das jubiläumsmagazin - Hu
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ISBN 978-3-9813135-1-2 DAS JUBILÄUMSMAGAZIN INHALT 18 A N E K D O T E N & Z I TAT E 22 HIDDE N PL ACE S 34 U N SE R E SE CHS V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E WOHER 84 01 Ort der Debatten Editorial 85 13 Das moderne Original 200 Jahre Universität Unter den Linden 84 05 Gute Aussichten, altes Haus Steffen Hallaschka gratuliert 86 16 Was wollen Sie? Das schaffen Sie nie! Jens Bisky hat es trotzdem geschafft 07 Engagiert fördern Die Humboldt-Universitäts-Gesellschaft (HUG) 18 Geschichte in Kürze Anekdoten & Zitate 08 Die Summe der einzelnen Teile Humboldt in Zahlen 22 Hidden Places Eine fotografische Entdeckungsreise 48 U N SE R E SE CHS GRÜ N DU N GSIDE E N WAS 87 87 89 90 92 94 95 34 36 38 40 42 44 46 Unsere sechs Veranstaltungshöhepunkte Kunst im Foyer Eröffnung des Grimm-Zentrums Humboldt-Streitgespräche Ausstellung »Inmitten der Stadt« Humboldt unterwegs Konferenz »Das Modell Humboldt« 48 50 53 56 59 62 65 Unsere sechs Gründungsideen Freiheit Verantwortung Unabhängigkeit Wissenschaft Zukunft Bildung WOHIN 97 97 71 To whom Are you writing Christoph Markschies über die Zukunft 72 Falsches Vorbild Martin Spiewak über Wilhelm von Humboldt 74 Europäische Universitäten im 21. Jahrhundert Georg Winckler über das Universitätssystem 76 Internationalisierung à la Humboldt Internationaler Austausch an der HU Berlin 8 0 Freiräume durch Ihr Engagement Freunde und Förderer der HU Berlin 81 English Version 1 0 0 Impressum 2 I N H A LT 3 GUTE AUSSICHTEN, ALTES HAUS! S T E F FE N H A L L A S CHK A MODE R AT OR U N D PRODU Z E N T p Glückwunsch zum Zweihundertsten, altes Haus, ehrlich und von Herzen! Auch wenn diese Zeilen eine Anmaßung sind, denn zumeist bin ich wie ein Fremder durch die heiligen Hallen Unter den Linden gehuscht. Schließlich war ich nicht exklusiv im Bildungsbetrieb Humboldt eingeschrieben, sondern hatte mich längst dem Einbildungsbetrieb Funk und Fernsehen verschrieben. Gewissenhaftes Studium sieht gewiss anders aus! Aber es zeugt von Deiner Größe und Güte, dass Du mich geduldig bummeln ließest und nicht eifersüchtig warst, wenn ich mal wieder länger fort blieb. Danke, dass Du mich jedes Mal wieder in die Arme geschlossen hast, obwohl es zuletzt den Anschein hatte, als würde ich den nahtlosen Übergang in die Universität des dritten Lebensalters anstreben. Aber immerhin: So konnte ich mein Teilzeitstudium auf imposante 24 Semester strecken und lande damit in Relation zur 200-jährigen Universitätshistorie schon oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Wer bietet mehr? Wir sind also ein gutes Stück des Weges gemeinsam gegangen. Dass Du Dich dennoch nicht an mich erinnern wirst, kann ich Dir nachsehen. Wie solltest Du? Liebe HU, zum runden Geburtstag wünsche ich Dir Studierende, die die Freiheit des Studiums nicht als Beliebigkeit wahrnehmen. Die so viel Zeit für Neugier als Privileg begreifen und den Zugang zu Bildung als Verpflichtung. Und ich wünsche Dir Professoren und Dozenten, die die Lehre vor so vielen nicht als Leere empfi nden. Die es verstehen, in jungen Menschen die Leidenschaft der Erkenntnis zu wecken und die selbst darauf brennen, von ihnen zu lernen. Das mag naiv klingen, bestenfalls romantisch. Aber Du wirst es mit Deiner 200-jährigen Erfahrung am besten wissen: In diesem Jahrhundert wird Bildung der wichtigste aller Rohstoffe sein! Und zudem auch noch einer, der sich vermehrt, je verschwenderischer man damit umgeht. Gute Aussichten, altes Haus! f BI L D : M AT T HI A S HE Y DE 4 GR AT U L AT IO N GR AT U L AT IO N 5 ENGAGIERT FÖRDERN DIE HU MB O L D T- U N I V E R SI TÄT S - GE SE L L S CH A F T (HU G) p Wissenschaft lebt vom Austausch mit der Öffentlichkeit und im Dialog mit der Gesellschaft. Dieser Leitidee fühlt sich die Humboldt-Universität vor dem Hintergrund ihrer einzigartigen Geschichte und der vor ihr liegenden Herausforderungen besonders verpflichtet. Auch die Humboldt-Universitäts-Gesellschaft (HUG) hilft dabei. Die HUG ist das Netzwerk der Freunde, der Ehemaligen und der Förderer. Sie setzt sich für wissenschaftliche Exzellenz, Attraktivität und Lebendigkeit der Universität im Herzen der deutschen Hauptstadt ein. Hierfür mobilisiert die HUG bürgerschaftliches Engagement und finanzielle Mittel. SCHWERPUNKTE DER ARBEIT p Gesprächspartner der Universität zu sein, um Feedback zu einzelnen Themen zu geben und Türen in Richtung Politik und Wirtschaft zu öffnen, p an einzelnen Zukunftsthemen der Universität konzentriert mitzuarbeiten, p die Chancen aus dem 200-jährigen Jubiläum zu nutzen, um Kontakte und Kooperationen mit Wirtschaft und Gesellschaft zu verstärken. Die HUG finanzierte seit ihrer Gründung im Jahr 1996 rund 150 Projekte. Bei der Mehrzahl der Projekte handelte es sich um Vorhaben von studentischen Gruppen, insbesondere Veranstaltungen und Exkursionen einschließlich der wissenschaftlichen Publikationen. Ein Highlight war die Ausstellung »Ägypten – ein Tempel der Tiere« im Berliner Zoo in Zusammenarbeit mit dem Zoo der Stadt Kairo. Die HUG half der Universität beim Auf bau des Fundraisings, wirkt an der Organisation des Jubiläums mit und engagiert sich für viele Jubiläumsprojekte. f W E R DE N AU CH SIE MI T GL IE D DE R HU G U N D E N GAGIE R E N SICH FÜ R DIE HU MB O L DT- U N I V E R SI TÄT ! ME HR I N FOR M AT IO N E N FI N DE N SIE AU F W W W. HU - BE R L I N . DE/ HU G . BI L D : © PHO T O C A SE / A L PHO X I C 6 HU G HU G 7 DIE SUMME DER EINZELNEN TEILE HU MB O L D T I N Z A H L E N Summe aller Lehrräume an der HU in qm: 31.807 Länge des Bücherbestandes der HU-Bibliotheken in km: ca. 200 Länge aller Bücherregale im Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum in km: ca. 57 Gäste in Mensa Süd und Coffeebar pro Tag während des Semesters im Jahr 2008: 3.420 Summe der getrunkenen Tassen Kaffee pro Tag: 1.000 Summe der vertilgten Stücke Kuchen im Jahr 2008: 60.000 Anzahl aller bisherigen Studierenden an der HU seit WS 1992/93 bis SS 2009: 128.985 Durchschnittsalter der Beschäftigten in Jahren: 44 Anzahl der Nobelpreisträger: 29 Preis des bisher teuersten Forschungsinstrumentes / wiss. Apparates in Millionen Euro: 1,9 * Alter des jüngsten Professors in Jahren: 25 ** Alter des jüngsten Absolventen an der HU in Jahren (Bachelorabschluss): 20 Anzahl aller bisher verbrauchten Glühbirnen und Leuchtstoffröhren an der gesamten HU: 14.111 Anzahl aller Fenster im Hauptgebäude: 605 * MRT-Gerät für das Verbundprojekt »Bernstein Center for Computational Neuroscience Berlin«, aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ** Ostap Okhrin geb. Mai 1984 BI L D : M AT T HI A S HE Y DE (S . 9 – 1 1) 8 HU MB O L D T I N Z A H L E N O WOHE R 9 Woher wir kommen. Seit 200 Jahren lebt die erste Berliner Universität mit großen Namen. Wilhelm von Humboldt, Schleiermacher, Hegel, Fichte und Alexander von Humboldt waren die Ersten. DAS MODERNE ORIGINAL 2 0 0 JA HR E BE R L I N E R U N I V E R SI TÄT U N T E R DE N L I N DE N p Die Humboldt-Universität zu Berlin ist die älteste der Berliner Hochschulen und eine der führenden Forschungseinrichtungen von Weltruf. Sie hat ihren Sitz Unter den Linden – im Herzen der Hauptstadt. Alles begann 1809/10: Unter dem Eindruck der Reformideen Schleiermachers entwickelte der preußische Politiker, Schulreformer, Sprachforscher und Philosoph Wilhelm von Humboldt sein Universitätskonzept. Humboldt stellte sich eine universitas litterarum vor, in der die Einheit von Lehre und Forschung verwirklicht und eine umfassende (humanistische) Bildung der Studierenden ermöglicht wird. Mit 256 Studenten und 52 Lehrenden begann im Jahr 1810 das erste Semester an der neu gegründeten Berliner Universität. Die Fächer wurden in die Fakultäten Jura, Medizin, Philosophie und Theologie gegliedert. Die zukunftsweisende Konzeption Wilhelm von Humboldts hat die Berliner Universität zu einem Vorbild der modernen Universität gemacht: Die Einheit von Lehre und Forschung, die Freiheit der Wissenschaft und eine allseitige Bildung der Studierenden wurden Leitbild für zahlreiche Universitätsgründungen in der Welt. Alexander von Humboldt, Wilhelms Bruder, ergänzte den traditionellen europäischen Blick der Universität durch au- 12 WOHE R ßereuropäische Perspektiven und faszinierte tausende Zuhörer durch seine berühmten Kosmos-Vorlesungen in allgemein verständlicher Sprache. Die Universität durchlief in ihrer 200-jährigen Geschichte viele Wandlungen. Sie ist heute in elf Fakultäten gegliedert, verfügt über starke interdisziplinäre Forschungszentren, mehrere Zentralinstitute und Graduate Schools. Das Lehr- und Forschungsprofi l der Humboldt-Universität umfasst alle grundlegenden Wissenschaftsdisziplinen in den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften, der Humanmedizin, den Agrarwissenschaften sowie der Mathematik und den Naturwissenschaften. Derzeit studieren 34.000 junge Menschen in den Fakultäten und Instituten der Universität und der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Über 350 Professoren sind in Forschung und Lehre tätig. Mit über 240 Studiengängen bietet die Universität ein breites Spektrum an Disziplinen – von Afrikawissenschaften bis Zahnmedizin. Einige sind deutschlandweit einmalig, beispielsweise der Reformstudiengang Medizin und der Bachelor und Master in Statistik oder wurden, wie Gender Studies und Kulturwissenschaften, erstmalig hier angeboten. International anerkannte Abschlüsse, passende Module zur Weiterbildung und englischsprachige Studiengänge locken junge Menschen aus der DA S MODE R N E OR IGI N A L 13 »Die zukunftsweisende Konzeption Wilhelm von Humboldts hat die Berliner Universität zu einem Vorbild der modernen Universität gemacht.« ganzen Welt. Dazu gehören sowohl die geistes- und sozialwissenschaftlichen Institute in Berlin-Mitte als auch die naturwissenschaftlichen Einrichtungen auf dem modernen Campus Adlershof im Südosten Berlins, auf dem mehr als 7.000 Studierende und Wissenschaftler in enger Nachbarschaft und regem wissenschaftlichen Austausch mit den renommierten und technologieorientierten Unternehmen vor Ort lernen, forschen und entwickeln. Die neue Universitätsbibliothek, das Jacob-und-WilhelmGrimm-Zentrum, bietet als hochmodernes Kommunikationszentrum die Möglichkeit, über vier Millionen Bücher und Periodika direkt zu nutzen oder über das Internet zu bestellen. Mit 14 WOHE R dem Erwin-Schrödinger-Zentrum als Kommunikations- und Kongresszentrum auf dem Campus Adlershof stehen den Studierenden zusätzlich moderne elektronische Hilfsmittel zur Verfügung. Außerdem verfügt die Humboldt-Universität über wahre Schätze aus 300 Jahren Forschung und Lehre. Ihre 100 verschiedenen wissenschaftlichen Sammlungen beherbergen über 30 Millionen Objekte. Mit ihren künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen wirkt die Humboldt-Universität in das Leben der Stadt zurück. Im Rahmen von regelmäßigen Ausstellungen, Lehrveranstaltungen und zu den öffentlichen Ringvorlesungen werden ausgewählte Teile der Sammlungen genutzt. Die frühen Nobelpreisträger sind Vorbild auch für heutige Generationen von Wissenschaftlern, wie zahlreiche LeibnizPreise für Forscherinnen und Forscher an der Humboldt-Universität zu Berlin belegen. Die Universität engagiert sich vor allem bei der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung: Jungen, herausragenden Wissenschaftlern wird schon früh die Möglichkeit der selbstständigen Forschung und Lehre geboten. Schwerpunkte legt die Universität auf die Grundlagenforschung, auf die soziale und ökologische Ausrichtung der wissenschaftlichen Fragestellungen und die kulturelle und ökonomische Bedeutsamkeit der Ergebnisse. Für eine Spitzenuniversität ist der internationale Austausch in Forschung, Lehre und Studium eine Selbstverständlichkeit. Gegenwärtig unterhält die Humboldt-Universität akademische Partnerschaften mit über 170 Hochschulen weltweit sowie 300 Erasmus- und Sokrates-Partnerschaften. Sie pflegt traditionell intensive Beziehungen zu Nord-, Mittel- und Osteuropa und unterhält starke Kooperationen mit den USA und Asien. Ebenso herausragend ist die Mobilität der Studierenden: Jedes Jahr absolvieren mehr als 1.000 Studierende einen Teil ihres Studiums im Ausland. Die Hauptstadt-Universität zeichnet sich durch Weltoffenheit und Reformfreude aus. Die besondere Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, ein professionelles System der Qualitätssicherung in Forschung und Lehre sowie zukunftsorientierte Studienreformen machen die Humboldt-Universität zu einer der führenden deutschen Hochschulen. Zahlreiche Hochschulrankings verdeutlichen Jahr um Jahr die breite nationale und internationale Anerkennung der Universität. Die HU lebt mit zweihundert Jahren bewegter Geschichte – wird doch ihre Historie von ihrer besonderen Lage bestimmt, einst im Zentrum von Preußen und Deutschland, schließlich in der Hauptstadt der DDR und heute im Zentrum des wiederverei- nigten Deutschlands. Im Jubiläumsjahr 2009/2010 präsentiert sich die Humboldt-Universität mit Ausstellungen, Vorträgen, Symposien und Konzerten als »Das moderne Original« – ein Ort, an dem seit zwei Jahrhunderten Herausragendes in Lehre und Forschung geleistet wird. f BI L D : M AT T HI A S HE Y DE (S . 1 2) FE L I X S CHU M A N N (S . 15) DA S MODE R N E OR IGI N A L 15 WAS WOLLEN SIE? DAS SCHAFFEN SIE NIE! DR . JE N S BISK Y JOU R N A L IS T U N D BU CH AU T OR p Sehr viele hatten mir abgeraten, das Studium wie geplant an der Humboldt-Universität zu beginnen. Und es sprach ja einiges dafür, als Studienanfänger im Oktober 1990 eine andere Hochschule zu wählen. Auch hatte man sich Unter den Linden nie Mühe gegeben, mich als Student zu gewinnen. Im Gegenteil. Studienzulassung war Gnadenakt. Als ich mir Ende der achtziger Jahre im Hauptgebäude die auszufüllenden Fragebogen und die umfangreichen Hinweisblätter zu den Bewerbungsunterlagen abholen wollte, sah mich die Zettel verteilende Dame bloß unwirsch an: »Was wollen Sie? Das schaffen Sie nie!« Während der Eignungsprüfung, die absolviert werden musste, behandelte man mich – und gewiss nicht nur mich allein – wie einen tollkühn gewordenen Bittsteller, der im Überschwang für Augenblicke seine Grenzen vergessen hatte. Im Herbst 1990 war klar, dass dieser Universität rasch Jahre des Übergangs bevorstanden, der Überprüfungen und des Personalwechsels, der Unsicherheit und des ständigen Improvisierens. Warum ich dennoch am Hause blieb, weiß ich kaum. Trägheit mag eine Rolle gespielt haben. Aber auch das Gefühl, im Mittelpunkt der neuen Republik zu studieren, von der noch keiner wusste, dass sie später »Berliner Republik« heißen würde. Es gab dann bald Streikaktionen und Demos, auf denen der Glaube, im Glutkern der Gegenwart zu studieren, sehr plausibel wirkte. Viel wichtiger aber als alle rebellische Folklore, wichtiger auch als die so genannte Erneuerung wurde für mich der Seminarbetrieb. Er beruhigte, wenn in stillsten Stunden die Frage auf kam, ob alles gut sei oder nicht doch Wechsel angebracht. Gewiss, es gab Bürokratie und auch wechselnde Klassifizierungssysteme. Aber darum hat sich ernsthaft keiner geschert. Man ging dorthin, wohin man wollte, gleichgültig ob die Studienordnung dies vorsah oder anderes. Langweilte ein Seminar, dann ging man auch nicht mehr hin. Sehr schnell war man dann in der Welt eigener Vorhaben gefangen: in einem Seminar über Nietzsche-Lektüren, beim Transkribieren der Briefe des Fontane-Freundes Friedrich Eggers, beim Kommentieren einer noch nicht edierten Streitschrift Rudolf Borchardts. In diesen Seminaren herrschte die rechte Verbindung aus handwerklicher Strenge und geistiger Anarchie. Und so ernst wie in diesen Seminaren bin ich davor und danach nicht mehr genommen worden. Heute könne man nicht mehr studieren, schon gar nicht an der Humboldt-Universität, sagen mir viele. Sie mögen ihre Gründe haben. Und doch glaube ich, dass der romantische Impuls zu studieren sich seine Wege schon irgendwie sucht. f I L LU S T R AT IO N : A N DR E A S T ÖPFE R 16 WOHE R GR AT U L AT IO N 17 Hier ist es schön still, in der Bibliothek. Draußen klingeln die Bahnen: hier muffeln kurzsichtige Professoren in dicken Wälzern, freundliche, wenn auch großfüßige Mädchen laufen hin und her, als wollten sie alle Studenten, die nicht Bescheid wissen, auffressen – eine Insel der Seeligen. p GESCHICHTE IN KÜRZE A N E K D O T E N & Z I TAT E I L LU S T R AT IO N : A N DR E A S T ÖPFE R Kurt Tucholsky, Jurastudent 1910 - 12 p Ich glaube mit Recht behaupten zu können, dass das Unterrichtswesen im hiesigen Staat durch mich in einen neuen Schwung gekommen ist … Etwas, was mir noch eigentümlicher als alles andere persönlich angehört, ist die Errichtung einer neuen Universität hier in Berlin. Wilhelm von Humboldt, 16.07.1810 p Die Berliner Universität, dem Palaste des Königs gegenüber einquartiert, ist durch die Stiftungsurkunde das geistige Leibregiment der Hohenzollern. Emil Du Bois Reymond, 1870, Physiologe Ich war ein Student, und ich studierte in Berlin die schönen Wissenschaften und die hässlichen … Ich studierte aber auch das Leben, und in ihm das Schöne und Hässliche von demselben Blatt – oh großer Gott, was studierte ich alles! Es ist mir heute noch ein Mirakel, dass ich nicht mit einem Riss, einem Sprung im Hirnkasten oder einem darum gelegten eisernen Band herumlaufe: die Gehirnerweiterung war zu mächtig. p Wilhelm Raabe, 1909, Ehrendoktor der Medizin an der HU p Fürwahr, ein herrliches Gebäude! Nur schade, die wenigsten Hörsäle sind geräumig, die meisten düster und unfreundlich, und, was das Schlimmste ist, bei vielen gehen die Fenster nach der Straße, und da kann man schrägüber das Opernhaus bemerken. Wie muß der arme Bursche auf glühenden Kohlen sitzen, wenn die ledernen, und zwar nicht saffian- oder maricainledernen, sondern schweinsledernen Witze eines langweiligen Dozenten ihm in die Ohren dröhnen und seine Augen unterdessen auf der Straße schweifen und sich ergötzen an dem pittoresken Schauspiel der leuchtenden Equipagen, der vorüberziehenden Soldaten, der dahinhüpfenden Nymphen und der bunten Menschenwoge, die sich nach dem Opernhause wälzt. Wie müssen dem armen Burschen die 16 Groschen in der Tasche brennen, wenn er denkt: Diese glücklichen Menschen sehen gleich die Eunike als Seraphim oder die Milder als Iphigenie. »Appolini et Musis« steht auf dem Opernhause, und der Musensohn soll draußen bleiben? Aber sehen Sie, das Kollegium ist eben ausgegangen, und ein Schwarm Studenten schlendert nach den Linden. Heinrich Heine, Jurastudent 1821 - 23 18 WOHE R p Der Zudrang zum Studium ist heute nicht, wie dies früher der Fall war, ein Zeichen, dass es dem Volke gut geht, sondern, so seltsam das klingen mag, ein Zeichen der Not … Die Universität ist die große Wartehalle der Unentschlossenen geworden. Bericht des Rektors Erhard Schmidt 1929/30, Mathematiker Die intensivste Erinnerung an meine Studienzeit war ein Auftritt von Hans Kappert, Professor für Vererbungslehre und Pflanzenzüchtung. Eines Tages stellte er sich auf das Podest und sagte: »Meine Damen und Herren, solange über dem Eingangsbereich dieses rote Banner schwebt, werde ich hier keine Vorlesungen mehr halten«, drehte sich um und verschwand. p Robert Kiepert, studierte in der Nachkriegszeit A N E K D O T E N & Z I TAT E 19 p Und so richtig ist mir der Wolfgang Heise in Erinnerung geblieben, der gleich anfing, Heiner Müller vorzulesen und darüber zu diskutieren. Das war im Grunde das erste Mal, wo ich richtig stolz war: Mensch, jetzt biste Student und kannst das alles studieren. Alles ist offen und mal sehen, was da alles noch kommt und hoffentlich wird’s interessant. Der zweite Eindruck war eine Vorlesung zu Kulturtheorie und Kulturgeschichte von Dietrich Mühlberg, die erstaunlich witzig und entspannend war. Das sind meine ersten Bilder, die ich von der Universität habe. Und das alles hat mich so mit Freude erfüllt, so guck an, das kann ja toll werden, das kann ja interessant werden. Jürgen Kuttner, studierte Kulturwissenschaften von 1980 - 1985 und promovierte zwei Jahre später zum Doktor der Philosophie. p Stattliche Repräsentation nach außen stand besonders hoch im Kurse. Gut angezogen, womöglich mit dem nach hinten gezogenen Pomadenscheitel – S.C.Scheitel oder Lausechaussee genannt – geschmückt, traten die Coleuren jeden Dienstag und Freitag um elf im Vorhof der Universität zum sogenannten Antanze an. Nur die Corps des S. C. hielten sich zu vornehm, um sich daran zu beteiligen. Jede der übrigen Verbindungen zog stolz und nichtachtend, in Wahrheit aber immer brennend interessiert, an denjenigen buntbemützten Völkerschaften vorüber, mit denen sie nicht im Paukverhältnis stand, um mit steifer Höflichkeit und eckigen Ellbogen vor denjenigen die Mütze zu ziehen, mit denen sie paukten. Dann zog alles zu viertel zwölf in die Weißbierstube von Kortwich in der Friedrichstraße zum Frühschoppen, wo jede Verbindung ihren Stammtisch hatte. Friedrich Meinecke, Historiker um 1900 20 WOHE R An Trinkgelage, Duelle und Ausfahrten ist in Berlin nicht zu denken. Hier herrscht so ein Drang nach Höherem, so ein Streben nach Wissenschaft. Dahingegen sind die anderen Universitäten die reinsten Kneipen wohingegen Berlin ein wahres Arbeitshaus ist. Ludwig Feuerbach, Philosophiestudent 1824 p Eine außerordentlich beeindruckende Persönlichkeit war Walter Friedrich, der damals schon emeritiert war – ein Schüler von Wilhelm Conrad Röntgen. Er lebte dieses alte Ethos des Wissenschaftlers: Wenn ein wissenschaftliches Problem stand, dann konnte man nicht schlafen, ehe man einen Ansatz für die Lösung dieses Problems hatte. Er hat sich im Laufe der Diplomarbeit mehrmals mit uns getroffen und sich über die Fortschritte berichten lassen. Ein Bonmot, das er damals formulierte, lautet: »Bei Röntgen war’n wa drei Leute und wat ham wa allet entdeckt. Heute hab ick tausend Mitarbeiter, entdeckt wird jar nischt.« Prof. Dr. Dieter B. Herrmann, studierte Physik von 1957 - 63 p Zum Zweck der Immatrikulation begaben wir uns in Gruppen von je hundert Studenten in einen großen und hohen Saal, der mit den Büsten von berühmten Berliner Professoren geschmückt war. Der Rektor der Berliner Universität war damals der weltberühmte Rudolf Virchow. Er war ein sanfter und ruhiger kleiner Mann mit weißem Haar und Bart, einem freundlichen Gesicht und einer angenehmen Stimme. William Edward Du Bois, Amerikanischer Bürgerrechtler, Student in Berlin 1892 - 94, Ehrendoktor an der HU 1958 A N E K D O T E N & Z I TAT E 21 HIDDEN PLACES DE R FO T O GR A F JE N S B Ö SE N BE R G IS T DE R U N I V E R SI TÄT U N T E R S DACH GE S T IE GE N , H AT S T IL L E K E L L E R GE FU N DE N U N D SICH I M PA R K U M GE SE HE N . FO T O GR A FIE : JE N S B Ö SE N BE R G CE N T RU M FÜ R A N AT O MIE , PHIL IPPS T R A S SE 1 2 FR I T Z - R EU T E R - S A A L , D ORO T HE E N S T R A S SE 2 4 , H AUS 2 24 WOHE R L A B OR , I N VA L IDE N S T R A S SE 4 2 F OY E R DE S AU DI M A X , U N T E R DE N L I N DE N 6 26 WOHE R W I N DK A N A L I N A D L E R SH O F, RU D OW E R CH AU S SE E 4 – 6 C 27 AU FE N T H A LT SR AU M , I N VA L IDE N S T R A S SE 4 2 28 WOHE R HÖR S A A L 1 , I N VA L IDE N S T R A S SE 4 2 29 F OY E R , I N VA L IDE N S T R A S SE 4 2 30 WOHE R ME N Z E L - DACH , SE MI N A R FÜ R K Ü N S T L E R IS CH - Ä S T HE T IS CHE PR A X IS , U N T E R DE N L I N DE N 6 Was wir sind. Sechs Gründungsideen – sechs Kernveranstaltungen. Ein Spiegel der Universität und Struktur für ein ganzes Festjahr. S CHI N K E LT R E PPE , D ORO T HE E N S T R A S SE 2 6 32 WOHE R A LT E S CH MIE DE , PHI L IPPS T R A S SE 1 2 HIDDE N PL ACE S 33 UNSERE SECHS VERANSTALTUNGSHÖHEPUNKTE IM JUBILÄUMSJAHR 34 WOHE R 35 CEAL FLOYERS KUNST: EIN TROJANISCHES PFERD FÜR IDEEN K U N S T I M F OY E R – E I N E K U N S T I N S TA L L AT IO N VO N CE A L F L OY E R I M F OY E R DE R H U M B O L D TU N I V E R SI TÄT ZU BE R L I N E RÖ F F N U N G: 1 2 . O K T OBE R 2 0 0 9 »Es geht um Missverhältnisse zwischen dem sichtbaren Objekt und dessen Bezeichnung.« »K U N S T I M FOY E R« IS T E I N PROJE K T DE R HU MB O L DTU N I V E R SI TÄT ZU BE R L I N U N D DE R HU MB O L DTU N I V E R SI TÄT S - GE SE L L S CH A F T MI T FR EU N D L ICHE R U N T E R S T Ü T ZU N G DE S E HR E N VOR SI T Z E N DE N DR . H . C . H A R T W IG PIE PE N BRO CK . 36 WA S – V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E p Ceal Floyer (Jg. 1968) wurde im Rahmen eines beschränkten Wettbewerbs unter vier Bewerbern ausgewählt, das im zweiten Weltkrieg stark zerstörte und in den 1950er Jahren wieder aufgebaute Foyer im Hauptgebäude der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Installation zu gestalten. Der dreiläufige Treppenaufgang wird bis heute von Karl Marx’ 11. Feuerbachthese in goldenen Lettern dominiert: »Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.« Die in Berlin lebende Künstlerin blickt bereits auf zahlreiche internationale Ausstellungsbeteiligungen und Einzelausstellungen zurück. Sie überzeugte die Fachjury – bestehend aus Ulrike Brandi, Horst Bredekamp, Regula Lüscher, Thomas Schmidt, Hartwig Piepenbrock und Peter Weibel – mit ihrer reduzierten Formengrammatik sowie mit ihrem tiefen Interesse an dem Nichtsichtbaren und an dem Unausgesprochenen. Floyer hat sich nicht politisch, wissenschaftlich oder philosophisch mit dem Marx-Zitat auseinander gesetzt, sondern kontextualisiert das Zitat und den Raum künstlerisch. Sie zeichnet ein neues Bild des denkmalgeschützten Foyers. Ceal Floyer konzipiert Lichtprojektionen, Videos, Audiostücke, Installationen und fertigt Papierarbeiten und Fotografien an, die stets bestimmte Assoziationen wecken. Es geht um Missverhältnisse zwischen dem sichtbaren Objekt und dessen Be- zeichnung. Die Künstlerin arbeitet formal mit sehr reduzierten Elementen, die aber alle sichtbar sein sollen und dadurch Erwartungen provozieren. Bucket (1999), ein Werk zwischen Audiostück und Skulptur, zeigt einen einfachen Eimer, in dem sich ein CD-Spieler mit Lautsprecher befindet. Das Stromkabel führt aus dem Eimer heraus und endet in einem Bodenanschluss. Dann ertönt im Raum das Geräusch des Wassertropfens. Intuitiv blickt der Betrachter nach oben, sucht das Leck in der Decke, wird es jedoch nicht finden. Ceal Floyer zeigt uns ein Bild, und wir erwarten das Nichtvorhandene. Ebenso in der Installation Scale (2007), die sie anlässlich der Ausstellung für den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst realisierte. Die Künstlerin montierte 24 Lautsprecher wie eine Treppe an der Wand des Raumes. Aus jedem Lautsprecher war ein leicht verzerrtes Trittgeräusch zu hören. Es war nur ein Geräusch, mehr nicht. Die Installation von Ceal Floyer für das Hauptfoyer der Humboldt-Universität zu Berlin Unter den Linden trägt den Titel »Vorsicht Stufe!«. Die Künstlerin hat eine Vielzahl von identischen Messingschildern mit dieser Aufschrift anfertigen lassen und montiert diese auf jeden einzelnen der 56 Stufenabsätze des Treppenantritts und der zwei Treppenarme. Es handelt sich um gewöhnliche Warnschilder aus Messing in reduzierter Form, die uns aus alltäglichen Gewohnheiten beim Durchschreiten von Gebäuden bekannt sind. Das verborgende Potential liegt bei Ceal Floyers Installation nicht in dem einzelnen Warnschild, sondern in der Wahrnehmung der durch die Begriffsreihung erzeugten Situation. Vom Foyer aus betrachtet scheinen sich diese Schilder bis ins Unendliche fortzusetzen. Es entstehen seltsame Achsenbezüge im Raumgefüge des von rotem Marmor und DDR-Design dominierten denkmalgeschützten Foyers. Genau in dieser Irritation und in der Frage nach der Gefahr, auf die hier aufmerksam gemacht wird, verbirgt sich erst die Gefahr des Stolperns – physisch und gedanklich. Sie kehrt die Tatsächlichkeit des einzelnen Schildes im täglichen Gebrauch dieser Warnschilder um, banalisiert sie und entkräftet so deren eigentliche Funktionalität. Humorvoll geht die Britin dabei auch mit dem deutschen Ordnungssinn und der DIN-Norm um, nach der Warnungen im öffentlichen Raum reglementiert werden. Ceal Floyer erzählt diese Geschichte jedoch nicht selbst. Sie spielt lediglich mit den Erwartungen des Betrachters. Am Ende steht ein freier Umgang mit der Intervention – ästhetisches Raumerlebnis, Provokation oder Warnung vor Raum und Zitat? Das muss jeder der Foyerpassanten selbst erfahren. f T E X T: A N K E HE RVO L BI L D : S . 3 6 : CE A L F L OY E R , » S C A L E « , 2 0 0 7 / C OU R T E S Y: VA N MO E R K E R K E C O L L E C T IO N , BE L GIU M / F O T O : J E N S Z IE HE S . 3 7 : CE A L F L OY E R , »BU CK E T« , 1 9 9 9 , C OU R T E S Y: E S T HE R S CHIPPE R , BE R L I N K U N S T I M F OY E R 37 GEISTIGE FREIHEIT UNTER DEM HIMMEL VON BERLIN E RÖ F F N U N G DE S »JAC OB - U N D -W I L HE L M GR I M M - Z E N T RU MS « E RÖFF N U N G: 1 9 . N OV E MBE R 2 0 0 9 p »Die Bibliothek ist nicht nur eine Schatzkammer des Wissens, sondern sie sammelt faktisch das, was Menschen gedacht, gefühlt, erlebt haben. Also viel mehr als das, was man als Wissen deklariert.« Milan Bulaty, seit 1992 Direktor der Universitätsbibliothek Berlin, ist schon früh von der Welt der Bücher fasziniert. Während seines Studiums in Prag stößt er in einer literarischen Zeitschrift auf Marcel Proust und dessen Romanzyklus »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit«. Da man dieses Werk nur unter Sondergenehmigung ausleihen kann, verschafft er sich über eine Bekannte seines Vaters Zugang und liest getarnt als Praktikant die Bücher in ihrem Büro: versteckt sie in einer Schreibtischschublade, die er schließen muss, wenn jemand das Zimmer betritt. Eine Erfahrung, die ihn für sein ganzes Leben prägt und zu der er heute ironisch meint: »Die beste Leseförderung ist die durch Verbote.« Mit der feierlichen Eröffnung des Jacob-und-WilhelmGrimm-Zentrums wird nun am 19. November 2009 der größte zusammenhängende Freihandbestand an Büchern im deutschsprachigen Raum für die Öffentlichkeit zugänglich. Neben 500.000 wertvollen Exemplaren in geschlossenen Magazinen werden den Nutzern knapp zwei Millionen Medieneinheiten frei in den Regalen zur Verfügung stehen – und das täglich. Denn die Bibliothek öffnet ihre Türen Montag bis Freitag von 8 – 24 Uhr und am Wochenende von 10 – 18 Uhr. Damit ist sie die erste große Berliner Bibliothek, die über die gesamte Woche Besu- 38 WA S – V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E chern offen steht. Studierende und Wissenschaftler können hier den Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte der Bibliothek miterleben. »Nach 177 Jahren Unterbringung in Provisorien wird die Zentralbibliothek, gemeinsam mit dem Computer- und Medienservice, endlich ein eigenes Gebäude haben«, so Milan Bulaty. Ein Gebäude, das nicht nur viel Raum für kluge, kreative und kritische Köpfe bietet, sondern mit seiner modernen, klaren Architektur auch ästhetische Akzente setzt. Unter einem Glasdach, das den Himmel über Berlin freigibt, befindet sich das Herzstück des Jacob-und-Wilhelm-GrimmZentrums – der große Lesesaal mit seinen Leseterrassen. Ein Auditorium, Ausstellungsräume, PC-Pool, Cafeteria sowie eine Zeitungslounge ergänzen das Angebot. Wer lieber im Team arbeitet oder ungestört sein will, kann sich in die Gruppenräume oder Arbeitskabinen zurückziehen. Für Eltern, die ihre Kinder in die Bibliothek mitbringen, gibt es einen abgetrennten Bereich, die Berliner Volksbank Kinderstube. Für Veranstaltungen auf dem Dach, mit weiten Blicken in alle Richtungen, die LöbbeckeTerasse. Die klare, funktionale Struktur des Gebäudes, die Reduzierung auf wenige Farben, das moderne Mobiliar, die Verwendung nur einer Holzart und der Blick ins Freie auf Museumsinsel oder Friedrichstraße sollen nicht nur konzentriertes Arbeiten fördern, sondern auch die Aufenthaltsqualität steigern. Die drahtlose Netzanbindung ermöglicht im ganzen Gebäude volle Bewegungsfreiheit mit dem Laptop. Videokonferenzräume, Multimediaarbeitsplätze sowie ein modernes Informations- und Kommunikationszentrum ergänzen die zeitgemäße EDV-Ausstattung. »Ich bin sehr zufrieden mit der Architektur des Gebäudes«, so Milan Bulaty. Viele der baulichen Entscheidungen wurden in reger Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Max Dudler gefällt; viele Anregungen, Erfahrungswerte und Ideen sind berücksichtigt. Das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum bietet zukünftig 1.250 Arbeitsplätze in inspirierender Atmosphäre für alle Berliner. Vor Jahren beobachtete Milan Bulaty einen Fotografen, der mehrere Stunden im Regen stehend auf einer Leiter akribisch die Einschusslöcher in der Fassade des alten Verwaltungsgebäudes in der Dorotheenstraße 1 fotografierte. Neugierig geworden, spricht er ihn an. Der Fotograf will mit seiner Kamera die letzten Dokumente aus dem Jahr 1945 festhalten – der Zeit des Kampfes um Berlin. Heute hängen die Arbeiten des deutsch-amerikanischen Künstlers Arun Kuplas im Foyer der neuen Zentralbibliothek – und eine Brücke von Vergangenheit zur Zukunft ist gespannt. Mit dem Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum entsteht inmitten des historischen Berlins ein fantastisches Leseparadies, in dem zukünftig geistige Freiheit erlebbar wird. f »Nach 177 Jahren Unterbringung in Provisorien wird die Zentralbibliothek, gemeinsam mit dem Computerund Medienservice, endlich ein eigenes Gebäude haben.« T E X T: K AT JA R ICH T E R BI L D : © M A X DU D L E R VO N L I N K S: »FOY E R« , »FOR S CHU N GSS A A L « , »L E SE T E R A S SE N « E RÖ F F N U N G DE S GR I M M - Z E N T RU MS 39 EIN FREIER RAUM FÜR GRUNDSÄTZLICHE FRAGEN DIE HU MB O L D T- S T R E I T GE SPR ÄCHE I N KO OPE R AT IO N MI T DE R S T IF T U N G ME RC AT OR 3 . DE ZE MBE R 2 0 0 9 , 2 9 . A PR I L 2 0 1 0 , 8 . JU L I 2 0 1 0 U N D 1 4 . OK T OBE R 2 0 1 0 p Unabhängigkeit ist ein wesentliches Element des Humboldtschen Universitätsideals. Bildung und Forschung sollen nicht wirtschaftlichen oder politischen Zielen, sondern den ganz eigenen Gesetzen der Vernunft genügen. Dass dieses Prinzip langfristig das ertragreichere ist, muss gerade in Zeiten von kurzsichtigen Effizienzdiskussionen und Mittelknappheit gelegentlich wieder ins Blickfeld gerückt werden. Und gerade weil die Universität ein solch offener Ort zweckfreien Nachdenkens ist, soll sie im Jubiläumsjahr Ausgangspunkt spannender Debatten werden. Die Humboldt-Universität lädt gemeinsam mit der Stiftung Mercator zu vier Streitgesprächen über die Zukunftsfragen von Bildung, Forschung und Lehre ein. Das erste Streitgespräch »Wo soll es hingehen?« befasst sich mit den zukünftigen Themen der Wissenschaft: Die drängenden Lebensprobleme – aktuell beispielsweise der drohende Klimawandel oder die Herausforderungen des globalen Terrorismus – wirken sich auf die Interessen der Forschung aus und sprengen zunehmend die Grenzen traditioneller Fachgebiete. Wie findet ein Wissenschaftler sein ganz persönliches Thema? Und was kann, was darf die Gesellschaft an konkretem Ertrag erwarten? In der zweiten Diskussionsrunde »Wie sollen wir arbeiten?« liegt der Schwerpunkt auf den Strukturen, in denen Wissenschaft gedeiht. Sind modernste Methoden manchmal einfach nur neue Moden, die nicht jeder nachmachen muss? Haben wir die finanziellen Rahmenbedingungen, um alle guten Ideen zum Blühen zu bringen? Oder könnte das Heil der Wissenschaften »Wo soll es hingehen? Wie sollen wir arbeiten? Wer darf studieren? Wie werden wir besser?« gar eher in der Beschränkung liegen, wie sie die sogenannten Geisteswissenschaften mit ihren schmalen Budgets schon lange erleben? Beim dritten Streitgespräch »Wer darf studieren?« werden die Erfahrungen des amerikanischen Hochschulsystems, die deutschen Reformversuchen zum Teil Pate standen, unter die Lupe genommen. Was passt zu unseren Bedürfnissen, und welche Ideen müssen wir gar nicht erst übernehmen? Ist uns mit erhöhten Absolventenzahlen schon geholfen? Oder sollten die 40 WA S – V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E Universitäten strenger auswählen, wer in den Genuss höherer Bildung kommen darf? Einen umfassenden Blick auf die Zukunft der Institution Hochschule wirft schließlich die vierte Diskussion »Wie werden wir besser?«. Berufsqualifizierend oder allgemeinbildend, unternehmerisch oder budgetiert, basisdemokratisch und eigenverantwortlich oder straff und effizient organisiert – alle Strategien für die Entwicklung der deutschen Universitäten haben ihre Argumente für sich. Wie werden Universitäten in einigen Jahren aussehen, wenn man die Ansätze weiter denkt? Vertreter unterschiedlichster Professionen – dabei sein sollen unter anderem Spitzenforscher amerikanischer und europäischer Universitäten, aktive und ehemalige Größen der Politik sowie namhafte Künstler – werden unter der Leitung professioneller Moderatoren zum intellektuellen Schlagabtausch in den Ring steigen. Die Fragen sind bewusst offen formuliert, um interessanten Diskussionen jenseits vorformulierter Standpunkte Raum zu lassen. Die Humboldt-Streitgespräche in Kooperation mit der Stiftung Mercator sind frei im Ansatz, frei im Zugang und frei im Ergebnis. Die Leiterin des Projekts, Elisabeth Lack, erhofft sich vom Fokus auf die außeruniversitäre Öffentlichkeit frischen Wind in den Universitätsräumen und Inspirationen aus aller Welt. Es sollen jedoch nicht nur die Stimmen etablierter Persönlichkeiten gehört werden, sondern gerade auch Studierende und junge Wissenschaftler zu Wort kommen. Deswegen wird in diesem Jahr die Preisfrage der jungen Akademie an der BerlinBrandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Kooperation mit der Humboldt-Universität gestellt. »Wer kriegt die Krise?« wird gefragt und Essays, literarische Texte, Kunstwerke oder andere Formate können eingesandt werden. Der Preisträger des Wettbewerbs wird zum 3. Panel zur Zukunft des Studiums eingeladen, man darf gespannt sein, wie das Aufeinandertreffen mit den Diskutanten verlaufen wird. Als Veranstaltungsorte rückt die Universität ihre schönsten Räume ins Blickfeld der Öffentlichkeit: Den traditionsreichen Senatssaal am 03. Dezember 2009 und den neugeschaffenen Lichthof im Hauptgebäude Unter den Linden am 29. April 2010, den in frischem historischen Glanz erstrahlenden Luisensaal am 08. Juli 2010 und schließlich die nagelneue Universitätsbibliothek, das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, am 14. Oktober 2010. f T E X T: BE T T I N A BU S SE BI L D : M A R IE - L OU ISE GR E B HU MB O L D T- S T R E I T GE SPR ÄCHE 41 GESCHICHTE IN GESCHICHTEN ERZÄHLT AU S S T E L LU N G »I N MI T T E N DE R S TA D T – 2 0 0 JA HR E U N I V E R SI TÄT U N T E R DE N L I N DE N « 1 6 . A PR I L BIS 1 8 . AU GU S T 2 0 1 0 GIB T E S E I N K A PI T E L I N DE R GE S CHICH T E , DA S BE S O N DE R S SPA N N E N D WA R U N D DA S HE RVORGE HOBE N W IR D? Nein, wir heben keine Epoche besonders hervor. Wenn man sich, wie wir das in den letzten Monaten gemacht haben, in die UniGeschichte einarbeitet, stößt man in jeder Zeit auf spannende Episoden und interessante Persönlichkeiten. Gerade auch, weil wir uns nicht nur die wissenschaftliche Seite, sondern auch die Lebenswelten von Studierenden und Lehrenden anschauen. W IE GE N AU E R Z Ä H L E N SIE GE S CH I CH T E ? Wie bereits erwähnt, wird es Themeninseln geben, die sich z. B. dem wissenschaftlichen Profi l der Universität widmen oder den Orten, an denen Wissenschaft praktiziert und gelehrt wird. Die dort getroffene Auswahl muss auf 400 qm zwangsläufig exemplarisch sein, erhält aber in der epochenübergreifenden Konfrontation eine besondere Spannung. Besonders wichtig ist uns, dass beim Gang durch die Ausstellung klar wird, dass die erste Berliner Universität zu keiner Zeit ein abgeschlossenes System gewesen ist. Eher im Gegenteil – und das hängt sicher auch mit ihrer besonderen Lage hier in Berlin zusammen – man findet zu jeder Zeit einen regen Austausch in beide Richtungen: mit der Gesellschaft, der Politik, der Wirtschaft usw. In der Ausstellung lässt sich das an vielen Stellen erkennen, ein Beispiel dafür ist das fruchtbare Wechselspiel zwischen Industrie und Wissenschaft am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. DIE AU SS T E L LU N G S O L L E I N E L E BE N DIGE R E ISE DU RCH 2 0 0 JA HR E U N I V E R SI TÄT S GE S CHICH T E SE I N . W E LCHE ROU T E H A BE N SIE GE - W IR D E S E I N ZUS ÄT Z L ICHE S BE GL E I T PRO GR A M M GE BE N ? WÄ H LT ? Ja, es soll ein breit gefächertes Begleitprogramm für die Ausstellung geben. Wir planen Lieder- und Filmabende, Vorträge, Podiumsdiskussionen und Veranstaltungen mit Zeitzeugen. Es wird keine Reise entlang eines Zeitstrahls werden – von 1810 bis heute – sondern eine von Themeninsel zu Themeninsel. Diese Inseln – die werden im Foyer des Grimm-Zentrums übrigens auch räumlich voneinander getrennt sein – funktionieren ganz eigenständig. Wir geben dem Publikum also keine Route vor, sondern man kann je nach Interesse zuerst hier oder dort in die Uni-Geschichte eintauchen. DIE HU BL ICK T S T O L Z AU F E I N E V IE L Z A HL BE DEU T E N DE R W IS SE N S CH A F T L E R : W E M W IR D M A N I N DE R AU S S T E L LU N G BE GE G NEN? Natürlich werden die Besucher auf sehr prominente Forscher treffen, auf Hermann von Helmholtz zum Beispiel, diesen unglaublich vielseitigen Physiker. Es gibt aber auch weniger bekannte Pioniere zu entdecken, Max Hermann zum Beispiel, der hier die Theaterwissenschaften etabliert hat. Wir möchten allerdings nicht nur die wissenschaftlichen Leistungen der Protagonisten sichtbar machen, sondern auch ihr politisches und gesellschaftliches Engagement. Ein Beispiel dafür ist das fast singuläre Eintreten des Mediziners und Pazifisten Georg Nicolai gegen den I. Weltkrieg. 42 WA S – V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E BE R L I N L O CK T M I T V IE L E N K U LT U R A N GE B O T E N , DIE KO N K U R R E N Z IS T H A R T ! WA S M ACH T IHR E AU S S T E L LU N G BE S O N DE R S? Ehrlich gesagt, wird zumindest unser abendliches Begleitprogramm wohl vor allem mit der Fußball-WM in Südafrika konkurrieren. Andererseits ist 2010 ja nicht nur das Jubiläumsjahr der Humboldt-Universität, sondern auch das Berliner Wissenschaftsjahr. Es wird also eine große Konkurrenz, aber gleichzeitig auch eine äußerst spannende Dichte an Angeboten zur Wissenschaftsgeschichte und -gegenwart geben. Vor diesem Hintergrund bietet die Ausstellung die Möglichkeit, in die Geschichte der ersten und lange Zeit einzigen Universität Berlins mit ihren Glanzpunkten und Widersprüchen einzutauchen. DIE K U R AT OR I N N E N I L K A T HO M U N D DR . K IR S T E N W E I N I N G I M GE SPR ÄCH MI T K AT JA R ICH T E R BI L D : T O M S CH MIE DE L AU S S T E L LU N G »I N MI T T E N DE R S TA D T« 43 WISSENSCHAFT IM BERLINER ALLTAG 20 . 0 5 . 2 0 1P0L AT Z 2 HELM H O LT Z HU MB O L D T U N T E RW E GS 15 . M A I BIS 5 . JU N I 2 0 1 0 7 .0 6 . 2010 05 ERL HU B 32 . 0 5 . 2 0 1 0P L AT Z 2 BRE EID ITSCH 1 . 0 5 . 2 0 1 0 AT Z 15 ALEX ANDE RPL IN 47 . 0 5 . 2 0 1 0P L AT Z 2 P OTS DAM ER T E X T: BE T T I N A BU S SE BI L D : GI N A L OU ISE S CH MIE DE L p Obwohl die Hauptstadt sich der Anwesenheit gleich vierer Universitäten rühmen kann, ist Berlin keine Universitätsstadt. Für Berliner, die selbst nicht hier studieren oder arbeiten, ist die »Humboldt-Universität« wohl im Wesentlichen das große alte Gebäude Unter den Linden mit den zwei Figuren davor. Zum 200-jährigen Bestehen der Universität den Bewohnern der Stadt und ihren Gästen eine Ahnung davon zu vermitteln, wie Wissenschaft mitten in Berlin im 21. Jahrhundert betrieben wird und was das mit dem eigenen Alltag zu tun hat, ist die Idee der Veranstaltungsreihe »Humboldt unterwegs«. Die Koordinatorin Laura Gronius zu den Hintergründen des Projekts: »Die Universität ist immer noch ein Ort mit einer besonderen Aura. Gerade für Personen, die von ihrer Sozialisation her keine Berührungspunkte mit der akademischen Welt haben, ist etwa der ›Professor‹ immer noch eine sehr ehrwürdige Figur mit großer Autorität, die zunächst Distanz schafft. Mit der tatsächlichen Forschung und Lehre an der HU, die zum Beispiel stark durch den Mittelbau und die Juniorprofessuren geprägt wird, hat das wenig zu tun. Gegen dieses Bild wollen wir ein bisschen angehen und uns für das allgemeine Publikum öffnen. Und zwar anders als zur Langen Nacht der Wissenschaften, wo wir unsere Türen öffnen und zu uns einladen. Bei ›Humboldt unterwegs‹ ist das Konzept: Wir gehen hinaus in die Stadt. Das Jubiläum ist für uns auch der Anlass, die Verbundenheit mit un- 44 WA S – V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E »Es geht darum zu zeigen, wie alltagsund lebensnah Wissenschaft sein kann. Es soll um aktuelle Themen gehen.« serem Standort zu feiern und der Stadt Berlin und den Berlinern unsere Reverenz zu erweisen.« Die »Tournee« der Humboldt-Universität wird durch sechs verschiedene Orte im Stadtgebiet führen, sowohl zentrale Knotenpunkte wie der Alexanderplatz oder der Potsdamer Platz als auch Mittelpunkte von Wohnvierteln wie der Kreuzberger Marheinekeplatz oder der Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg. Der jeweilige Standort wird dabei zum Ausgangspunkt von Stadtspaziergängen, öffentlichen Seminaren und Vorträgen, einer Vielzahl von Praxiskursen und Experimenten, die sich vom Geist des Ortes inspirieren lassen und die örtlichen Gegebenheiten einbeziehen. So wird etwa am Potsdamer Platz in der Spielbank von Mathematikern die Wahrscheinlichkeitsrechnung am Roulettetisch anschaulich gemacht, während Physiker und Musikwissenschaftler das Geheimnis der hervorragenden Akustik des Kammermusiksaals ergründen. Andere Programmpunkte 59 . 0 5 . 2 0 1 P0L AT Z 2 MARH EINE KE 6 . 2 0 1A0T Z 6 0 . 3 0 NNPL HERM sind thematisch mit bestimmten Ecken Berlins verknüpft. So bietet sich etwa der Helmholtzplatz, an dem in den vergangenen Jahren ein Bevölkerungsaustausch stattfand, der das Gesicht des Kiezes radikal verändert hat, für eine Diskussion zwischen Politikern, Anwohnern und den Stadtsoziologen der HU an. »Humboldt unterwegs« reiht sich ein in eine lange Tradition an der Universität, Wissenschaft im lebendigen Austausch mit der Berliner Öffentlichkeit zu betreiben. Im frühen 19. Jahrhundert waren es Alexander von Humboldts aufsehenerregende »KosmosVorlesungen«, später etwa die verschiedenen Orts gehaltenen populärwissenschaftlichen Vorträge von Hermann von Helmholtz. Eine Inspirationsquelle der jüngeren Ära sind die öffentlichen Aktionen der Uni-Streiks der letzten Jahre: Mancher Berliner erinnert sich vielleicht noch an Vorlesungen und Seminare auf dem Bebelplatz, dem Potsdamer Platz oder in den Zügen des S-Bahn-Rings. Laura Gronius ist begeistert, aber nicht überrascht von der breiten Resonanz, die das Projekt schon jetzt innerhalb und außerhalb der Universität findet. »Unsere Dozenten sind ja häufig schon überaus erfahren in der öffentlichen Kommunikation ihrer Arbeit, und wir werden thematisch ziemlich konkret arbeiten und nicht einfach Vorträge auf hochgestochen wissenschaftlichem Niveau nach draußen verlagern. Es geht darum zu zeigen, wie alltags- und lebensnah Wissenschaft sein kann. Es soll um aktuelle Themen gehen – A Mobilität ist beispielsweise ein Schwerpunkt: Mobilität innerhalb der Stadt und über ihre Grenzen hinaus, im Denken und auf dem Arbeitsmarkt. Welche Formen von Mobilität gibt es, welche wird es künftig geben und welcher Energien bedarf es dafür? Die einzelnen Programmpunkte sind wirklich Werkstattberichte und zeigen, was hinter unseren ›altehrwürdigen Mauern‹ geschieht. So konnten wir die Mitarbeiter, Professoren und Studierenden auch rasch für die Aktion gewinnen. Die Resonanz ist insgesamt sehr gut. Hinzu kommt, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen hat, was uns natürlich die Suche nach Partnern und Sponsoren für Standortpatenschaften erleichtert.« Die Berliner können sich also auf lebendige Diskussionen, spannende Aktionen und einen originellen Einblick ins wissenschaftliche Leben freuen – und so dazu angeregt werden, auch nach dem Jubiläumsjahr gelegentlich den Weg durch die immer offenen Türen der Universität zu finden, um zu sehen, was bei Humboldts so geforscht wird. f T E X T: BE T T I N A BU S SE BI L D : GI N A L OU ISE S CH MIE DE L HU MB O L D T U N T E RW E GS 45 DIE ERWARTUNGEN SIND GANZ KONKRET »DA S MODE L L HU MB O L DT – DIE ZU K U N F T DE R F OR S CHU N GSU N I V E R SI TÄT I M W IS SE N S CH A F T S S Y S T E M« 7. BIS 9 . OK T OBE R 2 0 1 0 Vom 7. bis 9. Oktober 2010 findet im Senatssaal der HumboldtUniversität die Konferenz »Das Modell Humboldt – Die Zukunft der Forschungsuniversität im Wissenschaftssystem« statt. Wir sprachen mit Bernd Henningsen, Professor für Skandinavistik / Kulturwissenschaften und Direktor des Nordeuropa-Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin, einem der Initiatoren der Konferenz. HE R R PROFE S S OR HE N N I N GSE N , BE I DE R GE PL A N T E N KO N FE R E N Z ZU M JU BI L ÄU M U N SE R E R A L M A M AT E R S O L L E S U M DIE ZU K U N F T DE R FOR S CHU N GSU N I V E R SI TÄT GE HE N . ZU M V E RGL E ICH E I N K U R Z E R BL I CK I N DIE V E R GA N GE N HE I T: W IE S A H DE N N U N I V E R SI TÄT VOR HU MB O L DT AU S? Die alte Universität war eine Ausbildungsuniversität: Der Staat brauchte Beamte, die Gesellschaft Fachleute, und die wurden an der Universität ausgebildet. »Vorlesung« hieß seinerzeit tatsächlich Vorlesung im wörtlichen Sinne, und zwar aus genehmigten Texten. Noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts wird den Dekanen vorgeschrieben, dass sie dafür Sorge zu tragen haben, dass in Doktorarbeiten nichts Neues steht! Für die Forschung waren vor Humboldt die Akademien eingerichtet. Heute muss eine Dissertation wissenschaftlichen Fortschritt bringen; erst seit Humboldt kennen wir die Forschungsuniversität. che Kontakt nötig, ist auch die persönliche Antwort der Studierenden auf die Fragen, die sie in der Wissenschaft stellen, nötig – Wissenschaft ist insofern auch ein soziales Abenteuer. Wenn Tausende an einem Institut studieren, wenn bisweilen mehr als hundert Personen in einem Seminar sitzen, dann beschränkt sich das Abenteuer auf das Ergattern eines Stehplatzes. Insofern hat die Universität heute vielfach wieder einen reinen (schlechten) Ausbildungscharakter bekommen, den sie früher ja schon einmal hatte und den beispielsweise viele der so hoch gelobten amerikanischen Universitäten weiterhin und immer hatten. Und dann wurde beispielhaft mit der Stiftung der KaiserWilhelm-Gesellschaft zum 100-jährigen Jubiläum der Berliner Universität 1910/11 (die heutige Max-Planck-Gesellschaft) Spitzenforschung aus der Universität hinaus verlagert. Heute wird dies ja oft beklagt: Die Nobelpreise werden in der Regel an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die an außeruniversitären Einrichtungen und großen Labors arbeiten und eben nicht an Universitäten. Unsere Konferenz soll Mittel und Wege aufzeigen: Wie soll die Forschungsuniversität der Zukunft aussehen? Hat sie eine Zukunft? Welche Impulse können wir von draußen aufnehmen? Ja, was wird in den Universitäten selbst und natürlich in Politik und Verwaltung zu diesem Thema gedacht? Das sind unsere Fragestellungen. HEU T E SI N D DIE MODE R N E N U N I V E R SI TÄT E N AU F DE R GA N Z E N W E LT DE M CH A R A K T E R N ACH »HU MB O L D T- U N I V E R SI TÄT E N « . A L S L E HR E N DE R A N DE R HU MB O L DT- U N I V E R SI TÄT H A BE N SIE W IE IS T DIE SE R SIE GE SZU G DE S HU MB O L DT S CHE N U N I V E R SI - AU CH E I N E G A N Z PE R S Ö N L ICHE M O T I VAT IO N , DIE SU CHE N ACH TÄT S MODE L L S ZU E R K L Ä R E N ? N EU E N PE R SPE K T I V E N A N ZU S T O S SE N . Die Standardantwort ist, dass ein wesentlicher Erfolgsfaktor auf der Verknüpfung von Lehre und Forschung beruht. Die idealistische Vorstellung der Gründer besagte, dass die Universität eine autonome Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden sei. Die Studierenden beteiligen sich an der Forschung, die Ergebnisse der Forschung fließen wiederum in die Lehre ein; ganz individuelle Persönlichkeiten bilden sich in dieser Gemeinschaft, in Einsamkeit und Freiheit. Dieses Konzept – so geht die Rhetorik und so lautet der Humboldt-Mythos – ist an der Berliner Universität zum ersten Mal umgesetzt worden (Göttingen war auch nicht schlecht!). Hier haben die Gründerväter visionär gedacht und vieles richtig gemacht; die hervorragenden Ergebnisse insbesondere in den Naturwissenschaften bestätigten dieses Modell. Durch die Erfolge wurde im Weiteren die Berliner Universität zu einem großen Anziehungspunkt, auch für Studierende und Professoren aus dem Ausland. Nun, ich bin ja 1992 in den Umstrukturierungsprozess der HU hineingeraten, da war es naheliegend, ja da war es überlebensnotwendig, dass wir uns über den Sinn und Unsinn von Universität und »Wie organisiert man sie?« den Kopf zerbrochen haben. Das ist einer meiner Antriebe: Den praktischen Umgang mit Humboldt ständig vor der Nase, als Humboldtianer. IS T DE N N DIE SE E S SE N Z DE S MODE L L S HU MB O L DT A N E I N E R MO - U N D SIE E RWA R T E N SICH VO N DE R KO N FE R E N Z KO N K R E T E W E G W E ISU N GE N FÜ R DIE ZU K Ü N F T IGE GE S TA LT U N G AU CH DIE SE R U N I V E R SI TÄT ? Wir wollen Personen identifizieren, die sich auf pragmatische, aber auch auf visionäre Art Gedanken über die Universität gemacht haben und machen. Von ihnen wollen wir lernen. Die nächste Exzellenzrunde fällt mit dem Jubiläumsjahr zusammen. Ich habe die große Hoffnung, dass die Impulse, die auf dieser Konferenz gegeben werden, auch Eingang finden werden in die Vorstellungen von der HU – nachdem wir dann den Exzellenzwettbewerb gewonnen haben! DE R N E N M A S SE N U N I V E R SI TÄT N O CH SPÜ R B A R? Im Grunde nur noch teilweise, in den überschaubaren Einheiten, in kleinen Lehrveranstaltungen und Instituten. Für die Teilhabe an und die Vermittlung von Forschung ist der persönli- 46 WA S – V E R A N S TA LT U N GSHÖHE PU N K T E DA S I N T E RV IE W FÜ HR T E BE T T I N A BU SSE BI L D : FE L I X S CHU M A N N KO N FE R E N Z »DA S MODE L L HU MB O L DT« 47 DIE SECHS GRÜNDUNGSIDEEN: WAS STECKT HEUTE DAHINTER? A R T WOR K & KO N Z E P T: A N N IK A L IS CHK E FO T O GR A FIE : JE N S B Ö SE N BE R G 49 FREIHEIT Kein Universitätsprofessor kann unabhängig von politischen und gesellschaftlichen Einflüssen forschen. »Ergiebiger als die Frage nach dem ›ob‹ eines gesellschaftlichen Einflusses ist zweifellos die Frage danach, wie groß oder gering dieser Einfluss sein sollte.« DR . BE R N H A R D L O R E N T Z VOR SI T ZE N DE R DE R GE S CH Ä F T SFÜ HRU N G DE R S T IF T U N G ME RC AT OR p Untersuchungen zu den wechselseitigen Einflüssen von Wissenschaft und Gesellschaft füllen Bibliotheken. Immerhin darf es wohl als Konsens gelten, dass Wissenschaft ohne gesellschaftlichen Einfluss nicht betrieben werden kann. Wie oder wo sollte sie auch außerhalb einer Gesellschaft durchgeführt werden? Der Einfluss der Gesellschaft lässt sich sowohl auf der Ebene der Institutionen als auch auf der der Individuen leicht einsehen. Wenn die Freiheit der Wissenschaft in Artikel 5, Absatz 3 des Grundgesetzes verankert wird, so ist dieser rechtsetzende Akt eben auch ein gesellschaftlicher Akt. Die Grenzen dieser Freiheit werden ebenfalls durch Rechtsetzung gesellschaftlich gezogen. Dabei ist nicht nur an Rechtsgüterabwägungen – etwa beim Embryonenschutz oder Tierschutz – zu denken, sondern auch an die in Deutschland zwar vergleichsweise umfängliche, aber zugleich doch endliche öffentliche Förderung der Wissenschaft. Auch ihr Umfang ist definiert durch einen gesellschaftlich vermittelten begrenzenden Einfluss auf die tendenziell grenzenlosen Horizonte der Wissenschaft. Für die Ebene der Individuen gilt: Man mag die normierende Kraft von Paradigmen, Methoden und Gesetzmäßigkeiten beliebig hoch veranschlagen, am Ende wird Wissenschaft doch von Individuen betrieben, die auch anderes als Wissenschaftler sind und immer auch anderen als wissenschaftlichen Einflüssen ausgesetzt sind. 50 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N Ergiebiger als die Frage nach dem »ob« eines gesellschaftlichen Einflusses ist zweifellos die Frage danach, wie groß oder gering dieser Einfluss sein sollte und danach, ob das Maß dieses Einflusses von allen – etwa von Wissenschaftlern, Ministerien, Forschungsorganisationen oder Stiftungen – in gleicher Weise beziffert werden müsse. Die Stiftung Mercator, die die Freiheit der Wissenschaft mit dem Verfolgen gesellschaftlicher Ziele in Einklang zu setzen sucht, gibt darauf eine Antwort. Mit Projekten, für die wir uns auch über deren Finanzierung hinaus engagieren, streben wir Ziele nicht allein innerhalb der Wissenschaft an, streben nicht das Neue als solches an. Wir verfolgen in unseren Themenclustern Klimawandel, Integration und Kulturelle Bildung immer auch gesellschaftliche Ziele. Diese machen wir gegenüber der Öffentlichkeit bewusst auch transparent. Gleichwohl sind wir davon überzeugt dies nur dann erfolgreich tun zu können, wenn die Qualität der geförderten Projekte auch wissenschaftlich auf höchstem Niveau ist. f FR E IHE I T 51 »Erst durch die Freiheit der Wissenschaft werden internationale Spitzenleistungen möglich.« 52 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N Die Universität hält eine kritische Distanz zum politischen und gesellschaftlichen Geschehen. DR . I L KO - S A S CH A KOWA L C Z U K HIS T OR IK E R , PROJE K T L E I T E R I N DE R FOR S CHU N GS A B T E ILU N G DE R BU N DE SBE AU F T R AGT E N FÜ R S TA SIU N T E R L AGE N (B S T U) PRO F. DR . SU S A N N E A L BE R S I N F OR M AT IK E R I N U N D L E IBN I Z - PR E IS T R ÄGE R I N p Die Freiheit der Wissenschaften ist ein unschätzbares Gut. Insbesondere als junger Mensch – nach einigen praktischen Tätigkeiten in der Industrie – habe ich diese Freiheit als besonderes Privileg empfunden. Sie gestattet es einem Wissenschaftler, selbstbestimmt und ohne zeitliche Vorgaben interessante Forschungsfragen zu untersuchen. Erst durch diese Freiheit werden internationale Spitzenleistungen möglich: Nur wenn ein Wissenschaftler seine Arbeitsrichtung frei bestimmen kann, entsteht bei ihm die Leidenschaft für den oftmals jahrelangen Einsatz, der dann zu dem erhofften Durchbruch führt. Weiterhin ergeben sich überraschende Forschungsergebnisse nicht selten in Vorhaben, die von anderen als gewagt oder wenig ertragreich angesehen werden. Trotz dieser Freiheit wird die Arbeit eines Wissenschaftlers durch gesellschaftliche und politische Einflüsse geprägt. Dabei habe ich erstere stets als Bereicherung empfunden. Ein Wissenschaftler hat nicht nur den Wunsch, seine Disziplin voranzubringen, sondern möchte auch einen Beitrag für die Gesellschaft leisten. Es ist daher natürlich, Fragestellungen aufzugreifen, die die Gesellschaft aktuell bewegt. Gravierender ist der Einfluss der Politik, die in einigen Disziplinen durch Gesetze, generell aber vor allem durch den Wissenschaftshaushalt die Arbeitsbedingungen eines Forschers prägt. Ein Wissenschaftler ist heute in der Pflicht, für die Finanzierung seiner Forschung in nicht uner- VERANTWORTUNG heblichem Maße selbst zu sorgen. Durch die Fördermittel des Leibniz-Preises bin ich in den kommenden Jahren erneut in der privilegierten Lage, von der zeitraubenden Drittmitteleinwerbung befreit zu sein. Die Einrichtung eines solchen Preises war aber vor gut 20 Jahren auch eine politische Entscheidung. Ich wünsche mir, dass die Politik noch stärker als bisher in Bildung und Forschung investiert. Nur so kann sich die Situation an den Schulen und Hochschulen verbessern. Die entsprechenden Investitionen kommen letztendlich der gesamten Gesellschaft zugute. Wissen ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Für die Wissenschaft selbst stützen die Aufwendungen jene Freiheit, die schon die Brüder Humboldt gelebt haben. So wird Alexander beschrieben mit den Worten »Die Horizonte seines Denkens waren offen – so offen wie nur selten in der Geschichte des abendländischen Denkens« (Ette, S. 32, 2009). f p In vielen europäischen, aber auch außereuropäischen Sprachen ist dem Begriff Verantwortung eine »Antwort« eingeschrieben. Bis ins Hochmittelalter war Verantwortung ein juristischer Begriff. Ein Beschuldigter hatte vor Gericht Rede und Antwort zu geben, eben Verantwortung zu übernehmen. Mir gefällt diese Implikation von Verantwortung, weil sie auf Wahrheit und Wahrhaftigkeit, auf Ehrlichkeit und Offenheit abzielt – und zugleich Antworten dazu notwendiger Fragen bedürfen. Das scheint mir für die Universität, für die Lehre wie die Forschung, eine immer noch aktuelle Richtschnur zu sein. Denn zu einer solchen Idee von Verantwortung gehört es, jegliche Fragen zuzulassen und ihnen Rede und Antwort zu stehen. Verantwortung entfaltet sich so in einem Beziehungsgeflecht, in dem der Einzelne nicht nur in Freiheit für sich selbst zuständig ist, sondern zugleich für seine Gesellschaft und seine sozialen Räume. Und dies funktioniert wiederum nur mit der Bereitschaft, sich selbst – egal ob Professor oder Studienanfänger – in Frage stellen zu können und zu lassen. Eine solche (leider nicht ganz realistische) Herausforderung kommt nicht umhin, vorgefertigte Antworten abzulehnen und unermüdlich Reflexionsarbeit zu leisten, die allein Wahrheiten – selbst wenn man es als Wahrheit ansieht, dass es keine gibt – verpfl ichtet ist. Das wiederum funktioniert nur in Freiheit, was heißt, dort wo Freiheit fehlt, wird auch Verantwortung deformiert, nicht selten abgeschafft. So gesehen gehören Verantwortung und Freiheit eng zusammen und sind in der Lage, alles beständig zu befragen und den Sinn zu prüfen. Verantwortung heißt so auch, machtsichernde Selbstvergewisserungen zu überwinden. Studierende, Lehrende und Forscher dürfen nicht nur »unbequeme« Fragen zulassen, nein, sie müssen sie fordern und fördern, ebenso Antworten, selbst wenn sie noch »unbequemer« erscheinen als die Fragen. Fast jeder würde dies unterschreiben – nirgends aber ist das Realität. Für mich als Zeithistoriker heißt Verantwortung schließlich ganz konkret, die drei europäischen Grundübel des 19./20. Jahrhunderts – Kolonialismus, Faschismus/Nationalsozialismus und Kommunismus – als Teil einer vielfach fortwirkenden Vergangenheit in meiner Gegenwart zu begreifen und diese Geschichten nicht ruhen zu lassen. Denn mit Blick auf unsere Universitäten, unsere Gesellschaft und zu schweigen von unserer Welt scheinen ja nicht nur Antworten und auch Fragen, sondern vor allem die daraus folgenden Schlussfolgerungen, die auch umgesetzt werden, zu fehlen. Zur Verantwortung gehört so nicht nur die Suche, sondern auch der Mut, die Suche mit Konsequenzen zu verbinden. Und daran mangelt es vor allem, weshalb Verantwortung für mich letztlich heißt, die Freiheit Anderer so zu verteidigen als ginge es um meine eigene. Das erfordert nicht nur Mut, sondern – wiederum mit Blick etwa auf Universitäten, Gesellschaften oder die ganze Welt – auch die Notwendigkeit, (eigene) Privilegien zu erschüttern, denn Verantwortung hat von alters her Gerechtigkeit zum Ziel. f V E R A N T WOR T U N G 53 »Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.« Molière DR . N IKO L AUS BR EU E L VOR SI T ZE N DE R DE S VOR S TA N DE S DE R HU MB O L DTU N I V E R SI TÄT S - GE SE L L S CH A F T p Verantwortung – ein alter, so gar nicht moderner und doch wieder aktueller Begriff. Auch bei der uns alle beschäftigenden Finanz- und Wirtschaftskrise spielt das Thema »Verantwortung« meines Erachtens eine zentrale Rolle. Übernommene Risiken waren größer als die Kraft der betroffenen Unternehmen. Kurzfristige Wertsteigerung stand vor Nachhaltigkeit. Lasten wurden wie selbstverständlich auf Dritte abgewälzt. Über längere Zeit haben wir Finanzjongleure hofiert wie Rockstars. Aus der Finanzkrise sollten wir – unter anderem – lernen, dass entsprechendes Handeln zumindest auf längere Sicht nicht ohne negative Folgen bleibt. Verantwortung verdient eine Renaissance. Dies bedeutet allerdings auch, dass wir nicht zunehmend Themen an den Staat delegieren sollten – nur weil dies kurzfristig die leichtere Lösung zu sein scheint. Wenn wir Zukunft gestalten wollen, müssen wir selbst Verantwortung einfordern und übernehmen – für unser eigenes Handeln und für unsere Mitmenschen. Nichtstun ist keine Alternative. Verantwortung zu übernehmen ist aber nicht nur eine Last; im Gegenteil! Die Freude, die gestaltendem Handeln entspringt, 54 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N und die Befriedigung, mit Menschen und für Menschen wirklich etwas zum Besseren zu wenden, machen unseren Tag wertvoll. Wilhelm von Humboldt hat gesagt, »im Grunde sind es doch die Verbindungen zu den Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben«. Halten wir uns daran. Übernehmen wir wieder mehr Verantwortung – mit anderen und für andere! Die Notwendigkeit, gemeinsam Verantwortung zu tragen, zeigt sich auch im Bereich der Bildung. Bildung eröffnet Zukunftschancen. Bildung geht alle an. Bildung ist zu wichtig, um sie allein dem Staat zu überlassen; zumal dieser vor dem Hintergrund überschuldeter Staatshaushalte weniger Spielräume hat. Aus meiner Sicht ist jeder von uns aufgefordert, hier einen Beitrag zu leisten. Wir sollten alles Mögliche dafür tun, um die Chancen der Kinder auf Bildung zu verbessern. Lassen wir uns nicht einreden, dies gehe nicht oder wäre nicht zu finanzieren. Das 200-jährige Jubiläum der Humboldt-Universität ist eine erstklassige Gelegenheit, darüber zu diskutieren, wie wir gemeinsam vorankommen können. Die Universität trägt die Verantwortung für ein großes Erbe – unterstützen wir sie dabei. f V E R A N T WOR T U N G 55 UNABHÄNGIGKEIT Die Wissenschaft forscht stets mit gesellschaftlichem Nutzen. PRO F. DR . WO L F G A N G C OY I N F OR M AT IK E R p Zu den Grundideen der Humboldtschen Gründung gehört die Unabhängigkeit universitärer Forschung. »Einsamkeit und Freiheit« sollen den Weg zu neuer Erkenntnis und wissenschaftlichem Fortschritt beschreiben. Dazu werden die Professoren fi x honoriert – egal, was sie forschen (»Bücher und Schriften (der Universität) … sind von aller Zensur befreit.«) Als Gegenleistung sollen ihre Forschungen öffentlich zugänglich und transparent sein. Humboldt wollte solche Unabhängigkeit von König und Berliner Regierung durch eine solide Finanzierung über Schenkung in Schlesien eroberter Domänen-Güter sichern. Ein schöner Gedanke, der der Berliner Universität eine Freiheit geschenkt hätte, die vergleichbar mit der finanziellen Unabhängigkeit amerikanischer Privatuniversitäten wäre. Allein, der König zögerte und die HU hängt wie andere deutsche Universitäten vom Landeshaushalt ab. Dieses Geld reicht nun vorn und hinten nicht. Um den Mangel auszugleichen, muss die Universität sich um weitere Fördermittel bemühen – im Jargon Drittmittel genannt. Eine reine Spende ist freilich ein seltenes Ereignis. Selbst die staatliche Förderung über die DFG, die EU oder das BMBF ist mit Bedingungen und Absichten verbunden – umso mehr sind dies Mittel nichtstaatlicher Geldgeber. Transparenz, gesellschaftlicher Bezug und Drittmittel definieren ein fragiles Spannungsfeld. Selbstverständlich verfügt die Universität über Forschungsmöglichkeiten, die für gezielte Aufträge einsetzbar sind. Solange Auftragsforschung die Arbeit der Universität erleichtert, ist nicht viel dagegen einzuwenden. Aber was ist mit Diplomarbeiten, die von Firmen angeregt oder in Firmen durchgeführt werden? Wie soll die Universität mit Professuren umgehen, die für eine gewisse Zeit extern, aber nicht interesselos finanziert werden? Die Universität vollführt also einen Eiertanz auf einer schiefen Ebene, um ihren gesellschaftlichen Auftrag auszuführen, nämlich wissenschaftlichen Fortschritt zum Nutzen aller. Das macht sie gerne. Sie kann auch nicht anders. f 56 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N U N A BH Ä N GIGK E I T 57 »Der größte gesellschaft liche Nutzen unabhängiger Wissenschaft besteht letztlich darin, dass die Führungskräfte von morgen auf höchstem Niveau ausgebildet werden.« DR . W I L HE L M K RU L L GE N E R A L SE K R E TÄ R DE R VO L K S WAGE N S T I F T U N G p Kreative Wissenschaft braucht Freiräume für neues Denken. Institutionell haben Universitäten dabei vor allem die Aufgabe, die administrativ-organisatorischen Rahmenbedingungen, die finanziellen Ressourcen und die personellen Voraussetzungen für ein produktives Miteinander aller Beteiligten zu schaffen. Operationale Autonomie bildet die Voraussetzung dafür, dass selbstbestimmt geforscht und gelehrt werden kann. Schon Wilhelm von Humboldt – vielfach als Verfechter staatlicher Interventionen im Hochschulbereich missdeutet – wünschte sich seinerzeit die neu zu gründende Universität als eine möglichst autarke und autonome Institution. Sie sollte über ein eigenes Vermögen in Form von Domänen verfügen, um ihre Unabhängigkeit zu untermauern. Dies ist zwar bis heute ein Traum geblieben, bleibt jedoch eine bürgerschaftliche Zukunftsaufgabe. Entgegen landläufiger Auffassungen schließen sich Unabhängigkeit und gesellschaftlicher Nutzen keineswegs aus. Autonom verantwortete Wissenschaft wird zwar primär das Ziel verfolgen, qua Forschung neue Erkenntnisse hervorzubringen. Konkrete Problemlösungen, wirtschaftlich verwertbare Resultate 58 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N WISSENSCHAFT Die Wissenschaft kommuniziert ihre Ergebnisse zu wenig und zu kompliziert. PHI L IPP VO N DE M K N E SE BE CK S T U DE N T DE R PHILO S OPHIE und technische Neuerungen sind dabei durchaus mehr als bloße Nebenprodukte. Sie allein könnten jedoch den enormen finanziellen Aufwand für unsere Bildungs- und Forschungseinrichtungen nicht rechtfertigen. Der größte gesellschaftliche Nutzen unabhängiger Wissenschaft besteht letztlich darin, dass durch Teilhabe an neuester Forschung die Führungskräfte von morgen für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft auf höchstem Niveau ausgebildet werden. Die bereits von Wilhelm von Humboldt postulierte »Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden« bleibt auch weiterhin der wichtigste Erfolgsfaktor für die Universität zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Für die weitere Ausgestaltung der Wissensgesellschaft ist sie geradezu unverzichtbar! f p Als Alexander von Humboldt die Reiseberichte veröffentlichte, die seinen Ruhm als Wissenschaftler festigten, konnte er sich sicher sein, mit nur einer Publikation die Fachwelt und den gebildeten, interessierten Teil der Bevölkerung zu erreichen. Seine Vorlesungen zu den Reiseberichten waren so populär, dass kein Saal unserer Universität den Andrang fassen konnte. Zwei Jahrhunderte später haben die einzelnen Teildisziplinen der Wissenschaften einen Spezialisierungsgrad erreicht, der dazu führt, dass ihre Ergebnisse, ja ihre gesamte Sprachkultur, bereits Fachleuten angrenzender Wissenschaften nicht in Gänze zugänglich sind. Dies ist wahrscheinlich unvermeidlich, aber sehr bedauerlich, nicht nur da viele Menschen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs an neuen Erkenntnissen interessiert sind, sondern auch da eine funktionierende Vermittlung von Forschungsergebnissen dazu führt, dass die Nützlichkeit der Wissenschaft erkannt und somit ihre (Teil-)Finanzierung aus öffentlichen Mitteln in höherem Maße akzeptiert wird. Die Vermittlung der Ergebnisse an die breitere Öffentlichkeit kann von den Wissenschaftlern selbst nicht geleistet werden, sondern muss von Fachleuten, die sowohl in der Wissenschaft als auch im Journalismus zu Hause sind, übernommen werden. Diese Fachleute möchte ich »Wissenschaftskommunikatoren« nennen. Hochschuleigene Publikationen wie HU Spektrum stellen hier nur einen ersten Schritt dar, da auch Artikel wie »Die Multidimensionalität maligner Lymphome« sich an ein Fachpublikum und nicht an eine breitere Öffentlichkeit wenden. Den Redakteuren der Wissenschaftsseiten von Qualitätszeitun- gen wie FAZ oder Zeit sollte man die Kommunikation von Forschungsinhalten jedenfalls nicht allein überlassen – zwar sind diese Seiten genau die Kontexte, in denen der Leser sich über Forschungsergebnisse informieren soll, doch sollte den Redakteuren bereits in druckfähiger, für den interessierten Laien verständlicher Form zugearbeitet werden. Wenn Wissenschaftsredakteure Publikationen aus einer anderen als der von ihnen einmal studierten Fachrichtung in für den Laien verständliche Worte fassen, kommt es häufig zu Übertragungsverlusten, die bei besserer Zuarbeit von Seiten der Forschungseinrichtungen vermieden werden könnten. So ist beispielsweise häufig zu beobachten, dass solche Aussagen, die im Ursprungsartikel ausdrücklich als spekulative Ausblicke, deren Richtigkeit – oder deren Widerlegung! – weitere Forschung überprüfen müsse, als faktisch bewiesene Ergebnisse den Weg in die Qualitätspresse finden. Aufgabe eines Wissenschaftskommunikators auf Seiten der Forschungseinrichtung sollte daher nicht nur sein, Ergebnisse in einer Art und Weise zu kommunizieren, die zumindest einem fachfremden Wissenschaftsjournalisten zugänglich ist, sondern auch, welche Annahmen die vorliegenden Ergebnisse nicht bestätigen, selbst wenn diese unbestätigten Annahmen eine größere öffentliche Wahrnehmung für die Forschungseinrichtung bedeuten würden. An dieser Stelle muss trotz des beständigen Kampfes um Fördermittel die wissenschaftliche Redlichkeit über den PR-Effekt gestellt werden. f W IS SE N S CH A F T 59 »Mehr denn je können sich die Menschen heute durch die verschiedensten Medien über die wissenschaftliche Forschung informieren.« DR . L IE SE L O T T E K U GL E R K U R AT OR I N DE R MUSEU MSS T I F T U N G P O S T U N D T E L E KO M MU N IK AT IO N p Spätestens seit den Berichten über die Reisen Alexander von Humboldts nach Südamerika ist ersichtlich, dass sich breite Bevölkerungskreise für die Wissenschaften interessieren. Wissenschaft als Abenteuer, Wissenschaft als Entdeckung wird bis heute zur Faszination für zahlreiche Interessierte. Den Wissenschaften wurde in den letzten hundert Jahren wiederholt vorgeworfen, dass sie ihre Ergebnisse und ihre Forschungen nicht für ein breites Publikum in geeigneter Weise kommunizieren, dass sie eher die Popularisierung scheuen. In den letzten zwanzig Jahren haben Forschung und Wissenschaft aus dem Vorwurf gelernt und das auch aus ganz praktischen Gründen der Nachwuchsrekrutierung. Sie haben den Elfenbeinturm verlassen und sich in die Medienlandschaft hinaus gewagt, sie haben mit modernen Methoden der Kommunikation ein großes Publikum erreichen können. Davon zeugen unter anderem die zahlreichen Wissenschaftsmagazine und verschiedenste TVFormate, davon zeugen Beiträge und Beilagen in großen Tageszeitungen oder die »Langen Nächte der Wissenschaft«, in denen 60 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N die Universitäten ihre Forschungen auf eine für viele Menschen verständliche Art und Weise kommunizieren. Mehr denn je können sich die Menschen heute durch die verschiedensten Medien über die wissenschaftliche Forschung informieren. Nahezu alle Forschungseinrichtungen, Universitäten und Institute haben heute sogar Mitarbeiter für die Öffentlichkeitsarbeit. Hinzu traten in den letzten Jahren die Wissenschaftsausstellungen und die verstärkte Zusammenarbeit mit den relevanten Museen, in denen auf besondere Art und Weise, vor allem auch sinnlich, die Ergebnisse der Wissenschaft vermittelt werden. Hier folgen die Universitäten den Brüdern Humboldt, die – jeder auf seine Weise – allen Schichten mehr Chancen auf Bildungserwerb sichern wollten. War es die Reform des Bildungssystems bei Wilhelm von Humboldt oder war es der Volksbildungsgedanke Alexander von Humboldts, der danach strebte die Natur- und technischen Wissenschaften mit populären Vorlesungen »unter die Leute« zu bringen. Er hatte den Wunsch nach einer ersten Sternwarte in Berlin. Nicht zu vergessen, dass das Museum für Naturkunde seit 1810 integraler Bestandteil der Humboldt-Universität ist und dass die Sammlung Alexander von Humboldts sich dort befindet. Die Zusammenarbeit der Universitäten mit anderen Institutionen außerhalb des eigentlichen Forschungsbereichs gewinnt an Fahrt und dient auch dem Interesse, in Zeiten immer größerer Informationsflüsse und unüberschaubarer Prozesse der Verunsicherung der Menschen entgegen zu wirken. Eine verstärkte Zusammenarbeit ermöglicht den Museen, neue Themen aufzugreifen, aufzubereiten und professionell zu vermitteln. Sie können die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart bauen, auch als Archiv der Sachkultur. Forschungseinrichtungen und Einrichtungen der Forschungsvermittlung wie Museen können partnerschaftlich ihr Bemühen um Popularisierung und »Volksbildung« synergetisch steigern, das Neue, das Spannende, die Entdeckung nach außen tragen, vermitteln und so allen die Reise in neue Welten ermöglichen und erleichtern. f W IS SE N S CH A F T 61 ZUKUNFT Die deutsche Hochschule muss sich mehr am Modell einer exzellenten Universität orientieren, um besser zu werden. »Globalität in der Wissenschaft heißt zuallererst Austausch. Die technische Entwicklung der letzten 20 Jahre hat hierbei nun für einen enormen Sprung gesorgt.« PRO F. DR . GR E G O R VO GT- SPIR A GE N E R A L SE K R E TÄ R DE R V I L L A V IG O N I p Die Universität ist nicht selten Vorreiter. Das gilt z. B. für die sogenannte Globalisierung, in deren Folge derzeit viel über die Errichtung transnationaler Governance-Strukturen diskutiert wird. Die Universität hat solche Strukturen bereits: Globalität gehört genuin zu ihr, die Welt der Wissenschaft ist eine! Die universitas, die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden, hat noch nie an nationalen Grenzen halt gemacht – weder bei den Scholaren des Mittelalters noch in der Universität des 19. und 20. Jahrhunderts – und die der humboldtschen Reform zugrundeliegende Idee, die als Aufgabe von Wissenschaft bestimmt, das Denkbare zu erkunden, macht deutlich, warum das auch heute so ist. Globalität in der Wissenschaft heißt zuallererst Austausch. Die technische Entwicklung der letzten 20 Jahre hat hierbei nun für einen enormen Sprung gesorgt: Netzwerkbildung konnte sich noch nie so schnell, so umfassend und in solcher Reichweite vollziehen. Damit entsteht für die Universitäten eine neue Situation: Sie treten in anderer Weise als zuvor in einen globalen Wettbewerb. Und da exzellente Köpfe bevorzugt dahin gehen, wo sie andere exzellente Köpfe treffen können, hat jede eine Chance, die sich attraktiv zu machen versteht. Indes, die internationale Beweglichkeit der Forschenden wie Studierenden bedarf adäquater Strukturen in der Universität selbst, die finanziell und rechtlich landesspezifischen Regulierungen unterliegt. Hier liegt eine der entscheidenden Zukunftsaufgaben. 62 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N Die Internationalisierung kann daher vorerst schrittweise erfolgen. Ein erster Schritt sollte sich neben allen weiterreichenden Vernetzungen auf das großartige Projekt des europäischen Hochschulraums konzentrieren und tragfähige Netzwerke einrichten, die auch Studienprogramme umfassen. Denn Europa ist zunächst einmal die wichtigste Orientierung außerhalb der nationalen Grenzen, und die kreative Vielfalt, die es durch das kompetitive Nebeneinander hochentwickelter Kulturen auf engstem Raum bietet, lässt sich als »Standortvorteil« im globalen Wettbewerb nutzen. Die Mobilitätsprogramme sind »humboldtfähig«zu machen! Internationale Ausrichtung indes kann sich auch noch weitere Formen suchen. Eine solche wäre die Einrichtung internationaler Kollegs. Denn da nichts die persönliche Begegnung und das Gespräch zu ersetzen vermag, kann die Schaffung solcher Orte mit hoher Anziehungskraft in besonderem Maße die humboldtsche Gründungsidee realisieren. f ZU K U N F T 63 »Was also sind für mich die Merkmale exzellenter Universitäten? Ich nenne zehn.« PROF. DR . A N DR E A S FIS CHE R R E K T OR DE R U N I V E R SI TÄT ZÜ R ICH p Ich bin gebeten worden, bei meinen Überlegungen zur Zukunft der Humboldt-Universität vom Satz auszugehen: »Die deutsche Hochschule muss sich mehr am Modell einer exzellenten Universität orientieren, um besser zu werden.« Dieser Satz setzt voraus, dass wir wissen, was eine exzellente Universität ist. Ich will mich hier nicht auf Definitionsversuche einlassen, sondern blicke auf englische und amerikanische Universitäten, deren Exzellenz weltweit anerkannt ist und auch durch objektivierte Rankings immer wieder bestätigt wird; als Beispiele seien Oxford oder Cambridge, Harvard oder Yale genannt. Ich weiß jedoch sehr wohl, dass sich einige der nachfolgend genannten Charakteristika nur schwer auf deutsche oder schweizerische Universitäten übertragen lassen, meine also nicht, dass sich etwa Oxford tel quel nach Berlin verpflanzen ließe. Was also sind für mich die Merkmale exzellenter Universitäten? Ich nenne zehn. (1) Sie sind sich ihrer Geschichte bewusst und sind im guten Sinn traditionsverbunden; sie sind aber auch offen für Neues. (2) Sie sind frei, das heißt – innerhalb bestimmter Grenzen natürlich – selbstorganisiert und selbstbestimmt. (3) Sie sind von Akademikern geleitet, die aus eigener Erfahrung wissen, wie eine Universität funktioniert, die aber auch Führungs- und Managementqualitäten haben. (4) Sie sind gut finanziert und können über den Einsatz ihrer finanziellen Mittel 64 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N BILDUNG Bildung für alle. Elite oder Masse? Studienplätze müssen limitiert werden. DR . H . C . HE IK E S CH MO L L JOU R N A L IS T I N , FR A N K FU R T E R A L LGE ME I N E ZE I T U N G selbstständig entscheiden. (5) Sie sind forschungsorientiert und wissen, was Qualität der Forschung bedeutet: Die dort Lehrenden gehören als Forscher zu den Besten in ihrer jeweiligen Disziplin. (6) Sie wählen sich ihre Studierenden selbst aus. (7) Sie sorgen dafür, dass diese Studierenden in kleinen Gruppen persönlich betreut und während des ganzen Studiums gefördert und gefordert werden. (8) Sie lassen dem Individuum viel freien Raum und akzeptieren auch Unbequeme und Querdenker. (9) Sie vermitteln allen Angehörigen, Studierenden und Dozierenden ein Gefühl des Stolzes, gerade dieser Universität – und keiner anderen – anzugehören. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist groß und manifestiert sich auch äußerlich. (10) Sie haben eine gut entwickelte Alumni-Kultur. Alumni sind nicht einfach »Ehemalige«, sondern tragen ihrerseits, beispielsweise mit Spenden, zum weiteren Gedeihen ihrer Alma Mater bei. f p Bildung für alle oder Aufstieg durch Bildung sind die Parolen, die so populär wie ausgehöhlt erscheinen. Die großen Städte wie Berlin und Hamburg zeigen, dass es statt Bildung für alle längst eine Zweiklassenbildung des öffentlichen und privaten Segments gibt und sich die Unterschiede verschärfen werden. Denn die bürgerliche Mittelschicht tendiert dazu, aus dem öffentlichen Bildungssystem und der deutschen Sprachwelt auszusteigen, während die sogenannten bildungsfernen Schichten, womöglich mit Migrationshintergrund, versuchen, Mindeststandards und Mindestkommunikation in einer Sprache zu erreichen, an der vielen Einheimischen wenig zu liegen scheint. Auch in einigen Wissenschaften verschärft der Abschied vom Deutschen als Wissenschaftssprache die Kluft zwischen Forschung und Gesellschaft und stellt die Frage nach der Expertokratie statt Demokratie. Die meisten bildungspolitischen Akteure sind vorsichtshalber dazu übergegangen, Bildung nicht als Persönlichkeitsbildung und Teilhabe am Gemeinwesen, sondern Ausbildung auszulegen. Aber Bildung beginnt da, wo Individuen positive Bilder von sich selbst entwickeln und handlungsfähig gemacht werden, weil sie das Lernen des Lernens beherrschen. Schon daran scheitern viele. Bildung beginnt nicht erst bei der hypertrophen Vorstellung der höheren Bildung oder gar Elitebildung. Deshalb ist Elite-Bildung ohne Massenbildung auch gar nicht denkbar, es handelt sich nicht um einen Gegensatz, sondern um ein komplementäres Verhältnis. Wer glaubt, Elitenbildung ohne Breitenbildung haben zu können, macht sich etwas vor, er entzieht den Eliten den Nährboden. Wilhelm von Humboldt selbst war das klar. Sein Schulmodell einer interkulturellen Erziehung unter Einschluss aller ethnischen und religiösen Minderheiten verwirklicht das Ziel einer Bildung für alle als erstes Bürgerrecht. Humboldts Ideal, die »höchste und proportionierlichste Bildung der Kräfte zu einem Ganzen«, ist nur unter der Bedingung der Freiheit zu erreichen. Insofern wäre es fatal, elementare Freiheiten durch Beschränkung von Studienplätzen zu beschneiden. Vermassung durch Unterfinanzierung ist mit massiver Unfreiheit verbunden, die engen Korsette der Kreditpunkte eines konsekutiven Studienmodells auch. In weniger als einer Generation wird sich zeigen, wie sich das Berufs- und Persönlichkeitsbild des Hochschullehrers wandelt, wissenschaftlicher Nachwuchs von anderen Voraussetzungen aus denken wird, der Ort von Wissenschaft in der Universität neu definiert werden muss. Wer in solchen Umbruchzeiten den institutionellen Machtinteressen freien Lauf lässt und experimentelle Spielräume liquidiert, der erweist Wissenschaft und Gesellschaft einen Bärendienst. Individuelle Entwicklungen brauchen Raum und Zeit. Kreativität lässt sich nicht im Zeittakt oder nach Plan entwickeln. So richtig es ist, die immer schon vorhandenen Qualitätsunterschiede zwischen Universitäten auch sichtbar zu machen, so falsch ist es, die Förderung der »Leuchttürme« mit der Vernachlässigung der anderen Universitäten zu erkaufen. Es könnte sonst leicht sein, dass bald keine wetterfesten Schiffe mehr verkehren, denen die Leuchttürme leuchten könnten. f BI L DU N G 65 PROF. DR . HE I N Z - E L M A R T E N OR T H E R Z IE HU N GS W IS SE N S CH A F T L E R p Natürlich »Bildung für alle«, und ohne Frage, auch »Elite« ist ein legitimes Thema von Bildungspolitik und -reflexion. Dafür spricht schon die Tradition des Bildungskonzepts selbst; denn »Bildung« hat mehr als eine Dimension. Erwartbarkeit des Verhaltens für andere, also im »Umgang mit Menschen«, zu sichern, das bedeutete Bildung seit der Aufklärung zuerst und das ist – als Fähigkeit zur Teilhabe an Gesellschaft und Kultur – auch heute der primäre Sinn allgemeiner Bildung. Differenz wird in diesem Prozess individuell und gesellschaftlich erzeugt, zum einen durch die Aktivität der Individuen selbst, ihre Fähigkeiten und Interessen, ihre Anstrengungsbereitschaft und ihre Lernstrategien – diese Art selbsterzeugter Ungleichheit kann man nicht vermeiden, Bildungsprozesse haben ihre individuelle Logik, selbst gegen Gewalt relativ resistent und tolerant gegen Etikettierungen wie »Elite« oder »Masse«. Gesellschaftlich wird Differenz ebenfalls erzeugt: z. B. durch Zugangsregeln zu Bildungsprozessen, durch das Angebot an Lernmöglichkeiten und durch die Verbindung von Ausbildung, Zertifi kat und Beruf – hier existieren natürlich Gestaltungsspielräume. Aber Gleichheit kann hier nur bedeuten, dass der Zugang so weit offen ist, dass man sich am Wettbewerb beteiligt, Zielgleichheit ist ausgeschlossen; es gibt weder ein Menschenrecht aufs Abitur noch auf den Zugang zu allen Studien- 66 WA S – GRÜ N DU N GSIDE E N »Erwartbarkeit des Verhaltens für andere, also im ›Umgang mit Menschen‹, zu sichern, das bedeutete Bildung seit der Auf klärung zuerst und das ist auch heute der primäre Sinn allgemeiner Bildung.« gängen oder in beliebige Berufskarrieren. Es gibt auch kein Recht auf eine beliebige Ausweitung von Studienplätzen oder auf eine Akademisierung aller möglichen Ausbildungsgänge. Hier regieren Leistung und Wettbewerb, Verfügbarkeit von Ressourcen für die Angebotsstruktur, Prüfungen und Auswahlverfahren bei der Rekrutierung, Gleichheit besteht nur in der Teilnahme am concours. Wo dann die Eliten bleiben oder die Exzellenz? Dort, wo man sie sucht und identifiziert – z. B. im Kontext von Macht, Geist, Arbeit. Universitäten sind hoffentlich Orte, die Elitenbildung nicht verhindern, man sollte aber schon froh sein, wenn sie exzellente Ausbildung bieten. f BI L DU N G 67 Wohin wir gehen. Drei Autoren denken über die Zukunft der Universität nach. 68 WOHI N 69 TO WHOM ARE YOU WRITING? PROF. DR . DR . H . C . CHR IS T OPH M A R K S CHIE S PR Ä SIDE N T DE R HU MB O L D T- U N I V E R SI TÄT ZU BE R L I N HIN 70 WOHI N p Die Universität zu Cambridge ist anlässlich ihres 800-jährigen Jubiläums in diesem Jahr auf die liebenswürdige Idee gekommen, 800 Rektoren und Präsidenten auf der ganzen weiten Welt zu bitten, handschriftlich einen Brief aufzusetzen und zu versiegeln, den die altehrwürdige Einrichtung exakt hundert Jahre auf bewahrt und dann dem Adressaten zustellen wird. Auf der ersten Textseite der Broschüre, der den potentiellen Autoren die Prozedur erklärt, wird die Schlüsselfrage gestellt: »To whom are you writing?«. Zur Auswahl werden angeboten: der Nachfolger, ein künftiger Gegenspieler, der Premierminister. Natürlich: Einen Bundeskanzler wird es in hundert Jahren immer noch geben, fraglich ist heute nur, wie viel er in einem zusammenwachsenden Europa dann noch zu sagen hat. Aber soll ich wirklich dem künftigen Bundeskanzler, der künftigen Bundeskanzlerin schreiben? Er oder sie wird die Humboldt-Universität nicht durch die Zeiten bringen können. Gut, beginnen wir also: »Mein verehrter, lieber Nachfolger«. Aber wird es in hundert Jahren immer noch einen Präsidenten der Humboldt-Universität und seinen Gegenspieler, den Präsidenten der Freien Universität, geben? Die auf Ewigkeit gestellte Situation der zuerst geteilten, dann wiedervereinigten Stadt: zwei Universitäten im ewigen Nebeneinander von Kooperation und Wettbewerb, mal die eine, mal die andere vorn? Und müssen wir uns dann beide immer noch von der Politik genehmigen lassen, wie viele Studierende wir zuzulassen haben? Sind wir immer noch in großen Teilen abhängig von dem desaströsen Berliner Haushalt und den grotesken »Strukturplänen«, die den Lehrstuhl Byzantinistik römisch drei auf halbe Ewigkeit zementieren, ganz gleich, wie das Fach sich entwickelt? Sind unsere Uni- versitäten dann immer noch so deutsch, wie sie heute deutsch sind, ganz im Unterschied zur eingangs erwähnten altehrwürdigen englischen Universität, die inzwischen längst wieder wie zu ihren Gründungszeiten Menschen aller nationes und nun auch Nationalitäten als Studierende und Dozierende anzieht? Ich weiß noch nicht ganz genau, an wen ich den Cambridger Jubiläumsbrief adressieren soll. Aber ich weiß eigentlich recht genau, was ich schreiben werde: Zukunft wird allzumal in einer globalisierten Welt von Determinanten bestimmt, auf die wir alle keinen oder nur verschwindend geringen Einfluss haben. Das wissen wir aus der teilweise schrecklichen Geschichte unserer Universität im zwanzigsten Jahrhundert ganz genau. Aber die ganze 200-jährige Geschichte bietet auch diverse Beispiele dafür, dass auch unter schwierigsten Bedingungen hinreißende Lehre und maßstabssetzende Forschung gelingen kann. Ich hoffe, dass sich die Humboldt-Universität im nächsten Jahrhundert noch mehr an Alexander von Humboldt orientiert. Aus dem schwierigen akademischen Alltag der Bolognareform auf bricht zu einer Lehre, die wieder Stadtgespräch wird wie seine KosmosVorlesungen, im Blick auf ihre Dozenten und Studierenden so kosmopolitisch zusammengesetzt ist, wie er gelebt hat und mit ihrer Forschung die engen Grenzen von disziplinären Strukturen, Weltanschauungen und Schultraditionen so transzendiert, wie er es tat. f 71 »Wer heute für die Marktwirtschaft ficht, argumentiert nicht mehr mit Adam Smith. Verteidiger der Evolutionslehre schlagen nicht mehr in Darwins Originaltexten nach.« FALSCHES VORBILD M A R T I N SPIE WA K JOU R N A L IS T, DIE Z E I T W I L HE L M VO N HU MB O L DT GI LT A L S E R FI N DE R DE R U N I V E R SI TÄT – ZU U N R E CH T. A BE R I N K R ISE N U N D PRO T E S T Z E I T E N MUSS E R W IE DE R M A L A L S P OPS TA R DE R BI L DU N G HE R H A LT E N p Es wird viel gestorben an deutschen Universitäten. Der Tote ist stets derselbe: Wilhelm von Humboldt und »seine« Universität. Physisch tot ist der Gelehrte seit Langem, nämlich seit dem 8. April 1835. Normalerweise schrumpft eine Erinnerungsgemeinde mit dem Abstand zum Sterbedatum. Nur bei Religionsstiftern ist das anders – und bei Humboldt. Je länger der echte Humboldt unter der Erde liegt, desto größer wird die Zahl der Trauernden. In den nächsten Monaten werden die Kränze noch prächtiger, die Wehklagen noch lauter sein. Denn es jährt sich im Juli zum 200. Mal das Datum, an dem Wilhelm von Humboldt »An des Königs Majestät« seinen »Antrag auf Errichtung der Universität Berlin« stellte und danach jene Hochschule gegründet wurde, die heute Humboldts Namen trägt. Andächtig wird man um sein Grab herum stehen und mit Wehmut die große Geschichte der deutschen Universität beschwören. Sie geht in Kurzform so: Wir schreiben das Jahr 1809. Preußen liegt am Boden, die Universitäten sind in einem lamentablen Zustand. Da lässt der König einen Gelehrten an die Spitze des Kultusministeriums berufen, der selbst nie eine Schule besucht und das eigene Studium schon nach vier Semestern geschmissen hatte: Wilhelm von Humboldt (1767 - 1835), damals 41 Jahre alt. Nur 13 Monate hält es der Geheime Staatsrat in dem Ressort aus. Doch diese knappe Zeitspanne genügt ihm, mit der Gründung der Berliner Hochschule der modernen Universität ihre Gestalt zu geben. Seite an Seite gehen Professoren und Studenten darin ihren Forschungsinteressen nach. Weder staatliche Interventionen noch kurzfristige Nützlichkeitserwägungen behindern sie in ihrem Streben nach der Wahrheit. Denn Bildung, nicht Ausbildung ist das Ziel des Studiums. Das Ergebnis: durch Wissenschaft gereifte Persönlichkeiten. Rasch verbreiten sich diese Prinzipien, erst in den preußischen Universitäten, später in der Welt, und begründen die Leis- 72 WOHI N tungskraft der deutschen Wissenschaft. Zwei Jahrhunderte lang trotzt die Humboldtsche Universität allen Herausforderungen: dem Aufstieg der modernen Naturwissenschaften, der Barbarei des Nationalsozialismus, der modernen Massenuniversität. Aber heute machen Politiker und Hochschulbürokraten dem Humboldtschen Geniestreich den Garaus. Der Totengräber heißt Bologna. Genau vor zehn Jahren, am 19. Juni 1999, haben 29 europäische Bildungsminister im italienischen Bologna eine Erklärung unterzeichnet, deren Ziel die Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulraums mit vergleichbaren Hochschulabschlüssen bis 2010 ist. Gegen die Folgen dieses Beschlusses, gegen die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen, gegen die Verschulung des Studiums, gegen Studiengebühren richtet sich der »Bildungsstreik«, den Schüler und Studenten im Sommer 2009 als bundesweite Protestplattform organisiert haben. Humboldt wurde für solche Zustände ebenso wenig zur Verantwortung gezogen, wie er bis dahin für den Ruhm der deutschen Hochschulen haftbar gemacht worden war. Das änderte sich Anfang des 20. Jahrhunderts. Fast 100 Jahre nach ihrer Entstehung entdeckte man damals Humboldts Schrift »Über die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin«. Ein Biograf hatte das vergessene Manuskript in den 1890er Jahren in einem Archiv gefunden. Erstmals 1903 wird es vollständig veröffentlicht. In einem nur zehn Seiten langen Fragment sahen Zeitgenossen all das beschrieben, was sie sich für ihre Hochschule ersehnten: Staatsferne und Elitedenken sowie die Einheit der Wissenschaften, die sich mittlerweile in viele Einzeldisziplinen ausdifferenziert hatten. Nachträglich, als Akt erfundener Tradition also, wurde Humboldts Texttorso nun zum programmatischen Gründungsmanifest erst der Berliner Universität, dann der deutschen Universität erklärt – und der preußische Gelehrte zum Schutzheiligen der deutschen Professoren erhoben. Von nun an wurde jede Reform an ihm gemessen, fragte man sich bei jeder Neuerung: Was hätte Humboldt dazu gesagt? In der Regel waren es nicht Historiker, sondern Geisteswissenschaftler anderer Fächer, die sich als Humboldt-Interpreten hervortaten. Typisch für die Zeit sprach der Orientalist und Weimarer Kultusminister Carl Heinrich Becker der Humboldtschen Universitätsidee eine ewige, fast heilige Gültigkeit zu. »Vom Wesen der deutschen Universität kann man nur mit ehrfürchtiger Scheu sprechen«, schrieb Becker. Sie verfolge ein »selbstloses und zweckloses Suchen«, das letztlich im »deutschen Wesen« wurzle. Aber auch für andere Zwecke ließ sich Humboldt einspannen. So begründete der erste Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (heute Max-Planck-Gesellschaft), Adolf von Harnack, die Notwendigkeit, neben den Universitäten reine Forschungseinrichtungen ohne Studenten zu gründen, ausgerechnet mit Humboldts Manuskript. An einer Stelle ist darin die Rede von universitätsunabhängigen »Instituten«. Nach dem Ende des Naziregimes berief sich die Wissenschaftspolitik in beiden deutschen Staaten wieder auf den preußischen Adligen. Die DDR machte ihn zum Symbol eines sozialistischen Humanismus. In der Bundesrepublik benutzte man den Mythos Humboldt »als Alibi des Wiederauf baus der Ordinarienuniversität«, meint der Historiker Mitchell G. Ash – man drückte sich damit vor Aufarbeitung des eigenen Versagens im Nationalsozialismus. Heute wird Humboldt vor allem gegen die Bologna-Reform in Stellung gebracht, die Umstellung auf das Bachelor- und Masterstudium. Im angeblich völlig verschulten Bachelorstudium habe das forschende Lernen keinen Platz mehr, sei die Diskursgemeinschaft von Professoren und Studenten unmöglich. Doch diese Gemeinschaft war auch vor hundert Jahren keinesfalls die Regel. Unter den Bedingungen der Massenuniversität hat es sie allenfalls in Ausnahmefällen gegeben. Wie früher wettert man mit Humboldt gegen die Vermassung der Universitäten, das Spezialistentum im Studium oder gegen den Versuch, den Studenten (auch) berufstaugliche Kenntnisse zu vermitteln. Schon damals waren solche Argumente elitär und rückwärtsgewandt. Heute sind sie völlig fehl am Platz. Wenn knapp 40 Prozent eines Jahrgangs studieren, muss das Bildungskonzept ein anderes sein als in Zeiten, in denen nicht einmal einer von hundert die Universität besuchte. Die überwältigende Mehrheit der Studenten will nicht Professor werden, sondern sucht – wie früher auch – eine akademische Ausbildung für einen anspruchsvollen Beruf in einem Unternehmen, in Krankenhaus, Schule oder Amtsstube. Wer heute für die Marktwirtschaft ficht, argumentiert nicht mehr mit Adam Smith. Verteidiger der Evolutionslehre schlagen nicht mehr in Darwins Originaltexten nach. Warum aber rufen Professoren, die von Berufs wegen für das Neue offen sein müssen, ausgerechnet einen Denker des vorletzten Jahrhunderts zum Zeugen an, wenn sie heute für eine gute Universität kämpfen? Humboldt ist tot – das stimmt seit Langem. Beim 100. Jubiläum seiner Universität versuchte man, ihn wiederauferstehen zu lassen. Vielleicht gelingt es zum 200. Jahrestag, dem Mythos Humboldt endlich seine ewige Ruhe zu schenken. f 73 EUROPÄISCHE UNIVERSITÄTEN IM 21. JAHRHUNDERT PRO F. DR . GE O R G W I N CK L E R R E K T OR DE R U N I V E R SI TÄT W IE N p Warum sind die Bemühungen so intensiv, in Europa eine abgestimmte Studienlandschaft zu schaffen (Bologna-Prozess)? Einerseits gilt es, nationale Fragmentierungen als Folge der Geschichte der letzten 200 bis 220 Jahre zu überwinden, denn die europaweite Mobilität der Forscher und Studierenden ist zu verstärken. Andererseits sind die Studienangebote in Hinblick auf die hohen Studierendenzahlen und die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt auszudifferenzieren. Beides soll durch die Einführung einer gemeinsamen dreistufigen Studienarchitektur, also durch einen Rückgriff auf eine alte Tradition, gelingen. Zur Erinnerung: Das britische System ist teilweise noch heute dem mittelalterlichen College-System verbunden. Deutlich wird dieses mittelalterliche Erbe im amerikanischen System, das dem britischen Beispiel folgte. Im College wird die Tradition der früheren Artistenfakultät fortgesetzt. Es geht um die Vermittlung von Allgemeinbildung, auch darum, die Studenten im Geiste des Humanismus zu erziehen. In den »professional schools« wiederum wird nicht die wissenschaftliche Wahrheit gesucht. Vielmehr werden Theologen, Juristen oder Mediziner (im Anschluss an diese drei klassischen Fakultäten der mittelalterlichen Fakultät) ausgebildet. Selbstverständlich kamen in der modernen Welt weitere »professional schools« hinzu: Business School, School of Journalism und anderes mehr. 74 WOHI N Das Universitätssystem in Frankreich erfuhr während der Revolutionsjahre ab 1791 und in der anschließenden napoleonischen Ära eine einschneidende Zäsur. Die Universitäten, die es damals versäumten, naturwissenschaftliche oder technische Studien zu betreiben, wurden im Namen des Fortschritts geschlossen und durch »écoles spéciales« (die heutigen »grandes écoles«) ersetzt. In diesen wurden und werden die Staatskader so ausgebildet, dass sie dem Staat nützen. Die verbleibenden französischen Universitäten erfuhren damals einen Bedeutungsverlust, der bis heute nachwirkt. Gegen diese Nützlichkeit der Ausbildung in den »écoles spéciales« wandten sich Anfang des 19. Jahrhunderts Humboldt und andere. Die universitas litterarum, die Forschungsuniversität, trat an die Stelle der universitas magistrorum et scholarium. Die neue Universität sollte Meta-Subjekt des spekulativen Geistes sein. Die Suche nach der Wahrheit, nicht die Nützlichkeit wurde die zentrale Idee der Universität. Folgerichtig wurden die Bakkelaureats- und Magisterstudien abgeschafft, nur das Doktoratsstudium blieb. Erst später, nicht zuletzt während der NaziZeit, kamen in Deutschland Diplomstudien hinzu. Alle drei Systeme, das mittelalterlich britische, das dem Staatsnutzen verpflichtete französische wie die deutsche Idee der Forschungsuniversität, eignen sich nur wenig, Antworten auf die vielfältigen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu finden. Den ersten beiden Systemen fehlt das Element der Forschung und der über die Forschung erzielten Innovation. Das Humboldtsche System mit Doktoratsstudien und langen Diplomstudien kann nicht die zunehmend differenzierten Studienwünsche der weiter wachsenden Studierendenpopulation befriedigen. Zudem verhinderte das Humboldtsche System eine Ausdifferenzierung der Universitätslandschaft: Alle Universitäten wollen der Idee der »reinen« Forschungsuniversität folgen. Erst die Einrichtung von Fachhochschulen wirkte differenzierend. Offenbar wird die Zukunft am besten mit hybriden Systemen wie in den USA gemeistert. Dort übernahm am Ende des 19. Jahrhunderts die Johns Hopkins University als erste in den USA die Humboldtsche Idee einer stark an Forschung ausgerichteten Universität mit der Einführung eines eigenen PhD-Studiums. Dennoch blieb das Angebot an traditionellen Bachelor- und Masterstudien voll erhalten. Unter den rund 4.000 amerikanischen Hochschuleinrichtungen, die alle heute noch der traditionellen college education eng verbunden sind, existieren nur 250 bis 300 PhD granting institutions. So entstand ein hybrides System: Auf der Basis der mittelalterlichen College- und Professio- »Auf der Basis der mittelalterlichen College- und Professional-SchoolTradition wurden PhD-Studien in einigen Universitäten eingerichtet. Dieses hybride System macht die amerikanischen Universitäten heute wettbewerbsstark.« nal-School-Tradition wurden PhD-Studien in einigen Universitäten eingerichtet. Dieses hybride System macht die amerikanischen Universitäten heute wettbewerbsstark. Nach Dahrendorf sollen Universitäten forschungsorientiert und innovativ sein, Offenheit für die Welt zeigen, Reichweite besitzen und sich mit Angelegenheiten des öffentlichen Interesses auseinandersetzen. All dies können die europäischen Universitäten verwirklichen, wenn sie einen abgestimmten Hochschulraum schaffen, in dem über Wettbewerb jene Differenzierung und Dynamik entsteht, die leistungsfähige Universitäten im 21. Jahrhundert benötigen. f 75 INTERNATIONALISIERUNG A LA HUMBOLDT p An der Humboldt-Universität zu Berlin hat Internationalität eine lange Tradition – die nicht zuletzt auf Alexander von Humboldt zurückgeht – und wird bewusst nicht pro forma abgehandelt, sondern mit Leben gefüllt. Hinter über 400 Partnerschaftsverträgen mit Universitäten weltweit verbergen sich unzählige Projekte, die sich in drei Bereichen niederschlagen: In der Forschung knüpfen Wissenschaftler Netzwerke mit internationalen Kolleginnen und Kollegen und fördern damit nicht nur die Wissenschaft, sondern befruchten auch die Lehre. Im Studium gibt es Austauschprogramme, bei denen HU-Studierende ein oder zwei Semester im Ausland absolvieren und umgekehrt Studierende aus aller Welt in Berlin willkommen geheißen werden. Und in Berlin prägt die Humboldt-Universität den internationalen Charakter der Stadt aktiv mit. Jeder Humboldtianer kann international sein – es gibt genügend spannende Initiativen für alle, die sich engagieren möchten. FORSCHUNG UND LEHRE 200 Jahre nach Alexander von Humboldts Reise bricht das Präsidium der Humboldt-Universität in die Neue Welt Lateinamerikas auf, um die Wissenschaftsbeziehungen zur Iberoamerikani- 76 WOHI N schen Welt neu zu beleben. Das Jubiläum der Humboldt-Universität überschneidet sich mit der Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeit wichtiger Lateinamerikanischer Staaten, denn Humboldts wissenschaftliche Reise hatte auch politisch emanzipatorische Auswirkungen. Die Humboldt-Universität hat deshalb in Lateinamerika nicht nur einen außerordentlich hohen historischen Symbolwert; im Zeichen Humboldts steht sie auch für ein modernes integratives Wissenskonzept der Verbindung von Geistes- und Naturwissenschaften, das in Zukunft immer mehr Bedeutung erlangen wird. In diesem Sinne geht es bei der Intensivierung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit der Humboldt-Universität, die sich vor allem auf die Länder Kuba, Mexiko, Chile und Argentinien und deren bedeutende Universitäten konzentriert, um den Auf bau von langfristigen engen Kooperationsstrukturen unter Ausnutzung aller moderner im 21. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel. Modellhaft dafür kann der Auf bau eines deutsch-argentinischen Masterprogramms der Humboldt-Universität an der Universidad de Buenos Aires stehen, das sich programmatisch der interdisziplinären Gestaltung des Wissens widmet und im August 2010 beginnen soll. 77 »Es geht um den Auf bau langfristiger enger Kooperationsstrukturen unter Ausnutzung aller im 21. Jahrhundert zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel.« STUDIERENDENAUSTAUSCH Die Möglichkeit, während des Studiums ins Ausland zu gehen, wird jährlich von über tausend Studierenden der HU wahrgenommen. Das Erlebnis beschreibt ein Theologiestudent, der 2008 in Südafrika studierte: Mein Studienaufenthalt in Südafrika wurde ermöglicht durch einen Fakultätspartnerschaftsvertrag zwischen den Theologischen Fakultäten der HU und der Universiteit Stellenbosch. Auch ohne Theologie zu studieren ist ein Studienaufenthalt in Stellenbosch in jedem Fall ein bereicherndes Erlebnis. Das Land hat eine sehr bewegte Geschichte und Gegenwart, die bei aller Gebrochenheit und bei allen Schwierigkeiten eine große Auf bruchsstimmung und Dynamik kennt, nachdem der Schrecken der Apartheid abgeschüttelt wurde. Südafrika ermöglicht einen Perspektivenwechsel auch im Blick auf die eigene Lebenssituation und vielleicht stimmt trotz aller Erfahrungen und Eindrücke am Ende doch das alte Dictum, dass der, der in ein anderes Land geht, um es kennen zu lernen, am Ende am meisten über das eigene gelernt hat. Ebenso kommen jedes Jahr Studierende aus aller Welt nach Berlin, um an der HU zu studieren. Eine Studierende aus England, die 2008 an einem Austauschprogramm teilnahm, schreibt darüber: Ich bereue es nicht, dass ich die Gelegenheit genutzt habe, 78 WOHI N INTERNATIONAL@HOME während meines Studiums ins Ausland zu gehen. Vor allem habe ich Glück gehabt, dass ich nach Berlin gekommen bin, denn es ist die ideale Stadt zum Studieren: Man kann ohne große Kosten viel unternehmen und erleben – das ist ein wichtiger Unterschied zu meiner Heimatuniversität. Auch wenn es nicht immer leicht war, sich in einem anderen Land, in einer fremden Sprache und an einer ganz anderen Uni zurechtzufinden, habe ich nicht nur in meinem Studienfach viel gelernt. Es ist natürlich für mein späteres Berufsleben gut, dass ich Auslandserfahrungen gesammelt habe und fließend eine weitere europäische Sprache spreche. Aber auch mir persönlich hat es viel gebracht, allein schon, weil ich gelernt habe, wie ich auch in einem wenig vertrauten Umfeld gut zurecht komme und dass eine andere Sprache mich nicht davon abhält, enge Freundschaften zu knüpfen. An einer Universität muss man nicht ins Ausland gehen, um international zu sein – es gibt viele Projekte, die auf das direkte Umfeld konzentriert sind. Diese »Internationalität zu Hause« gibt es auch an unerwarteten Orten. Haben Sie zum Beispiel schon einmal gehört, dass der Lateinunterricht dabei hilft, interkulturelle Kompetenzen zu schulen? Sicher nicht – bekanntlich ist Latein ja eine »tote Sprache«. Doch an der Humboldt-Universität zu Berlin arbeiten Professoren mit Schulen gemeinsam daran, die Integration von Schülern mit Migrationshintergrund durch den Lateinunterricht zu fördern. Warum ausgerechnet Latein? Nun, so argumentieren Wissenschaftler und Lehrer, der Lateinunterricht schult auf verschiedenen Ebenen. Als Reflexionssprache leistet er einerseits einen spezifischen Beitrag zur Entwicklung sprachlicher Fähigkeiten: Beim Übersetzen lateinischer Texte verbessern die Schülerinnen und Schüler die Ausdrucksfähigkeit in der deutschen Sprache und entwickeln ihre Lesekompetenz, denn sie lernen, genau hinzusehen, geeignete Wörter zu suchen, sie kritisch zu prüfen und kreativ anzuwenden. Andererseits bedeutet der Lateinunterricht die gezielte Auseinandersetzung zwischen Vertrautem und Fremdem. Um die Verständigung zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund zu fördern, ist ein solcher Perspektivenwechsel die Voraussetzung zu Identitätsfindung und reflektierter Fremdwahrnehmung. f KO N TA K T DR . E S T HE R VO N R ICH T HO F E N HU MB O L D T- U N I V E R SI TÄT ZU BE R L I N A B T E I LU N G I N T E R N AT IO N A L E S R E GIO N A L R E FE R E N T I N A SIE N U N T E R DE N L I N DE N 6 , 1 0 0 9 9 BE R L I N T 030 2093 - 2 4 43 F 030 2093 - 2780 W W W. I N T E R N AT IO N A L . HU - BE R L I N . DE BI L D : M AT T HI A S HE Y DE (S . 7 7, 7 9) 79 FREIRÄUME DURCH IHR ENGAGEMENT p »Gezielt in innovative Konzepte zur Weiterentwicklung der Universitäten in Deutschland investieren« – das möchte Dr. Bernhard Lorentz, Vorsitzender Geschäftsführer der Stiftung Mercator und übernimmt die vollständige Finanzierung der »Humboldt-Streitgespräche« – einer der Höhepunkte zum 200. Geburtstag der Universität. Der öffentlichen Finanzierung einer Universität sind Grenzen gesetzt, an die gerade innovative Projekte immer wieder stoßen. Verschiedene Ziele und Visionen unserer Universität können mit staat lichen Mitteln allein nicht geschultert, sondern konnten und können nur mit dem Engagement privater Förderer, verantwortungsbewusster Unternehmer und ehrenamtlicher Unterstützer verwirklicht werden. Denn: »Investitionen in Forschung und Bildung sind Deutschlands Zukunft«, so der Berliner Appell des Stifterverbandes, in dem sich führende Unternehmen trotz der Wirtschaftskrise zur Förderung des Wissenschafts- und Bildungssystems bekennen. In dieser Verantwortung sehen sich viele Unternehmen, Stiftungen sowie private Förderer und unterstützen das Fundraising der Universität in unzähligen Bereichen: Die Hamburger Hermann Reemtsma Stiftung stellt zur Renovierung des im Volksmund »Trichinentempel« genannten Kleinods des Berliner Klassizismus eine Million Euro zur Verfügung. Die Berliner Volksbank unterstützt die Vereinbarkeit von Elternschaft und wissenschaftlichem Arbeiten, indem sie der neuen Universitätsbibliothek einen Eltern-Kind-Arbeitsbereich, die »Berliner Volksbank Kinderstube«, ermöglicht. Der private Förderer Dr. h. c. Hartwig Piepenbrock spendet anlässlich des 80 WOHI N 200-jährigen Jubiläums für eine Kunstinstallation, die sich kreativ mit dem berühmten Marx-Zitat im Foyer des Hauptgebäudes Unter den Linden 6 auseinandersetzt. Dies sind nur einige wenige Beispiele, die verdeutlichen, wie das Fundraising dazu beitragen will, das Profi l der Universität und gleichzeitig die Humboldtsche Reputation für exzellente Forschung und Lehre zu stärken. Darum suchen wir voraus denkende Partner, die unsere Ideale teilen und unsere Projekte inhaltlich und finanziell fördern. Wir freuen uns über jede Unterstützung. Gestalten Sie mit uns die Zukunft und fördern Sie den Weg unserer Studierenden und der Spitzenforschung in das 21. Jahrhundert. f SPR E CHE N SIE U N S A N , U N T E R S T Ü T Z E N SIE DIE U N I V E R SI TÄT MI T IHR E R SPE N DE : K A R I N A JU N G M A R I A N A BU L AT Y R E FE R AT Ö F FE N T L ICHK E I T S A R BE I T, M A R K E T I N G U N D FU N DR A ISI N G T 0 3 0 2 0 93 - 2 83 8/2 1 4 7 F 030 2093 - 2372 FU N DR A ISI N G @U V. HU - BE R L I N . DE W W W. HU - BE R L I N . DE/ F OE R DE R N BI L D : FE L I X S CHU M A N N (S . 8 1 - 83) 81 Humboldt-Universität is celebrating its 200th anniversary. This broshure offers an insight into “The modern classic” and its task for the anniversary year. PLACE FOR DEBATES PR O F. D R . D R . H . C . C H R IS T O PH M A R K S CH I E S PR E SI D E N T O F T H E H U M B O L D T- U N I V E R SI TÄ T Z U BE R L I N the issue of what future the model that we ried like a stranger through the sacred halls link with the name ”Humboldt“ actually at Unter den Linden. For I was not exclusive- (still) has in a globalised world. ly enrolled in the Humboldt educational en- THE MODERN CLASSIC schools. The Humboldt’s teaching and re- The early Nobel Prize winners became search profi le covers all the essential disci- role models for current generations of aca- plines in humanities, social and cultural demics as the numerous Leibniz awards for sciences, human medicine, agricultural sci- scientists at the Humboldt-Universität zu In my opinion, it is precisely here – con- terprise, but had long since committed my- tributions to debates beyond the formulaic self to the vanity business of radio and tele- ences as well as mathematics and natural Berlin show. The university is especially phrases that nobody can bear to hear any- vision. Assiduous studies certainly look dif- sciences. At present, 34,000 young people committed to promoting young academics: more – where this jubilee magazine has suc- ferently! But it testifies to your greatness and are studying in the departments and insti- from early on, excellent young scientists are ceeded. Throughout its history, the Hum- goodness that you patiently let me roam tutes of the university and Charité - Univer- offered the opportunity to research and boldt-Universität has time and again been around and were not jealous when I stayed sitätsmedizin Berlin. More than 350 profes- teach autonomously. Special emphasis is the internationally recognized forum for de- away for longer. Thank you for embracing sors are involved in teaching and research. placed on fundamental research, on the so- bates about education at the university and me again and again, although it seemed in With more than 240 study programmes, the cial and ecological direction of scientific elsewhere. In a globalised age, it will be dif- the end that I was striving for a seamless university offers a wide range of disciplines, questions and on the cultural and economic ficult to remain that way, to become it again, transition into the university of the third from African studies to virology. Some significance of the results. especially as the debate should not be limit- age. But anyway, this way I managed to p The Humboldt-Universität zu Berlin is courses are unique in Germany, such as the International exchange in research, ed to experts and embellished with the re- stretch my part-time studies to an impres- the city’s oldest university and a leading re- “reformed medical studies programme” teaching and studying goes without saying fi ned terminology from a highly differenti- sive 24 semesters and – in relation to the search institution with an international rep- and the BA and MA in statistics, or were of- at a leading university. The Humboldt-Uni- ated landscape of disciplines. But can we not 200-year-old university’s history – crossed utation. It is situated on Unter den Linden fered fi rst here, such as gender studies and versität currently maintains academic part- indeed give it a go – this booklet in the hand the five percent barrier. Do I hear any other right in the heart of the capital. cultural sciences. Young people from all nerships with more than 170 universities – during these celebratory months? In this bids? So we have walked together along a It all began in 1809/10: Impressed by over the world are attracted by the interna- worldwide as well as 300 Erasmus and sense, I wish you an equally pleasurable and good stretch of the road. I can make allow- Schleiermacher’s reform ideas, the Prussian tionally accepted degrees, modules suitable Socrates partnerships. It traditionally culti- informative read. ances, however, for the fact that you will not politician, school reformer, linguist and phi- for further education and English-taught vates close relationships with northern, cen- remember me. How could you? f 2 0 0 Y E A R S O F BE R L I N ’ S U N I V E R SI T Y O N U N T E R DE N L I N DE N losopher Wilhelm von Humboldt developed study programmes. This includes the hu- tral and eastern Europe and maintains Anniversaries can be celebrated in dif- Dear HU, for your milestone birthday I his university concept. Humboldt had in manities and social science departments in strong co-operations with the USA and Asia. ferent ways. You could, for example, hold a wish you students who do not see the free- mind a universitas litterarum where teach- the Mitte district of Berlin as well as the Equally impressive is the mobility of the stu- dom of academic studies as merely arbitrary, ing and research are one and students re- natural science institutes in the modern dents: every year, more than 1,000 students who see so much time for curiosity as a priv- ceive a comprehensive (humanist) education. campus at Adlershof, in south-east Berlin, complete part of their studies abroad. ilege and access to education as an obliga- The fi rst semester at the newly founded where more than 7,000 students and scien- The capital city university stands out for tion. And my wish for you is to have profes- Berlin university began in 1810 with 256 stu- tists learn, research and develop in close being cosmopolitan and open to reform. sors and lecturers who do not feel that teach- dents and 52 lecturers. The disciplines proximity to renowned and technology-ori- The particular promotion of the next gener- ing so many students is an empty task, who where divided up among the law, medicine, entated companies and with whom they en- ation of scientists, a professional system of really know how to solve the problems of the are able to evoke the passion of knowledge in philosophy and theology departments. gage in lively exchange. quality assurance in research and teaching German universities, which – as has been young people and who themselves ache to the case for 200 years – are also, and in par- learn something from them in return. p somewhat stiff ceremonial event, get a string quartet to play and evoke the glorious past. Of course, you could also invite a rather provocative speaker, bring in a jazz band and talk about the well-known problems of our time. For let’s not fool ourselves. We all ALL THE BEST FOR THE FUTURE, OLD SPORT! Wilhelm von Humboldt’s pioneering The Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zen- as well as future-oriented study reforms concept made the then University of Berlin a trum, the new university library, is a state-of- make the Humboldt-Universität one of Ger- ticular, the same as those of the jubilant This may sound naïve, romantic at best. prototype for the modern university: unity the-art communication centre that offers the many’s leading universities. Several univer- Humboldt-Universität, namely fewer stu- But with your 200 years of experience will of teaching and research, freedom of science possibility to use more than four million sity rankings reveal the university’s national dents or many more lecturers, better condi- know best that, in this century, education and an all-round education for the students books and periodicals, either directly or or- and international recognition. tions for research and teaching and mark- will be the most precious of all resources! became the model for the founding of nu- dered via the Internet. With the Erwin- The Humboldt-Universität has had an edly more internationality; abandoning the And moreover it is a resource that grows the merous universities all over the world. Wil- Schrödinger-Zentrum, a communication and eventful 200-year history, a history that has foolish idea of offering everything for every- more lavishly you handle it. All the best for helm’s brother, Alexander von Humboldt, congress centre on the Adlershof campus, not least been determined by its special situ- body, and then from a university that bears the future, old sport! expanded the university’s traditional Euro- the students have additional modern elec- ation: once in the centre of Prussia and Ger- the name of the brothers Alexander and Wil- pean view with perspectives from outside of tronic devices at their disposal. The univer- many, then in the capital of the GDR and helm von Humboldt, were instead of the Europe and fascinated thousands of listen- sity also owns genuine treasures resulting now at the centre of re-unified Germany. In simple, antiquated buzzwords (and “unity of ers during his famous Kosmos lectures, from 300 years of research and teaching. Its the jubilee year of 2009/2010, the Hum- which he held in a language that everyone 100 different scientific collections include boldt-Universität is presenting itself via ex- could understand. more than 30 millions objects. The univer- hibitions, lectures, symposia and concerts teaching and research” is unfortunately one of them), a real examination of the classical models of the universitas littrerarum and its S T E F F E N H A L L A S CH K A M O D E R A T O R & PR O DU CE R f The university has been through many sity reflects back on life in the city through as “the modern classic” – a place in which continuation in the future beyond the buzz- p Genuine, heartfelt congratulations to changes during its 200-year history. Today its aesthetic and scientific collections. Select- excellent teaching and research has been words and party-political phrases (“educa- you old sport, the Humboldt-Universität, on it is divided into eleven departments, has ed items from the collections are used regu- carried out for two centuries. tion for all” and the like) that have had their your bicentenary! Even though these lines strong interdisciplinary research centres larly in exhibitions, seminars and public cir- day. This also includes an open debate on may be insolent, as most of the time I scur- and several central institutes and graduate cle lectures. 84 E DI T O R I A L & C O N GR AT U L AT IO N f 85 WHAT DO YOU WANT? YOU’LL NEVER MANAGE THAT! of studying in the heat of the present appear quickly in the world of one’s own projects: quite plausible. in a seminar about Nietzsche readings, But far more important for me than all when transliterating the letters by Fontane’s the rebellious folklore, more important too friend Friedrich Eggers, or when comment- than the so-called renewal, were the semi- ing on an unedited pamphlet by Rudolf Bor- nars. They calmed me down when the ques- chardt. These seminars were dominated by tion arose in the quietest hour whether ev- the perfect blend of professional rigour and erything was okay or if change was appro- intellectual anarchy. And I have never been priate. There was certainly bureaucracy and taken so seriously – neither before or after- differing classification systems, but nobody wards – as in these seminars. seriously worried about them. You went Today, people say to me that it is no lon- where you wanted to get, regardless of ger possible to study, and most certainly not whether this or something else was in-line at the Humboldt-Universität. They may have with the study guidelines. If a seminar was their reasons. But I believe that the romantic boring, you simply stopped going to it. stimulus to study will somehow fi nd its way. You were therefore caught up very SIX FOUNDING IDEAS: WHAT’S BEHIND THEM? A R T WO R K & C O N CE P T: A N N IK A L IS CH K E PH O T O GR A PH Y: J E N S B Ö SE N BE R G f DR . JE N S BISK Y J O U R N A L IS T A N D AU T H O R p Many had advised me not to start study- ing at the Humboldt-Universität as planned. And indeed, for a fresher in October 1990, there was a lot that spoke in favour of choosing a different university. In addition, no one at Unter den Linden had taken the trouble of winning me as a student. Quite the in article 5, paragraph 3 of the Basic Law, out doubt the question of how big or small this will be both a legislative and a social act. this influence should be and whether the ex- The limitations of this freedom are equally tent of this influence need to be numbered set out socially by legislation. This includes by everybody – for example, scientists, min- not only consideration of objects of legal pro- istries, research organisations or founda- tection – for example the protection of em- tions – in the same way. The Mercator Foun- bryos and animals – but also the promotion dation, which seeks to reconcile the freedom of science, which is comparatively rather ex- of science with the pursuit of social goals, tainly was not the only one – was treated like tensive in Germany and which also, finally, provides an answer for this. Through our a foolhardy supplicant who had forgotten his enjoys public support. Its scope is also de- commitment to projects, which goes beyond boundaries for some moments. fi ned by a socially based restricting influ- mere sponsoring, we strive for goals not ence on the horizons of science that tend to only within the field of science; we do not be limitless. At the individual level, the fol- just strive for the new as such. In our cluster contrary. Admission was an act of grace. At FREEDOM the end of the eighties, when I went to the main building to collect the questionnaires No university professor can carry out research independently of political and social influences. to be completed and the lengthy instructions sheets, the lady handing out the pages looked at me gruffly and said: “What do you want? You’ll never manage that.” During the mandatory aptitude test, I – and I cer- DR . BE R N H A R D L O R E N T Z C E O O F T H E M E R C A T O R F OU N DA T I O N In the autumn of 1990, it was clear that this university faced years of change, of inspections and change of staff, of insecurity p Libraries are full of analyses of the mu- lowing is valid: You may assess the norma- of themes – climate change, integration and and constant improvisation. Why I contin- tual influences of science and society. After tive power of paradigms, methods and prin- cultural education – we also include social ued to stay, I hardly know. Phlegm might all, it could be agreed that there is no science ciples arbitrarily high, but in the end science goals as standard. We make them deliber- have played a role, but also the feeling of without social influences. How or where is conducted by individuals who are differ- ately transparent for the public. Nonethe- studying at the heart of the new republic, should it be carried outside of a society? The ent from scientists and are always subject to less, we are also convinced that we can only which nobody yet knew would later be called social influence can easily be detected at the influences that are not scientific. succeed if the quality of the projects spon- “Berlin Republic”. Soon there were strikes and demonstrations, which made the belief 86 W HE R E FRO M I L LU S T R A T I O N : A N DR E A S T Ö PF E R institutional level as well as at an individual More productive than the question of one. When science’s freedom is enshrined “whether” there is social influence is with- sored is at the highest scientific level. f 87 sired breakthrough. Moreover, surprising in the privileged position of having been research results often arise from projects freed of the time-consuming task of raising that are considered by others to be too bold third-party funding in the years to come. or to promise little return. The establishment of such a prize some 20 Despite this freedom, the work of a sciPR O F. DR . SU S A N N E A L BE R S C O M PU T E R S CIE N T IS T A N D L E I B N I Z PR I Z E AWA R D E E entist is shaped by social and political influ- years ago was nevertheless also a political decision. ences. The social ones I have always consid- It is my wish that politics shall invest to ered as enriching, however. A scientist does an even larger extent in education and re- Freedom of science is an invaluable not only want to enhance his discipline but search. Only then can the situation in good. Particularly when I was young – after also to make a contribution to society. It schools and higher education institutions some practical jobs in industry – I came to therefore comes naturally to seize questions improve. The whole of society would eventu- value this freedom as a privilege. It allows society is currently concerned with. More ally benefit from the respective investments. the scientist to examine interesting research serious, however, is the influence of politics, Knowledge is also an economic factor. For questions self-determinedly and without a which determines the working conditions of science itself, this expenditure helps main- certain given time schedule. It is this free- a scientist in some disciplines via laws, but tain the freedom that the Humboldt broth- dom that enables international top perfor- generally by means of the science budget. ers once enjoyed. And this is how Alexander mances: Only if a scientist can decide freely Today, the scientist is obliged to raise a large is described, with the words: “The horizons about his or her working direction can the part of the funding for his or her research of his thinking were open – open in a way passion for the often long-lasting commit- projects himself or herself. With the help of only rarely found in the history of Western ment emerge that eventually leads to the de- funding from the Leibniz Prize, I am again thought.” (Ette, p. 32, 2009) p RESPONSIBILITY The university keeps a critical distance to political and social life. f D R . I L KO - S A S C H A KOWA L C Z U K HIS T OR I A N , PR OJE C T L E A DE R I N T H E R E SE A R CH D E PA R T M E N T O F T H E O F F I C E O F T H E F E D E R A L C O M M IS SI O N E R (B S T U ) In many European but also non-Europe- not only freely responsible for him- or her- stantly questioning everything, testing its an languages, the term responsibility con- self, but also for his or her society and social meaning. Responsibility, therefore, also tains an “answer”. Responsibility was a legal spaces. In turn, this only works if everyone means to transcend self-ascertainment that term right up to the high Middle Ages. The – whether a professor or university fresher is aimed at securing power. Students, lec- accused had to answer to the court and – is ready to question him- or herself and to turers and researchers must not only allow thereby take responsibility. I like this impli- allow him- or herself to be questioned by “uncomfortable” questions, no, they must cation of responsibility because it is aimed at others. Such a (unfortunately not all too re- demand and support them, the answers, truth and veracity, at honesty and forthright- alistic) challenge has no choice but to reject too, even if they appear even more “uncom- ness – and at the same time demands an- prefabricated answers and undertake tire- fortable” than the questions. Nearly every- swers to essential questions. For me, this less reflection, which is committed only to body would sign up to this – though no- still seems to be a current guideline for the the truth – even if you consider it the truth where is this the reality. Finally, as a contem- university, both for teaching and research. that there is none. This in turn only works porary historian, responsibility for me Because such an idea of responsibility in- in freedom, which means that in the ab- means precisely to understand the three ba- volves accepting any questions and being sence of freedom responsibility, too, is dis- sic evils of 19th and 20th century Europe – ready to provide answers to them. In this torted and not infrequently abolished. Seen colonialism, way, responsibility unfolds within a web of in this way, responsibility and freedom be- and communism – as a part of a past that relationships within which the individual is long closely together and are capable of con- persists in my present in many ways and not p 88 W H AT fascism/national socialism, 89 to let these bygones be bygones. Because, and the satisfaction of changing things for with our universities, our society let alone the better, with others and for others, make our world in mind, what seems to be miss- our day worthwhile. As Wilhelm von Hum- ing are not only answers and also questions, boldt said: “It is relationships with people but primarily the resulting conclusions that that in essence give meaning to life.” Let us are then to be implemented. Responsibility abide by this. Let us take more responsibility therefore also involves not only the search again – with others and for others! but also the courage to link the search with The need to share responsibility jointly consequences. And it lacks this basically be- is also relevant in education. Education cause, in the end, responsibility to me opens up prospects for the future. Education means to defend another’s freedom is if it concerns all of us. Education is too impor- was my own. This demands not only cour- tant to leave it to the state alone, particularly age, but also – again with universities, soci- as it has less scope in a situation of heavily eties or the world in mind – the necessity to indebted national budgets. It is my view that upset (one’s own) privileges, because re- we are all required to make a contribution sponsibility has from ancient times had jus- here. We should do everything possible to tice as its goal. improve our children’s chances for educa- f tion. Let us not be satisfied with claims that this is neither possible nor cannot be financed. The Humboldt-Universität’s bicenD R . N IKO L AU S BR EU E L PR E SIDE N T A N D CHIE F E X E CU T I V E O F T H E H U M B O L D T- U N I V E R SI TÄ T S - GE SE L L S CH A F T tenary is a fi rst-class opportunity to discuss how we can move forward together. The university bears the responsibility for a great p Responsibility – an old and not in the inheritance – let us support it in that. f least bit modern term, yet one that is current again. In my opinion, the theme of “responsibility” also plays a vital role in the financial and economic crisis that is affecting us all. The risks undertaken were greater than the strengths of the companies concerned. Short-term appreciation was more important than sustainability. Shifting burdens INDEPENDENCE Science is always research for the benefit of society. Humboldt wanted to secure such inde- Transparency, social relevance and pendence from the Prussian King and the third-party funding delineate a fragile field Berlin government through solid fi nancing of tension. The university can of course be via the gift of conquered domains in Silesia. exploited for targeted contracts. As long as A nice thought that would have given the contract research facilitates the work of the a long time, we have courted financial jug- Berlin university a freedom comparable to university, there is not a great deal to com- glers like rock stars. on to third parties went without saying. For mained a dream until today, it continues to be a civil task for the future. Contrary to common perceptions, indeDR . W I L H E L M K RU L L SE CR E TA RY GE N E R A L O F T H E VO L K S WAGE N F OU N DA T I O N pendence and social benefit are by no means mutually exclusive. Autonomously accountable science will aim primarily at generating the fi nancial independence of American pri- plain about. But what about those theses p Creative science needs room for new new insights through research. But specific Among other things, we should learn vate universities. Only the king was hesitant that are stimulated by companies or con- thinking. The university’s main institution- solutions, economically exploitable results from the fi nancial crisis that such conduct and the Humboldt-Universität is, like many ducted by companies? How should the uni- al task in this is to provide an administrative and technical innovations are more than does not come without negative consequenc- other German universities, dependant on versity deal with professorships that are and organisational framework, fi nancial re- mere by-products. They alone cannot justify the state budget. sponsored externally for a certain amount of sources as well as the necessary staffi ng in the enormous costs of our educational and es, at least in the long term. Responsibility PR O F. DR . WO L F G A N G C OY C O M PU T E R S CIE N T IS T This money, however, is by no means time and where the funding entities are order to ensure productive co-operation scientific institutions. In the end, the major that we do not increasingly delegate issues p The independence of university re- sufficient. To balance out the deficit, the themselves not uninterested in the profes- among all those involved. Operational au- benefit to society of independent science is to the state – simply because this appears to search is one of the basic ideas behind Hum- university is obliged to raise other funds – sorships. The university is therefore walk- tonomy constitutes the prerequisite for self- that by participating in the latest research, be the easiest solution in the short term. If boldt’s foundation idea. “Solitude and free- called “third-party funding” in jargon. A ing on eggshells to fulfi l its social contract, determined research and teaching. Wilhelm the future managers of academic, economy we want to shape the future, we ourselves dom” should lead the way to new awareness simple donation is really a seldom event. namely scientific progress for the benefit of von Humboldt – often misunderstood as ad- and society are educated at the highest level. have to demand and take responsibility – for and scientific progress. Professors receive a Even national funding via the German Re- all. It is happy to do this. But it has no other vocating governmental interventions in The “community of teachers and learners” our own actions and for our fellow humans. fi xed remuneration for this – regardless of search Foundation, the European Union or choice. higher education – hoped that the newly as already postulated by Wilhelm von Hum- Doing nothing is no alternative. their field of research (“books and papers (of the German Federal Ministry of Education founded university would be as self-suffi- boldt continues to be the most important deserves a renaissance. But this also means f Taking responsibility is not only a bur- the university)… are free of all censorship.”) and Research is linked to requirements and cient and autonomous as possible. To factor of the success of the university at the den, however; quite the contrary in fact! The In return, their research results should be intentions – the funds of non-state sponsors strengthen the university’s independence, it beginning of the 21st century. It is virtually pleasure that comes from acting creatively transparent and publicly accessible. all the more so. should have its own assets in form of do- indispensable to the further shaping of the mains at her disposal. Although this has re- knowledge-based society! 90 W H AT f 91 SCIENCE Researchers communicate their results not enough and too complicated. PH I L IPP VO N DE M K N E SE BE CK S T U DE N T O F PH I L O S O PH Y DR . L IE SE L O T T E K U GL E R C U R A T O R O F T H E M U S E U M F OU N DA T I O N senses. In this, universities are following in serves to counter the growing insecurity of the footsteps of the Humboldt brothers who, many people in an age of ever increasing in- each in his own way, wanted to give all social formation flows and unfathomable process- classes a greater chance of acquiring an edu- es. Greater co-operation enables museums cation, be it Wilhelm von Humboldt’s reform to grasp current issues, and to prepare and of the education system or Alexander von present them professionally. They can build Humboldt’s thoughts on educating the gen- a bridge between the past and the future in eral public and who then worked to bring the present, also as an archive of material natural and technical sciences “to the peo- culture. ple” via public lectures. He wanted to estab- Research institutes and institutions lish the first observatory in Berlin. And let us that present research, such as museums, not forget that the Natural History Museum can increase their popularisation and “pub- in Berlin has been an integral part of the lic education” efforts using co-operation and Humboldt-Universität, which holds Alexan- synergies to make public and show the new, der von Humboldt’s collection, since 1810. the exciting and the discovery, and thus en- The co-operation of universities with When Alexander von Humboldt pub- Communicating the content of research p At the latest since the reports about Al- other institutions outside of their own fields lished the travel reports that formed the ba- should not be left solely in the hands of edi- exander von Humboldt’s travels to South of research is gaining momentum and also sis of his reputation as a scientist, he could tors of the science sections of quality news- America, it is clear that large population be sure that with just one publication he papers, such as the Frankfurter Allgemeine circles are interested in science. Science as would reach both the professional world and Zeitung or Die Zeit. Although these sections an adventure, science as a discovery, is still a the educated, interested section of the popu- are precisely the contexts in which readers matter of fascination for many interested lation. His lectures on the travel reports should be informed in detail about scientific people today. Over the last one hundred were so popular that no hall in our univer- results, these should, however, be offered to years, scientists were repeatedly accused of sity was large enough to accommodate the the editors in a printable form that is com- not communicating their research and re- crowds. Two centuries later, the individual prehensible for interested non-professionals. sults appropriately to a wide audience for disciplines have reached such a high degree When science journalists write about fear of popularisation. In the last two de- of specialisation that their results, even their publications from fields of study outside of cades, research and science have learnt from language culture, are not fully accessible to their own in a way that is comprehensible for these accusations and have done so for the professionals disci- non-professionals, this often leads to a loss of very practical reason of recruiting young ac- plines. This might be unavoidable, but it is information that could have been avoided ademics. They left the ivory tower and dared very unfortunate, not only because many had the scientific institution provided better to leap into the media world, reaching a wide people outside the scientific establishment material. Hence we often see, for example, audience with modern methods of commu- are interested in the latest findings, but also that statements explicitly marked as specula- nication. The numerous journals and di- because a functioning presentation of re- tive opinions in the initial article, and whose verse scientific TV formats are proof of this, search results means that the usefulness of accuracy – or whose rebuttal – is still to be as are the contributions and supplements in science is recognised and therefore its (par- proven by further research, find their way large daily newspapers or the “Long Nights tial) funding from the public purse is more into quality newspapers as proven results of Science”, when universities present their p from neighbouring widely accepted. A science communicator’s task at a re- research in a comprehensible format for Presenting these results to the wider search institution should therefore not only large numbers of visitors. People today, public cannot be achieved by scientists alone, be to communicate results in a way that more than ever, can use all kinds of media to but must be handled by professionals who makes them accessible to science journalists catch up on scientific research. are familiar with both science and journal- from other fields, but also to warn of the as- Nowadays, nearly all research institu- ism. I would like to call these professionals sumptions that are not proven by the given tions, universities and institutes even employ “science communicators”. University publi- results, even if these unproven assumptions public relations staff. cations like HU Spektrum are only a first would generate greater public interest in the In addition to this, scientific exhibitions step in this as articles such as “The multi- particular scientific institution. Despite the and co-operation with relevant museums dimensionality of malign lymphomas” are constant struggle for funding, scientific in- have increased in recent years, which has led also directed mainly towards a professional tegrity must at this point be valued higher to scientific results being presented in par- audience rather than towards a larger public. than the public relations effect. ticular ways, and especially to stimulate the 92 W H AT f able and ease the journey into new worlds for everybody. f 93 FUTURE German universities have to follow the modell of an excellent university in order to improve. PR O F. DR . A N DR E A S FIS CHE R PR E SIDE N T O F T H E U N I V E R SI T Y O F ZU R I CH supervision in small groups and are sup- entists and students demands appropriate trend in the middle class is to opt out of the ported and challenged throughout their structures within the university itself that public education system and the German studies. (8) They provide individuals with a underlies country-specific fi nancial and le- language world, whilst the so-called educa- great deal of scope for independent thought gal regulations. Herein lies the crucial task tionally disadvantaged strata of society – and also accept more awkward scholars and for the future. possibly with a migration background – try students as well as lateral thinkers. (9) They Internationalisation can therefore take to achieve minimum standards and mini- give all members of the university, the stu- place gradually at the beginning. Alongside mum communication in a language in dents and lecturers, a sense of pride for be- all far-reaching link-ups, a fi rst step should which many native speakers seem to have ing a part of this particular university and be to concentrate on the excellent project little interest. In some sciences, abolishing no other. The feeling of togetherness is that is the European higher education area German as an academic language has in- strong and is also manifest externally. (10) and establish strong networks that also in- creased the gap between science and society They have a well developed alumni culture. clude study programmes. Europe is initially and raises the issue of “expertocracy” instead of democracy. In my thoughts on the future of the Alumni are not merely ”former students“ the most important orientation beyond na- Humboldt-Universität, I was asked to base but contribute to their alma mater’s contin- tional borders and the creative diversity it To play it safe, most of those involved in my thoughts on the following sentence: “In ued success, for example with donations. offers via the competitive co-existence of education policy have come to interpret edu- highly developed cultures in an extremely cation as training rather than as character confi ned space can be utilised as a “loca- formation and participation in the commu- tional advantage” in the global competition. nity. But education starts where individuals The mobility programmes need to be made begin to develop positive images of them- “Humboldt-compliant”! selves and are empowered to act because p order for it to improve, the German higher f education institution must move closer to the model of an excellent university.” This statement assumes that we know what an excellent university is. I will not attempt a PR O F. D R . GR E G O R VO GT- SPIR A SE CR E TA RY GE N E R A L V I L L A V I G O N I defi nition here but instead look towards 94 W H AT Meanwhile, international orientation they are proficient in the art of learning. British and American universities, such as p The university is often a role model. can take on other appearances, for example Many already fail in this. Education does not Oxford or Cambridge, or Harvard or Yale, This applies, for example, to “globalisation”, the establishment of international graduate merely start with the hypertrophic image of whose excellence is acknowledged world- which has resulted in a great deal of discus- schools. As there is no replacement for per- higher education or even elite formation wide and confi rmed over and again by ob- sion today about the establishment of trans- sonal encounters and face-to-face conversa- and education. Elite formation is therefore jective rankings. I am very well aware, how- national structures of governance. The uni- tions, creating these highly appealing loca- unthinkable without mass education, and ever, that some of the following characteris- versity already has such structures: it is tions puts Humboldt’s founding idea into this is not a contradictory but a complemen- tics cannot be transferred easily into Ger- genuinely global – the world of science is practice particularly well. tary relationship. Whoever believes that elite man or Swiss universities, so I do not mean, one! The universitas, the community of lec- education is possible without mass educa- for example, that Oxford could be uprooted turers and learners, has never stopped at tion is fooling him- or herself and deprives tel quel to Berlin. national frontiers – neither with regard to What then are the characteristics of ex- scholars of the Middle Ages nor to the uni- cellent universities as I see them? I mention versity of the 19th and 20th century – and ten. (1) They are aware of their history and the basic idea underlying Humboldt’s re- linked to their traditions in a positive sense; form, which challenges science to explore but they are always open for something the thinkable, makes it clear why this is still new. (2) They are free, meaning self-organ- the case today. ised and self-governed, within certain lim- Globality in science means in the first its of course. (3) They are headed by schol- instance exchange. Technological develop- f EDUCATION the elites of their breeding ground. Wilhelm Education for all – elite or mass? Study places must be restricted. school model of an intercultural education von Humboldt was well aware of this. His that includes all ethnic and religious minorities puts into practice the aim of education for all as a primary civil right. Humboldt’s ideal of the “the highest and most proportional combination of all strengths into a whole” can only be achieved DR . H . C . HE IK E S CH M O L L J OU R N A L IS T F R A N K F U R T E R A L L GE M E I N E Z E I T U N G ars, who know from personal experience ment over the last 20 years has enabled a how a university functions, but who also great leap forward: never before was the de- possess leadership and management skills. velopment of networks so fast, so compre- (4) They are well funded and and can decide hensive and so far-reaching. Thus universi- p Education for all or advancement through under-funding is linked to a massive lack of independently about the use of their fi nan- ties fi nd themselves in a new situation: they education are slogans that appear to be as freedom, as is the tight corset of credit cial means. (5) They are research-led and are part of a global competition in a different popular as they are hollow. Large cities such points in a consecutive study model. know what quality in research means: those way than before. And because great minds as Berlin and Hamburg show that, instead In less than a generation, it will show who teach there are among the best re- like to go where they can meet other great of education for all, a two-class system in the how the professional and personal image of searchers in their field. (6) They choose minds, every university that knows now to public and private sectors has existed for a university lecturers changes, how academic their students themselves. (7) They make make itself appealing stands a chance. How- long time and that the differences will be- young professionals will base their thinking sure that these students receive personal ever, the international mobility of both sci- come more pronounced. This is because the on different premises and how science’s under conditions of freedom. It would therefore be fatal to trim basic liberties by restricting study places. “Massification” by 95 place at the university must be defined anew. of course scope to shape matters. But equal- Where do the elites live then, or where In such times of upheaval, whoever gives ity in this context can only mean that access do we fi nd excellence? They are where you carte blanche to institutional power inter- is open to the extent that it allows for compe- look for them and identify them, for exam- ests and eliminates the scope for experi- tition. Equality of targets is not possible. ple within the context of power, mind and mentation does a disservice to science and There is neither a human right to the uni- work. Universities are hopefully places society. Individual developments need space versity entrance qualification (Abitur), nor to where the formation of elites is not prevent- subject develops? Will our universities then and time. Creativity does not emerge in time all study programmes or to any professional ed. You should, however, be content if they still be as German as they are today and very with a clock pulse or according to a plan. It is career. There is also no right to any exten- offer excellent training. much in contrast to the above mentioned as right to make the qualitative differences sion of study places or to making every pos- long-established English university, which that have always existed between universi- sible training programme an academic pro- now again, as it did in its early days, attracts ties visible, as it is wrong to achieve the ad- gramme. Here, performance and competi- people from all nations and now also from all vancement of the “beacons” by neglecting tion rule, as do the availability of resources nationalities as students and lecturers? the other universities. It could otherwise for the study offer structure, examinations I still do not know exactly to whom I will easily be the case that there are soon no lon- and selection procedures for recruitment write the Cambridge jubilee letter. But I am p ger any weatherproof ships for whom the purposes. Equality only exists in participa- pretty sure of what I will write. In a globalised create a harmonised higher education area beacons light the way. tion in the concours. world, the future will be shaped by determi- (Bologna process)? On the one hand, it is im- nants that we cannot influence, or can influ- perative to overcome national fragmenta- ence only to a very small extent. We have cer- tions as a result of the history of the last 200 tainly learned this from the at times terrible to 220 years because the Europe-wide mo- f TO WHOM ARE YOU WRITING? f PR O F. D R . D R . H . C . C H R IS T O PH M A R K S CH I E S PR E SI D E N T O F T H E H U M B O L D T- U N I V E R SI TÄ T Z U BE R L I N pend largely on Berlin’s disastrous budget and the preposterous “structure plans” that have cemented the chair for Byzantine studies III to half an eternity, no matter how the EUROPEAN UNIVERSITIES IN THE 21ST CENTURY PR O F. D R . GE O R G W I N CK L E R PR E SIDE N T O F T H E U N I V E R SI T Y O F V IE N N A Why are there such intensive efforts to On the occasion of its 800th anniversa- history of our university in the 20th century. bility of scientists and students must be en- ry this year, Cambridge University has come But the entire 200-year history provides us forced. On the other hand, the study pro- up with the amiable idea of asking 800 vice- with diverse examples of how captivating grammes offered need to be differentiated chancellors and presidents all over the world teaching and standard-setting research can with regard to the high numbers of students p PR O F. DR . HE I N Z - E L M A R T E N O R T H E DU C A T I O N A L IS T are allowed to admit? And will we still de- “Education for all” and, no question to write and seal a hand-written letter, which succeed – even under the most difficult con- and the requirements of today’s world of about it, “elite” is also a legitimate issue of the long-standing institution will keep for ditions. It is my hope that in the next century work. Both should succeed by introducing a education policy and education reflection. exactly 100 years and eventually deliver to the Humboldt-Universität will take the lead joint three-step study architecture, i.e. with This is already supported by the tradition of the addressee. On the fi rst page of text of the from Alexander von Humboldt to an even recourse to an old tradition. As a reminder: the concept of education itself, as “educa- brochure, which explains the procedure to greater extent, breaking free from the diffi- The British system is even today still par- tion” has more than one dimension. Initially the potential authors, you will find the key cult academic daily grind of the Bologna re- tially linked to the mediaeval college system. since the Enlightenment, education has question: “To whom are you writing?” The form and embarking upon teaching that will This medieval heritage manifests itself meant ensuring an expectation of people’s authors may choose between a successor, a once again be the talk of the city, as his Kos- clearly in the American system, which fol- conduct for others, i.e. “when dealing with future opponent and the Prime Minister. mos lectures were, with students and lectur- lowed the British model. The college contin- people”, and this – as ability to participate in There will naturally still be a German Chan- ers as cosmopolitan as he lived, and with re- ues the tradition of the former faculty of society and culture – is also today the pri- cellor in 100 years’ time, but what is question- search that transcends the narrow borders of arts. The idea is to teach general knowledge, mary meaning of general education. p able today, however, is how much say he or disciplinary structures, world views and but also to educate the students in the spirit Differences are generated in this pro- she will have in a Europe that is continuing to scholarly traditions, as he conducted it. of humanism. Academic truth is not sought cess on an individual and a social basis, on grow together. But should I really write to the in “professional schools”, however. Rather the one hand by the activities of individuals future Chancellor? He or she will not be able they train theologians, jurists or physicians themselves, their skills and interests, their to take the Humboldt-Universität forward (along the same lines as these three classical readiness to make efforts and their learning through the ages. mediaeval faculties). More “professional f strategies. This kind of self-generated in- Very well then, lets begin. “Dear revered equality cannot be avoided as education pro- successor,” but will there still be a president course: cesses have their own logic and are even of the Humboldt-Universität and his oppo- schools, and many more. relatively resistant to violence and tolerant of nent, the president of the Freie Universität, in labels such as “elite” or “mass”. On the other 100 years’ time? Will the everlasting situation changed radically during the revolutionary hand, differences are also generated by soci- of the first divided then reunited city contin- years after 1791 and the subsequent Napole- ety, for example by the rules for admission ue: two universities in an eternal co-existence onic era. Universities who at the time failed to education processes, by the offer of learn- of co-operation and competition, each one to pursue natural scientific or technical ing options and by the relationship between ahead at one time or other? And will politi- studies were closed down in the name of training, certificate and profession – there is cians still tell us both how many students we progress and replaced by “écoles spéciales” 96 W H AT schools” emerged in the modern world, of The business university schools, system journalism in France 97 (today’s »grandes écoles«). Those destined WIR DANKEN for the higher ranks of government were, and still are, trained here in order to benefit the state. The other French universities suf- U N SE R E N FR EU N DE N U N D FÖR DE R E R N , DIE DU RCH IHR E N GAGE ME N T MI T U N S GE ME I N S A M Z A HL R E ICHE JU BI L ÄU MS PROJE K T E GE S TA LT E T H A BE N . fered a loss in importance, which continues to affect them even today. It was this usefulness of academic training in the “écoles spéciales” that Humboldt and others turned against at the beginning of the 19th century. The universitas litterarum, the research university, took the place of the universitas magistrorum et scholarium. The new university was intended to be meta-subject of the speculative mind. The search for truth, not utility, became the central idea of the university. Consequently, the Baccalaureates and “Magister” degrees were abolished, and only the doctorate study programme continued. Only later, indeed during the Nazi-era, were diploma degrees introduced in Germany. All three systems – the mediaeval British system, the French system obligated to benefit the state, as well as the German idea of the research university – are little suited to fi nd the answers for the manifold challenges of the 21st century. The first two systems lack the element of research and the innovation achieved by it. Humboldt’s system, with doctorate studies and long diploma studies, cannot satisfy the increasingly differentiated study wishes of a student pop- today still follow the idea of traditional col- ulation that is continuing to grow. Addition- lege education, only 250–300 PhD-granting ally, Humboldt’s system prevented differen- institutions exist. tiation of the university landscape: all uni- And this is how a hybrid system arose. versities want to follow the idea of the “pure” PhD studies were introduced in some uni- research university. But it was not until the versities, based on the mediaeval college and establishment of universities of applied sci- professional school tradition. This hybrid ences that differentiation was stimulated. system enables the American universities to It is obvious that the future will best be be strongly competitive. handled with hybrid systems such as those According to Dahrendorf, universites in the USA. At the end of the 19th century, today should be research-led and innova- the Johns Hopkins University was the first tive, open to the world, have a wide reach, university in the USA to adopt Humboldt’s and deal with matters of public interest. Eu- idea of a strongly research-led university by ropean universities could achieve all this if introducing its own PhD study programme. they created a harmonised higher education The offer of the traditional Bachelor’s and area in which competition gives rise to Master’s programmes stayed the same, how- those differentiation and dynamic that ever. Among the approx. 4,000 American high-performing universities in the 21st higher education institutions, which even century need. 98 W HE R E T O f NORDSONNE IDENTITY IMPRESSUM HE R AU S GE BE R GE S TA LT U N G Christoph Markschies, Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin NORDSONNE IDENTITY, Berlin F O T O GR A FIE V E R A N T WOR T L ICH Constanze Richter Referat HU200 constanze.richter@uv.hu-berlin.de www.hu200.de Jens Bösenberg, Annika Lischke, Matthias Heyde, Felix Schumann I L LU S T R AT IO N Andreas Töpfer R E DA K T IO N Ü BE R SE T ZU N G Sabrina Schulze Belle Parole AU T OR E N BI L DBE A R BE I T U N G U N D L I T HO GR A FIE Susanne Albers, Jens Bisky, Nikolaus Breuel, Bettina Busse, Wolfgang Coy, Andreas Fischer, Steffen Hallaschka, Anke Hervol, Karina Jung, Philipp von dem Knesebeck, Ilko-Sascha Kowalczuk, Wilhelm Krull, Lieselotte Kugler, Bernhard Lorentz, Christoph Markschies, Esther von Richthofen, Katja Richter, Ruprecht Röver, Heike Schmoll, Martin Spiewak, Heinz-Elmar Tenorth, Gregor Vogt-Spira, Georg Winckler Paul Schäfer Dietsche-Gebhardt Reproduktionen R E DA K T IO N S S CH LU S S 25. September 2009 ISBN 978-3-9813135-1-2 100 I MPR E S SU M DRU CK DZA Druckerei zu Altenburg GmbH