Waren und Welten Alltagskultur der fünfziger Jahre Gesamtleitung
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Waren und Welten Alltagskultur der fünfziger Jahre Gesamtleitung
Waren und Welten Alltagskultur der fünfziger Jahre Gesamtleitung Prof. Dr. Harald Siebenmorgen Kaufmännische Direktion Susanne Schulenburg Ausstellungskurator Wolfgang Knobloch Ausstellungsarchitektur Dipl. Ing. Architekt Joachim Henrich Kooperationspartner Stadtarchiv & Historische Museen Karlsruhe Dr. Ernst Otto Bräunche, Dr. Volker Steck, Angelika Sauer, Katja Schmalholz, Dagmar Weigand Leihgeber Karl Leis, Klaus Heilig, Hans-Fried Heidt, Helmut Wohlschlegel, Christian Freytag Dank an Otti Knobloch (Assistenz des Kurators, Texttafeln) Dr. Jutta Dresch (Recherchen, Archiv) Karin Stötzer M.A. (Begleitprogramm) Restauratorische Betreuung Wolfgang Knobloch Christoph Adler, Bettina Bombach-Heidbrink, Aimo Franke, Nicole Freivogel-Sippel, Dipl. Rest. Maria Mercedes Juste Aparicio, Dipl. Rest. (FH) Agnes Krippendorf, Irmgard Lell M.A., Kerstin Riepenhausen, Detlef Sippel, Peter Staufer, Andrea Wähning, Danielle Woodward Haustechnik und Ausstellungsaufbau Dipl.-Ing. Arch. Joachim Henrich Karl Beck, Oliver Föll, Klaus Fritz, Theodor Heller, Anton Mayer, Walter Schröder, Andreas Stammer, Anja Schümann, Günter Wagner, Volker Wurmbäck, und Dipl.-Ing. (FH) Wilfried Hartmann (Medientechnik) Fotoarbeiten Thomas Goldschmidt, Ursula Kinzinger Grafikdesign (Großbilder) Ausstellung: Fa. visuell GmbH Museumspädagogik Dr. Gabriele Kindler, Dagmar Vituschek M.A., Eva Unterburg M.A., Doris Götz, Mechthild Seiffer (Besucherservice) Presse-, Öffentlichkeitsarbeit, Marketing Dr. Christiane Dätsch, Katrin Lorbeer M.A., Karin Stötzer M.A., Ulrike Steffen M.A. Personal und Finanzen Petra Weiler Larissa Diel, Ingrid Draksler, Lothar Finckh, Eugen Lehr, Tanja Mercedes-Bernabel, Ina Twelker, Renate Winteroll Controlling Stefan Konstandin Sekretariat Jadwiga Lewicki, Hilde Pinnel Bibliothek Dipl.-Bibl. Birgit Wendel Dipl.-Bibl. Tina Metz, Angelika Moll, Petra Müller 2. Waren und Welten Die bunte Warenwelt der 50er und 60er-Jahre Supermärkte, XXL-Möbelhäuser, Outlet-Stores u. ä. waren in den 50er Jahren in Deutschland weitgehend unbekannt. Mit Ausnahme bereits bestehender Kaufhäuser, wie z. B. Karstadt, Hertie und Merkur, erfolgte der Warenvertrieb in Karlsruhe überwiegend durch Fachgeschäfte, die – oft alteingesessen – mit ihrem Namen beispielhaft für bestimmte Warensegmente standen. Solche, heute nicht mehr bestehenden Fachgeschäfte stehen in dieser Ausstellung für die damals in diesen Betrieben angebotenen Waren. Das Möbelhaus Ehrfeld war in den 50er Jahren eines der führenden Karlsruher Möbelhäuser, mit Ausstellungsräumen am Rondellplatz, wo sich heute das ECE-Center befindet. Der Name „Radio-Freytag“ stand für ein umfangreiches Angebot an Radiogeräten, und ab Mitte der 50er-Jahre auch für Fernsehgeräte, Küchenmaschinen, Kühlschränke, Elektroherde, Staubsauger und vieles mehr. Lampen kaufte man ganz selbstverständlich bei der Firma van Kaick in der Amalienstraße. Das Feinkostgeschäft Schindele bot ein exquisites Angebot an Delikatessen aus aller Welt an. An der Kaiserstraße wichen die Behelfsbauten der Nachkriegszeit langsam modernen, zweckorientierten, schmucklosen Zweckbauten. Hier befanden sich zwischen Marktplatz und Europaplatz die meisten der traditionellen Firmen, wie z. B. das Geschenkhaus Wohlschlegel, das vor allem Porzellan und Glas, dekorative Waren, Lampen, Uhren, Kleinmöbel usw. anbot. Stoffe aller Art führte die seit Generationen bestehende Firma Leipheimer & Mende. Nur wenige Schritte von ihr entfernt erfüllten sich im Spielwarenhaus Christmann Kinder- und Erwachsenenträume. Das Kaufhaus Union (später Hertie) schräg gegenüber bot der Kundschaft als besonderen Service im Restaurant des Hauses nachmittägliche Kaffeehaus-Musik mit befracktem Pianisten und Stehgeiger. Das Modehaus Kleiber führte Mode für die ganze Familie, und im Haushaltswarengeschäft der Firma Hammer & Helbling fand die Hausfrau alles, was sie für den Haushalt benötigte. Waschmaschinen – damals noch keine Selbstverständlichkeit – waren bei der Firma Melang & Steponath in Durlach ebenso zu haben wie Zimmeröfen, Heizgeräte aller Art, Kleineisen, Waren und Beschläge. Ebenfalls auf der Kaiserstraße befanden sich die Buchhandlungen Kundt und Braunsche. 3. Horst Schlesiger und sein Fotonachlass im Stadtarchiv Karlsruhe Horst Schlesiger wurde am 28. Mai 1925 in Halle/Saale geboren. Im Alter von zwölf Jahren kam er nach Karlsruhe, wo er die Helmholtz-Oberrealschule bis zur Obersekunda besuchte. Von August 1941 bis Januar 1943 absolvierte er eine Fotografenlehre im Fotoatelier Wilhelm Bauer. Nach der am 25. August 1943 bestandenen Gesellenprüfung erhielt er am 1. Juli 1945 seine erste Anstellung als Fotograf im Fotoatelier Guido Boucher, die er jedoch wegen Materialmangels bald wieder aufgeben musste. Am 1. September 1945 wurde er Fotograf bei der Landespolizei/Kriminalhauptstelle Karlsruhe und legte am 14. Januar 1948 vor der Handwerkskammer Karlsruhe seine Meisterprüfung ab. Von 1950 bis 1990 war Horst Schlesiger als freiberuflicher Bildjournalist für die „Badischen Neuesten Nachrichten“ in Karlsruhe tätig. Nach 40 Jahren Berufstätigkeit als der Karlsruher Bildreporter der Nachkriegszeit starb Schlesiger am 5. März 1993 in Karlsruhe. In einem Nachruf der BNN nannte ihn der langjährige Chefredakteur der Lokalredaktion, Josef Werner, einen „Chronisten mit der Kamera“ und einen „Wegbegleiter einer Epoche Karlsruher Geschichte.“ Schlesigers Bildnachlass befindet sich seit 1994 im Besitz des Stadtarchivs Karlsruhe. Er umfasst 70 Ordner mit Negativen für Schwarzweißfotografien und enthält alle Bilder, die Schlesiger während dieser 40 Jahre für die BNN fotografiert hat. Die zu den Negativen gehörenden Bilder liegen als Zeitungsausschnitte, in Form der jeweils in den BNN veröffentlichten Aufnahmen vor und sind in 66 Ordnern abgeheftet. Schlesigers Fotografien sind für die Stadtgeschichte von Karlsruhe von unschätzbarem Wert, denn sie spiegeln das öffentliche, politische und gesellschaftliche Leben der Stadt wider, die Freizeit und Arbeitswelt der Menschen und zum Teil auch ihre Schicksale. Stimmungsvolle Natur- und Landschaftsaufnahmen von den Grünanlagen in Karlsruhe sowie vom Rhein mit seinen Altrheinarmen ergänzen die Dokumentation. 4. Feinkost-Schindele Der Firmenname Feinkost-Schindele stand in Karlsruhe in den 50er- und 60er -Jahren für nationale und internationale Feinkost. Das Angebot war breit gefächert: Es reicht von frischen See- und Süßwasserfischen über Kaviar und Wild, italienische oder spanische Schinken- und Käsespezialitäten, über Weine, Liköre, Spirituosen, Sekte und Champagner bis hin zu Südfrüchten, Pilzen und Gemüse, Kaffee- und Teesorten, feine Schokoladen und Pralinen, Bonbons und anderen Süßigkeiten. Lachs war noch so teuer, dass selbst im Delikatessenbereich überwiegend eingefärbter „Lachsersatz“ verkauft wurde. Da importierte Lebensmittel durch den von den Alliierten festgelegten ZwangsumtauschKurs von DM 4,20 für einen US-Dollar und angesichts der damaligen Devisenknappheit in der BRD sehr teuer waren, war der Konsum dieser Lebens- und Genussmittel nicht selbstverständlich. Es galt als große Aufmerksamkeit, seiner Angebetenen eine Bonbonnière zu schenken oder sich für eine Einladung mit einer Geschenkkassette aus dekorativ bedrucktem Weißblech zu bedanken, die ein Pfund Kaffee enthielt. Kaffee war teuer und daher ein willkommenes Geschenk. In den aufwendig gestalteten Dosen wurden auch Bonbons, Lakritzkonfekt, Feingebäck, Kekse sowie die äußerst beliebten Salzletten und Salzbrezeln angeboten. Dass dieses Partygebäck unverzichtbar war, beweist die große Zahl verschiedenartiger Salzlettenund Brezelständer, die in keinem Haushalt fehlten. 5. Firma Photo-Glock Foto, Dia, Film Bei Kriegsende hatten die Alliierten Radios, Ferngläser und Fahrräder, Fotoapparate und Schmalfilmgeräte beschlagnahmt. Nach dem Krieg produzierte die Industrie überwiegend einfache Rollfilm-Boxen. Technisch aufwändige Geräte wie Spiegelreflexkameras wurden hauptsächlich für den Export hergestellt. Zu den ersten Neuentwicklungen zählten die Agfa-Click und die Agfa-Clack, preiswerte Rollfilmkameras, für die es auch Blitzlichtzubehör, Stative und Belichtungsmesser gab. Zunächst fotografierten die Deutschen überwiegend schwarz-weiß, da Farbfilmmaterial noch sehr teuer war. Fotoalbum auf Fotoalbum füllte sich mit Bildern, Eintrittskarten und anderen Urlaubserinnerungen. Als die Deutschen Mitte der 1950er-Jahre wieder in den Urlaub fuhren, entstand ein wahrer Foto- und Filmboom. Wertvolle Urlaubserlebnisse und exotische Motive wurden im Bild festgehalten, Freunde und Verwandte mussten an endlosen Dia-Abenden diese Erinnerungen über sich ergehen lassen. Zünftige Wanderer benötigten natürlich Ferngläser oder Fernrohre, und für den Theaterbesuch waren Operngläser unverzichtbar. Beim Optiker hatten die Wehrmachts- und Gasmaskenbrillen ausgedient; fantasievolle modische Kreationen mit dem typischen „Katzenaugenschnitt“ eroberten den Markt. Brillen entwickelten sich zu modischen Accessoires, Sonnenbrillen gehörten zu jeder touristischen Grundausstattung. Herren bevorzugten schwere Hornbrillen, da sie ein intellektuelles Aussehen verliehen. 6. Glas, Porzellan, Metall, Uhren Geschenkhaus Wohlschlegel Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand ein gigantischer Nachholbedarf bei der Wohnungsausstattung. Über 14 Millionen Flüchtlinge und mehr als 10 Millionen Ausgebombte hatten ihr gesamtes Hab und Gut verloren. Sie benötigten Wohnungen und eine Einrichtung. Ging es ums Detail, beherrschte eine „Setologie“ die Wohnzimmer und Küchen der Deutschen: Gläser, Servietten, Sammeltassen, Gläseruntersetzer und vieles mehr musste wohlgeordnet in eigens angefertigten Ständern, Halterungen und Trägern aufbewahrt werden. Raucher-Sets, bestehend aus einem Tablett mit Aschenbecher, Zigarettendose, Kerzenhalter und einem Behälter für Streichhölzer, Flaschenkorken- und Obstmesser-Sets, Flaschen- und Gläserträger, Behälter für Salzletten und -brezeln waren typische Haushaltgegenstände der Zeit. Sammeltassen gehörten zu den beliebtesten Geschenken: Jeweils sechs Tassen, Untertassen und Kuchenteller, sauber in Drahtgestellen eingeräumt, zierten die verglasten Vitrinen der Wohnzimmerbüffets. Auf Anrichten, später Sideboards genannt, thronten exotische Stuckfiguren, auf Fernsehschränken durfte ein Rauchverzehrer aus Porzellan oder hinterleuchteten Kunststoffröhren nicht fehlen. Er sollte angeblich das Nikotin aus der Luft filtern und das Vergilben der Vorhänge verhindern. In den 1950er-Jahren wurde auch das Blumenfenster zum Statussymbol: Blumen- und Kakteenständer, Halterungen mit Miniatur-Gartenwerkzeugen, kleine Gießkannen und Miniatur-Springbrunnen waren dafür unentbehrlich. Vasen, Speise-, Kaffee- und Teeservice waren eine Spezialität des Geschenkhauses Wohlschlegel. Für den gehobenen Bedarf führte das Fachgeschäft Porzellan- und Fayencefiguren, wobei neben deutschen Herstellern wie Rosenthal oder Fürstenberg Produkte der Karlsruher Majolika Manufaktur nicht fehlten. Wechselnde Themenausstellungen in den Schaufenstern des Geschäfts erinnerten an historische Ereignisse, etwa das 250-jährige Stadtjubiläum oder an den Freiherrn von Drais, an einzelne Majolika-Künstler etc. Unzählige junge Mädchen und Frauen haben in diesem Spezialgeschäft für ihre Aussteuer erworben. Vom schwülstigen Neo-Barock über die bunten asymmetrischen Kreatio- nen der 1950er-Jahre bis hin zu den kühlen und sachlichen Formen des skandinavischen Designs gab es nahezu alles. Ölgemälde, Drucke und textile Wandbilder mit Tamburin spielenden „Zigeunerinnen“, idyllischen Berg- oder Seenlandschaften oder dezenten Aktdarstellungen fehlten in keiner Wohnung. Dekorative Wandteller, Keramikmasken und Standfiguren aus Draht mit italienischen und exotischen Motiven weisen auf das Fernweh der Deutschen hin. Beliebt waren auch dekorative Metallobjekte aus versilbertem Messing und aus Zinn. Firmen wie WMF (Württembergische Metallwarenfabrik) und BMF (Bayrische Metallwarenfabrik) produzierten in großer Bandbreite Wandteller, Obstschalen, Vasen, Aschenbecher, Kerzenleuchter, Serviettenständer, Knabber- und Federschalen usw. Besonders die IKORA-Serie von WMF erfreute sich großer Beliebtheit. Absolut typisch für die 1950er-Jahre sind auch Haushaltsgegenstände aus farbig eloxiertem Aluminium. Nach dem Krieg wurden viele Gegenstände des täglichen Bedarfs aus Aluminiumblech hergestellt, das nach dem Ende der Flugzeugproduktion in reichlichem Maße vorhanden war. Da dieses Material schnell unansehnlich wurde, bemühte sich die Industrie, sein Aussehen durch Farbüberzüge zu verbessern. Aber auch der Überzug erwies sich als so empfindlich, dass eloxierte Artikel überwiegend für dekorative Zwecke Verwendung fanden. Wand- und Kommodenuhren in allen Variationen und Stilrichtungen, Servier- und Bartischchen, Kleinmöbel, exquisite Leuchten, Kamingeschirr und andere Wohnaccessoires vervollständigten das Angebot des bekannten Geschäfts. Eine Besonderheit stellt das vor 1950 entstandene Gemälde des im Krieg zerstörten Geschäftshauses der Firma Wohlschlegel in der Kaiserstraße dar. Es zeigt den Abbruch der Gebäudereste sowie das Verladen des Schutts auf die Karlsruher Trümmerbahn. Das Bild wurde dem Badischen Landesmuseum anlässlich der aktuellen Ausstellung von Helmut Wohlschlegel geschenkt. 7. Haushaltswaren Fa. Hammer & Helbling Zu den führenden Fachgeschäften für Haushaltswaren, Küchengeräte, Beschläge, Kleineisenwaren, Gartengeräte und Campingzubehör zählte über Jahrzehnte die Firma Hammer & Helbling, die in der Kaiserstraße gegenüber dem damaligen Kaufhaus Union (später in Hertie umbenannt) ihr Familienunternehmen betrieb. In diesem Warenhaus fand sich über drei Etagen alles, womit in Haus und Garten, in der Küche und im Hobbybereich gewerkelt werden konnte. Schwerpunkt waren jedoch die Haushaltswaren. Als die in der unmittelbaren Nachkriegszeit produzierten und vertriebenen Aluminiumtöpfe, Pfannen und Schüsseln den Ansprüchen nicht mehr genügten, kam noch einmal emailliertes Geschirr in Mode. Verkaufsschlager waren Kochtopf-Sets, deren einzelne Komponenten verschiedenfarbig emailliert waren. Um sie platzsparend in den Küchenschränken stapeln zu können, verfügten sie über abnehmbare Griffe aus Federstahlringen. Da das Emaille jedoch leicht abplatzte, wurde das Geschirr schnell von Kunststoffmaterialien abgelöst. Typisch für die Zeit waren Kaffeekannen mit Isolierüberschüben, Wärmehauben sowie Thermoskannen aller Art. Vom Kaffeekult jener Zeit zeugen die verschiedensten Arten von Kaffeemühlen, Filterkannen und Tassenfilter. Für den schnellen Kaffee zwischendurch waren Tauchsieder erhältlich, mit deren Hilfe der aus Amerika importierte InstantKaffee aufgebrüht werden konnten. Viele Neuheiten aus dem Ausland eroberten den deutschen Markt. So wurde beispielsweise die „Flotte Lotte“ zum Durchpassieren von Gemüse durch die französische Moulinette ersetzt. Kronenkorken verdrängten die Bügelverschlüsse von Bier- und Limonadenflaschen. Speiseeismaschinen, Dampfkochtöpfe, Gargeräte und Toaster bereicherten nach und nach die Haushalte. In der Hausbar durften Liköre und Cognacs nicht fehlen. Zunehmend kamen auch Cocktails in Mode, und es galt als schick, bei einer Party Selbstgemixtes anzubieten. Also benötigte der moderne Haushalt auch alle dafür notwendigen Gerätschaften wie Cocktailgläser und Cognacschwenker in goldfarbenen eloxierten Drahtgestellen, Mixbecher und Kannen, Eis-Eimerchen oder Eis-Crusher. Für die Zubereitung der Cocktails waren eine Vielzahl verschiedener Spirituosen und Wermutweine (Cinzano und Martini) nötig. Populär war auch die „Feuerzangenbowle“, für die ebenfalls komplette Sets – vielfach aus bunt eloxiertem Aluminium gefertigt – angeboten wurden. Bowlen, angesetzt mit Waldmeister, Pfirsich, Erdbeeren oder Ananas, waren beliebte Partygetränke. Zum Herauspicken der Früchte benötigten die Gäste Partygäbelchen, die in fantasievollen Ständerchen mit Gläseranhängern parat standen. Dazu gab es Salzletten und -brezeln, Erdnüsse und Käsehäppchen vom Käseigel. Salzletten- und Brezel-Ständer sowie Erdnussspender in Tierform waren in unzähligen Variationen im Handel. Flaschenwiegen und ständer, „Likör-Tankstellen“, Karaffen, dekorativ gestaltete Flaschenkorken-Sets, Servietten- und Obstmesser-Ständer, Serviertabletts und Barwagen ergänzten das Inventar. Für Reise und Camping führte die Firma Hammer & Helbling die erforderlichen Campingmöbel, Gas- und Spirituskocher, Campinggeschirr, Picknicktaschen, Reisebügeleisen, -tauchsieder, -kleiderbügel, Damen- und Herren-Reisenecessaires sowie Reisekoffer und taschen. „Herrenzimmer“-Ausstattungen bestehend aus Schreibtischgarnituren mit Federschalen, Briefständern, Tintenlöschern, Füllerständer und Brieföffner sowie Rauchgarnituren zur ordentlichen Aufbewahrung aller nur denkbarer Raucherutensilien waren beliebte Geschenke für den Herrn. 8. Fa. Melang & Steponath Herde, Öfen, Waschmaschinen, Eisenwaren Die in Durlach ansässige Firma Melang & Steponath hatte vor allem Küchenherde, Zimmeröfen, Heizgeräte, Waschmaschinen, also Geräte der sogenannten „Weißen Ware“ im Angebot. Daneben betrieb das Familienunternehmen einen Handel mit Eisenwaren, Beschlägen, Baustahl, Blechen und Werkzeugen. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann aus der Not heraus die Produktion einfacher, billiger, kleiner und damit leicht zu transportierender Behelfsöfen. Diese überwiegend aus Kriegsschrott konstruierten „Notöfen“ stellten für viele Flüchtlinge und Menschen ohne Obdach oft die einzige Heiz- und Kochmöglichkeit dar. Nachdem ihre reguläre Produktion Ende der 1940er-Jahre wieder aufgenommen worden war, waren überwiegend braun- oder schwarzemaillierte Kohlenöfen im Einsatz, die mit Eierkohlen, Briketts und Holz beheizt wurden. Unentbehrlich für das Heizen waren Kohlenschütten und Brikettkästen mit Hammerschlagdekor, Brikettzangen, Kohlenschaufelchen, Aschekratzer und Schürhaken. Da nach wie vor Wohnungsnot herrschte und die meisten Menschen in Räumen ohne Kaminanschluss lebten, boten elektrisch oder mit Flüssigbrennstoffen betriebene Heizgeräte eine Alternative. Die Abführung der Abgase war über ein Rauchrohr möglich, das durch eine Fensteröffnung ins Freie führte. Dass Petroleum- und Benzin betriebene Heizgeräte häufig zu Zimmerbränden führten, ist leicht nachvollziehbar. Im Marktsegment der Waschmaschinen war eine ganze Generation mangels moderner Geräte zu altbewährten Waschmethoden zurückgekehrt. Die mechanische Behandlung der Wäsche in Waschzubern, mit Wäschestampfern, Waschbrettern, handbetriebenen Rührwerken, Waschkugeln usw. gehörte bis weit in die 1950er-Jahre hinein zum Alltag der Hausfrau. Das Angebot an Wäschestampfern war groß und reichte von einfachen gelochten Metallhalbkugeln, die an einer Holzstange befestigt waren, bis hin zu komplizierten Pump- und Saugkombinationen aus Messing oder verchromten Materialien. Der Sinn und Nutzen dieser Geräte bestand im Aufschäumen der Waschlauge und einer beschleunigten Wasserbewegung durch die vorhandenen Düsen. In einer letzten Entwicklungsstufe kamen solche Pumpen mit elektrischem Antrieb zum Einsatz. Unentbehrlich für das Bewegen und Umfüllen der Wäsche vom Topf auf dem Herd in die Spülwanne oder Schleuder waren hölzerne „Waschbengel“ und Wäschezangen, die häufig als Zugabe beim Kauf von Waschmitteln erhältlich waren und den Werbeslogan der jeweiligen Waschmittelfirma abbildeten. Passend zu den handbetriebenen Waschkugeln, bei denen Wäsche, Waschmittel und heißes bzw. kaltes Wasser von Hand eingefüllt werden mussten, waren kleine elektrische Wäscheschleudern in Gebrauch, bei denen das Restwasser separat abgeführt und aufgefangen werden musste. Da das benötigte Wasser sowohl für die Wäsche als auch zum Baden auf dem Küchenherd erhitzt wurde, fiel der Waschund Badetag in der Regel auf einen Samstag. Nach und nach landeten alle Familienmitglieder in dem in der Küche aufgestellten Waschzuber oder in der Sitzbadewanne. Da bei der großen Wäsche vor allem das Auswringen als schwere Arbeit anstand und Waschmaschinen sehr teuer waren, entschieden sich viele Hausfrauen zunächst für die Anschaffung einer Wäscheschleuder. Da die Wäschepressen, die mit Wasserdruck arbeiteten, durch den hohen Wasserverbrauch und die geringe Effizienz unwirtschaftlich waren, war die elektrische Wäscheschleuder der ideale Kompromiss. Bei Kombinationsmaschinen waren Wäschetrommel und –schleuder getrennt nebeneinander eingebaut und unabhängig voneinander einsetzbar. Handmangeln mit zwei gegenläufigen Holzrollen erübrigten sich nach und nach durch den zunehmenden Einsatz von Wäscheschleudern, elektrischen Bügeleisen, Dampfbügeleisen und Bügelmaschinen. Für eine weitere schwere Hausarbeit, das Bohnern der Holzböden in den Wohnungen, dienten schwere sogenannte „Blocker“, mit denen nach dem Auftragen des Bohnerwachses der Boden auf Hochglanz poliert wurde. Um diese anstrengende Arbeit zu erleichtern, kamen auch elektrische Blocker zum Einsatz, die jedoch verhältnismäßig teuer waren. „Schrubber“ dienten dem Nassbürsten von Stein- und Keramikböden. 9. Kinos in Karlsruhe Luxor, Kurbel, Universum Nach dem Krieg waren es zunächst ausschließlich amerikanische Filmproduktionen, die in den Westzonen gezeigt wurden. Doch kaum hatten die alliierten Kontrollorgane Lizenzen an deutsche Filmemacher vergeben, begannen schnell neue Produktionen zu entstehen. Schon 1951 fanden in Berlin die ersten internationalen Filmfestspiele statt. Eine besonders wichtige Rolle in den 50er Jahren spielte der Heimatfilm. Heimat war im Nachkriegsdeutschland zu einem wertvollen Gut geworden. Über 12 Millionen Heimatvertriebene waren vor allem aus den deutschen Ostgebieten und den deutschen Siedlungsgebieten aus dem Balkan in die BRD gekommen. Der Verlust der Heimat führte bei dieser Bevölkerungsgruppe zu einer besonders intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die ständige Beschwörung der „guten alten Zeit“ kam natürlich besonders bei Heimatvertrieben gut an. „Heile Welt“-Filme wie „Das weiße Rössl am Wolfgangsee“, „Schwarzwaldmädel“, „Ich denke oft an Piroschka“, „Grün ist die Heide“, „Mariandl“ und „Wenn Poldi ins Manöver zieht“ konkurrierten mit alpenländischen Tragödien wie „Die Geierwally“, „Der Jäger vom Fall“ und „Der Förster vom Silberwald“. Unzählige amerikanische Wildwest- und Indianerfilme flimmerten selbst in den kleinsten Dorfkinos über die Leinwand, dem jugendlichen Publikum boten Walt-Disney-Produktionen und Zeichentrickfilme Abwechslung. Den bisweilen problematischen Alltag mit den Besatzungsmächten thematisierten Filme wie „Stadt ohne Mitleid“ und „Toxi“. Den jungen deutschen Musikfilm prägten Nachwuchskünstler wie Conny Froboess und Peter Kraus, die zu Idolen einer ganzen Generation von Jugendlichen werden. Das Fernweh der Deutschen spiegelte sich in Filmen mit Freddy Quinn wider wie „Freddy unter fremden Sternen“ und „Junge, komm bald wieder“. Mit der Vergangenheitsbewältigung tat sich der deutsche Film in der BRD hingegen schwer: Zu den wenigen Ausnahmen zählen die Filme „Rosen für den Staatsanwalt“ und „Die Brücke“ von Bernhard Wicki. 10. Kiosk – Trinkhalle Kioske, oft vollmundig „Trinkhalle“ genannt, waren in den 50er- bis 70er-Jahren sehr zahlreich im Stadtbild zu finden. Für den kleinen Hunger oder Durst, die schnelle Mittagspause, für Süßigkeiten und Obst, Getränke, Zeitungen, Zeitschriften, Zigaretten und Tabakwaren, für Kleinspielzeug, Wundertüten und „Schundheftchen“ waren die häufig primitiv gebauten Buden die richtige Adresse. Annahmestellen für Toto und Lotto oder Schulbedarf – das Angebot der Kioske war in der Regel ihrer Nachbarschaft angepasst. An manchen Kiosken war es möglich, sogenannte „Bückwaren“ zu kaufen, Zeitschriften also, die nicht öffentlich ausgelegt werden durften, wie z. B. Hefte der Nudisten und FKK-Vereinigungen. Zigaretten gab es in kleinen Viererpäckchen zu kaufen; Zigarren und Stumpen waren (erlaubt oder nicht) auch einzeln erhältlich. Pfeifen und Kautabak, Feinschnitt und Zigarettenpapiere, einfache Pfeifen und Zigarettenmundstücke, Streichhölzer, Feuerzeuge und Feuersteine gehörten ebenfalls zum Angebot. Außerdem gab es die bei der Jugend äußerst beliebten „Streifenheftchen“ wie „Tibor“, „Sigurd“ oder „Nick, der Weltraumfahrer“, die in der Schule unter der Bank gelesen wurden. Wer erwischt wurde, musste mit der Konfiszierung des Heftes und einer Strafe rechnen. In den Bereich der „Schundliteratur“ gehörten neben den Streifenheften die nach amerikanischem Vorbild erscheinenden großformatigen Bilderheft-Serien. Vor allem Western- und Abenteuerserien wie „Tarzan“ und „Prinz Eisenherz“, aber auch „Mickey Mouse“ und „Fix & Foxi“ fanden unter den Jugendlichen begeisterte Anhänger. Leser allen alters waren von den zunächst wöchentlich in der Illustrierten „Quick“ erscheinenden Bildergeschichten des Meisterdetektivs „Nick Knatterton“ und den in der Illustrierten „Stern“ veröffentlichten Geschichten von „Jimmy und dem Gummipferd“ angetan. Kinder erwartete in der „Hör zu“ wöchentlich eine Bildergeschichte mit dem Maskottchen Mecki. Die Zeitschrift „Bild und Funk“ setzte dafür ihren Esel „Mufti“ ein. Jugendliche und junge Erwachsene bevorzugten Romanheft-Serien wie „Pete“, „Tom Prox“, „Billy Jenkins“ oder „Rhen Dark“, außerdem Kriegsroman-Serien wie „Der Landser“ oder „SOS-Schicksal deutscher Schiffe“, die nicht selten das Kriegsgeschehen glorifizierten. Für Mädchen erschienen Heftserien wie „Gabi“ und „Sonny“. Für den weiblichen Leser gab es wöchentlich die „Lore-Romane“, „Edelstein“ oder „Moewig“, bei denen es sich vor allem um Liebes- und Heimatromane handelte. 11. Firma van Kaick Lampen und Leuchten Das Lampenangebot unterschied sich im Bereich der „Stil-Leuchten“ mit Kronleuchtern diverser Formen, Lampentischchen und Flurlampen kaum vom Vorkriegsangebot. Neu waren drei- bis zwölfflammige Deckenkronen mit tütenförmigen Glasschirmen. Zwischen den Leuchterarmen finden sich oft lanzettförmige, verschiedenfarbig gestaltete oder vergoldete Blätter als Dekoration oder als Lichtreflektoren. Wandleuchten waren ähnlich gestaltet. Die tütenförmigen Abdeckungen (Schuten) der Leuchtmittel bestanden häufig aus gelacktem Papier, Textilmaterialien und Kunststofffolien. Die Leuchterarme waren bei Wand- und Standleuchten vielfach beweglich gestaltet und bestanden aus einem spiralförmig gewickelten Metallschlauch, in dem die Elektrokabel eingezogen waren. Beliebt waren auch halb hohe Standleuchten mit keramischen Trägergefäßen und textilen Lampenschirmen. Bei Schlafzimmerdeckenlampen (Ampeln) waren flache, runde oder dreieckige Glasschalen in bunten Farben mit abstrakten Dekoren sehr beliebt. Die Glasflächen der Leuchten waren vielfach teilmattiert und mit Metallgitterblechen oder Textilmaterialien kombiniert. In den 1960er-Jahren kamen zunehmend Lampen aus Kunststoffmaterialien auf den Markt. Beliebt waren „Rollenlampen“ aus Acrylglas oder ineinander gesteckten Kunststofffolien. Zu dem zunehmend beliebten skandinavischen Möbeldesign passten Leuchten aus edlen Hölzern wie Teak und Meranti, kombiniert mit Bastwicklungen bzw. Textilbezügen. In diesen Zusammenhang gehören auch die aus Holzspänen zusammengesteckten Leuchten, die überwiegend als Deckenlampen angeboten wurden. Sehr dekorativ, aber auch überaus hitzeempfindlich, waren Lampenschirme aus bunten oft mit exotischen Motiven bedruckten Acellafolien. Kunststoffkugeln mit flächigen oder kerbschnittartigen Dekoren erinnern schon an die Formen der Discokugeln, die in den 1970er-Jahren in keinem Partykeller fehlen durften. Flurleuchten bestanden zum größten Teil aus einem bunt lackierten Metallschirm, unter dem ein Glaskörper mit Streifen-, Schliff- oder Farbdekorationen eingehängt war. 12. Möbelhaus Ehrfeld Das Möbelangebot stellte sich keineswegs so einheitlich dar, wie man heute annimmt. Neben den typischen Wohnzimmer-Ensembles – bestehend aus teilverglastem Büffet und Sideboard – aus hellen Hölzern und schräg gestellten Beinen gab es weiterhin die dunkel polierten, in schwülstigem „Zuckerbäcker-Stil“ gehaltenen Möbeln des „Gelsenkirchener Barock“. Die Möbel der 1950er-Jahre sind in der Regel zierlich und leicht gebaut, ein Umstand, der den Verhältnissen des sozialen Wohnungsbaus der Nachkriegszeit Rechnung trug. Kleine Wohnungen erforderten vielseitig verwendbare Möbel, ausklappbare Betten und ausziehbare Waschtische. Für Radios, Plattenspieler und Fernsehgeräte konzipierte Möbel, sogenannte Musik- und Fernsehtruhen, gab es sowohl in moderner Ausführung als auch passend zum althergebrachten Wohnungsstil der Vorkriegszeit. Zu den unverzichtbaren Möbelstücken der Zeit gehörte die Chaiselongue, ein flaches Polstermöbel, das, im Wohnzimmer oder in der Wohnküche aufgestellt, zum Mittagsschläfchen einlud. Da dieses Möbelstück keine Rückenlehne hatte, war als Wandschoner ein Wandbehang mit Alpenlandschaften, Schäferszenen oder einem röhrenden Hirsch üblich – passend zum „Gelsenkirchener Barock“. Zum modernen Stil passten Wandbehänge mit italienischen Landschaften, Tier- und Pflanzendarstellungen. Textile Wandbehänge mit angedeuteten Aktdarstellungen dienten der Dekoration von Schlafzimmern. Die zeittypische Vielfarbigkeit von Ensembles, die besonders bei Gläser-Sets und Geschirr auffällt, findet sich auch bei den Möbeln. Hier ist besonders an die verschiedenfarbigen Frontflächen der sogenannten „Schweden-Küche“ zu denken. Diese Farbigkeit wiederholt sich bei den unverzichtbaren Blumenständern. Auch Cocktailsessel sind verschiedenenfarbig gepolstert, und Nierentische mit bunten Resopaloberflächen gehören zu den wohl bekanntesten Möbeltypen der Zeit. Unverzichtbare Wohnaccessoires sind auch die bunten „Tütenlampen“, die es als Stand-, Wand- und Deckenmodelle zu kaufen gab. Sehr beliebt waren zudem Wandbilder mit Darstellungen von feurigen Flamencotänzerinnen, oberitalienischen Seenlandschaften, Keramikmasken pferdeschwanztragender Mädchenköpfe, dekorative Wandteller mit allen denkbaren Motiven, Tierfiguren sowie die weitverbreiteten schwarzen Gipsfiguren, die mit Vorliebe Baströckchen tragende schmollmündige Frauen darstellten. Die überwiegend in Italien hergestellten preisgünstigen Stuckfiguren waren in einem breiten Sortiment auf dem Markt vertreten und zeigten Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben ebenso wie Pudel, Schäferhunde, Rehe, romantische Szenen aus der Geschichte und Themen der Volksfrömmigkeit. Aus Skandinavien kam ein neuer Möbelmodetrend auf den deutschen Markt, der sich jedoch nur langsam bei einer eher zahlungskräftigen intellektuellen Kundschaft durchsetzte: Leichte schwungvolle Stahldrahtkonstruktionen mit eingelegten Fachböden und eingehängten Kastenbauelementen aus Teakholz oder anderen wertvollen Hölzern wiesen auf die Entwicklung des Möbeldesigns der 1060er- und 1970er-Jahre hin. 13. Radio- , Elektro- und Fernsehgeschäft Radio Freytag Die unmittelbar nach dem Krieg, also nach der Rückkehr des Firmengründers aus der Kriegsgefangenschaft gegründete Firma Radio Freytag war zunächst in einem provisorischen Gebäude untergebracht. Nach dem Wiederaufbau des Geschäftshauses in der Karlstraße bot die auf Radios spezialisierte Firma auch elektrische Haushaltsgeräte aller Art an. Zunächst waren jedoch die Radios der absolute Verkaufsschlager, Fernsehgeräte kamen in nennenswerter Menge erst ab Mitte der 1950er-Jahre auf den Markt. Die Neuordnung der Funkwellenfrequenzen nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutete für Deutschland den Verlust von Lang- und Mittelwellenfrequenzen und förderte zugleich die technische Innovation in der BRD, da sich die Produktentwicklung auf die Nutzung der UKW-Frequenzbereiche konzentrierte. Mitte der 1950er-Jahre war die Mehrheit der deutschen Haushalte mit Rundfunkgeräten ausgestattet. Das Angebot reichte vom bescheidenen Zweiröhrengerät mit einem Lautsprecher bis hin zum Radio-Super mit „Magischem Auge“, also fünf Lautsprechern und elf Röhren. Plattenspieler als Einzelgerät oder kombiniert in Musiktruhen mit Radiogeräten zählten zu den Verkaufsschlagern. Die Möglichkeit, sein privates Musikprogramm mit Schallplatten selbst zu bestimmen, faszinierte unzählige, vor allem junge Leute. Millionen von Single-Schallplatten kamen in wenigen Jahren auf den Markt. Der Erfolg jedes neuen Schlagers wurde an der Zahl der verkauften Schallplatten gemessen und Goldene Schallplatten belohnten die erfolgreichen Künstler. Bald wurde das Angebot durch große Langspielplatten ergänzt, deren Erfolg vor allem durch Aufnahmen klassischer und volkstümlicher Musik garantiert war. Zur Aufbewahrung der Schallplatten waren Plattenständer, -alben und -koffer erhältlich. Fernsehgeräte, die ab Mitte der 1950er-Jahre den Markt eroberten, waren zunächst so teuer, dass nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung sich ein solches Gerät leisten konnte. Bis 1953 waren nur etwa 13.000 Geräte gebaut worden. Der große Durchbruch kam mit der Vorstellung neuer Gerätetypen auf der 18. Großen Deutschen Rundfunk-, Phono- und Fernsehausstellung in Düsseldorf 1953. Zunächst bemühten sich die Produzenten, Radios, Plattenspieler sowie Fernsehgeräte in Möbel zu integrieren und damit der Wohnzimmereinrichtung anzupassen, da zu jener Zeit technische Geräte in einer Wohnzimmeratmosphäre noch als Fremdkörper empfunden wurden. Fernsehmöbel waren also in „modern“, aber auch in „Gelsenkirchener Barock“ erhältlich. Wer ein Fernsehgerät besaß, hatte viele Freunde und an Samstagabenden: Wenn eine Sendung mit Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kulenkampff oder Lou van Burg zu sehen war, versammelten sich Familie, Nachbarn und Freunde zu geselligen Fernsehabenden vor den Bildschirmen. Tonbandgeräte waren, preisbedingt, weniger verbreitet. Die ersten „Tefifon“-Modelle, bei denen nur fertige Bandkassetten abgespielt werden konnten, wurden bald von der zweiten Gerätegeneration abgelöst, die selbstständiges Aufnehmen und Abspulen zuließ. Im Bereich der Diktiergeräte kamen aufwändige Plattengeräte zum Einsatz, die bald von verschiedenen Tonbandfabrikaten abgelöst wurden. Eine technische Revolution stellten die ab Ende der 1950er-Jahre erhältlichen Transistor-Radios dar, die – batteriebetrieben – netzunabhängig benutzt werden konnten. Bedingt durch die Folgen des Zweiten Weltkriegs entstand ein großer Bedarf an Ausstattungsartikeln im Bereich von Küche und Wohnung. Die Elektrifizierung der Haushalte, die in den 1920er-Jahren begonnen hatte, erlebte in den 1950er-Jahren einen ungeheuren Aufschwung. Die Neuentwicklungen in diesem Marktsegment waren durch die vorrangigen Erfordernisse der Rüstungsindustrie nahezu zum Erliegen gekommen. Anknüpfend an die Vorkriegsproduktion nahmen viele Firmen ihre Produktlinien nach dem Krieg da wieder auf, wo sie zuvor aufgehört hatten. Gute Beispiele sind die Staubsaugermodelle von Kobold und der „Röhrenfön“ von Siemens. Um sich die Anschaffung mehrerer Geräte zu ersparen, gab es für Staubsauger Zubehörteile, die es ermöglichten, das Gerät auch als Fön zu verwenden. Wesentlich beeinflusst wurde die Produktentwicklung der Nachkriegszeit durch Vorbilder aus den USA. Die mit dem amerikanischen Lebensstil verbundenen typischen Produkte wie Küchenmaschinen, Mixer, Saftpressen, Kühl- und Gefrierschränke, Ventilatoren, Toaster, elektrische Staubsauger, Rasierapparate, Massagegeräte, Nähmaschinen und Kaffeemaschinen waren bald aus den Haushalten nicht mehr wegzudenken. Die Bemühung, nahezu jede im Haushalt anfallende Arbeit zu elektrifizieren, führte zu so kuriosen Erfindungen wie dem Krawattenbügler und dem Reise-Bügelfaltenbügler. Heizlüfter, elektrische Wärmedecken und Heizkissen, Babyflaschenwärmer, elektrische Christbaumkerzen, elektrische Waffeleisen, Föne und Kaffeekannen mit integrierter elektrischer Heizung gehörten bald zur allgemeinen Ausstattung der Haushalte. Elektrische Herde ersetzten Kohle- und Gasherde, und für den Touristen waren elektrische Reisebügeleisen, Reisetauchsieder, Kofferradios und Plattenspieler unverzichtbar. 14. Spielwaren-Fachgeschäft Christmann Das Spielwarenangebot entwickelte sich rasant zu einem höchst erfolgreichen Geschäftsbereich. In den Jahren zwischen 1944 und 1947 war Spielzeug überwiegend als Notproduktion im privaten Umfeld und in Kleinserien hergestellt worden. Sobald Material und Produktionsmittel wieder vorhanden waren, begannen die Karlsruher Traditionsunternehmen wieder mit ihrer Herstellung. Für die Kinder, aber auch für die um ihre Kindheit und Jugend betrogene Generation der jungen Väter eröffnete sich eine neue (Traum-)Welt. Allgemein bekannt ist die Mär von der elektrischen Eisenbahn, die ein Junge zu Weihnachten geschenkt bekam, mit der jedoch nur der Vater spielen durfte. Für Mädchen hatte sich das Angebot im Spielwarenladen seit den 1930er-Jahren kaum geändert: Puppen, Puppenstuben und -küchen, Kaufläden, Puppenwagen, Web- und Stickrahmen, Kindernähmaschinen, Ausschneidebögen, Bälle und Hüpfseile sowie Flöten und Melodicas gehörten nach wie vor zur Standardausstattung. Neu kamen für Mädchen Rollschuhe und Hula-HoopReifen, Plastiktiere und -schmuck, Federball-Spiele, Tretroller mit Gummireifen, GummiQuietschfiguren und Nickfiguren hinzu. Besonders beliebt waren die so genannten Negerpüppchen, eine Puppen-Variante, die während des Nationalsozialismus verpönt gewesen war. Mit der Lilli aus der Bild-Zeitung und der Barbie-Puppe kam außerdem ein völlig neuer Stil in Mode: Die Barbie verkörperte den modischen Mädchen- und Frauentyp der 1950erJahre mit Petticoat und Pferdeschwanz und war bald in unzähligen Varianten im Handel. Beim Spielzeug für Jungen dominierte neben Eisenbahnen, amerikanischen Straßenkreuzern, Bergbahnen und anderem Blechspielzeug erstaunlicherweise noch immer das Kriegsspielzeug. Da ein Großteil der damaligen westdeutschen Blechspielzeug-Produktion nach Amerika und England ging, waren amerikanische Fahrzeugtypen angesagt: Die von der Firma Gama produzierten „Gama-Tanks“, Blechpanzer in allen Größen mit amerikanischen Hoheitsabzeichen und Beschriftungen, erfreuten sich auch bei der Jugend in der BRD größter Beliebtheit. Modellbausätze für Flugzeuge, Panzer, Kriegsschiffe und militärische Fahrzeuge durften unter keinem Weihnachtsbaum fehlen. Die „Entmilitarisierung“ der Kinderzimmer erfolgte erst im Rahmen der gesellschaftlichen Veränderungen der 1960er-Jahre und der beginnenden Kampagnen gegen Kriegsspielzeug. Im „zivilen“ Spielzeugbereich gehörten Baukästen, mechanische und elektrische Eisenbahnen, Dampfmaschinen, Autos, Bagger, Schiffe, Brummkreisel, Bauernhöfe, Ritterburgen und Westernforts sowie Miniaturmodelle von Autos und Flugzeugen nach wie vor zu den Rennern auf dem Spielzeugmarkt. Blechspielzeug erlebte noch einmal eine Renaissance, bis es von Spielzeugprodukten aus Kunststoff oder Spritzguss vom Markt verdrängt wurde. Schaukelpferde – für ganz kleine Kinder auch mit geschlossenem Korb – und Ziehfiguren in Form von Bären oder Pferden waren im Handel, bis sie nach und nach vom Bobbycar und seinen Varianten verdrängt wurden. Was alle Kinder gleichermaßen begeisterte, waren Teddybären und alle Arten von Stoff- und Plüschtieren, die sogenannten Gesellschaftsspiele, Bilder- und Kinderbücher, aber auch Kasperle-Theater, die vor der allgemeinen „Fernsehsucht“ Abwechslung in die Kinderzimmer brachten. Ausnahmsweise werden neben dem typischen Kasperle-Ensemble auch die damals in der DDR sehr beliebte Figurengruppe um den legendären Pittiplatsch gezeigt – ein Hinweis darauf, dass in den 1950er- und 1960erJahren ein großer Teil des in der BRD verkauften Spielzeugs aus DDR-Produktion stammte. 15. Firma Leipheimer & Mende Stoffe und Textilien Firma Kleiber Mode und Modeaccesoires Die Dekore und Farben der Wohntextilien spiegeln in besonderem Maße die Eigenarten, aber auch die Vielfalt der gleichzeitig nebeneinander herlaufenden Stilarten wider. Die typischen Textilmuster zeigen oft abstrakte Dekore aus bunten Farbflächen, mit schwungvoller oder konstruktivistischer Linienführung auf hellem oder dunklem Untergrund. Vielfach gehen auch Farbflächen ineinander über, umgeben von bunten Farbsprengseln und Linienbündeln, die an eine bunte Malerpalette – ein Leitmotiv der 1950er-Jahre – erinnern. Daneben gab es – wie in allen anderen Materialbereichen – traditionelle Textilentwürfe mit floralen Motiven, geometrische Motive mit bunten Quadraten und themenbezogene Dekore (italienische Urlaubsmotive, Früchte oder Chiantiflaschen). Erst in den 1960er-Jahren setzten sich – unter skandinavischem Einfluss – schlichte Streifenmuster und großflächige geometrische Muster durch. Bei Möbel- wie Vorhangstoffen waren ähnliche Dekore üblich. Bei der Mode waren Frankreich, Italien und die USA große Vorbilder für die Schöpfer der Bundesrepublik. Anfang der 1950er-Jahre kreierten die Modemacher in Paris ständig neue Linien, etwa die stark taillenbetonte X-Linie. Pièrre Balmain, Jaques Fath, Dior, de Givenchy und Heim gaben Trends und Rocklängen vor. Die damals in Deutschland führenden Berliner Couturiers, Hans Geringer und Glupp, wurden international nicht ernst genommen. Heute wie damals stand den extravaganten Entwürfen der Haute Couture die tragbare Mode der Straße entgegen, die zwar einzelne Elemente der Trends übernahm, die aber trotzdem eigene Wege fand. Die weiten Röcke, die Mitte der 1950er-Jahre angesagt waren, benötigten eine entsprechende Unterkleidung, um ihr Volumen zu präsentieren. Stark gefältelte und gestärkte Petticoats brachten den Schnitt zur Wirkung und gaben beim Tanzen Beinfreiheit. Die Musikszene brachte mit dem Rock’n’ Roll einen Tanzstil in Mode, bei dem die weiten Röcke zu gewagt oder gar peinlich werden konnten. Ein Grund mehr für Frauen, Ende der 1950er-Jahre langsam auf Hosen umzusteigen. Jeans oder Capri-Hosen passten zum Rock ’n’ Roll und ermöglichten beim Tanzen einen Überschlag oder eine Rolle. Gesellschaftlich waren Hosen für Frauen jedoch verpönt: So konnte es vorkommen, dass Hosen tragende Mädchen von der Schule nach Hause geschickt wurden, um sich „anständig“ anzuziehen. Als 1951 der Kinderstar Cornelia Froboess mit dem Schlager „Pack die Badehose“ einen Ohrwurm landete, konnte sie nicht ahnen, dass der „Bikini“ bald die deutsche Bademode revolutionieren würde. Ebenfalls einer Revolution kam es gleich, als der 21-jährige Ives Saint Laurent 1957 den Rocksaum auf Kniehöhe anhob. Ab 1959 präsentierten sich seine Entwürfe sogar kniefrei, und die bisherigen strengen körperbetonten Linien wichen der lässigen „Sacklinie“. Diese einfachen erschwinglichen „Hängerkleidchen“, die immer kürzer wurden, avancierten durch das Mannequin Twiggy zum „Mini“ und wurden weltberühmt. Während sich Frauen in der Kriegs- bzw. Nachkriegszeit mangels moderner Strümpfe die Strumpfnähte noch auf die nackten Beine malten, waren in den 1950er-Jahren Perlon- und Nylonstrümpfe, am Strumpfhalter getragen, bereits in Mode. Strumpfhosen kamen Mitte der 1960er-Jahre auf den Markt. Und die Schuhe? Die im Winter hochmodernen Stiefel aus Robben- oder Fohlenfell würden heute Tierschützer auf die Barrikaden treiben; im Sommer hinterließen die Stahlstifte in den Pfennigabsätzen der Stöckelschuhe ein schwarzes Lochmuster auf Holz- und Linoleumböden. Handtaschen waren aus Lackleder, Kroko- und Schlangenleder; als modisch galten auch bunte Kunststoffköfferchen aus den USA. Die Herrenmode blieb konservativ und orientierte sich an der internationalen „WindsorLinie“. Zu Anzug und Krawatte war ein Hut angesagt; Hosenträger, Socken- und Ärmelhalter, Manschettenknöpfe und Ärmelschoner waren notwendige Accessoires. Ein „KlepperMantel“ aus gummiertem Gewebe oder gar ein schwerer Ledermantel erinnerten noch an Kleidungsprivilegien der Kriegszeit. Nyltest- oder Perlonhemden waren – laut Werbung – unverwüstlich, leicht zu waschen, schnell zu trocknen und bügelfrei. Das fast luftundurchlässige Gewebe erzeugte jedoch ein „Saunagefühl“, und so waren die hochmodernen Perlonhemden nach wenigen Jahren wieder aus den Regalen verschwunden. Junge Männer bevorzugten amerikanische Mode, wie sie etwa von Bill Haley auch in Deutschland populär gemacht wurde. Wildlederschuhe mit Naturkreppsohlen, die so genannten „Sambaschlappen“, bunte Hawaiihemden, amerikanische „Bomberjacken“ und schon bald auch legendäre Levis-Jeans verkörperten das angestrebte Vorbild des „American way of life.“ 16. Zeitungen und Zeitschriften In der Nachkriegszeit ergoss sich eine Flut von Informationszeitschriften über die einzelnen Besatzungszonen. Sie waren von der jeweiligen Besatzungsmacht herausgegeben oder beeinflusst und dienten der politischen oder kulturellen Umerziehung (Reeducation) im Sinne der jeweiligen Besatzungsmacht. Nach der Gründung der Bundesrepublik war die Pressefreiheit zwar garantiert, dennoch zensierten der junge Staat und die christlichen Kirchen jene Berichterstattung, die nicht ihrem Begriff von Sitte und Moral entsprach. Nach der Einführung der Jugendschutzgesetze fanden sich bald Argumente gegen die so genannte „Schund- und Schmutzliteratur“. Speziell freizügige Darstellungen in Presse und Film riefen Proteststürme hervor. Als die Schauspielerin Hildegard Knef in dem Film „Die Sünderin“ für einige Sekunden halbnackt zu sehen war, wurden auf Betreiben von selbsternannten und offiziellen Moralisten die Kinoplakate abgerissen. Aufrufe zum Boykott des Filmes wurden veröffentlicht und nächtens sogar einige Kinoeingänge zugemauert. Populärwissenschaftliche Publikationen wie die Zeitschriften „Kosmos“, „Populäre Mechanik“ und „Hobby“ waren sehr beliebt. Modezeitschriften wie „Constanze“ und „BurdaModen“ informierten über die neuesten Modetrends. Viele Zeitungen und illustrierte Zeitschriften trugen dem gestiegenen Informations- und Unterhaltungsbedürfnis Rechnung. Illustrierte wie „Kristall“, „Quick“ und „Neue Post“, „Frankfurter und Berliner Illustrierte“ sind heute aus den Regalen verschwunden. Nur die Zeitschriften „Stern“ und „Der Spiegel“ sind aus den publizistischen 1950er-Jahren übrig geblieben. Besonders die so genannte „Sexuelle Revolution“ spielte sich auch auf den Titelseiten der illustrierten Zeitungen ab. Waren die Titelbilder der 1950er- und frühen 1960er-Jahre noch sehr prüde gestaltet, wurden die Abbildungen am Ende „der langen 50er-Jahre“, also in der zweiten Hälfte der 1060er-Jahre, immer freizügiger. Erste Erotik-Zeitschriften wie der „Playboy“, die „Sankt Pauli-Nachrichten“ oder „Schlüsselloch“ erschienen; sie lösten die bis dahin unter dem Ladentisch gehandelten Nudistenzeitschriften ab.