griff der Katastrophe: Grandio- se Schau über die RMS Titanic, über
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griff der Katastrophe: Grandio- se Schau über die RMS Titanic, über
Vom Technikwunder zum Inbegriff der Katastrophe: Grandiose Schau über die RMS Titanic, über Leben und Tod auf dem einst größten Schiff der Welt Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zeigt die internationale Wanderschau „Titanic – Die Ausstellung. Echte Funde, wahre Schicksale“/ Aus dem Wrack geborgene, originale Funde und beeindruckende Inszenierungen visualisieren das von krassen Klassenunterschieden geprägte Leben auf der Titanic und schildern Umstände und Ursachen des Untergangs/ über 250 Originalfunde auf 1.800 Quadratmetern Grundfläche Mit einer beindruckenden, lebensnah inszenierten internationalen Wanderschau widmet sich das Historische Museum der Pfalz in Speyer seit dem 21. Dezember 2014 bis zum 26. Juli 2015 (verlängert) einem der schlimmsten Desaster der Schifffahrt und zugleich einem der größten Schocks für die von unbedingtem Vertrauen in die Technik geprägte moderne Welt: dem Untergang des für unsinkbar erklärten größten Schiffs der damaligen Welt, der RMS Titanic, am 2. April 1912, dem insgesamt über 1.500 Passagiere und Besatzungsmitglieder zum Opfer fielen, bei nur knapp über 700 Geretteten. Wenige Unglücke sind so im Gedächtnis der Menschen verhaftet, wie der Untergang der Titanic. Nach umfangreichen Recherchen konnte jedoch erst im Jahr 1985 geklärt werden, wo das zerbrochene Schiffswrack genau zu verorten ist. Im Rahmen der Expeditionen, die zwischen 1987 und 2010 stattfanden, konnten viele Relikte der Katastrophe vom Meeresgrund geborgen werden. Darunter befanden sich, neben Teilen des Schiffswracks, auch ganz private Gegenstände, wie etwa Schuhe, Bekleidungsstücke oder kostbare Schmuckstücke. Und es sind gerade die vielen persönlichen Schicksale, die sozialen Gegensätze unter den Passagieren, die Verknüpfung von Luxus und Tod sowie der Mythos der „Unsinkbarkeit“, die den Namen der Titanic zum Inbegriff der Katastrophe schlechthin formten. Frühere Ausstellungen, Ausstellungsdaten, Exponate, Konzept Schon früher konnte man in Deutschland Ausstellungen über den Untergang der Titanic bewundern. So etwa von Mai 1997 bis Oktober 1998 in der Speicherstadt Hamburg, wo über eine Million Gäste registriert wurden, oder vom 16. Juni bis 12. August 2007 in der Kieler Ostseehalle. Nun können Ausstellungsbesucher im Historischen Museum der Pfalz in Speyer, als erster Station in Deutschland, die neu konzipierte und arrangierte historische Großexposition „Titanic – Die Ausstellung. Echte Funde, wahre SchickDas Wrack der Titanic liegt in 3.800 m Tiefe im Nordatlantischen Ozean. Es wurde erst am 31. August 1985, 73 Jahre nach dem Untergang, von Forschern aus den USA und Frankreich gefunden. ©2010 RMS Titanic, Inc., a subsidiary of Premier Exhibitions, Inc. 1 sale“ mit neusten Erkenntnissen und zahlreichen Originalfunden der Tiefseebergungen besichtigen. Ziel der Großausstellung ist es vor allem auch, natürlich abgesehen von der Visualisierung technischer Daten des ehemaligen Superschiffes und der Schilderung des Untergangsszenarios zum Ende hin, das Leben der Menschen an Bord anhand der vom Wrack geborgenen Originalfunde im Rahmen breit angelegter Inszenierungen zu schildern und dabei unter anderem auch die der Epoche des frühen 20. Jahrhunderts immanenten eklatanten Klassenunterschiede zu veranschaulichen, die auch beim Überleben des Unglücks von ganz entscheidender Bedeutung sein sollten. Der Beginn des 20. Jahrhunderts war geprägt durch Pioniergeist und Fortschrittssinn. Beide beeinflussten den Bau der RMS Titanic als Post-, Transport- und Passagierschiff. Die Titanic galt als das sicherste Schiff seiner Zeit. Wie und warum wurde die Titanic geplant? Wer reiste auf ihr und mit welchem Ziel? Welche Verkettung unglücklicher Umstände und menschlichen Versagens führte zum tragischen Tod von knapp 1.500 Passagieren? Diesen und vielen weiteren Fragen rund um die Titanic geht die Ausstellung in Speyer nun nach. Die Großexposition, die auf einer Schaufläche von 1.800 Quadratmetern über 250 Originalfunde zeigt, gliedert sich in 14 Ausstellungsabschnitte. Zu Beginn stellt die internationale Wanderausstellung die Zeit, in der die Katastrophe der Titanic eingebettet war, vor, widmet sich anschließend der Konstruktion und einzelnen wichtigen Personen, wie etwa dem Kapitän der Unglücksfahrt. Daeinheitliches Ticket gab es für die Titanic nicht. nach wendet sie sich der spektakulären „Großen Trep- Ein Je nach Buchungsagentur sahen die Tickets der Paspe“ und dem „Erste Klasse-Gang“ des Schiffs zu, bevor sagiere unterschiedlich aus. Ihre Namen wurden auf sie dann das Leben an Bord des Riesenschiffes vor- Passagierlisten gesammelt und beim Boarding von stellt. Nach einem Bereich zu den deutschen Passa- der Besatzung markiert. © Premier Exhibitions, Inc. gieren und der Präsentation eines Schiffsmodell stehen dann die Klassenunterschiede im Fokus der Darbietung, gefolgt von einer Darstellung zu den unteren Decks und schließlich der Rekonstruktion des Unglücks. Im Anschluss befasst sich ein eigener Abschnitt mit der „Konservierung und Bergung der Exponate“. Im vorletzten Hauptbereich stehen dann einzelne Passagiere und ihre Hinterlassenschaften im Mittelpunkt, ehe die abschließende Sektion sich zunächst mit dem Mythos der Titanic beschäftigt und danach der Schuldfrage nachgeht. Zu der auf zwei Stockwerke verteilten Ausstellung ist ein 56-seitiges Begleitheft erschienen, das zum Preis von 9,80 Euro käuflich zu erwerben ist. Einblicke in die Ausstellung Zu Beginn des Rundgangs verschafft die Ausstellung den Besuchern anhand von Texten sowie Bildmaterial einen kurzen Überblick über „Die Welt um 1900“ und skizziert den Beginn des 20. Jahrhunderts als eine „Zeit des rasanten Fortschritts, der alle Bereiche des Lebens und Arbeitens erfasste.“ (Ausstellungstext) Viele Menschen waren in Folge der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert in die Städte und damit in die Wirtschaftszentren gezogen. Der internationale, weltweite Warenhandel blühte auf und der Kolonialismus stieß zugleich in neue Dimensionen vor. In den neuen städtischen Wirtschaftszentren kam es derweil zu zunehmenden sozialen Spannungen, in deren Folge es zur Gründung von Arbeitergewerkschaften kam und Frau2 Diese Lampe diente am vorderen Mast der Titanic als Positionslicht. © Premier Exhibitions, Inc.; Foto: Peter Haag‐Kirchner en um ihre Rechte zu kämpfen begannen. Diese Phase der Zeitenwende, die einerseits den Untergang einer Epoche einleitete und andererseits eine von zunehmendem Technik- und Fortschrittsglauben geprägte Zukunftsbegeisterung ausstrahlte, wurde, angesichts der nur wenig später einsetzenden Grausamkeiten und Schrecken des Ersten Weltkriegs, nachträglich in verklärender Weise als „Belle Époque“ und damit als eine vermeintlich sorgenfreie Zeit des angenehmen Lebens bezeichnet. Dass dies eben nicht für alle Menschen der Fall war, belegt nicht zuletzt die große Anzahl an Menschen, die von Europa in die USA auswanderten. Diese zahlreichen Emigranten fuhren dabei, mangels anderer Möglichkeiten in dieser Zeit, mit großen Schiffen in die neue Welt scheinbar unbegrenzter Möglichkeiten. Und eine eben solche Transportfunktion für Auswanderer sollte unter anderem in den einführenden Raum mit einer Foto-Collage aus auch die RMS Titanic, ausfüllen, als sie am 10. Blick Bildern prägender Persönlichkeiten und wichtiger wirtschaftliApril 1912 erstmals mit dem Ziel New York auf- cher wie auch kultureller Erscheinungsformen zu Beginn des brach. Eine Collage mit Fotos von prägenden 20. Jahrhunderts. ©2010 RMS Titanic, Inc., a subsidiary of Persönlichkeiten und wichtigen wirtschaftlichen Premier Exhibitions, Inc., Foto: historischeausstelluingen.de wie auch kulturellen Erscheinungsformen zu Beginn des 20. Jahrhunderts geben hier einen überblicksartigen Einblick in die Zeit, gefolgt von einem kleinen Film und einer Auflistung wichtiger anderer Ereignisse. Dabei stehen hier Film und Fotos gleichsam mit ihrer Funktion der Visualisierung der damaligen Gesellschaft zudem als neue technische Errungenschaften und damit auch als Symbole der fortschreitenden Moderne. Im zweiten Saal erwartet die Besucher dann die erste eindrucksvolle Begegnung mit Originalfunden vom Wrack der Titanic. Eingebettet in eine exzellent mit Großfotos und charakteristischen Schiffs-Staffagen ausgestattete Inszenierung, die als wiederBlick in den zweiten Raum der Ausstellung mit Großbildern, in Vitrinen kehrendes Element der Ausstellung hier präsentierten Originalexponaten, Texten und inszenatorischen Elementen. zudem erstmals die schwarze, stählerne Rechter Hand sieht man eine der in schwarz eingefärbten Ausstellungswände, die die eiserne mit Niete versehene Außenhaut der Titanic mit Niete nur so gespickte Außenhaut der imitiert. ©2010 RMS Titanic, Inc., a subsidiary of Premier Exhibitions, Titanic im Rahmen der gestalterischen Inc., Foto: historischeausstelluingen.de Ausschmückung dieses Raumes imitiert, erzählt dieser gegen den Uhrzeigersinn zu begehende Bereich der Großexposition die Entstehungsgeschichte der Titanic, vom Entwurf, über die Konstruktion und den Bau des Schiffes, über den Stapellauf bis zur Jungfernfahrt im April 1912. Zu den beeindruckendsten Exponaten dieses zweiten Ausstellungsbereichs gehören der überdimensional erscheinende große Schraubenschlüssel und das mittelgroße Zahnrad, die ebenso vom Wrack geborgen werden konnten, wie die an dieser Stelle dargebotenen Niete. Zwei eindrucksvolle, vom Wrack der Titanic geborgene Zeugnisse, die die enormen Dimensionen des einst größten Schiffs der Welt vor Augen führen: ein großer eiserner Schraubenschlüssel und ein mittelgroßes Zahnrad. ©2010 RMS Titanic, Inc., a subsidiary of Premier Exhibitions, Inc., Foto: historischeausstelluingen.de 3 Die Hülle der Titanic bestand aus Tausenden 2,5 cm starken Stahlplatten, die wiederum von mehr als 3 Millionen Niete zusammengehalten wurden. Zwar konnten die Arbeiter bei der Vernietung schon auf pressluftgetriebene Niethämmer zurückgreifen, jedoch war die Arbeitsweise nicht überall möglich, so dass in unzugänglicheren Bereichen noch per Hand gearbeitet werden musste. Die hier beigefügte Exponatsbeschreibung veranschaulicht den Vorgang, wie der über dem Kohlefeuer erhitzte Niet schließlich an den Stahlplatten verarbeitet wurde. Mehrere, für die Umschreibung der Ausgangssituation sehr nützliche und erhellende Zitate begleiten die Darbietung. So kann man hier unter anderem folgende, die die fest zementierte Fortschrittsgläubigkeit vieler MenVerschiedene Formen von Niete, die beim Bau der Titanic schen dieser Zeit charakterisierende Aussage verwendet wurden. ©2010 RMS Titanic, Inc., a subsidiary of des Kapitäns der Titanic, Edward J. Smith, Premier Exhibitions, Inc., Fo-to: historischeausstelluingen.de nachlesen: „Ich kann mir keine Katastrophe vorstellen, die dieses Schiff in ernsthafte Schwierigkeiten bringen könnte, der moderne Schiffsbau hat dies überwunden.“ Auch im weiteren Verlauf bereichern solche in die Darbietung immer wieder integrierte Zitate den Ausstellungsumlauf. Ein kleiner Flur führt die Ausstellungsgäste dann in den nächsten Raum, der mit einem Großfoto der spektakulären „Großen Treppe“ zur Ersten Klasse aufwartet und als besondere Attraktion den Sockel, also ein Fragment des dort früher platzierten Engels präsentiert. Erstmals können sich die Besucher hier im Übrigen mit konkreten Schicksalen der Passagiere der Titanic befassen: drei Mitglieder der Ersten Klasse werden hier anhand von Bildern und Texttafeln die ursprünglich als unterstützendes vorgestellt. Mehrere Abendtasche, Accessoire zu einem Abendkleid gehörte ©2010 persönliche Gegen- RMS Titanic, Inc., a subsidiary of Premier Exhistände, wie etwa ei- bitions, Inc., Foto: historischeausstelluingen.de ne einst zu einem Abendkleid passende Tasche runden die Darbietung an dieser Stelle ab. Nur ein paar Schritte weiter befasst sich die Rekonstruktion eines Erste-Klasse-Gangs. Aufwendige InszenieAusstellung mit dem Promenadendeck, gefolgt rungen verschiedener Schiffsbereiche entführen die Besucher in von einer Rekonstruktion eines Erste-Klasseeine vergangene Epoche. © Premier Exhibitions, Inc.; Foto: Peter Haag‐Kirchner Gangs. An dieser Stelle bietet ein Plan zudem einen Überblick über die Unterbringung der weiteren Räume der Ausstellung an, die später dann in die erste Etage des Museums führt. Der nun folgende große Ausstellungsbereich entführt die Besucher dann im Rahmen einer Großinszenierung endgültig in die Lebenswelt der Ersten Klasse auf der Titanic. Zahlreiche Originalfunde sowie die Gegebenheiten auf der Titanic visualisierende Großfotos und Texttafeln mit Biographien von nicht selten berühmten Passagieren der Ersten Klasse vermitteln einen Eindruck vom luxuriösen Schiffsleben der gehobenen Klasse. Dabei sticht das rekonstruierte Veranda-Cafe, von dem es gleich 4 zwei an Bord gab, mit seinem Panoramablick auf den Ozean und seiner luxuriösen Ausstattung hervor. Die Vorstellung von Räumen wie dem Gymnastikraum, dem Lese- und dem Rauchsalon sowie der Türkischen Sauna und Einblicke in die Speisekarte vertiefen die Einsichten in die luxuriöse Ausstattung der Ersten Klasse. Vor allem aber belegen auch die Vitrinen mit aus der Tiefe des Ozeans geborgenem, kostbaren Geschirr der ersten und auch zweiten Klasse und mit anderen Luxusgütern die Annehmlichkeiten der „Upper Class“ an Bord. Ein sich anschließender Ausstellungsbereich zu den deutschen Passagieren Rekonstruktion eines Verandacafes. Auf der Titanic gab es zwei solcher an Bord der RMS Titanic mit einer Wie- Verandacafés mit Palmenhof. Die Cafés waren ein beliebter Treffpunkt der ge als besonderem Exponat, beschließt Ersten Klasse. Mit Efeu an den Wänden, Palmen und den großen Panoramaboten sie großen Luxus und einen atemberaubenden Blick auf den den ersten Teil des Rundgangs, der sich fenstern Ozean. © Premier Exhibitions, Inc.; Foto: Peter Haag‐Kirchner nun im ersten Stockwerk fortsetzt. Dort angelangt, wird im Bereich „Schiff und Technik“ die tiefer gehende Wissbegier derjenigen Besucher in vollem Maße befriedigt, die über die technischen Daten mehr erfahren wollen. Neben einer Auflistung der erwähnten technischen Daten des Schiffs, einem großen Schiffmodell und Großabbildungen mehrerer Konstruktionsskizzen sowie einer Großkarte mit den Nordatlantikrouten der Ozeanriesen im Jahr 1898, steht hier auch die Telegraphie als damalige Revolution in der Kommunikation im besonderen Fokus. Besichtigen kann man hier unter anderem zahlreiche in NiederDie Kabinen der Ersten Klasse waren luxuriös ausgestattet. Die beiden teuersten Suiten verfügten sogar über zwei Schlafzimmer, zwei Ankleidezimmer, einen schriften erhaltene Telegramme. Salon, ein Bad mit WC sowie ein privates Sonnendeck. © Premier Exhibitions, Im Anschluss steht dann wieder Inc.; Foto: Peter Haag‐Kirchner die luxuriöse Ausstattung an Bord im Mittelpunkt. Die Besucher können zunächst den Nachbau einer Kabine der Ersten Klasse besichtigen. Die durchaus erheblichen Unterschiede zu den Passagierunterkünften der Dritten Klasse kann man nur wenig später anhand eines dementsprechenden Kabinennachbaus dieser Gruppe deutlich erkennen. Zwar waren die Schlafunterkünfte im Vergleich zu denjenigen der Ersten Klasse sehr einfach, jedoch mussten die Passagiere eben nicht, wie auf anderen Schiffen allgemein üblich in großen Schlafsälen nächtigen, sondern konnten immerhin in oft mit sechs Kojen belegten Kabinen übernachten. Mehrere Texte greifen die dennoch krassen Unterschiede Kabine der Dritten Klasse. Die Ausstattung der Kabinen der Dritten Klasse war weitaus einfacher, verglichen mit der Ersten Klasse. Allerdings bot auch die Dritte Klasse einen gewissen Komfort. Statt in großen Schlafsälen, wie es ansonsten zumeist auf Auswanderschiffen üblich war, wurden die Passagiere immerhin in Kabinen untergebracht, die in der Regel sechs Kojen hatten.. © Premier Exhibitions, Inc. 5 nicht nur bezüglich der Unterkünfte zwischen den drei Klassen an Bord noch einmal auf. Liest man genauer, kristallisiert sich dabei ein noch weiterer Klassenunterschied heraus, der oft übersehen wird. Die „schmutzigen“ Besatzungsmitglieder aus der Maschinenabteilung mussten in großen Schlafsälen nächtigen, die bis zu 50 Männer beherbergten. Zudem versuchte man jeglichen Kontakt der oberen Klassen zu diesen Besatzungsmitgliedern zu vermeiden, wozu man wiederum eigene Gänge im Schiff für alle Besatzungsmitglieder bereithielt. Etwas besser erging es den Stewards und Stewardessen, die man nach Geschlechtern getrennt in Schlafräumen mit Etagenbetten unterbrachte. Mit dem sich anschließenden Bereichen, die sich den unteren Abteilungen des Schiffes widmen, greift die Exposition wieder auf große inszenatorische Elemente zurück, zu denen nicht nur die Imitation der Schiffswände gehören, sondern auch immer wieder passende Geräuschkulissen, wie etwa Motorengeräusche, die den Besuchern insgesamt einen durchweg gelungenen Erlebniseffekt bescheren. Zunächst führt der Rundgang die Besucher zu den abgedunkelt präsentierten und mit typischen Geräuschen untermalten, tief unten im Bauch der Titanic gelegenen Kesselräumen. Danach geht es im Ausstellungsparcours weiter hinunter zu einer rekonstruierten wasserdichten Tür. Insgesamt „15 querverlaufende Schotte unterteilten den Rumpf der Titanic in 16 wasserdichte Abteilungen. Die einzelnen Abteilungen konnten durch wasserdichte Tüten in den unteren sechs Decks des Schiffs voneinander getrennt und damit gesichert werden.“ (Ausstellungstext) Diese vermeintlich unüberwindbaren Sicherungssysteme waren einer der Hauptgründe, warum zahlreiche Stimmen von der Unsinkbarkeit des Ozeanriesen fest überzeugt waren. Dass selbst diese moderne Technik den Untergang am 14. April 1912 nicht verhindern konnte, das erzählen dann mehrere in der chronologischen Abfolge der Ereignisse geordnete Texte in einem abgedunkelten Ausstellungsbereich, der wiederum der Zeit des Zusammenstoßes um 23.40 Uhr geschuldet ist und die Sichtverhältnisse ebenso verdeutlicht wie die Lichtverhältnisse und Bedingungen der danach einsetzenden Rettungsversuche und dann eingeleiteten -maßnahmen. Man sollte dabei unbedingt die Exponatsunterschrift eines hier präsentierten Fernglases beachten, die die ganze Tragik eines scheinbar unbedeutenden Fehlers offenbart, war es doch das banale Verlegen der Fernrohre für die Ausguckposten der Titanic in der Eile der Abfahrt aus Southampton, das Maschinentelegraph der Titanic, mit dem unter anderem die Anweisung für das Ausweichmanöletztlich ursächlich sein sollte für den Untergang des ansonver nach Steuerbord aufgrund des voraus liesten vor modernster Technik nur so strotzenden Riesengenden Eisbergs von der Brücke in den Maschiffes, denn die Ausguckposten mussten in der Unglücksschinenraum übertragen wurde. © Premier Exhibitions, Inc.; Foto: historischeausstellungen.de nacht auf eben diese Fernrohre verzichten und, auf die Sicht ihrer Augen allein angewiesen, erkannten sie den Eisberg viel zu spät. Anschließend an diesen Bereich gelangt man in einen großen, in mehrere Segmente unterteilten Saal, der noch einmal zahlreiche Originalfunde, wie et-wa den Maschinentelegraphen der Titanic bereithält, mit dem unter anderem die Anweisung für das Ausweichmanöver nach Steuerbord aufgrund des voraus liegenden Eisbergs von der Brücke in den Maschinenraum übertragen wurde. Vor allem aber erzählt die Ausstellung hier von persönlichen Schicksalen einzelner Passagiere. So erfahren die Ausstellungsgäste etwa, wie Ida Straus, Ehefrau von Isidor Straus, 6 auf ihren sicheren Platz in Rettungsboot 8 verzichtet mit den an ihren Mann gerichteten Worten: „Wir haben viele Jahre gemeinsam gelebt. Wo du hingehst, da gehe auch ich hin.“ Beide gingen mit dem Schiff unter. Aber auch die Geschichte des J. Bruce Ismay, Direktor der White Star Line, zu der die Titanic gehörte, wird hier kurz erwähnt. Ismay, der als Direktor der Schiffslinie die Verantwortung dieser Katastrophe mitzutragen hatte, stieg, nachdem er einigen Passagieren ins Boot geholfen hatte in das letzte auf der Steuerbordseite herun-tergelassene Boot und überlebte das Unglück, während 1.500 Menschen mit dem Schiff untergingen. Wie sehr man den Verlust an Menschenleben hätte reduzieren können, das vermittelt ein anderer Text der Ausstellung. Tatsächlich nämlich waren ursprünglich 32 Rettungsboote vorgesehen. Man verzichtete aber aus Kostengründen und zudem, da man meinte, durch die große Anzahl von 32 Booten würde das Deck überfrachtet wirken, auf 12 Boote, so dass schließlich nur 20 Rettungsboote zur Verfügung standen. Dazu kam eine mindestens ebenso tragische Unterbesetzung der vorhandenen Boote: „In den ersten sieben Booten, die zu Wasser gelassen wurden, saßen nur 160 Menschen – 430 wären möglich gewesen.“ Neben der organisatorischen Fehlleistung, die hier fraglos vorlag, gilt es aber auch zu bedenken, dass nicht wenige Menschen sich weigerten, das Schiff zu Blick in den vorletzten Bereich über die Tauchgänge zum Titanic-Wrack und verlassen, da sie an die Unsinkbarkeit zur Bergung und Konservierung der Funde. © Premier Exhibitions, Inc., Foto: der Titanic glaubten. Während also die historischeausstellungen.de Passagiere in die Rettungsboote stiegen, bot sich den Menschen ein beinahe makabres Schauspiel: Um keine Panik aufkommen zu lassen, ließ der Zahlmeister des Schiffes das acht Mann umfassende Orchester auf dem Bootsdeck heitere Melodien spielen. Nach diesen emotionalen Geschichten neigt sich der Rundgang mit zwei Abschnitten über die Tauchgänge zum Wrack der Titanic und die Bergung zahlreicher Funde sowie über die schon kurz nach dem Unglück einsetzende Mythenbildung dem Ende zu. Dabei erfahren die Besucher allerdings noch, dass das Überleben der Schiffskatastrophe ganz entscheidend von der Klassenzugehörigkeit abhing. So überlebten von den Passagieren der Ersten Klasse immerhin 62 %, von denen der Zweiten Klasse nur 42 % und von denen der Dritten Klasse gar nur 25 %. Das Prinzip „Frauen und Kinder zuerst“ führte dazu, dass zwar 74 % der Frauen, aber nur 20 % der Männer überlebten. Gerade aber eben bei dieHunderte dieser hervorragend erhaltenen Auflaufformen wurden auf dem Meeresgrund gefunden, wo sie aufgereiht wie Dominosteine im Sand lagen. ser Statistik wird deutlich, dass die © Premier Exhibitions, Inc., Foto: historischeausstellungen.de Klassenunterschiede bei der Rettung auch diesbezüglich gravierend waren. 7 Denn während 97 % der Frauen der Ersten Klasse und 86 % der Zweiten Klasse gerettet wurden, konnten nur 46 % der Frauen der Dritten Klasse überleben. Auch bei den Kindern bestätigt sich dieser krasse Gegensatz noch einmal: Obwohl 87 % der Kinder der Ersten und 100 % der Zweiten Klasse überlebten, lag der Gesamtanteil der geretteten Kinder nur bei 51 %. Ausschlaggebend dafür war wiederum der tragische Umstand, dass nur 34 % der Kinder der Dritten Klasse gerettet wurden. Wenig Beachtung fanden in der bisherigen Darstellung auch die Überlebenschancen der Besatzung: nur 22 %, also 212 Besatzungsmitglieder überstanden das Unglück, während 696, die größte numerische Gruppe überhaupt, von ihnen starben. Prozentual noch wesentlich schlechter war allerdings die Überlebensrate der Männer der Zweiten und Dritten Klasse (8 % / 16 %). Doch mehr als alle Zahlen dieses bis dahin größten Desasters der Schifffahrt, waren es die zahlreichen mit Texten und Bildern geschilderten persönlichen Schicksale, die die ganze Tragik des Untergangs der Titanic in der Ausstellung zu visualisieren vermochten. Dieses Ansprechen der emotionalen Ebene, ermöglicht und bewirkt tatsächlich eine noch stärkere Identifikation des Besuchers mit den Geschehnissen auf der Titanic. Fazit Die internationale Wanderschau „Titanic – Die Ausstellung. Echte Funde, wahre Schicksale“ zählt zweifellos zu den herausragenden Ausstellungshighlights der ersten Hälfte des Jahres 2015. Schon die Thematik allein sollte eine hohe Aufmerksamkeit des Ausstellungspublikums erregen. Denn diese wohl bekannteste und berüchtigtste Schiffskatastrophe der Neuzeit hat sich in den Köpfen beinahe der gesamten Menschheit geradezu eingebrannt, nicht zuletzt auch durch die immer wieder erfolgten aufwändigen und oft hochkarätig besetzten Verfilmungen mit James Camerons Megablockbuster aus dem Jahr 1997 an der Spitze, der sagenhafte 1,8 Mrd. US-Dollar einspielte und damit für lange Zeit den ersten Platz in der Liste der erfolgreichsten Filme einnahm, ehe er 2009 durch „Avatar – Aufbruch nach Pandora“ (ebenfalls von James Cameron) abgelöst wurde. Ähnlich wie der Film weiß auch die Speyerer Ausstellung durch die Schilderung der Metamorphose der Titanic vom technischen Wunderwerk und Stolz der Moderne zum Inbegriff der Katastrophe die Besucher in ihren Bann zu ziehen. Aber ebenso wie im Film ist es auch in der Exposition vor allem die Darstellung persönlicher Schicksale, die die Ausstellungsgäste mitzureißen vermag. Und natürlich kommt auch die Faszination der über 250 hier präsentierten Originalfundstücke vom Wrack der Titanic hinzu, die das Interesse an der musealen Darbietung hochschnellen lässt. Doch was diese Großexposition zu bieten hat, kann man keineswegs auf die fraglos wichtige emotionale Komponente und das Befriedigen des von Vornherein einkalkulierbaren etwas morbiden Grundinteresses des Publikums beschränken. Man darf sicherlich die hervorragende Darstellung und Erläuterung der technischen Voraussetzungen lobend erwähnen, insbesondere aber auch die durch zahlreiche grandiose Inszenierungen unterstützte Visualisierung der von krassen Klassenunterschieden gekennzeichneten Lebenswelt auf der Titanic. Überhaupt verdienen die Szenographie und Gestaltung sowie die Ausstellungsarchitektur insgesamt ein großes Lob. Es mögen gerade auch die inszenatorischen Elemente sein, sei es die Einbeziehung der für die Titanic charakteristischen eisernen schwarzen, von Niete nur so gespickten Außenhaut in die Ausstellungsgestaltung, die Rekonstruktion der Kabinen der Ersten und Dritten Klasse, die Zurschaustellung des luxuriösen Lebens der Reichen oder die Imitation der Kesselräume samt Geräuschkulisse, die den Gang durch die Großexposition letztlich auch zu einem echten Erlebnis werden lassen. Überzeugend ist auch die Vermittlungsarbeit, allen voran die ausgezeichneten Wandtexte und die ebenso exzellenten, sehr informativen Exponatsbeschreibungen, aber ebenfalls die eingefügten Medienstationen mit weiterführenden Informationsmöglichkeiten. Was aber bleibt nach einem Rund8 gang durch diese höchst empfehlenswerte und unterhaltsame Ausstellung? Welche Erkenntnisse bringt ein Besuch der Titanic-Schau mit sich? Vielleicht kann man Demut vor der Natur und Vorsicht vor einem Allmachtsgefühl des Menschen und einer allzu technikgläubigen Welt zu solch möglichen Erkenntnissen rechnen, gerade auch mit Blick auf unsere eigene immer mehr von Technik beherrschten Lebenswelt des 21. Jahrhunderts. Aber sicherlich sollte man auch die stete Beachtung der Gleichheit aller Menschen, unabhängig von Geld und gesellschaftlichem Status, und dies nicht nur bei Katastrophen hervorheben. Letzteres mag vielleicht sogar als wichtigste Botschaft dieser überaus lohnenswerten Ausstellung hervorstechen. Die Ausstellung kompakt Titel: Titanic – Die Ausstellung. Echte Funde, wahre Schicksale Ort und Dauer: Historisches Museum der Pfalz, Speyer, Domplatz, 67346 Speyer 21. Dezember 2014 bis (urspr. 28. Juni 2015, verlängert bis) 26. Juli 2015 Veranstalter: Historisches Museum der Pfalz, Speyer Ausstellungstyp: Internationale Wanderausstellung Exponate: über 250 Originalfunde Leihgeber: Die Exponate wurde bereitgestellt durch Premier Exhibitions, Inc. und der Tochterfirma RMS Titanic, Inc., die die alleinigen Bergungsrechte am Schiffswrack innehat Ausstellungsfläche: 1.800 m² Öffnungszeiten: täglich von 10-18 Uhr Eintritt: Mo-Fr: Erwachsene: 14,50 €, Familien: 39 €, Schüler und Studenten: 6,50 € Sa, So, feiertags: Erw.: 16,50 €, Familien: 45 €, Schüler u. Studenten: 8,50 € Im Eintrittspreis ist der Erwachsenen- bzw- Kinder-Audioguide enthalten Audioguide: Audioguide für Erwachsene und Kinder ist Im Eintrittspreis enthalten. Führungen: Öffentliche Führungen: So: 14 Uhr, Gebühr: 4 € zzgl. Eintritt Gruppenführungen: Führungen für Erwachsene (max. 25 Personen): Mo-Fr: 90 €, Sa, So und feiertags: 110 €, jeweils zzgl. ermäßigter Eintritt pro Person (= Mo-Fr: 13 €/ Sa, So und feiertags: 15 €) Führungen für Schulklassen (max. 30 Personen): 70 €, zzgl. 4 € pro Schüler (Mo-Fr) Buchung von Gruppenführungen: Tel.: 06232 620222, Fax: 06232 620223 oder per eMail: info@museum.speyer.de Workshops etc. Infos zu und Buchung von Workshops und Kindergeburtstagen: Tel.: 06232 620222, Fax: 06232 620223,eMail: info@museum.speyer.de Publikation: Begleitbuch: 56 Seiten: 9,80 € Allgemeine Infos: Tel.:, Fax: Internet: www.titanic-dieausstellung.de eMail: info@museum.speyer.de (© Dr. Martin Große Burlage, historischeausstellungen.de, www.historischeausstellungen.de, eMail: info@historischeausstellungen.de, Tel.: 0049 (0)2572 959496) 9