so entlarven sie marken-kopien

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so entlarven sie marken-kopien
AUSGABE 1/2011 EUR 4,– SFR 5,30 $ 5,30
ELITE
EINMALIG, ERLESEN & EDEL
Cover-Story
Emily my Waterloo
so entlarven sie
marken-kopien
ein desillusionierter rolls-royce
fahrer packt aus
SEITE 56
Stein-Reich
so werden sie im urlaub
beim juwelenkauf gelinkt
SEITE 120
SEITE 96
Originale
echt gefälscht
An welchen Merkmalen man gefälschte Markenware erkennt....56
Editorial.......................................14
Die zehn edelsten Überflüssigkeiten
Vom Bugatti Atlantic bis zum juwelenbesetzten BH........................20
Binär & Elitär
Im Zeichen der Emily
Wenn der Rolls teure Mätzchen
macht........................................96
Literarische Stern(chen)stunden
Wenn Promis zur Feder greifen....106
Technische Spielereien für Die Oberen 10.000 .................................26
Hipp & Lux
Trendiges aus der Glitzerwelt der
Elite............................................30
Thumsers Cultcar
Der Henkel-Konzernchef und seine
geheime Leidenschaft: Eine Chevrolet
Corvette 1978 ............................34
Funkelnde Verführer
Exklusiv für ELITE öffnet Juwelier
Kornmesser seine Schmuckschatulle ..........................................38
Der Teppich-König
Ali Rahimi und die Geheimnisse
eines Top-Netzwerkers..............44
Geiselhaft der 3S
Wolfgang Lusak über Spekulanten,
Schmarotzer und Schurken........44
Noblesse Oblige
Auf dem Titel:
Ekaterina Mucha
Foto: Sepp Gallauer
Outfit: Alberta Ferretti
4 Jahreszeiten
Styling: Ken Krüger
Schmuck: Juwelier Kornmesser
Ohrclipse in 18 Karat Weißgold und
Diamanten in Brillantschliff, zusammen ca. 11,5 Carat um 32.000 Euro
Ring: The Globe in 18 Karat Weißgold
und Diamanten in Brillantschliff, zusammen ca. 11,3 Carat um 23.000 Euro
Armband in 18 Karat Weißgold und
Diamanten in Brillantschliff, zusammen ca. 31 Carat um 66.000 Euro
Die Handtasche von Chanel ist echt
10
Eine neue Studie offenbart, dass
Millionäre sich nicht als reich sehen.
Auch die klassischen Stereotype
greifen nicht...............................50
Was kostet die Welt?
Reisen, wenn Geld keine Rolle
spielt: Von einsamen Luxus-Eilanden bis zum Cruise auf elitären
Yachten....................................112
Steinreich – oder auch nicht
Die klassische Urlaubsposse – beim
Juwelenkauf übervorteilt...........120
Veredelt
Trends am Sektor Luxusküchen....122
Edle Tropfen
Darf man, soll man, muss man beim
Wein auf den Preis schauen? Heimische Weinexperten verraten ihre
Geheimtipps............................126
Top Marken
Rückkehr der fetten Jahre: Die globale Luxusgüterindustrie verzeichnet wieder Wachstum ..............132
Elitär
Kulturjournalisten krönen die kulturelle Elite Österreichs................142
Celebrity Cases
Style-Tempel
ELITE stellt das Nonplusultra der
noblen Einkaufsmeilen vor..........72
Tierisch gut
Prominente Hunde- und Katzenbesitzer und ihre Lieblinge..............92
Wenn Ruhm, Geld und Eitelkeit
schlagzeilenträchtig ins Gefängnis
führen.......................................146
Solide gebunden
Wir baten einen der besten Vertreter der
heimischen Handwerkselite, die Firma
Papyrus vor den Vorhang..............154
ELITE
Inhalt
Mag. G. Thumser
und seine Chevrolet
Corvette
Seite 34
Jüngere Zielgruppe
Joka-Chef Gerold Fallend zum Revival der Firma..........................156
Hollywood lässt grüßen
Der Chef empfiehlt
Die absoluten Must-Haves für die
Reichen und Schönen..............180
Pierce Brosnan als Testimonial für
die Spar-Premiummarken.........158
Best Dressed Women...............196
Worst Dressed Women.............202
Luxury for your body
ELITE besuchte John Harris-Boss
Ernst Minar................................206
Status unbekannt
Akademiker mit 16, Rekordhalter im
Rückwärtsmarathon oder Hockey
unter dem Eis. Eliten, die kaum einer
kennt........................................164
So feiert die Elite......................208
Humor
Der Verzicht – Erotische Geschichte
Tradition und Moderne
Das neue Corso im Herrnhuter
Haus........................................170
Spitzen-Literatur
Warum es manchmal im Leben
schöner ist, zu gehen. Als zu bleiben.
Oder zu kommen......................182
Der Oeref in der Schüssel.........222
Biologisches Alter
Sind Sie so alt, wie Sie sich fühlen?
Der ultimative Test....................226
Glamour im Glas
Wie nützlich sind Ratgeber zum
Reichwerden wirklich?..............174
Glamour
Bottles
Seite 188
Getränke-Produzenten verpassen
ihren Produkten eine edle Note....188
Umfrage
Was ist für Sie Elite?.................228
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ELITE
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EDITORIAL
Die Oberen Zehn Millionen
An kaum einer Frage erhitzen sich die Gemüter so nachhaltig, wie an jener, wer der Elite zuzuzählen ist.
V
Seite 34 – Interview mit Magister Günter Thumser). Zur Elite gehören
Astrid Hartmann, die mit 19 ihr Jusstudium absolvierte, Eva Moser,
die Schach-Staatsmeisterin oder Christian Redl, der 150 Meter tief
ohne Sauerstoffgerät tauchen kann (siehe Seite 164).
Zur Elite gehören jene Frauen, die nicht stupid dem Markenwahn
folgen, aber weitsichtig und informiert genug sind, eine Fake-Marke
auf den ersten Blick vom Original unterscheiden zu können (siehe Coverstory ab Seite 56). Könnte das jede Frau, dann wäre das wohl fatal:
Dann würde ein Multi-Milliarden-Geschäft, jenes der Nachahmer, Kopierer und Faker spielkartengleich über Nacht zusammenbrechen.
Denn schließlich lebt das Fälscher-Geschäft von zwei Arten von
Konsumidioten: Den einen, die noch immer glauben, dass sie, wenn
R e i c h e h a b e n e s n i c h t n ö t i g , a n z u g e b e n . D i e sie ein Topprodukt oder einen Spitzenmarkenartikel kaufen, damit
meisten geben an, dem Mittelstand zuzugehören. auch dessen Charisma erwerben. Diese idiotische Pseudo-Elite stürzt
sich auf die Ersatzbefriedigung Einkauf, dies oft aus Mangel an SelbstDer typische Österreicher ist im Zweifelsfalle ein Mitglied des Mit- wertgefühl. Und aus der Unfähigkeit heraus, der eigenen Persönlichtelstandes, gleich, ob er knapp am Existenzminimum kratzt oder sei- keit Kraft, Kreativität, Schaffensgabe und Initiative zu verleihen, holen
ner Frau einen Porsche Cayenne unter den Weihnachtsbaum legen sie sich all dies aus dem Reich der großen Marken. Dumm gelaufen,
kann. Was übrigens schon vor Jahrzehnten die politischen Parteien wenn man nicht genug Geld hat, um sich das Ding im Original zu leiserkannt haben, weshalb alle in ihren Werbekampagnen um diese brei- ten und seine Hilflosigkeit noch dazu mit Kopien befriedigen muss.
Die Betreffenden scheitern kläglich.
te Mittelschicht buhlen.
Denn ihr Motto „mit dem Erwerb des
Wer sohin eine Zeitschrift namens
Chanel-Parfums, der Wunderl-SchuELITE am Kiosk erwirbt, so lässt sich
he oder eines Ferrari kaufst du die entmesserscharf schlussfolgern, der wird
sprechende Persönlichkeit gleich mit“
sich selbst in der Mehrzahl der Fälle
So sah
geht garantiert in die Hosen. Diese
bescheiden nicht zu derselben zählen
ELITE
These versteht jeder, wenn man pro(selbst wenn er dazugehört), sondern
1991 aus
vokant fragt: „Glauben Sie, dass jeder
interessiert sich viel mehr dafür, wie
Mann, der Nespresso trinkt, danach
die leben, was die treiben und ob das
aussieht wie George Clooney?“
die besseren Menschen sind als man
Die zweite Art von IdiotInnen glauselbst.
ben, dass man ihre falschen HandtaEbenso, wie ja auf einer Millionärsmesse nur die allerwenigsten Besucher über eine Million Euro liquide schen für echte hält und sie damit besser, wichtiger, etablierter als in
verfügen, sondern dort Menschen wie du und ich hingehen, weil’s halt der Wirklichkeit dastehen.
Die wahrhaftige Elite nach unserer Definition sind sohin jene, die
schon faszinierend ist, die da oben bei ihren Eskapaden einmal aus
der Nähe zu betrachten. Wobei, das sei nur am Rande erwähnt, das, die Fallen der geheimen Verführer durchschauen, und die nicht in den
was auf sogenannten Luxusmessen ausgestellt wird, mit dem Leben „Kaufe Charisma“-Abgrund tappen. Die rund 70.000 Millionäre in Ösder wahrhaftig Superreichen wenig bis gar nichts zu tun hat. Denn terreich definieren sich nicht über materielle Dinge. Denen sind Kulkaum einer von denen, die es zu Wohlstand und Reichtum gebracht tur und soziale Verantwortung wichtig (siehe Seite 50).
Elite-Persönlichkeiten, jene, die clever sind, den Durchblick haben
haben, schafft sich platinene Wachtel-Eierbecher an oder Straußenleder-Schuhe mit golddurchwirkten Schuhbändern, an deren Ende und es aus eigener Kraft zu etwas gebracht haben, sind freilich noch
lupenreine Zweikaräter das Schnüren erleichtern. Solchen Schmon- etwas: Sie sind Konsum-Pioniere und damit für die Wirtschaft absozes überlassen die den Neureichen, den Protzern, den Angebern, den lut unverzichtbar.
Pseudos und jenen, die als Drogendealer, Waffenhändler oder Zuhälter miese Moneten, sprich schmutziges Geld gemacht haben.
Die rund 70.000 Millionäre in Österreich defiNun mag jeder seine persönliche Definition der Elite finden: Wir n i e re n s i c h n i c h t ü b e r m a t e r i e l l e D i n g e . D e n e n
sehen das so: Zur Elite gehört ein Spitzenmanager, der als Vorstand s i n d K u l t u r u n d s o z i a l e Ve r a n t w o r t u n g w i c h t i g .
eines Waschmittelkonzerns für neuntausend Mitarbeiter verantwortlich ist und Sie, geschätzte LeserInnen, an seinem Spaß teilhaben
Dinge, die dem Leben zusätzlichen Komfort verleihen, wie produklässt, den Anblick seiner 78er Chevrolet Corvette zu genießen (siehe tionstechnische Neuentwicklungen (neue Elektronikgeräte, techni-
ielen Dank, dass Sie sich unser neues Magazin ELITE gekauft
haben. Die Frage, wer wahrhaftig zur Elite zählt, ist gar nicht
so einfach zu beantworten. Wer der Elite zugehört, ist Ansichtssache. Gehören zur Elite jene, die über die Macht verfügen? Definieren sich die Auserwählten, jene, die die Auslese der Besten darstellen, über die Finanzen? Tummeln sich die bevorzugt im IQ-Club
Mensa? Gehören Rassehunde zur Elite?
Nun, alles nur eine Frage des Blickwinkels. Und uns kümmert’s
auch wenig: Denn die Mehrzahl unserer LeserInnen – so viel ist
meinungsforschungsmäßig gewiss – zählt sich definitiv, auf Befragung, der Elite nicht zu.
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ELITE
Originale echt
gefälscht
E
ine gute Geschichte beginnt wie ein
Vulkanausbruch und fängt dann an,
sich langsam zu steigern. Von Louis
Vuitton gibt es jetzt auch Flip Flops. Jedenfalls bei Bülent auf dem Kapali Carsi, dem
großen Basar in Istanbul. Sein strahlendes
Lachen wird umrahmt von tiefen Falten in
braun gebrannter Haut und einer Fahne
von Galatasaray. Im zweiten Gang links
hat er seinen Stand, so groß wie eine Trafik. An sechs Tagen die Woche verkauft er
mit ausladender Gestik Shirts, Mützen und
Handtaschen – viele im Vuitton-typischen
Braunton mit den bekannten Initialen. Für
die Badelatschen verlangt Bülent 14 Euro
pro Paar; wenn man handelt, bekommt
man sie auch für acht. Wer fragt, ob es sich
um Originale handelt, erhält – auf Deutsch
und deutlich – die Antwort, die er verdient:
„Natürlich Original. Türkisches Original!“
Es ist eine Welt aus Geldbündeln, Turnschuhen, Taschen und frisch geschlachteten Tieren. Völlig surreal. In eine Oper
verpackt, vielleicht „plagio e il plagiare“
genannt, stelle man sich das Libretto von
Franz Kafka, die Musik von Karlheinz
Stockhausen und das Bühnenbild von
Salvador Dali vor. Na, Servus! Dieses
Chaos ist unüberblickbar, 4.000 Stände
erstrecken sich über 31 Hektar, das entspricht 43 Fußballfeldern, dahinter zieht
sich ein Wall von unzähligen Frachtcontainern, deren Türen sich wie Herzklappen hundertfach täglich öffnen und
schließen – fälschen und feilschen sind
hier eine Art Nationalsport. Aus der Türkei stammen immerhin zehn Prozent der
EU-weit beschlagnahmten Fakes. Déjà
vu: Seit Jahrzehnten wird am busy Bosporus, Europas größtem Copy-Shop, unbehelligt imitiert und plagiiert, was das
Zeug hält. T-Shirts, Handtaschen, Schuhe und Uhren, aber auch größere Teile wie
Autoreifen oder Werkzeuge.
ELITE
In Istanbul ist es der Kapali Carsi, in
Budapest der Markt der vier Tiger, in Paris
der Marché aux Puc es de Saint Ouen, in
Rom der Pónte Sant’Angelo (die Brück
zur Engelsburg). In asiatischen Metropolen muss man die Händler nicht erst suchen, sie kommen von selbst. Tausende
Österreicher kehren jährlich mit gefälschten Kleidungsstücken, Accessoires und
Uhren aus dem Ausland zurück. Jeder
vierte Westeuropäer, so eine Studie der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst &
Young, hat in den vergangenen drei Jahren Plagiate gekauft, mehr wissentlich
denn unwissentlich.
Ein täuschend gutes Geschäft
Jede Nachfrage schafft sich ihr Angebot. Dies gilt insbesondere dann, wenn
sich so hohe wirtschaftliche Gewinne erzielen lassen wie mit Plagiaten. Dieses
täuschend gute Geschäft verspricht enormen Profit. Und die Nachfrage nach Fälschungen umfasst alle Produktgruppen:
von den hochwertigen und hochpreisigen
Luxus- und Konsumgütern bis hin zu Produkten des täglichen Bedarfs. Erwartungsgemäß nimmt gefälschte Kleidung
die Favoritenrolle ein, an zweiter Stelle
stehen Accessoires wie Handtaschen,
Sonnenbrillen, Schmuck, Uhren und Lederartikel. An den Stränden Italiens werden durch Produktfälschungen jährlich
7,5 Milliarden Euro umgesetzt, das entspricht dem anderthalbfachen Bruttoinlandsprodukt von Montenegro. Zahlen
des österreichischen Zolls belegen, dass
sich mit Mogelpackungen längst mehr
Geld verdienen lässt als mit anderen kriminellen Geschäften, etwa dem Drogenhandel oder dem Handel mit Falschgeld.
Mit dem Verkauf von einem Kilo Cannabis-Blättern kann man in Europa etwa
2.000 Euro verdienen, ein Kilo raubkopierter DVDs, das Zentrum derer, die sich ihre
Silberlinge vergolden lassen, liegt in Spanien, bringt aber viel mehr ein – immerhin
3.000 Euro. EU-Zöllner haben 2009 fast
80 Millionen nachgemachte und gefälschte Waren konfisziert. Doch das ist
nur die Spitze des Eisbergs der tatsächlich eingeführten Waren, denn die Beamten, in Österreich 1.000 an der Zahl, kontrollieren lediglich zwei Prozent des gesamten Warenverkehrs. Habe die Ehre!
Die österreichische Zollverwaltung ist im
Jahr 2009 in 2.516 Fällen, bei denen insgesamt 416.263 Stück gefälschte Artikel
entdeckt wurden, nach der EU-Produktpiraterie-Verordnung tätig geworden und
hat die Überlassung der Waren ausgesetzt oder die Waren beschlagnahmt.
Daraus resultierten, weil bei einer Sendung manchmal mehrere Rechtsinhaber
betroffen waren, insgesamt 4.040 Verfahren. Diese Waren repräsentieren, würde
es sich um Originalwaren handeln, einen
Wert von 16.026.849 Euro. Darunter
waren auch in 367 Sendungen versteckt
2.741 Taschen, Brieftaschen, Geldbeutel,
Etuis mit einem Originalwarenwert von
344.529 Euro. Der Fälscher wird man nur
selten habhaft. Dr. Markus Grötschl, bei
der Wiener Kanzlei Schwarz-Schönherr
zuständig für Markenrecht und Kennzeichenrecht, Designrecht, Produktpiraterie,
Unlauterer Wettbewerb, Urheberrecht, ITRecht, erklärt: „Es ist so wie mit dem
Schwarzfahren. An 29 Tagen im Monat
klappt es, am 30. Tag werde ich erwischt.“
Im Übrigen schöpften die Richter bei
einem Prozess das Strafmaß von maximal zwei Jahren nie aus. Bei unseren
Nachbarn in Deutschland ist bereits jedes
zwölfte Markenprodukt gar keines. Adidas zum Beispiel leidet schon seit Jahren
unter der Piraterie. „Von unseren Produk-
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Oben: Bei diesem Original liegen die Nähte perfekt
deckungsgleich übereinander, bei der ChanelKopie darunter sieht man schon von Weitem, dass
die Nähte der aufgesetzten Tasche nicht genau
gleich wie der darunter liegende Taschen-Corpus
verlaufen – bei einem echten Chanel-Produkt undenkbar. Bitte weisen Sie die Trägerin von solch’
einer Tasche in Gesellschaft möglichst lautstark
darauf hin und beobachten Sie erfreut, wie die im
Boden versinkt. Samt Fake-Tasche.
ten werden jährlich mehr als 30 Millionen
Stück gefälscht“, erklärt Tim Behean, Leiter der Markenschutz-Abteilung. Mitte
November 2007 hob der Zoll im Hamburger Hafen den bisher weltweit größten
Fund von gefälschten Produkten. In 115
Containern stapelten sich über eine Million Paare nachgemachter Turnschuhe
von Nike, Adidas und Puma. Der geschätzte Wert: 383 Mio. Euro. Doch alle
Beteiligten wissen: Es ist so wie mit dem
Hasen und dem Igel. Das einzige Unternehmen, dem es weltweit gelinge, Plagiate zu verhindern, sei der Sportwagenhersteller Ferrari mit seinen 200 bis 300 Anwälten, behauptete man aus Maranello.
Kurze Zeit später wurden im Internet auffrisierte Toyotas und Pontiacs im FerrariLook um 20.000 Euro feilgeboten.
Die Asservatenkammer des Wiener
Zolls, in dessen Poststelle jährlich hunderte Pakete beschlagnahmt werden,
wirkt auf den ersten Blick wie eine Mi-
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schung aus billigem Ramschladen und
Edel-Boutique. Dolce-&-Gabbana-Jeans
und Pullover von Lacoste hängen hier
gleich neben Gucci- und Fendi-Taschen,
den beliebtesten im Internet vertriebenen
Plagiaten. Auf dem Wühltisch stapeln sich
Sonnenbrillen von Prada, Unterwäsche
von Calvin Klein und CDs mit „Windows
Vista“ und DVDs von Filmen, die gerade
erst im Kino angelaufenen sind. Selbst
iPhone-4-Geräte zierten die Amtsstube,
als es die noch gar nicht offiziell bei T-Mobile und Konsorten zu kaufen gab. Der
Tand wird alle vier Wochen – für die Empfänger wenig herzerwärmend und zudem
auf ihre Kosten – thermisch entsorgt, zu
90 Prozent bei den EbS (Entsorgungsbetriebe Simmering), der Rest im Heizkraftwerk Spittelau. Für wenige Sekunden
werden, nicht spürbar, Gemeindebau wie
Nobelvilla dann mit Fast-oder-so-ähnlich
Guccis, Pradas, Burberrys, Chanels und
wie sie alle heißen, beheizt.
Der Angriff auf die Konsumgüterindustrie ist zu einem eigenen Weltmarkt geworden mit einem geschätzten Gesamtvolumen von 800 Milliarden Euro pro Jahr.
Die OECD sieht den Anteil von Produktfälschungen am Welthandel bei fünf bis sieben Prozent. Für die europäische Kon-
sumgüterindustrie wird der Verlust durch
Produkt- und Markenpiraterie auf jährlich 35 Milliarden Euro geschätzt. Die
hohen Gewinnmargen und das geringe Risiko einer strafrechtlichen
Verfolgung sind ein idealer Nährboden für die illegalen Aktivitäten der Piraten. Barbara Stöttinger, Universitätsprofessorin an
der Wirtschaftsuniversität Wien
mit dem Forschungsschwerpunkt
„Produktpiraterie“ erzählt von Fällen, in
denen Kunden gefälschte Louis-VuittonTaschen zur Reparatur gebracht haben
und der Hersteller nicht bemerkt hat, dass
es sich um eine Kopie handelt. Dies kann
Magister Florian Jonak, Konzessionär von
Hermès und Geschäftsführer des Stores
am Graben in Wien, nur bestätigen. „Es
gibt Kopien, die wir sofort, wenn wir das
Produkt in der Hand haben, erkennen. Vor
allem durch das Leder, die Art der Verarbeitung, das Gewicht, wie die Nähte aussehen, ob die Tasche von innen oder
außen genäht worden ist, wie die Schließen montiert sind, da gibt es viele Details,
die wir als Profis sehen – und dann gibt es
Taschen, die sind so gut gemacht, dass
wir es nicht unterscheiden können und sie
nach Paris schicken müssen, wo man die
Tasche einer Qualitätskontrolle unterzieht
und dann sagt, ob sie echt oder falsch
sind. Es gibt in der Tat Situationen, wo es
sehr eng ist, wo die Kopien schon nahezu
perfekt sind.“ Man könne solchermaßen
kopierte Taschen an einer Hand im Jahr
abzählen. Auch im Produktpirateriebericht
2009 des Bundesministeriums für Finanzen heißt es: „Bei der physischen Kontrolle von piraterieverdächtigen Waren zeigt
sich immer öfter, dass es selbst für erfahrene Zöllner zunehmend schwierig wird,
die Fälschungen zu erkennen, weil deren
Qualität immer besser wird.“ Früher haben
Unternehmen die Fälschungsindustrie
nicht als verlorenen Umsatz betrachtet,
weil sich diese Kunden die Originale ohnehin nicht hätten leisten können. Aber an
diesem Punkt wird es für die Hersteller kritisch. Denn die „Super Copies“ sind nur
geringfügig billiger. Mit nachgeahmten
Louis-Vuitton-Taschen, die regulär um die
800 Euro kosten, verdienen die Fälscher
viel Geld.
Ekaterina Mucha, die ELITE gemeinsam mit ihrem Mann plante und konzipier-
ELITE
te, ist eine versierte Expertin in Sachen
Produktpiraterie. Die gelernte Juristin
kommt aus St. Petersburg, einer Hochburg des Marken-Wahns. Mucha lebte
sieben Jahre in Italien, wo sie sich detailliertes Wissen um die teils versteckten Erkennungszeichen der Nobel-Taschen aneignete. Dutzende von Fälschungen
haben ELITE-Informanten zusammengetragen und mit den Originalen verglichen
(siehe Produktpiraterie: Un(r)echt und billig: Seite 62). Mucha hat im Laufe der Zeit
ein unnachahmliches Gespür entwickelt
und sich das Know How angeeignet, um
selbst nahezu perfekte Imitate als solche
an Details zu erkennen. Sie meint: „Vor
allem auf die drei ,P´s‘ müssen sie achten:
Product, Price, Place!“
Für Philippe Schaus, im LVHM-Konzern als Directeur International für das
weltweite Geschäft von Louis Vuitton zuständig, ist Luxus „eben keine Verschwendung, sondern der sorgfältige Einsatz kostbarer Ressourcen – auch weil die
Artikel oft Jahre oder gar Jahrzehnte in
Gebrauch bleiben.“ Den Jäger des geklonten Produkts danach gefragt, wie sich
das Unternehmen gegen immer dreistere Fälscher zur Wehr setzt, gesteht er
offen: „Wir haben jährlich über 8.800 Beschlagnahmungen weltweit, also täglich
30. Im vergangenen Jahr haben wir
22.000 Prozesse geführt. Wir gewinnen
viele Schlachten, aber der Kampf geht
weiter. Es ist wichtig, das Bewusstsein der
Verbraucher dafür zu schärfen, dass die
Fälschungsindustrie von Banden geführt
wird, die oft auch im Drogenhandel oder
der Zwangsprostitution tätig sind. Im Übrigen ist in der Fälscherbranche Kinderarbeit üblich, das sollte sich jeder vergegenwärtigen, der sich billig mit unseren Insignien schmücken möchte.“ Das Vorgehen ist rigoros. Im letzten Jahr drehte der
Luxuskonzern mit Hilfe der Polizei 400
zwielichtigen Internetseiten den Saft ab.
Am 20. März wurden auf einen Schlag
140.000 gefälschte Louis-Vuitton-Schals
und 12.000 Meter gefälschter Stoff beschlagnahmt. Ein Schlag ist dem Konzern
auch gegen Ebay gelungen: Ein Pariser
Gericht verdonnerte das Internetauktionshaus zu einer Strafe von 80.000
Euro, weil es Kunden zu gefälschten Produkten des Konzerns geleitet habe. Zur
Aufdeckung von Fälschungen führen die
ELITE
Unternehmen systematisch Markt- und
Internetbeoachtungen sowie Testkäufe
durch. Einige Unternehmen setzen in problematischen Märkten sogenannte Markenschutzteams oder Brand Protection
Teams ein. Diese ermitteln und recherchieren den Ursprung der Plagiate unter
Einsatz polizeilicher Methoden meist vor
Ort. Die Marke mit dem auffälligen Muster
zählt laut der Nichtregierungsorganisation „International Anti Counterfeiting Coalition“ (IACC) zu den Top Ten der am häufigsten gefälschten Marken der Welt. Auf
Anfrage gibt sich der Luxuskonzern bedeckt. Man wolle dem Thema nicht noch
mehr Aufmerksamkeit widmen, heißt es.
Im Kampf gegen Produktfälscher hält sich
der Konzern , der neben Louis Vuitton
auch Marken wie Christian Dior, Donna
Karan oder Kenzo unter seinem Dach vereint, bedeckt. Eine vorgefertigte Pressemeldung muss reichen. Bezüglich der Authentifizierung erklärt Macrco Sacchettini vom Kundenservice in der Düsseldorfer Dependance: „Wir haben eine Chrono-Nummer, aber die beweist nicht die
Authentizität des Produktes, das heißt,
der einzige Beweis für Authentifizierung
ist nur die Rechnung, die man im Geschäft bekommt.“ Auch er gesteht, dass
es sehr, sehr gute Imitate gebe. „Wenn ein
15-jähriges Mädchen in Italien mit einer
Speedy-Tasche herumläuft, dann kann
man davon ausgehen, dass es eine Fälschung ist, denn wer kann das bezahlen
in dem Alter, außer es ist ein Geschenk.“
Gefertigt würden die falschen Produkte in
China, Italien, der Türkei.
Das Schweigen der Konzerne hat oft
einen simplen Grund: Sie wollen nicht,
dass ihre Marken mit dem Begriff Fälschung in Verbindung gebracht werden.
Dabei begrüßen sie eigentlich die Aufklärung über das Fälscherunwesen – solange der eigene Markenname nicht fällt. Geschätzte 20 Millionen Euro gibt Louis Vuitton pro Jahr für den Kampf gegen Piraterie aus. Aber nicht nur die Franzosen
kämpfen gegen die Fälscherbanden. Von
Adidas bis Zigaretten. Unter den Top Ten
der am häufigsten kopierten Marken finden sich neben dem Computerlabel Microsoft und den Sportmarken Nike und
Adidas auch das Potenzmittel Viagra und
das Zigarettenlabel Benson & Hedges.
Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
„Fälschungen haben aufgrund der Nachfrage in den vergangenen zwanzig Jahren
um mehr als 10.000 Prozent zugelegt“,
mahnt die IACC, die sich dem Schutz des
geistigen Eigentums verschrieben hat.
Erste und sicherlich ausschlaggebende
Dimension ist der Markenwert. Das Risiko für Fälschungen steigt mit dem Markenwert. Ein hoher Markenwert lädt Trittbrettfahrer ein, da sich der Markenwert
auf das (gut gemachte) Plagiat überträgt.
Das erlaubt es den Fälschern in vielen Fällen, die Plagiate ebenfalls zu einem guten
Preis zu verkaufen, was die Fälschung
wirtschaftlich so attraktiv macht. Neben
dem Imageverlust droht einer Marke bei
starker Verbreitung von Fälschungen
auch der Verlust von Exklusivität. Wenn
Fälschungen im Markt präsenter sind als
das Original und die Marke damit für „jedermann“ zugänglich wird, verliert die
Marke an Exklusivität. Damit verliert auch
ein Kunde, der sich das Original leisten
könnte, sein Interesse an der Marke. Ein
gefährlicher Kreislauf.
Die große Illusion
Welche psychologischen Muster verbergen sich hinter der Scheinwelt, die
„Möchtegern Adabeis“ mit einem „Willkommen im Klub“ lockt? „Von den Unglücksvögeln und Glückspilzen abgesehen, leben alle Menschen gleich schlecht,
aber sie leben in verschiedenen Etagen.
Diese Selbstgefühlslage der Etage ist für
den Menschen heute, der ja im allgemeinen wenig Ausblick auf den Sinn seines Lebens hat, ein überaus anstrebenswerter Ersatz", sinnierte Robert Musil in seinem "Der
Mann ohne Eigenschaften". Haben ist Sein.
Unsere Konsumgewohnheiten und Besitztümer „erzählen“, wer wir sind. Konsumenten kaufen nicht nur Güter, die sie brauchen,
sondern Symbole, die bestimmte Informationen kommunizieren. Die Welt der Dinge
ist eine Welt der Symbole. Konsumenten
kaufen „Versprechungen“, nicht Kleider, um
sich vor Kälte und Regen zu schützen, sondern Eleganz, nicht Seife, um sich zu waschen, sondern eine Eigenschaft, die sie
begehrenswert macht. Gerade der
Wunsch, begehrenswert zu sein, durch
modische Accessoires auf andere attraktiv
zu wirken, ist der Transmissionsriemen der
Modeindustrie. „Mode ist Inszenierung,
59
Oben: Echte Tasche mit perfekter Naht
Unten: Naht verläuft beim Fake nicht perfekt
Selbstinszenierung, ob die nun ganz dezent
oder originell, edel oder witzig ist. Und die
meisten Menschen, die Mode lieben,
haben Spaß daran. Accessoires sind das
Spielmaterial, das jeder dazu braucht.“ So
Gabriele Strehle, Chefdesignerin der Marke
Strenesse kürzlich bei einem Kamingespräch in Wien. Manche Frauen haben
einen exquisiten Geschmack, aber leider
nichts „auf der Naht“, um sich Edelzwirn
und Feingestepptes leisten zu können.
Dennoch gelingen ihnen immer wieder tolle
„Schnäppchen“, um die sie im Freundinnen-Kreis glühend bewundert werden. Das
Prestige und die Emotion der Marke zum
günstigen Preis der Fälschung verlocken
zum Kauf. Zugunsten der falschen
Schnäppchen verzichten dessen Käufer
zumeist wissentlich auf die Qualität, die Verwendungssicherheit der Markenartikel und
die ethischen Produktionsgrundsätze des
60
Markenherstellers. Dieses Verhalten stößt
auf relativ hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Nichts ist, wie es scheint, die große Illusion ist, der Schein wird mit Scheinen erworben. Der Geldschein transformiert den
Schein ins materialistische Sein.
Für den Wirtschaftspsychologen Prof.
Dr. Erich Kirchler dienen Güter der „Komplettierung unseres Selbst“, der symbolischen Selbstergänzung. Ersatzsymbole repräsentieren anderen Personen das eigene Idealbild. Güter positionieren Individuen
und Gruppen. Teure Gewänder oder eben
ein Accessoire wie eine Handtasche, die
sich nicht jeder leisten kann, sind deshalb
attraktiv, weil sie zur Demonstration dienen
und damit der Hautevolee einen hohen Zusatznutzen versprechen. Kleider und Accessoires sind „Sprache ohne Worte“. Sie
sind der „Spiegel der Seele“. Für den Betrachter sind Kleider Ausdruck der Eigenschaften der Person und für den Träger
selbst sind seine Kleider Hoffnung und Bestätigung seines Selbstbildes. Kleider bedecken nicht nur den Körper, um vor
Scham und Kälte zu schützen, sondern
sind Ausdruck des Einzelnen zur Beeindruckung anderer. Aus sozialpsychologischer Sicht wird dem Modeverhalten vor
allem der Wunsch nach Selbstbestätigung,
Steigerung des Selbstwertgefühls und
nach Identifikation zugrunde gelegt. Mode
dient vor allem der Selbstdarstellung einer
Person gemäß der eigenen Identitätsvorstellung. Accessoires dienen zur Kompensation von Mangelzuständen und informieren nicht nur über das Selbstbild, sondern
auch über das Wunschbild einer Person.
Kleider verschmelzen mit dem Körper und
lassen uns anders denken und fühlen; sie
heben oder senken die Stimmung und sind
Ausdruck von Freude, Trauer und anderen
Emotionen. Vor allem teure Mode, sogenannte „brands“, sind beliebt. Weil sich nur
ein Teil der Gesellschaft teure Markenbekleidung leisten kann, müssen andere zu
vergleichbar ähnlichen Produkten greifen,
um den Anschein zu erwecken, zur „Avantgarde“ zu gehören. Nicht zuletzt deshalb
floriert der Kauf von gefälschten Markenwaren. Warum kaufen Konsumenten gefälschte Produkte? Persönlichkeitsfaktoren, wie Materialismus und das persönliche
Wertesystem spielen keine relevante Rolle,
wenn es darum geht, zwischen jenen Konsumenten zu unterscheiden, die Plagiate
kaufen und solchen, die dies ablehnen.
Ein hochwertiges Accessoire symbolisiert Zugehörigkeit und, den jeweils gegebenen Freiheitsgraden entsprechend,
auch Individualität. Es hebt den Träger von
der Masse ab und betont die Zugehörigkeit zu bestimmten gesellschaftlichen
Gruppen.
Partners in Crime
Fälschungen haben ihren Platz in der
Gesellschaft gefunden. Neun von zehn
Verbrauchern sehen durch den Kauf einer
Fälschung Ihr Ansehen bei Freunden und
Verwandten nicht gefährdet. Offenbar
empfinden es viele als durchaus „cool“,
gefälschte Uhren, Jeans oder Handtaschen zu tragen mit dem Hinweis, dass
man diese für wenige Euro irgendwo aus
dem Urlaub mitgebracht habe und kaum
vom Original unterscheiden könne. Der
Kauf einer Fälschung wird damit als „Kavaliersdelikt“ abgetan. Würden Verbraucher weniger Interesse an nachgeahmten
Waren äußern, wäre der Anreiz zum Kopieren erheblich geringer. Doch die Realität
sieht anders aus. Während Prof. Mag. Dr.
Elfriede Penz darin ein „Consumer misbe-
ELITE
haviour“ sieht, spricht ihre Kollegin Stöttinger es offen aus: „Sie finden heute kaum
jemanden mehr, der keine gefälschten Produkte kauft. Und die Nachfrage nach gefälschten Produkten hängt nicht von Einkommen, Bildung oder Wissen darüber ab.
Im Gegenteil: Konsumenten werden mehr
und mehr „Partners in Crime“, sie kaufen
Fälschungen also in vollem Bewusstsein.
Die Erklärung ist einfach: „Sie bekommen
das Prestige, ohne dafür zu bezahlen.“
Oder zumindest, ohne voll zu zahlen.
Das Phänomen der Purse Mania
Apropos: Kann denn eine Tasche
Sünde sein? In den letzten anderthalb
Jahrzehnten habe es eine regelrechte
Handtaschen-Explosion gegeben. Behandeln Sie Ihre Lieblingstasche wie den
Mann fürs Leben. Sie ist ein treuer Begleiter. Wie symbiotisch die Beziehung sein
sollte, hat Alfred Hitchcock 1954 bereits in
seinem Film „Das Fenster zum Hof“ gezeigt. Darin entdeckt Grace Kelly das finale Indiz für die Ermordung der Nachbarin.
Denn, so Kellys These: Nur der Tod kann
eine Frau von ihrer Lieblingstasche trennen. Die Modezeitschriften quellen über
von Fotos immer neuer Modelle. Die
Handtasche ist zum Zentralorgan inszenierter Weiblichkeit geworden. Als ihre Hohepriesterin darf Viktoria Beckham gelten,
deren Handtaschensammlung stattliche
1,7 Millionen Euro wert ist. Für ihr bestes
Stück, eine 142.000 Euro teure Himalayan
von Hermès, von der es weltweit nur drei
gibt, musste ihr zweitbestes Stück, David
Beckham, immerhin vier Tage arbeiten. Einige Taschen sehen aus wie Mary Poppins’ Medizinkoffer mit Zauberausstattung
– mit einer gewaltigen Ansammlung von
„Gut zu haben“-, „Man weiß ja nie“- und
„Für den Fall, dass...“- Gegenständen. Andere dagegen sehen wie ein Logistikzentrum aus: sauber und gut organisiert, so
dass alles innerhalb einer Sekunde aufgefunden werden kann. Doch die sind äußerst rar. Die allermeisten könnte man eigentlich am besten als 500-Euro-Mülleimer bezeichnen, sozusagen „Schwarze
Löcher“, in denen Frauen addierte 76 Tage
ihres Lebens suchen. Eine Tasche erfüllt
viele Funktionen: ist Finanzzentrum,
Schönheitssalon, Notfallkoffer, Sicherheitszentrum, Spirituelles Zentrum, Ver-
ELITE
Das Logo ist beim echten Produkt stets zentral
platziert (oben), außerdem gibt es deutliche
Farbunterschiede gegenüber der Kopie (unten)
bindungszentrale, Snackbar, Unterhaltungszentrum, Erinnerungsliste.
F for Fake
Im Film „F for Fake“, einem Artefakt,
einem Schneidetisch-Bravourstück, einer
Recherche nach dem wahren und dem
Warenwert der Kunst, versetzt Orson Welles Autobiographisches mit ironischer Mystifikation. Die Reflexion über Kunstfälschung entpuppt sich als Frage nach dem
Wesen der Kunst, diese wieder als Frage
nach der Wahrheit. „Wahrheit ist eine
Lüge“, sagt Picasso. „Eine Lüge, die hilft,
Wirklichkeit zu begreifen“, ergänzt Welles
diabolisch und gehüllt in einen schwarzen
Mantel des Magiers. „Man versehe mich
mit Luxus. Auf alles Notwendige kann ich
verzichten“, lautet ein Zitat des Schriftstellers Oscar Wilde. Luxus ist immer eine besondere Belohnung für sich selbst, eine sichere Wertanlage in unsicheren Zeiten
oder einfach nur freie Zeit, die man in gepflegtem Ambiente genießt. Bevor ELITE
am Ende noch selbst „abgekupfert“ wird,
schreibt es sich wieder zum Anfang zurück, zu Bülent und seinen Latschen. Das
Louis Vuitton Original Solstice, eine „luxuriöse, urbane Zehensandale aus außergewöhnlichem Velours-Alligatorleder“ mit
„besonders weicher Gummisohle“ übrigens um 735 Euro, das „Einstiegsmodell“
Helios Mule aus Canvas um 265 Euro. Aus
diesen wie jenen könnte man kippen, wenn
der Leser oder die Leserin liest, was (fast)
noch schlimmer als ein Plagiat ist.
„Nun können Sie endlich auch Designer- und Luxus-Taschen auf Raten kaufen. Von Armani, Aigner oder Joop über
Gucci, Louis Vuitton bis hin zu Prada und
Versace finden sie eine breite Auswahl exklusiver Luxus-Designer-Taschen. Natürlich bieten wir in unserem Handtaschenoutlet auch andere Lables, wie Liebeskind,
Picard oder italienische Marken an. Entweder die Handtasche auf Raten und Laufzeiten, die Sie selbst bestimmen, oder Sie suchen sich gebrauchte Taschen aus unserem Taschenverleih.“ Incroyable!
n
61
COVERSTORY – SO ERKENNEN SIE DIE KOPIE
Un(r)echt und billig
Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber nicht jeder hat denselben Horizont. Vor allem Fälscher, die sich fataler- und natürlich auch sträflicherweise nicht an jene Lebensweisheit halten,
die das Gute vom Schlechten trennt: Halte nie jemanden für dümmer, als du selbst bist.
lle Sinne sind gefordert, wenn
man die Echtheit von noblen
Handtaschen
sicherstellen
möchte. Optik, Haptik, Geruch, Gewicht
und vieles mehr. Auch wenn die Produktionsmethoden und Vertriebskanäle
immer perfekter und perfider werden,
gibt es – auch ohne Wikileaks – Anhaltspunkte, woran man Edles von Ekligem
unterscheiden kann. Neben Materialien,
Farben, Formen, Nähten, Garnen, Steppungen, Verschlüssen spielen vor allem
Details wie Labels, Prägungen und
Nummernkombinationen eine wichtige
Rolle. Bei Louis Vuitton beispielsweise
erzählt die Seriennummer ihre eigene,
enigmatische Geschichte. Sie ist nie
einfach und sofort zu finden, in den Taschen gut versteckt eingearbeitet. Seit
1990 muss die Seriennummer aus zwei
Buchstaben und vier Ziffern bestehen
(z.B. SP1009), SP steht für die Produktionsstätte, die erste und dritte Ziffer
geben den Monat (hier also Oktober) an,
die zweite und vierte Ziffer das Jahr
(2009) an. Seit 2007 (Bsp.SP1010) gilt:
SP steht weiterhin für die Produktionsstätte, die erste und dritte Ziffer geben
aber nun die Kalenderwoche (hier 10.
Woche des Kalenderjahres) an.*
Die zweite und vierte stehen weiterhin für das Jahr (2010) neben der Seriennummer gibt es eine Modellnummer.
Sie fängt mit „M“ an und darauf folgen
dann 5 Zahlen (z.B. die Modell-/Referenznummer bei der Neverfull Monogram MM: M40156). Alle Monogram
Neverfulls MM haben die gleiche Modellnummer. Die Modellnummer findet
man nicht in der Tasche, sie ist in Katalogen oder auf der Homepage zu finden.
Sie ist eigentlich nur eine Fachabkürzung für den Modellnamen. Das Innenleben der Monogram-Tasche ist entwe-
A
62
Chanel-Schlaufen werden immer genäht (oben), bei Fälschungen werden sie geklebt
Der Verschluss der falschen Chanel-Tasche (rechts) ist um 180 Grad gedreht
der aus dunklem Canvas oder aus rehbraunem ganz leicht strukturiertem
Leder, niemals jedoch Wildleder und
schon gar nicht in beige (Ausnahme:
Deuville, Trouville). Viele gute Fakes, erkennt man auch an der Farbgebung, die
leicht rötlich wirkt. Die Original-Logos
sind „senfgelb“. Die Logos sind symmetrisch angebracht, das fällt an Nähten
auf – Logos sind nie unterschiedlich angeschnitten (z.B. dort, wo der Reißverschluss ist). Bei Fälschungen steht auf
den Staubbeuteln oder Umkartons
meist „Louis Vuitton Malletiera (mit ‚a‘
am Ende) Paris“ statt „Louis Vuitton
Malletier à Paris“. Oft kann man ein Fake
von einem Original unterscheiden,
indem man an den Taschen riecht, denn
oft sind Fakes aus billigem Schafsleder,
was man auch dementsprechend riecht!
Original Louis Vuitton Produkte erhalten
nach einer Zeit eine typisch braune Patina, was Plagiate meistens nicht aufweisen. Weiters bestehen Louis Vuitton
Taschen im Monogram Canvas nicht
aus Leder sondern aus mit Vinyl beschichtetem Segeltuch. Die Henkel- und
Lederteile einer solchen Tasche bestehen aus unbehandeltem Naturleder, das
durch Regen, Sonne und alltäglichem
Gebrauch nachdunkelt.
Die Enden der Lederteile und Henkel
sind leicht weinrot angestrichen, bei
Fakes sind diese oft grell orange ange-
ELITE
*Als Produktionsstätten gelten : A2 (France)
Mono Canvas, Epi; AA (France) Mono Canvas,
Vernis, Damier Ebene, AR (France) Mono Canvas,
CB, Damier Canvas, Epi, LV Cup, AS (France) Suhali, Epi, Vernis, Mini Lin, AX (France) Mono Canvas, BA (France) Mat Mono, Vernis, CB, BJ
(France) Mat Mono, Epi, Vernis, BU (France)
Mono Canvas, CA (Spain) Mono Canvas, CB, Epi,
Mini Mono, Vernis, MC, Damier Canvas, Mat
Mono, Damier Azur, Suhali, Glace, Groom, CB
Mono Ambre, CE (Italy) Vernis, Damier Sauvage,
CR (Spain) Damier Canvas, CT (France) Mono
Canvas, Cerises, Mono Groom, Damier Canvas,
DU (France) Mono Canvas, Mono Mirage, Damier
Canvas, ET (France) Mono Canvas, FC (USA)
Mono Canvas, FA (Switzerland) Monte Carlo Loafer, FH (USA) Mono Canvas, FL (France) Mono
Canvas, MC, Damier Canvas, Mono Denim, Epi,
FO (Italy) Damier Lune,Paris, JA (France) Patent
sandal from 2009 RTW, LA (USA) Monogram LM
(Spain) Mat Mono, Vernis, Damier Canvas, Suhali, LW (Spain) Vernis, MA (Italy) Balmoral Heels,
MI (France) Mono Canvas, Mini Mono, Vernis,
Mat Mono, Damier Canvas, Epi, Damier, Azur,
Mono Dentelle, MC, Damier Centenaire, Mono
Perfo, Cerises, MB (France) Mono Canvas, Damier Canvas, Mono Charms, Mono Motard, RA
(France) Mono Canvas, Damier Canvas, RC (Italy)
Mono Denim, Nimbus, RI (France) Vernis, Tobago, SD (USA & France) Mono Canvas, MC, Damier Canvas, Damier Azur, SL (France) Mono
Canvas, MC, SN (France) MC Wish Bracelet, Mini
Mono Wish Bracelet, Vernis Wish Bracelet, SP
(France) Mono Canvas, Mini Mono, Damier Canvas, Epi, Mono Denim, MC, Cerises, Damier Azur,
Mono Perfo, Mirage, Mini Lin, SR (France) Mono
Canvas, Mini Mono, MC, Mono Satin, Epi, Vernis,
TH (France) CB, MC, Vernis, Mat Mono, Suhali,
Damier Canvas, Mono Canvas, Damier Azur,
Mono Mini, Epi, Mono Leopard, TS (France), TR
(France) Vernis, VI (France) Mono Canvas, Mini
Mono, Vernis, Damier Canvas, Epi, Mono Denim,
MC, Damier Azur.
Nur bei echten Chanel-Taschen gibt es im
Innenfutter einen Produkt-Erkennungs-Code
strichen. Das Monogram Multicolore
oder auch Multicolor genannt, das 2003
vom japanischem Künstler Takashi Murakami designt wurde, besteht aus 33
Farben, die jeweils auf weißem sowie
auch auf schwarzem Hintergrund erhältlich sind. Die Taschen im Multicolor
blanc sind innen immer in einem Rot
ausgelegt. Die Taschen im Multicolor
noir sind innen immer mit dunkelgrauem Alacantra Leder ausgelegt. Fakes im
ELITE
multicolor, bestehen häufig nur aus 5-6
Farben, daher ist es relativ leicht, eine
Fälschung zu erkennen. Der Klassiker
Speedy hat eine Innentasche, deren
Eingriff mit Leder eingefasst ist (kein
Reißverschluss!), ebenfalls findet man
in der Speedy einen D-Ring zur Befestigung einer Pochette oder ähnliches.
Das Monogram steht bei einer Monogram Speedy auf einer Seite immer auf
dem Kopf, da die Tasche aus einem
Stück gearbeitet ist – d.h. es gibt am Taschenboden keine Mittelnaht. Ganz
wichtig ist das LV-Logo. Logos sind
immer symmetrisch angeordnet und
optisch perfekt ausgelegt. Die Logos
sind niemals abgeschnitten (am Reißverschluss oder an den Seiten).
Beispiel Prada: Alle Prada-Taschen
werden in Italien hergestellt. Die entsprechende Kennzeichnung „Prada
Made in Italy“ ist innen entweder auf
einem Lederschild eingeprägt oder auf
einer rechteckigen Logoplatte festgehalten. Des Weiteren haben alle PradaTaschen außen ein Triangel-Logo mit
Prada-Wappen, den Markennamen ins
Leder eingeprägt oder in den Verschluss
graviert. Bei Fälschungen ist das wappenartige Firmenzeichen undeutlich
und schlecht gemacht. Sowohl Wappen
als auch Innenlogoplatte sind sicher an
die Tasche angenietet. Das TriangelLogo ist oftmals auf einem Leder- oder
Nylonuntersatz angenietet und sauber
auf der Tasche vernäht. Zusätzlich ist
der Markenname auf den meisten Metallteilen zu finden. Prada platziert diesen jedoch niemals auf Reißverschlüssen. Ein wichtiges Merkmal ist, dass gerade schwer zugängliche Stellen, wie
das Lederstück bzw. Nylonstück am
Reißverschluss mit sauberen, kleinen
Nähten vernäht ist. Die Lederkanten
sind sauber versiegelt oder zumindest
akkurat geschnitten und vernäht. Während die Optik einer Fälschung auf den
ersten Blick dem Original ähneln mag,
so ist das haptische Gefühl von echtem,
aufwendig handgegerbtem Leder ein
vollkommen anderes. Auch der fehlende typische Ledergeruch kann ein Signal für eine Fälschung sein. Grundsätzlich dürfte es dem Laien jedoch sehr
schwer fallen, Prada-Nappaleder von
nachgemachtem Leder zu unterschei-
den. Hier hilft nur der Weg in eine PradaBoutique, um sich ein Gefühl von einem
Original zu machen.
Die Art des Innenfutters ist bei den
unterschiedlichen Prada-Produktlinien
verschieden. Das Prada-MonogrammInnenfutter ist die am häufigsten anzutreffende Variante. In der Luxuslinie wird
größtenteils Kalbsleder für das Innenfutter genutzt. ACHTUNG: Viele Prada
Fälschungen haben bereits das PradaMonogramm-Innenfutter. Der Unterschied zum Original liegt in der unsauberen Naht oder darin, dass das Innenfutter schief eingenäht wurde.
Alle Taschen werden mit einem kleinen lilafarbenen Briefumschlag ausgeliefert, welcher die Identifikationskarten
enthält (Chipkarte und Pappkärtchen).
Bei Fälschungen ist die Schrift auf der
Chipkarte leicht unsauber gedruckt
oder entspricht farblich nicht dem Original. Des Weiteren liegen ein weißer
oder blauer Staubschutzbeutel mit
blauem Marken-Schriftzug (bzw. grau
bei den blauen Flanellbeuteln) und
immer eine lilafarbene mehrsprachige
Pflegeanleitung bei.
Ähnlich akribisch sind die „Sicherheitscodes“ bei andern Luxus-Labels.
Gucci zum Beispiel verweist auch in
punkto Produktpiraterie auf Verarbeitung und Details. So muss auch hier explizit eine sechsstellige Artikelnummer
auf einem kleinen Lederfähnchen in Inneren der Tasche vorhanden sein. Gestanzt mit dem Gucci-Logo und der
Herkunftsbezeichnung „made in Italy“.
Darüber hinaus betont man gerne –
und ist sich mit Chanel-, Burberry- und
Hermès-Verantwortlichen einig – die
drei „P´s“: Product, Place, Price. Wo
kaufe ich mit welcher Erwartung welches Produkt zu welchem Preis? Fälschungen haben einen Souffle´-Effekt.
Nur kurz schnellt das Selbstbewusstsein, erzeugt durch den „ständigen Begleiter“ in die Höhe und sackt, wenn die
Liebe dazu abkühlt, tief ein. Eine seriöse Veranlagung schließt man selten auf
einer Raststätte ab, für die thailändische
Lebensabschnittsgefährtin habe ich im
einschlägigen Katalog 14-Tage Rückgaberecht, für „die Handtasche fürs
Leben“ erwarten Frauen aber mehr als
Treue: Ehrlichkeit.
n
63
Nicht reich,
sondern
vermögend
Wie denkt, handelt und lebt jemand, der gemeinhin als reich gilt? Eine neue Studie gibt Aufschluss über
die Lebensgewohnheiten von Millionären. Das wichtigste Ergebnis: Sie sehen sich selbst nicht als
„reich“ und entsprechen keinem Stereotyp.
Von Wolfgang Beigl
50
ELITE
G
eschätzte 60-70.000 Millionäre leben in Österreich. Die
meisten von ihnen meiden die Öffentlichkeit und leben
eher zurückgezogen. Schließlich weiß man als Ve r m ögender, dass man einer gesellschaftlichen „Sondergruppe“ angehört. Da ist das Verhältnis zu den Medien ein distanziertes. Kein
Wunder, dass die Einstellungen und Lebenswelten von Millionären noch kaum untersucht sind; wissenschaftliche Studien sind
Mangelware. Schwer zu erforschen schon alleine deshalb, weil
auch Sozialwissenschafter normalerweise nur schwer an diese
Zielgruppe herankommen.
Geholfen hat die Wirtschaftskrise, dass es jetzt eine qualitative Untersuchung über vermögende Menschen in Österreich,
Deutschland, Italien und Polen gibt. Denn die Private Banking Divison der UniCredit wollte mehr über ihre Kernzielgruppe der Vermögenden wissen, um das eigene Geschäftsmodell anzupassen und gab die Studie „Wealth Society Report 2010“ in Auftrag.
Ein groß angelegter länderübergreifender Report auf Basis strukturierter Tiefeninterviews.
Länderübergreifender Report
Die Konzeption und Durchführung der Studie erfolgte durch
vier große Forschungsinstitute, welche die Ergebnisse aus den
länderspezifischen Tiefeninterviews ausgewertet und strukturiert
haben. In Österreich wurden 35 Menschen mit größerem Vermögen vom Institut Sensor aus dem Kundenkreis von Bank Austria
Private Banking und der Schoellerbank interviewt. Unter den Interviewten waren 23 Personen aus Wien, 12 aus den Bundesländern Steiermark, Salzburg und Oberösterreich. Befragt wurden
Menschen im Alter von 40 bis 80 Jahren mit einem Vermögen von
einer bis 400 Millionen Euro liquides Vermögen.
Wie sehen nun die Ergebnisse aus? Entsprechen die Reichen
überhaupt den Vorstellungen, die die Öffentlichkeit gemeinhin
von ihnen hat? Diese Frage kann klar mit Nein beantwortet werden. Vermögende leben in keiner Märchenwelt, umgeben von
Statussymbolen. Sie entsprechen keinem Stereotyp, sind vielmehr starke Individualisten. Dies bestätigen auch die Ergebnisse aus Deutschland, Italien und Polen, wo insgesamt 109 Personen befragt wurden.
Materielles nicht wichtig
Kurz gefasst: Vermögende Österreicherinnen und Österreicher leben vornehmlich sehr bescheiden, gehen tendenziell zurückhaltend und sehr überlegt mit ihrem Vermögen um, nehmen
ihre soziale Verantwortung ernst und denken pro-europäisch. Die
heimischen Millionäre entsprechen also ganz und gar nicht den
gängigen Klischees, sondern es sind Persönlichkeiten mit sehr
differenzierten Wünschen, Werten und Zielen.
Dass materielle Wünsche und Träume bei einem Großteil der
vermögenden Menschen keine allzu große Rolle spielen, überrascht, hat jedoch verschiedene Gründe. Einerseits ist man mit
dem Erreichten sehr zufrieden, andererseits hat sich die Bedeutung von Besitz schon relativiert. „Mit 30 war Geld sehr wichtig,
mit 50 schon etwas weniger und jetzt mit 60 stehen andere Dinge
deutlich im Vordergrund“, beschreibt es ein wohlhabender Un-
ELITE
51
ternehmer. Oft wird auch die Bescheidenheit als Tugend hochgehalten und deshalb auf die Realisierung von materiellen
Wünschen verzichtet.
Statussymbole sind
negativ besetzt
Das teure Auto, die Traumvilla oder die Luxusjacht haben also
bei vermögenden Menschen kaum Bedeutung. Das wird verständlich, wenn man nach den Motiven forscht: Denn seinen
Reichtum allzu offen zur Schau zu stellen, ist generell negativ besetzt. Man definiere sich nicht über materielle Dinge, heißt es in
mehreren Antworten. Das bedeutet aber nicht, dass auf Luxus
generell verzichtet wird. Wohlstand drückt sich bei vermögenden
Menschen meist nur anders aus. Man legt Wert auf ein gepflegtes Zuhause, auf Stil, auf Kunstwerke oder schöne Gärten und
drückt damit seinen Status eher nach innen orientiert – in der Familie, im Freundeskreis – aus.
Dieser Kunstsinn äußert sich auch im Besuch von Ausstellungen, Konzerten, Opern- und Theateraufführungen. Dabei spielen die klassischen Institutionen – wie die Staatsoper, das Burgtheater, die Bregenzer oder Salzburger Festspiele – eine große
Rolle. Aber auch weniger etablierte Veranstalter, oder für ihre modernen Inszenierungen bekannte Festivals und Theater, werden
bewusst gewählt, um zu zeigen, dass man sich vom Mainstream
abhebt.
Das eigentliche Gesellschaftsleben oder die Zugehörigkeit zur
Seitenblicke-Gesellschaft wird von vielen Millionären eher kritisch
gesehen. Das Mitpartizipieren an gesellschaftlichen Veranstaltungen hat für die meisten Millionäre wenig Bedeutung. Sie engagieren sich vielmehr in verschiedenen karitativen Organisationen oder für eine gute Sache. Kunst und Kultur wird ebenso unterstützt wie Soziales. Auch die Förderung von Wissenschaft und
Forschung oder die Jugendarbeit im Sport haben einen hohen
Stellenwert, wenn es um Sponsortätigkeiten geht. Das haben die
Forscher bei ihren Interviews herausgefunden. Dabei geht es nicht
immer nur um das Spenden von Geld, sondern zum Teil auch
darum, sich persönlich und ehrenamtlich für etwas einzusetzen.
Zwei unterschiedliche Gruppen
Auch wenn Vermögende keinem Stereotyp entsprechen,
so konnten aus den 35 Interviews trotz aller Unterschiedlichkeiten einige Gemeinsamkeiten bei den Werten, bei Lebensstil, Wünschen, bei sozialem Engagement oder beim Ve r h ä l tnis zu Vermögen und Banken herausgefiltert werden. Das Ergebnis der Klassifizierung der Antworten sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Gruppen von Millionären: zum einen jene
Menschen, die aus einer sehr traditionellen Wertewelt kommen und bei denen das ererbte oder geschaffene Vermögen
eher bewahrt wird. Die Forscher bezeichnen sie als die traditionell-bodenständigen Millionäre. Zum anderen jene Gruppe, die Neuem gegenüber sehr aufgeschlossen ist, die dynamisch mit ihrem Geld umgeht und engagiert neue Pro j e k t e
vorantreibt. Hier spricht man von den etabliert-dynamischen
Millionären.
52
Was macht den traditionell-bodenständigen Millionär aus?
Konservativ-bewahrende Werte – in der Soziologie Pflicht- und
Akzeptanzwerte genannt – wie Verlässlichkeit, Pflichtbewusstsein, Tradition und Fleiß prägen das Leben dieser Menschen. Sie
sind meist Unternehmerinnen oder Unternehmer, haben sich –
teils nach einer Lehre – hochgearbeitet oder Familienbetriebe
geerbt und weiter ausgebaut.
Traditionell-bodenständig
Die Familie hat für diese Millionäre einen sehr hohen Stellenwert. Auch die Absicherung der Liebsten und die Weitergabe des
aufgebauten Vermögens an die nächste Generation sind entscheidende Motive. Der Wunsch, das Geschaffene zu erhalten
und abzusichern, ist bei Millionären, die ihre Ziele schon weitgehend erreicht haben, sehr ausgeprägt.
Der Reichtum wird von traditionell bodenständigen Millionären ganz bewusst nicht zur Schau gestellt und oft auch gar nicht
als solcher empfunden. Man lebt eher bescheiden und teilweise
sogar sparsam, ist in das lokale Leben gut integriert und nimmt
vor allem in seinem unmittelbaren Umfeld – in Familie, Unternehmen oder lokalen Organisationen und Vereinen – Verantwortung
wahr. Genuss heißt für diese Menschen, dass man sich ab und
zu etwas gönnt. Statussymbole und übertriebener Konsum sind
dieser Gruppe von Vermögenden aber zuwider.
Etabliert-dynamisch
Weiter nach oben streben hingegen die statusorientierten Millionäre. Bei ihnen hat der Konsum einen durchaus hohen Stellenwert. Es gibt oft ausgeprägte materielle Wünsche, die man sich
ohne viel Überlegung erfüllt. „Das Motivierende ist zu sehen, dass
sich etwas bewegt. Dass etwas, was man tut, Wirkung zeigt.“
Dieser Satz eines Befragten aus der Gruppe der etabliert-dynamischen Millionäre drückt recht deutlich aus, was diese Menschen antreibt. Sie wollen verändern, bewegen und zupacken.
Sie suchen die Herausforderung, sind kompetitiv, kämpferisch
und haben Spaß daran. Sie genießen es, etwas zu erreichen. Und
sie genießen es auch, sich Freizeit oder Konsum leisten zu können. Die etabliert-dynamischen Millionäre findet man vor allem
unter den Managern großer Betriebe, in der Finanzbranche, bei
Unternehmensberatern oder bei großen Unternehmen. Sie schätzen die finanzielle Unabhängigkeit für sich und ihre Familie als ein
wichtiges Gut und verfolgen eine Langzeitstrategie zur Sicherung
und Mehrung ihres Vermögens. Diese Gruppe ist stark in das
gesellschaftliche Leben integriert, lehnt aber die SeitenblickeGesellschaft tendenziell ab. Im Vordergrund stehen Kontakte, die
beruflich und gesellschaftlich nützlich sind. Sie sind stark in Klubs
und wirtschaftlichen Organisationen engagiert und übernehmen
ehrenamtliche Tätigkeiten. Auch die Unterstützung von anerkannten Institutionen, wie beispielsweise die SOS-Kinderdörfer, hat
einen hohen Stellenwert.
Auch dieser Gruppe ist es wichtig, nach außen mit dem
Vermögen nicht zu sehr aufzufallen. Die Gruppe der etablierten Millionäre schätzt schlichte Eleganz, eine gelungene Mischung aus alten und modernen Möbeln und ist design-affin.
ELITE
Als eine der größten Tugenden der
rund 70.000 heimischen Millionäre
wird Verschwiegenheit angesehen,
Kunstsinn und soziale Verantwortung
stehen hoch im Kurs
Diese Menschen haben keine Berührungsängste zu moderner Arc h i t e k t u r
und sind auch im kulturellen Bereich
offen für Neues und Provokantes. Man
besucht etablierte kulturelle Veranstaltungen wie die Salzburger Festspiele
oder philharmonische Konzerte und
nützt diese Gelegenheiten zur Kontaktpflege.
Statusorientierte Vermögende
Nach außen auffallen ist eher etwas
für statusorientierte Vermögende. Ihr
beruflicher oder sozialer Aufstieg ist
oder war eine wichtige Triebfeder ihre s
Karrierewegs. Sie sind stolz auf die eigene Leistung. Sie wollen aber auch als
e r f o l g reich und vermögend wahrg enommen werden und demonstriere n
das mit Luxus, den sie sich gönnen. Sie
legen Wert auf die entsprechende Kleidung, die angemessene Wohnung, das
passende Auto und ein Freizeitverhalten, das ihrem beruflichen und sozialen
Aufstieg entspricht. Die statusorientierten Vermögenden wollen zu einer vermögenden Elite dazugehören und passen sich ihrem sozialen Umfeld an. Networking und die Kontakte zu bekann-
54
ten und prominenten Personen spielen
in den Lebenswelten der statusorientierten Vermögenden als Ausdruck
i h res Aufstiegs ebenfalls eine gro ß e
Rolle. Auch in dieser Gruppe findet
man häufig großzügige Sponsoren und
Spender – insbesondere für moderne
Kunst oder junge Künstlerinnen und
Künstler. Sehr häufig ist diese Gruppe
in innovativen Branchen, in der sogenannten New Economy oder der Unternehmensberatung tätig.
Der „Wealth Society Report 2010“
ist also kein Blick hinter die Kulissen
einer bunt schillernden SeitenblickeGesellschaft, sondern über Ve r m ö g e nde in Österreich, Deutschland, Italien
und Polen, die etwas erreicht haben
und ihr Vermögen eng mit Leistung
und hohem sozialen Engagement verknüpfen. Die internationale Studie
zeigt, dass die Mitglieder im Klub der
M i l l i o n ä re vor allem eines gemeinsam
haben: Vermögende denken sehr ähnlich, sie haben weitgehend dieselben
Grundhaltungen, wenn es um Familie,
Gesellschaft und soziale Ve r a n t w o rtung geht, und sie gehen tendenziell
zurückhaltend und sehr überlegt mit
i h rem Vermögen um.
Internationale Perspektive
Materielle Wünsche haben bei den vermögenden Menschen nicht jenen Stellenwert, den man erwarten würde. Immaterielle Wünsche – wie Zeit für Familie und
Freunde, für Hobbys oder der Wunsch
nach Gesundheit oder innerer Ruhe –
haben oft eine wesentlich größere Bedeutung, zeigte die internationale Befragung.
Dieser Grundhaltung entspricht auch eine
länderübergreifende Skepsis oder sogar
Ablehnung gegenüber stark nach außen
getragenem Luxus oder Statussymbolen.
In allen Ländern zeigte sich, dass die Kultur von allen vermögenden Menschen als
sehr wichtige Freizeitbeschäftigung gesehen wird. Kulturelle Veranstaltungen haben
auch die Funktion der Kontaktpflege und
werden als Möglichkeit gesehen, seinen
individuellen Geschmack auszuleben.
Auftraggeber UniCredit Private Banking plant, diese Studie regelmäßig zu
machen. Alle drei bis fünf Jahre soll eine
groß angelegte Befragung der Millionäre
durchgeführt werden – als Orientierung
der wichtigsten Anliegen der Kunden.
Und als Möglichkeit der Soziologen, in
diesem weitgehend unerforschten Feld
n
nach Motiven zu suchen.
ELITE
Die ganze
Wahrheit
Von Christian W. Mucha
Sollten Sie, geschätzte Elite Leser, zu jener Sorte Mensch gehören, die ganz genau verfolgt, mit welchen Insignien sich die Reichen und Mächtigen umgeben, dann soll uns das recht sein.
Von Autor
Fotos: philipphutter.com
V
ielleicht geben Sie, geschätzte
LeserInnen, es ja auch zu:
Manch einer von denen, die zuschauen, sich ergötzen, sich wundern
oder schockiert sind, wie viel Geld die
Reichen für Wahnsinniges ausgeben,
wird bisweilen vom Neid angestachelt.
Einer bösen Charaktereigenschaft, ja
einer der Todsünden, die dein eigenes
Leben verkürzt, die Gallensäfte in Wallung bringt und damit nicht nur für
schlechte Verdauung, sondern auch
für ein übles Leben sorgt.
ELITE ist nun die beste Medizin
gegen derartige Anwandlungen. Nun
mögen die Reichen, die Mächtigen, die
Haute Volée, die Society-Hengste, und
die Über-Drüber-Bussi-Society in vielen Punkten blöd genug sein, irrwitzige, überteuerte Statussymbole einzukaufen. Blöd genug zuzugeben, was
man ihnen damit freilich an Ramsch
angedreht hat, sind die meisten nicht.
Denn wer würde schon nach dem Kauf
eines Luxusgefährts um eine halbe Million Euro zugeben, dass der erworbene Luxusschlitten unter Kinderkrankheiten erbärmlichster Art leidet, und
dass man letztlich ein Volltrottel gewesen ist, so unvorstellbar viel Geld für so
wenig Qualität beim Fenster hinausgeschmissen zu haben.
Selbstverständlich wird Frau Nawratil, wenn sie von ihrer zweitbesten
Freundin nach ihrer neuen Cartier Uhr
befragt wird, es nie und nimmer zugeben, dass das X-tausend Euro teure
Prunkstück an ihrem Handgelenk von
einem Quarzwerk angetrieben wird.
Denn Frau Nawratil weiß das im besten Fall nicht einmal, und wenn es ihr
irgendjemand steckt, dann wird sie
sich hüten, sich (oder ihren Liebhaber,
der ihr das gute Stück zur Defloration
verehrt hat) anzuzünden.
Herr Neureich, der Banken-Insolvenzberater, der gerade Millionen irgendeiner Republikförderung abgestaubt hat, würde seinem besten Feind
niemals erzählen, dass sein FerrariVertu-Handy immer wieder den Text
„Programm ohne Chipkarte fortset-
ELITE
zen“ zeigt. Weil es dem Handyhersteller (das Innenleben stammt übrigens
von Nokia, nur sagt einem das keiner)
bis dato nicht gelungen ist, die FixierSchiebeeinrichtung, mit der die Chipkarte auf die Kontakte gepresst wird,
so zu konstruieren, dass sie nicht zurückschnappt, wenn man sie nicht bis
zum äußersten Ende arretiert. Und
dass die Reparatur des Vorgängermodells, wo die Antenne abgebrochen
war, neben den Kosten, die lawinös
sind, lächerliche zweieinhalb Monate
gedauert hat. Auch dass man ihm ein
Ersatz-Tool leihweise zur Verfügung
gestellt hat, würde er nie zugeben.
Denn täte er das, dann könnte ja jemand auf die Idee kommen, dass er ein
ganz schöner Idiot war, 8.000 Euro für
ein Handy auszugeben. Und das ist
nicht einmal aus Gold und hat keine
Diamanten auf der Tastatur. Doch dazu
und zur Information, dass die Firma
Haban-Bucherer auf der Wiener Kärntnerstraße zu Jahresende ihre VertuVertretung zurücklegt, weil man einfach die Zores nicht mehr haben
möchte, kommen wir in einer späteren
Ausgabe. Lassen Sie mich Ihnen diesmal etwas über das wohl edelste Statussymbol der Welt, über Rolls Royce,
erzählen.
Rolls Royce
Wer einen Rolls Royce fährt, der hat
es geschafft. Der bewegt sich in einer
Liga, die jenseits des Neides angesiedelt ist. In diesem Clan der Superreichen findet sich das englische Königshaus ebenso wie Hocharistokraten in
ganz Europa, pensionierte Milliardäre
und Multimillionäre, die ihre Firmen abgestoßen haben (vorher empfiehlt sich
die Anschaffung eines Rolls Royce
nicht – es könnte ja jemand auf blöde
Ideen kommen), sowie internationale
Stars der Musik-, Film- und Unterhaltungsbranche. Als absolutes „nogo“
gilt die Nobelmarke mit dem „Spirit of
Ecstasy“-Symbol auf der Kühlerhaube
bei Bankern, Versicherungsmanagern,
Investmentexperten und Immobilienmanagern, weil man mit dem Bewegen
eines solchen Fahrzeuges nachhaltig
und deutlich signalisiert, dass man
sich mit üblichen Provisionen nicht zufrieden gibt, sondern mit beiden Händen zulangt. Sehr beliebt ist diese Nobelmarke (das wird Ihnen kein Repräsentant von denen erzählen) auch bei
Waffenhändlern, Drogendealern, im
Rotlichtgewerbe, bei Bordellbesitzern, besonders erfolgreichen Zuhältern, Drahtziehern von Callgirl-Ringen
und Escort-Betreibern. Während die
Aristos und Stars auf den gediegenen
Komfort von Rolls Royce setzen, glauben die letztgenannten, damit ihr
Image und ihren Status zu verbessern.
Beides scheitert, wie wir in der Folge
erläutern werden: Ich habe meinen ersten Rolls Royce vor vielen Jahren unter
extremen Umständen erworben; hatte
die glückliche Fügung des Zufalls an
meiner Seite. Ich war in meinem Leben
erst ein einziges Mal Rolls Royce gefahren. Als Gast des „trend“-Chefredakteurs Lajos Ruff, der mich auf eine
Spritzfahrt mit seinem guten Freund
Franz Kalal einlud. Der hatte einen
Rolls Royce. Es war ein unglaubliches
Erlebnis. Das Leder, das Wurzelholz,
die Monumentalität und Größe dieses
Fahrzeuges, das Kalal wie selbstverständlich bewegte. Irgendwie war der,
wie man mir mitteilte, sehr erfolgreich
und hatte einen Mietwagenverleih. Slogan : Auto hin, Kalal her.
Unvergesslich
Die Fahrt in seinem Rolls Royce ist
mir unvergesslich geblieben. Und hat
mich hin- und hergerissen. Was dem
Franz Kalal Jahre später auch widerfuhr, als er wegen allerlei Malversationen den Ausblick aus der Rolls RoyceScheibe gegen schwedische Gardinen
tauschen musste. Jahre später lernte
ich auf meinen Reisen einen umtriebigen Autohändler in Süddeutschland
kennen. Sein Name tut nichts zur
Sache, sein Geschäft ist längst ver-
97
Würden Sie mir glauben, dass man im
Kofferraum einer der teuersten Limousinen der Welt keine zwei handelsüblichen Reisekoffer unterbringt?
kauft, den großen Schnitt hatte er seinerzeit gemacht. Jetzt – in der Wirtschaftskrise – beißen seine Nachfolger
die Hunde. Im Schauraum des wunderbaren Autosalons südlich von München sah ich ihn das erste Mal: einen
Rolls Royce Silver Spirit. Ein unförmiges, unglaublich beeindruckendes,
mächtiges Fahrzeug, das seinerzeit
das Spitzenmodell der Rolls RoyceFamilie war. Als ich den Preis sah,
ahnte ich, das würde ich mir niemals
leisten können. Doch der Autohändler
machte mir ein interessantes Angebot.
Er hatte eine Geschichte parat, die
wahrhaftig ihresgleichen suchte. Dieses Fahrzeug stand seit zwei Jahren in
seinem Schauraum. Mit Null Kilometern. Er hatte es einem Bauunternehmer verkauft, der die Finanzierung des
sauteuren Fahrzeuges einer Leasingfirma übertrug.
Und da passierte das Unglaubliche:
Nicht nur der Bauunternehmer ging
bankrott, sondern zeitgleich die Leasingfirma. Damit hatte er einen ersten
Vorbesitzer im Fahrzeugs-Typen-
98
schein. Der zweite Besitzer, ein Bordellbetreiber, wurde leider, bevor er das
Fahrzeug übernehmen und bezahlen
konnte, auf offener Straße erschossen.
Numero zwo im Typenschein. Als dritter musste das Autohaus selber in die
Papiere, um das Fahrzeug nun, nach
der zu langen Wartezeit, anzumelden.
Ein Luxusgefährt mit Null Kilometern
und drei Vorbesitzern ? Unverkäuflich.
Also machte mir der Händler ein Angebot, das man einfach nicht ablehnen
konnte: Ich überreichte ihm meinen relativ frischen Jaguar/Daimler, durfte ein
Drittel des Kaufpreises des Rolls Royce
in Barem bezahlen und er erhielt für das
dritte Drittel Werbung in meinen Zeitungen. Für fünf Jahre. In jeder Ausgabe.
In jeder meiner Zeitschriften.
Längerfristiger Test
So kam ich zu meinem ersten Rolls
Royce. Und hantelte mich im Laufe der
Jahre langsam nach oben. Über den
Silver Seraph ( für den wir die nächsten
fünf Jahre Werbung machten) zum
Phantom, dem neuen Spitzenmodell
des krisen- und eigentümerwechselgebeutelten Unternehmens. Heute
weiß ich Bescheid. Heute können Sie
mir über diese Edelmarke nichts mehr
erzählen. Das Problem an der Chose ist
nur folgendes: Jeder Motorjournalist ist
glücklich, wenn er solch ein Fahrzeug
vorstellen darf. Er sieht es – und das gilt
bei Leibe nicht für jeden Motorjournalisten beim Badener Schulterblatt –
bestenfalls für einige Stunden. Der Motorchef einer großen Tageszeitung darf
mit diesem Fahrzeug vielleicht einen
Tag verbringen. Kaum einer von denen
macht jemals einen längerfristigen Test.
Und: die geringen Stückzahlen und die
Verschlossenheit der Eigentümer dieser Fahrzeuge, die (siehe oben) sich
eher die Zungenspitze abbeißen würden, als die Wahrheit über ihr Auto zu
verlautbaren, tragen das ihre dazu bei,
dass der Nimbus und das Image von
Rolls Royce nach wie vor in Himmelshöhe angesiedelt sind und Passanten
sofort ihre Handykameras zücken und
Lustschreie ausstoßen, wenn man laut-
ELITE
sich befinden, ein Mechanikerteam einreiten wird, das die Sache in Ordnung
bringt.“ Wir sind beglückt, fahren nach
Kärnten und bringen das Fahrzeug zur
Werkstatt unserer Wahl, dem Autohaus
Grasser (richtig, der Vater des ehemaligen Finanzministers), wo Range Rover
verkauft werden. Ein Mechanikerteam,
das aus München heraneilt, nimmt
mein Fahrzeug in ihre Obhut und man
erklärt mir, dass bei jedem der vier
Stoßdämpfer Geber montiert sind, die
den Untergrund messen. Man findet
heraus, dass der Geber rechts vorne
defekt ist, ersetzt ihn und die Sache ist
schon erledigt. Die Münchner fahren
nach Hause nach München, ich fahre
weiter zu meinem Domizil nach Krumpendorf.
autoride
Die Uhr auf dem Armaturenbrett sah
nicht immer so aus: die Metallkonstruktion mit den Quadranten für 12,
3, 6 und 9 ist ausgebrochen …
los an ihnen vorüber gleitet. Nun möchte ich nicht sagen, dass das Fahren in
einem Rolls Royce kein Luxus wäre.
Die Fahrt Wien-Florenz vergeht in 7,5
Stunden wie im Flug, und man steigt
aus dem Auto aus und fühlt sich, wie
wenn man im Clubfauteuil gesessen
wäre. Das Handling ist angenehm, die
Einrichtung geschmackvoll und nur
vom Feinsten, die Wurzelhölzer edel
und das weiche Leder kommt gar aus
Österreich. Wer hätte das gedacht.
Überraschungen
Freilich hat der Rolls Royce auch so
einige Überraschungen parat. Nehmen
wir das Vorgängermodell, den Silver
Seraph. Auf dem Weg von Wien nach
Klagenfurt verlautete der intelligente
Bordcomputer plötzlich etwas, was ich
bis dato nicht kannte. Natürlich auf
Englisch, denn damals sprach der
Bordcomputer noch nicht Deutsch. Er
schrieb das wunderbare Wort autoride.
In diesem Fall lässt man sich über das
Bordtelefon zur 24-Stunden Hotline
ELITE
von Rolls Royce, die Ihnen aus jedem
Problem heraushilft, weiter verbinden.
Man landet bei Rolls Royce Zürich, wird
weiter verbunden zu Rolls Royce München und landet schlussendlich bei
Rolls Royce Basel, die dir folgende
Auskunft geben: „ Unter autoride versteht man die Fähigkeit Ihres Fahrzeuges, den Untergrund, auf dem Sie sich
bewegen, zu qualifizieren. Die Fahrwerkseinstellung ihres Fahrzeuges wird
härter sein, wenn Sie sich auf einer Autobahn bewegen, und weicher positioniert, wenn Sie auf ruppigem Untergrund mit geringerer Geschwindigkeit
dahinfahren. Die Information autoride
bedeutet nun, dass Ihr Fahrzeug die
Fähigkeit verloren hat, den Untergrund
zu qualifizieren, weshalb die Stoßdämpfer des Fahrzeuges auf eine Mittelposition arretiert wurden. Sie können
damit gerne bei Bedarf die nächsten
tausend bis fünftausend Kilometer fahren, verzichten freilich auf den Vorzug
der Fahrwerksabstimmung, weshalb im
Zuge Ihrer Vollgarantie selbstverständlich, ganz gleich wo auch immer Sie
Drei Tage später, als wir eine nette
Ausfahrt rund um den Wörthersee machen wollen, schreibt das Fahrzeug
autoride. Ich rufe bei den Münchnern,
deren Telefonnummer ich mir geben
habe lassen, nochmals an und die erklären mir: Kein Problem, wir werden
auch die anderen Geber tauschen. Das
Mechanikerteam kommt schon am
nächsten Tag wieder nach Kärnten, ich
trinke einen gemütlichen Kaffee beim
Grasser und wir ersetzen in lächerlichen fünf Stunden alle Geber. Schon
wenige Minuten nach der Ausfahrt, wo
ich mich freue, dass das Fahrzeug
mich nicht mehr ärgert, erscheint die
Botschaft autoride. Leider sind die
Münchner bereits abgefahren und telefonisch nicht mehr erreichbar. Als ich
sie am nächsten Tag am Telefon habe,
versprechen sie mir, dass sie schon am
kommenden Montag wieder nach
Kärnten kommen wollen, diesmal mit
der Komplettaustattung. Wir treffen
uns wieder bei Grasser, wo ich schon
wie ein alter Freund des Hauses behandelt werde. Nett, dass uns die die
Werkstatt zur Verfügung stellen. Die
Münchner haben vier neue Stoßdämpfer mitgebracht und ersetzen alle. Gott
bin ich froh, dass ich eine Vollgarantie
habe und dass das alles nichts kostet.
Die Firma Rolls Royce freilich muss das
ein Vermögen kosten.
99
Schön schaut er schon aus, der
Royce: denkt David Beckham, dachte
Josef Meinrad und denkt jeder, an dem
er vorbeifährt, der 500.000-Euro-Traum
Als wir die Stoßdämpfer getauscht
haben, weiß ich: Jetzt haben wir alles
ersetzt, nichts kann mehr passieren.
Ich umarme die Münchner und wir verabschieden uns ein letztes Mal. Ich
sollte mich geirrt haben. Schon vier
Tage später schreibt das Fahrzeug erneut autoride auf dem Bordcomputer.
Ich hoffe, man wird mir keinen Strick
daraus drehen, wenn ich zugebe, dass
ich an dieser Stelle mit dem Fuß in
Richtung Bordcomputer getreten
habe. Den Münchnern habe ich es jedenfalls nicht erzählt, die schon zwei
Tage später zum Grasser nach Klagenfurt kamen und den ultimativen, letzten und äußersten Schritt setzten, um
die Botschaft autoride für alle Zeiten
aus meinem Leben zu streichen: Sie
brachten einen komplett neuen Bordcomputer mit und tauschten das elektronische Gehirn des Fahrzeuges.
Sie beginnen zu ahnen, dass dies
nicht das Ende der Geschichte ist.
Schon drei Wochen später schrieb
das Fahrzeug autoride. Es gibt gewisse Dinge, an die gewöhnt man sich im
Leben. Bis zum letzten Tag, an dem
100
ich die Limousine gegen den neuen
Phantom eintauschte, zeigte sie die
Botschaft autoride. In unregelmäßigen
Abständen. Irgendwie dürfte das wie
Zahnschmerzen bei diesem Fahrzeug
gewesen sein.
Als ich meinen neuen Phantom
übernahm, vergewisserte ich mich zu
allererst, ob die autoride-Krankheit
eine Erbkrankheit wäre, und ob er die
vielleicht von seinem Vorgängermodell
übernommen haben könnte. Mitnichten, erläuterte mir der elegante Verkäufer im Münchner Autohaus. Ich
wusste sofort, warum. Der Computer
hatte mittlerweile Deutsch gelernt: Es
gab kein autoride mehr, nie wieder.
Fahrwerksregelung
Ich fuhr mit dem Fahrzeug aus dem
Autohaus hinaus und hatte ein unglaubliches Gefühl. Freilich hatte ein
Abmessen des Fahrzeuges ergeben,
dass es in meine Garage in der Innenstadt nicht passen würde. Ich musste
eine Nische in die tragende Wand des
Hauses konstruieren lassen, um das
Fahrzeug mit der Kühlerhaube in der
Wand verschwinden lassen. Um dahinter die Garagentüre versetzen zu
können. Eine läppische Investition von
14.000 Euro, die man bei einem Fahrzeug, das 500.000 Euro kostet, gerne
einmal in Kauf nimmt. Bei diesem
Fahrzeug lernst du, wie die Queen zu
grüßen. Bei diesem Fahrzeug fährt
man nicht, man gleitet. Selbstverständlich sitzt man nicht auf dem Vordersitz, weil ein derartiges Automobil
pflichtmäßig vom Chauffeur bewegt
wird. Nur in den allerseltensten Minuten setzt sich der Herrenfahrer selber
ans Steuer.
Ungefähr auf der Höhe von Traunstein (noch in Bayern, noch nicht in
Österreich), gab mir der Bordcomputer meines neuen Fahrzeuges eine interessante Information mit. Sie lautete: Fahrwerksregelung. Es handelte
sich dabei um genau denselben Begriff wie autoride, nur auf Deutsch.
Auch die ständig vom Bordcomputer
gemeldete Information, dass ein Reifen defekt sei, hat mich nur wenige
Wochen geärgert. Danach konnte die
ELITE
Best of
Von Ekaterina Mucha
teuer
Die teuerste Yacht der Welt
Der russische Milliardär Roman Abramowitsch hat sich bei Blohm +
Voss ein „kleines“ Spielzeug bauen
lassen: die größte und teuerste
Yacht der Welt. Die 168 Meter lange
„Eclipse“ hat etwa 800 Millionen
Euro gekostet. Ein Pappenstiel für
einen Mann, dessen Vermögen auf
13,8 Milliarden Euro geschätzt wird.
Für Sicherheit ist freilich gesorgt:
Die Fenster und Wände sind so dick
gepanzert, dass sie selbst dem
Angriff einer Rakete standhalten.
Zudem gibt es: zwei HubschrauberLandeplätze, ein Mini-U-Boot und
einen Haufen bis an die Zähne bewaffneter französischer Fremdenlegionäre. Na, viel Spaß!
Die teuerste Uhr der Welt
Zeit kostet Geld.Wer sich aber ernsthaft mit dem Gedanken tragen sollte,
die Zeit auf der Luxus-Uhr aus dem
Hause Chopard abzulesen, dem kostet sie ganz besonders viel Geld,
nämlich 18,9 Millionen Euro. Dieses
Glanzstück besteht aus herzförmigen
Diamanten in den Farben Pink, Blau
und Weiß von insgesamt 38 Karat.
Zudem ist das Uhrenband mit gelben
und weißen Diamanten besetzt, die
zusammen 163 Karat wiegen. Ob
diese Uhr auch richtig tickt, wissen
wir nicht. Das Uhrwerk jedenfalls ist
weniger spektakulär.
20
Das teuerste Auto der Welt
Nur vier Stück wurden gebaut. Baron Rothschild hatte
einen. Modeschöpfer Ralph Lauren besitzt einen. Und
einer wurde jetzt versteigert: ein Bugatti Typ 57 SC
Atlantic,Baujahr 1936.Und der Sammler hat für diesen
schnittigen Oldtimer über 23 Millionen Euro bezahlt.Ob
er damit auch fährt oder ihn in einem Hochsicherheitstrakt parkt, ist nicht bekannt.
Das teuerste Hotel der Welt
Das Marina Bay Sands in Singapur
hat flotte 55 Stockwerke, 2.560 Zimmer und 4,9 Milliarden Euro gekostet.
Die Preise reichen von 425 Euro pro
Nacht aufwärts. Der Zeitung Daily
Mail zufolge rechnet der Direktor der
riesigen Anlage, Thomas Arasi, mit
bis zu 70.000 Besuchern pro Tag.
Damit soll das Hotel mit seinen 10.000 Angestellten jährlich einen Gewinn
von knapp 60 Millionen Euro einbringen. Im teuersten Hotel der Welt kann
man ganz oben am Dach im randlosen Swimmingpool planschen. Der
Swimmingpool ist mit 150 Metern drei Mal so lang wie ein olympisches
Schwimmbecken, aber die Konstruktion erweckt den Eindruck, als würde
er bis zum Horizont reichen.Wer vom Schwimmen genug hat,kann im „SkyPark“ ein wenig im Grünen entspannen – ebenfalls in Schwindel erregender Höhe. Der Park befindet ebenfalls auf der riesigen, einem Schiff nachempfundenen Dach-Plattform, die von den drei Türmen des Hotels getragen wird. Luxus, wohin man blickt:Auf die Besucher wartet ein Kasino, ein
Theater, ein Kristallpavillon, ein Einkaufszentrum, ein eigenes Museum in
Form einer Lotusblüte und ein Kanal,der durchs Gebäude führt und von traditionellen chinesischen Booten befahren wird.
ELITE
Die teuerste Hochzeit der Welt
Was wäre eine Palast mit 1.788 Zimmern und 2.000 Luxuslimousinen für
den Sohn des reichsten Mannes der Welt, den Kronprinz Al Muhtadi Dillah,
wenn er kein angetrautes Eheweib hätte. Deshalb heiratete er die 17-jährige Yang Mulia Dayangku und ließ sich die Hochzeit ganze 40 Millionen
Euro kosten. Mit insgesamt 4.000 Gästen feierte er im Sultans-Palast von
Bruneis Hauptstadt Bandar Seri Begawan.
Der teuerste Diamant der Welt
Der wohl teuerste Diamant der Welt
wurde in Genf versteigert und
kostet 34 Millionen Euro. Das
Schmuckstück gehört nun dem
Londoner Diamantenhändler Laurence Graff, wie Sotheby’s mitteilte. Dieser habe den Edelstein für seine Privatsammlung
erstanden. Der pinkfarbene Diamant hat 24,78 Karat und
bereits Geschichte gemacht. Schon in den 1960er-Jahren
ersteigerte ihn der New Yorker Juwelier Harry Winston.Bisher lag der Rekordpreis, der jemals bei einer Auktion für
einen Diamanten geboten wurde, bei 24 Millionen Dollar.
Er wurde im Dezember 2008 erzielt,als der „Blaue Wittelsbacher“ – ein berühmter Diamant aus dem Bestand der
bayerischen Kronjuwelen – in London versteigert wurde.
Reichster Mensch
der Erde
Derzeit führt Carlos Slim Helú,ein mexikanischer Unternehmer der Telekommunikationsbranche, die Liste der reichsten Menschen der Erde an. Mit einem Vermögen von
53,5 Milliarden Dollar lässt er selbst Microsoft-Mitgründer Bill Gates hinter sich.
ELITE
Das teuerste Apartment der Welt
Sie hat zwar nur drei Schlafzimmer, aber kostete ihrem neuen Besitzer immerhin 240 Millionen Euro. Sie ist die teuerste Wohnung der
Welt und liegt im Monaco. Zu jedem Schlafzimmer gibt es übrigens
ein eigenes Kino, zwei Badezimmer, Boudoir und eine Küche. Und
dass dieser Wohnung ein eigener Privatpark mit Altbaumbestand
und eine hauseigene Therme angeschlossen ist, das versteht sich
eigentlich von selbst.
Das 2-stöckige Penthouse liegt vermutlich
am besten Platz in
ganz Monaco: in unmittelbarer Küstennähe. Geschätzter Quadratmeterpreis:
150.000 Euro.
Der teuerste BH der Welt
Warum lächelt dieses Model so verklärt? – Die junge Frau präsentiert gerade den teuersten BH der Welt. Er ist das Werk von „Hearts On Fire“ und
„Victoria’s Secret“ und ist mit 800-Karat-Diamanten besetzt. Es kostet
sagenhafte sechs Millionen Dollar.
Das teuerste
Gemälde der Welt
Was hätte der amerikanische Maler
Jackson Pollock (1912-1956) wohl gesagt, wenn er gewusst hätte, dass dereinst sein Gemälde „No. 5, 1948“ zum
teuersten der Welt wird? Der Film- und
Musikproduzent David Geffen verkaufte das Bild in Pollocks berühmter
Dripping-Technik an einen anonymen
Sammler um umgerechnet 109,6 Millionen Euro.
21
Steinreich
werden …
… oder auch nicht – die klassische Urlaubsposse. Beim Juwelenkauf übervorteilt.
nser Verlegerpaar hatte als
Hochzeitsgeschenk eine Mitttelmeerkreuzfahrt erhalten. Auf
dieser Reise hatten die beiden freilich
ein Erlebnis der erbärmlichen Art: In
einem eleganten, perfekt ausgestatteten, hochmodernen Einkaufstempel, der alle
Stücke spielte, wurden
die beiden in Kusadasi,
wie man so schön sagt,
übers Ohr gehaut. Trotz
Expertise, Handelskammergutachten und
einem zur Schau gestellten maximalen
Maß an Seriosität des
Juweliers entpuppte
sich alles, was man
den Muchas verkaufte, als Fake: falsch,
kopiert und unecht.
Pech gehabt. Normale
Urlauber,
denen solches wi-
U
120
derfährt, können zu Hause nur mehr
weinen. Sie werden ihr Geld niemals
wieder sehen.
Im Fall der Muchas hatte die Sache
dann ein happy end. Vielleicht auch
deshalb, weil es den türkischen Offiziellen nicht gerade angenehm
war, dass man just den Verleger zweier Touristik-Zeitschriften (im MuchaVerlag erscheinen auch FM und FaktuM) reingelegt hatte. Nach massiver
Intervention der türkischen Botschaft
und einer Abmahnung des Juweliers in
Kusadasi refundierte
der sechs Monate
nach dem Vorfall die
volle Kaufsumme auf
das Konto der Muchas zurück. Lesen
Sie im Folgenden das
persönliche Bekenntnis von einem, der
blindlings in die
„Gute Laune“-Falle
tappte:
„Eine Urlaubsreise, das weiß jeder,
ist für das Börsel
genau so gefährlich,
wie hungrig einkaufen zu gehen: Wer
mit leerem Magen
ELITE
zum Billa geht,
kauft um 30 Prozent mehr Lebensmittel ein, als
er benötigt. Im Urlaub sind wir guter
Laune. Da haben
wir Zeit. Da will der
liebe Schatz ein
Andenken, etwas
Bleibendes, Schönes und wenn’s
geht: ein Schnäppchen, ein
Schmuckstück, eine Erinnerung
fürs ganze Leben. Auf meinen unzähligen Reisen bin ich auf den
Spuren vieler Wahnsinniger gewandelt, die in den Juwelen-Hochburgen dieser Welt sauteure Pretiosen erstanden haben. In Indien
erzählte mir ein Reiseleiter, dass er
sich von der Kommission, die ihm
der hiesige Juwelier beim Verkauf
eines Riesenrubins an einen österreichischen Spitzenmanager gezahlt
hatte, ein neues Allrad-Auto angeschafft hat und in St. Thomas (Karibik)
errötete Goldsmith N.N. vor Freude,
als er auf meiner Kreditkarte „Austria“
las („there was this Austro-Canadian
millionaire and he bought a yellow diamond for his daughter“).
Just auf unserer Hochzeitsreise
tappte ich einmal mehr in die Falle. Ein
edles Geschäft namens Apollo’s und
sein wortgewandter Juwelier luden
mich und meine frisch Angetraute in
Kusadasi (Türkei) ein, einen blauen und
einen pinken Saphir zu kaufen. Schöne große Steine, für die ich nach langem, hartem Feilschen 4.444 Euro berappte. Als kleine Zuwaage legte er
zwei Alexandrite drauf. Steine, die bei
künstlichem Licht ihre Farbe verändern. Sehr faszinierend und nicht gerade billig. Doch die gab es als Extra.
Mäuserich war glücklich, Mäuschen
war glücklich und die Mäuse wanderten zu Apollo.
Dass die Steine nicht echt waren,
entdeckten wir erst nach unserer
Rückkehr, als ich unseren Haus-undHof-Juwelier bat, die Ringweite zu ändern. Der sah die beiden Steine kurz an
und fragte, was ich dafür bezahlt hätte.
Als ich ihm den Preis nannte, schüttel-
ELITE
Weit verbreitet und dennoch wertlos: betrügerische Zertifikate, die
eines vermitteln sollen:
Sichrheit
te er den Kopf: „Sie hätten das Vierfache dafür bezahlen müssen.“ Schließlich ging es zu Prof. Leopold Rössler,
einem der renommiertesten heimischen Gutachter in Sachen Pretiosen.
Von ihm gab es das Resultat schriftlich: Der blaue und der rosa Saphir sind
Korunde. Freilich synthetische. Wert
der beiden Steine: Rund 250 Euro. Die
Diamanten und das Gold drum herum,
vom Wert her vernachlässigbar, sind –
Ironie des Schicksals – echt. Und das
Gutachten, das man uns mit großer
Geste in die Hand gedrückt hatte? –
das „International Guarantee Certificate“, versehen mit dem Text „Our jewellery shop is member of Kusadasi Jewellery Association. All prices and
qualities are controlled by the board of
Kusadasi Jewellery Association“.
Diese vollmundige Ankündigung, alles
sei kontrolliert durch die Handelskammer von Kusadasi, ist nicht einmal das
Papier wert, auf dem sie gedruckt ist.
Die Unverfrorenheit, mit der solche
Geschäftemacher ihre Kunden abzocken, ist unvorstellbar. Fachleute
schätzen, dass 40 Prozent aller Juwelen, die über den Ladentisch gehen,
unsauber sind. Da werden Steine gefärbt, gefüllt, zerschnitten und mit Glas
kombiniert. Diamanten werden erhitzt
Die Glückslaune auf unserer Hochzeitsreise nutzte ein betrügerische Juwelier
schamlos aus
und so mutiert ein zartgelber Stein zum
Fancy Yellow Vivid und verzwanzigfacht seinen Preis. Unsere beiden „Alexandrite“ bestehen aus gefärbtem
Glas, das mit einem Granat verklebt
ist. Dadurch entsteht der AlexandritEffekt der Farbveränderung. Aus all
dem gibt’s ein Fazit, einen Rat und eine
einzige Konsequenz: Juwelen-Kauf ist
Vertrauenssache. Vertrauen ist keine
Sache von zehn Minuten, sondern von
Jahren. Und vertrauen können Sie einn
zig ihrem heimischen Juwelier.
121
Elitär
aumen rauf – Daumen runter:
Sie werden gefürchtet und respektiert. Die Leiter der Kulturressorts der heimischen Tageszeitungen und Magazine. Ihr Urteil entscheidet nicht selten über den Erfolg oder
Misserfolg einer Opern-Premiere,
eines Kinofilms, eines neuen Buches.
D
142
Wer hat im Jahr 2010 brilliert, wer sind
die Favorites der Insider? Keine zwei
Stunden hat es gedauert, dass Heinz
Sichrovsky auf eine entsprechende
Mail geantwortet hat. Sichrovsky, Leiter des Kulturressorts bei News, ist
eine Großmacht, geht es darum, in
kulturellen Belangen ein gewichtiges
Wörtchen mitzureden. Entsprechend
pointiert und spitz fallen seine Urteile
aus. Im Bereich Theater hat er eine
klare Meinung. Matthias Hartmann
hat für Sichrovsky das Burgtheater
wieder in einen Zustand gebracht, den
man sich für eine lebendige Bühne
wünsche. Sichrovsky: „Das lange in
ELITE
Foto: Burgtheater/Georg Soulek
Gert Voss oder doch Christoph Waltz? Die kulturjournalistische Elite dieses Landes krönt die kulturelle Elite Österreichs.
Muffigkeit versunkene, von Hartmanns Vorgänger Bachler aus dem
Theater heute-Versandkatalog befüllte Burgtheater ist wieder in einem Zustand, den man sich für eine lebendige Bühne wünscht: Mit Gespür für das
Spektakuläre und Wissen um die Dominanz des Schauspielers, aber ohne
die Qualität zu verraten, hebt Hartmann die Besucherzahlen und die
Stimmung des Publikums.“ Im Bereich
Oper ist für ihn die Entscheidung
ebenso klar: Franz Welser-Möst. Der
neue Generalmusikdirektor erweise
sich als Glücksfall für die Staatsoper,
die Philharmoniker und die Musiknation. Sichrovsky: „Das musikalische
Niveau des Hauses hat sich dank seines umfassenden Einsatzes auch in
Repertoirevorstellungen schlagartig
gehoben. Mit Welser-Möst ist die interpretatorische Moderne eingekehrt:
Emotion entsteht aus Klarheit statt
Überschwang. Dass FWM das Neujahrskonzert überantwortet wurde,
lässt hoffen, dass die Philharmoniker
hinter dieser Erneuerung stehen. Auch
bei den Salzburger Festspielen wird er
der prägende Dirigent.“ Gert Voss ist
für ihn der Schauspieler des Jahres.
Unvergleichlich. Laut Spiegel der
„vielleicht bedeutendste lebende Bühnenschauspieler”. Sichrovsky launig
dazu: „Ohne dem Spiegel alles zu
glauben: Hier ist nur das Wort ‚vielleicht‘ anzuzweifeln.“ Sunny Melles ist
für den Kulturkritiker die Schauspielerin des Jahres. Ihr Engagement ans
Burgtheater sei Matthias Hartmanns
bisher größter Coup gewesen. Wien
habe sich sofort „hemmungslos verliebt“. Eine Hymne singt Sichrovsky
auf Peter Handke, geht es um die
wichtigsten Schriftsteller des Jahres
2010. O-Ton: „Ich habe in vielen Jahren Berufsausübung naturgemäß
große Schriftsteller getroffen: Thomas
Bernhard, Jean Genet, Günter Grass,
Friedrich Dürrenmatt, Max Frisch ...
Nur von Handke aber bin ich sicher,
dass er unzweifelhaft schon in der Literaturgeschichte eingetroffen ist, so
dass sein Werk aus der Weltliteratur
nicht mehr verschwinden kann.“ Für
Norbert Mayer (Ressortleiter Kultur bei
der Presse) ist in Sachen bildende
ELITE
Kunst nach wie vor Maria Lassnig
eine Institution. Sie sei auch mit 91
Jahren die wichtigste Malerin des Landes. Mayer: „Keine jüngeren halten da
mit.“ Ansonsten schätzt Mayer die
Kulturlandschaft Österreichs im Jahr
2010 folgendermaßen ein: „Im Theater überzeugt mich weiterhin das Wiener Schauspielhaus mit mutigen
neuen Stücken, zuletzt mit Bruno
Schulz: ‚Der Messias‘“. Für die Oper
bekommt Dominique Meyer einen
Vertrauensvorschuss. Händels barocke „Alcina“ lässt auf Schönes jenseits des Repertoires hoffen. Im Film
fiel „Das weiße Band“ spätestens
beim Oscar auf. Das sollte für Michael Haneke ermutigend sein. Wann
kommt das nächste Remake? Ich
warte auf „Funny Games“ 2017, vielleicht sogar mit dem gereiften Paulus
Manker. Michael Glawoggers „Contact High“ ist auch tiefgründig und
sogar noch lustig! Klaus Maria Brandauer hat als Ödipus in Salzburg entzückt und belehrt. In Zusammenarbeit
mit Peter Stein macht er Welttheater.
Christiane von Poelnitz spielt im
Burgtheater seit Jahren auf höchstem
Niveau. Von den Theatermacherinnen
sind Anna Badora (Graz) und Isabella Suppanz (Sankt Pölten) belebend
für das Genre. Unter den Schriftstellern (ein gutes Jahr für Peter Handke)
hat Thomas Stangl beim BachmannPreis-Wettlesen in Klagenfurt die Erwartung geweckt, dass da noch was
Großes kommt. Und Elfriede Jelinek
ist schon imposant. Jedes Jahr seit
langer Zeit.“
Wolfgang Kos ist für Gert Korentschnig (Leiter Kultur beim Kurier) die
prägende Gestalt des Jahres 2010 im
Bereich bildende Kunst. Korentschnig:
„Er gestaltet seit Amtsantritt als Chef
des Wien Museums ein fabelhaftes
Programm, abseits des Mainstream
und doch mit großer Publikumsakzeptanz." Große Stücke hält der KurierKultur-Kritiker auf Sven-Eric Bechtolf.
Bechtolf sei in jeder Rolle eine Freude.
Zuletzt als Regisseur mit Hindemiths
„Cardillac“ erfolgreich. Und: „Gut,
dass er Schauspielchef der Salzburger
Festspiele wird." In Bereich Oper ist
Korentschnig mit seinen Kollegen
weitgehend einer Meinung: Dominique Meyer und Franz Welser-Möst
hätten dort 2010 eine bestechende
Performance geliefert: „Die beiden
haben an der Staatsoper ein schweres
Erbe angetreten und dieses bisher
nicht nur wunderbar verwaltet, sondern auch gestaltet. Dieses Opernhaus wird Musikliebhabern auch in Zukunft viel Freude bereiten.“ Bei
Film/Regie fällt Korentschnig die Entscheidung leicht: Michael Haneke.
Begründung: „Für einen Oscar hat es
mit dem Film ,Das Weiße Band' nicht
gereicht, und das ist im Prinzip bezeichnend: Haneke macht kein geschöntes amerikanisches Kino, sondern ist Europas vielleicht wichtigster
Regisseur. Ein Meister an Präzision
und im genauen Hinschauen.“ Katharina Lorenz ist für Korentschnig der
Shootingstar des Jahres am Wiener
Burgthater. Hier reife eine Große heran.
Korentschnig über Christoph Waltz:
„Der Geheimtipp ist zum Topstar geworden – völlig zurecht!“ Und Friederike Mayröcker verdiene als Schriftstellerin seit vielen Jahren den Titel
Grande Dame der österreichischen Literatur.
Neben der Hochkultur, wie sie von
professionellen Beobachtern durch die
Bank genannt und gelobt wird, sollen
hier aber auch Kulturgößen vor den
Vorhang gebeten werden, die längst
jenseits aller Rankings stehen und eine
Klasse für sich sind. Als einer der ersten ist hier wohl der Doyen der Josefstadt Otto Schenk zu nennen. Und da
hatte das ELITE-Verleger-Ehepaar
Ekatarina und Christian Mucha das
Vergnügen eines gemeinsamen Essens. Wobei: Treffen mit Otto Schenk
sind stets Begegnungen der außergewöhnlichen Art. Solche Treffen verlaufen in der Form von Solodarbietungen, von denen man noch seinen Enkelkindern erzählen kann. Da wird
wechselweise von allen Tellerchen gekostet; Schenk hat Witze für Zehnjährige ebenso parat wie überraschende
Einblicke in sein Kulturschaffen und
den großen Abgang an der Garderobe.
Mit Ekaterina Mucha spricht Österreichs beliebtester Mime bevorzugt
Italienisch. Denn Ekaterina hat sieben
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Matthias Hartmann
reüssiert im Wiener
Burgtheater
Franz Welser-Möst
als Glücksfall für die
Staatsoper
Josefstadt-Doyen Otto
Schenk ist längst eine
Klasse für sich
Maximillian
Schell mit Marika Lichter und
Gefährtin Iva
Mihanoviv
beim Wiener
Filmball
Viel hofierter Star des
Jahres: Oscar-Preisträger Christoph Waltz
Aufstrebende Künstlerin:
Schell-Nichte Caroline
Schell malt mit Sand und
wurde von Prof. Ernst
Fuchs in höchsten Tönen
gelobt
Kein Oscar, aber zahlreiche Auszeichnungen
für „Das weiße Band“:
von Michael Haneke
Jahre in Udine gelebt, Schenks Eltern
kommen aus Triest. Und also verriet er:
„Mit Anna Netrebko habe ich es sehr
schwer. Die österreichische Staatsbürgerin spricht leider kein Wort Deutsch.
Ich kann zwar Poesie auf Russisch aus
dem Gedächtnis vortragen, spreche
aber die Sprache freilich nicht. Englisch kann die Netrebko auch nicht.
Schließlich bin ich daraufgekommen,
dass der einfachste Weg, ihr für die
Auftritte an der Metropolitan Opera
Regieanweisungen zu geben, ist,
wenn wir das auf Italienisch machen.
Denn das sprechen wir beide.“ Zum
Ende des gemeinsamen Mahls begab
sich Schenk zur Garderobe und gab
folgenden Witz zum Besten: Er fragte
die Umstehenden: Kennen Sie den
Witz von den beiden Frauen an der
Garderobe? Der Kreis von Fans, der
sich um die Josefstadt-Legende gebildet hatte, verneinte. Schenk erzählt in
seinem unnachahmlichen Idiom: „Zwei
Frauen verlassen die Garderobe und
gehen nachhause. Die eine sagt zur
anderen: Bist du wahnsinnig? Wieso
hast du der Garderobiere gerade 20
Schilling Trinkgeld gegeben? Sagt die
andere: Schau’, was sie mir dafür für
einen wunderbaren Pelzmantel gegeben hat!“ An dieser Stelle, als alle lachen, breitet Schenk die Arme aus und
ruft: „Was ich Ihnen damit zu verstehen
geben will, ist: das ist gar nicht mein
Mantel!“ Der Schenk fälschlich ausgehändigte Mantel wird gegen den richtigen eingetauscht, er verteilt Autogramme. Abgang.
Den trockenen Humor betreffend,
steht Schenk Maximilian Schell wohl
in Nichts nach. Anlässlich seines
Wien-Aufenthaltes ließ es sich Schell
nicht nehmen, mit einem anderen
Glanzlicht der heimischen Künstlerlandschaft, mit Marika Lichter, das
Musical „Ich war noch niemals in New
York“ im Raimundtheater zu besuchen. Natürlich lief der Schmäh. Lichter und Schell spielten sich die Wuchteln wechselseitig zu und brillierten
um die Wette. Auch Maximillian
Schells Nichte Caroline ist künstlerisch sehr begabt. Caroline Schell
habe einen unheimlichen Sinn für das
Notwendige, meinte der Mitgründer
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der Wiener Schule des Fantastischen
Realismus, Prof. Ernst Fuchs, bei
einer Vernissage der Künstlerin. Die
25jährige malt nicht nur, sondern fertigt auch Skulpturen und hat sich im
Body-Painting einen Namen gemacht.
Vor etwas mehr als einem Jahr stieß
die Künstlerin auf die Sandmalerei, die
sie faszinierte. Dass Sand vielseitig
verwendbar ist, erfuhren die Premierengäste bei Caroline Schells Kunstvorführung. Weiterer Star des sich zu
Ende neigenden Jahres ist selbstverständlich Oscar-Preisträger Christoph Waltz. Der zeigte sich bei einem
Treffen mit Bundeskanzler Faymann
im Bundeskanzleramt entgegen seiner sonstigen Natur durchaus leutselig. Faymann sonnte sich aber nicht
nur im Glanz von Waltz. Auch die
Oscar-Nominierten Michael Haneke,
Christian Berger und Götz Spielmann erwiesen ihm die Ehre. Außerdem mit von der Partie: Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky. „Sie sehen
schon an dem Andrang der Journalisten, dass es für uns ein besonderer
Tag ist“, so Faymann, der gleich zu
Beginn dem Regisseur Michael Haneke zu seinem Geburtstag gratulierte.
Die 31 Millionen Euro an jährlicher
Filmförderung klingen für den Kanzler
„in absoluten Zahlen recht wenig“,
man bemühe sich jedoch auch in
schwierigen Zeiten die Mittel zu erhöhen. „Sie tragen den Ruf Österreichs
als Kulturnation in die Kinos Europas
und in die Welt“, überbrachte Faymann der Filmbranche ein „aufrichtiges Dankeschön“.
Kultur- und Unterrichtsministerin
Claudia Schmied verwies auf insgesamt sieben Oscar-Nominierungen in
den letzten zehn Jahren – „das ist eine
unglaubliche Intensität“. Auch sie versicherte, dass „der Kampf ums Geld
für den österreichischen Film“ weitergehen werde. „Wir stehen auf Ihrer
Seite.“ Shooting-Star Christoph Waltz
fand die Einladung ins Bundeskanzleramt „eigentlich nur schön“, schließlich
sei die Kulturministerin nicht nur zuständig, sondern interessiere sich
auch noch für Film, ebenso wie der
Bundeskanzler. „Da gibt es nichts dagegen zu sagen.“
n
ELITE
Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn, Wiener Filmball, Archiv
Sie sind für Top-Journalisten
unsere Kultur-Elite:
Was ist
für Sie
Elite?
Hermann
Rudi
Semrad
Maier
Für mich bedeutet Elite, wenn ich
Herr über das Wichtigste in meinem
Leben bin – das ist die Zeit. Wenn
ich mir keine Gedanken machen
muss, sie zu messen, zu stoppen
oder auf die Uhr zu schauen – ich
möchte mich nur an schönen Dingen des Lebens erfreuen.
Ich zähle mich sicher nicht zur Elite –
auch nicht zur Sport-Elite des Landes.
Das, was ich im Sport erreicht habe,
waren persönliche Ziele.
Koller
Christoph Leitl
Für mich gehören gut gekleidete
und stilvolle Menschen zur Elite.
Diese sind für mich immer eine
Stufe höher.Stil ist angeboren,oder
man kann ihn sich erarbeiten. Ich
bin in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen und wollte schon als
kleines Mädchen zu dieser Elite gehören.Jeder hat die Chance,das zu
erreichen – aber das geht nur durch
Bildung. Eliten wird es immer
geben.
Hans
Elite empfinde ich als Pioniere und als
Avantgarde.Die,die vorausgehen und
dabei Risiko auf sich nehmen und
auch bereit sind, deshalb bekämpft
und angefeindet zu werden.I do it my
way, das ist für mich Elite. Ob erfolgreich oder nicht ist dabei sekundär.
Mahr
Elite sind diejenigen, die die Trends
angeben, die ein Stückchen voraus
sind.Elite ist nicht unbedingt eine intellektuelle Mitgliedschaft, sondern
die Fähigkeit,Vordenker und Vormacher zu sein. Elite ist aber nicht nur
eine Auszeichnung, sondern auch
eine Verpflichtung – nämlich sich der
Verantwortung bewusst zu sein,dass
man mehr erreichen kann als andere.Und das heißt:noch strengere moralische Maßstäbe und soziales Engagement.“
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Ronnie
Leitgeb
Elitär ist für mich, wenn man etwas
Besonderes kann: und sich auch bewusst ist,dass dieses Talent mit einer
Verantwortung verbunden ist. Das
heißt, dass man auch elitär etwas
weitergeben kann. Ich helfe ihnen,
dass sie Elite werden bzw. Elite sein
können.
Die nächste Ausgabe von E L I T E erscheint am 25.03.211
Fotos: PhilippHutter.com
Dagmar
ELITE