Link, M., H. Link
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Link, M., H. Link
DIAGNOSTIK + THERAPIE 9 KREBSFRÜHERKENNUNG Goldene Regeln zur Qualitätsverbesserung der gynäkologischen Exfoliativzytologie für den Zytologen Martin Link, Heidrun Link Die Zytologie ist in Kombination mit der Kolposkopie die Basisuntersuchung zur Früherkennung des Zervixkarzinoms. Durch die Aufnahme des jährlichen Zervixabstrichs in das Krebsfrüherkennungsprogramm ist seit 1971 die Inzidenz des Zervixkarzinoms um über 60 % zurückgedrängt worden. Dass dieser Erfolg nicht noch größer ist, liegt in erster Linie an der unzureichenden Beteiligung der Frauen an der Krebsvorsorge, aber auch an Fehlern der Zytologie. Etwa zwei Drittel der zytologischen Fehler liegen im Abstrich selbst, etwa ein Drittel geht zu Lasten der Beurteilung des Abstrichs. Beide Fehlerquellen können ohne Kosten durch Beachtung einiger Regeln erheblich verringert werden. Nachdem in vorausgegangenen Heften des FRAUENARZTes neun solcher Regeln für den Anwender der Zytologie dargestellt wurden, sollen jetzt in einer weiteren Artikelserie neun Regeln für den Zytologen zur Beachtung empfohlen werden. 1. Die geistige Konzentration fördern 2. Zwischen den Zeilen lesen 3. Die Herkunft jeder Zelle bestimmen 4. Die klinischen Angaben beachten 5. Den Färbestandard einhalten 6. Die Archivierung handhabbar organisieren 7. Kontinuierlich Fortbildung betreiben 8. Histologie und Zytologie korrelieren und Statistik führen 9. Eine umweltgerechte Entsorgung garantieren 8. Histologie und Zytologie korrelieren und Statistik führen Wichtigster Qualitätsstandard für die Zytologie ist die Histologie. Jede Nichtübereinstimmung muss geklärt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auswertung beider Methoden subjektiv ist und somit Interpretationsspielräume auf beiden Seiten gegeben sind. Die Zytologie ist die Lehre von der Einzelzelle. Die Besonderheiten der Zytologie liegen darin, dass 1. in einem Abstrich 50.000 bis 200.000 Zellen beurteilt werden müssen, 2. die Struktur der Einzelzelle erheblichen inneren (hormonellen, entzündlichen) und äußeren (Befreiung aus der „Gewebedisziplin“, Abb. 1) Einflüssen unterliegt und 3. die Herstellung des Abstriches nicht zu standardisieren ist. 1060 FRAUENARZT ■ 44 (2003) ■ Nr. 10 Die Histologie ist die Lehre vom Gewebe. Die Vorteile der Histologie liegen darin, dass 1. die strukturellen Veränderungen stets im Zusammenhang des Gewebes („Gewebedisziplin“, Abb. 2) zu sehen sind und 2. die Methode standardisiert ist, wenn man von Fehlern bei der Gewebeentnahme absieht. Da auch die Diagnose der Histologie nicht gemessen oder gewogen, sondern subjektiv erstellt wird, kann die Histologie nicht absoluter Goldstandard für die Zytologie sein. Das ist bei der Beurteilung von Diskrepanzen stets zu berücksichtigen. Die Variationsbreite der Histologie ist geringer als die der Zytologie, da sich die Zellen in die Disziplin des Gewebeverbandes einordnen müssen und sich nicht frei von allen Bindungen vielgestaltig entfalten können. Dennoch gibt es bei der Histologie unterschiedliche Diagnosen an einem Präparat durch verschiedene Untersucher. Diskrepanzen um eine Stufe zwischen zytologischer und histologischer Diagnose sind keine echten Differenzen und sollten in die Statistik zur Qualitätskontrolle der zytologischen Leistung nicht einbezogen werden. So ist es keine schwerwiegende Differenz, wenn bei einer zytologischen Diagnose Pap IVa (Abb. 3) die Histologie eine mittlere Dysplasie (Abb. 4) ergibt oder bei einem normalen zytologischen Befund (Abb. 5 auf S. 1062) sich histologisch eine leichte Dysplasie (Abb. 6 auf S. 1062) findet. In beiden Fällen liegt die Abweichung im Bereich der Abb. 2: Histologie: Normale Portiooberfläche. Epithelialer und mesenchymaler Gewebeanteil sind klar getrennt, die Zellen sind in die Gewebestruktur eingebunden und das Bild ist mit einem Blick zu erfassen und einzuordnen. Abb. 3: Zytologie: Carcinoma in situ (Pap IVa). Abb. 4: Histologie: Mittlere Dysplasie (CIN II) mit deutlicher Verhornung, Zapfenbildung und leichter Stromaabwehrreaktion. subjektiven Spielräume und ist ohne Konsequenzen. Abweichungen um mehr als eine Stufe zwischen zytologischer und histologischer Diagnose müssen als Fehldiagnosen außerhalb der subjektiven Ermessensspielräume gewertet werden (Abb. 7 und 8 auf S. 1062). Aber auch hier ist zu beachten, dass nicht immer der Zytologie die Fehldiagnose anzulasten ist, denn der Grund kann auch in einer mangelhaften Aufarbeitung des his- tologischen Materials, seiner fehlerhaften Interpretation durch den Pathologen oder in einer Verwechslung des Abstriches (s. Goldene Regel 1/8, FRAUENARZT 43, 2002, 269) liegen. Die Qualität einer zytologischen Untersuchungseinrichtung müsste eher an der Häufigkeit der zytologischen Diagnosen als an deren Übereinstimmung mit der Histologie gemessen werden. Die Statistiken werden jahrgangsweise abgefordert, Histologien kommen aber oft DIAGNOSTIK + THERAPIE Abb. 1: Zytologie: Hypoöstrogener Funktionsbefund (Pap I/II). Die Zellen sind aus dem Gewebeverband gelöst, nehmen eine eigene Form an, liegen ungeordnet und müssen einzeln beurteilt werden. Häufigkeit der zytologischen Diagnosen Pap I/II etwa 97 % Pap II K/W um 2 % Pap III bei Nichtverwendung der Kategorie Pap II K/W 0,2 % Pap III D 0,5 % Pap IVa + b 0,2 % Pap V 0,5 % 0,02 % FRAUENARZT ■ 44 (2003) ■ Nr. 10 1061 DIAGNOSTIK + THERAPIE Abb. 5: Zytologie: Metaplasie (Pap I/II). Abb. 6: Histologie: Abnormes (glykogenfreies) Plattenepithel und leichte Dysplasie (CIN I) im Bereich einer Zervixkrypte bei entzündlich alterierter Transformationszone. Abb. 7: Zytologie: Leichte Dysplasie (Pap III D). Abb. 8: Histologie: Transformationszone mit der Grenze zwischen normalem Plattenepithel (links) und Carcinoma in situ (rechts). erst später und werden bei den meisten zytologischen Befunden (in 97 %) gar nicht erhoben (Pap I bis IIID). So ist es für die Qualitätsbestimmung nicht besonders relevant, ob bei den histologisch abgeklärten Fällen der Diagnose Pap IIID in 70 % eine leichte bis mittlere Dysplasie, in 20 % eine schwere Dysplasie und in 10 % nichts gefunden wurde, denn hier spielen die oben genannten Faktoren eine wichtige Rolle. Viel aussagekräftiger ist in einem vergleichbaren Gebiet, so wie es Deutschland bietet, wie häufig in den Untersuchungseinrichtungen 1062 FRAUENARZT ■ 44 (2003) ■ Nr. 10 die einzelnen Diagnosen vorkommen (s. Tabelle auf S. 1061). Untersuchungseinrichtungen in Deutsch- land, die deutlich von diesen Werten abweichen, haben ein Qualitätsproblem. Autoren Prof. Dr. Martin Link Niedergelassene Frauenärzte Boltenhagener Str. 5 D-01109 Dresden Dr. Heidrun Link