Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge

Transcription

Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
Herausgeber
Prof. Dr. Manfred Bengel, Notar
Prof. Dr. Gerrit Langenfeld, Notar
Prof. Dr. Detlev Piltz, Rechtsanwalt/
Fachanwalt für Steuerrecht
Prof. Dr. Wolfgang Reimann, Notar
Dr. Gerhard Schlichting, Richter am BGH
Dr. Reinhard Geck, Rechtsanwalt/
Notar/Steuerberater
Hermann-Ulrich Viskorf,
Vizepräsident des BFH
ZEV 12/2008
15. Jahrgang 2008
5. Dezember 2008
Seite 557 – 612
Mitbegründer: Prof. Dr. Jürgen Damrau, Rechtsanwalt; Prof. Dr. Jens Peter Meincke, Köln
Beirat: Prof. Dr. Günter Brambring, Notar, Köln; Prof. Dr. Georg Crezelius, Bamberg; Wolfgang Edenhofer, PräsAG a. D. München; Prof. Dr. Wulf
Goette, Vors. RiBGH, Ettlingen; Dr. Hellmut Götz, RA/FAStR/StB, Freiburg; Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Gottwald, Regensburg; Prof. Dr. Barbara
Grunewald, Köln; Prof. Dr. Ulrich Haas, Mainz; Dr. Frank Hannes, RA/FAStR/StB, Bonn; Prof. Dr. Christopher Keim, Notar, Bingen am Rhein;
Dr. Hans Klingelhöffer, RA beim BGH, Ettlingen; Bernhard Klinger, RA/FAErbR, München; Dr. Hans-Hermann Klumpp, RA/FAStR, Karlsruhe;
Dr. Joachim Kummer, RA beim BGH, Ettlingen; Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Leipold, Freiburg; Dr. Peter Limmer, Notar, Würzburg; Prof. Dr. Wolfgang
Marotzke, Tübingen; Prof. Dr. Dieter Mayer, Notar, München; Dr. Jörg Mayer, Notar, Simbach am Inn; Dr. Norbert Mayer; Notar, Regensburg;
Dr. Michael Messner, RA/FAStR/FAErbR, Hannover; Prof. Dr. Karlheinz Muscheler, Bochum; Prof. Dr. Hans-Joachim Musielak, Passau; Dr. Christian
von Oertzen, RA/FAStR, Frankfurt a. M.; Dr. Wolfgang Onderka, RA/FAStR/StB, Bonn; Prof. Dr. Gerhard Otte, Bielefeld; Dr. Wolfgang Riering †,
Deutsches Notarinstitut, Würzburg; Gerhard Ruby, RA/FAErbR, Villingen-Schwenningen; Dr. Bernhard Schaub, Notar, München; Dr. Stephan Scherer,
RA/FAErbR, Mannheim; Dr. Andreas Schindler, RA, Villingen-Schwenningen; Carola Seifried, StB, Nürnberg; Dr. Maximilian Werkmüller, LL.M., RA,
Düsseldorf; Prof. Dr. Walter Zimmermann, VizepräsLG a.D., Passau
Aufsätze
Die Erbschaftsteuerreform kurz vor dem Ziel
– Überblick zum geänderten ErbStRG und Gestaltungsempfehlungen vor Inkrafttreten des neuen Rechts –
Von Dr. Reinhard Geck *
Der Vergleich mit einem Marathonläufer drängt sich nur auf den
ersten Blick auf. Der Gesetzgeber hat zwar knapp zwei Jahre gebraucht, um die Vorgaben des BVerfG im Beschluss vom 7. 11.
2006 1 zur Reform der Erbschaftsteuer umzusetzen. Dies ist jedoch
selbst verschuldet. Der Blick auf Landtagswahlen, Parteitage, deren Bedeutung sich in diesem Zusammenhang dem unbefangenen
(naiven?) Bürger ohnehin nicht erschließt, haben 2008 zeitweise
zu einer Lethargie geführt, die dann einen Endspurt zum Jahresende geradezu erzwang. Nachfolgend werden die nunmehr zwischen den Regierungsparteien ausgehandelten Änderungen, wie
sie in den Anträgen der Fraktionen zum Ausdruck kommen, dargestellt, bewertet und mit Gestaltungsvorschlägen unterlegt.
1. Einführung
Grundlage der Erbschaftsteuerreform ist bekanntlich der Regierungsentwurf (RegE) vom 11. 12. 20072, der im November
2008 durch Änderungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD ergänzt wurde. Diesen ergänzten Entwurf hat der Fi* Dr. Reinhard Geck, RA/Notar/StB, Sozietät Kapp, Ebeling u. Partner,
Hannover. Der Beitrag beruht auf dem im Bundestag am 27. 11. 2008 verabschiedeten ErbStRG. Die Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundesrat
und Ausfertigung durch den Bundespräsidenten wird unterstellt.
1 BVerfG v. 7. 11. 2006, 1 BvL 10/02, BStBl II 2007, 192, ZEV 2007, 76 m.
Anm. Piltz, DStR 2007, 235, NJW 2007, 573.
2 Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG, BR-Drs. 4/08.
nanzausschuss des deutschen Bundestags in seiner Sitzung vom
25. 11. 2008 gebilligt. Der Bundestag hat das ErbStRG am 27. 11.
2008 verabschiedet, der Bundesrat soll ihm in seiner Sitzung vom
5. 12. 2008 ebenfalls zustimmen. Nach unbestätigten Informationen soll die Behandlung im Bundesrat auf den 5. 12. 2008 vorverlegt sein, um dem Bundespräsidenten seinem Wunsch entsprechend eine 14-tägige Frist zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit
der Neuregelung zu geben. Im Ergebnis wird unbeschadet einer
absehbaren späteren verfassungsgerichtlichen Überprüfung zunächst der Bundespräsident darüber entscheiden, ob die Neuregelung wie geplant am 1. 1. 2009 in Kraft treten wird. Es besteht daher immer noch Veranlassung, bei Vereinbarungen im Rahmen
der vorweggenommenen Erbfolge nach noch gültigem Recht ein
Rückforderungsrecht zu vereinbaren, dessen Ausübung zum Erlöschen der Steuer nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG führt, falls die Erbschaftsteuer nicht mehr über den 31. 12. 2008 hinaus erhoben
werden darf3. Sofern dieses Rückforderungsrecht Bestandteil eines enumerativen Katalogs von Rückforderungsgründen ist,
dürfte die Gefahr gering sein, dass seine Ausübung gemäß § 42
AO unbeachtlich ist 4. Löst die Übertragung im Jahr 2008 keine
Steuer aus, erübrigt sich dieser Ratschlag.
Die Änderungsanträge enthalten für die Steuerpflichtigen
überwiegend gute Nachrichten, ohne dass, wie sonst üblich, im Wege
der Gegenfinanzierung andere Steuerpflichtige über den Inhalt
3 Zu verfassungsrechtlichen Fragen sehr instruktiv S. Viskorf/Hernler, DB
2008, 2507.
4 Zur Neufassung des § 42 AO durch das JStG 2008 Drüen, in: Tipke/
Kruse, AO, § 42 Rz. 4 - 6.
558
Aufsätze
des RegE hinaus belastet werden. Signifikante Beispiele sind die
weitgehende Steuerfreistellung des Familienheims auch bei Erwerben von Todes wegen sowie die nunmehr im Ergebnis entschärften Behaltenstatbestände der Betriebsvermögensverschonung. Diese guten Nachrichten führen aber letztlich wieder auf
das verfassungsrechtliche Feld der Gleichbehandlung des Art. 3 GG.
Je stärker einzelne Erwerber trotz vorgelagerter steuerlicher Bewertung zum gemeinen Wert gegenüber anderen Erwerbern entlastet werden, umso dringender kann sich die verfassungsrechtliche Frage der Gleichbehandlung stellen. Die Gefahr einer bzw.
aus mancher Sicht die Hoffnung auf eine verfassungsrechtliche
Überprüfung des ErbStRG dürfte erheblich gestiegen sein5.
2. Erwerb von Grundbesitz, insb. Verschonung des
Familien(wohn)heims
Der RegE regelte die Bewertung von Grundvermögen in den
§§ 157 ff. BewG nur in Ansätzen. Die Finanzverwaltung legte
im Februar 2008 den Entwurf einer „Grundstücksbewertungsverordnung (GrBewV)“ 6 vor. Den von der Praxis unter Hinweis
auf Art. 80 GG geäußerten Bedenken wird nunmehr Rechnung
getragen, indem die bewertungsrechtlichen Vorschriften für die
Bewertung von Grundbesitz, aber auch sonstigen Vermögens
ausschließlich im BewG enthalten sind. Die Grundbesitz betreffenden §§ 157 - 198 BewG weichen inhaltlich vom RegE und
dem Entwurf der GrBewV nur geringfügig ab. Auf der Vorstufe
der Bewertung wird somit mit den bekannten Erhöhungen des
Werts zu rechnen zu sein. Dies gilt insbesondere für unbebauten
Grundbesitz, der abweichend von der bis zum 31. 12. 2008 gültigen Regelung (§ 145 Abs. 3 BewG a. F.) nicht mehr um einen
Abschlag von 20 % gemindert wird. Ebenso wird die zunächst
getrennte Wertermittlung von Grund und Boden einerseits und
Gebäude andererseits bei Bewertung des bebauten Grundbesitzes
zu den bereits in der Literatur 7 mehrfach erwähnten Höherbewertungen führen. Die hierzu ergangenen Ratschläge, nämlich
bei Erwerbern der StKl. II und III an eine vorzeitige Übertragung noch vor dem 31. 12. 2008 zu denken, bleiben daher unverändert gültig.
2.1 Familienheim bei Zuwendung unter Lebenden zwischen Ehegatten
Das selbstgenutzte Familienheim8 ist schon bislang Gegenstand einer Steuergestaltung bei lebzeitiger Vermögensübertragung unter Ehegatten9, da dieser Erwerb nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a
ErbStG steuerbefreit ist. Er wird daher nicht auf die persönlichen
Freibeträge zwischen Ehegatten angerechnet. Die Verwaltungsauffassung in R 43 ErbStR ist in der Anwendung der Norm
großzügig. In der Praxis wurde unter europarechtlichem Aspekt
gerügt, dass die Steuerbefreiung ausschließlich das im Inland belegene, zu eigenen Wohnzwecken genutzte Familienwohnheim
von der Besteuerung frei stellt 10. Die Neufassung trägt dem
5 Krit. zum neuen Recht unter verfassungsrechtl. Aspekten H.-U. Viskorf,
Vortrag auf dem Dt. Steuerberatertag 2008 in Bonn.
6 Nur im Internet verfügbar, vgl. etwa www.zev.de.
7 Moench, ZEV 2008, 227; zur Bewertung auch Drosdzol, ZEV 2008, 10;
ders., ZEV 2008, 177.
8 Entgegen der bisherigen Fassung verwendet das Gesetz nicht mehr den
Begriff des „Familienwohnheims“. Eine inhaltliche Änderung dürfte damit
nicht verbunden sein.
9 Steuerbefreit ist auch der Erwerb durch den eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartner nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a und b ErbStG, ohne dass
dies nachfolgend gesondert erwähnt wird.
10 Zur europarechtlichen Problematik jüngst EuGH v. 17. 1. 2008, C-256/06,
ZEV 2008, 87 m. Anm. Gottschalk, DStRE 2008, 174.
ZEV 12/2008
Rechnung, indem auch das in einem EU-Mitgliedstaat oder einem
Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) belegene Familienheim beim Erwerb durch den Ehepartner steuerfrei ist. Besondere
Bedeutung hat dies in der Praxis nicht. Denn im Familienheim
muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden, und
zwar beider Ehepartner. In Auslandsfällen wird eine unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nur dann vorliegen, wenn die
Eheleute im Inland noch einen Zweitwohnsitz haben oder die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1b
ErbStG besteht, es sich somit um deutsche Staatsangehörige handelt, die sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben. Sind
diese Voraussetzungen nicht gegeben, besteht nur beschränkte
Steuerpflicht. Das im Ausland belegene Familienheim zählt nicht
zum inlandsradizierten Vermögen i. S. der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3
ErbStG, 121 BewG. Es unterliegt daher auch nicht der beschränkten Steuerpflicht.
2.2 Familienheim bei Erwerben von Todes wegen durch
den Ehepartner
Die in letzter Zeit zuweilen emotional geführte Diskussion
hinsichtlich des Familienheims hat letztlich zu einer Erweiterung
der sachlichen Steuerbefreiung geführt. Denn nach § 13 Abs. 1
Nr. 4b ErbStG ist nunmehr erstmals auch der Erwerb von Todes
wegen des im Inland, in einem EU-Mitgliedstaat oder einem
EWR-Staat belegenen Familienheims steuerfrei. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung entsprechen denen des § 13
Abs. 1 Nr. 4a ErbStG mit der Maßgabe, dass im Zeitpunkt des
Erwerbs von Todes wegen Selbstnutzung des Familienheims durch
den Erblasser bestand oder der Erblasser aus zwingenden Gründen an der
Selbstnutzung gehindert war und die Wohnung zur Selbstnutzung beim
Erwerber bestimmt ist. Hierin zeigt sich bereits ein Bruch zu § 13
Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Dieser stellt nach seinem Wortlaut allein
darauf ab, dass die Wohnung am Stichtag der Ausführung der
freigebigen Zuwendung zu eigenen Wohnzwecken genutzt
wird. Die lebzeitige Übertragung ist daher nicht steuerbefreit,
wenn der Schenker vor Übertragung des Familienheims dieses,
wenn auch aus zwingenden Gründen, dauerhaft verlässt. Der Erwerb von Todes wegen ist hingegen trotz Aufgabe der Eigennutzung durch den späteren Erblasser – wenn auch aus zwingenden
Gründen – nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG steuerbefreit. Es
sollte daher von einer freigebigen Zuwendung abgeraten werden, wenn der Schenker im Zeitpunkt des Schenkungsvollzugs
seinen Lebensmittelpunkt aus zwingenden Gründen verlegt hat.
Die Gesetzesbegründung erläutert leider nicht, welche zwingenden Gründe den Erblasser bei Erwerben von Todes wegen an
einer Selbstnutzung gehindert haben müssen. In erster Linie
dürfte ein solcher vorliegen, wenn der Erblasser aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr im Familienheim
wohnen kann. Die Änderung der Lebensplanung, die bei stabiler
Gesundheit einen älteren Menschen veranlasst, etwa in ein
Wohnstift mit betreutem Wohnen zu ziehen, dürfte kein zwingender, die Selbstnutzung ausschließender Grund sein. Bei jüngeren späteren Erblassern könnte ein zwingender Grund hingegen ein Umzug an einen neuen Beschäftigungsort sein. Jedenfalls
bis zum Nachzug der Familienangehörigen dürfte es sich immer
noch um das Familienheim handeln.
Die Steuerfreistellung auch bei Erwerben von Todes wegen ist
unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung i. S. des Art. 3 GG
kritisch zu bewerten, da er den Erwerber selbstgenutzten
Wohneigentums gegenüber demjenigen begünstigt, der z. B. Kapitalvermögen erwirbt. Diese Bedenken versucht der Gesetzgeber
zu beseitigen, indem die Steuerbefreiung daran gebunden ist, dass
der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb
ZEV 12/2008
Aufsätze
selbst nutzt, sofern er nicht aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist. Es fällt auf, dass die 10jährige Behaltensfrist in § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nicht enthalten
ist. Bei freigebigen Zuwendungen bleibt es im Ergebnis bei der
Steuerbefreiung, selbst wenn das Familienheim unverzüglich
nach erfolgtem Erwerb veräußert wird. Ausnahmen mögen denkbar sein, wenn bereits im Zeitpunkt der Schenkung die Absicht
zur Veräußerung bestand. Gegenstand der Schenkung wäre dann
der aus der Veräußerung erzielte, nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG
nicht begünstigte Veräußerungserlös. Beseitigt nur die Behaltensfrist des § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG bei Erwerben von Todes wegen die Verfassungswidrigkeit, muss sich der Gesetzgeber die
Frage gefallen lassen, ob er damit nicht die Verfassungswidrigkeit
des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG stillschweigend zugesteht.
Ein Verstoß gegen die Behaltensfrist liegt nach dem Wortlaut nur
vor, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von
10 Jahren nicht mehr selbst nutzt. Es als Eigentümer nutzen zu
müssen, lässt sich weder Gesetzeswortlaut noch -begründung
entnehmen, mag dies evtl. auch die Vorstellung des Gesetzgebers
sein. Der Verkauf des Familienheims verbunden mit dem Abschluss eines Mietvertrags ähnlich wie beim früher einkommensteuerlich bekannten Stuttgarter Modell 11 löst nach dem Wortlaut keinen Verstoß gegen die Behaltensfrist aus. Gleiches gilt
auch für eine Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt sowie
die Übertragung gegen Versorgungsleistungen, die durch die
Neuregelung ab 1. 1. 2008 durch das JStG 2008 12 einkommensteuerlich voraussichtlich als teilentgeltliche Veräußerung eingestuft wird 13.
Wird der überlebende Ehepartner nur Miterbe, stellt § 13
Abs. 1 Nr. 4b ErbStG seinen Erwerb nur in Höhe der Erbquote
frei. Denn die Teilungsanordnung ist bekanntlich 14 Teil der erbschaftsteuerlich irrelevanten Erbauseinandersetzung. Daher ist
in geeigneten Fällen zu erwägen, den oder die weiteren Miterben
die Erbschaft gegen Abfindung ausschlagen zu lassen. Natürlich
ist sorgfältig zu prüfen, ob infolge der Ausschlagung auch die gewünschte Alleinerbenstellung des überlebenden Ehepartners
eintritt. Vorsicht ist umso mehr geboten, als durch die kurze Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1, 3 BGB Zeitdruck besteht, sich
über den Inhalt der Abfindung an die weiteren Erwerber zu verständigen.
Wird der überlebende Ehepartner als Vermächtnisnehmer, ggf.
auch Vorausvermächtnisnehmer, hinsichtlich des Familienheims
eingesetzt, ist der Erwerb des Familienheims bei ihm steuerbefreit, da § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG an den Erwerb von Todes wegen und nicht weitergehend an die Erbenstellung anknüpft. Somit sind sämtliche Erwerbsvorgänge i. S. des § 3 ErbStG durch
den überlebenden Ehepartner bzgl. des Familienheims begünstigt. Dies gilt auch für Erwerbe nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG.
Wird das Familienheim somit als Abfindung für einen Pflichtteilsoder Vermächtnisanspruch an den Ehepartner übertragen, gilt dieser
Erwerb als ein solcher von Todes wegen. Er ist nach § 13 Abs. 1
Nr. 4b ErbStG unter den weiteren Voraussetzungen der Norm
steuerfrei. Die bekannte Problematik 15, wonach die Leistung an
Erfüllung statt als Erfüllung des Pflichtteils oder Vermächtnisgeldanspruchs gilt, welcher mit dem Nominalwert zu erfassen ist,
11 BFH v. 10. 12. 2003, IX R 12/01, ZEV 2004, 213; J. Mayer/Geck, DStR
2005, 1425, 1471.
12 JahressteuerG v. 20. 11. 2007, BGBl I 2007, 3150.
13 Zur Problematik Wälzholz, DStR 2008, 273 m. w. N.
14 R 5 ErbStR unter Hinweis auf BFH v. 1. 4. 1992, II R 21/89, BStBl II
1992, 669, DStR 1992, 1281.
15 BFH v. 7. 10. 1999, II R 52/96, BStBl II 1999, 23, ZEV 1999, 34 m.
Anm. Daragan.
559
ist auch insoweit im Auge zu behalten. Eine sorgfältige Formulierung der Vereinbarung ist zwingend erforderlich.
2.3 Familienheim bei Erwerb von Todes wegen durch Kinder bzw. Kinder vorverstorbener Kinder
Betrifft § 13 Abs. 1 Nr. 4a, b ErbStG den Erwerb durch den
überlebenden Ehepartner, stellt § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG darüber hinaus auch den Erwerb des Familienheims durch Kinder
und Kinder vorverstorbener Kinder, die in den Anwendungsbereich der StKl. I Nr. 2 fallen, steuerfrei, wenn der Erwerber unverzüglich die Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt und die Wohnfläche der betreffenden Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Die Steuerbefreiung fällt mit Rückwirkung weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb nicht
mehr selbst zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Das latent schlechte
Gewissen des Gesetzgebers an dieser weitgehenden Begünstigung von Erwerbern selbstgenutzter Wohnungen zeigt sich in
der Begrenzung der Wohnfläche. Die Verwendung des Begriffs
„soweit“ ist als Art „Freibetrag“ anzusetzen, so dass lediglich der
200 qm übersteigende Teil der Wohnfläche nicht steuerbefreit
ist. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber den Begriff „sofern“ verwenden müssen.
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 2 ErbStG kann die Steuerbefreiung nicht in Anspruch genommen werden, soweit das begünstigte Vermögen aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers
(gemeint ist wohl der Vertrag zugunsten Dritter) oder einer
rechtsgeschäftlichen Verfügung des Erblassers auf einen Dritten
übertragen werden muss. Erfasst sind Vermächtnisse, Schenkungen auf den Todesfall und Auflagen, aber auch die vom Erblasser
verfügte Teilungsanordnung. Es hätte nahe gelegen, diese Regelung auch in den Tatbestand des Nr. 4b (Erwerb durch Ehepartner) aufzunehmen.
Es ist zu befürchten, dass die Regelung zu Missbräuchen geradezu einlädt. Wer prüft, ob das Objekt eigenen Wohnzwecken
dient? Reicht auch die Nutzung als Zweitwohnung aus? Was
gilt, wenn die selbstgenutzte Wohnung verkleinert und der übrige Teil vermietet wird? Überdies kann man sich mit Fug und
Recht fragen, ob eine solch weitgehende Entlastung, die letztlich
in einer Begünstigung gegenüber Erwerbern sonstigen Vermögens besteht, noch gerechtfertigt ist. Soziale Gründe lassen sich
anders als beim überlebenden Lebenspartner hierfür i. d. R.
nicht anführen.
2.4 Wahlrecht in Erbfällen
Nach Art. 3 Abs. 1 ErbStRG kann ein Erwerber bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung beantragen, dass die Neuregelung mit Ausnahme der Freibeträge des § 16 ErbStG insgesamt
zur Anwendung kommt, wenn die Steuer auf den Erwerb von
Todes wegen nach dem 31. 12. 2006 und vor dem 1. 1. 2009 entstanden ist. Diese Regelung tritt nach Art. 5 ErbStRG am 1. 7.
2009 außer Kraft. Der Erwerb des Familienheims durch Erwerb
von Todes wegen ist nicht nach altem, jedoch nach neuem Recht
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b, c ErbStG steuerbefreit. Art. 3 Abs. 1
ErbStRG schließt nur die Anwendung der – erhöhten – persönlichen Freibeträge des neuen Rechts aus, nicht jedoch Steuerbefreiungen i. S. des § 13 ErbStG. Ist der steuerbefreite Gegenstand
somit alleiniger werthaltiger Nachlassbestandteil, ist die Anwendung neuen Rechts zu empfehlen, wenn die 10-jährige Behaltensfrist vermutlich eingehalten wird. Denn infolge der sachlichen Steuerbefreiung spielt die u. U. höhere Bewertung des Objekts durch das ErbStRG keine Rolle. Setzt sich der Nachlass aus
mehreren werthaltigen Vermögensgegenständen zusammen,
sind die Bemessungsgrundlagen des alten und neuen Rechts mit
den entsprechenden steuerlichen Auswirkungen zu ermitteln,
560
Aufsätze
um eine Entscheidungsgrundlage zu haben. Wichtig ist, dass der
Antrag vor Ablauf des 30. 6. 2009 gestellt werden muss. Maßgebend dürfte der Eingang beim zuständigen Erbschaftsteuerfinanzamt sein. Bei mehreren Erwerbern (etwa Erbengemeinschaft) kann der Antrag von jedem Erwerber getrennt gestellt
werden. Dies ergibt sich aus dem Charakter der Erbschaftsteuer
als Erbanfallsteuer.
2.5 Stundung der Steuer bei Erwerb von Grundvermögen
Schon bislang ist nach § 28 Abs. 1 ErbStG die Erbschaftsteuer
auf Antrag zu stunden, soweit Betriebsvermögen oder landwirtschaftliches Vermögen zum Erwerb zählt und die Stundung für
den Erhalt dieses Vermögens notwendig ist. In der Praxis hat die
Regelung keine Bedeutung 16. Denn die Stundung ist nur notwendig, wenn der Erwerber die Erbschaftsteuer weder aus dem
erworbenen weiteren Vermögen noch aus seinem eigenen Vermögen aufbringen kann.
Umso verwunderlicher ist, dass der Gesetzgeber in § 28
Abs. 3 ErbStG nunmehr eine Stundung auch für die Erwerber begünstigten Vermögens i. S. des § 13c Abs. 3 ErbStG und damit für
zu Wohnzwecken vermietete Immobilien gewährt. Auf Antrag ist die
hierauf entfallende Erbschaftsteuer bis zu 10 Jahren mit Zinsen
zu stunden, sofern der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann. Wie schon in den Fällen
des Abs. 1 ist Voraussetzung für die Stundung, dass die Steuer
weder aus weiterem noch aus eigenem Vermögen des Erwerbers
aufgebracht werden kann. Ohne Prophet zu sein, dürfte von der
Stundung nur in sehr wenigen Fällen Gebrach gemacht werden
können. Über § 13c Abs. 3 ErbStG hinausgehend ist auch diejenige Steuer zu stunden, die der Erwerber für ein Grundstück zu
entrichten hat, welches er zu eigenen Wohnzwecken nutzt,
längstens jedoch für die Dauer der Selbstnutzung. Da der Erwerb
durch Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, c ErbStG steuerbefreit ist, gilt dies ohnehin
nur für Erwerber außerhalb des vorgenannten Personenkreises.
Auch nach Aufgabe der Selbstnutzung ist die Stundung bis längstens 10 Jahren gerechnet ab dem Erwerb aufrecht zu erhalten,
wenn das Grundstück nunmehr zu Wohnzwecken vermietet ist.
Die Stundung endet, wenn das erworbene Vermögen Gegenstand einer Schenkung i. S. des § 7 ErbStG ist.
3. Verschonung von Betriebsvermögen
3.1 Grundlagen der Bewertung und Verschonung
Das ErbStRG hat die Vorgabe des BVerfG umzusetzen, sämtliche Vermögensarten einheitlich mit dem gleichen Wertmaßstab, dem gemeinen Wert, zu bewerten. Daher müssen im unternehmerischen Bereich Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften mittels desselben Verfahrens bewertet werden. Erst auf
der zweiten Ebene, der sog. Verschonung, können Betriebsvermögenseinheiten und gleichgestellte Vermögenswerte, wie qualifizierte Anteile an Kapitalgesellschaften, weitestgehend aus
Gründen des Gemeinwohls von der Steuer freigestellt werden.
Die bislang im Entwurf der Rechtsverordnung über die „Anteils- und Betriebsvermögensbewertungsverordnung (AntBewV)“ enthaltenen Bewertungsvorschriften haben scharfe
Kritik 17 gefunden. Gerügt wird zu Recht ein Bewertungsverfahren, welches in vielen Fällen zu einem den Verkehrswert übersteigenden Wert führt. Damit einher geht die drohende Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer, soweit etwa
16 Es fällt auf, dass es keine aktuelle Rspr. zu § 28 ErbStG gibt.
17 Zu Recht sehr deutlich Piltz, DStR 2008, 745 sowie Hannes/Onderka,
ZEV 2008, 173.
ZEV 12/2008
durch Veräußerung unentgeltlich erworbenen Vermögens in der
Person des Rechtsnachfolgers Gewinne mit Einkommensteuer
belastet werden, die zuvor der Erbschaftsteuer unterlegen
haben 18. Der Gesetzgeber hat durch die in die Gesetzesfassung
eingeflossenen Änderungsanträge der CDU/CSU- und SPDFraktionen an der Bewertung unternehmerisch gebundenen
Vermögens leider keine grundlegenden Änderungen vorgenommen. In einer eher als Marketing-Postille vom Bundesfinanzministerium herausgegebenen Zusammenfassung wird zwar die
Meinung vertreten, wertmindernde Faktoren etwa mangels eigener beruflicher Qualifikation der Erben würden wertmindernd berücksichtigt. Auch branchenübliche Verfahren kämen
zur Anwendung. Bedauerlich ist nur, dass sich dies dem vorliegenden Gesetzestext nicht deutlich entnehmen lässt. In § 11
Abs. 2 Satz 4 BewG wird auf das nunmehr in den §§ 199 - 203
BewG enthaltene vereinfachte Ertragswertverfahren verwiesen,
welches nur bei „offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen“
nicht anzuwenden ist.
Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass sich die Bedingungen
für Erwerber von Betriebsvermögenseinheiten durch die überarbeiteten Verschonungsregelungen gegenüber dem RegE deutlich
verbessert haben. Dies gilt nicht allein für die nunmehr auf 7 Jahre
verkürzten Lohnsummen- und Behaltensfristen, sondern auch
auf die in weiten Teilen vollzogene Abkehr vom sog. Fallbeilprinzip. Verstöße bei Behaltensnormen führen somit nur zur anteiligen rückwirkenden Kürzung der entsprechenden Vergünstigungen (Abschmelzmodell). Da die zum 31. 12. 2008 auslaufenden
§§ 13a Abs. 5, 19a ErbStG a. F. auch Behaltensvoraussetzungen
mit „Fallbeil“ kennen, dürfte die Neuregelung ab 1. 1. 2009 trotz
u. U. erheblich erhöhter Bemessungsgrundlagen in den Fällen an
Attraktivität gewinnen, in denen auch bei Anwendung „kaufmännischer Vorsicht“ zu erwarten ist, dass die 7-jährigen Zeiträume „durchgehalten“ werden können. Dies gilt umso mehr, als
hinsichtlich des Umfangs des für die Vergünstigungen u. U.
schädlichen Verwaltungsvermögens den Forderungen der Praxis
teilweise entsprochen wurde, indem wichtige, weil in der Praxis
häufig verbreitete Unternehmensstrukturen, wie Betriebsaufspaltung und -verpachtung, nunmehr nicht oder jedenfalls nicht
schlechthin dem Verwaltungsvermögen zuzurechnen sind.
3.2 Begünstigtes Vermögen
Nach §§ 13a Abs. 1, 13b Abs. 4 ErbStG bleiben 85 % des Werts
vom Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliche Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Ansatz (Verschonungsabschlag). Nach der nachfolgend noch darzustellenden Verschonungsoption kann dieser Anteil auf 100 % steigen.
Was begünstigtes Vermögen ist, ist gegenüber dem RegE unverändert in § 13b Abs. 1 ErbStG geregelt 19. Dazu gehören, vorbehaltlich der nachfolgend dargestellten Regelung zum Verwaltungsvermögen, Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen
Vermögens, des Betriebsvermögens einschließlich etwaiger Mitunternehmeranteile sowie unmittelbar gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften mit einem Volumen von mehr als 25 % des
Nennkapitals, ersatzweise sog. poolgebundene Anteile. Betroffen sind solche Einheiten, die im Inland sowie im EU- und
EWR-Raum belegen sind bzw. bei Gesellschaftsanteilen, deren
Vermögen einer im vorgenannten Gebiet belegenen Betriebsstätte dient oder deren Sitz sich im vorgenannten Gebiet befindet. Diese schon im RegE enthaltenen Regelungen sind durch
die Änderungsanträge der Mehrheitsfraktionen im Bundestag
18 Ausf. Crezelius, BB-Special 2008, H. 10.
19 Ausf. hierzu Hannes/Onderka, ZEV 2008, 16; dies., ZEV 2008, 173.
ZEV 12/2008
Aufsätze
mit Ausnahme kleiner Korrekturen im Bereich des land- und
forstwirtschaftlichen Vermögens nicht verändert worden. Insbesondere hat sich die Hoffnung der Praxis nicht erfüllt, begünstigtes Vermögen werde unabhängig von seiner Belegenheit und damit weltweit vom Verschonungsabschlag erfasst.
Selbst wenn Gegenstand des Erwerbs eine begünstigte Vermögenseinheit ist, wird der Erwerb nicht um den Verschonungsabschlag entlastet, soweit der Anteil sog. Verwaltungsvermögens am
Wert des übertragenen begünstigten Vermögens mehr als 50 %
beträgt. Diese gegen vermögensverwaltende Gesellschaften gerichtete Zielrichtung bleibt grundsätzlich erhalten. Jedoch wird
das Verwaltungsvermögen gegenüber dem RegE stärker eingegrenzt. Es bleibt zwar dabei, dass Dritten zur Nutzung überlassene
Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte sowie Bauten
dem Verwaltungsvermögen zugehörig sind. Hiervon gelten jedoch wichtige Ausnahmen:
Abweichend vom RegE sind nunmehr sämtliche im Rahmen einer Betriebsaufspaltung begründeten Nutzungsverhältnisse nicht als Verwaltungsvermögen einzuordnen (§ 13b Abs. 2 Nr. 1a ErbStG).
Dies gilt insbesondere für die nach dem RegE vermutlich unbeabsichtigt noch als Verwaltungsvermögen eingeordnete Nutzungsüberlassung, bei welcher der Erblasser oder Schenker zwar
nicht allein, jedoch gemeinsam mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen (sog.
Personengruppentheorie) 20 durchsetzen kann. Der RegE hatte
nur die sog. Einmann-Betriebsaufspaltung oder eine solche, bei
welcher der Erblasser oder Schenker seinen Willen ohne Mitwirkung weiterer Gesellschafter hätte durchsetzen können, aus dem
Verwaltungsvermögen ausgeschlossen. In der in der Praxis verbreiteten Gestaltung, wonach etwa Eltern jeweils zu 50 % am
Vermögen der Besitz- und Kapitalgesellschaft beteiligt sind,
wäre somit nach dem RegE bei einem Erwerb durch Abkömmlinge nach jedem Elternteil der Verschonungsabschlag vermutlich versagt worden. Es handelt sich wohl um ein Redaktionsversehen, dass das zur Nutzung überlassene Grundstück nicht geeignet sein muss, eine sachliche Verpflichtung zu begründen. Da
andererseits die Anforderungen an dieses Tatbestandsmerkmal
der Betriebsaufspaltung sehr niedrig sind 21, ergibt sich hieraus
keine inhaltliche Veränderung.
Nach wie vor kommt es selbst bei einer ertragsteuerlichen Betriebsaufspaltung mit Überlassung eines Grundstücks an die Betriebsgesellschaft zu schädlichem Verwaltungsvermögen, wenn
die Betriebsgesellschaft ihrerseits das fragliche Grundstück an einen „weiteren Dritten“ zur Nutzung überlässt. Damit soll die Gestaltung unterbunden werden, aus einer Grundstücksüberlassung an
Dritte begünstigtes Vermögen zu schaffen, indem gezielt dieses
zunächst einer Betriebskapitalgesellschaft des Vermieters überlassen wird, die ihrerseits kein eigenes Unternehmen betreibt, sondern das Grundstück an einen Dritten weiter vermietet.
Beispiel: A ist Eigentümer einer gewerblich genutzten Immobilie. Er
überlässt diese bislang dem fremden Dritten X zur Nutzung. Zum Zwecke
erbschaftsteuerlicher Optimierung vermietet A die Immobilie mit Zustimmung des X zunächst an die von ihm gegründete B GmbH, die ihrerseits das Grundstück an X untervermietet.
Diese Gestaltung führt nicht zum Erfolg. Dritter ist aufgrund
der Zielrichtung dieser Regelung nur eine Person, die weder an
der Betriebskapitalgesellschaft noch an der Besitzgesellschaft beteiligt ist und auch keinem der Gesellschafter i. S. des § 15 AO
nahe steht.
20 Zum Ertragsteuerrecht vgl. Wacker, in: Schmidt, EStG, 27. Aufl. 2008,
§ 15 Rz. 820 ff. m. w. N.
21 Zuletzt BFH v. 13. 7. 2006, IV R 25/05, BStBl II 2006, 804, DStR 2006,
1829.
561
Auch für die verbreitete steuerliche Betriebsverpachtung ergeben
sich gewisse, nicht immer ausreichende Erleichterungen gegenüber dem RegE. Bei der Betriebsverpachtung wird bekanntlich
ein ehemals aktiver Gewerbebetrieb als ruhender, d. h. unterbrochener Betrieb fingiert. Die ertragsteuerliche Rechtsprechung22
sieht von der Annahme einer gewinnrealisierenden Betriebsaufgabe ab, wenn die Wiederaufnahme des Betriebs jedenfalls nicht
völlig ausgeschlossen ist. Da im Rahmen einer Betriebsverpachtung Dritten überwiegend Grundstücke zur Nutzung überlassen
werden, handelt es sich um Verwaltungsvermögen. Dies gilt jedoch nach § 13b Abs. 2 Nr. 1b ErbStG nicht, wenn die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs
erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1
Nr. 1 - 3 EStG (gewerbliche, freiberufliche, land- und forstwirtschaftliche Einkünfte) führt, und der Verpächter des Betriebs im
Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter zum Erben eingesetzt hat. Gleiches gilt, wenn die Verpachtung zwar an einen Dritten erfolgt, der Beschenkte im Zeitpunkt
der Steuerentstehung den Betrieb jedoch altersbedingt noch
nicht führen kann und die Verpachtung auf höchstens 10 Jahre
befristet ist.
Damit ist der Ausschluss der Betriebsverpachtung aus dem
Verwaltungsvermögen sehr eingegrenzt. Voraussetzung ist nämlich, dass der verpachtete Betrieb bei Erwerben von Todes wegen
oder unter Lebenden stets auf den Pächter übertragen wird. Bei
Erwerb durch andere Personen ist der erworbene Vermögensgegenstand dem Verwaltungsvermögen zugehörig. Außerdem
muss der verpachtete Betrieb beim Erwerb von Todes wegen aufgrund einer letztwilligen Verfügung oder einer rechtsgeschäftlichen Verfügung (etwa Vertrag zugunsten Dritter) erworben sein.
Dies schließt den Erwerb aufgrund gesetzlicher Erbfolge aus.
Diese Differenzierung ist nicht nachvollziehbar. Ob in der häufigen Konstellation des Pachtvertrags zwischen Eltern und Abkömmling dieser aufgrund gewillkürter oder gesetzlicher Erbfolge den verpachteten Betrieb erwirbt, hat wirtschaftlich keinerlei Auswirkung. Der Praxis ist daher anzuraten, den Pächter
zum Erben einzusetzen. Da der Pächter „als Erbe“ erwerben muss,
dürfte bei vorsichtiger Betrachtung schon die Einsetzung als Vermächtnisnehmer nicht gestaltungssicher sein.
Die weitere Variante, wonach die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, der Beschenkte jedoch im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann und die Verpachtung auf 10 Jahre befristet ist, dürfte in der Praxis nur eine geringe Rolle spielen. Der Gesetzgeber hatte anscheinend die landund forstwirtschaftlichen Betriebe im Blick, bei denen die Betriebsfortführung durch den Hoferben oder einen anderen
Nachfolger noch an dessen Alter scheitert. Wichtig ist, dass die
Verpachtung höchstens 10 Jahre betragen darf. Insofern sollten längere Pachtverträge von vornherein vermieden werden.
Nicht als Verwaltungsvermögen gelten auch solche Grundstücksüberlassungen, bei welchen sowohl der überlassende als
auch der nutzende Betrieb zu einem Konzern i. S. des § 4h EStG
(Zinsschrankenregelung) gehören, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt. Dies ist bei mehrstufig
aufeinander folgenden Beteiligungsketten von unschätzbarem
Vorteil, weil sonst bei der Ermittlung überwiegenden Verwaltungsvermögens jedes etwa von einer Kapital- an eine Tochtergesellschaft vermietete Grundstück dem Verwaltungsvermögen
der überlassenden Kapitalgesellschaft mit weitgehenden Konsequenzen zugewiesen worden wäre. Hinsichtlich der Einzelheiten
22 Grdl. BFH v. 13. 11. 1963, GrS 1/63, BStBl II 1964, 124.
562
Aufsätze
des Konzernbegriffs kann auf die Kommentierungen zu § 4h
EStG verwiesen werden.
Der RegE enthielt keine Sonderregelungen für Grundstücksunternehmen, wie Wohnungsbauunternehmen, deren Hauptzweck in der Nutzungsüberlassung von Grundstücken an Dritte besteht. Diese Unternehmen wären somit von den Betriebsvermögensvergünstigungen schlechthin ausgeschlossen. Der Gesetzgeber wäre über sein Ziel hinausgeschossen, da auch solche
Unternehmen außerhalb einer Vermögensverwaltung tätig sind
und häufig eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen. Diese Erkenntnis hat sich nunmehr auch in § 13b Abs. 2 Nr. 1d ErbStG wiedergefunden. Danach gelten solche Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke nicht als Verwaltungsvermögen, die Bestandteil
eines gewerblichen Unternehmens sind, dessen Hauptzweck die
Vermietung von Wohnungen ist. Hierzu muss ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i. S. des § 14 AO gegeben sein, dessen Umfang den eines kaufmännischen Geschäftsbetriebs unterschreitet.
Dies ist zwar kein Freibrief für die gewerblich geprägte Personengesellschaft, die Grundbesitz vermietet. Denn deren Geschäftsumfang erfordert regelmäßig keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Andererseits werden die mittelständischen Wohnungsunternehmen, die einen größeren Wohnungsbestand in ihrem Portfolio
halten, nunmehr in die Vergünstigung mit einbezogen.
Abschließend sei in diesem Zusammenhang auf § 13b Abs. 2
Nr. 1e ErbStG hingewiesen. Danach sind Dritten zur land- und
forstwirtschaftlichen Nutzung überlassene Grundstücke kein Verwaltungsvermögen. Da dies somit auch für einzelne Grundstücke
außerhalb eines verpachteten Betriebs gilt, wird deutlich, dass
der Gesetzgeber nicht nur auf der Bewertungsebene, sondern
auch auf der Ebene der Verschonung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmetes Vermögen von der Erbschaftsteuer weitestgehend freistellen wird. Der Anteil des land- und
forstwirtschaftlichen Vermögens am Erbschaftsteueraufkommen
dürfte daher nur marginal bleiben.
Leider hat der Gesetzgeber keine Ausführungen dazu gemacht, ob Liquidität, wie Festgelder, Tagesgelder etc., als Wertpapiere oder vergleichbare Forderungen unter § 13b Abs. 2 Nr. 4
ErbStG fällt und damit Verwaltungsvermögen ist. Bei Liquidität
handelt es sich nicht um Wertpapiere. Solches sind regelmäßig
Urkunden, ohne deren Innehabung das Recht nicht geltend gemacht werden kann 23. Ob es sich um vergleichbare Forderungen
handelt, ist zu bezweifeln. Eine Wertpapieren ähnliche Qualität
kann Liquidität etwa in Form von Forderungen gegenüber Kreditinstituten (Festgeld etc.) nicht beigemessen werden. Dies hat
zur Folge, dass Liquidität, aber auch Kundenforderungen, nicht
als Verwaltungsvermögen gelten. Dieses wird den Anwendungsbereich der Verschonung deutlich erweitern und Gestaltungen
eröffnen. Es bleibt aber abzuwarten, welche Meinung die Finanzverwaltung in den anzupassenden ErbStR vertreten wird.
3.3 Lohnsummenmodell
Das Lohnsummenmodell des RegE wird z. T. entschärft,
z. T. verschärft. Nach dem RegE kam es noch zu einem Wegfall
der Vergünstigung um 1/10 für jedes Jahr, im welchen die tatsächliche Lohnsumme 70 % der Ausgangslohnsumme unterschritt. Diese Regelung wird nun in der Weise korrigiert, dass
erst am Ende eines nunmehr 7-jährigen Überwachungszeitraums
(Lohnsummenfrist) die Ausgangslohnsumme der Mindestlohnsumme gegenüber gestellt wird. Diese beträgt 650 % der Ausgangslohnsumme, wohl gemerkt für den 7-jährigen Zeitraum der
Lohnsummenfrist. Der Gesetzgeber hat sich für eine kumulierte
23 Sprau, in: Palandt, BGB, 67. Aufl. 2008, Einf. v. § 793 Rz. 1.
ZEV 12/2008
Betrachtung entschieden. Da erst am Ende der Frist abgerechnet
wird, können Absenkungen der Lohnsumme bis zum Ende der
Lohnsummenfrist aufgeholt werden. Unterschreitet die Summe
der maßgebenden jährlichen Lohnsummen 650 % der Ausgangslohnsumme, vermindert sich rückwirkend der Verschonungsabschlag in dem Verhältnis, in welchem die tatsächliche Lohnsumme die Mindestlohnsumme unterschreitet. Verschärfend
wirkt, dass die steuerlich relevante Schwelle von 650 % umgerechnet auf 93 % p. a. schneller unterschritten ist als die bisherige
Grenze von 70 % p. a.
Beispiel: Ausgangslohnsumme 100 000 €. Tatsächliche Lohnsumme für
7 Jahre 630 000 €. Rechtsfolge: Der Verschonungsabschlag vermindert
sich um 3,1 %.
Wie schon im RegE ist die Lohnsummenklausel nicht zu beachten, wenn die Ausgangslohnsumme null beträgt oder der Betrieb
nicht mehr als 10 Beschäftigte hat. Die vom RegE noch vorgesehene
Indexierung der Ausgangslohnsumme entfällt.
3.4 Vermögensbindungsmodell
Nicht nur im Bereich der Lohnsumme, sondern auch im Bereich der Vermögensbindung sieht die vorliegende Fassung Erleichterungen gegenüber dem RegE vor. Die allgemein als zu
lang empfundene 15-jährige Frist ist auf 7 Jahre verkürzt. Geradezu kurios wirkt die „Begründung“ zum Änderungsantrag der
Fraktionen, welcher ohne nähere Festlegung eine 7-jährige Frist
für ausreichend erachtet, während ebenfalls ohne Begründung
im RegE noch eine 15-jährige Frist für zwingend erforderlich erachtet wurde. Die Gründe für diesen Sinneswandel sind noch
nicht einmal ansatzweise dargelegt. Genauso wichtig wie die
Verkürzung der Frist ist die Aufgabe des sog. Fallbeilprinzips. Während der RegE selbst bei einem Verstoß gegen die Vermögensbindung kurz vor Ablauf der 15-jährigen Frist die Vergünstigungen
rückwirkend in vollem Umfang entfallen ließ, erfolgt nun eine
Abschmelzung pro rata temporis. Bei einem Verstoß etwa im Jahre 06
ist somit nur 2/7 des Verschonungsabschlags rückgängig zu machen. Da schon das am 31. 12. 2008 auslaufende Recht eine 5jährige Nachsteuerfrist mit „Fallbeil“ vorsah, ergeben sich aus
der geplanten Neuregelung Verbesserungen. Entfällt z. B. nach
altem Rechtszustand die Vergünstigung in vollem Umfang,
wenn am Ende des Jahres 05 ein Verstoßtatbestand erfüllt ist, entfallen zukünftig die Vergünstigungen nur im Umfang von 3/7.
Das neue Recht gewinnt zumindest dann an Attraktivität, wenn
sich die höhere Bewertung auf der Vorstufe der Bewertung zumindest in erträglichen Grenzen hält, da der Umfang der Vergünstigungen über die des alten Rechts hinausgeht.
Im Rahmen der Behaltensvoraussetzungen hat der Gesetzgeber nunmehr die nicht nachvollziehbare Regelung in § 13a Abs. 5
Nr. 4 Satz 2 ErbStG, wonach eine schädliche Verfügung vorliegt,
wenn das Vermögen der Kapitalgesellschaft, auf eine Personengesellschaft, eine natürliche Person oder eine andere Körperschaft
übertragen wird, aufgegeben. Insoweit handelt es sich um einen
Schädlichkeitstatbestand erst dann, wenn das aufgrund der vorgenannten Maßnahme erworbene Surrogat innerhalb der Behaltensfrist veräußert oder aufgegeben wird. Diese Korrektur ist nachdrücklich zu begrüßen, stellte doch der Nachsteuertatbestand des
§ 13a Abs. 5 Nr. 4 ErbStG in der Vergangenheit häufig ein auch
rechtspolitisch unerwünschtes Umwandlungshindernis dar.
Schon bislang ließ es die Finanzverwaltung in R 63 Abs. 2
Satz 3 ErbStR zu, von einer Nachversteuerung abzusehen, wenn
die Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen nicht auf die Einstellung des Betriebs abzielte und der Veräußerungserlös im betrieblichen Interesse weiter verwendet wurde. Diese Auffassung ist
nun etwas modifiziert in § 13a Abs. 5 ErbStG kodifiziert. Schon
der RegE wiederholte insoweit den Richtlinieninhalt. Die Fas-
ZEV 12/2008
Aufsätze
sung des Änderungsantrags weicht von der des RegE insoweit ab,
als es auf die Einschränkung des Betriebs nicht mehr ankommt.
Es reicht aus, wenn der Veräußerungserlös innerhalb der nach § 13b
Abs. 1 ErbStG begünstigten Vermögensart verbleibt. Es ist daher unschädlich, wenn der Erlös aus der Veräußerung einzelner Wirtschaftsgüter etwa einer Mitunternehmerschaft in eine andere
Mitunternehmerschaft reinvestiert wird, an welcher der begünstigt erwerbende Steuerpflichtige beteiligt ist. Von einer begünstigten Reinvestition ist auszugehen, wenn diese innerhalb von
6 Monaten erfolgt. Voraussetzung ist lediglich, dass es sich um
Vermögen handelt, welches nicht zum Verwaltungsvermögen
i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG gehört.
3.5 Verschonungstechnik
Wie schon nach dem RegE bleiben regelmäßig 85 % des begünstigten Vermögens von der Erbschaftsteuer verschont. Ebenfalls unverändert ist der gleitende Abzugsbetrag von 150 000 € gemäß
§ 13a Abs. 2 ErbStG, so dass jedenfalls ein begünstigter Erwerb
bis zu einem Volumen von 1 Mio. € steuerfrei ist. Neu in das Gesetz aufgenommen ist § 13a Abs. 8 ErbStG, der eine sog. Verschonungsoption enthält. Danach kann der Erwerber beantragen, den
Erwerb zu 100 % steuerfrei zu stellen, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
• 10-jährige Lohnsummenfrist mit maßgeblicher Lohnsumme
von 1 000 %
• Behaltensfrist 10 Jahre
• maximal 10 % Anteil an Verwaltungsvermögen.
Wird auf mehrere Erwerber übertragen, ist aufgrund des Erbanfallsystems der Erbschaftsteuer davon auszugehen, dass jeder Erwerber in der Wahl der Entlastungsmethode frei ist, mithin keine
einheitliche Ausübung des Wahlrechts erfolgen muss. Nicht geregelt ist, in welcher Form die Erklärung abzugeben ist. Fest
steht nur, dass ohne Ausübung des Wahlrechts des § 13a Abs. 8
ErbStG die Regelverschonung von 85 % zzgl. des gleitenden Abzugsbetrags zur Anwendung kommt. Viel spricht dafür, dass die
Erklärung bis zur Bestandskraft des maßgeblichen Steuerbescheids ergehen kann. Diese Regelung entspricht der Auffassung
zu § 13a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG in der bis zum 31. 12. 2008
gültigen Fassung über die Inanspruchnahme des Freibetrags bei
Schenkungen 24.
Schon auf den ersten Blick ist ersichtlich, dass von der Verschonungsoption des § 13a Abs. 8 ErbStG nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht werden wird. Sind Gegenstand des Erwerbs kleinere bis mittlere Unternehmen bis zu einer Bemessungsgrundlage von 1 Mio. € besteht hierzu kein Anlass, da dieser Erwerb auch nach der Regeloption steuerfrei ist. Die
Verschonungsoption nach § 13a Abs. 8 ErbStG hat hingegen eine
Verlängerung der maßgeblichen Fristen zur Folge. Es ergibt sich häufig
erst im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung, welchen Anteil
das Verwaltungsvermögen am Gesamtvermögen des maßgeblichen Unternehmens hat. Dies gilt umso mehr, als bekanntlich das
Verwaltungsvermögen mit dem gemeinen Wert der ihm zugehörigen Einzelwirtschaftsgüter zu bewerten ist, während die begünstigte unternehmerische Einheit insgesamt auf der Grundlage
des Ertragswerts zu bewerten ist. Die damit verbundenen Rechtsunsicherheiten sollten die Praxis veranlassen, den Antrag nach
§ 13a Abs. 8 ErbStG möglichst lange hinauszuzögern. Da der zusätzliche Verschonungsabschlag maximal 15 % beträgt, besteht in
Anbetracht der auf 10 Jahre verlängerten Behaltensfristen das Risiko, dass im späteren Verlauf ein Verstoß eintritt, der die Ver24 R 58 Abs. 1 Satz 2 ErbStR; BFH v. 20. 1. 2005, II R 56/02, ZEV 2005,
350; Kapp/Ebeling, ErbStG, § 13a Rz. 47.
563
günstigungen wenn auch nur zeitanteilig rückwirkend entfallen
lässt. Gerade die entfernteren Jahre 8 - 10 lassen sich in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung nur sehr schwer einschätzen.
Sollte sich im Nachhinein ergeben, dass der Anteil am Verwaltungsvermögen die Grenze von 10 % übersteigt, hat aber der
Steuerpflichtige gleichwohl bereits für die Verschonungsoption
nach § 13a Abs. 8 ErbStG optiert, stehen ihm jedenfalls die Vergünstigungen der Regeloption mit dem Verschonungsabschlag
von 85 % zu. Denn diese Vergünstigungen sind ohne ausdrücklichen Antrag und damit von Gesetzes wegen zu gewähren, sofern
auch nur die Voraussetzungen der Regelverschonung vorliegen.
Ausgenommen vom zeitanteiligen Wegfall der Vergünstigungen bleiben nur die Überentnahmen nach § 13a Abs. 5 Satz 1 Nr. 3
ErbStG von 150 000 € innerhalb der 7-jährigen Frist. Positiv zu vermerken ist, dass sich diese Übernahmen mit der unveränderten
Freigrenze nunmehr auf einen kürzen Zeitraum, nämlich 7 Jahre,
verteilen. Andererseits führt ein Verstoß gegen die Übernahmeregelung zu einem vollständigen Wegfall. Vermutlich will der Gesetzgeber die Verschonung daran binden, dass das im Zeitpunkt
des begünstigten Erwerbs vorhandene Kapital im Unternehmen
verbleibt. Daher ist in der Praxis peinlichst darauf zu achten, die
Freigrenze überschreitende Übernahmen zu vermeiden. Spätestens zu Beginn des Jahres 07 sollten die Entnahmen und Einlagen
den Gewinnen und Verlusten im maßgeblichen Zeitraum gegenübergestellt werden, um zu ermitteln, ob durch Einlage in das Betriebsvermögen kurz vor Ablauf des Stichtags die schädliche
Überentnahme mit den fatalen Folgen vermieden wird.
4. Inanspruchnahme des Schenkers für „Nachsteuer“?
Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist neben dem Erwerber auch
der Schenker Schuldner der Schenkungsteuer. Nach aktueller
Rechtsprechung des BFH25 hat das Finanzamt zwar zunächst den
Beschenkten in Anspruch zu nehmen, falls nicht der Schenker die
Übernahme der Steuer vertraglich vereinbart hat. Gleichwohl
bleibt der Schenker bis zur Tilgung der Steuerschuld deren
Schuldner. Nach Auffassung des FG Münster 26 gilt dies auch für
die Schenkungsteuer, die durch einen Nachsteuertatbestand ausgelöst wird. Im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens zum ErbStG
wurde gefordert, die Inanspruchnahme des Schenkers für Steuern auszuschließen, die durch die Erfüllung von Nachsteuertatbeständen entstanden sind, auf deren Eintritt er keinen Einfluss
hat. Das ErbStRG hat die derzeitige Fassung der Norm aber nicht
verändert. Allerdings hat das BMF in einer Stellungnahme angekündigt, die Inanspruchnahme des Schenkers in diesen Fällen in
den ErbStR auszuschließen oder zu begrenzen. Die Praxis sollte
daher Rückforderungsrechte für den Fall der Inanspruchnahme des
Schenkers nach § 20 ErbStG zumindest in Erwägung ziehen. Tröstlich ist, dass sich durch die Verkürzung der Behaltensfristen das
Risiko des Schenkers reduziert. Nunmehr ist regelmäßig schon
nach 7 Jahren geklärt, ob es zu einer Inanspruchnahme des
Schenkers nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG kommt.
5. Vermeidung der Doppelbelastung von Erbschaftsteuer und Einkommensteuer
Durch die erhöhten Bemessungsgrundlagen des steuerpflichtigen Erwerbs wird es in vielen Fällen zumindest zu einer wirtschaftlichen Doppelbelastung von Erbschaft- und Einkommen25 BFH v. 1. 7. 2008, II R 2/07, BStBl II 2008, 897, ZEV 2008, 554; dazu
Geck/Messner, ZEV 2008, 519.
26 FG Münster v. 19. 6. 2008, 3 K 3145/06 Erb, ErbStB 2008, 277.
564
Aufsätze
steuer kommen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Gegenstand
der Übertragung ein einkommensteuerverstrickter Gegenstand
ist, dessen ertragsteuerlich anzusetzender Wert unter dem gemeinen Wert liegt. Da der gemeine Wert den einkommensteuerlichen Wertansatz häufig übersteigt, wird die Differenz bei einkommensteuerlicher Realisierung durch Veräußerung oder Betriebsausgabe sowohl mit Erbschaft- als auch mit Einkommensteuer belastet. Die Möglichkeiten zur Beseitigung dieses als
unbefriedigend empfundenen Zustands sind in der Praxis intensiv diskutiert worden27. Der Gesetzgeber hat sich nunmehr für
eine Anrechnung der Erbschaftsteuer auf die Einkommensteuer entschieden. Nach § 35b EStG wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer gemindert,
soweit bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt sind, die im Veranlagungszeitraum oder den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen
der Erbschaftsteuer unterlegen haben. Die Gesetzesfassung ist alles andere als präzise: Die Einkommensteuer erfasst bekanntlich
Einkünfte, während die Erbschaftsteuer den Vermögensanfall erfasst. Insofern sind in den Einkünften keine Erwerbe von Todes
wegen enthalten. Gleichwohl ist klar, was gewollt ist: Werden innerhalb des genannten Zeitraums ab dem Erbfall Vermögensgegenstände des Nachlasses einkommensteuerlich relevant veräußert, so wird die hierauf entstehende Einkommensteuer um die
Erbschaftsteuer gemindert, die auf diesen nunmehr realisierten
Vermögenszuwachs entfällt. Diese Regelung gilt nur für Vermögensgegenstände, die als Erwerb von Todes wegen, mithin nicht
durch freigebige Zuwendungen übergegangen sind. Da nur die
Einkünfte ermäßigt besteuert werden, die im Zeitpunkt des Erwerbs von Todes wegen vorhanden waren, ist deren Höhe vom
Steuerpflichtigen genau zu ermitteln. Wertminderung oder Werterhöhung sind dann nicht gemäß § 35b EStG zu berücksichtigen. Damit hat sich der Gesetzgeber für die „billigere“ Lösung
entschieden, indem er den Abzug der latenten Einkommensteuerlast bei der Erbschaftsteuer verworfen hat.
6. Gestaltungsüberlegungen
Die aktuelle Entwicklung veranlasst, die bisherigen
Gestaltungsempfehlungen28 zu überdenken. Dies gilt insbesondere für den Erwerb selbstgenutzter Immobilien sowie von Betriebsvermögenseinheiten. Wenn auch Gestaltungsempfehlungen immer die sorgfältige Prüfung des Einzelfalls erfordern,
dürften tendenziell folgende Ratschläge 29 gegeben werden:
6.1 Übertragung von Grundbesitz
Die nur geringfügig erhöhten Freibeträge der Erwerber der
StKl. II und III i. V. m. einer drohenden Höherbewertung des
Grundbesitzes sollten Anlass geben, solche Übertragungen nach
noch gültigem Recht zu vollziehen. Ausnahmen gelten nur,
wenn der Erwerber der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mit Freibetrag von zukünftig 500 000 € ist, der zukünftige Freibetrag nicht überschritten wird, es sich beim Erwerber der StKl. III um einen steuerpflichtigen Erwerb zwischen
600 000 € und 6 Mio. € handelt oder durch die Aufhebung des
§ 25 ErbStG Vorteile zu erwarten sind.
Die Erhöhung der Grundstückswerte spricht auch dafür, unmittelbare und mittelbare Grundstücksschenkungen selbst in
StKl. I zumindest dann nach derzeit gültigem Recht zu vollziehen, wenn die drohende Höherbewertung insbesondere bei Ein- und
27 Crezelius, BB-Special 2008, H. 10 m. w. N.
28 Vgl. Geck, ZEV 2008, 5, 9.
29 Ausf. zu Gestaltungsoptionen vor der Reform Piltz, DStR 2008, 2237.
ZEV 12/2008
Zweifamilienhäusern nicht durch die in StKl. I gestiegenen Freibeträge kompensiert wird, weil der erhöhte Steuerwert den erhöhten Freibetrag übersteigt oder der Freibetrag bereits durch Vorerwerbe aufgebraucht ist. Ist mit einer Höherbewertung zu rechnen, kann es sich empfehlen, Miteigentumsanteile bis zur Höhe des
derzeitigen Freibetrags zu übertragen, um damit bei späteren Zusammenrechnungen das niedrige Wertniveau zu sichern (§ 14 Abs. 1
Satz 1 ErbStG).
Sofern Gegenstand einer beabsichtigten Zuwendung das Familienheim ist, ist zumindest bei älteren Steuerpflichtigen von einer lebzeitigen Übertragung abzuraten, wenn Erwerber die Kinder oder Enkelkinder i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sind und
zu erwarten ist, dass diese die 10-jährige Nutzungsperiode des
§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG aller Voraussicht nach einhalten können.
Ist eine Übertragung von Grundbesitz unter Nießbrauchsvorbehalt
geplant, sind der höhere Wertansatz und der evtl. höhere Steuersatz (StKl. II, III) dem ebenfalls erhöhten Freibetrag und dem ab
1. 1. 2009 eröffneten Abzug der Nießbrauchslast gegenüberzustellen. Tendenziell ist davon auszugehen, dass jedenfalls bei Erwerbern der StKl. I die entlastenden Merkmale die belastenden
ausreichend kompensieren, so dass die Übertragung aufzuschieben ist. Bei Erwerbern der StKl. II und III spricht einiges dafür,
mit der Übertragung nicht auf das neue Recht zu warten, da die
drastisch erhöhten Steuersätze durch die Entlastungen regelmäßig nicht ausgeglichen werden.
Für alle Grundstücksübertragungen gilt, dass die Stundung
gemäß § 28 Abs. 3 ErbStG in der Neufassung kein Entscheidungskriterium sein kann, weil die Voraussetzungen sehr eng sind.
6.2 Übertragung von Ansprüchen i. S. des § 12 Abs. 4
BewG
Die Neuregelung des § 12 Abs. 4 BewG wird zum zwingenden
Ansatz des Rückkaufswerts noch nicht fälliger Ansprüche aus Lebens-,
Kapital- oder Rentenversicherungen führen. Bei schon länger laufenden Verträgen ist der bislang anzusetzende Wert von 2/3 der eingezahlten Prämien günstiger. Solche Rechtsverhältnisse sind daher tendenziell nach noch gültigem Recht zu übertragen, zumindest soweit dies zur Abdeckung der persönlichen Freibeträge
möglich ist.
6.3 Verschonung von Betriebsvermögenseinheiten
Die Höherbewertung von Betriebsvermögen auf der Grundlage insbesondere der §§ 199 - 203 BewG mit Hilfe des vereinfachten Ertragswertverfahrens vergrößert die Schere zwischen
begünstigtem und nicht begünstigtem Betriebsvermögen. Sind
begünstigte Einheiten im Umfang von 85 %, u. U. auch von
100 % (Verschonungsoption gemäß § 13a Abs. 8 ErbStG), zunächst steuerbefreit, müssen sich die Erwerber nicht begünstigter
Vermögenseinheiten etwa infolge zu hohen Verwaltungsvermögens mit dem höheren Wertansatz und dem fehlenden Verschonungsabschlag abfinden. Daher sollten Betriebsvermögenseinheiten,
die nach derzeitigem Recht begünstigt sind und nach zukünftigem Recht
keine Begünstigung erfahren, noch vor dem 31. 12. 2008 übertragen
werden.
Bei solchen Einheiten, die nach §§ 13a, 19a ErbStG begünstigt
sind, voraussichtlich aber auch nach neuem Recht begünstigt sein werden,
wurde bislang häufig empfohlen, diese noch nach altem Recht zu
übertragen, falls die derzeitige Fassung den Erwerb größtenteils
freistellt. Dieser Ratschlag kann in dieser Eindeutigkeit nicht
wiederholt werden. Da die §§ 13a, 19a ErbStG in der bis zum
31. 12. 2008 gültigen Fassung die Vergünstigungen rückwirkend vollständig entfallen lässt, wenn innerhalb der 5-jährigen
ZEV 12/2008
Aufsätze
Behaltensfrist ein Verstoß erfolgt, kann das neue Recht selbst bei
7-jährigen Behaltensfristen günstiger sein, wenn innerhalb der 7jährigen Frist ein Verstoß erfolgt. Die Vergünstigungen mit Ausnahme der Überentnahmeregelung entfallen dann nur pro rata
temporis. Erwerber solcher begünstigter Einheiten, bei denen
die Lohnsummenregelung sowie die allgemeine Behaltensregelung vermutlich beachtet werden, werden von der Neuregelung
profitieren, so dass die Übertragung aufzuschieben ist.
Anteile an Kapitalgesellschaften mit einem Umfang von max. 25 %,
die nach derzeitigem Recht nicht begünstigt, jedoch günstig bewertet werden und nach neuem Recht vermutlich einer Poolvereinbarung nicht zugänglich sind, sollten noch nach derzeit gültigem Recht übertragen werden, um zumindest das günstige Bewertungsniveau zu sichern.
Sog. ruhende Gewerbebetriebe (Betriebsverpachtung) sind – wie
dargestellt – mit Einschränkungen in die Betriebsvermögensbegünstigungen einbezogen. Die Übertragung noch nach altem
Recht ist in Erwägung zu ziehen. In Fällen steuerlicher Betriebsaufspaltung dürfte hingegen häufig das neue Recht günstiger sein,
insbesondere wenn sich das Vermögen der Betriebskapitalgesellschaft max. zur Hälfte aus sog. Verwaltungsvermögen zusammensetzt.
6.4 Gestaltungen im Erbfall, Anpassung letztwilliger
Verfügungen
Bei Erbfällen vom 1. 1. 2007 bis zum 31. 12. 2008 ist zu prüfen,
ob die Anwendung der Neuregelung günstiger ist. Für diesen
Fall kann von der Option gemäß Art. 3 ErbStRG Gebrauch ge-
565
macht werden, und zwar von jedem Erwerber getrennt. Da
zwingend die persönlichen Freibeträge des alten Rechts anzuwenden sind, ist die Wahl des neuen Rechts (nur) dann zu empfehlen, wenn der Erwerber das Familienheim und/oder begünstigte Betriebsvermögenseinheiten, für welche die Verschonungsregelungen gelten, erwirbt.
Bei vorhandenen letztwilligen Verfügungen ist zu prüfen, ob diese
zu überarbeiten sind. Insbesondere Gestaltungen, bei denen Erwerbern ungünstiger Steuerklassen bislang niedrig bewertetes
Vermögen zugewiesen wird, sind einer kritischen Überprüfung
zu unterziehen. Gleiches gilt auch für die Anwachsungstatbestände des Gesellschaftsrechts, für die sich die erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlagen erheblich erhöhen werden.
7. Resümee
Die Änderungen des Regierungsentwurfs vom Dezember
2007 sind aus Sicht der Steuerpflichtigen überwiegend zu begrüßen, schaffen sie doch weithin Entlastung. Bedauerlich ist, dass
die Bewertungsvorschriften nur geringfügig verändert sind. Insbesondere im Bereich der Unternehmensbewertung wäre eine
moderatere Bewertung selbst mit Blick auf die Anforderungen
des BVerfG geboten gewesen. Andererseits verschärfen die Erleichterungen, insbesondere im Bereich des Erwerbs des Familienheims, aber auch unternehmerisch gebundener Einheiten die
verfassungsrechtliche Problematik. Der Berater sollte die verbleibende Zeit bis zum Jahresende nutzen, in geeigneten Fällen
noch Übertragungen vorzuziehen.
Denkmalschutz ultra legem : Die Zukunft der Steuerbefreiung für Kulturgüter gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
Von Prof. Dr. Carl-Heinz Heuer und Dr. Nicolai von
Cube *
Das Erbschaftsteuerrecht bietet die Möglichkeit, im öffentlichen Interesse erhaltenswertes und der Forschung oder Volksbildung gewidmetes Kulturgut mit einem Bewertungsabschlag von 60 % und
– unter erweiterten Voraussetzungen – sogar vollständig von der
Erbschaftsteuer auszunehmen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Die Zukunft von Kunstschätzen in privater Hand wird jedoch seit wenigen
Jahren durch einen koordinierten Ländererlass des Bayerischen
Staatministeriums der Finanzen in Frage gestellt. Die dort niedergelegten Voraussetzungen verengen die gesetzlichen Regelungen für
die Erbschaftsteuerfreiheit contra legem und verkennen die unterschiedlichen Denkmalschutzsysteme der einzelnen Bundesländer.
1. Die Steuerbefreiung für Kulturgüter im System des
Erbschaftsteuerrechts
Die seit 1919 existierende Regelung des § 13 Abs. 1 Nr. 2
ErbStG hat dazu beigetragen, seit Jahrhunderten im Familienbesitz befindliche Kunstsammlungen und Kulturgüter, oft an ih*
Die Autoren sind Rechtsanwälte in Frankfurt a. M.
rem authentischen, historischen Standort, zu erhalten. Viele
Kunstsammlungen wurden so vor Zerschlagung und einem Verkauf ins Ausland bewahrt. Vor diesem Hintergrund erfüllt die
Möglichkeit der vollständigen Erbschaftsteuerfreistellung unter
den engen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. b ErbStG
eine wichtige Funktion auch für die Erhaltung privaten Kunstbesitzes und nationaler Kulturgüter 1.
Durch das gesetzliche Erfordernis, die begünstigten Kulturgüter Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar zu
machen, wird die Sozialbindung des Eigentums unterstrichen und
bürgerschaftliches Engagement im kulturellen Bereich angestoßen.
Viele Kunstsammler sehen im Rahmen ihrer Nachfolgeplanung
Modelle vor, die eine Öffnung bisher unzugänglicher Privatsammlungen ermöglichen, z. B. in Form von Leihgaben an Museen oder durch Schaffung eigener öffentlicher Ausstellungsräume.
Seit der Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit
des gegenwärtigen Erbschaftsteuerrechts2, wird kontrovers diskutiert, ob unterschiedliche Besteuerungsmaßstäbe für verschiedene Vermögenswerte gerechtfertigt seien. Die besonderen Be1 Vgl. Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rn. 24.
2 BVerfG v. 7. 11. 2006, 1 BvL 10/02, ZEV 2007, 76 m. Anm. Piltz, DStR
2007, 235, NJW 2007, 573.