Das Menschenbild in Bibel und Werbung
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Das Menschenbild in Bibel und Werbung
Das Menschenbild in Bibel und Werbung Eine Betrachtung von Hans-Jörg F. Karrenbrock Vortrag zum Neujahrsempfang der katholischen, protestantischen und baptistischen Kirchen 2004 Es ist eine gewaltige Botschaft, die der Welt da offenbart wird. Tag um Tag erreicht sie Milliarden von Menschen auf der ganzen Erde. Allein in Deutschland nehmen Zweidrittel aller Einwohner -vom Kleinkind bis zum Greis- jeden Tag diese Botschaft wahr: für etwas mehr als 7 Minuten. Um diese Botschaft unter das Volk zu bringen, werden enorme finanzielle Mittel aufgeboten: 29 Milliarden Euro allein für Deutschland in 2003, das ist mehr als im ganzen Jahr für Sozialleistungen ausgegeben wurde. Diese Botschaft beinhaltet ein Glücks-Versprechen, Orientierung, Hilfe und Zufriedenheit. Sie offeriert, will man ihr folgen, ein erfülltes Leben, Sorglosigkeit, Liebe, Schönheit, Anerkennung, Achtung und Würde. Doch es ist nicht die Botschaft Gottes, über die wir hier reden. Es ist die Werbebotschaft, die Reklame. Auf vielfältigste Weise kommen wir mit ihr in Berührung: auf Plakaten, in Prospekten und Anzeigen, im Radio, Fernsehen und Kino, am Straßenrand, daheim, in der Bahn, in Geschäften und Fußgängerzonen... kurz: überall, wo unsere Sinne ansprechbar sind, ist Werbung. Und diese Werbung hat das Denken und Handeln der Menschen zunehmend verändert. Weil steter Tropfen jeden Stein höhlt, sickerten die Botschaften und Lebensorientierungen mehr und mehr in unser Bewußtsein. Kaum jemand -eigentlich niemand- kann sich den Werten entziehen, die da vermittelt werden. Die Werbung bietet Vorbilder und Weltbilder, Ansichten und Einsichten, Sinn und Aufgabe. Damit vermittelt sie ein Menschenbild, das unsere 'Sicht auf uns' selbst verändert hat. Das Menschenbild in der Werbung. Unser Thema. Seite 2 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Bevor wir betrachten, wie das Menschenbild in der Werbung aussieht und inwieweit es dem Bild des Menschen in der Heiligen Schrift entspricht (oder eben auch nicht), sollten wir einen Moment darüber nachdenken, wie Werbung funktioniert. Einfach nämlich! Werbebotschaften sind ein in sich geschlossenes Argumentationsprinzip: Zunächst wird eine Sehnsucht geweckt und dann sofort erfüllbar gemacht. Vor 35 Jahren legte die westfälische Firma Storck eine solche Argumentation beispielhaft vor: "Wenn Sie nichts so sehr lieben, wie Ihr Kind, und Ihr Kind nichts so sehr liebt, wie Bonbons, geben Sie ihm Nimm' Zwei." Diese perfide Kausalkette ist unwiderlegbar: alle Eltern lieben ihre Kinder, alle Kinder lieben Süßigkeiten, also... Andersherum argumentiert: Geben Sie Ihrem Kind keine Nimm-Zwei-Bonbons, lieben Sie es nicht! Wer will sich das schon vorwerfen lassen?! Besonders praktisch: Ich kann den Beweis meiner Kinderliebe für ein paar Euro kaufen, ohne mich persönlich engagieren zu müssen. Nicht etwa Aufmerksamkeit, Zuwendung, Vorbild und Auseinandersetzung sind nötig, um die Liebe zu meinen Kindern zu entwickeln und unter Beweis zu stellen, sondern eine Ware übernimmt diese höchst-elterliche Aufgabe. Seite 3 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Die Reihe solcher einfachen Kausalketten ist beliebig fortsetzbar: Wer in die Luft zu gehen droht, raucht HB. Von Tilly wissen wir, dass eine Frau nur mit gepflegten Händen geheiratet wird. Von Clementine, dass weiße Wäsche ein Garant für ein friedvolles Familienleben ist. Von Frau Sommer, dass Omas inniglich geliebt und geachtet werden, wenn sie Jacobs Cafe auf den Tisch bringen. Ganz so platt und durchschaubar blieben aber die Werbebotschaften nicht. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich die Werbeaussagen massiv geändert. Dadurch, daß eine Vielzahl vergleichbarer Produkte und Dienstleistungen auf den Markt kam, genügte es nicht mehr, den Wunsch nach dem eigentlichen Produkt und dessen Eigenschaften zu wecken, sondern den Bedarf weiter zu fassen: Das Bedürfnis nach Geborgenheit und Liebe, Wegweisung und Orientierung, Ordnung und Sicherheit, Selbstbehauptung, Erfüllung und Sinngabe wird an das Produkt gekoppelt. Sie sind alleine und wünschen sich einen Partner? Mit Axe-Deospray und Calgonit klappt es auch mit dem Nachbarn. Liebe ist plötzlich kein Geschenk, kein Wunder, keine Gnade mehr, die (verdient oder nicht) gewährt wird, sondern Liebe ist planbar. Erfolg ist eine Frage der Kleidung, Klugheit beweise ich durch die richtige Wahl meiner Bank, Lebensorientierung finde ich in der richtigen Frauenzeitschrift und zu einem erfüllten Lebensabend gehört ein Bausparvertrag und ein 3-Phasen-Reiniger. Seite 4 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Solch simple Verknüpfungen funktionieren auch, wenn das Produkt gar nicht benötigt wird. Vor einigen Jahren erklärte mir ein Fünfjähriger in Frankfurt, er wünsche sich zu seinem Geburtstag einen O.B.-Tampon, weil man damit Reiten und Schwimmen und Radfahren kann. Das klingt jetzt erst einmal lustig, wirft aber ein interessantes Bild auf die Wirksamkeit verknüpfter Werbeargumente. Sie suggerieren die Lösung vielfältiger Probleme und substituieren die eigene Auseinandersetzung mit den zentralen Fragen des Lebens durch Konsum. Ein Beispiel: Hermann W. ist Beamter im Katasteramt Neuss. Als Kind wollte er eigentlich Cowboy werden, nach Amerika auswandern und viele Abenteuer bestehen. "Das schlag Dir mal aus dem Kopf!", bremsten die Eltern seine Vision. "Onkel Heinz kann Dir eine Stelle beim Katasteramt besorgen. Da bist Du auf der sicheren Seite." (Gerne wird als Lebensalternative auch die obligatorische Banklehre, die Übernahme des elterlichen Unternehmens oder das zunächst abzuschließende JuraStudium angeführt.) Nach dem Bild des Menschen in der Bibel wäre es aber notwendig, Hermann W. zu ermutigen, diesen ungewöhnlichen Schritt zu wagen! Ähnlich Petrus, der sich auch traute, das sichere Boot zu verlassen und auf dem Wasser Schritt für Schritt auf Jesus zuzugehen. Das Menschenbild in der Bibel geht also verantwortlicher mit dem Menschen um, nimmt seine Sehnsucht, die ihn treibt, ernst. Denn schließlich kann niemand sagen, wofür eine solche Sehnsucht gut ist. Seite 5 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Bei Jesaja 43,18-19 lesen wir: "Denkt nicht mehr an das, was früher war. Auf das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe und Straßen durch die Wüste." Hermann W. würde also ermutigt, "Wege zu bauen", sich seinem Traum zu stellen, seiner Berufung zu folgen ("Beruf hat nun mal etwas mit Berufung zu tun!"), sich klar zu werden, was er alles braucht und welche Fähigkeiten er entwickeln muß (Reiten lernen, Tierzucht, englische Sprachkenntnisse, Geografiekenntnisse, etc.). Alles nur, damit er sich auf den Weg machen und seinem Traum folgen kann. Wäre Hermann W. eine biblische Gestalt, würde er vielleicht tatsächlich ein erfolgreicher Rinderzüchter in den USA; so wie es schmächtige, österreichische Lausbuben schaffen können, muskel-bepackter "Gouvernator" von Kalifornien zu werden. Vielleicht hätte Hermann W. aber auch "nur" entdeckt, daß sein CowboyTraum Ausdruck des Eingeengtseins ist, das ihn daheim überfällt, weil es z.B. viel zu viele Regeln dort gibt. Oder daß er seine "innere Feigheit" endlich überwinden, seinen Mut stärken und eben Abenteuer bestehen muß. Schon kindliche Wunschvorstellungen sind oft ein verstecktes Signal; ein Impuls, der helfen soll, die Persönlichkeit auszureifen und Defizite auszugleichen. Seite 6 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Mit welcher Leichtfertigkeit maßen wir Eltern uns eigentlich an, diese Signale zu ignorieren und vom Tisch zu wischen? Sicherlich ist es nicht damit getan, ein Cowboy-CD-ROM-Spiel zu kaufen oder im Versandkatalog ein blödsinniges Cowboy-Kostüm zu bestellen. Die Intension, die hinter dem Wunsch steht, gilt es zu entdecken und ernst zu nehmen. Das gilt auch für Berufswünsche wie "Schauspieler" (das Kind möchte jemand anderes sein), "Astronaut" (über den Dingen stehen, unabhängig, grenzenlos frei) oder "Prinzessin" (Würde, Achtung, Wertschätzung). Was auch immer - Hermann W. konnte nie erfahren, zu welchem Zweck dieser Traum, diese Sehnsucht gut gewesen wäre, weil er sich nicht auf den Weg machen durfte, um ihn zu wagen. So aber wurde er auf einen Weg geschickt, der nicht seiner war. Heute führt er ein langweiliges Leben, die Arbeit erfüllt ihn nicht und er hat immer das dumpfe Gefühl, seinen Traum verraten zu haben. Wie reagiert die Werbung darauf? Dem Menschenbild in der Werbung entsprechend, müßte der erlebte "Verzicht auf Erfüllung" mit Konsum kompensiert werden. Wobei es peinlich vermieden werden muß, den Menschen zu den "Wurzeln seiner Verzweiflung" zu führen und das Problem ursächlich zu lösen. Nur ein latent im tiefsten Seelengrund ungereifter Mensch ist empfänglich für angebotene Ersatz-Konsumgüter. Seite 7 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Bei Hermann W. hilft der Geschmack von Freiheit und Abenteuer und raucht Marlboro. Bei jeder Sinnkrise hilft ein hopfen-frisches und traditionell-gebrautes "original american Lager". Und der Jahresurlaub erschließt ihm die Möglichkeit, wenigstens in einer billigen Attrappe seines Traumes zu leben: im Club Med reitet er unbeholfen auf klapprigen Gäulen, trägt einen Cowboyhut und säuft "all-inclusive" den faden Beigeschmack hinunter. Kehrt er zurück ins Katasteramt, hinterläßt die Illusion des Urlaubs einen heftigen Kater. Und genau so ist das Bild des Menschen in der Werbung. Er ist generell verkatert. Verstimmt, enttäuscht, entmutigt und angepasst. In dieser Rolle gefällt er sich eigentlich nicht. Ihm muß geholfen werden: Und zwar mit Ersatz-Stoffen (Waren), die ihn seinen Schmerz nicht spüren lassen und ihn davor bewahren, sich den eigentlichen Aufgaben zu stellen. Welche "eigentlichen Aufgaben" sind denn das, von denen die Bibel meint, jeder Mensch könne und müsse sie erledigen, von denen die Werbung aber dringend abrät? Kurz gesagt sind es folgende: - sich selber und seine Fähigkeiten kennenlernen - Vertrauen zu sich fassen - Mut entwickeln und auch Beharrlichkeit - seine guten und schlechten Seiten annehmen - und die Erkenntnis zulassen, daß man nicht alles selber bestimmen kann und man seinen "Weg durch die Zeit" auch vertrauensvoll der Führung eines Anderen überlassen muß: der Führung Gottes. Seite 8 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Denn Gott ist (nach dem Menschenbild der Bibel) immer das Ziel: auch das Ziel unseres irdischen Lebens. Und das ist der wohl signifikanteste Unterschied der beiden Menschenbilder: In der Bibel gehört der Tod zum Leben dazu. Er ist ein notwendiges Tor, durch das wir gehen müssen, um weiterleben zu können: in einer neuen Dimension und ganz nah bei Gott. Das Menschenbild in der Werbung kennt keinen Tod. Nichts verweist je auf die Endlichkeit des Konsums, obwohl ein jeder Verbraucher irgendwann "auf-gebraucht" ist - und stirbt. Die Werbung verschweigt uns diese Wahrheit. Sie lügt uns ins Gesicht! Der irdische Tod ist in einer nur auf Wachstum und Erfolg, Selbstbestimmung, Macht und Wohlstand ausgerichteten Welt ein völlig sinnloses Ereignis: Wir bestimmen ihn nicht, wir wollen ihn nicht, wir streben ihn nicht an, wir haben keinen materiellen Vorteil vom Tod, wir verlieren alles und wir sind ihm ausgeliefert. Die "eigentlichen Aufgaben", zu denen uns die Bibel ermuntern will, lassen sich in einem einzigen Satz zusammenfassen: Wir Menschen müssen in unserem irdischen Leben uns erkennen, damit wir Gott erkennen. Machen wir uns das heute und hier nochmal ganz deutlich: Wir alle werden sterben. Und wir alle werden uns der Frage stellen müssen: "Wofür habe ich gelebt?" Seite 9 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Für eine neue Wohnzimmergarnitur? Für ein etwas größeres Auto als die Nachbarn? Für ein ewig sportliches Image? Für ein faltenfreies Lächeln? Für natürlich-glänzendes Haar mit toller Spannkraft? Für innovative Design-Lösungen eines kompetenten GlobalPlayer? Alles Leben, Arbeiten und Streben in den wirtschaftlichen Gefügen, Unternehmen und Institutionen ist spätestens seit Beginn der Industrialisierung einzig und allein orientiert am finanziellen Gewinn. Diese einseitige Orientierung hat sich mittlerweile auf die ganze (Welt-) Bevölkerung übertragen. Jeder Mensch auf der Strasse kann erklären, was der Sinn eines Sparbuchs ist. Was der Sinn dieses Lebens ist, weiß er nicht. Wenn es nach der Werbung ginge, die einzig der Forcierung von Profit dient, dann muß der Mensch von solchen Gedanken abgehalten werden. Nichts wäre schädlicher für unsere ausschließlich wirtschatlichorientierte Weltordnung, als wenn Menschen erkennen würden, daß es auch einen anderen Beweggrund für menschliches Handeln und Arbeiten gibt. Nämlich das, was in unserem Kulturkreis als "christliche Ethik" bezeichnet wird: moralische Maßstäbe, Nächstenliebe, Geschwisterlichkeit, Annahme der ganzen Schöpfung, Verantwortlichkeit, Friedfertigkeit, Balance der Kräfte, Vertrauen, Hoffnung und Liebe. Seite 10 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Um Gottes Willen! Wo solche Erkenntnis reift, wird eine neue DamenFeinstrumpfhose uninteressant, ist die Beta-Version der Playstation 3 nicht wirklich schicksals-entscheidend. Das Menschenbild der Werbung und das Menschenbild der Bibel stehen also in einem unvereinbaren Gegensatz zueinander. Wo die Bibel den Menschen aufruft, sich dem Lebens zu stellen, auch mal "Wüsten zu durchwandern", sie zu durchleiden, um zu reifen, um sich unerschrocken auf den Tod und auf Gott zuzubewegen, bietet die Werbung alle nur erdenklichen Produkte und Leistungen feil, um vor genau dem zu fliehen: konsumieren, statt kapieren! Für die Werbung ein schwieriges Unterfangen! Viele besondere Augenblicke des menschlichen Lebens sind traditionell mit Sinnfragen behaftet. Die Werbung sieht sich also der schwierigen Frage gegenüber gestellt: Wie schaffe ich es, diese Augenblicke (z.B. Feiertage) von der Frage nach Sinn, Ziel, Weg, Moral und Gott zu trennen? Nun, es ist der Werbung gelungen, die ursprüngliche Verknüpfung zu lösen: 63% Prozent aller deutschen Schulkinder, so die Pisa-Studie, wissen über das Osterfest nur soviel, "daß es irgendwas mit Hasen zu tun hat und bunten Eiern". Immerhin 11% glauben, Ostern sei traditionell der "Vorstellungstermin der neuen Frühjahrskollektionen". Seite 11 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Durch die Einführung des konsumfördernden Weihnachtsmannes, konnte sogar die Verknüpfung des Heiligen Abends mit der Geburt des Herrn aufgelöst werden. Aus Christmas wurde X-mas - weshalb erfreulicherweise nicht mal mehr die Schreibweise an den Ursprung des Wortes erinnert. Christliche Terminologie wird gezielt demontiert und nurmehr in seiner Negation gebraucht: Gnade, Barmherzigkeit? Diese Worte finden heute nicht mehr statt. Aber Formulierungen, wie "Der gnadenlose Mörder stach erbarmungslos auf sein Opfer ein..." finden wir überall. Das ist eine perfide Strategie. Die Ent- christlichung unserer Sprache geht einher mit der Entchristlichung des Handelns. Dabei spielen die Vorbilder in unserer Gesellschaft eine entscheidende Rolle. Wie kann ein angeblich den christlichen Werten verpflichteter Politiker radikale Sozialkürzungen und zeitgleich den sündhaft teuren Bauauftrag für eine künstlerische Ausgestaltung des eigenen Ministeriums beschließen? Das ist der spürbare Grund, weshalb mittlerweile selbst Politikern jedwede moralische Aufrichtigkeit abgesprochen wird. Die Bürger erkennen, wenn auch nur schemenhaft, daß Politik nicht mehr zum Wohle der heute auf unserem Planeten lebenden Menschen und der nachfolgenden Generationen betrieben wird, sondern daß Politik die Summe der Beeinflussungen ist, die die profitorientierten Unternehmen und Unternehmenden auf die Entscheidungsträger und Gesetzesformer ausüben. Seite 12 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Nicht die nächste Menschengeneration steht im Mittelpunkt des Interesses, sondern die nächste Wahl. Hier wie dort, oben und unten, rechts oder links geht es nur um die Wahrung von Positionen, Macht, Vorteilen und -wie kann es anders seinum den eigenen finanziellen Gewinn. Wahllügen sind entschuldigt durch "sich ändernde Sachzwänge", Eigennutz macht reich und "Geiz ist geil!". Wenn Vorbilder Weltbilder prägen, dann müssen wir uns fragen, was wir mit Dieter Bohlen, Big Brother, Naddel, Superstars, Feldbusch, Oliver Kahn und Gina Wild erreichen wollen? - Je dämlicher ich mein Leben einrichte, je gedanken- und gewissenloser ich mich der profitablen Vermarktung meiner selbst widme, desto eher bin ich für die Öffentlichkeit interessant. - Ist das die Botschaft? Selbst die nachmittäglichen Talkshows suggerieren: Je verdorbener und abstruser ich mein Leben gestalte, desto eher werde ich "Star für fünf Minuten" mit so formidablen Themen wie "Hilf' mir Vera, meine alkoholkranke Mutter ist schwanger von unserem Nachbarn!" oder "Ich könnte Dich heute verlassen, aber ich will nicht." Überhaupt suggerieren Werbung und kommerzielles Fernsehen, daß jeder ein Star sein, sich aus der grauen Masse abheben und berühmt werden kann. Star Search, Superstar und Fame Academy gehen rücksichtslos und menschenverachtend mit den großen Hoffnungen der Probanten um. Seite 13 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Die Werbung hat diese Tendenz nicht nur längst erkannt, sondern fördert sie. Denn nur solche Menschen, denen im Angesicht eines kurzlebigen Ruhms der Sabber aus dem Mund tropft, sind bereit, alle Konventionen über Bord zu werfen und sich (wenn schon nicht innerlich, so doch äußerlich) zu wandeln: mit Makeup, Kleidung, mega-hippen Hobbies. Ein Wandel an der Oberfläche, der das Innere nicht erreicht. Die Werbung will, daß wir verbrauchen und nicht in die Tiefe denken ("Leben Sie - wir kümmern uns um die Details."). Die Bibel will, daß wir verstehen. Die Werbung wird in Zukunft sogar verstärkt versuchen, Profitorientierung und Weltanschauung zu vermischen. Jeder aufrichtige Mensch erkennt hierin eine Unvereinbarkeit: Weltanschauung kann nicht gekauft werden, sie wird geschenkt. Und zwar nicht selten auf sehr mühsame Weise. Viele Menschen können mit einem solchen Geschenk jedoch nichts mehr anfangen. Es paßt nicht in unsere Welt mit ihrer einseitigen Ausrichtung auf Wachstum, Erfolg und Gewinn. Die Bibel weiß darum. Gerade im Alten Testament wird deshalb immer wieder folgendes Menschenbild gemalt: Der Mensch huldigt dem Materiellen, goldenen Kälbern und selbstgemachten Götzen: Rufen Sie jetzt an! Wählen Sie die Nummer neben Ihrer Landesfahne. Erleben Sie die neue Dimension der Zufriedenheit. Seite 14 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten. Wir beraten wie ein Freund. Jetzt neu. Weil Sie es sich wert sind. Die etwas andere Art, zu genießen. Zukunft braucht Sicherheit. Da werden Sie geholfen. Lassen Sie mich - nach all diesen Betrachtungen- nochmals den gewaltigen Druck aufzeigen, dem wir alle ausgesetzt sind. Lassen Sie sich die Fakten auf der Zunge zergehen: Allein in Deutschland nehmen Zweidrittel aller Einwohner -vom Kleinkind bis zum Greis- jeden Tag Werbung wahr: für etwas mehr als 7 Minuten. Um diese Botschaft unter das Volk zu bringen, werden enorme finanzielle Mittel aufgeboten: 29 Milliarden Euro allein für Deutschland in 2003, das ist mehr als im ganzen Jahr für Sozialleistungen ausgegeben wurde. Die Botschaft beinhaltet ein Glücks-Versprechen, Orientierung, Hilfe und Zufriedenheit. Sie offeriert, will man ihr folgen, ein erfülltes Leben, Sorglosigkeit, Liebe, Schönheit, Anerkennung, Achtung und Würde. Aber es ist nicht die Botschaft Gottes, über die wir hier reden. Es ist billige Reklame. Als Christ kenne ich -Gott sei Dank- eine wahrhaftige Alternative und eine ehrlich Antwort darauf: Ich glaube! - Denn: "Ich bin doch nicht blöd!" Seite 15 Copyright Hans-Jörg F. Karrenbrock, Tel. +49-700-52773627, info@karrenbrock.de Zitat nur unter Nennung des Autors; Belegexemplar erbeten.