Interaktive Fachdidaktik Latein Downloadmaterial
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Interaktive Fachdidaktik Latein Downloadmaterial zu Kapitel IV Übersetzung (Marina Keip und Thomas Doepner) Mit 22 Abbildungen Vandenhoeck & Ruprecht zu Übung (1), S. 87: Übersetzungen zu Sall. Cat. 6,2-3 Version 1 (zielsprachlich angemessen): „...So war in kurzer Zeit eine verstreute und umherschweifende Menge durch Eintracht zu einer Bürgerschaft gemacht worden. (3) Aber nachdem ihre Macht, durch Bürger, Sitten, Felder vermehrt, ziemlich wohlhabend und ziemlich kräftig erschien, so, wie es mit sehr vielen Dingen der Sterblichen gehalten wird, ist Neid aus dem Reichtum entstanden.“ Version 2 (wirkungsgerecht; Kriterium: Sallust ist Historiker, der die Vergangenheit mit Blick auf die Zeitgeschichte hin analysiert: er wird daher auch aktuelle politische Begriffe benutzen): „Dementsprechend ist in kürzester Zeit eine heterogene und nomadisierende Menge durch Interessengleichheit zu einem Gemeindeverband zusammengewachsen. (3) Als aber deren Machtpotential, durch Bevölkerungswachstum, Zivilisierung und territoriale Ausdehnung erstarkt, ziemlichen Wohlstand und Expansionskraft an den Tag legte, da hat, wie es in vielen Fällen so geht, ihre wirtschaftliche Blüte die Begehrlichkeit [der Nachbarvölker] erregt.“ Weiteres Beispiel: Tacitus, Ann. I 1,2 Version I: „(Oktavian) legte den Titel eines Triumvirs ab, trat als Konsul auf und begnügte sich, um für die Sache der Plebs einzutreten, mit dem tribunizischen Recht. Sobald er das Militär mit Geschenken, das Volk durch Getreidespenden, alle miteinander durch die Annehmlichkeit einer Friedenszeit für sich gewonnen hatte, erhob er allmählich höher sein Haupt und zog die Befugnisse des Senats, der Staatsverwaltung und der Gesetzgebung an sich. Dabei fand er keinen Widersacher, da die tatkräftigsten Männer auf den Schlachtfeldern geblieben waren ….“ (zitiert nach: Tacitus, Annalen. Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen von W. Sontheimer, Stuttgart 2000, S. 15f.) Version II: „Da legte (Oktavian) die ‚Triumviralgewalt’ nieder und tat so, als ob er nur noch Konsul wäre und sich zum Schutz des Volkes gegen den Adel mit der ‚tribunizischen Amtsgewalt’ zufriedengäbe. Nachdem er aber die Soldaten durch Geschenke, das Volk durch Getreidespenden, alle durch die Annehmlichkeit des Friedens für sich gewonnen hatte, da erhöhte er allmählich seine Stellung und zog die Befugnisse des Senats und der Beamten sowie das Gesetzwesen an sich. Niemand widersetzte sich. Denn die Unerschrockensten waren in den Schlachten der Bürgerkriege gefallen …“ (zitiert nach: Publius Cornelius Tacitus, Germania. Die Annalen, ins Deutsche übertr. u. ausgew. v. W. Harendza, München 1964, S. 63f.) Beide Zitate verdeutlichen, dass unterschiedliche Übersetzungsstile auch bis in die wissenschaftliche Produktion hinein wirken können: Sontheimers Übersetzung ist über eine Generation jünger und wirkt daher bezüglich Wortwahl und Satzbau sichtbar aktueller. Die kritische Haltung des Tacitus gegenüber dem Prinzipat (vgl. die Übersetzungslösung für consulem se ferens und ferocissimi) scheint dagegen bei Harendza etwas mehr durch: zu Übung (2), S. 88 Schwierigkeitsanalyse von einfachen Lehrbuchtexten Der Satz stammt aus Lumina, Lektion 9. Im Vokabelverzeichnis finden sich zusätzliche Hilfen (saluti esse ist als „die Rettung bedeuten, bringen“ angegeben, pernicies als „Verderben, Untergang“, transcendere als „übersteigen, überschreiten“). Ohne diese wäre der Satz extrem schwer. Wenn die Schüler mit Vokabelhilfen umgehen können, ergibt sich als Auflösung vielleicht „Der Mond bringt den Römern Rettung, den Dieben aber Verderben, denn die Soldaten sehen, dass Männer die Pfahlreihe übersteigen.“ Um zu einer treffenden deutschen Formulierung zu gelangen (z.B. „Der Mond bedeutet für die Römer die Rettung, den Dieben aber bringt er ihren Untergang, denn die Soldaten sehen, wie die Männer über die Pfahreihe klettern.“) müssen die Schüler auf der semantischen Ebene wissen, dass „etwas bringen für jemanden“ etwas anders ausdrückt als „jemandem etwas bringen“, dass „Rettung bringen“ auf konkrete Helfer bezogen ist, ein Naturereignis aber die Rettung bedeuten kann. Im Bereich der Syntax müssen die Schüler wissen, dass im Deutschen die Komposita des Verbs in der Regel auseinandergezogen und zu einer Prädikatsklammer gefügt werden: „Ich steige über die Mauer, ich gehe zu ihm hin; ich fahre auf den Vordermann auf …. etc.“ Hohe Übersetzungsanforderungen an Schüler sind im Prinzip nicht schlecht, denn sie ermöglichen einen großen Lerneffekt. Ein Beispiel dafür findet sich in Cursus, Lektion 9: Etsi Aufidius dominus asper et durus est, ego vitam miseram non ago. Quam secunda fortuna est! (Die Adjektive sind mit drei, vier Bedeutungen zur Auswahl angegeben, agere als „tun, handeln“, fortuna und secunda sind als Fügung neu und beide Vokabeln bisher jeweils nur einmal vorgekommen.) Schon in der Lehrbuchphase werden Schüler hier für eine Reflexion im Bereich der Semantisierung und der deutschen Konstruktionsbildung gefordert, die sie später bei der Originallektüre auf jeden Fall benötigen. – Weitere Beispiele für Intra finden sich bei Anregung (3). zu Anregung (1), S. 89 Übersetzungstypen bei Intra, L. 1-6 Intra L1: Interpretationsentscheidungen auf der semantischen Ebene: Kriterium: Textverständnis, Sinn, ev. wirkungsgerecht (bei studium – hier auch im Dtsch. ein Begriff nötig: Lernen macht nicht immer Spaß – gegen die angegebenen Grundbedeutungen im Vokabelverzeichnis). – magister saepe vituperat: tadelt der Lehrer oder kritisiert er? Vok.Verzeichnis gibt die moralisierende wie die sachorientierte Bedeutung von vituperare an. – etiam puella scribit – auch ein Mädchen schreibt – sogar ein Mädchen schreibt = interpretatorische Entscheidung, ob etiam additiv oder adversativ. – studium non semper delectat – Eifer erfreut nicht immer? Studium macht nicht immer Spaß? Intra L2: ebd. semantische Variation, Kriterium: zielsprachlich angemessene Übersetzung, wirkungsgerecht. – Antonia (domina) valde furit, valde clamat: ruft die sehr wütende Herrin sehr? Wahrscheinlich schreit sie herum. Intra L3/4: ebd. semantische Variation. Kriterium: Textverständnis, Interpretation = wirkungsgerechte Übersetzung. – multos amicos magnos habet: viele große – bedeutende – mächtige Freund? – arbores magnas caedunt – töten oder fällen? große, bedeutende, mächtige Bäume? – non modo humanus, sed etiam gratus est: Er ist nicht nur menschlich, sondern auch willkommen? Er ist nicht nur gebildet, sondern auch dankbar? (humanus: menschlich, freundlich, gebildet; gratus: dankbar, beliebt, willkommen) Intra L6: Kriterium: Modulation und Transpositionen nötig, um eine zielsprachlich angemessene Übersetzung, die gleichzeitig auch sinngemäß richtig ist, herzustellen: – Servi sarcinis onusti per turbam currunt – laufen die Sklaven mit Gepäck beladen durch die Menge? Eher eilen, hetzen sie durch das Gedränge. (Vb im VokVerzeichnis: laufen Neuschöpfung nötig, damit es den Konventionen der Zielsprache entspricht. – senatores magna voce cum collegis disputant: diskutieren mit großer – bedeutender – mächtiger Stimme (so Vok-Angaben)? Oder neue Lösung, z. B. lautstark? wirkungsgerecht, bedingt eine Modulation von Nomen+Attribut auf ein deutsches Adverb. – Ante basilicam Iuliam venditores magno cum clamore merces pulchras laudant: loben Händler schöne Waren mit großem Geschrei? Oder preisen sie diese nicht vielmehr lautstark an? Unterschied zw. einer Übersetzung auf Stufe I und einer idiomatisch angemessenen Übersetzung. – parva pecunia ea (vestimenta) emere potestis: mit kleinem Geld die Kleider kaufen Übersetzungsstufe I ist gar nicht erst möglich, nötig eine Modulation und eine Transposition, damit vernünftiges Deutsch dabei herauskommt: „Ihr könnt die Kleider billig/für wenig Geld haben.“ zu Kap. 2.2. (S. 91) Übersetzungsgespräch und Fehlerkorrektur: Übungsmaterial zur Fehleranalyse. Möglicher Einsatz des Verfahrens: Korrektur von bereits angefertigten Übersetzungen (Hausaufgaben, Stillarbeit, Klassenarbeit, Unterrichtsgespräch) Hintergrund: Aus den “Lösungen” der Klassenarbeiten der Schüler wurde eine “Best-of” – Klausur erstellt. Die Schüler erhielten die Aufgabe, die Fehler zu finden und auf Basis der Fehleranalyse eine Musterlösung zu erstellen. Arbeitsauftrag: 1. Versuchen Sie die Fehler so genau wie möglich zu lokalisieren und die Fehlerursache herauszufinden. 2. Formulieren Sie zu jedem Fehler eine Korrekturhilfe für das Übersetzungsgespräch. Mit welchem Fehler würden Sie jeweils im Unterrichtsgespräch beginnen? (Bitte ankreuzen) Übersetzungsaufgabe Das Urteil des Paris “Best-of” Das Urteil des Paris Accidit, ut Iuppiter aliquando omnes deos deas- Es geschah, dass Juppiter einst alle Götter und Göttinnen in que in Olympum invitaret excepta Discordia. Olympia beanspruchte, nachdem Discordia ihn ausnahm. Quae iracundia mota in concilium deorum malum aureum coniecit his verbis: Diese bewegte aus Jähzorn in der Versammlung der Götter das Verderben des goldenen Apfels mit den Worten: “Accipiat hoc malum pulcherrima dearum!” Es steht fest, dass dieser Apfel der schönste der Götter ist! (Erhalte dieses schlechteste Mädchen! ) Statim Iuno, Minerva, Venus malum sibi vindicare coeperunt. Plötzlich stritten Iuno, Minerva und Venus, während die Beanspruchung des Apfels lief. Multis verbis factis illae deae Paridi apparuerunt. Cui Iuno haec promisit: Jede Göttin erschien bei Paris, wobei er viele Worte sagte. Dieser hat dem Iuno versprochen: “Si malum a te accepero, te potentissimum omnium mortalium faciam!” „Diesen Apfel zu stehlen, war die mächtigste aller sterblichen Taten.“ Minerva: “Meo munere affectus,” inquit,” omnes sapientia superabis!” Duobus auditis adulescens paulum dubitavit, sed cum Venus ei Helenam, mulierem pulcherrimam, promisisset, Veneri malum tribuit. Minerva: „Mein Geschenk ist großzügig mit aller Weisheit ausgestattet.“Zwei junge Männer hörten dies und waren ein wenig verwundert, aber die schönsten aller Frauen, Venus und Helena versprachen, dass der Apfel hier bleiben wird. Fehlerdiagnose Mögliche Startfrage Korrekturhilfen Aufgabe: 1. Erstellen Sie aus obigem Text eine Liste von „schülertypischen“ Fehlern. 2. Ergänzen Sie diese Liste mit weiteren Fehlertypen aus Ihrer Unterrichtspraxis. 3. Übersetzen Sie einen Lehrbuchtext und bauen Sie dabei in jeden Satz einen Fehler ein. Üben Sie das Unterrichtsgespräch mit Kollegen. Zum Weiterdenken: Welchen “Stoff” würden Sie aufgrund der obigen “Übersetzung” mit den Schülern wiederholen? Welche anderen Verfahren zur Korrektur einer bereits angefertigten Übersetzung können Sie sich vorstellen? Literaturhinweise: Fr. Maier: Lateinunterricht zwischen Tradition und Fortschritt Bd. 3; Bamberg 1985 AU- Heft 6/2000: Aus Fehlern lernen AU- Heft 1/2008: Binnendifferenzierung zu Übung (3), S. 93 Übersetzungsvertrag, Beispiel für Cic. Verr 2,4 Unterrichtsbeispiel Kriterien für eine gute Übersetzung – Erarbeitet mit einem Grundkurs Latein, Jg. 11: 1. Sinn muss getroffen werden. 2. angemessener deutscher Ausdruck 3. historische Authentizität (z. B. kann Verres sein Weingeschenk für Antiochus nicht im Container oder in einer Flasche lagern, sondern in einer Kiste, einer Amphore) 4. Prädikat und Subjekt im Latein müssen auch im deutschen Satz Prädikat und Subjekt bleiben. 5. ein langer Cicerosatz darf in mehrere deutsche Hauptsätze zerlegt werden, wenn denn der Sinn erhalten bleibt. Beispiel: Verr. 2,4, 67 (Rex maximo conventu Syracusis …) 6. Pronomen bei Cicero können zur Verdeutlichung mit den konkreten Personen/ Ereignissen / Gegenständen ersetzt werden. Beispiel: Verr. 2,4 66 (iubet iste … mirum illi …) 7. anstelle von lateinischen „Paarausdrücken“ darf ein deutscher Begriff treten. Beispiel: Verr. 2,4 61ff. (ample magnificeque triclinium; instructum et paratum; rex nihil metuere, nihil suspicari …) Aus Lehrersicht ist dieser „Vertrag“ deshalb sinnvoll, weil – Pkt. 1 bis 3 sowie die Pkt. 5 und 7 die Schüler zu einer idiomatisch angemessene Übersetzung anhalten; – Pkt. 4 und Pkt. 5 dafür sorgen, dass die Schüler trotz erster Transpositionen nicht den Bezug zur lateinischen Satzstruktur verlieren. 6 zu Übung (4), S. 94 kurze Textstellen für Übersetzungsvarianten Unterrichtsbeispiel Übersetzungsvergleich Martial 6,60 Referat von Hatice Aydin, Gesamtschule Walsum Laudat, amat, cantat nostros mea Roma libellos meque sinus omnes, me manus omnis habet. Ecce rubet quidam, pallet, stupet, oscitat, odit. Hoc volo: nunc nobis carmina nostra placent. Schülerübersetzung: Mein Rom lobt, liebt und besingt unsere Bändchen, jeder Schoß hat mich, jede Hand hat mich, Da sie, einer wird rot und erbleicht, erstarrt, küsst und hasst mich. Dies will ich: Nun gefallen uns unsere Gedichte. Internet 1: Jetzt lobt, liebt und singt ganz Rom meine Verse; Es trägt mich in der Tasche bei sich und in der Hand jedermann. Einer jedoch wird rot und erblasst, sperrt das Maul auf und hasst mich. So ist’s recht: es gefällt nun mir auch selber mein Werk Internet 2 Mein Rom lobt, liebt, singt meine Büchlein und alle Taschen und alle Hände haben mich. Schaut jeder errötet, ist blass, stutzt, sperrt den Mund auf und hasst; Dies will ich: jetzt gefallen mir meine Gedichte. Internet 3 Meine Geschichte lobt und liebt und singet mein Rom, Mich hält jegliche Hand, jeglicher Busen mich gern. Rot wird einer und blass und still und gähnet und hasst mich. So ist’ recht: Es gefällt mir auch mein Büchlein nun. Vergleichpunkte für den Vortrag: sinus (Schoß, Querfalte/Tasche, Busen?) realistisch oder metaphorisch übersetzt? oscitare (Maul aufsperren, Mund aufsperren, gähnen?) vulgär oder höflich übersetzt? Steigerung in V.3 wie ist die Wirkung im Deutschen? Passt „gähnen“? Übersetzungsfehler: oscitat in der Schülerübersetzung, „meine Verse“ in Internet 1. Unterschiedliche Wirkung des Beginns in V.1: Verben/Handlungen zu Beginn (Latein) oder „Mein Rom“? Gesamtwirkung der Übersetzungen: schön einfach – sehr altertümlich weitere Beispiele zu Catull, c. 85 Odi et amo. Quare id faciam, fortasse requiris. Nescio, sed fieri sentio et excrucior. „Hassen und liehen zugleich muß ich. – Wie das? - Wenn ich's wüßte! Aber ich fühl's, und das Herz möchte zerreißen in mir.“ (Eduard Mörike, 1840) „Ach, ich hasse und liebe. Du fragst, warum ich das tue. Weiß nicht. Ich fühle nur: es geschieht und tut weh.“ (Max Brod, 1914) „Ich hasse und ich liebe. Warum ich dies tue, fragst du vielleicht. Ich weiss es nicht, aber ich fühle, dass es geschieht, und ich werde gefoltert.“ (typische Schülerübersetzung) 7 zu Übung (6), S. 96 Zwei durcheinandergeratene Texte ___________________________________ Tu tamen quam frequentissime scribe, licet hoc ita me delectet ut torqueat. ___________________________________ Sed ne religio peccet imprudens mea, alvos accipite et ceris opus fundite,“ ___________________________________ Nam cuius litterae tantum habent suavitatis, huius sermonibus quantum dulcedinis inest! ___________________________________ „Ut ex sapore mellis et forma favi, de quis nunc agitur, auctor horum appareat.“ ____________________________________ Gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis acquiescis; ___________________________________ Fuci recusant: apibus condicio placet. Tunc illa talem protulit sententiam: ___________________________________ „Apertum est quis non possit et quis fecerit. Quapropter apibus fructum restituo suum.“ _____________________________________ Quae genus utrumque nosset cum pulcherrime, legem duabus hanc proposuit partibus: _____________________________________ Invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo. _____________________________________ Sed eo magis ad desiderium tui accendor. ____________________________________ Apes in alta fecerant quercu favos: Hos furti inertes esse dicebant suos. _____________________________________ Scribis te absentia mea non mediocriter affici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces. _____________________________________ „Non inconveniens corpus et par est color, in dubium plane res ut merito venerit.“ _____________________________________ Lis ad forum deducta est, vespa iudice. _____________________________________ Vale. _____________________________________ Vok.: alvus – Bienenstock favus – Wabe formentum – Verband, Linderungsmittel fucus – Drohne ausgießen furtus – Drohne vestigium – Spur, Platz 8 fundere – zu Kapitel 3.2., S. 99 Kohärenzmerkmale zur textlinguistischen Vorerschließung : Komplette Aufstellung der Sachfelder in Text A: Semantische Kohärenzen und Isotopien: - Sachfeld „Bienenleben“ (apis, quercus, favus, furtus, vespa, color, corpus, alvus, cera, fundere, sapor, mel, favus, fructus) - Sachfeld „Streitschlichtung“ (dicere, pars, forum, deducere, iudex, lis, lex, proponere, recusare, sententia, apertum est, restituere, apparere, in dubium, condicio) - Sachfeld „Urheberschaft“ (suus, auctor, quis) - Rekurrenzen (Wiederholungen), z. B. favos, favi; - Paraphrasen (variierende Wiederholungen)z.B. genus utrumque – duabus partibus mögliches Ergebnis dieser ersten Vorerschließung: Es geht um einen Streit bei den Bienen , wer für das Herstellen (von Waben?) verantwortlich ist; der Streit wird vor Gericht unter dem Vorsitz einer Wespe ausgetragen und entschieden. (Hilfreich ist diese Erkenntnis bei der Übersetzung von religio, bei der auf Modulation zurückgegriffen werden muss.) Ausgebreitet wird das Thema dann durch weitere Beobachtungen: - Handelnde Personen und ihrer Konstellation; - Eigennamen, z. B. in Text B, wo sie zur Frage führen, welche Funktion übernimmt der Text in außertextlichen Bezügen (Textpragmatik) übernimmt; - Verbaler Bereich. Hier geht es um die Analyse von Personenzeichen, Personalendungen, Tempus-Modusrelief, z.B. in Text A die 3. Pers. im Wechsel mit Imperativen und Präsens im Wechsel mit Vergangenheitstempora; - Proformen (Verweise). Im wesentlichen für Schüler erkennbar sind die Pronomina, z.B. in Text A: hos (favi); suos (furti), illa (vespa), legem …hanc - Syntaktischer Bereich. Die Analyse aller beziehungsherstellenden Wörter (Konnektoren1) verdeutlicht die syntaktische Verwirklichung des Textsinns. - Interpunktion (Doppelpunkt, Parenthese); hieraus kann z.B. erschlossen werden kann, dass Erzähltext mit wörtlicher Rede abwechselt. 1 Als Oberbegriff für Konjunktionen, Subjunktionen, Adverbien, Partikeln, die gedankliche Beziehungen herstellen. 9 zu Anregung (2, Teil 1), S. 102 Beispiel zur (Vor-)Erschließung XIII. ad Fabullum Cenabis bene, mi Fabulle, apud me paucis, si tibi di favent, diebus, si tecum attuleris bonam atque magnam cenam, non sine candida puella et vino et sale et omnibus cachinnis. haec si, inquam, attuleris, venuste noster, cenabis bene; nam tui Catulli plenus sacculus est aranearum. sed contra accipies meros amores seu quid suavius elegantiusve est: nam unguentum dabo, quod meae puellae donarunt Veneres Cupidinesque, quod tu cum olfacies, deos rogabis, totum ut te faciant, Fabulle, nasum. Die Analyse der Semantik der Verben ergibt: Du wirst speisen, etwas mitbringen, (dafür) etwas bekommen, bitten Sachfelder: Einladung zu einer „Party“: cenare, bona atque magna cena, vinum, sal, cacchinus, Liebe: candida puella, meri amores,Veneres, Cupidines Götter: di, Veneres Cupidinesque Weitere, für die Texterfassung wichtige Auffälligkeit: Die si-Sätze: (evtl. das ungenaue Datum) im ersten Teil des Gedichts Die Gliederung des Gedichts ergibt sich: Aus der Rahmenstellung von cenabis, der Semantik der Verben, Konnektoren namund sed, der si-Sätze in der oberen Hälfte Zusammenfassung : Catull spricht eine sehr „merkwürdige“ Einladung aus, die keine genaue Zeitangabe enthält, dafür jede Menge Forderungen. Als Gegenleistung für die gegenständlichen „Mitbringsel“ der Gäste enthält man etwas Ideelles, nämlich meros amores. Nicht erfassen werden Schüler vermutlich die beiden Pointen des Gedichts: plenus est aranearum und totum ut te faciant nasum 10 zu Anregung (2), S. 102 Weitere Aufgaben 1. Ovid Ars I,89-134. 1. Lesen Sie den Text zweimal aufmerksam, markieren Sie dann Wortfelder in verschiedenen Farben, Prädikate und Konnektoren (jede Art von Bindewort). 2. Gliedern Sie den Text in Grobabschnitte und geben Sie den einzelnen Abschnitten eine Überschrift. 3. Finden Sie eine Überschrift für den gesamten Textabschnitt. 4. Welche Textabschnitte würden Sie mit Schülern nach der Vorerschließung noch im Detail übersetzen, bei welchen reicht eine Paraphrase aus? 2. Untersuchen Sie den Text „De delphino mansueto“ (Intra Lektion 22) auf Wortfelder. Gliedern Sie den Text aufgrund der Wortfelder in Sinnabschnitte (bitte lösen Sie sich dabei möglichst von der formalen Gliederung des Layouts) und formulieren Sie Überschriften. 3. Martial IX,68 Untersuchen Sie den Text auf Kohärenzmerkmale. Formulieren Sie Arbeitsaufträge, die Schülern vor Ihrem Lesevortrag erhalten. zu Anregung (2, Teil 2), S. 102 Beispiel zur Ganzheitsmethode Erproben Sie die „Ganzheitsmethode“ an den angegebenen Texten. In Ermangelung eines Tondokuments lesen Sie sich den Text am besten selbst langsam laut vor. Notieren Sie, was Sie verstanden haben und fertigen Sie anschließend eine grobe Inhaltsangabe an. 1. Ovid a.a.I, 229-250 2. Tac.Hist. V,6 zu Anregung (3), S. 103 Lineares Dekodieren (Ov. met. 8,188-202) Konnektoren/ Zeitangaben Subjekt (Daedalus) Nam Sic Tum atque rustica fistula (Daedalus) a) Puer Icarus opifex ipse notw. Ergänzung + Prädikat dixit animum dimittit naturam novat pennas in ordine ponit surgit media et imas alligat compositas flectit una stabat captabat plumas ceram mollibat impediebat opus suum corpus libravit pependit in aura 11 zu Übung (7), S. 104 Thema-Rhema-Verfahren (Plin. epist. 6,7) - - - Durch scribis te erfährt man zunächst, dass der Autor einen Brief von Calpurnia erhalten hat (Thema 1). Als neue Information (Rhema 1) kann man entnehmen, dass sie unter seiner absentia leidet, aber Trost erfährt (Rhema 2), indem sie libellos meos teneas und, als Steigerung, in vestigio meo colloces. Das neue Thema ist nun: Calpurnia leidet darunter, dass Plinius weg ist, aber sie tröstet sich auf ihre Weise (Thema 2). Was könnte den Leser jetzt interessieren? Da Plinius dies alles seiner Frau schreibt erwartet man vielleicht Ratschläge, seine Meinung (Erwartung1), wie geht es ihm (Erwartung 2)? Tatsächlich: Erwartung 1 wird erfüllt: gratum est: er findet etwas gut (Rhema 3) und geht dabei auf beide vorher genannte Aspekte ein: quod nos requiris (non mediocriter adfici) und his fomentis adquiescis (greift den gesamten quod-Satz wieder auf) (Wiederaufnahme von Thema 1). Auffällig, dass er sie dabei anspricht, aber es ist ja ein Brief. Tatsächlich erfährt man als nächstes auch noch etwas über ihn (Erwartung 2), herausgestellt durch invicem ego: er hält es ähnlich epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo. Er leidet (Rhema 4) also anscheinend auch darunter, dass sie nicht bei ihm ist und tröstet sich ebenfalls mit Literatur. Wurde hier bisher nur die Literatur aufgegriffen, so wird das Leiden im nächsten Satz explizit genannt desiderium mit der Steigerung eo magis…accendor (Rhema 5). Die Begründung schließt sich sofort an: wer sich so mit dulcedo unterhält, muss auch Briefe voller suavitas schreiben. Daher soll sie weiterhin schreiben (Rhema 6), auch wenn sein Leiden dadurch verstärkt wird ut torqueat, aber auch gelindert wird. 12 Text für die Bearbeitung von Aufgabe b) Plin.epist.6,7 C. Plinius Calpurniae suae s. Scribis te absentia mea non mediocriter affici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces. Gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis acquiescis; invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo. Sed eo magis ad desiderium tui accendor. Nam cuius litterae tantum habent suavitatis, huius sermonibus quantum dulcedinis inest! Tu tamen quam frequentissime scribe, licet hoc ita me delectet ut torqueat. Vale C. PLINIUS CALPURNIAE SUAE S. Scribis te absentia mea non mediocriter affici unumque habere solacium, quod pro me libellos meos teneas, saepe etiam in vestigio meo colloces. Gratum est quod nos requiris, gratum quod his fomentis acquiescis; invicem ego epistulas tuas lectito atque identidem in manus quasi novas sumo. Sed eo magis ad desiderium tui accendor : nam cuius litterae tantum habent suavitatis , huius sermonibus quantum dulcedinis inest! Tu tamen quam frequentissime scribe , licet hoc ita me delectet ut torqueat. Vale. 13 zur Thema-Rhema-Methode, S. 107 Beispiel für ein Unterrichtsgespräch zu Intra Lektion 11 Im Folgenden ist anhand eines fiktiven Unterrichtsgesprächs dargestellt, wie die Texterschließung mit Hilfe der Thema-Rhema-Struktur ablaufen könnte: Eine römische Hochzeit (Intra Lektion 11) Einstieg zum Beispiel mit dem Bild auf S. 87 oder Klett Flipchart „Hochzeit“ oder Bild die „Aldobrandinische Hochzeit“. Möglichst Vorentlastung folgender Vokabeln anhand des Bildes: Drusilla, Spurius, placere, virgo, matrimonium, in matrimonium ducere, uxor, pontifex, sacrificare, deus, dea, dextra, maritus, cognatus, frater, corona, ornatus Aufbau von Erwartung an den Text anhand des Bildes und der Überschrift Satz 1: Inhalt: Die Partner werden vorgestellt, er mag sie (in Rom ungewöhnlich, da Vernunftehe) Schwierigkeitsanalyse: Dativ Spurio und die Apposition L: Sch.: L.: Sch.: Was möchtet ihr wissen, wenn ihr die Überschrift lest: Wer heiratet? Wo erfahrt ihr etwas über die Personen? In der ersten Zeile: Drusilla und Spurius (falls Schüler mehr nennen, dann Anschlussfrage des Lehrers: L.: Welche sind die Hauptpersonen, schaut euch den Aufbau des Satzes an) L.: Sch.: L: Sch.: L: Sch: L: Sch: L.: Sch: L.: L.: Sch.: L: Wer ist hier die Hauptperson? (fragt nach dem grammatischen Subjekt des Satzes) Drusilla Was erfahren wir aus dem Prädikat des Satzes? Drusilla valde placet – gefällt sehr. Welche Ergänzung erwarten wir ? Wem sie gefällt – Spurio – Spurius. Wer kann den Teil des Satzes übersetzen Schon lange gefällt Drusilla Spurius sehr. Worüber gibt der mittlere Satzteil noch Auskunft? (oder: Über wen gibt die Apposition Auskunft?) zu Spurius – dem Sohn des Senators Cornelius Asina Wer übersetzt den gesamten Satz noch einmal? Kann sich jemand erklären, warum das hier extra erwähnt wird? Vielleicht war es nicht normal. Du hast recht, die Römer suchten normalerweise die Partner auch nicht selbst aus. 14 Satz 2: Inhalt: Sie mag ihn auch. Thema-Rhema: Verbindung durch et, Vertauschung von Subjekt und Dativobjekt, Wiederholung von placere Schwierigkeiten: Drusilla erscheint im Dativ L.: Was könnten wir jetzt aus dem nächsten Satz erfahren? Sch.: Ob Drusilla den Spurius auch mag. L.: Schaut in den Text. Fällt euch etwas auf? Sch.: placere wird wiederholt – er gefällt ihr auch. L.: Schaut noch einmal genau hin: Von wem wird in dem Satz berichtet? (fragt wieder nach dem grammatischen Subjekt) Wer kann den Satz jetzt übersetzen? Satz 3: Inhalt: Schlussfolgerung: er will sie heiraten Thema-Rhema: Verbindung durch itaque, virginem nimmt Drusilla auf, in matrimonium ducere ist die Schlussfolgerung, cupit – er tut es freiwillig Schwierigkeiten: virginem statt Drusilla, Infinitivkonstruktion L.: Sch.: L.: Sch.: L.: Sch.: Der nächste Satz beginnt mit itaque. Was folgt nun also gedanklich? eine Folgerung Worin besteht die Folgerung? in matrimonium ducere – heiraten Wer ist denn mit virginem gemeint? Drusilla Satz 4: Inhalt: die Eltern finden die Heiratspläne auch gut. Thema-Rhema: Nun kommen die Eltern ins Spiel, Wiederaufnahme von Spurius und Drusilla, Wiederholung von matrimonium Schwierigkeiten: assentire mit Dativ (der Dativ ist hier neu, deshalb noch schwierig), Verbindung et-et, Spurius und Drusilla als Genitivobjekt zu parentes Schwierigkeiten: Drusilla erscheint im Dativ L.: Sch.: L.: Sch.: L.: Was könnten wir jetzt aus dem nächsten Satz erfahren? Ob Drusilla den Spurius auch mag. Schaut in den Text. Fällt euch etwas auf? placere wird wiederholt – er gefällt ihr auch. Schaut noch einmal genau hin: Von wem wird in dem Satz berichtet? (fragt wieder nach dem grammatischen Subjekt) Wer kann den Satz jetzt übersetzen? 15