Kolleg Friedrich Nietzsche
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Programm 2013 Kolleg Friedrich Nietzsche Zum Kolleg Friedrich Nietzsche Kolleg Friedrich Nietzsche – Ort der Vielfalt 2010 Der Verein der Fellows des Kollegs Friedrich Nietzsche e.V. 3 4 5 Tagungen Spinoza: Ethik, Bücher III und IV Weimar: Demokratie und rechter Terror: Welche Demokratiekultur brauchen wir heute? Anfragen an Nietzsche Werkstatt der Grenzfragen Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt 8 9 10 12 Vortragsreihe Jean-François Kervégan 15 Philosophicum Schloss Ettersburg Zur Genealogie der Moderne 17 Fellowships »Vom Denken der Welt« Hans Heinz Holz: Zur Aktualität der Metaphysik Remo Bodei: Gedächtnis und persönliche Identität. Vier Große Vorlesungen Fellows in residence Diana Aurenque Mathias Buß Peggy Fiebich Hannah Große Wiesmann Kerrin A. Jacobs Christina Lissmann Henry W. Pickford Anna L. Roethe Katja Stuckatz Jean Yhee 7 19 21 25 26 27 29 31 33 35 37 38 40 Gäste Rossella Attolini: Über Nietzsche mit Giorgio Colli Die Rückkehr der Fellows in Residence Ulrike Eichler: Poesie des Begehrens. Łukasz Musiał: Sprachen der Gewalt 47 49 Nachtrag/Archiv Mathias Buß: Gebaute Heilkunst versus Krankenhaus 50 Publikationen 52 43 Kooperationspartner Kontakt 58 60 2 »Philosophie, die einmal überholt schien, erhält sich am Leben, weil der Augenblick ihrer Verwirklichung versäumt ward.« theodor w. adorno Zum Kolleg Friedrich Nietzsche Vom Denken der Welt Das Kolleg Friedrich Nietzsche versteht sich, um ein Wort unseres Fellows Dieter Henrich aufzugreifen, als ein intellektueller Konzentrations- und Kreuzungspunkt, in dessen Zentrum auf der einen Seite die kritische Gegenwartsreflexion, auf der anderen Seite die produktive Erkundung von Vergangenheit und Zukunft stehen soll. Im Kolleg wollen wir die philosophische Frage nach dem Weltganzen stellen und ihre Bedeutung nicht nur für die westliche Kultur thematisieren. So lädt das Kolleg Denker unterschiedlicher nationaler, theoretischer und philosophischer Herkunft ein, im Rahmen einer großen Vorlesungsreihe über die Möglichkeit, Notwendigkeit oder auch Unmöglichkeit des Denkens von Welt zu reflektieren. Bisher antworteten Gianni Vattimo, Peter Sloterdijk, Slavoj Žižek, Michael Hardt, Ernst Tugendhat, Jean Baudrillard, Ágnes Heller, Dieter Henrich, Klaus Theweleit, Eveline Goodman-Thau, Julian Nida-Rümelin, Bazon Brock, Giorgio Agamben, Boyan Manchev,Hans Heinz Holz, Ryôsuke Ôhashi und Wolfgang Welsch auf diese Frage. Fortgesetzt wird die Reihe »Vom Denken der Welt« mit Remo Bodei. Rüdiger Schmidt-Grépály Leiter des Kollegs Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar 3 4 Ort der Vielfalt 2013 Kolleg Friedrich Nietzsche – Ort der Vielfalt 2010 Aus dem Text der Mitteilung der Stadt Weimar (Rathaus Kurier, Amtsblatt der Stadt Weimar, Nr. 3, 6. Februar 2010): Am Donnerstag, dem 21. Januar 2010, wurde das Kolleg Friedrich Nietzsche von Oberbürgermeister Stefan Wolf durch die Initiative »Weimar – Ort der Vielfalt« ausgezeichnet. »Im Nietzsche Kolleg versammeln sich seit zehn Jahren Philosophen und philosophische Geister aus aller Welt zum offenen Gespräch über die Gegenwart und Zukunft.« Das Kolleg im ehemaligen Nietzsche-Archiv »Villa Silberblick« in der Humboldtstraße ist deshalb ein besonderes Beispiel für den »Ort der Vielfalt« Weimar. Der Oberbürgermeister erinnerte in diesem Zusammenhang auch daran, dass nicht zuletzt das Weimarer Dreieck, die Zusammenarbeit Frankreichs, Polens und Deutschlands zur Förderung des gegenseitigen Verständnisses in Europa, in der Zusammenarbeit des Nietzsche Kollegs mit der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan, Polen und dem von Jacques Derrida gegründeten Collège International de Philosophie in Paris lebendig geworden sei. Gemeinsam mit den polnischen Wissenschaftlern der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan, Polen arbeitet das Kolleg an der Frage, inwieweit humanistische Werte nach Auschwitz und Buchenwald neu formuliert werden können. Dabei ist sich das Kolleg Friedrich Nietzsche mit der Gedenkstätte Buchenwald darin einig, dass gerade in Weimar Kulturpolitik ohne das Wissen um das Versagen humanistischer Kultur heute nicht möglich ist. Zum Hintergrund Seit 2008 trägt die Stadt Weimar den offiziellen Titel eines »Ortes der Vielfalt«. Verliehen wurde er der Stadt Weimar und ihren Bürgerinnen und Bürgern wegen ihrer zahlreichen Initiativen und Aktionen für Mitmenschlichkeit, Weltoffenheit und Demokratie von der Bundesregierung. Seitdem zieht das Weimarer Ortsschild »der Vielfalt« innerhalb Weimars von Station zu Station: an Orte die beispielhaft für die Vielfalt der Kulturstadt Europas stehen. Das Kolleg Friedrich Nietzsche ist der 10. Weimarer Ort der Vielfalt. Der Verein der Fellows des Kollegs Friedrich Nietzsche e.V. Der Verein der Fellows des Kollegs Friedrich Nietzsche e.V. Der seit Juni 2009 bestehende Verein versteht sich als internationales Netzwerk der ehemaligen und aktuellen Fellows des Kollegs Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar. Ihm gehören Philosophen, Wissenschaftler und Künstler aus bisher acht Nationen an (Bulgarien, Deutschland, England, Italien, Polen, Schweiz, Slowenien und USA). Der Verein hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Wissenschaftler, die als Fellows im Kolleg Friedrich Nietzsche über die Jahre seines Bestehens geforscht und in der »Villa Silberblick« in der Humboldtstraße 36 gewohnt haben, auch über die Zeiten ihrer Fellowships hinaus miteinander in Verbindung zu setzen. Es soll die positive Energie und intellektuelle Verve durch die Vermittlung des Vereins auch nach außen wirken. Der Verein wird sich auch in Zukunft weiter mit eigenen Initiativen aktiv ins internationale Kulturleben wie auch in das der Stadt Weimar einbringen. So wurde bereits im Herbst 2009 eine Vortragsreihe an verschiedenen öffentlichen Orten in Weimar initiiert. 2011 kam es zu einer Fortsetzung. Des Weiteren fungierte der Verein der Fellows als Herausgeber der Festschrift zum zehnjährigen Jubiläum des Kollegs Friedrich Nietzsche (»Die Glücklichen sind neugierig« – Zehn Jahre Kolleg Friedrich Nietzsche. Hrsg. v. Julia Wagner u. Stefan Wilke. Weimar 2009; Eine zweite Festschrift, herausgegeben von B.- Christoph Streckhardt mit dem Titel »Die Neugier des Glücklichen« erschien Weimar, 2012.). Der hohen Identifikation mit dem Kolleg Friedrich Nietzsche wegen gehört es zu den wichtigen Aufgaben des Vereins, dieses nach den gegebenen Möglichkeiten hin zu unterstützen. 5 6 Tagungen Tagungen Workshop Spinoza: Ethik, Bücher III und IV In Kooperation mit der Universität Bamberg, Lehrstuhl für Philosophie Freitag | 22.03. bis Sonntag | 24.03.2013 Unter der Leitung von Sandra Frey M. A. (Universität Bamberg) und Dr. Marko J. Fuchs (Universität Bamberg) Spinozas Ethica more geometrico demonstrata ist einer der Schlüsseltexte der modernen Philosophie. Kein geringerer als Hegel empfahl ein »Bad im Äther der einen spinozischen Substanz« als eigentlichen Einstieg in das Studium der Philosophie. Ganz in diesem Sinne finden seit dem Sommersemester 2011 in Kooperation der Universitäten Bamberg und Jena Workshops statt, in denen interessierten Studierenden schrittweise ein Einstieg in diesen schwierigen Text gegeben werden soll. Der erste Workshop, der im Sommersemester 2011 in Bamberg stattgefunden hat, widmete sich dem ersten Buch dieses intrikaten Texts und hatte damit Spinozas monistische Metaphysik und Ontologie zum Gegenstand. In konzisen Lektüren wurden neben methodologischen Problemstellungen streng systematischen Philosophierens basale Strukturen der spinozischen Philosophie wie das Verhältnis von Substanz, Attribut und Modus, die Differenzen integrierende Identitätsform Gottes oder die unterschiedlichen Hervorbringungsweisen von Endlichem und Unendlichem herausgearbeitet. Der zweite Workshop, der im Sommersemester 2012 in Weimar und Jena stattgefunden hat, knüpfte an diesen Lektürestand an und richtete nunmehr den Blick auf Buch II, wo Spinoza auf der Grundlage des im ersten Buch errichteten Fundaments seine Epistemologie und Theorie des menschlichen Geistes entwirft, die nicht nur innovative Antworten auf Probleme beinhaltet, die bis heute die philosophischen Diskussionen bestimmen – etwa das Leib-SeeleProblem oder die Fragen nach Selbst- und Welterkenntnis und deren Verbindung –, sondern im Zuge dessen weitere Bestandstücke zur Schließung des spinozischen Systems bereitstellt. Im März 2013 stehen mit zentralen Stücken aus den Büchern III und IV nunmehr Spinozas auf den ersten beiden Büchern der Ethica gegründete Affektenlehre, politische Philosophie und die Ethik im Zentrum des Interesses. Fortsetzung im Sommersemester 2013. (Sandra Frey, Marko J. Fuchs) Die Kooperation wurde initiiert von Frau Dr. Kerstin Andermann (Leuphana Universität Lüneburg). 7 8 Gespräch Weimar: Demokratie und rechter Terror: Welche Demokratiekultur brauchen wir heute? In Kooperation mit der RESPEKT! – Initiative der IG Metall Freitag 11.01.2013 im Kolleg Friedrich Nietzsche und der Bibliothek des Hotels Elephant in Weimar Wie kaum ein anderer Ort symbolisiert Weimar die Ambivalenz von humanistischer Hochkultur und barbarischem Zivilisationsbruch. Die Lehren aus der Vergangenheit müssen immer wieder wirkungsvoll gezogen werden. Der rechte Terror heute, der sich mitten unter uns so dramatisch entwickelt hat, zeigt, dass die Frage nach einer wachsamen und couragierten Demokratiekultur hochaktuell bleibt. Das Kolleg Friedrich Nietzsche, die Respekt! – Initiative und die IG Metall laden dazu ein, im Rahmen eines Gespräches diese Frage zu diskutieren und Kooperationen für unser gemeinsames Anliegen und unseren Aktivitäten in Thüringen auszuloten. Eröffnet wird das Treffen im Kolleg Friedrich Nietzsche in der »Villa Silberblick« dem ehemaligen Nietzsche-Archiv in Weimar durch unseren Fellow in residence Tom Kehrbaum (IG Metall und Fellow in residence) eingeleitet. Als Gast für das Salongespräch ist Prof. Dr. Thomasz Polak eingeladen. Er forscht und lehrt an der Adam Mickiewicz Universität in Poznan und ist dort Leiter der Werkstatt für Grenzfragen (siehe auch S. ). Er wirkte in der Glaubenskongregation des Vatikans und arbeitete mit Kardinal Ratzinger zusammen. Tagungen Workshop Anfragen an Nietzsche Donnerstag | 11.04. bis Samstag | 13.04.2013 Unter der Leitung von Prof. Dr. Renate Reschke und Dr. Rüdiger Schmidt-Grépály Dieser Workshop soll das neue Format Forum junger Nietzsche Forschung des Kollegs Friedrich Nietzsche vorbereiten helfen. Im Rahmen der Veranstaltung soll über die Nietzsche-Themen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesprochen werden und gleichzeitig zusammen nach der Aktualität Nietzsches gefragt werden. Gesprochen werden soll auch darüber, worüber es sich – im Zusammenhang mit Nietzsche – nicht mehr lohnt zu sprechen. Im genius loci Weimar möchte das Kolleg Friedrich Nietzsche junge Nietzsche-Forscherinnen und -Forscher fragen, welche Erwartungen an ein Forum junger Nietzsche Forschung gestellt werden könnten und sollten. Teilnehmerinnen und Teilnehmer Dr. phil Diana Aurenque, Eberhard Karls Universität Tübingen Reina C.G. Brouwer M.A., Leiden University Hannah Grosse Wiesmann M.A., Humboldt Universität zu Berlin Jing Huang M.A., Freie Universität Berlin Tobias Keiling M.A., Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Georgia Mitsika M.A., Universität Erfurt Nicola Nicodemo M.A., Humboldt Universität zu Berlin Dennis Peterzelka M.A., Eberhard Karls Universität Tübingen Ivan Risafi de Pontes M.A., Humboldt Universität zu Berlin Sabine Scharff M.A., Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Jean Yhee M.A., Humboldt Universität zu Berlin Der Workshop wird begleitet von den ehemaligen Fellows Prof. Dr. Duncan Large und Prof. Dr. Jörg Gleiter sowie von unserem Koopera tionspartner Prof. Dr. Klaus Vieweg, Institut für Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. ››› 9 10 Zu Gast im Kolleg Friedrich Nietzsche Werkstatt der Grenzfragen (Adam Mickiewicz Universität Poznan) http://www.graniczne.amu.edu.pl Samstag | 01.06. und Sonntag | 02.06.2013 Rektorat der Adam Mickiewicz Universität Poznan Die Werkstatt der Grenzfragen der Adam Mickiewicz Universität Poznan wurde im Herbst 2006 ins Leben gerufen als eine nicht fakultätsgebundene Einheit der Universität, die direkt dem Rektor unterstellt ist, und eine Schnittstelle der integrierten Forschungs- und Lehraktivitäten für interessierte Forscher, Lehrer und Studenten aller Fakultäten und Fächer sein soll. Die Werkstatt wird zurzeit von einem kleinen Team von Forschern, Lehrern und Studenten verschiedener Fachrichtungen gebildet, das Gäste aus anderen polnischen und ausländischen Hochschulen und andere Mitarbeiter der eigenen Universität zu gemeinsamen Unternehmungen einlädt. Die Veranstaltungen der Werkstatt zeichnen sich dabei durch ihre inter- und transdisziplinären Konzepte aus, und finden deshalb großen Anklang unter den Studierenden. Wissenschaftlich bleibt die Werkstatt der Grenzfragen unter der Aufsicht eines vom Rektor der Universität einberufenen Rates, der von Professoren verschiedener Fakultäten und Tagungen von eingeladenen Vertretern anderer polnischer und ausländischer akademischer Einrichtungen gebildet wird. Die Hauptaufgabe des Rates ist es, die Lehr- und Forschungsprogramme der Werkstatt zu prüfen, auszuwerten und zur Durchführung freizugeben. Die Werkstatt nimmt auch an einigen vom polnischen Wissenschaftsministerium geprüften und finanzierten Forschungsprogrammen teil (z.B. Die Redefinierung der Grundbegriffe des Humanismus im Lichte der Shoa). Auf Einladung des Leiters des Kollegs Friedrich Nietzsche, der Mitglied des Rates der Werkstatt der Grenzfragen ist, trifft sich dieser erstmalig in Weimar. Er wird zusammen mit dem Kolleg Friedrich Nietzsche an einem beantragten Forschungsprojekt arbeiten mit dem Titel The transdisciplinary analysis of the notion of 'social machines' – an attempt to build a theory. Vom Rat der Werkstatt der Grenzfragen nehmen teil Prof. Jerzy Brzeziński, Prof. Roman Murawski, Prof. Kazimierz Przyszczypkowski, Prof. Jan Strzałko, Prof. Antoni Szczuciński, Prof. Michał Głowiński, Prof. Zbigniew Kwieciński, Prof. Leszek Koczanowicz, Prof. Jaromir Jeszke, Dr Arkadiusz Żychliński, Mgr Beata Anna Polak, Prof. Tomasz Polak. 11 12 Workshop des Berliner Nietzsche Colloquiums Nietzsche-Lektüretage 2013 Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophirt in Kooperation mit dem Berliner Nietzsche Colloquium unter der Leitung von Helmut Heit und Hannah Große Wiesmann Mittwoch | 21.08. bis Sonntag | 25.08. 2013 Die Philosophie Friedrich Nietzsches ist für viele ein faszinierender Gegenstand geistiger Auseinandersetzung und bedarf nach wie vor der Diskussion. Mit den Nietzsche-Lektüretagen ist deshalb ein Forum geschaffen worden, in dem Nietzsches Schriften von fortgeschrittenen Studenten, Nachwuchswissenschaftlern und Künstlern in gemeinsamer Lektüre und Diskussion erörtert werden können. Die Lektüretage finden jeden Sommer an einem Ort statt, der eng mit Nietzsches Biographie verbunden ist. Nach Naumburg und Sils-Maria in den letzten Jahren werden sie in diesem Jahr in Weimar stattfinden. Gegenstand der gemeinsamen Arbeit ist Nietzsches Spätschrift Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophiert, von der er am 20. Okt. 1888 in einem Brief an Georg Brandes schreibt »diese Schrift ist meine Philosophie in nuce – radikal bis zum Verbrechen …« Während der Lektüretage soll der komplette Text mit Hilfe von kurzen Referaten der Teilnehmenden gemeinsam besprochen werden. Neben den üblichen diskursiv-akademischen Mitteln der Auseinandersetzung werden auch künstlerisch-kreative Zugänge zu dieser Schrift erprobt. Weitere Informationen unter www.nietzsche-colloquium.de Tagungen 13 14 Vortragsreihe Vortragsreihe Hegel Lectures III Jean-François Kervégan In Kooperation mit dem Institut für Philosophie der Friedrich-SchillerUniversität Jena Mittwoch | 27.11.2013 | 18 Uhr Jena, Institut für Philosophie, Zwätzengasse 12 Hegel als Theoretiker der normativen Rationalität: Recht, Handlung, Sittlichkeit Auf der Grundlage einer Kooperation zwischen dem Kolleg Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar und dem Institut für Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität Jena referiert einmal pro Jahr ein international renommierter Vertreter der Geisteswissenschaften an der Universität in Jena. Im Zentrum der Vorträge stehen Kernfragen und Schlüsselthemen der Philosophie im 21. Jahrhundert – innovative Gedanken zur Moderne, Freiheit und Gerechtigkeit, zum Naturverständnis, dem Dialog der Kulturen oder zur Globalisierung. Nach Robert B. Pippin und Michael Quante wird Jean-François Kervégan die Hegel Lectures fortsetzen. Jean-François Kervégan ist seit 1999 Professor für Deutsche und Rechtsphilosophie an der Université Paris 1 / Panthéon-Sorbonne. Des Weiteren ist er Senior Fellow am French National Institute for Advanced Studies und Vice-Chairman der Internationalen Hegel-Vereinigung. Als Gastprofessor dozierte er unter anderem an der Università di Padua, der Université Libre de Bruxelles, dem Istituto Italiano di Scienze Umane, dem Istituto Italiano degli Studi filosofici, der Humboldt Universität und der Universidade Porto Alegre. Kervégan war außerdem an der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem philosophischen Fachbereich der Harvard University und der Columbia University sowie dem Wissenschaftskolleg zu Berlin tätig. Zu seinen Übersetzungen und Veröffentlichungen gehören Hegel, Principes de la Philosophie du Droit (2003); Hegel, Carl Schmitt. Le politique entre spéculation et positivité (1992) und L’effectif et le rationnel. Hegel et l’esprit objectif (2008). Auf Deutsch liegen u.a. folgende Artikel vor: Wechselseitige Beeinflussungen und Rezeptionen von Recht und Philosophie in Deutschland und Frankreich (2001); Jenseits der Demokratie (2008); Rechtliche und moralische Normativität. Ein ›idealistisches‹ Plädoyer für den Rechtspositivismus (2008). 15 16 Philosophicum Schloss Ettersburg Philosophicum Schloss Ettersburg Zur Genealogie der Moderne In Kooperation mit Kultur Schloss Ettersburg Konzeption: Peter Krause, Rüdiger Schmidt-Grépály Gemeinsam mit dem Kolleg Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar veranstaltet Schloss Ettersburg seit 2011 ein Philosophicum. Nachdem Wolfgang Welsch und Rüdiger Safranski das neue Projekt einleiteten, folgten Beiträge von Martin Mosebach, Henning Ritter, Sigrid Weigel, Norbert Bolz und Hans-Ulrich Gumbrecht. Im November 2013 wird es ein »Philosophicum« mit unserem Fellow Remo Bodei geben. Philosophicum Mittwoch | 15.05.2013 | 18 Uhr Schloss Ettersburg bei Weimar Vortrag und Gespräch mit Dr. Peter Krause Versailles 1919. Der totale Friede oder Die gerechte Verteilung der Welt Jörg Friedrich Jörg Friedrich hat in Standardwerken der Zeitgeschichtsschreibung die Staats- und Kriegsverbrechen des Nationalsozialismus erforscht. Er hat an der Enzyklopädie des Holocaust mitgewirkt, zahlreiche Fernsehsendungen über die Kriminologie des Krieges produziert und für seine Arbeiten internationale Auszeichnungen erhalten, so für Das Gesetz des Krieges. Das deutsche Heer in Russland 1941 bis 1945 (1993). Danach erschienen von dem renommierten Zeithistoriker die Bestseller Der Brand (2002), Brandstätten (2003) und Yalu (2007). 17 18 Fellowships »Vom Denken der Welt« Fellowships Hans Heinz Holz (1927–2011) Zur Aktualität der Metaphysik. Sechs Große Vorlesungen (Aufzeichnungen) Spekulatives Denken – sein Grund und seine Systematik Das Kolleg Friedrich Nietzsche zu Gast in der Berliner Denkerei Dienstag 26.02. bis Donnerstag 28.02.2013 Ehrengast: Silvia Markun-Holz Foto: Stefan Wilke Das Kolleg Friedrich Nietzsche lud Hans Heinz Holz ein, im Rahmen eines Fellowships eine Vorlesung zur Metaphysik und zum Spekulativen Denken zu halten. Da der Philosoph nicht mehr reisen konnte, wurden die sechs Vorlesungen von unserem ehemaligen Fellow in residence Stefan Wilke in Sant’Abbondio in der Schweiz aufgezeichnet. In der Berliner Denkerei unseres Fellows Bazon Brock (2010) werden die sechs Vorlesungen erstmalig gezeigt. Die Vorlesungen sind gleichzeitig eine Veranstaltung zum Andenken an Hans Heinz Holz, der im Dezember 2011 verstarb. Mit ihm zusammen hätten wir am 26. Februar seinen 86. Geburtstag feiern wollen. Es war seine tiefe philosophische Überzeugung, dass der philosophische Gedanke, soweit es sich um einen spekulativen handelt, teil hat an der philosophia perennis. Nicht nur in diesem Sinne bleibt die Philosophie und das lebendige Philosophieren Hans Heins Holz’, von dem die Aufzeichnungen der Vorlesungen so beeindruckend Zeugnis ablegen, aktuell und gültig. ››› 19 20 ››› Hans Heinz Holz (1927–2011) veröffentlichte zahlreiche Bücher und Aufsätze zur Geschichte und Systematik der Dialektik, zur Theorie der Kunst und zu Künstlern der Gegenwart, sowie zu Problemen der Gesellschaftswissenschaften und Politik. Er war Professor für Philosophie in Marburg und in Groningen. Dort erhielt er die ehrenvolle Berufung auf den Helmuth-Plessner-Lehrstuhl. Er war Präsident und Ehrenpräsident der Internationalen Gesellschaft für dialektische Philosophie sowie gewähltes Mitglied der Leibniz-Sozietät und der World Academy of Letters. 1991 gründete er mit seiner Frau Silvia Markun-Holz die Fondazione Centro di Studi Filosofici. Holz gab mit Domenico Losurdo die philosophische Zeitschrift Topos – Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie heraus. Zuletzt erschienen seine monumentalen Werke Weltentwurf und Reflexion (2005) und Dialektik: Problemgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart (2010). Denkerei, Berlin Dienstag | 26.02.2013 | 18 Uhr Was sind und welche Formbestimmtheit haben spekulative Sätze? Hegel: Das Wahre ist das Ganze Mittwoch | 27.02.2013 | 18 Uhr Parmenides: Dasselbe nämlich sind Denken und Sein Cusanus: Das Ganze scheint in allen seinen Teilen wider Donnerstag | 28.02.2013 | 18 Uhr Leibniz: Alles Mögliche drängt sich zur Verwirklichung Marx: Die 11. Feuerbach-These Fellowships Remo Bodei Gedächtnis und persönliche Identität. Vier Große Vorlesungen Dienstag | 12.11.2013 | 18 Uhr Schiller-Museum, Vortragssaal Erinnern und Vergessen. Ein Schachspiel Eine Art schnelles Schachspiel soll vorgestellt werden, welches sich in sieben theoretischen Schritten zwischen Erinnern und Vergessen bewegt. Es beginnt mit der Beobachtung, dass wir angesichts plötzlicher und unerwarteter Veränderungen, einstürzender Regimes und verschwindender Lebensformen oft erstaunt sind von der großen Anzahl an Frauen und Männern, die, eng mit diesen Veränderungen verbunden, einen bedeutenden Teil ihrer Geschichte vergessen und die Bedeutung ihrer Vergangenheit anpassen. Erster Zug soll ein Versuch sein zu erklären, warum Individuen und Gemeinschaften ihre Vergangenheit plötzlich verleugnen, vergessen oder reinterpretieren. Donnerstag | 14.11.2013 | 18 Uhr Schiller-Museum, Vortragssaal Die Zukunft eröffnen Das Vermögen, eine kollektive Zukunft zu denken und sich diese auch außerhalb der eigenen privaten Erwartungen vorzustellen, nimmt in drastischer Weise ab. Folglich erscheint vielen die Geschichte ohne jene innere Logik, von der man meinte, sie müsse diese auf ein bestimmtes Ziel hin lenken: den Fortschritt, das Reich der Freiheit oder eine Gesellschaft ohne Klassen. Eine Kultur geht unter, die Milliarden von Menschen zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert dazu bewegt hat, zu meinen, die Ereignisse liefen unabwendbar in eine gewisse angekündigte oder vorhersehbare Richtung. Wie kann man in diesen Zuständen das Neue und das Mögliche denken? 21 22 Montag | 18.11.2013 | 18 Uhr Schiller-Museum, Vortragssaal Dissolution of the Subject and Multiple Personalities (Vortrag in englischer Sprache) The genesis of the subject and of its crisis in contemporary culture starting from a path, not yet explored and not devoid of surprises that will take us from scientific and psychopathological models to philosophy and literature will be considered. The distant starting point in the nineteenth century is physiology, and in particular cytology. Later the so called medicines-philosophers (Théodoule Ribot, Pierre Janet and Alfred Binet), who were particularly influential for Nietzsche, shall be examined. Through their research the soul/consciousness ceases to be a monolithic unit, a simple substance, and becomes an unstable aggregate, an archipelago of poles of consciousness, of »ilôts de conscience,« a »conscience de coalition« not unlike that of the coral polyps. Dienstag | 19.11.2013 | 18 Uhr Institut für Philosophie der Friedrich-Schiller-Universität Jena Raum Z1, Zwätzengasse 12 Reason and Delusion (Vortrag in englischer Sprache) Delusion represents an exceptional test case for the principal categories of common sense and philosophical thought, like »reason«, »truth« and »reality«. Via an engagement with the legacy of Freud and the most considered results of twentieth century psychiatry, the aim will be to analyze its paradoxical forms and to shed light on the logics that underlie and orient its specific modalities of temporalization, conceptualization and argumentation. It will be shown how an hospitable and expansive reason – more humble, but no less rigorous – may be capable of recognizing the nuclei of truth, the typicality and the rich variety of delusions. In fact, this kind of reason is aware of an asymmetry that works to its advantage: it can comprehend delusion, while delusion cannot comprehend it. It is thereby able to account simultaneously for its own truth and its apparent negation (like the theory of heliocentrism, which explains how it is that we continue inevitably to see the sun move around the earth). Fellowships Remo Bodei unterrichtete viele Jahre als Professor für Philosophie und Ästhetik an der Scuola Normale Superiore und der Universität Pisa, wo er auch sein Studium absolvierte und promovierte. Er lehrt an der University of California, Los Angeles. Als Gastprofessor lehrte er an verschiedenen europäischen und amerikanischen Universitäten (Ottawa University, Toronto University, New York University, Université Libre de Bruxelles, École Normale Supérieure Paris, Universitat de Girona, Universidad Autónoma de México, Columbia University). Anfänglich lag sein wissenschaftlicher Fokus auf Klassischer Deutscher Philosophie, Idealismus und der Kultur, Politik und Ästhetik der Goethezeit und des späten neunzehnten Jahrhunderts; später dann auf Politischer Philosophie. In den letzten zwei Jahrzehnten arbeitete er speziell zu Ästhetik, der Theorie und Geschichte von Erinnerung, Vergessen, Einbildung, Individualität und der Natur von Leidenschaft und Begehren. Seine Bücher wurden in verschiedene Sprachen übersetzt und schließen u.a. folgende Titel ein: La filosofí a y lo trágico (1990); Ordo amoris (1991); Le prix de la liberté (1995); Dekompositionen. Formen des modernen Individuums (1996); Géometrie des passions (1997); La forma de lo bello (1998); La philosophie au XXe siècle (1999); Logiques du délire (2002); Destini personali (2002); Una scintilla di fuoco (2005); We, the Divided. Ethos, Politics and Culture in Post War Italy (2006); La sensation de Déjà vu (2007); Paesaggi sublimi. L’uomo di fronte alla natura selvaggia (2008); La vita delle cose (2009); La passione furente (Il Mulino 2011). 23 24 Fellows in residence Fellows in residence Diana Aurenque Nietzsches Medizinische Moralkritik und ihre Aktualität in der modernen Medizinethik Das Projekt will die medizinischen Einflüsse in der Entstehung von Friedrich Nietzsches moralkritischem Denken herausstellen, die Bedeutung seiner medizinisch-philosophischen Moralkritik klären sowie die Rezeption und Aktualität von Nietzsches moralkritischem Denken in der modernen Medizinethik erforschen. Nietzsches Rezeption der Medizin seiner Zeit muss innerhalb des revolutionären Wandels der Medizin im 19. Jahrhundert betrachtet werden. In diesem Zusammenhang ergeben sich drei Ziele: erstens die Identifizierung derjenigen Fragestellungen Nietzsches, die seine Beschäftigung und Auseinandersetzung mit der physiologischen Medizin seiner Zeit motivieren. Weiterhin gilt es, sowohl die medizinischen Quellen, die Nietzsche kennt und mit denen er sich beschäftigt, wie auch die Umstände seines Bezuges zu diesen Quellen zu dokumentieren (pathographische oder akademische Quellen – z.B. vermittelt durch Schopenhauer, Lange oder Koberstein). Schließlich wird drittens eine Zusammenstellung derjenigen Begriffe und Phänomene aufgelistet, die für Nietzsche von besonderem Interesse sind. Nietzsches Denken wird somit im Hinblick auf die Genealogie medizinischer Metaphorizität in seinen moralkritischen Schriften expliziert. Diana Aurenque wurde am 29.08.1981 in Santiago de Chile geboren. Sie studierte Philosophie mit anschließendem Staatsexamen an der Universidad de Santiago de Chile. 2010 promovierte sie an der AlbertLudwigs-Universität Freiburg mit einer Arbeit zu Heideggers Ethosdenken. 2006–2010 war sie Promotionsstipendiatin der chilenischen Regierung »Beca Presidente de la República«. Zurzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Eberhard Karls Universität Tübingen und habilitiert sich mit einem Projekt zu Nietzsche (Titel des Habilitationsprojekts: »Nietzsches medizinische Moralkritik und ihre Aktualität in der modernen Medizinethik«). Ihre Forschungsschwerpunkte sind philosophische und medizinische Ethik, Lebensphilosophie, Hermeneutik und Phänomenologie. 25 26 Mathias Buss Gebaute Heilkunst versus Krankenhaus Mit seiner Promotionsarbeit Gebaute Heilkunst versus Krankenhaus untersucht Mathias Buß den Einfluss der Krankenhausarchitektur auf den Heilungsverlauf des Patienten. Dazu wird der »Heilungsfaktor Architektur« ausgelotet: Wie lassen sich Architektur und Medizin zu einer gebauten Heilkunst verbinden? Welche Erkenntnisse existieren dazu in der Geschichte? Welcher neue Architekturansatz kann daraus abgeleitet werden? In ihrer Beantwortung stützt sich die Arbeit u. a. auf ein systematisches Fundament der Philosophie Nietzsches. Mit seinem Gesundheitsbegriff lässt sich das heute vorherrschende biomedizinische und dichotome Krankheitsmodell kritisch hinterfragen. Für Nietzsche gilt die Krankheit nicht als eine bloße Störung und ebensowenig als der Gegensatz zur Gesundheit. Gleichzeitig steht für Nietzsche die Krankheit in einem engen Zusammenhang mit dem Erkennen und besitzt eine heuristische Bestimmung – eine Botschaft, die erkannt werden soll. Als prägnante Lebensphase führt die Krankheit nach Nietzsche zu einer vertieften Selbsterkenntnis und zu einer veränderten Lebenseinstellung. Er sieht die Krankheit nach Nietzsche als Möglichkeit an, die »Psychologie in die Tiefe zu treiben«, wo es ihr sonst »an Mut oder Feinheit fehlt«. Der Heilungsprozess wird als Wandlung begriffen, die eine innere Transformation darstellt: eine Perspektive, die architektonische Konsequenzen hat. Mathias Buß, hat an der Bauhaus-Universität und an der Hochschule für bildende Künste Hamburg Architektur studiert. Als Architekt arbeitete er in den Büros von Prof. Peter Baumbach / Rostock und Prof. Rainer Pagel / Weimar. Im Europäischen Kulturstadtjahr Weimar 1999 gründete er Radio LOTTE Weimar, das er zehn Jahre leitete. Seine laufende Promotion wird binational an der TU Delft und an der BauhausUniversität Weimar betreut. Mathias Buß lebt und arbeitet in Rostock, Kairo und Sharjah (Vereinigte Arabische Emirate). Fellows in residence Peggy Fiebich Querdenken. Literaturunterricht und Bildung zu Transversaler Vernunft Ein Bildungskonzept, das der radikalen Pluralität gegenwärtiger Kultur gerecht wird, muss den Heranwachsenden eine Vielfalt an Zugängen zur Wirklichkeit eröffnen und die Fähigkeit vermitteln, diese mannigfaltigen, teils disparaten, Rationalitäten, Diskurse und Denkmuster reflektierend aufeinander zu beziehen. Nur so sind Identitätsbildung, Verantwortungsfähigkeit, kulturelle und soziale Integration möglich. Diese Anforderungen erfüllt ein Bildungskonzept, das das Fellowship, basierend auf Wolfgang Welschs Begriff der ›transversalen Vernunft‹ entwickelt. Es versetzt in die Lage, die verschiedenen diskursiv erzeugten Welten in Synthesen zu bringen, sie zu hinterfragen, sich möglicher Alternativen bewusst zu bleiben, auch inner- und interdiskursive Konflikte zu bearbeiten und unauflösbare Widersprüche auszuhalten – insgesamt also eine selbstkritische, tolerante, zu Reflexion und Dialog bereite Haltung einzunehmen. Damit gleicht es Defizite des derzeit dominierenden Bildungskonzeptes des Kompetenzerwerbs aus, das einseitig und unzusammenhängend auf das Training von Teilleistungen des instrumentellen Verstandes abzielt. Als ein Lernbereich, der zur Bildung ›transversaler Vernunft‹ beiträgt, wird der Literaturunterricht herausgestellt und damit neu legitimiert. Es wird untersucht, inwiefern dieser in den Umgang mit radikaler Pluralität einführt und damit die Integration in eine vielgestaltige, widersprüchliche, bewegliche Kultur ermöglicht. Dazu wird auf diskurstheoretischer Ebene nach der kulturellen Funktion der Literatur gefragt und mit Hilfe rezeptionsästhetischer Theorien den Aktivitäten des Lesers beim Rezeptionsakt nachgegangen. Literatur ist weder ein konventionell geregelter Diskurs unter anderen noch ein distanzierter Metadiskurs, der über allen anderen steht. Vielmehr bewegt Literatur sich frei zwischen den vielfältigen Diskursen der Kultur, um die Möglichkeit offenzuhalten, diese neu zueinander zu positionieren und zu integrieren, dabei zugleich ihre irreduzible Pluralität und Relativität zu erkennen. So verhindert sie die Erstarrung, Verarmung und Abschottung der Kultur sowie auch die Auflösung ihres Zusammenhaltes; sie hilft, die Vielfalt und innere Struktur der Kultur, ihre Offenheit nach außen und Wandlungsfähigkeit zu bewahren. Literatur erfüllt somit in ››› 27 28 ››› ihrer ganz eigenen Form die Funktion ›transversaler Vernunft‹, nämlich, die Pluralität zur Geltung zu bringen, Zusammenhang im Diskurssystem zu stiften und dabei für Gerechtigkeit zwischen den einzelnen Positionen zu sorgen. ›Transversale Vernunft‹ hat ihren Ort nicht nur in lebenspraktischen Zusammenhängen und philosophischer Reflexion: sie erfolgt in einer eigentümlichen, unersetzlichen Weise auch im Rahmen literarischer Rezeption. Die Qualitäten literarischer Rezeption weisen diese als wesentlichen Beitrag zu einer zeitgemäßen schulischen Bildung aus – einer Bildung zu ›transversaler Vernunft‹. Damit steht sie einer Vorstellung von Bildung als Kompetenzerwerb diametral gegenüber und kann deren entscheidende Mängel ausgleichen. Peggy Fiebich studierte Germanistik, Philosophie und Erziehungswissenschaft an der Universität Jena, nachdem sie zuvor ein Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule Erfurt absolviert hatte. Sie promovierte 2006 über Gefährten im Unglück. Die Protagonisten narrativer Texte von E. T. A. Hoffmann sowie von Novalis, Goethe und Kleist; die Arbeit wurde 2007 im Verlag Königshausen und Neumann veröffentlicht. Schwerpunkte ihrer Forschung sind auf literaturwissenschaftlichem Gebiet Klassik und Romantik, Erzählforschung, Hermeneutik und Literaturtheorie, im Bereich Literaturdidaktik die Konzeptionen literarischer Bildung und Unterrichtsplanung. In diesem Horizont arbeitet sie an ihrem literaturdidaktischen Habilitationsprojekt Querdenken. Literaturunterricht und Bildung zu Transversaler Vernunft, dem sich auch ihr Fellowship am Kolleg Friedrich Nietzsche widmet. Von 2001 an war sie Mitarbeiterin an den germanistischen Instituten der Universitäten Jena und Hannover. Fellows in residence Hannah Grosse Wiesmann Nietzsches Spinoza-Rezeption in ihrer Bedeutung für die Konzeption des Willens zur Macht Emphatisch bekannte sich Nietzsche 1881 zur Philosophie Spinozas: »Ich bin ganz erstaunt, ganz entzückt! Ich habe einen Vorgänger und was für einen! […] Meine Einsamkeit, die mir, wie auf ganz hohen Bergen, oft, oft Athemnoth machte und das Blut hervorströmen ließ, ist wenigstens jetzt eine Zweisamkeit. – Wunderlich!«. Die Gemeinsamkeiten zwischen Spinoza und sich selbst charakterisierte Nietzsche wie folgt: »Nicht nur, daß seine Gesamttendenz gleich der meinen ist – die Erkenntniß zum mächtigsten Affekt zu machen – in fünf Hauptpunkten seiner Lehre finde ich mich wieder, dieser abnormste und einsamste Denker ist mir gerade in diesen Dingen am nächsten: er leugnet die Willensfreiheit –; die Zwecke –; die sittliche Weltordnung –; das Unegoistische –; das Böse […]«. Nietzsches Bekenntnis zu Spinoza weicht nach 1881 einer kritischen Auseinandersetzung mit dem ›Vorgänger‹, deren Schauplätze nur vereinzelt in den veröffentlichten Schriften zu finden sind, während sie im Nachlass intensiv ausgetragen wird. Ein Wechselspiel von Aneignung und Abgrenzung setzt ein, das Spinoza für Nietzsche zur zentralen philosophischen Bezugsfigur werden lässt. Dennoch verspürt Nietzsche kein Bedürfnis, seinen Autor im Original zu lesen, sondern konstruiert sich ein Spinoza-Bild anhand von Sekundärquellen, deren wichtigste Kuno Fischers Geschichte der neuern Philosophie ist. Die Arbeit untersucht Nietzsches indirekte Spinoza-Rezeption in ihrer Bedeutung für die Konzeption des Willens zur Macht. Leitend ist dabei die These, dass die Auseinandersetzung mit Spinoza eine Wende in Nietzsches Machtkonzeption herbeiführt: Sie befähigt Nietzsche dazu, den Begriff des Willens zur Macht inhaltlich auszuarbeiten und als Prinzip der Machtsteigerung kritisch gegen den neuzeitlichen Selbsterhaltungsgedanken zu profilieren. Der rezeptionsgeschichtliche Ansatz wird mit einer hermeneutischen Perspektive auf Nietzsches Machtkonzeption verbunden; die Untersuchung soll damit zu einer inhaltlichen Neubewertung dieser Konzeption beitragen. ››› 29 30 ››› Hannah Große Wiesmann schloss ihr Studium der Philosophie, Neueren Deutschen Literatur und Romanistik in Paris und Freiburg 2007 mit einer Arbeit über Descartes’ und Spinozas Begriff der Substanz ab. An der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert sie mit Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes über Nietzsches SpinozaRezeption in ihrer Bedeutung für die Konzeption des Willens zur Macht. Sie war Mitarbeiterin am Nietzsche-Kommentar der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (Freiburg) und ist derzeit Redakteurin der Nietzsche-Online-Edition des de Gruyter-Verlags in Berlin. Zusammen mit Helmut Heit organisiert sie seit 2011 die »NietzscheLektüretage«, die diesen Sommer in Weimar stattfinden werden (siehe oben, S. 12). Fellows in residence Kerrin A. Jacobs Zur Bedeutung von Nietzsches »Einsamkeitsfragmenten« für die Philosophie der Psychiatrie Das Forschungsprojekt untersucht philosophische Konzeptionen der Einsamkeit und folgt der Zielsetzung, ihr explanatorisches und integratives Potenzial für eine neuartige Systematisierung von Einsamkeitserfahrung zu nutzen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Rolle der Einsamkeit im Werk Nietzsches. Unbestritten ist Nietzsche als großer Kenner der Entwicklungsgeschichte des Phänomens der Einsamkeit zu würdigen. Und wenn ein Schaffen auch Spiegel des Gemüts ist, mag man Nietzsche sicherlich zuschreiben, dass er Einsamkeit tief verstanden haben muss. Obgleich sein Werk keine systematische Bearbeitung der Einsamkeit enthält, vielmehr eine Vielzahl an »Einsamkeitsfragmenten« vorfindlich sind, werden basale Aspekte von Nietzsches Einsamkeitskonzeption rekonstruiert und in ein systematisches Verhältnis zueinander gestellt. Die Prototypen der Einsamkeit, die Nietzsche vorzeichnet, sind nicht nur auf ihre spezifische Verweisungsqualität hinsichtlich der geistesgeschichtlichen Entwicklung der Einsamkeitskonzeption in Nietzsches Werk selbst zu untersuchen, sondern werden in ihrer konzeptuellen Relation zu anderen Begriffen (wie etwa der Entfremdung) beleuchtet, die ein ähnlich hohes Potenzial zur Beschreibung pathogener Prozesse aufweisen. Für die Philosophie der Psychiatrie sind Nietzsches Einsamkeitsbeschreibungen bedeutsam, weil durch sie die Dimension des subjektiven Leidens aufgedeckt und begriffliche Verknüpfungen gelegt werden. Sie stellen wichtige Bezugspunkte für die Bearbeitung des Einsamkeitskonzepts dar und sind wegweisend für eine systematische Erfassung der heterogenen Phänomenalität und Intentionalität pathologischen Einsamkeitserlebens. ››› 31 32 ››› Kerrin Artemis Jacobs studierte Philosophie und Deutsche Sprachund Literaturwissenschaft in Mannheim und Heidelberg und arbeitete während der Zeit ihres Studiums als Betreuerin in sozialpsychiatrischen Einrichtungen der Stadt Mannheim. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Philosophie der Psychiatrie, der (Angewandten) Phänomenologie und der Psychoanalyse. Als Stipendiatin des Landes Baden-Württemberg wurde sie 2011 an der Universität Mannheim promoviert und veröffentlichte ihre Dissertationsschrift 2012 unter dem Titel Soziopathie: Eine Untersuchung moralischer Unfähigkeit. Die letzen drei Jahre forschte sie zur Thematik des veränderten affektiven Erlebens in der Psychopathologie als Postdoc im interdisziplinären Forschungsprojekt Animal Emotionale II »Existential Feelings, Psychopathology, and the Range of Evolutionary Explanations«, das durch die Volkswagen Stiftung im Rahmen der Initiative »Schlüsselthemen der Geisteswissenschaft« gefördert und am Institut für Kognitionswissenschaft der Universität Osnabrück durchgeführt wurde. Für ihre Untersuchung Depressive Comportment and the Experience of Existential and Atmospheric Feelings wurde sie neben anderen Autoren ausgezeichnet mit dem ersten Platz des Essay-Preises für »Philosophy of Psychiatry« der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Weitere ausgewählte Veröffentlichungen sind: Psychopathic Comportment and Moral Incapacity in: Thomas Schramme (Hg.): Being Amoral, Cambridge/Mass.: MIT Press 2013; Zum kritischen Potenzial der Depression in Alain Ehrenbergs »Unbehagen in der Gesellschaft«, in: Sic et Non 2013; Natürlich defekt? Zweck und Natur in Moralphilosophie und Krankheitstheorie mit S. Walter, in: Schlicht, T. (Hg.): Zweck und Natur, München: Fink, 2011; Zur Freiheitskonzeption in Karl Jaspers’ Psychopathologie, mit J. Thome, in: Fortschritte für Neurologie und Psychiatrie, 2003. Fellows in residence Christina Lissmann Der Traum von der Stille und der Verlangsamung der Zeit Innehalten verändert die Wahrnehmung, Nachdenken tritt an die Stelle, wo blinder Aktivismus und partikulares Interesse Scheinlösungen produzieren. Die Sehnsucht nach mehr Muße und die Kunst, sich Zeit zu nehmen, gewinnen langsam Aufmerksamkeit. Gebeutelt von Burnout und Depression als Folge unserer Sucht nach Geschwindigkeit hinterfragen wir das Motto »Schneller Leben« zur Mehrung des Geldes sowie die Technisierung und Materialisierung des Daseins. Insbesondere Friedrich Nietzsche war in seiner strikten Ablehnung eines sinnentleerten Materialismus ein rigoroser Verfechter eines materiell einfachen Lebens zum Zweck der Steigerung der spirituellen Kräfte des Menschen. Als eine Metapher hierfür schuf Nietzsche den Typus des »Zarathustra« als den schöpferischen Überwinder jener Form des Nihilismus, die einen Mangel an nicht-materialistischen Lebenszielen mit dem Streben nach materiellen Gütern zu kompensieren versucht. Friedrich Nietzsche träumte von einem »Kloster für freie Geister«. Anstelle eines Klosters nutzt das Kunstprojekt das Internet und die Social Media. Zielgruppe sind jene freien Geister, die sich um eine Transformation der Gesellschaft bemühen und sich als ersten Schritt aus dem Turbokapitalismus und seiner globalen Zerstörungskraft auf Entschleunigung und Achtsamkeit verständigen. Es entstehen Texte und visuelle Anregungen, die der modernen Komplexität, Hast und Hektik, permanent eingeforderter Effektivität etwas entgegensetzen. Somit geht es in der Arbeit um die Wiederentdeckung der Langsamkeit als einem Weg zu innerem Frieden, Seelenruhe und Gelassenheit. Das internetbasierte Kunstprojekt baut auf Partizipation und Interaktion der Community im Sinne einer sozialen Plastik. ››› 33 34 ››› Christina Lissmann studierte Philosophie, Kunstgeschichte und Ethnologie an den Universitäten Köln und Wien. Sie wurde mit einer Studie Der Traum bei Nietzsche promoviert. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Ästhetische Theorie und zeitgenössische Kunst. Als Fernsehkulturjournalistin veröffentlichte sie zahlreiche Künstlerportraits, kulturhistorische Dokumentationen und Filmessays für für u.a. arte und die ARD im Rahmen der Sendereihe »Philosophie heute« beim Westdeutschen Rundfunk. Sie konzipiert und realisiert Kultur-TV-Formate, Printmagazine und erstellt Kulturkonzepte. Als Entrepreneurin gründete sie die Firma Ludic Philosophy, die das geobasierte Multiplayer-Online-Browsergame »TwinKomplex« mit multimedialem Storytelling entwickelt. Ihre künstlerische Arbeit verortet sich an den Schnittstellen zwischen Kunst, Wissenschaft und Philosophie. Im Sommersemester 2013 leitet sie die Lehrveranstaltung »Traumbilder in Kunst und Philosophie« an der Universität der Künste Berlin. Christina Lissmann lebt als Kulturjournalistin und Medienkünstlerin in Berlin. Fellows in residence Henry W. Pickford Adorno: A Critical Life Both ›criticism‹ and ›life‹ are recurrent motifs in Adorno’s work. Adorno criticizes the contemporary social world because it has been denuded of life, that is, of the possibility of living a genuinely good life, as for instance in his famous sentence: »Es gibt kein richtiges Leben im falschen« (»there is no right living in the false life«). At the same time Adorno argues that the only life rightly lived under present circumstances is a life of criticism, a life spent exposing and resisting the tendencies of society and culture unwittingly to co-opt subjects to prevailing norms and ideas. Focussing on Adorno’s home, the idea of ›being at home‹, or thematically related ideas, e.g. homelessness, homesickness, exile, alienation, together with Adorno’s critical reflections on linguistic, national, ethnic, and personal identity, the fellowship-sponsored research will elaborate and investigate critique/criticism as the unifying factor behind Adorno’s theoretical work on the one hand, and his practical life as a broadcaster, educator, and public intellectual in the nascent democracy of the Federal German Republic on the other. This specific topic of this project relates complexly and critically to Nietzsche’s exhortation to be “multiperspektivisch und kosmopolitisch". Examining and evaluating theory and practice of criticism as the heart of Adorno's life-work, the project, among other things, explores the limits of cosmopolitanism in the context of the multiple perspectives of identity and displacement in Adorno’s life. ››› 35 36 ››› Henry W. Pickford ist Assistenzprofessor am Department of Germanic and Slavic Languages and Literatures an der University of Colorado in Boulder. Seine Studien in Russischer Sprache und Literatur, Mathematik und Philosophie, Vergleichender Literaturwissenschaft und Philosophie führten ihn von Dartmouth, Yale, Stanford und Pittsburgh auch nach Leningrad, Potsdam, Berlin und Tübingen. Seine wissenschaftliche Arbeit behandelt speziell die Gebiete der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, Adorno, Benjamin, Philosophische Ästhetik, Wittgenstein, Marx und Marxismus, Kant, Hegel, den Deutschen Idealismus und Nietzsche. Ausgewählte Veröffentlichungen: The Sense of Semblance: Philosophical Analyses of Holocaust Art. Fordham University Press, 2012. Mit Robert Hanna, Andrew Chapman, Addison Ellis, Tyler Hildebrand: In Defense of Intuitions: A New Rationalist Manifesto, Palgrave Macmillan Press, 2013. Kritische Ausgabe und Übersetzung: Critical Models: Interventions and Catchwords by Theodor W. Adorno, Columbia University Press, Zweite überarbeitete Auflage 2005. Kritische Ausgabe und Übersetzung: Selected Early Poems of Lev Loseff, Spuytenduyvil Press, 2013. Im kommenden Jahr soll in Zusammenarbeit mit J.G. Finlayson erscheinen Theodor W. Adorno: A Critical Life. Fellows in residence Anna L. Roethe »Im Doppelgehirn der Kultur«: Kulturphilosophische Grundlagen einer medizinischen Poetik zwischen Wissenschaft und Kunst im Anschluss an die Schriften Friedrich Nietzsches Die Behandlung der Themen »Krankheit« und »Sterben« hat in der Kulturgeschichte eine lange Tradition. Parallel zu den wissenschaftshistorischen Entwicklungen unterliegt jedoch auch sie einer Reihe von einschneidenden Paradigmenwechseln. Gerade in der Gegenwartskultur des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts lässt sich eine Vielzahl von Beispielen aus Literatur und anderen Medien anführen, die exemplarisch für eine neue Form der »Wissenspoetik« zu stehen scheinen und den intensiven Dialog zwischen poetischen und wissenschaftlichen Darstellungsmitteln zum ästhetischen Gestaltungsprinzip erheben. Das Fellowship am Kolleg Friedrich Nietzsche intendiert die Untersuchung einer kulturphilosophischen Modellbildung, die im Anschluss an Nietzsches Überlegungen zu einem »Zweikammersystem der Kultur« (Rüdiger Safranski) nicht nur den Wissenstransfer aus den Fachdisziplinen (wie etwa der Medizin) in die Kunst in den Blick nimmt, sondern auch umgekehrt nach den Einflussnahmen künstlerischer Darstellungspraxis auf die wissenschaftliche Kommunikation und Methodik fragt. Die philosophischen Grundlegungen in Nietzsches Schriften, in vorderster Linie in Menschliches, Allzumenschliches bieten einen Ausgangspunkt für die Analyse wissenschafts- und kunsttheoretischer Implikationen, entlang deren Wirkungsgeschichte im 20. Jahrhundert sich ein erstes kulturwissenschaftliches Modell einer »medizinischen Poetik« erarbeiten lässt. Anna L. Roethe ist Literatur-/Kulturwissenschaftlerin und Ärztin. Sie studierte Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Jüdische Studien und Medizin in Berlin und Potsdam und schloss ihr Magisterstudium mit einer Arbeit zum Thema Die Anatomie des Stils. Konzepte zur praktischen Anwendung von Stiltheorien in der postmodernen Literaturwissenschaft am Beispiel von Judith Hermann und Wilhelm Genazino ab. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind u. a. Literatur-, Kultur- und Wissenschaftstheorie sowie interdisziplinäre Berührungsbeziehungen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften. Seit 2013 ist sie Mitglied im PhD-Net Das Wissen der Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin. 37 38 Katja Stuckatz Transatlantisches Antiquariat: Fremde Erinnerungsorte in der deutschsprachigen Literatur nach dem 11. September 2001 Einen »Riss im Gewebe der Zeit« nennt Christa Wolf die Anschläge auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001. Dabei sind es nicht nur die Anschläge selbst und der internationale War On Terror, der ihnen folgte, sondern auch das Ende der USA als globaler Supermacht, die jenen Tag zur Chiffre eines weltpolitischen Krisenereignisses machen. Der Angriff auf die Zwillingstürme gilt heute vielen als Schwellenereignis zum »post-amerikanischen Zeitalter« (Fareed Zakaria). Er bildet deshalb zugleich eine Zäsur für Deutschland, das im Zuge der zwei Weltkriege zu einem Sonderfall der Amerikanisierung und des Anti-Amerikanismus wurde. Der gewaltsame Anbruch des 21. Jahrhunderts im Zeichen des Terrors hat deshalb eine Welle der erneuten Vergangenheitsbewältigung in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (2001–2012) ausgelöst. Vor dem Hintergrund dieses epochalen Einschnitts geht das Projekt zwei Fragen nach: Wie gestaltet sich die erinnernde Bewältigung des 20. Jahrhunderts in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur nach dem 11. September? An welche Orte der Erinnerung bindet sich die Geschichte des alten Jahrhunderts und wie werden diese Orte in den Romanen der Gegenwart präsentiert? Den Fokus bilden dabei Prosatexte, die auf die eigene Geschichte im 20. Jahrhundert zurückschauen – und zwar aus der Fremde, aus Reisen in ferne Länder, aus dem Exil – aus der Ortlosigkeit der Bewegung. Ohne konkret thematisiert zu werden, markieren die Anschläge dennoch erkennbar die Schwelle, von der aus die Autoren auf eine endgültig vergangene Vergangenheit zurückblicken. Sie tun es, um der Bestimmungslosigkeit der eigenen Gegenwart Kontur zu verleihen. Angesiedelt an den Schnittstellen zwischen transnationaler Zeitgeschichte und globalisierter Erinnerungstopographie versteht sich das Forschungsprojekt »Transatlantisches Antiquariat« als aktueller Beitrag zur jüngsten deutschen Literaturgeschichte: als kritische Auseinandersetzung mit der Gegenwartsliteratur aus der Perspektive einer neuformulierten Vergangenheitsbewältigung. Fellows in residence Katja Stuckatz studierte Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Jena und Kopenhagen, Abschluss als Magistra Artium 2007 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Derzeit arbeitet sie an der Pennsylvania State University an ihrer Dissertation – Ein Beitrag zur modernen Weltpoesie – über Ernst Jandls Rezeption der internationalen Avantgarde und Neo-Avantgarde. Als Stipendiatin der Botstiber Foundation for Austrian-American Studies war sie im Frühjahr 2011 am Literarturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte und Publikationen liegen im Bereich der internationalen Avantgardeforschung, der Performanztheorie und Ästhetik sowie der Poetologie literarischer Mehrsprachigkeit. Zuletzt erschienen Atemschrift – Ernst Jandl’s Experimental Poetics of Affirmation (Journal of Austrian Studies, 2012). 39 40 Jean Yhee Der europäische Nihilismus im 19. Jahrhundert und der Begriff »Wille« bei Nietzsche, Schopenhauer und ihrer Spinoza-Rezeption Der Diskurs des europäischen Nihilismus im 19. Jahrhundert bietet eine interessante Perspektive auf unsere Moderne, in der kein einheitliches Wertesystem herrscht bzw. herrschen soll, und trotzdem nach einem gemeinsamen kommunikativen Horizont für akzeptable Werte von anderen Bürgern, Gesellschaften und Kulturen dringend verlangt wird. Nicht nur, weil inner- und nicht-europäische Elemente wie die naturwissenschaftliche Entwicklung, die Kritik an den christlichen Werten und die buddhistische Sichtweise zur Implosion der damaligen Wertekriterien Europas geführt haben; sondern auch, weil sich Menschen als unsere Vorgänger mit der neuen ethisch-moralischen und sozio-politischen Lage kritisch auseinandergesetzt haben. Als ein Auftakt zum Habilitationsprojekt »Die Kritik des politischen Nihilismus« soll kontextualisiert werden, inwieweit Nietzsche Spinozas Denken neu bewertet hat. Schopenhauer zufolge hat »jede bisherige Philosophie das Eine oder das Andere vertreten«, d.h. entweder die alttestamentliche Theodizee wie bei Spinoza oder ein Plädoyer der Willensfreiheit mit der spekulativen Annahme des transzendentalen Gottes. Die Berechtigung seiner Philosophie sieht Schopenhauer genau darin, dass er einen dritten Weg gefunden hat, und zwar mit seinem neuen Konzept ›des Willens‹. Nietzsche zufolge ist dieser neu konzipierte Wille zum Leben bei Schopenhauer jedoch in seiner Philosophie vorbestimmt, verneint zu werden. Zwar hat Schopenhauer den Terminus Willen stark thematisiert. Aber Schopenhauers Pessimismus symbolisiert nach Nietzsche einen Sieg des Determinismus, der den Willen auf »Reflexbewegungen« reduziert. So wird keine menschliche Freiheit möglich, sei es im Sinne der Willensfreiheit oder nicht. Während Schopenhauer mit Jacobi Spinozas Fatalismus und seinen Intellektualismus kritisiert hat, gilt der Fall Schopenhauer selbst für Nietzsche als ein weiteres Beispiel des Fatalismus in einer pessimistischen Variante. Ihm erscheint Schopenhauers Philosophie in diesem Kontext als eine problematische Widerspiegelung des resignativen Fatalismus im 19. Jahrhundert, solange dort »die Leugnung des Willens als ›wirkende Ursache‹« vertreten wird, wohingegen Spinozas Denken von ihm als ein »freudige[r] Fatalismus« bezeichnet wird. Fellows in residence Dies zeigt die Konstellation und die Zusammenhänge beider Aufgaben von Nietzsche, sich von der resignativen Seite des Fatalismus abzugrenzen und zugleich seinen bejahenden Moment zur Geltung zu bringen. Diese »Selbstüberwindung des Nihilismus« hängt mit dem Entwurf des neuen Konzept des Willens zusammen, der nicht Wille zum Leben wie bei Schopenhauer, sondern Wille zur Macht heißen soll – zur schöpferischen Macht, die neue Werte schaffen kann. Jean Yhee studierte Rechtswissenschaft und Philosophische Ästhetik an der Korea University und Seoul National University in Seoul, Südkorea. Er war Generalsekretär der Hegel Gesellschaft Koreas 2002– 2003. Als Stipendiat der Kim Hee-Kyung Scholarship Foundation for European Humanities wird er über die denkgeschichtlichen Leitmotive und ihre Entwicklung in Nietzsches Spinoza-Rezeption mit dem Titel Nietzsche contra Spinoza an der Humboldt Universität zu Berlin unter Betreuung von Prof. Dr. Renate Reschke 2013 promovieren. Er hielt Vorträge und veröffentlichte Aufsätze und Rezensionen über Philosophie, Ästhetik, Bühnenkunst und Ausstellungen in Berlin, Peking und Seoul. Zuletzt erschien: Spinozas »Maskerade«: Nietzsche über »Spinozas psychologischen Hintergrund«, in Georg/ Zittel (Hg.): Nietzsches Philosophie des Unbewussten (De Gruyter 2012). 41 42 Gäste Gäste Rosella Attolini Über Nietzsche mit Giorgio Colli Die kritische Ausgabe der Nietzsche-Werke, die Giorgio Colli zusammen mit Mazzino Montinari seit den 60er Jahren realisierte, beabsichtigte nicht nur, die falsche Maske, die dem Philosophen im Laufe der Jahre des Nationalsozialismus gegeben wurde, wegzunehmen, sondern überhaupt durch die Verbreitung seines Denkens fortzusetzen, was Nietzsche beginnen wollte: den Kampf gegen den Ruin des Menschen. Nach Colli ging es darum »nicht nur einfach Nietzsche zu verstehen, aber etwas in seiner Richtung zu tun«. Colli zeigte eine geistige Verwandtschaft mit Nietzsche. Er dachte, dass dieser Philosoph »unsere Gedanken über das Leben auf ein höheres Allgemeinniveau gehoben hat…so dass wir nun gezwungen sind, von der Ebene auszugehen, die er uns angewiesen hat.« Die Lektüre von Collis Dopo Nietzsche (1974) und La ragione errabonda. Quaderni postumi (1982), öffnet den Weg, seinen Dialog mit dem Philosophen zu entdecken. Colli hat Nietzsche kritisiert, weil er über die wichtigsten philosophischen Probleme, wie beispielswiese die Bedingungen der Erkenntnis, nicht nachgedacht habe. Er, behauptet Colli, habe zwar die Dogmen der Vernunft kritisiert, aber nicht Vernunft an sich. Colli denkt, dass Nietzsches Argumente in Wirklichkeit Intuitionen, nicht Deduktionen seien, deswegen sei er eigentlich kein richtiger Philosoph: “er konnte keine theoretische Struktur finden, um seinen dyonisischen Optimismus zu stützen”. Durch eine Neuinterpretation des Apollinischen und des Dionysischen hat Colli die Intuitionen Nietzsches weiterentwickelt und Nietzsches Beziehung mit Schopenhauers Philosophie betont. Der »Wille zur Macht« ist nach Colli nur ein anderer Name für den »Wille zum Leben« und nicht ein ernster Aspekt in Nietzsches Philosophie. So hat Colli eine neue Anschauung der Dinge und eine eigene Philosophie hervorgebracht, in der die Kritik der Vernunft einen wichtigen Platz findet. Er stützt seine Gedanken auf eine neue Auslegung der alten Philosophie (die griechische Weisheit). Damit ist für Colli die ganze Realität rappresentazione, in dem Sinn, dass sie etwas Anderes ausdrückt. Das beste Beispiel ist die rationale Rede, die Erinnerung an eine Erfahrung oder ein Objekt bedeutet und versucht diese zum Ausdruck zu bringen. Wenn bewiesen worden wäre, dass die rationale Rede sich widersprechen kann und kein Fundament der Wahrheit sein kann, sei der Weg zur künstlerischen Freiheit gelöscht. Die Kunst kann sich mit der ursprünglichen Dimension der Realität verbinden, in der es weder ››› 43 44 ››› Differenz noch Trennung von Objekten gibt und wo Spiel und Gewalt, Freude und Leid und Notwendigkeit und Zufälligkeit verflochten sind. Colli denkt, dass es uns möglich ist, die Fülle des Lebens wieder zu entdecken. Dies bedeutet den contatto (Pathos) in den Dingen wieder zu finden und sich aus dem Gefängnis der Vorstellungen zu befreien. Das ist nach Colli der Weg zur eigenen Innerlichkeit (Physis) und zur Wiedergeburt der Kultur. In einer Zeit des Deliriums der Vernunft, in welcher der Mensch in dem Labyrinth der Abstraktionen eingesperrt ist, fühlen wir die Notwendigkeit, Collis Philosophie zu überdenken. Rossella Attolini hat Philosophie an der Universität zu Bari und an der Universität zu Köln studiert. Sie hat ihre Bachelorarbeit über Nietzsche und die ewige Wiederkehr des Gleichen im Zusammenhang mit der Auslegung Giorgio Collis geschrieben. Im Juli 2012 hat sie das Masterstudium mit einer Arbeit über Parmenides abgeschlossen. In dieser Arbeit interessiert sie sich für die Anschauung Collis über den Ursprung und die Bedeutung der rationalen Erkenntnis. Besonderer Dank gilt dem Leonardo Da Vinci EU-Programm für berufliche Bildung, das den Aufenthalt Rossella Attolinis am Kolleg Friedrich Nietzsche ermöglichte. Gäste 45 46 Die Rückkehr der Fellows in residence »So schreibt der Kodex vor, dass die Jedi Friedenswächter der Galaxis seien und ihre Kraft und Macht nur der Verteidigung und dem Schutz anderer zu dienen hat.« »Setzt ein Jedi die Macht im Zorn ein – auch im Glauben, dass dies im Rahmen einer guten Sache geschehe – so besteht die Gefahr, dass er auf die dunkle Seite der Macht wechselt und dem Bösen verfällt.« Wikipedia, Stichwort Jedi, 10. April 2013 Die Rückkehr der Fellows in residence Ulrike Eichler Poesie des Begehrens Im Jahr 2007 stand Ulrike Eichlers Fellowship unter dem Titel »Poesie des Begehrens« und ging der Frage nach Transzendenz als Möglichkeitsraum eines Anderen zur angeblichen Alternativlosigkeit der Wirklichkeit nach, die in der Diesseitigkeit der Erfahrung aufzufinden sein sollte. Diese Dimension von Erfahrung zeigt sich im Begehren. Die Ausgangsfrage lautete: Wenn das, wovon wir wollen, dass es sein soll, das Mögliche, das Gute, sich nicht einfach mit den Mitteln der Kritik finden lässt und auch nicht durch eine universale Idee, dann muss es etwas zu tun haben mit dem einzelnen und je besonderen, dem einzelnen Wünschen und Begehren. Denn das birgt eine Differenz in sich zum Vorfindlichen, zu dem, was ist. Das Poetische ist dem auf der Spur: als Wahrnehmung des Wirklichen, als Aufmerksamkeit für das Mögliche. Mit der Frage nach der Poesie war bereits die nach der Sprache, nach den Bedingungen der Möglichkeit, sich selbst zur Sprache bringen zu können, gestellt. Hannah Arendt bestimmt solchen Selbstausdruck, gemeinsam mit dem Handeln, als die beiden wesentlichen Momente menschlicher Freiheit. Das heißt für sie als die beiden wesentlichen Momente des Sinns menschlicher Existenz. Während des »Rückkehr-Fellowships« 2012 sollte die angedeutete Fragestellung nun differenztheoretisch ausgelotet werden. Mit dem Horizont von Differenzdenken ist bereits Friedrich Nietzsche aufgerufen, der als einer der ersten maßgeblichen Denker gegenwärtigen Differenz-Denkens verstanden werden kann. Im Anschluss an Arendt und an Nietzsche soll die Frage nach der Möglichkeit, sich sprechend selbst zum Ausdruck bringen zu können, im Sinne der sexuellen Differenz zugespitzt werden. Sie lautet dann: Wie ist unter den Bedingungen der herrschenden symbolischen Ordnung ein Gespräch zwischen Männern und Frauen möglich, in dem der jeweilige geschlechtlich bestimmte Selbstausdruck zum Tragen kommen und Verständigung möglich werden kann? Oder im Horizont des Denkens der italienischen Philosophinnen von DIOTIMA und der Libreria delle donne di Milano gesprochen, denen die Überlegungen gelten sollen: Wie kann das Symbolische selbst auf eine neue Weise so in den Blick genommen werden, dass Selbstausdruck und Verständigung möglich werden, ohne dass die sexuelle Differenz im Dialog zwischen den Geschlechtern verschwindet, geleugnet oder gelöscht werden muss? ››› 47 48 ››› Nietzsches Balkon ist für diese Fragen nicht nur ein besonders inspirierter – Nietzsche selbst zeigt sich ja nicht nur als ein Denker der Differenz sondern eben auch als einer der Geschlechterdifferenz – und inspirierender Ort zu verstehen, sondern ist vor allem auch selbst ein Ort des Dialogs. So ist mit dem Fellowship auch die Idee verbunden, einen Dialog im oben skizzierten Sinn zu führen und zu dokumentieren – als Fortsetzung eines offenen Denkens an diesem besonderen Ort, der selbst Eröffnungen ermöglicht. Ulrike Eichler studierte Theologie in Berlin und Heidelberg. Sie ist wissenschaftliche Assistentin im Fach Systematische Theologie mit dem besonderen Schwerpunkt Feministische Theologie an der kirchlichen Hochschule Bethel und arbeitet im Rahmen einer Dissertation mit dem Titel »Poesie des Begehrens« zu Hannah Arendt, Luce Irigaray, Luisa Muraro und dem biblischen hohen Lied der Liebe. Ihre theologischen Schwerpunkte gelten dem Verständnis der Schrift, der mittelalterlichen Mystik der Frauen und dem Denken der Differenz. Zurzeit ist sie an der Philosophischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Bereich Feministische Theologie und theologische Genderforschung tätig. Ulrike Eichler ist von Oktober 2012 bis Juni 2013 als Studienleiterin am Centro Melantone in Rom. Die Rückkehr der Fellows in residence Łukasz Musiał Sprachen der Gewalt Łukasz Musiał bereitet für die Posener Deutsche Bibliothek einen Band mit dem Titel »Sprachen der Gewalt« vor. Dieser Band ist ein Versuch, das Gewaltphänomen aus Sicht der deutschen Sozial-, Politik- und Geschichtswissenschaft, sowie der Kulturanthropologie, Philosophie usw. darzustellen. Die Posener Deutsche Bibliothek ist eine seit 1995 herausgegebene Schriftenreihe, die sich zum Ziel setzt, polnischen Lesern Schlüsseltexte der deutschen Kultur- und Wissenschaftstradition näherzubringen. Einzelne Bände sind entweder einem Autor (u.a. W. Benjamin, M. Weber, E. Troeltsch, G. Benn, Th. Mann, R. Koselleck) oder einem Problemfeld (u.a. deutschsprachige Theologie, politische Kultur in Deutschland, Konservative Revolution 1918–1933, deutsche Identität nach 1945) gewidmet und aus zwei Teilen bestehend – einer umfangreichen Einführung in die Problematik sowie einer Auswahl von, ins Polnische übersetzten, Texten. Łukasz Musiał ist seit 2005 Mitarbeiter des Instituts für Germanische Philologie an der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan, an welchem er auch promovierte und sich 2012 habilitierte. Er studierte Kulturwissenschaften an der Europa-Universität in Frankfurt/Oder und anschließend Germanistik an der Adam-Mickiewicz-Universität in Poznan. Seine Forschungsgebiete sind die Geschichte der Konservativen Revolution in Deutschland, das Werk von Ernst Jünger und Franz Kafka, deutsche Philosophie im 19. und 20. Jahrhundert, vergleichende Literaturwissenschaft, Literaturtheorie und Philosophie der Literatur. Weiter ist er als Übersetzer (deutsche Prosa und Fachbücher) und Autor von Novellen und Erzählungen tätig. Von Oktober 2007 bis Januar 2008 war er Fellow in residence. Auf »Nietzsches Balkon« arbeitete er über »Was heißt es, auf einem Holzweg zu sein? Räume des Philosophierens«. Der Aufsatz erschien im Band Auf Nietzsches Balkon. Fellows in residence des Kollegs Friedrich Nietzsche (Hrsg.: Rüdiger SchmidtGrépály. Verlag der Bauhaus Universität Weimar, 2009.) 49 50 Nachtrag/Archiv Nachtrag/Archiv Gast Mathias Buss Gebaute Heilkunst versus Krankenhaus Mathias Buß war 2012 für einen Monat Gast des Kollegs Friedrich Nietzsche. Ermöglicht wurde diese Einladung durch die Förderung der Ernst-Abbe-Stiftung (Jena). Die Einladung schloss sich an den Kongress »Nietzsche und die psychiatrische Welt« an (August 2011, konzipiert von Matthias Bormuth). Der Kongress wurde ebenfallsvon der Jenenser Stiftung gefördert, der auch an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich gedankt sei. Mathias Buß ist 2013 Fellow in residence des Kollegs (siehe oben, S. 28). 51 52 Publikationen Publikationen Aus dem Kontext der Weimarer Vorlesungen Schriften unserer Fellows Martin Jörg Schäfer: Die Gewalt der Muße. Zürich-Berlin 2013. Wolfgang Welsch: Mensch und Welt. Eine evolutionäre Perspektive. München 2012. Boyan Manchev: L’altération du monde. Pour une esthétique radicale. Fécamp 2009. Giorgio Agamben: Signatura rerum. Über die Methode. Frankfurt/Main 2009. Dieter Henrich: Denken und Selbstsein. Vorlesungen über Subjektivität. Frankfurt/Main 2007. Hrsg. von Thomas Jefferson: Declaration of Independence. Hrsg. von Michael Hardt (u. a.). London 2007. Slavoj Žižek: Parallaxe. Frankfurt/Main 2006. (3. Kapitel) Ágnes Heller: The three logics of modernity and the double bind of the modern imagination. Collegium Budapest 2005. (In: Thesis eleven. N° 81. S. 63–80) Klaus Theweleit: Tor zur Welt. Fußball als Realitätsmodell. Köln 2004. Ernst Tugendhat: Egozentrizität und Mystik. München 2003. Klaus Theweleit: Der Knall. 11. September, das Verschwinden der Realität und ein Kriegsmodell. Frankfurt/Main 2002. Slavoj Žižek: Die Revolution steht bevor: Dreizehn Versuche über Lenin. Frankfurt/Main 2002. Peter Sloterdijk: Das Menschentreibhaus. Stichworte zur prophetischen Anthropologie. Vier große Vorlesungen. Fellowship des Kollegs Friedrich Nietzsche. Hrsg. von Claus Pias, Joseph Vogl, Lorenz Engell. Medien, 5. Weimar 2001. Peter Sloterdijk: Über die Verbesserung der frohen Nachricht: Nietzsches fünftes »Evangelium«. Rede zum 100. Todestag von Friedrich Nietzsche, gehalten in Weimar am 25. August 2000. Edition Suhrkamp, Sonderdruck. Frankfurt/Main 2001. 53 54 Verlag der Bauhaus-Universität Weimar Schriften aus dem Kolleg Friedrich Nietzsche Im Verlag der Bauhaus-Universität Weimar erscheint seit 2005 die Reihe »Schriften aus dem Kolleg Friedrich Nietzsche«, herausgegeben von Rüdiger Schmidt-Grépály. Auf Nietzsches Balkon 2. Hrsg. von Claudia Wirsing, 2013. »Die Neugier des Glücklichen« Eine Festschrift für den Gründer des Kollegs Friedrich Nietzsche. Hrsg. von B.-Christoph Streckhardt. 2012. Naturästhetik interkulturell. Ausgehend von der ästhetischen Kulturfiguration in Japan. Hrsg. von Ryôsuke Ôhashi. Weimar 2011. Universalismus. Hrsg. von Klaus Vieweg. Weimar 2011. Moderne und Historizität. Hrsg. von Stefan Wilke. Weimar 2011. Nicht-Arbeit. Politiken, Konzepte, Ästhetiken. Hrsg. von Jörn Etzold u. Martin Jörg Schäfer. Weimar 2010. »Die Glücklichen sind neugierig« – Zehn Jahre Kolleg Friedrich Nietzsche. Hrsg. von Julia Wagner u. Stefan Wilke. Weimar 2009. Bibliographie des Kollegs Friedrich Nietzsche 1993–2009. Hrsg. von Marina Sawall. Weimar 2009. Auf Nietzsches Balkon. Fellows in residence des Kollegs Friedrich Nietzsche. Hrsg. von Rüdiger Schmidt-Grépály unter Mitarbeit von Marina Sawall. Weimar 2009. Duncan Large: Nietzsches Renaissance-Gestalten. Shakespeare, Kopernikus, Luther. Weimar 2009. Babette Babich: »Eines Gottes Glück voller Macht und Liebe« – Beiträge zu Nietzsche, Hölderlin, Heidegger. Weimar 2009. Jean Baudrillard: Das Ereignis. Weimar 2007. Publikationen Hegel und Nietzsche. Eine philosophisch-literarische Begegnung. Hrsg. von Klaus Vieweg u. Richard T. Gray. Weimar 2007. Grenzen des Denkens – Zwölf Gespräche zwischen den Disziplinen Philosophie, Theologie, Medizin, Psychiatrie, Germanistik, Neurophysiologie, Kunst, Medienwissenschaft. Hrsg. von Donata Schoeller u. Matthias Michel. Unter Mitarbeit von Inga von Staden. Weimar 2007. Selbstachtung oder Anerkennung. Hrsg. von Henning Hahn. Weimar 2005. 55 56 Im Verlag der Bauhaus-Universität Weimar erschienen ferner Friedrich Nietzsche. Schreibmaschinentexte. Vollständige Edition. Faksimiles und kritischer Kommentar. Aus dem Nachlass hrsg. von Stephan Günzel u. Rüdiger SchmidtGrépály. Weimar 2002. 2. Aufl. 2003. 3. Aufl. 2009. Nietzsche – Text-Kontext. Hrsg. von Djavid Salehi u. Rüdiger Schmidt-Grépály. Weimar 2000. Weitere Publikationen Nietzsches Nietzsche. Werke letzter Hand. Hrsg. von Rüdiger Schmidt-Grépály. Lagerfeld Steidl Druckerei Verlag. Göttingen 2014. Gefühle als Atmosphären. Neue Phänomenologie und philosophische Emotionstheorie. Hrsg. von Kerstin Andermann u. Undine Eberlein. (In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Sonderbd. 29). Akademie Verlag. Berlin 2011. Friedrich Nietzsche und die Literatur der klassischen Moderne. Hrsg. von Thorsten Valk. Berlin 2009. Technobilder und Kommunikologie. Die Medientheorie Vilém Flussers. Hrsg. von Michael Hanke, Oliver Fahle und Andreas Ziemann. Berlin 2009. An Bord der Bauhaus. Zur Heimatlosigkeit der Moderne. Hrsg. von Sonja Neef. Bielefeld 2009. (Kultur- und Medientheorie) Friedrich Schlegel und Friedrich Nietzsche. Transzendentalpoesie und Dichtkunst mit Begriffen. Hrsg. von Klaus Vieweg. Paderborn [u. a.] 2009. Was ist ein Medium? Hrsg. von Alexander Roesler und Stefan Münker. Frankfurt/Main 2008. Für alle und keinen. Lektüre, Schrift und Leben bei Nietzsche und Kafka. Hrsg. von Friedrich Balke, Joseph Vogl, Benno Wagner. Zürich 2008. Topologie. Zur Raumbeschreibung in den Kultur- und Medienwissenschaften. Hrsg. von Stephan Günzel. Bielefeld 2007. Publikationen Anthropologie. Zur Vorgeschichte eines Menschen nach Maß. Hrsg. von Gert Theile. München 2005. (Weimarer Editionen) Per imaginem. Bildlichkeit und Souveränität. Hrsg. von Anne von der Heiden. Zürich 2005. ([Se]qu[enzia]) Nietzsche – Radikalaufklärer oder radikaler Gegenaufklärer? Internationale Tagung der Nietzsche-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der KantForschungsstelle in Mainz und der Stiftung Weimarer Klassik und Kunst sammlungen vom 15.–17. Mai 2003 in Weimar. Berlin 2004. Nietzsche im Christentum. Theologische Perspektiven nach Nietzsches Proklamation des Todes Gottes. Hrsg. von Daniel Mourkojannis und Rüdiger Schmidt-Grépály. Basel 2004. (In: Beiträge zu Friedrich Nietzsche. Hrsg. von David Marc Hoffmann. Bd. 8) Über Menschen. Zur Zukunft des Humanen. 2. Bd. Hrsg. von andrea dietrich, Julia Draganovic, justus h. ulbricht. Jena 2003. Gesetz und Urteil. Beiträge zu einer Theorie des Politischen. Hrsg. von Lorenz Engell, Claus Pias und Joseph Vogl. Weimar 2003. (Medien i; 14) Europa: Kultur der Sekretäre. Hrsg. von Bernhard Siegert und Joseph Vogl. Zürich 2003. ([Quantum]) Nietzsche im Exil. Übergänge in gegenwärtiges Denken. Hrsg. von Rüdiger Schmidt-Grépály und Steffen Dietzsch. Weimar 2001. Widersprüche. Zur frühen Nietzsche-Rezeption. Hrsg. von Rüdiger Schmidt-Grépály und Andreas Schirmer. Weimar 2000. Entdecken und Verraten. Zu Leben und Werk Friedrich Nietzsches. Hrsg. von Rüdiger Schmidt-Grépály und Andreas Schirmer. Weimar 1999. 57 Kooperationspartner Kooperationspartner Wir danken unseren zahlreichen Kooperations- und Projektpartnern ·· Bauhaus-Universität Weimar ·· Berliner Nietzsche Colloquium ·· Collège International de Philosophie, Paris ·· Denkerei Berlin ·· Deutsches Literaturarchiv, Marbach ·· Fakultät Medien der Bauhaus Universität Weimar ·· Forum Texte. Zeichen. Medien, Universität Erfurt ·· Forschungsstelle Europäische Romantik an der FriedrichSchiller-Universität Jena ·· Frege Centre for Structural Sciences, Friedrich-SchillerUniversität Jena ·· Freundeskreis des GoetheNationalmuseums e.V. ·· Friedrich-Schiller-Universität Jena ·· German Stanford Alumni ·· gGmbH Collegium »FRIEDRICH NIETZSCHE« ·· Graduiertenkolleg Mediale Historiographien an der Univer sität Erfurt, Bauhaus Universität Weimar und der Friedrich Schiller Universität Jena ·· Hermann-Cohen-Akademie für Religion, Wissenschaft und Kunst ·· Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Erfurt ·· Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Tübingen ·· Institut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik ·· Institut für Philosophie der Friedrich Schiller-Universität Jena ·· Kultur Schloss Ettersburg ·· Landesprogramm »Proexellenz« an der Friedrich-Schiller-Univer sität Jena, Bereich: »Laboratorium Aufklärung« ·· Nietzsche Source (ehem. Association HyperNietzsche) der École normale supérieure in Paris ·· Pacownia Pytan Granicznych/ Werkstatt der Grenzfragen der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan/Polen ·· Universität Bamberg ·· Resepekt!-Initiative der IG-Metall ·· Stadt Weimar ·· Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora ·· Technische Universität Braunschweig (»Zukunftsfragenkontrovers«) ·· Tel-Aviv University ·· Verein der Fellows des Kollegs Friedrich Nietzsche e.V. 59 60 Kolleg Friedrich Nietzsche der Klassik Stiftung Weimar Humboldtstraße 36 | 99425 Weimar TEL +49 (0) 36 43 | 545-630 FAX +49 (0) 36 43 | 545-639 kolleg-nietzsche@klassik-stiftung.de www.klassik-stiftung.de/kolleg-friedrich-nietzsche Dr. Rüdiger Schmidt-Grépály Leiter des Kollegs Friedrich Nietzsche Nietzsche-Archiv Museumsteil: Van-de-Velde-Salon Humboldtstraße 36 | 99425 Weimar TEL +49 (0) 36 43 | 545-634 APR–OKT Di–So 11–17 Uhr NOV–MRZ geschlossen Klassik Stiftung Weimar Referat Kommunikation Burgplatz 4 99423 Weimar TEL +49 (0) 36 43 | 545-400 FAX +49 (0) 36 43 | 41 98 16 kommunikation@klassik-stiftung.de www.klassik-stiftung.de Redaktion & Lektorat Magdalena Müller und Alexa Straus Gestaltung WWW.GOLDWIEGE.DE Für ihre freie Mitarbeit sei Michael Kletta, Johannes Korngiebel, Peter Maier, Magdalena Müller und Alexa Straus gedankt. www.klassik-stiftung.de »Ein ›freier Geist‹ – dies kühle Wort tut in jenem Zustande wohl, es wärmt beinahe.« Friedrich Nietzsche, »Menschliches, Allzumenschliches«, Vorrede