.
Was wollen Sie?
Wir machen uns seit ein paar Monaten
Gedanken über eine Volksinitiative und prüfen verschiedene Versionen von Initiativtexten. Dahinter stehen über 50 Organisationen –
klar ist, dass das Kernstück einer Volksinitiative genau diese Sorgfaltspflicht wäre.
Ruch
Beeindruckt die Drohung den Gewerbeverband?
Schneider Wir haben nie Angst vor Initiativen. Im Gegenteil, das ist eines der wichtigsten Elemente unserer direkten Demokratie.
Ich bin gespannt auf den Vorschlag – wir
sind gegen eine gesetzliche Regelung und
damit logischerweise auch gegen eine Verankerung in der Bundesverfassung.
Frau Ruch, Herr Schneider, herzlichen Dank
für dieses Gespräch! ●
Schweissarbeit
Definitiv
zu klein…
N
Qualitätssicherung hat höchste
Priorität.
ebst dem Bau des Eigenheims
ist die Anschaffung eines Fahrzeugs in der Regel die grösste
«Investition» eines Privathaushalts. Umso ausgeprägter ist
die Vorfreude auf das Schmuckstück. Doch
wer sein neues Auto im Fahrzeuglogistik Zentrum der AMAG in Lupfig sehen würde, käme
aus dem Staunen nicht heraus: Verbirgt die
Verpackung ein «hässliches Entlein»?
Marco Weber lacht. Der Leiter der
107 Angestellten weiss aus jahrzehntelanger
Erfahrung: Nicht nur «Nachtbuben» können
die Autos beim Transport aus einem der 23
Werke in die Schweiz beschädigen. Die grössere Gefahr sind Flugrost, Bremsstaub sowie
Wetter- und Umwelteinflüsse. So will ich mich
also daran machen, die fabrikneuen Autos
auszupacken, im Akkord Folien und Hüllen
wegzureissen – doch schon stoppt mich Gennaro Simeone. Die Uhr muss weg, der Fingerring ebenso, die Gurtschnalle deckt er mit einem Tuch ab. Denn kein Kratzer darf das neue
Auto verunstalten.
Doch nun geht es los. Haken lösen,
Ecken vorbereiten – schon reisst die erste
Folie. Es ist mühsame «Gäggeli-Büez», die
fest klebenden, kleinen Folienresten vollständig zu entfernen. Doch schliesslich sollen die
Augen der Kunden bei der Übergabe ihres
Fahrzeugs strahlen. Die Ecken der Folien sind
kaum zu greifen – die Verlockung ist gross, mit
einem Schlüssel nachzuhelfen. Ein abwegiger
Gedanke! Da eilt schon Atif Mahic herbei,
es geht ihm zu langsam, der Sechs-MinutenRhythmus droht durcheinander zu geraten.
Ich halte den Prozess auf…
Jetzt noch das Dach – ich bin definitiv zu klein, es ist nichts zu machen. «Das
Team hilft einander», beruhigt Teamleiter
Gennaro Simeone. Denn es nützt nichts,
wenn am Schluss alle auf einen warten müssen. Die Abläufe sind minutiös durchdacht,
es gibt keine Fehlzeiten und keine langen
Fussmärsche, um das nächste Auto in die
Warteschlange einzufügen.
Jedes Modell ist anders verpackt.
Lieferungen aus Wolfsburg sind beliebt, diese
Autos sind einfacher auszupacken. Und schon
ist ein kleiner zeitlicher Vorsprung herausgearbeitet. Ich stelle mir vor, wie schwierig
diese Arbeit sein muss, wenn es schneit. Oder
wenn sich bei heissen Temperaturen die Folien kaum lösen lassen.
Im riesigen, 165 000 Quadratmeter
grossen Fahrzeuglogistik Zentrum der AMAG
werden täglich rund 350 Fahrzeuge per Bahn
und LKW angeliefert, entladen, verzollt und
für die Kunden vorbereitet. Das beinhaltet
die Borddokumentation, die Entfernung des
Transportschutzes und die Oberflächenkontrolle. Hinzu kommen Zusatzaufträge wie
technische Kontrollen, Beschriftungen, Abänderungen, Nacharbeiten sowie allenfalls eine
gründliche Aussenreinigung. Qualitätssicherung hat höchste Priorität. Schliesslich sollen
die Händler jedes Jahr über 90 000 fehlerlose
Autos übergeben können – die zufriedenen
Kunden werden vermutlich trotzdem keinen
einzigen Gedanken an die flinken Hände in
Lupfig verlieren... ●
BLICKPUNKT KMU
Fotos: ZVG.
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