Ausbildungsplätze durch mehr Ausbildungsbetriebe
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Ausbildungsplätze durch mehr Ausbildungsbetriebe
15 Dokumentationsreihe Mehr Ausbildungsplätze durch mehr Ausbildungsbetriebe 15 Dokumentationsreihe EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, die gegenwärtige Situation der Berufsausbildung in Brandenburg zeigt ein hoffnungsvolles Bild: Trotz eines fortbestehenden Defizits an betrieblichen Ausbildungsplätzen steigt die Zahl der ausbildenden Betriebe und derjenigen Betriebe, die Jugendliche und junge Erwachsene nach erfolgreicher Ausbildung übernehmen. Wir wissen, dass die berufliche Ausbildung bei den Brandenburger Unternehmen nach wie vor eine hohe Wertschätzung erfährt, auch wenn nicht alle selber ausbilden können. Die Qualität der Fachkräfte ist ein wichtiger Faktor für den Unternehmenserfolg. Künftig werden sich in Brandenburg die Bedingungen für die Nachwuchsgewinnung in Unternehmen aus demografischen Gründen deutlich verschlechtern. Der Bedarf an guten Fachkräften wird vor allem aus strukturellen Gründen zunehmen und auch nach der derzeitigen Konjunkturkrise noch bestehen. Wer jetzt nicht vorausschauend ausbildet, wird nach der Krise Schwierigkeiten haben geeignete Fachkräfte einzustellen. Deshalb dürfen die Unternehmen gerade jetzt in ihren Bemühungen um Aus- und Weiterbildung nicht nachlassen. Mit der 15. Kampagne des Modellprogramms INNOPUNKT haben wir das Ziel verfolgt, eine deutlich bessere betriebliche Beteiligung an der Erstausbildung zu erreichen. Vor allem bisher nicht ausbildende Betriebe waren verstärkt für die Ausbildung oder für die Durchführung von Ausbildungsabschnitten zu gewinnen. Im Ergebnis liegt praktisches Gestaltungswissen für den unmittelbaren Übergang in die Ausbildung vor, vor allem mit Betrieben wurden neue Ausbildungsmodelle in Kooperation mit Schulen, Bildungsträgern und Hochschulen erfolgreich erprobt. Sechs Projekte haben in verschiedenen Branchen insgesamt 225 neu ausbildende Betriebe gewonnen, die dann 225 neue Ausbildungsverhältnisse begründet haben. Es wurden zusätzlich über 100 Jugendliche an Betriebe vermittelt, die schon ausgebildet haben. Es wurden neue Instrumente und Modelle der Ausbildungsbegleitung, des Konfliktmanagements und der Lernortkooperation entwickelt und erprobt. Dabei spielte auch die Steigerung der Qualität der Ausbildung durch externe Ausbildungscoaches eine Rolle. Dieses Instrument ist inzwischen in die Regelförderung des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie zur Verbundausbildung aufgenommen worden. Mit Hilfe der Kampagne haben wir in Brandenburg gelernt, wie erfolgreiche Ausbildung auch für Betriebe, die bislang kaum Ausbildungserfahrungen aufweisen bzw. wenig Interesse daran zeigen, funktionieren kann. Dieses Wissen geben wir in dieser Dokumentation weiter und stellen gute Beispiele vor. Wir hoffen daher auf viele Nachahmer der innovativen Ausbildungslösungen und dies nicht nur in Brandenburg. Besonderer Dank gilt den Projektträgern, den beteiligten Unternehmen und Kooperationspartnern, die durch ihre engagierte und schöpferische Mitarbeit zum Erfolg der Kampagne beigetragen haben. Dagmar Ziegler Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg INHALT 4 INNOPUNKT 15 – Ziele & Ergebnisse 6 ABC für KMU - AusBildungsCoaching für klein- und mittelständische Unternehmen Dr. Matthias Vogel – LASA Brandenburg GmbH Ausbildungsverbund Teltow e.V. 10 MAHA - Mehr Ausbildungsplätze durch höhere Ausbildungsqualität 14 Integriertes Modell BMI 18 Berufsausbildung im Gastgewerbe 22 Unternehmen: Weitblick 25 ZULAUF - Zukunft durch Ausbildung in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben 29 Jetzt Fachkräfte sichern durch Aus- und Weiterbildung für die Zeit nach der Krise 30 Bemerkenswerte Ergebnisse in einem schwierigen Feld – Überlegungen der Evaluierung bbw Akademie für Betriebswirtschaftliche Weiterbildung GmbH Potsdam FAW Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum gGmbH GEHOGA Gesellschaft zur Förderung von Hotellerie und Gastronomie in Brandenburg mbH Gesellschaft für Personalentwicklung Nord mbH (GPN) Unique Gesellschaft für Arbeitsgestaltung, Personal- und Organisationsentwicklung mbH Michael Zaske – Brandenburger Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie Dr. Frank Schiemann – SÖSTRA - Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen GmbH Dr. Karsten Schuldt – PIW Progress-Institut für Wirtschaftsforschung GmbH 3 15 Dokumentationsreihe ZIELE & ERGEBNISSE Hintergrund und Ziele der Kampagne Zur Zeit (2004/2005) der inhaltlichen Konzeption der 15. INNOPUNKT-Kampagne "Mehr Ausbildungsplätze durch mehr Ausbildungsbetriebe - Gewinnung von nicht ausbildenden Betrieben für eine Ausbildungsbeteiligung unter Nutzung der neuen Gestaltungsspielräume der Berufsbildungsreform“ war es auch für Jugendliche mit guten Schulabschlüssen nicht einfach, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu bekommen. Die Kampagne verfolgte deshalb das Ziel, Ausbildungsplätze in Unternehmen zu mobilisieren, die bisher nicht oder in den letzten fünf Jahren nicht mehr ausgebildet hatten. Zusätzlich zum Problem zu weniger betrieblicher Ausbildungsplätze begann sich für die kommenden Jahre auch ein gravierender Rückgang bei den Schulabgängern abzuzeichnen. Vor dem Hintergrund der notwendigen Sicherung des Fachkräftebedarfs einerseits und dem Trend zur Weiterqualifizierung andererseits, erschien es opportun, qualifiziertes Personal im eigenen Betrieb auszubilden bzw. systematisch zu qualifizieren. Einen wichtigen Anknüpfungspunkt bot hier das neue Berufsbildungsreformgesetz, das zum 01.04.2005 in Kraft trat. Es ermöglichte neue Formen der Verbundausbildung zwischen Betrieben und Schulen. Diese neuen gesetzlichen Möglichkeiten wurden mit der INNOPUNKT-Kampagne in Brandenburg zeitnah aufgegriffen. Das Ziel der Kampagne, betriebliche Ausbildung auf bisher nicht ausbildende Unternehmen zu erweitern, ließ sich nur durch eine abgestimmte Strategie der zentralen Akteure erreichen. Die Partner des Brandenburger Ausbildungskonsenses, bestehend aus Landesregierung, Kammern, Sozialpartnern und den Agenturen für Arbeit, haben sich zu dieser gemeinsamen Verpflichtung bekannt und unterstützten deshalb die 15. INNOPUNKT-Kampagne. Umsetzung Für die Bewertung der Umsetzung ist hervorzuheben, dass sich die Rahmenbedingungen für die teilnehmenden sechs Projektträger in den drei Jahren der Kampagne erheblich veränderten. Im Projektzeitraum (01.12.2005 bis 30.11.2008) erfolgte die Neustrukturierung der Organisation der Bundesagentur für Arbeit, der ARGEN und optierenden Landkreise und es gab damit einhergehende Änderungen in der Förderlandschaft. Außerdem konnten ab 2007/2008 aufgrund sinkender Zahlen von Jugendlichen nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden. War es zu Beginn der 15. INNOPUNKT-Kampagne vor allem ein Problem noch nicht ausbildende Unternehmen für die Ausbildung zu gewinnen, war es nach der Halbzeit zunehmend ein Problem, ausreichend in der Schule "vorqualifizierte“ 4 Jugendliche für die von den Projekten erschlossenen Ausbildungsplätze zu mobilisieren. Dennoch muss gerade unter den benannten Bedingungen das Erreichen der quantitativen Zielstellungen aller Träger hervorgehoben werden: Es wurden 248 neu ausbildende Betriebe und 330 Ausbildungsverträge erreicht. Darüber hinaus wurden durch die Projekte zusätzlich über 100 Jugendliche in Unternehmen vermittelt, die schon ausbildeten. Noch wichtiger sind die gemachten Erfahrungen in Bezug auf die qualitativen Ziele. Aus Sicht der LASA lassen sich im Wesentlichen drei grundlegende Strategien der Projektträger identifizieren. Sie werden im Folgenden "idealtypisch“ dargestellt. Erfahrungen und Ergebnisse Es gab drei Varianten des Herangehens an den Matchingprozess zum Aufschluss neuer Ausbildungsplätze sowie zur Vermittlung und Begleitung Jugendlicher: 1. Konzentration der Beratung auf Unternehmen Sie umfasste die Beratung zur Organisationsstruktur der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie zur strategischen Personalplanung unter Bezug auf demografische Gesichtspunkte und den abzuleitenden Konsequenzen. Die Einbindung der Auszubildenden wurde als ein Bestandteil der Gesamtberatung zur Lösung unternehmerischer Probleme und Aufgaben betrachtet. 2. Aufschließen von Unternehmen Besonders unter Berücksichtigung der notwendigen Unterstützung Jugendlicher bei der Vermittlung in Ausbildung Dr. Matthias Vogel, LASA Brandenburg GmbH waren die breit gefächerten Aktivitäten der Träger zur Qualifizierung und Verbesserung der "Soft Skills“ der Jugendlichen ein wichtiger Aspekt. Auch die Hilfestellungen bei der Etablierung neuer Ausbildungsplätze konnten Unternehmen überzeugen. Verwendete Methoden waren dabei u.a.: - Die Vorbereitung und Begleitung Jugendlicher bei ihren Bewerbungsaktivitäten. - Die Stärkung ihrer Kernkompetenzen. - Die Organisation des Kennenlernens von Unternehmen und Jugendlichen durch betriebliche Praktika. Zusätzlich wurden die KMU bei der Beantragung von Fördermitteln sowie Hilfe der Abstimmung des betrieblichen Ablaufplanes für den einzelnen Jugendlichen mit den Erfordernissen der betrieblichen Rahmenpläne unterstützt. 3. Kombination der beiden oben beschrieben Herangehensweisen Die Zielstellung der Mobilisierung neuer Ausbildungsplätze wurde verbunden mit dem Coaching der Unternehmen und der Jugendlichen vor Ausbildungsbeginn und auch im Prozess der Ausbildungsbegleitung. Qualifizierte Ausbildungscoaches mit hohem Praxiswissen unterstützten hierbei sowohl die Unternehmen als auch die Jugendlichen. Erfahrungen aus INNOPUNKT 15 Es zeigte sich, dass leistungsstarke SchülerInnen vielfach nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Deshalb erfordern sowohl Beratung als auch Coaching in der Ausbildungsvermittlung mehr Zeit, wenn sie erfolgreich sein sollen. Als wichtig erwies sich in diesem Zusammenhang eine langjährige Erfahrung in der Beratung von Unternehmen. Gerade unter Bezug auf die Sicherung des Fachkräftenachwuchses ist das Angebot einer umfassenden Beratung zur Unternehmensund Personalentwicklungsstrategie für den Neuaufschluss von Ausbildungsplätzen besonders Erfolg versprechend. Gerade in den ländlichen Regionen ist die Vermittlung zwischen (potenziellen) BewerberInnen und Betrieben wegen der großen Entfernungen im Land Brandenburg oft schwierig. Kontakte zwischen den Akteuren sind oft nicht eng genug geknüpft. Den Jugendlichen fehlt die notwendige Mobilität. Vor allem für kleinere Betriebe (z.B. Einzelhändler) spielt der Kostenfaktor eine wesentliche Rolle. Hier erschwert der ständig steigende Konkurrenz- und Preisdruck eine Planung über zwei bis drei Jahre oder macht sie unmöglich. Besonders nachgefragte Dienstleistungen Die zentrale Dienstleistung, die eine erfolgreiche Ausbildung unterstützen kann, ist ein personalbezogenes Beratungsangebot für Unternehmen unter Einbindung von Ausbildungsplatzentwicklung sowie dem Matching von Azubi und Betrieb aus "einer Hand“. Eine weitere geeignete Methode zur Gewinnung von Ausbildungsbetrieben ist die intensive Betreuung (Coaching) gerade auch kleinerer Unternehmen bei der Herstellung ihrer Ausbildungseignung. Eine Notwendigkeit für die Vermeidung von Ausbildungsabbrüchen ist bei "komplizierteren“ Jugendlichen das Konfliktmanagement im Rahmen der Begleitung des Ausbildungsprozesses im Betrieb. Zur Unterstützung des Vermittlungsprozesses sind Aufbau und Nutzung einer regionalen-lokalen Ausbildungsdatenbank sowie die auf freiwilliger Grundlage basierende Erfassung von Jugendlichen in Pools eine wichtige Unterstützung für KMU bei der Vermittlung Jugendlicher in Ausbildung. Gleichzeitig ist die Unterstützung/Anregung von Erfahrungsaustauschen zwischen KMU ein bewährtes Instrument, um die Etablierung neuer Ausbildungsplätze zu befördern. Nachhaltigkeit Die Nachhaltigkeit der im Rahmen von INNOPUNKT 15 entwickelten Verfahren und Methoden wird einerseits durch die weiteren Aktivitäten der Träger sowie durch das Fortbestehen der geschaffenen Verbünde und Netzwerke gesichert. Weiterhin wurden viele Unternehmen durch die Beratung der Projekte und das vermittelte Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe“ in die Lage versetzt, zukünftig eine Ausbildung auch ohne Hilfe Dritter erfolgreich umzusetzen. Die Zusagen von Unternehmen - auch nach Beendigung der Projekte - im Jahr 2009 auszubilden, stimmen optimistisch. Dr. Matthias Vogel, LASA Brandenburg GmbH 5 15 Dokumentationsreihe Projektträger: Ausbildungsverbund Teltow e.V. Orientiert auf regionale Wirtschaft ABC für KMU - AusBildungsCoaching für klein- und mittelständische Unternehmen Als einer von sechs Projektträgern war der Ausbildungsverbund Teltow e.V. (AVT) am INNOPUNKT 15 Prozess beteiligt. Seit seiner Gründung 1991 orientiert sich der AVT als eines von zwei Bildungszentren der IHK Potsdam auf regionale Wirtschaftsunternehmen und arbeitet jährlich mit 200 kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) im Kammerbezirk Potsdam zusammen. Für diese übernimmt der AVT anteilig Erstausbildung in kaufmännischen, gastgewerblichen und Metall- und Elektroberufen in Form der Verbundausbildung, für den Ausbildungsring Potsdam-Brandenburg e.V. und als Praxispartner im kooperativen Modell. Fortbildung wird in 13 Meisterfachrichtungen angeboten, dazu das duale Studium an der IHK-Wirtschaftsakademie nach dem Hamburger Modell. Ausbildungscoaches helfen Barrieren zu überwinden Anfang der 90iger Jahre wurden mit leistungsstarken Beschäftigten eine Vielzahl von KMU gegründet, die heute noch erfolgreich am Markt tätig sind. Ein Teil dieser Unter6 nehmen waren sich ihrer Eigenverantwortung zur Nachwuchsgewinnung jedoch nicht umfassend bewusst. Unternehmen, die sich gegen Erstausbildung entschieden, führten ihre hohe Spezialisierung, das Fehlen passender Berufsbilder oder mangelnde räumliche und personelle Gegebenheiten an. Auch der Kostenfaktor spielte eine Rolle. Oft wurde das Problem des durch die demografische Entwicklung drohenden Fachkräftemangels nicht erkannt, weil der Arbeitsmarkt noch genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stellt. Diese sind zwar nicht immer ausreichend qualifiziert, dafür jedoch motiviert und „preisgünstig“. Neben der Unsicherheit bei organisatorischen Abläufen – die das INNOPUNKT 15 Projekt abbauen half - haben Unternehmen Probleme mit der Qualität der Bewerber. Denen fehlten Informationen über Berufsbilder und Firmenspezifika. Gestiegenen Anforderungen stehen immer schlechtere Schulabschlüsse entgegen. Schülerpraktika offenbarten oft mangelnde Motivation, Interesse, Flexibilität, Leistungsbereitschaft und Sozialkompetenz der Jugendlichen. Das INNOPUNKT 15 Projekt zielte darauf, Engpässe zu beseitigen und Ausbildung nachhaltig zu fördern. In rund 200 KMU sollten zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten erschlossen werden. Erstmalig ausbildenden Betrieben wurden Partner an die Seite gegeben, um die Ausbildungsanforderungen komplett erfüllen zu können. Innerhalb eines Netzwerkes wurden sie durch ein AusBildungsCoaching (ABC) mit Bildungsdienstleistern und anderen Betrieben zusammen gebracht, um Kompetenzen und Kapazitätspotentiale auszutauschen. Gleich zu Projektbeginn signalisierten viele KMU „offene Türen“. Der AVT bot eine Vorauswahl von Bewerbern an, damit wurde der Zeitaufwand für Bewerbungsformalitäten und Vorstellungsgespräche überschaubar. So konnten einige KMU für die Erstausbildung gewonnen werden. Ausbildungsbereitschaft fördern Die Bereitschaft selbst auszubilden, knüpft an die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen an. So bestand ein hoher Bedarf in den südlichen und westlichen Berliner Randgebieten. In den äußeren Landkreisen dagegen war die Ausbildungsbereitschaft eher verhalten, was neben den territorialen Gegebenheiten auch dem Angebot an geeigneten Bewerbern geschuldet war. Besonders für die Regionen Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow erwies sich das Projekt als hilfreich, weil durch die schon bestehende Initiative „Region macht Schule“ Kräfte zur Berufsorientierung gebündelt und die Zusammenarbeit mit den Schulen intensiviert werden konnte. Um Erstausbildung in den KMU zu integrieren, setzte das INNOPUNKT 15 Projekt auch auf Hilfe zur Selbsthilfe. Gemeinsam mit den verantwortlichen Projektmitarbeitern wurde in den Unternehmen ein Bewerberprofil erstellt. Das jeweilige Ausbildungsplatzangebot wurde auf der AVT-Internetseite in die Liste der freien Lehrstellen im Bereich INNOPUNKT 15 aufgenommen und der Agentur für Arbeit gemeldet. Um gezielt geeignete Bewerber zu finden, wurde bereits Anfang 2006 eine enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeberservice aufgebaut und monatlich eine Liste mit den zu besetzenden Lehrstellen abgeglichen. Bei Interesse an Bewerbern vereinbarten die Projektkoordinatoren einen Termin für das Vorstellungsgespräch und bereiteten die Jugendlichen darauf vor. Häufig wurden Probearbeitstage vor Vertragsunterzeichnung vereinbart. Die geringe Zahl der Ausbildungsabbrüche über den gesamten Projektzeitraum hinweg zeigt den Erfolg dieses Vorgehens. Begleitende Hilfe erleichtert die Entscheidung Bei erstmalig ausbildenden Unternehmen waren begleitende Aktivitäten erforderlich. So halfen die INNOPUNKT 15 Koordinatoren bei Unterlagen und Anmeldungen für die Solvay Knopf Azubis oder dem Erstellen des betrieblichen Ausbildungsplanes. Unternehmen, die Unterstützung in Teilbereichen der Ausbildung benötigten, wurden Lehrgänge der AVT-Verbundausbildung oder entsprechende Verbundpartner vorgeschlagen. Obwohl stark auf Chancengleichheit geachtet wurde, zeigten sich dabei auch Grenzen. Einige Unternehmen lehnten Bewerberinnen für einen männerdominierten Beruf mit Hinweis auf Schwere der Arbeit und fehlende räumliche Gegebenheiten ab. Fünf junge Frauen sollten eine solche Ausbildung aufnehmen. Vier werden zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit ausgebildet. Effiziente und praxisoriente Vermittlung geglückt „Das INNOPUNKT 15 Projekt ABC für KMU entwickelte sich zu einer effizienten und praxisorientierten Ausbildungsvermittlung – auch wenn nicht in allen Facetten Nachhaltigkeit gesichert werden konnte“, zog Solvay Knopf, stellv. AVTGeschäftsführerin, ein Fazit zu Projektende. Sie hob vor allem die Vorzüge des parallelen Coachings der KMU und der potenziellen Bewerber hervor, das für beide Seiten eine zielorientierte, bedarfsgerechte und passgenaue Vermittlung ermöglichte. „Die Unternehmen bekamen die Lehrlinge, die sie brauchten und die Jugendlichen Berufe ihrer Wahl.“ Zahlen und Fakten 89 Prozent der Azubis wurden passgenau vermittelt. Von insgesamt 63 geschlossenen Ausbildungsverträgen in 49 erstmals ausbildenden Betrieben wurden zwei wegen Nichtbestehen der Probezeit vorzeitig beendet. Drei Azubis kündigten selbst, zwei konnten aus betrieblichen Gründen nicht beginnen. 53 Ausbildungsverträge haben Bestand, drei Azubis waren zu Projektende noch in der Probezeit. Das Ziel von 150 im Projekt mitarbeitenden KMU wurde mit 163 Absichtserklärungen übertroffen. „Paralleles Coaching von Unternehmen und Jugendlichen ermöglichte zielorientierte, bedarfsgerechte und passgenaue Vermittlung.“ (Solvay Knopf) 7 15 Dokumentationsreihe PRAXISBEISPIELE gelieferten Unterlagen und Überprüfen der eigenen Kapazitäten war klar: Die Ausbildung kann aus eigenen Kräften bewältigt werden. Das auf Software- und Anwendung spezialisierte Unternehmen, das Simulationssoftware für Bahntechnik und Automobilindustrie und Diagnosesoftware für industrielle Sicherungstechnik entwickelt und für Kunden im Berliner Raum und Süddeutschland arbeitet, konnte alle Schwerpunkte abdecken. „Wir brauchten für die Ausbildung keine Kooperationspartner, um eventuelle inhaltliche Defizite aufzufangen“, meinte Lange. Dr. Martin Lange CSA Computer Antriebstechnik GmbH Teltow Viel Arbeit im Vorfeld abgenommen Schon länger hatte man im 1995 gegründeten Softwareentwicklungsunternehmen CSA in Teltow am südlichen Berliner Stadtrand über Ausbildung nachgedacht. Aber keiner der derzeit sieben Beschäftigten der kleinen kreativen Firma hatte damit Erfahrung. „Da wir zudem einen hohen Aufwand befürchteten, hatte auch niemand diese Idee konsequent verfolgt“, räumte Dr. Martin Lange, Projektmanager und Softwareentwickler ein, „Das änderte sich, als das Angebot vom Ausbildungsverbund Teltow kam, am INNOPUNKT 15 Projekt teilzunehmen. Da wurde es ernst.“ Einen Fachinformatiker könne man sich im Team gut vorstellen und hatte auch bereits danach gesucht. Schritt für Schritt wurde das Unternehmen durch die INNOPUNKT-Betreuerinnen und Betreuer des AVT an die Ausbildungsvorbereitung und die Abläufe herangeführt. Das bedurfte der Kleinarbeit und zahlreicher Termine. Zunächst empfanden Martin Lange und seine Kollegen als besonders hilfreich, dass ihnen mit dem Sichten von Bewerbungsunterlagen und der Auswahl geeigneter Bewerber „viel Arbeit“ abgenommen wurde. „Wir hatten nur zwei bis drei Vorstellungsgespräche zu führen und entschieden uns letztlich für einen Studienabbrecher, der bereits einige Vorkenntnisse aufwies.“ Unterstützt wurde die Firma auch bei der Erarbeitung des Ausbildungsrahmens und der –inhalte. Nach Sichtung der 8 Der Azubi konnte sogar seine Ausbildungszeit verkürzen. Er schaffte es in zwei statt in drei Jahren. „Seine Voraussetzungen waren einfach gut“. berichtete Lange. Dass er das Unternehmen nach Abschluss verlassen hat, lag an persönlichen Gründen. „Auch wenn unser Azubi letztlich nicht bei uns geblieben ist, war unsere Teilnahme am INNOPUNKT 15 Projekt positiv“, zog Lange ein Fazit. Dem stark in Projektarbeit eingebundenen Team wurde viel Organisationsaufwand für die Ausbildung abgenommen. „Von unserer Personalstruktur her wäre das nicht zu leisten gewesen. Außerdem haben wir so herausgefunden, was wir an Nachwuchskräften wirklich brauchen. Da von Anfang an viel Eigenverantwortung und ein über Facharbeiterniveau hinausgehendes Niveau gefordert ist, sollten wir uns künftig auf Hochschulabsolventen konzentrieren.“ Ohne das INNOPUNKT 15 Projekt aber wäre diese für die Zukunft des Unternehmens wichtige Orientierung nicht so klar ausgefallen. „Nach dem INNOPUNKT 15 Projekt wissen wir jetzt genau, was wir an Nachwuchs brauchen.“ (Dr. Martin Lange) Sicherheit Nord GmbH & Co.KG Potsdam Von der Ausbildung nachhaltig überzeugt „Eigentlich brauchte man uns nicht zu überzeugen, dass wir ausbilden sollen“, blickte Zweigstellenleiter Alexander Kusche von der Sicherheit Nord GmbH auf das INNOPUNKT 15 Projekt zurück. „Das hat in unserer Firma bereits Tradition.“ Allerdings erfolgte die Ausbildung bislang über Berlin, die Potsdamer Niederlassung bekam Azubis eher zugewiesen. Insofern war es doch neu, als die INNOPUNKT 15 Akteure vom AVT mit dem Vorschlag an die Geschäftsleitung herantraten, 2006 einen ersten Versuch mit Potsdam als eigenständige Ausbildungsstätte zu starten. Anderthalb Jahre werden die vor allem theoretischen Grundlagen der Ausbildung im AVT gelegt, bevor die Azubis für weitere anderthalb Jahre bis zur Facharbeiterreife im Unternehmen vorrangig die praktische Seite lernen. „Wir waren zu dieser Zusammenarbeit mit dem AVT gleich entschlossen und haben die Ziele und das Verfahren mit der Hauptniederlassung abgestimmt“, berichtete Kusche. „Zugetraut haben wir es uns auch. Unter unseren 70 Beschäftigten fanden sich nicht wenige, die sich auf eine solche Aufgabe freuten und geeignet waren.“ Letztlich stellte sich alles als „relativ einfach heraus, denn die Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit ist klar strukturiert.“ Als besonders hilfreich, die einzelnen Ausbildungsschritte zu konzipieren, Inhalte abzustimmen und das Praktikum vorzubereiten, erwies sich der enge Kontakt zu den INNNOPUNKT 15 Betreuerinnen und Betreuern, der mit dem AVT als Ausbildungseinrichtung auch nach Projektende anhält. Die behördlichen Formalitäten – ein Sicherheitsberuf unterliegt besonderen Anforderungen auf Landesebene, dazu die Anmel-dung bei der IHK und der Schule - wurden mit AVTHilfe im Sinne der Azubis geregelt. Zwei – ein junger Mann, eine junge Frau, „die Frage der Geschlechtergleichheit stellt sich für uns nicht“ - waren zu Ende des INNOPUNKT Projekts noch in der Ausbildung. Auszubildende Denise Harz „Schulzeugnisse waren dabei weniger wichtig.“ Dass das AVT die Ausbildung auch nach Abschluss des INNOPUNKT 15 Projektes für die Sicherheitsfachkräfte gestaltet, empfindet Kusche als sehr positiv. Denn die große Menge an Theorie wird an Fallbeispielen oder bereits zu Veranstaltungsdiensten praktisch erprobt. „Die Azubis kommen zu uns ganz anders vorbereitet, als hätten sie nur die Schulbank gedrückt. Das ist eine große Hilfe für uns als stark verpflichtetes Unternehmen.“ „Zukünftig werden wir auch in unserer Potsdamer Niederlassung immer wieder Azubis haben – das hat INNOPUNKT 15 bewirkt.“ (Alexander Kusche) Der Ausbildungsstart in Potsdam gestaltete sich so erfolgreich, dass künftig jedes Jahr eigenständig ausgebildet wird. „Mit INNOPUNKT 15 haben wir Blut geleckt“, formulierte Kusche salopp. Da öffentliche und private Einrichtungen vom Ministerium bis zum Produktionsbetrieb - bewacht werden, müssen die Azubis „volljährig sein und eine gewisse Reife mitbringen, dazu Freundlichkeit und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen.“ Das AVT empfahl dann auch mehrere ältere Bewerberinnen und Bewerber, die bereits einige Erfahrungen gesammelt hatten. Die Termine wurden gemeinsam wahrgenommen. „Wir schauten nach Offenheit, Verbindlichkeit und den Kriterien der Einzelnen, die sie veranlassten, diesen Beruf wählen zu wollen“, erinnerte sich Kusche. 9 15 Dokumentationsreihe Projektträger: bbw Akademie für Betriebswirtschaftliche Weiterbildung GmbH Potsdam Starker Einsatz für mehr Qualität MAHA - Mehr Ausbildungsplätze durch höhere Ausbildungsqualität Die bbw Akademie für Betriebswirtschaftliche Weiterbildung ist ein Unternehmen der bbw-Gruppe, die seit über 36 Jahren mit unterschiedlichsten Bildungsangeboten für wirtschaftsnahe Qualifizierung steht. An 15 Standorten arbeitet die bbw Akademie in Brandenburg, federführend im Projekt INNOPUNKT 15 war der Standort Potsdam. Mit dem Projekt strebte die bbw Akademie vor allem eine stärkere Durchlässigkeit von Bildungsgängen an, Bildungszeiten sollten effizienter genutzt, Abschlüsse parallel erworben werden können. Zielbranchen waren die Metall- und Elektroindustrie mit ihrem besonderen Qualifikationsbedarf und einem für die Zukunft erwarteten Fachkräftemangel. Brandenburgische Auszubildende dieser Branchen sollten die Möglichkeit erhalten, sich über zweijährige Zusatzkurse in doppelter Weise zu qualifizieren: Geeignete Azubis mit mittlerer Reife sollen während ihrer dualen Ausbildung die Fachhochschulreife erwerben, um anschließend sofort ein Studium an der Fachhochschule aufnehmen zu können. Neben diesem 10 Hauptziel hatte sich die bbw Akademie vorgenommen, mindestens 20 bisher nicht ausbildende Betriebe für die Einrichtung von Ausbildungsplätzen zu gewinnen. Bildungschancen bekannter machen Das Brandenburger Schulgesetz bietet Auszubildenden die Möglichkeit, über die Teilnahme an Zusatzkursen ausbildungsbegleitend die Fachhochschulreife zu erwerben. Vor Projektbeginn wurde dieses Angebot nur in Einzelfällen genutzt oder den Schülern angeboten. bbw-Projektmanagerin Susen-Arian Aßmann: „Der Informationsstand rund ums Thema Bildungssystem und Berufsausbildung war und ist sowohl in den Betrieben als auch bei den Schulabgängern sehr unvollständig – 80 bis 90 Prozent der Azubis wissen nicht, dass es möglich ist, die Fachhochschulreife auch ausbildungsbegleitend zu erlangen.“ Bekannt sei der umständliche Weg: Erst eine Ausbildung machen, dann über die Abendschule oder am Oberstufenzentrum (OSZ) den Abschluss nachholen, um anschließend zu studieren. Selbst wenn das Angebot in den Schulen am schwarzen Brett ausgehängt war, habe niemand so recht über die sich daraus ergebenden Chancen Bescheid gewusst, so Aßmann. Der Effekt: Angebote liefen ins Leere, die Kurse, für die sich mindestens 16 Schüler finden müssen, kamen nicht zustande. Ziel des bbw war es, Informationsbarrieren abzubauen und Betriebe bzw. Azubis zur Inanspruchnahme der Zusatzkurse zu motivieren. Mit INNOPUNKT 15 konnten drei Zusatzkurse in zwei OSZ gestartet werden: Am OSZ 'Gebrüder Reichstein' in Brandenburg an der Havel und im OSZ II in Potsdam fanden sich genug Auszubildende, um Zusatzkurse zu füllen. Dabei nahmen im OSZ Reichstein hauptsächlich Auszubildende aus Metall- und Elektroberufen und im OSZ II Potsdam Auszubildende aus kaufmännischen Berufen an den Zusatzkursen teil. Zeitaufwändige Ansprache von Betrieben Die Akquise von Betrieben, die bereit waren, ihre Azubis die Kurse besuchen zu lassen, war aufwändig. Teilweise fürchteten die Betriebe, dass die Azubis sie nach der Ausbildung für immer verlassen werden, wenn sie sich für ein Studium entscheiden. Größere Unternehmen begreifen diesen Bildungsweg jedoch zunehmend als Instrument der langfristigen Personalplanung. Sie rechnen damit, dass die ehemaligen Azubis ihrem Ausbildungsbetrieb treu bleiben und nach dem Studium zurückkehren. So gesehen wird die Teilnahme für den Betrieb zur Investition in die Zukunft – viele klagen ja bereits heute über einen Fachkräftemangel. Auch kleine Betriebe bilden teilweise über den konkreten Eigenbedarf hinaus aus. Sie hoffen darauf, dass sich frühere Azubis an sie erinnern, wenn ein Mehrbedarf eintritt. Um die Projektziele des bbw zu erreichen, haben die Projektmitarbeiter mit rund 150 Unternehmen bis zu sieben Beratungsgespräche geführt. 61 davon erklärten schließlich die Absicht, entweder einen Azubi in einen Zusatzkurs zu schicken oder erstmals ausbilden zu wollen. Weil nicht jeder einen geeigneten Azubi finden konnte und auch nicht jeder empfohlene Azubi am Zusatzkurs teilnehmen wollte, haben am Ende tatsächlich 69 Auszubildende ihre Teilnahme am Zusatzkurs aufgenommen. In den ersten Jahrgang des Zusatzkurses am OSZ Reichstein wurden nur Azubis aufgenommen, die am Beginn ihres zweiten Lehrjahres standen. Sie hatten die Probezeit überstanden, es war klar, dass die jeweiligen Betriebe sie behalten werden. Auch war einschätzbar, dass der Azubi leistungsstark genug ist, um den Zusatzkurs neben betrieblicher Ausbildung und Berufsschule zu bewältigen. Weiterer Vorteil: Bei den in den Metall- und Elektroberufen üblichen dreieinhalbjährigen Ausbildungszeiten schließen die Zusatzkurse mit dem Ende des dritten Ausbildungsjahres – die Azubis können sich im verbleibenden halben Jahr auf die Prüfung vorbereiten. Susen-Arian Aßmann Mit Verbünden neue Ausbildungsbetriebe gewonnen Auch das zweite Ziel, 20 Betriebe zur erstmaligen Ausbildung zu bewegen, konnte umgesetzt werden. Der bbw Akademie gelang es, 23 Unternehmen aus verschiedensten Branchen für die Erstausbildung zu gewinnen. Da nicht alle Betriebe die erforderlichen fachlichen oder infrastrukturellen Voraussetzungen aufwiesen, initiierte die Projektmanagerin Verbundausbildungen: Sie führte entweder Betriebe zusammen oder verband einen Betrieb mit einem Träger. Welche Form gewählt wird, sei sehr individuell und richte sich nach der Branche und den betrieblichen Erfordernissen, so Aßmann. Man habe sogar schon Betriebe aus ganz unterschiedlichen Branchen zusammengeführt – etwa einen Elektrobetrieb und ein Hotel: „In bestimmten Bereichen haben die sich sehr gut ergänzt.“ Qualität bleibt Thema Für die Zukunft bleibt die Qualitätsverbesserung in der Ausbildung ein wichtiges Thema, so das Fazit des bbw. Zwar seien erste positive Ansätze zu erkennen. Aber damit es gelingt, auch in den nächsten Jahren Zusatzkurse zu füllen und durchzuführen, müssten die Betriebe und die Auszubildenden an den OSZ weiterhin informiert, überzeugt und motiviert werden. Bisherige Erfahrungen sollten an den OSZ genutzt werden, um die Jugendlichen anzusprechen. Über die engen Kontakte zu ausbildenden Betrieben können die Teilnehmerzahlen für den Zusatzkurs konstant gehalten werden. Die eingesetzten Lehrer an den OSZ sorgen für ein hohes Leistungsniveau. Zahlen und Fakten Hauptziel der bbw Akademie war es, das bisher wenig genutzte Angebot der Zusatzkurse zum ausbildungbegleitenden Erwerb der Fachhochschulreife bekannter zu machen und seine Akzeptanz zu erhöhen. Drei Zusatzkurse mit insgesamt 69 Azubis kamen zustande. Das zweite Ziel, mindestens 20 Betriebe, die bisher nicht ausgebildet haben, für die Ausbildung zu gewinnen, wurde leicht übertroffen: 23 Unternehmen, haben sich aufgrund der Arbeit der bbw Akademie zur Ausbildung entschlossen. 11 15 Dokumentationsreihe PRAXISBEISPIELE zum Ausbildungsvertrag erlangt die Sache eine gewisse Verbindlichkeit. Beide Partner – Auszubildender und Betrieb – wissen also, welcher Herausforderung sie sich stellen. „Die Unternehmen betrachten das als gezielte frühzeitige Personalplanung, mit der sie sich den eigenen zukünftigen ingenieurtechnischen Bedarf heranziehen. Sie setzen darauf, dass die Jugendlichen im Anschluss an ein Studium zurückkehren“, erklärt Dudek. Der Jugendliche hingegen erlangt mit der Fachhochschulreife eine zusätzliche Option und die Chance, sich später weiterzuentwickeln. Mario Dudek Oberstufenzentrum „Gebrüder Reichstein“ Brandenburg an der Havel Option für die Zukunft In Zusammenarbeit mit der bbw Akademie hat das Oberstufenzentrum „Gebrüder Reichstein“ seit 2007 zwei „Zusatzkurse zum Erwerb der Fachhochschulreife“ eingerichtet, die in den Räumen des OSZ in Brandenburg an der Havel stattfinden. Die Jugendlichen erwerben darin die Zugangsberechtigung zum Studium an Fachhochschulen. Voraussetzung für die Teilnahme am Zusatzkurs ist die Fachoberschulreife sowie ein geltender Ausbildungsvertrag. Die Fachhochschulreife, die im OSZ erworben wird, gilt nur in Verbindung mit einem erfolgreichen Facharbeiterbrief bzw. Gesellenbrief. Schon einmal hatte die Schule vor ein paar Jahren einen solchen Kurs eingerichtet, der allerdings bei den Schülern und bei den Betrieben wenig Akzeptanz fand. Zwar hatten sich damals viele Jugendliche dafür interessiert, als sie aber merkten, dass die Teilnahme mit einem sehr hohen Organisationsaufwand verbunden war, brachen sie den Zusatzkurs ab. „Seitdem das bbw die Sache in die Hand genommen hat, ist dies anders“, sagt OStD Mario Dudek, Schulleiter des OSZ, „alle angemeldeten Teilnehmer sind dabei geblieben.“ Die Jugendlichen lernen vorrangig gewerblich-technische Metallund Elektroberufe: Sie werden Industriemechaniker, Mechatroniker, Elektroniker und Metallbauer. Die Jugendlichen nehmen nicht ausschließlich aus eigenem Antrieb an den Zusatzkursen teil, es liegt auch im Interesse der Betriebe, dass sie während der regulären Berufsausbildung die Fachhochschulreife erwerben. Durch einen Zusatz 12 Im Zusatzkurs werden die Fächer Deutsch, Englisch sowie Mathematik/Naturwissenschaften/Technik gelehrt – ganz normale Schulfächer, die auch an der Fachoberschule unterrichtet werden. Der Unterricht findet an zwei Nachmittagen pro Woche statt. Dafür sind die Betriebe bereit, ihre Auszubildenden auch während der praktischen Ausbildungszeit frei zu stellen. „Bisher kommen die Azubis mit dem Zusatzkurs gut klar“, sagt Mario Dudek. Die Vorbereitung und Begleitung des bbw habe eine ganz andere moralische Einbindung geschaffen. Die Schüler wussten, worauf sie sich eingelassen haben und gehen bewusst damit um. Auf zwei Ebenen leistete das bbw Unterstützung: Zum einen informierten die Mitarbeiter die Betriebe. Das könne die Schule nicht leisten. Zum anderen begleiteten sie die Jugendlichen während des Zusatzkurses und berieten sie hinsichtlich der Studienmöglichkeiten. Das Modell sei für die Betriebe und die Schüler tragfähig, so Dudek. Am Ende haben die Jungen und Mädchen zwei Qualifikationen in der Tasche. Wenn sie später studieren, wissen sie – bezogen auf die Praxis – wovon sie reden. „Ich denke, die Betriebe, die bisher mitgemacht haben, werden daran interessiert sein, dass das Modell weitergeführt wird.“ Die Eröffnung eines Kurses hänge allerdings davon ab, dass mindestens 16 Jugendlichen zusammen kommen. „Die Begleitung durch das bbw schafft für die Azubis eine größere moralische Einbindung.“ (Mario Dudek) voestalpine BWG GmbH & Co. KG Blick in die Unternehmenszukunft Die voestalpine BWG produziert als Tochter der österreichischen vostalpine AG in Brandenburg an der Havel Weichen für Schienenfahrzeuge. Das Werk im Ortsteil Kirchmöser beschäftigte im Januar 2009 insgesamt 324 Mitarbeiter und 22 Azubis. Durch den Kontakt zur bbw Akademie im Rahmen des Projekts INNOPUNKT 15 fand das Unternehmen eine neue Strategie, den zukünftigen Fachkräftebedarf zu sichern. Personalreferentin Karola Seher erinnert sich: „2006 kam Andre Dietrich von der bbw Akademie zum ersten Mal zu uns. Er wollte im OSZ `Gebrüder Reichstein´ eine Fachabiturklasse installieren und suchte dafür noch Auszubildende. 2006 fand sich jedoch noch kein Azubi für dieses Angebot.“ Man habe jedoch Gefallen an der Idee gefunden und konnte sie schließlich 2008 mit Hilfe von Andre Dietrich umsetzen. „In diesem Jahr hatten wir fünf Azubis eingestellt die uns sehr fit erschienen – künftige Industriemechaniker, Konstruktionstechniker und Werkzeugmacher.“ Man habe die Lehrlinge gefragt, ob sie Lust hätten, das Fachabitur zu machen. Alle fünf waren angetan, keiner musste überredet werden. Auch die Eltern wurden in die Gespräche einbezogen. Nun gehen die Auszubildenden zweimal wöchentlich nachmittags im OSZ zur Schule, um die Möglichkeit zu erlangen, nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung an einer Fachhochschule zu studieren. Die voestalpine BWG bildet seit 1996 aus, sie arbeitet dafür mit einem Kooperationsbetrieb zusammen, der SPEMA (Spezialmaschinen- und Ausbildungs-GmbH). Das ebenfalls in Brandenburg-Kirchmöser ansässige Unternehmen ist aus der Lehrwerkstatt der Deutschen Bahn hervorgegangen. Es bildet seit 1998 Azubis im ersten und zweiten Lehrjahr aus. „In dieser Zeit sind unsere Lehrlinge fast ausschließlich dort, erst ab dem dritten Lehrjahr kommen sie zu uns“, berichtet Karola Seher. Nur noch zu Speziallehrgängen – etwa zur Pneumatik – und zur Prüfungsvorbereitung gingen die Azubis dann zur Frithjof Jönsson SPEMA. Diese Zusammenarbeit habe sich bewährt, seit 1996 sei kein Azubi durch die Prüfung gefallen: „Das rechne ich den Lehrern und Ausbildern der SPEMA hoch an.“ Ausschlaggebend für die voestalpine BWG, fünf Azubis in einen Zusatzkurs zu schicken, war der Blick in die Zukunft. „Ein Mangel an technischem Personal bahnt sich an“, erklärt Seher, „wenn die Azubis erstmal das Fachabitur haben, ist ein wichtiger Grundstein gelegt, dem gegenzusteuern.“ Man erwarte nicht, dass alle tatsäch-lich studieren werden, aber es wäre schon ein Fortschritt, wenn sich nur zwei oder drei von den fünfen dazu entschließen könnten. „Wir würden uns auf jeden Fall sehr freuen, die ehemaligen Azubis irgendwann bei uns als Ingenieure begrüßen zu können.“ Man setze auf die besondere Bindung, die sich daraus ergibt, dass die Lehrlinge ihren Beruf im Unternehmen von der Pike auf gelernt haben. Mit der SPEMA habe man abgestimmt, dass die Lehrlinge zweimal in der Woche – montags und mittwochs – etwas früher gehen können. „Das hat sich gut eingespielt. Wenn ich die Azubis treffe, frage ich sie, wie es in der Kursen läuft“, sagt Seher. Zwar stöhnten sie ein wenig über die Anforderungen in Mathematik, seien im Prinzip aber nach wie vor guter Dinge. Falls es gravierende Probleme in einzelnen Fächern gebe, könne man sie eventuell mit Nachhilfe lösen. „Wir können es uns gut vorstellen, auch weiterhin Lehrlinge in die Zusatzkurse zu schicken.“ (Karola Seher) 13 15 Dokumentationsreihe Projektträger: FAW Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum gGmbH Berufsausbildung an den Erfordernissen der Wirtschaft ausrichten Projekt: Integriertes Modell BMI Integriertes Modell BMI Die 1991 gegründete Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum gGmbH (FAW) ging aus einer ehemaligen Betriebsberufsschule hervor und blickt auf eine 100jährige Tradition zurück. Anfang des vergangenen Jahrhunderts wurde auf dem Industriegelände der Firma Julius-Pintsch bereits für die Fertigungsbereiche des Gasanlagen- und Behälterbaus Berufsausbildung organisiert. Nach 1945 zog hier die Berufsausbildung des Chemie- und Tankanlagenbaus ein. Heute ist Bildung in der Region auch mit dem Namen FAW verbunden. Das anerkannte Dienstleistungsunternehmen ist für die regionale Wirtschaft ein verlässlicher Partner für Bildung und Erziehung. Eine hauseigene Berufsfachschule wurde 2002 eröffnet. Mit der beruflichen Bildung von Jugendlichen und Erwachsenen verfolgt das Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum das Ziel, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu 14 erhöhen, die Ausbildung an die Erfordernisse der Wirtschaft anzupassen und Voraussetzungen für beruflichen Aufstieg zu schaffen. Bei der Erstausbildung konzentriert sich das FAW auf technisch-gewerbliche und kaufmännische Berufe – sowohl im Auftrag von Betrieben und Einrichtungen als auch in Kooperation mit Oberstufenzentren. Diese Kompetenz für die Erstausbildung und die Ausrichtung auf die Bedürfnisse der regionalen Wirtschaft prädestinierte das FAW, als einer der Leistungsträger für das INNOPUNKT 15 Projekt zu fungieren. Neue Betriebe für die Erstausbildung gewinnen 50 neue Betriebe mit 60 Lehrlingen erstmals für die Berufsausbildung zu gewinnen, war das Ziel. „Wir wollten Betriebe aufschließen, die noch nie oder in den letzten fünf Jahren nicht ausgebildet haben“, berichtete INNOPUNKT 15 Beraterin Rosemarie Nietzsche. 55 Betriebe mit 71 Lehrlingen wurden erreicht. „Die Kontakte zu finden und sie zu überzeugen, war harte Arbeit. Doch ohne das INNOPUNKT 15 Projekt wäre es nicht gelungen.“ Als Hürde erwies sich oft die Betriebsgröße. Bei sehr kleinen Unternehmen – zumeist Handwerksbetriebe war kein Personal da, sich um die Lehrlinge zu kümmern oder, wie bei einem Frisör, der Salon zu klein. Unternehmer zählten auch die finanzielle Seite auf. Um Verantwortung für die Lehrlinge übernehmen zu können, brauche man eine stabile Auftragslage. Die allerdings sei ungewiss. Dass Fachkräfte nicht mehr auf der Straße zu finden seien und Nachwuchs selbst ausgebildet werden muss, diese Einsicht wuchs in ausführlichen Beratungsgesprächen, die Projektleiter Thomas Dethloff und seine Mitarbeiterin Rosemarie Nietzsche nach einer bestimmten „Einlaufkurve“ führten. Dazu wurden telefonisch feste Termine mit einem ausreichenden Zeitpolster vereinbart. Unternehmer zeigten sich nach kritischem Blick auf die Altersstruktur in ihrer Firma nicht selten überrascht von der Bedeutung der Ausbildung. So konsequent hätten sie darüber noch gar nicht nachgedacht, räumten sie ein. Auslöser für ein Ja Die Koordinatoren erkundeten den Bedarf und die Möglichkeiten zur Ausbildung, informierten über Fördermöglichkeiten, boten Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen und Anmeldungen an, besorgten Formulare, kümmerten sich um Ausbildungsberechtigungen. „Das waren dann Auslöser, dass Betriebe Ja gesagt haben“, erinnerte sich Nietzsche. Da das Klientel der Jugendlichen häufig nicht gleich auf die Anforderungen der Firmen passte, suchten sie und ihre Mitstreiter intensiv nach geeigneten Lehrstellenbewerbern, bereiteten sie vor und stellten die Verbindung zu den Firmen her. Sie knüpften auch viele Kontakte für Altbewerber. Manche Unternehmen mit speziellen Anforderungen an die Arbeitszeit oder das Aufgabengebiet wünschten ausdrücklich über 18jährige. Einzelberatung für Jugendliche erfolgreich Als wichtig für den Erfolg des Projektes schilderte Rosemarie Nietzsche die Einzelberatung für Jugendliche. In 13 Schulen von Fürstenwalde, Bad Saarow und der Region wurden wöchentlich Konsultationsstunden angeboten. Vermittelt wurden Grundlagen für eine Lehre, Chancen und Neuerungen in einzelnen Branchen. „Die Jugendlichen kamen zudem mit Fragen: Wie schreibe ich eine Bewerbung? Und mit der Bitte, ihre Formulierungen durchzusehen. Sie wollten wissen: Wie verhalte ich mich im Gespräch? Was ziehe ich an? Worauf muss ich bei Mimik und Gestik achten.“ Das INNOPUNKT 15 Team half bei der Bewerbung, begleitete Schülerinnen und Schüler zum Gespräch oder Praktikum in die Unternehmen. „Dass ihnen so konkret geholfen wurde, dafür waren die Jugendlichen dankbar“, konstatierte Nietzsche. „Denn oft sind sie unsicher, wissen nicht, wie es läuft.“ Rosemarie Nietzsche Firmen möchten weiter begleitet werden „Das Projekt INNOPUNKT 15 war interessant, vielfältig und vor allem notwendig“, zog Rosemarie Nietzsche eine positive Bilanz. „Die Unternehmer waren froh, nach ihren Kriterien ausgewählte und vorbereitete Bewerberinnen und Bewerber zu bekommen. Sie riefen uns auch zum Konfliktmanagement, wenn es Probleme mit den Azubis gab, die meist kommunikativer Natur waren.“ Basierend auf den guten Kontakten würden die Firmen jetzt gern weiter begleitet werden. Nietzsche bedauerte, dass diese Möglichkeit durch das INNOPUNKT 15 Projekt nicht mehr besteht. Künftig sollte man sich verstärkt Unternehmen zuwenden, die zwar schon ausbilden, aber keine geeigneten Bewerber finden, so eine Erkenntnis aus dem Projekt. Eine weitere des FAW-Teams war auch, dass man schon in der 10. Klasse mit Bewerbungstraining beginnen müsse. Was sind meine Stärken und wie biete ich sie an? Wie verkaufe ich mich? Das beschäftigt die Jugendlichen. Dazu sollte rechtzeitig über Links zu aktuellen Ausbildungsangeboten, Neuheiten und Trends auf dem Ausbildungsmarkt informiert werden. Diesem Ansatz entspricht, dass die im INNOPUNKT 15 Projekt angelegte Datenbank über Angebote der Firmen im Landkreis Oder-Spree vom FAW übernommen und weitergeführt wird. Zahlen und Fakten 55 kleine Unternehmen mit 71 Lehrlingen wurden im INNOPUNKT 15 Projekt für die berufliche Erstausbildung neu gewonnen. Damit wurde das gesteckte Ziel von 60 Ausbildungsplätzen überboten. „Ohne das INNOPUNKT 15 Projekt wäre es nicht gelungen, kleine Betriebe für die Berufsausbildung zu gewinnen.“ (Rosemarie Nietzsche) 15 15 Dokumentationsreihe PRAXISBEISPIELE dungsdatenbank eingestellt. Besprochen wurde auch, wie die Ausbildung jeweils begleitet wird. „Unsere Betreuerin hatte sich sehr für die Vorstellungsgespräche eingesetzt – leider erschienen einige Bewerber gar nicht. Und zwei, die wir zum Praktikum einluden, erwiesen sich als nicht geeignet“, beschrieb Oehme das permanente Problem. Deshalb wandte sie sich mehrfach an die Koordinatorin für das INNOPUNKT 15 Projekt mit der Bitte, bei der Vermittlung geeigneter Azubis zu helfen. _dug telecom ag, Filiale _dug telecom ag Oberkrämer Schritt für Schritt auf den Weg gebracht Das bundesweit agierende Unternehmen _dug telecom ag bildet 240 Azubis aus. Allerdings gab es einige Standorte, wo noch keine Erstausbildung stattfand – so in Filialen am nördlichen Berliner Stadtrand. Verschiedene Berufszweige kommen dort aufgrund der Unternehmensstruktur infrage, so Kaufleute für Bürokommunikation, Kaufleute im Einzelhandel oder Hauswirtschafter. Als das Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum FAW auf das Unternehmen mit dem Vorschlag zuging, auch im Bereich Oberkrämer/Velten eine Erstausbildung aufzubauen, war der Wunsch nach Fachkräften für Lagerlogistik besonders dringend. „Unser Problem ist das vieler Unternehmen“, erinnerte sich Chris-Lea Oehme von der Ausbildungsleitung, „wir haben einfach nicht genug qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber für unsere Ansprüche.“ Für Lagerlogistik jemanden zu finden, ist in Oberkrämer besonders kompliziert, da es einfach schon schwierig ist, dahin mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu gelangen. Zusammen mit der INNOPUNKT 15 Betreuerin vom Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum wurden bei mehreren Treffen und in vielen Gesprächen die Möglichkeiten zur Lehrausbildung erkundet und Absprachen mit den IHK Frankfurt (Oder), Potsdam und Cottbus wegen notwendiger Bescheinigungen getroffen. Es gab detaillierte Beratungen zur Ausbildung einer Hauswirtschafterin – auch diese ist durch zwei, vom Unternehmen betreute Büroobjekte mit angeschlossenem Verpflegungsangebot möglich. Vorbereitet wurde eine Verbundausbildung im FAW, das Angebot in die Ausbil16 Inzwischen sieht Oehme viele Weichen gestellt, „die Erkenntnis ist gewachsen, dass Ausbildung wichtig ist. Die konkrete Zusammenarbeit im INNOPUNKT Projekt war hilfreich, denn gerade im Ausbildungsbereich hatten wir nicht allzu viele Rekrutierungsmassnahmen. Das Ergebnis unserer Präsentation in diversen Internetportalen war begrenzt, funktioniert hat vor allem die Mund-zu-Mund-Propaganda“, äußerte die erfahrene Ausbilderin. Um geeignete Azubis zu finden, wird es dabei bleiben, deren Eignung in einem Praktikum zu testen. „Unsere Ausbilder können die künftigen Azubis bereits kennen lernen und sich auf sie einstellen. Oder ihnen die Enttäuschung ersparen, später die Lehre abzubrechen, weil es nicht passt“, resümierte Oehme. „Das war eine superwichtige Erfahrung aus dem INNOPUNKT 15 Projekt.“ „Bei der Vermittlung geeigneter Azubis brauchen wir vor allem Hilfe. Im ländlichen Bereich ist das eine besondere Herausforderung.“ (Chris-Lea Oehme) Chris-Lea Oehme Galke & Schröder Rohrreinigungs-Service Fürstenwalde Eigenes Netzwerk ist geknüpft Eine Fachkraft für Rohr-, Kanal- und Industrieservice oder für Kreislauf- und Abfallwirtschaft selbst auszubilden, hielt Steffen Schröder, einer der beiden Gesellschafter des 1991 gegründeten Galke & Schröder Rohrreinigungs-Service schon lange für sinnvoll. Vom Arbeitsamt waren keine derartig spezialisierten Kräfte zu erwarten. Denn obwohl der Ausbildungsberuf seit 2002 angeboten wird, sind übliche Qualifikationen auf den Installateurberuf konzentriert, der mit Abwasser so gut wie nichts zu tun hat. „Unsere Partnerunternehmen bestätigten die schlechten Erfahrungen mit der Fachkräftesuche – bis wir durch Zufall auf das Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum und das INNOPUNKT 15 Projekt für die Hilfe zur Erstausbildung stießen,“ berichtete Schröder, der selbst die Ausbildereignung hat. „Die Unterstützung von Projektleiter Thomas Dethloff und Beraterin Rosemarie Nietzsche haben wir sofort angenommen. Beide waren oft im Unternehmen, haben sich um die Formalitäten gekümmert und die Verbundausbildung in Zusammenarbeit mit dem FAW organisiert.“ Das betraf beispielsweise die Ausbildung im Metall- und Sanitärbereich und den Schweißerpass. Klar wurde zudem: Das sieben Beschäftigte zählende, auf die Reinigung und Wartung großer Leitungsnetze, Kanäle und Biogasanlagen spezialisierte Unternehmen brauchte vor allem Unterstützung bei Ausbildungsplänen und –verträgen und einigen Ausbildungsinhalten wie die der Sanitärinstallation, die es selbst nicht leisten konnte. Zwei geeignete Bewerber wurden vorgestellt, die ein kurzes Praktikum zum Kennenlernen absolvierten, „schließlich handelt es sich um einen körperlich anstrengenden, anspruchsvollen Beruf, der durch den Einsatz modernster Mess- und Strömungstechnik ein hohes Maß an technischem Fachwissen und ebensolches Können erfordert, dazu gute Mathe- und Physikkenntnisse,“ umreißt Schröder die Ansprüche. „Beste Kommunikationsfähigkeiten sind zudem gefordert. Wir sind viel unterwegs, arbeiten in einem großen Einzugsgebiet für die Industrie, die öffentliche Hand oder auch für Privathaushalte. Jeder von uns muss vor Ort mit Kunden sprechen können.“ Ein Azubi Patrick Wolf - stieg gleich ein, der zweite – Martin Flaig – ließ nicht locker und kam ein Jahr später. Für die gelungene Vorbereitung sprach, dass beide schon nach kurzer Zeit erkannten, was zu tun ist und weitgehend selbstständig arbeiten. „In einem solch kleinen Team, wie wir es sind, sind diese Fähigkeiten unabdingbar“, schätzte Schröder ein. Steffen Schröder und Auszubildender Martin Flaig tionspartner“ gefunden. Dort lernen die Azubis beispielsweise den Umgang mit teuren, hochkomplizierten Kameras, die zur Schadensortung in Leitungen und Kanälen eingesetzt werden. Inzwischen ist diese Kooperation zum guten Brauch geworden. „Ein kleines Netzwerk ist so entstanden. Das Geben und Nehmen klappt prima, das brauchen wir auch“, freute sich Schröder. Denn nach Auslaufen des INNOPUNKT 15 Projektes sind er und sein Mitgesellschafter sich einig, dass sie weiter ausbilden wollen. „Unsere Erfahrungen sind sehr positiv. Wir unterhalten uns in der Branche und können nur Mut machen, selbst auszubilden.“ „Das Geben und Nehmen klappt, und das brauchen wir auch." (Steffen Schröder) Für fehlende Ausbildungsteile wurde mit der Partnerfirma Becker + Armbrust GmbH Entsorgung und Recycling in Frankfurt (Oder) ein „wunderbarer, zuverlässiger Koopera17 15 Dokumentationsreihe Projektträger: GEHOGA Gesellschaft zur Förderung von Hotellerie und Gastronomie in Brandenburg mbH Neue Ausbildungspotenziale erschließen Berufsausbildung im Gastgewerbe Traditionell stellt das Gastgewerbe jährlich eine große Zahl von Ausbildungsplätzen bereit. Mit dem Anliegen, hier weitere Potenziale zu erschließen, bewarb sich der DEHOGA Brandenburg als Berufsorganisation des Gastgewerbes um die Teilnahme am INNOPUNKT 15 Projekt. Die als hundertprozentige Wirtschaftstochter des Verbandes fungierende Gesellschaft zur Förderung von Hotellerie und Gastronomie GEHOGA mbH übernahm als Projektträgerin die Koordination für den Bereich Gastgewerbe. Dieser verkörpert eine wachsende Dienstleistungsbranche überwiegend mittelständischer Prägung. Mit mehr als 6.000 Hoteliers und Gastronomen, 30.000 Beschäftigten und 6.000 Azubis bildet das brandenburgische Gastgewerbe ein starkes Stück Wirtschaft und gilt als Rückgrat der heimischen Tourismusindustrie. Dabei zeigt sich Vielfalt vom klassischen Restaurant über die Gemeinschaftsverpflegung bis zur System- und Sternegastronomie, von der Frühstückspension 18 bis zum Ferien-, Tagungs- oder Luxushotel. Mit dem INNOPUNKT 15 Projekt sollten vor allem über das Flächenland Brandenburg verstreute kleine gastgewerbliche Unternehmen – oft Familienbetriebe mit nur wenigen Beschäftigten – für die Erstausbildung gewonnen und bei der Betreuung der Azubis unterstützt werden. Fachkräftenachwuchs als Verpflichtung verankert Mindestens 40 kleine gastgewerbliche Unternehmen, die bislang noch nie oder in den letzten fünf Jahren keine Lehrlinge mehr hatten, zur Erstausbildung zu befähigen, war das Ziel im INNOPUNKT 15 Projekt. „Langfristig für den Fachkräftenachwuchs zu sorgen, ist im Gastgewerbe zwar als Verpflichtung verankert, doch für viele kleine Gaststätten, Landhotels oder Pensionen schwer oder kaum durchführbar“, erklärte INNOPUNKT 15 Projektleiter Henryk Behrendt. „Personelle oder betriebliche Gegebenheiten sprechen dagegen. Die Unternehmen können nicht alle Ausbildungsbereiche abdecken. Oft fehlt es in ländlichen Regionen an geeigneten Bewerbern oder schlichtweg an infrastruktureller Anbindung, damit Azubis ihre Ausbildungsstätte auch erreichen können.“ Dabei macht die Spezifik der Branche die Entscheidung schwierig. „Dass Azubis nicht in allen Unternehmen übernommen werden, ist üblich“, so Behrendt. „Denn vorausgesetzt wird, dass die jungen Leute nach der Lehre reisen, in anderen Regionen oder Ländern weitere Erfahrungen sammeln.“ Rückendeckung für die Unternehmer Die Bereitschaft der gastgewerblichen Unternehmer ist da, das zeigte sich auch beim INNOPUNKT 15 Projekt. Das Ziel, 40 Unternehmen erstmalig für die Ausbildung zu gewinnen, wurde erreicht. 71 Azubis – vor allem als Fachkraft im Gastgewerbe, einige auch für die klassischen Berufe Hotelund Restaurantfachleute oder Koch/Köchin - wurden aufgenommen. Viele Fragen galt es zu klären. Zunächst wussten viele Unternehmer nicht, ob sie überhaupt ausbilden können. In Zusammenarbeit mit der IHK wurde ihre Eignung oder die erfahrener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeschätzt. Dabei wird die Möglichkeit genutzt, dass bis Juli 2009 auch derjenige ohne Ausbildereignungsprüfung ausbilden darf, der davon unabhängig weitere Voraussetzungen erfüllt. Gemeinsam mit den Unternehmern wurden Schwerpunkte festgelegt, Rahmenpläne aufgestellt und im Rahmen der Verbundlösung Möglichkeiten gesucht, Ausbildungsteile in anderen Einrichtungen zu absolvieren. „Mit dieser Rückendeckung konnten wir viele überzeugen“, schätzte Behrendt ein. Einfach jedoch war die Auswahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerber nicht. Ein Teil der Unternehmen wollte über 18jährige haben, um ungünstige Arbeitszeiten in den Abendstunden oder am Wochenende abzudecken. Auch ein Führerschein und die Möglichkeit der Fahrzeugnutzung war in abgelegenen Orten nicht selten Bedingung für die Azubis. Training an Ort und Stelle Aufgrund der territorialen Strukturen im Flächenland Brandenburg kamen die Ausbildercoaches in die Unternehmen. Die Termine wurden je nach betrieblichem Erfordernis abgesprochen. Ein oder zweimal monatlich trainierten sie mit den Azubis an Ort und Stelle Lehrbestandteile, die der Betrieb nicht oder nur unvollständig abdecken konnte. Oft war das Arbeit an der Rezeption, Erstellen von Angeboten, Frühstücksservice aufbauen oder Tische für Höhepunkte eindecken. Auch Grundbegriffe in der Küche oder das Mixen von Cocktails wurden so vermittelt. Einige Lehrlinge bekamen in Kooperation mit anderen Unternehmen die Gelegenheit, die Arbeit in einem größeren Hotel kennenzulernen. Fehlende Ausbildungsteile zu ergänzen, dazu dienten auch externe Ganztagsseminare. Zielgerichtet arbeiteten die Coaches mit den Azubis auf die Zwischen- und Abschlussprüfungen hin. Extra wurde u.a. für das Fach Mathe geübt. Die Fachkräfte im Gastgewerbe legten die Prüfung nach zwei Jahren ab und Henryk Behrendt waren zu Projektende teilweise bereits fertig. Hotel- und Restaurantfachleute, Köchinnen und Köche beenden ihre Ausbildung nach drei Jahren. Bewährte Kooperationen nutzen Die GEHOGA mbH konnte sich im INNOPUNKT 15 Projekt auf bewährte Kooperationspartner stützen. Als Coaches fungierten Fachleute aus einzelnen Berufsgruppen, die eine Meisterausbildung besitzen, z.T. als Lehrerinnen oder Lehrer an den Oberstufenzentren tätig sind oder in leitender Funktion in einem Unternehmen arbeiten. Einige von ihnen sind auch in den Prüfungskommissionen vertreten. „Durch das Zusammenwirken der Coaches wurden unkompliziert kleine Verbundlösungen geschaffen, die Azubis und Unternehmen zugute kamen“, erläuterte Behrendt. Sensibilisierung und Qualitätsverbesserung Jeder Träger organisierte die Projektarbeit nach seiner Spezifik so, dass definierte Ergebnisse erreicht wurden. Anfangsprobleme, die gesteckte Etappenziele von jährlich 20 zusätzlichen Ausbildungsbetrieben im gastgewerblichen Bereich zunächst erschwerten, wurden in den Folgejahren gemeistert. Das Projektteam konstatierte zunehmende Sensibilisierung für das Vorhaben und eine Qualitätsverbesserung bei den Bewerbern. „Ein Großteil der Unternehmer wünschte sich eine Weiterführung des Projektes und lobte die gute Unterstützung durch die Coaches, die sie gern angenommen haben“, sagte Behrendt. Er ist gewiss, dass der enge Kontakt zu den Unternehmen bestehen bleibt und die Erfahrungen aus INNOPUNKT 15 für neue Projekte im Land genutzt werden. Zahlen und Fakten 43 gastgewerbliche Unternehmen wurden für die Erstausbildung gewonnen, 71 Auszubildende während der Laufzeit in das Projekt aufgenommen. Ausgebildet wurden sie als Fachkraft im Gastgewerbe genauso wie in den klassischen Berufen Hotel- und Restaurantfachleute oder Koch/Köchin. Eine Bewerberdatenbank listet 250 Unternehmen auf. Sie wird weitergeführt. 19 15 Dokumentationsreihe PRAXISBEISPIELE Auszubildende Christin Höhne (3. Lehrjahr) Landhaus „Alte Schmiede“, Lühnsdorf Der Coach kam ins Haus Christin Höhne blickt ihrer Prüfung zur Hotelfachfrau im Sommer 2009 gelassen entgegen. Sie fühlt sich gut vorbereitet nicht nur durch das eigene Ausbildungsunternehmen, das Landhaus „Alte Schmiede“ in Lühnsdorf bei Niemegk/Belzig. Nahezu drei Jahre lang wurde sie von Anett Moritz, von Moritz Hotelconsulting, auf ihrem Weg begleitet, der sie weiter in größere Häuser und dann zum Studium führen soll. „Interesse am Gastgewerbe hatte ich schon immer, hier will ich auch weiterkommen“, sagte Höhne. Die „Alte Schmiede“ – damals war der Landgasthof mit 13 Zimmern, zwei Restaurantbereichen und zwei Veranstaltungsorten mitten in einem Qualitätsmanagementverfahren zum Triple Q als erstem brandenburgischem gastgewerblichem Betrieb – bildete auch zum ersten Mal aus. „Das wollten wir unbedingt und freuten uns natürlich über die Unterstützung“, resümierte Hotelinhaberin Martina Kaufmann-Götz. Als Beraterin begleitete Anett Moritz diesen Qualitätsprozess und fungierte auch als Coach für die angehende Hotelfachfrau. Monatlich kam sie für acht Stunden Coaching zu Christin Höhne in das schicke kleine Landhotel – „die Termine wurden abgestimmt, um die Hotelabläufe nicht durcheinander zu bringen“. Auf Grundlage der zuvor abgesprochenen Ausbildungspläne wurde all das trainiert, was im Haus nicht umfassend genug vermittelt werden konnte. „Ich durfte mir auch wünschen, welche Inhalte besprochen werden sollten“, erinnerte sich die Auszubildende, für die Rollenspiele besonders plastisch waren. 20 So ging es um die Arbeitsabläufe an der Rezeption, das Check-in, Check-out, um Angebotserstellung, die Bearbeitung von Beschwerden als Teil des Qualitätsmanagements, um Produktschulung mit dem Schwerpunkt auf regionaler frischer Küche oder auch um buchhalterische Kenntnisse. „Wir haben die abzuarbeitenden Fragen flexibel gehalten“, berichtete die erfahrene Ausbilderin Moritz, „und auch Spezifik des Hauses wie das Planen und Ausrichten von Hochzeits- oder Jubiläumsfeierlichkeiten vertieft.“ Das habe sehr gefruchtet, schon nach kurzer Zeit sei die Auszubildende in der Lage gewesen, selbstständig zu arbeiten. Und Schwachstellen konnten relativ schnell aufgedeckt und behoben werden. Den Coach im Haus zu haben, empfand Unternehmerin Kaufmann-Götz als „sehr effektiv“, sogar „teilweise effektiver“ als den Besuch der für die Azubis angebotenen Lehrgänge. „Die Betreuung vor Ort war eine SuperSache, gerade für den ländlichen Bereich, in dem die Fahrwege weit und die öffentliche Verkehrsanbindung für die Azubis oft problematisch ist.“ Aber gerade hier hätten gastgewerbliche Unternehmen großen Fachkräftebedarf. „Mit INNOPUNKT 15 wurden Zukunftsvisionen aufgezeigt“, sagte Kaufmann-Götz. Sie hat in ihr Unternehmen bereits eine weitere Auszubildende aufgenommen, die ebenfalls Hotelfachfrau werden möchte. Dass der Grundstein zur Ausbildung in ihrem Unternehmen jetzt gelegt ist, führte die Hotelinhaberin auch auf die „hervorragende Betreuung“ durch die GEHOGA mbH zurück. „Da gab es viel Ermutigung und schnelle Hilfe.“ „Mit INNOPUNKT 15 wurde der Grundstein gelegt – wir bilden weiter aus.“ (Martina Kaufmann-Götz) „Das Projekt war für kleine Betriebe eine interessante Möglichkeit, ihre Ausbildungsprobleme praxisgerecht zu lösen.“ (Anett Moritz) Gutshaus Petkus GmbH Baruth/OT Petkus Der Qualitätssprung ist geschafft Dass in ihrem direkt am Fläming Skate im Baruther Ortsteil Petkus gelegenen Familien- und Freizeithotel auch ausgebildet wird, war für Geschäftsführerin Alexandra von Lochow folgerichtige Entwicklung ihres 2002 eröffneten Hauses. Das schön renovierte alte Gutsgebäude mit 50 Betten und 18 Zimmern - darunter Mehrbettzimmer für Kinder- und Jugendgruppen – war mit dem brandenburgischen Service-Q Stufe I bereits eine wichtige Qualitätsverpflichtung eingegangen. Für Fachkräftenachwuchs selbst zu sorgen, gehörte für die Hotelchefin in der Konsequenz dazu. Allerdings, beschrieb die gelernte Politologin und Sozialpädagogin von Lochow die anfängliche Hürde, „niemand hat von uns den Abschluss als Hotelfachkraft. Learning by doing ist ein Prinzip in unserem Familienunternehmen. Demzufolge wurde uns von der IHK zunächst nur gestattet, eine Fachkraft im Gastgewerbe auszubilden.“ Da das in einem sehr kleinen Team bei wirtschaftlich laufendem Betrieb passieren musste, war die Hotelchefin froh über das von der GEHOGA Brandenburg unterbreitete Unterstützungsangebot innerhalb des INNOPUNKT 15 Projekts. Sowohl Beschäftigten des Hauses als auch Azubi Christina Topp wurden Weiterbildungskurse angeboten, in denen Wissen vertieft wurde. So absolvierte Christina im Ausbildungsverbund Teltow oder im Kongresshotel Potsdam Seminare zu Werbung und Marketing, zu Stil und Etikette. Ausbildungsleiter Falko Herrmann – im Gutshaus Petkus Küchenchef – schätzte den engen Kontakt, der sich zu INNOPUNKT 15 Betreuer Mario Retz vom Wahlsdorfer Qualifizierungsverein entwickelte. „Nicht alles, was zu einer Prüfung abgefordert wird, können wir selbst kaufen oder im Alltagsgeschäft bieten. Unsere Wünsche und Vorschläge wurden aufgegriffen und in die Ausbildung einbezogen.“ Christina Topp lernte auf diese Weise den kompletten Frühstücksservice, dazu verschiedene internationale Formen wie das English Breakfast kennen. Sie vervollkommnete das Eindecken festlicher Tische für Bankette und übte in der Modulküche beim Qualifizierungswerk das Zubereiten kleiner Speisen. In Rollenspielen trainierte sie Rezeptionsarbeit und den Umgang mit den Gästen. Inzwischen lief das so gut, dass die Ausbildung von der Fachkraft im Gastgewerbe zur Hotelfachfrau „aufgewertet“ werden konnte. Christina lernt also nicht nur zwei, sondern drei Jahre und wird im letzten Ausbildungsjahr mehrere Wochen in einem größeren Hotel in Lübbenau ihre Fachkenntnisse vervollkommnen. Danach aber will sie zurückkehren. „Ich bin sehr froh, drei Jahre zu lernen. Später würde ich gern im Unternehmen bleiben, weil ich mich da sehr wohl fühle“, sagte die angehende Hotelfachfrau. Auszubildende Christina Topp (2. Lehrjahr) und Cornelia Lehmann-Mews Dieser Qualitätssprung ist nicht nur für die junge Frau ein Erfolg, sondern auch für den Familienbetrieb. „Tatsächlich dürfen wir jetzt Hotelfachleute ausbilden“, bestätigte Herrmann, der auch nach Auslaufen des INNOPUNKT 15 Projekts die Verbindung zu seinem Partner Retz und dem Qualifizierungsverein aufrecht hält. Den nächsten Azubi hat der Ausbildungsleiter bereits unter seine Fittiche genommen – einen jungen Mann, der Koch werden will, den sich das Unternehmen selbst gesucht hat und der über den Ausbildungsring finanziert wird. Einen soliden Grundstein für erfolgreiche Ausbildung sieht Herrmann rückblickend durch INNOPUNKT 15 gelegt – „ein Projekt, das viel gebracht hat.“ Auch Hotelchefin von Lochow ist sich sicher: „Wenn die Konstellationen günstig bleiben und wir motivierte Lehrlinge finden, werden wir weiter ausbilden.“ „Von der Ausbildungsunterstützung durch den Coach haben auch alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitiert.“ (Alexandra von Lochow) „Inhalte, die bei uns nur angetippt werden konnten, wurden durch das INNOPUNKT 15 Projekt vervollkommnet.“ (Falko Herrmann) 21 15 Dokumentationsreihe Projektträger: Gesellschaft für Personalentwicklung Nord mbH (GPN) Bewusstsein schaffen für den Unternehmensnachwuchs Unternehmen: Weitblick Die Gesellschaft für Personalentwicklung Nord (GPN) unterstütze Betriebe bei ihrer Personalplanung. Im Rahmen von INNOPUNKT 15 setzte sie sich das Ziel, brandenburgische Kleinbetriebe analog eines Modellvorhabens aus Mecklenburg-Vorpommern dabei zu unterstützen, den eigenen Fachkräftebedarf frühzeitig zu bestimmen und zu decken. Weil die GPN Ausbildung als Teil der Gesamtpersonalentwicklung versteht, sollten lernförderliche Strukturen in den Betrieben unterstützt und in die Personalentwicklung integriert werden. Da gerade kleine spezialisierte oder junge Firmen meist noch keine vollständige Ausbildungseignung besitzen, sollten sie über Informationen zu geeigneten Berufen und bedarfsgerechten Verbundformen an die Ausbildung herangeführt werden. Bestehende Kontakte nutzen GPN kontaktierte vor allem die Betriebe, mit denen sie in ihrer bisherigen Arbeit bereits zu tun hatte, außerdem holte 22 sie sich Unterstützung bei ihren Kooperationspartnern. Dies waren vor allem die für Ausbildungsfragen zuständigen Kammern, aber auch Träger, die selbst bereits Unternehmenskooperationen von kleinen Firmen initiiert hatten. „Wir haben Unternehmen ins Visier genommen, die ausbildungsberechtigt waren, die aber dennoch nicht ausbildeten“, berichtet Dr. Uwe Gluntz, Geschäftsführer der GPN. Fast auf die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe trifft das zu. Durch die Kooperation mit der Handwerkskammer ergab es sich, dass sie sehr viele Handwerksbetriebe, vielfach aus dem Metall- und Baunebenbereich beriet, darüber hinaus auch einige Landwirtschaftsbetriebe. Die GPN analysierte zunächst die Altersstruktur, um zu erkennen, welche Fachkräfte in absehbarer Zeit ersetzt werden müssten. Auch wurde mit den Geschäftsführungen bewertet, in welchen Bereichen sie Entwicklungschancen sahen und wo eventuell eine Geschäftsfelderweiterung oder Diversifizierung geplant war. Dann wurde geprüft, ob es sinnvoll wäre, für Ursula Blankenburg und Dr. Uwe Gluntz diese Zwecke einen Ausbildungsplatz einzurichten. Dabei erwiesen sich oft die neuen Berufe – etwa Mechatroniker oder Agrarservicefachkräfte – für viele Unternehmen als interessant. Hinzu kam die Aufklärung über Ausbildungsfragen im Allgemeinen und über neue Berufe im Besonderen. Erfolgreich Überzeugungsarbeit geleistet „Besonders erfolgreich waren wir in Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten“, erklärt Ursula Blankenburg, Mitgesellschafterin der GPN, „kleine Betriebe haben Beratung am nötigsten und nutzen sie intensiv, wenn sie Vertrauen gefasst haben.“ Nachdem die Betriebe ihren Personalbedarf identifiziert hatten, erkannten sie, welche Chance darin liegt, sich passgenauen Unternehmensnachwuchs selbst heranzuziehen. Durch neue Formen der Verbundausbildung wurde es ihnen sogar möglich, auch in den neuen Berufen auszubilden. Es ließen sich 46 Betriebe überzeugen, mindestens eine Auszubildende oder einen Auszubildenden einzustellen. Die in den letzten Jahren leicht verbesserte wirtschaftliche Situation wirkte unterstützend. „Wir sind in eine Entwicklung hineingekommen, in der die Lage der Handwerksbetriebe nicht mehr so katastrophal war. Die Bereitschaft, auszubilden, war daher höher“, erläutert Gluntz. Für kleine Betriebe seien Informationen über die Verbundausbildung sehr wichtig gewesen. „Man sollte kleine Betriebe nicht unbedingt überzeugen, allein auszubilden. Die Qualität der Ausbildung leidet darunter.“ Hohe Nachhaltigkeit angestrebt „Ein schöner Erfolg ist die geringe Abbrecherquote“, freut sich Blankenburg. Gerade in der Anfangs- und Probezeit habe man sich regelmäßig erkundigt und konnte Konflikte klären und Probleme lösen. Die Übernahmebereitschaft seitens der Unternehmen sei Anfang 2008 höher gewesen als zum Ende des Jahres, so Gluntz: „Besonders KFZ-Betriebe waren da noch sehr viel optimistischer“. Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise verhielten sich Betriebe nun zurückhaltender. Dennoch sei der Wille, ihre ausgebildeten Jungfachkräfte zu übernehmen, nach wie vor groß. Während der dreijährigen Projektlaufzeit hat die GPN ihre Strategie den Entwicklungen mehrmals angepasst. „Wir hatten erwartet, dass Betriebe sich leichter zur Ausbildung entschließen, wenn potenzielle Azubis zunächst mal ein Praktikum machen. Das war aber nicht der Fall. Wenn sich Unternehmen dem Thema Ausbildung geöffnet hatten, wollten sie gleich richtig starten“, erläutert Blankenburg. Den Ansatz des Gender Mainstreaming habe die GPN zunächst in der Weise interpretiert, dass die Fördermöglichkeiten von Teilzeitausbildungen genutzt werden sollten. So sollten etwa Ausbildungsinteressenten einbezogen werden, die bereits Familie haben. Dem widersetzten sich die Betriebe aber. Sie akzeptierten Azubis, die nur selten im Betrieb sind, nicht – gilt doch schon der zeitliche Aufwand für die Berufsschule als heikel. „Teilzeit wird wohl erst dann eine größere Rolle spielen, wenn die Anzahl der Wunsch-Azubis weiter sinkt“, so Blankenburg. Personalplanung oft noch kein Thema Die Ansprache der Unternehmen sei insgesamt die größte Herausforderung gewesen, resümiert Gluntz. Fragen der Personalentwicklung würden in kleineren Unternehmen oft hintenangestellt. Brennende Themen seien die Auftrags- und die finanzielle Situation, danach komme lange nichts. „Die Unternehmen erkennen nicht, dass fehlende Personalplanung ein Bestandteil ihrer wirtschaftlichen Probleme ist. Diesen Zusammenhang versuchen wir herzustellen“, meint auch Blankenburg. Über Ausbildung einerseits und Weiterbildung andererseits können sich Betriebe einen Personalstamm schaffen, der die Aufträge in guter Qualität abarbeiten kann. Zahlen und Fakten 43 gastgewerbliche Unternehmen wurden neu für die Ausbildung gewonnen, 20 Azubis konnten übernommen werden. Die GPN hat erreicht, dass 46 Ausbildungsbetriebe erstmals ausbilden, mindestens 20 haben bereits eine Übernahmebereitschaft erklärt. Friseursalon Marco Manig, Doberlug-Kirchhain Aktive Entscheidungshilfe geleistet Im 2005 eröffneten Friseursalon von Marco Manig arbeiten sechs Gesellen und eine Meisterin. Seit September 2008 gehört auch eine Auszubildende zum Team. Der Inhaber des Salons hat eine Weile gezögert, bevor er sich an das Thema Ausbildung heranwagte. „Zunächst ist es eine finanzielle Frage, ob man in der Lage ist, auszubilden“, erklärt Manig, „außerdem tut man sich beim ersten Mal doch ein wenig schwer.“ So war der Besuch von Sigrid Wölfing, Mitarbeiterin des GPN-Kooperationspartners 'tamen. Entwicklungsbüro Arbeit und Umwelt mbH', hoch willkommen, die umfassend über Ausbildungsfragen informierte. Die Betreuung im Rahmen von INNOPUNKT 15 habe wichtige Entscheidungshilfen vermittelt. 23 15 Dokumentationsreihe PRAXISBEISPIELE Auszubildende Melanie Rüstig und Marco Manig Vor allem das Thema Vorförderung sei für ihn interessant gewesen. So wurde aufgezeigt, welche Möglichkeiten es gibt, Lehrgänge fördern zu lassen. „Obwohl wir eng mit der Firma Wella zusammenarbeiten – sie übernahm die Einrichtung des Salons und liefert die Produkte –, habe ich nicht gewusst, dass man sich bis zu 80 Prozent der dortigen Lehrgangskosten bezuschussen lassen kann“, so Manig. Durch die Beratung habe sich die Möglichkeit eröffnet, die Auszubildende Melanie Rüstig in einen Berufsorientierungskurs zu schicken. „Eine ganze Woche konnte sie in Leipzig an Modellen Grundkenntnisse erwerben – Haarschnitte, Fönen, Färben. Neben den handwerklichen Kenntnissen hat sie auch Wichtiges über die Pflege von sozialen Beziehungen gelernt: Wie geht man mit Kunden um, wie reagiert man am Telefon? So mussten wir nicht bei Null anfangen.“ Melanie habe das erste Rüstzeug für den Beruf bekommen und nicht ganz unvorbereitet einsteigen müssen. Weitere Azubis will Manig erst einstellen, wenn Melanie Rüstig die Lehre abgeschlossen hat. Wenn alles gut läuft und die wirtschaftliche Situation es erlaubt, will er seine erste Auszubildende übernehmen. Schließlich sei eine Ausbildung eine Investition in die Zukunft. Ohne die Beratung durch INNOPUNKT 15 hätte der Salonbesitzer mit dem Ausbilden noch gewartet. „Es ist gut, wenn schon im Vorfeld einer Ausbildung bestimmte Sachen geklärt werden können“. Durch den Berufsvorbereitungskurs wusste Melanie, was sie im Beruf erwartet. Er könne sich also sicherer sein, dass sie am Ball bleiben wird. Die Entscheidung, auszubilden, sei dadurch leichter gefallen. ZIMK Zehdenick Innovative Metall- und Kunststofftechnik GmbH Aktiv Personalplanung betreiben In Sachen Ausbildung ist das Unternehmen 2004 bei seiner Gründung mit gutem Beispiel vorangegangen: Die Gesellschafter der 'Zehdenick Innovative Metall- und Kunststofftechnik GmbH' – kurz ZIMK – übernahmen alle 42 Ausbildungsverhältnisse des insolventen Vorgängerunternehmens und führten sie zu Ende. Der Betrieb, der mit 188 Mitarbeitern vor allem Zubehörteile für die Automobilindustrie produziert, hat derzeit 13 Auszubildende. Sie lernen Metall- und Elektroberufe: Acht junge 24 Männer werden zu Werkzeugmechanikern, Mechatronikern und Verfahrensmechanikern für Kunststoff- und Kautschuktechnik ausgebildet. Außerdem gibt es zwei angehende Industriekauffrauen, eine technische Zeichnerin und zwei im Berufsfeld Lagerlogistik. Das Projekt der GPN kam erstmals 2006 auf den Betrieb zu. Rudi Langner, Personalleiter bei der ZIMK, erinnert sich: „Im Gespräch mit Dr. Uwe Gluntz kamen wir auch auf das Thema Ausbildung. Ich erzählte ihm, dass wir manche Ausbildungsbestandteile bei uns nicht durchführen können und dafür mit Bildungsträgern kooperieren müssen.“ Schon damals habe man mit dem Schweriner Ausbildungszentrum in Kontakt gestanden. "Mit dem arbeitet auch die GPN zusammen. So konnten wir diese Kooperation intensivieren, erfuhren welche Berufe in Schwerin ausgebildet werden. Auch informierte uns die GPN, wie berufliche Ausbildungen junger Menschen mit Handicaps gefördert werden können." Da die ZIMK verschiedene Berufsbilder ausbildet, bestehen weitere Kooperationen: Mit dem 'Brandenburgischen Institut für Aus- und Weiterbildung von Zielgruppen' (BIAW) etwa bildet die ZIMK die Fachkräfte für Lagerlogistik im zweiten Ausbildungsjahr aus. Neben der normalen Berufsschule wird ihnen jeden Montag Zusatzunterricht im BIAW erteilt, die ZIMK unterweist sie in den praktischen Arbeiten. Den Ausbildungsvertrag schlossen sie mit dem BIAW, die ZIMK ist Kooperationspartner. Aufgrund der Beratung durch die GPN bildet der Betrieb mehr Azubis aus als zuvor. Erst jetzt wisse man beispielsweise, wie Mechatroniker auszubilden seien, deren Fachkompetenz in Zukunft wichtig sein wird. Es sei geplant, im September 2009 je einen Ausbildungsplatz zum Zerspanungsmechaniker, Produktionstechnologen, Elektroniker und Industriemechaniker anzubieten. Auch die Ausbildungsqualität habe sich verbessert: Manche Inhalte können durch externe Dienstleister deutlich besser vermittelt werden. „In Berufen, die wir bisher im Hause nicht hatten, ist eine fachkundige Ausbildung nur schwer zu leisten“, so Langner. Die Zahl der Azubis bei der ZIMK soll noch aufgestockt werden. Soweit möglich, sollen sie als selbst herangezogener Firmennachwuchs übernommen werden. Darauf sei man angewiesen, weil der Altersdurchschnitt der Beschäftigten sehr hoch sei: Bei den 38 Mitarbeitern im Werkzeugbau etwa liege er bei 48,5 Jahren. Ausbildung bedeute also bewusste Personalplanung. Allerdings erschwere es die demografische Entwicklung zunehmend, die angebotenen Ausbildungsplätze zu besetzen: Für die beiden Ausbildungen zum Werkzeugmechaniker interessierten sich im letzten Jahr nur acht, für die Stellen der Verfahrensmechaniker sogar nur drei Bewerber. „Die Möglichkeit, in Kooperation mit Bildungsträgern auszubilden, ist günstig für alle Betriebe, die sich allein dazu nicht durchringen können.“ (Rudi Langner) Projektträger: Unique Gesellschaft für Arbeitsgestaltung, Personal- und Organisationsentwicklung mbH Zulauf zur Landwirtschaft ZULAUF - Zukunft durch Ausbildung in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben In den 14 Grünen Berufen der Landwirtschaft wurden in Brandenburg von 1996 bis 2001 jährlich rund 260 Jugendliche ausgebildet. Demgegenüber steht ein bereits 2007 prognostizierter jährlicher Bedarf von etwa 500 Fachkräften. Die Ursache dafür liegt vor allem im demografischen Wandel, schon heute ist der Personalbestand überaltert. Zwar wünschen sich viele Landwirte, ihren Personalbedarf durch selbst ausgebildete Nachwuchskräfte decken zu können. Schmale „Finanzdecken“ und knapper Personalbesatz machen es jedoch gerade kleinen Betrieben schwer, die zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen einer guten Ausbildung zu erfüllen. Die Unique GmbH legt ihren Schwerpunkt auf Personalund Organisationsentwicklung. „Wir wollten etwas spezifisch auf die Landwirtschaft Zugeschnittenes machen, weil sich dort die Problemlagen zuspitzen“, erklärt Isabel Haber, Projektleiterin bei Unique. Daraus erwuchs das Motiv, sich mit einer Initiative für den Agrarbereich an der 15. INNOPUNKTKampagne zu beteiligen. Mit dem Projekt „ZULAUF – Zukunft durch Ausbildung in der Landwirtschaft Brandenburgs“ sollten landwirtschaftliche Betriebe neu für die berufliche Ausbildung gewonnen werden. Weiterhin war angestrebt, die neuen Ausbildungsplätze mit geeigneten Jugendlichen zu besetzen. Schließlich ging es darum, junge Frauen für landwirtschaftliche Berufe zu interessieren, da viele junge und qualifizierte Frauen aus dem ländlichen Raum abwandern. Strukturelle Probleme aufbrechen Als Hauptargumente gegen Ausbildung nennen landwirtschaftliche Betriebe finanzielle und personelle Engpässe. „Die größte Schwierigkeit liegt aber auf struktureller Ebene“, sagt Haber, „zum Beispiel werden die Anforderungsprofile der landwirtschaftlichen Berufe von Jugendlichen und BerufsberaterInnen häufig unterschätzt. Jugendliche mit schlechten schulischen Voraussetzungen seien den theoretischen Ansprüchen nicht immer gewachsen. In Folge davon erhöht sich der Betreuungsaufwand, so dass in Betrieben, die geringe 25 15 Dokumentationsreihe Isabel Haber Personalkapazitäten aufweisen und wenig Erfahrung in Ausbildungsfragen besitzen, Probleme vorprogrammiert seien. Die Betriebe wüssten nicht, welche Unterstützung sie leisten können, in der Folge fallen viele Azubis durch die Prüfung. „Sogenannte ausbildungsbegleitende Hilfen (ABH) sind in der Landwirtschaft kaum bekannt und lassen sich in die herkömmliche Ausbildung nur schwer integrieren. Wir wollten in diesem System Strukturen schaffen, innerhalb derer ABH besser eingegliedert werden können.“ Ausgehend vom bereits gegebenen Fachkräftemangel sollten Unternehmen für das Thema Ausbildung sensibilisiert und aktiviert werden. Ziel war es außerdem, die Ausbildungsqualität zu verbessern, indem sowohl für Betriebe als auch für die jugendlichen Berufseinsteiger ein Beratungs- und Schulungskonzept entwickelt wurde. Da sich gute Schulabgänger nur selten für landwirtschaftliche Ausbildungen erwärmen, galt es, eine Kampagne für größere Attraktivität der landwirtschaftlichen Berufe zu starten. „Als Berliner Personalentwickler brauchten wir dafür strategische Partner – neue Ausbildungsbetriebe können nur über Multiplikatoren gewonnen werden“, erklärt Haber. Kooperationspartner wurden die Landwirtschaftliche Beratung der Agrarverbände Brandenburg GmbH (LAB) und die Agrargenossenschaft Forst, die seit langem ausbildet. Über die Partner wurden Kontakte zu den Kreisbauernverbänden geknüpft. Mit diesen Multiplikatoren präsentierte sich die Unique als Beratungsdienstleister für Ausbildungsplatzentwicklung, um bestehende Ausbildungsbarrieren zu beseitigen. Außerdem sollte mit dem für die Landwirtschaft neuen Instrument der Verbundausbildung das Ausbildungspersonal durch stärkere Vernetzung der Akteure entlastet werden. Obwohl die Unique das kostenfreie Beratungsangebot von den Fach- und Bauernverbänden ankündigen ließ, war die Akquise schwierig: Mehr als 1.000 Betriebe wurden kontaktiert, davon nahmen 160 Beratung in Anspruch. Gut 50 erklärten sich zur Teilnahme bereit, 20 Betriebe richteten schließlich neue Ausbildungsplätze ein, weitere vier erwarben im Projektzeitraum ihre Ausbildungsberechtigung und wollen 2009 nachziehen. Das Unique-Projektbüro stellte den landwirtschaftlichen Betrieben wichtige Dienstleistungen zur Vorbereitung und Durchführung der Ausbildung zur Verfügung. Während der Ausbildung begleitete das Projektteam die Betriebe intensiv und bot Coachings an. Zur Erleichterung des Berufseinstiegs absolvierten die Auszubildenden außerdem ein Training zur Entwicklung vonSchlüsselkompetenzen. Neue Verbünde für die Landwirtschaft In den landwirtschaftlichen Ausbildungsverhältnissen gab es immer schon Kooperationen, jedoch keinen größeren Ausbildungsverbund. Begleitet durch das Projekt ZULAUF ist es im Landkreis Elbe-Elster gelungen, einen Ausbildungsverbund zu etablieren, der so großes Interesse hervorruft, dass die teilnehmenden Betriebe zu Multiplikatoren geworden sind. „Das ist unser größter Erfolg“, so Haber, „ohne unsere Unterstützung 26 im Rahmen von INNOPUNKT 15 wäre das nicht so reibungslos zustande gekommen“. Vorhandene Ausbildungskapazitäten sind nun optimal erschlossen, so dass die zuvor ermittelten Ausbildungsdefizite bearbeitet werden. Verbundausbildungen in der Landwirtschaft bieten viele Vorteile: So stellt etwa das Berufsprofil des Landwirts hohe Anforderungen an die Azubis. Sie müssen etwas von Tieren verstehen, sich mit Getreideanbau auskennen, ein gutes technisches Verständnis besitzen und mit Computern umgehen können. Wer so einen Allrounder ausbilden möchte, selbst aber auf Marktfruchtanbau spezialisiert ist, braucht einen Kooperationspartner, der die Tierproduktion abdecken kann. Der zweite wichtige Beruf der Branche ist der Tierwirt mit den verschiedenen Spezialisierungen. Bei allen Berufsprofilen gibt es jedoch Ausbildungsanteile, die gleich sind. Im neu entstandenen Netzwerk aus 26 Betrieben im Landkreis Elbe-Elster arbeiten jeweils drei bis fünf Betriebe enger zusammen, dabei deckt jeder einen anderen Ausbildungsteil ab. Die Azubis arbeiten in Lerngruppen an allen Standorten und tun so etwas für ihren individuellen Ausbildungsstand. Die Lerngruppen werden betreut durch eine zusätzlich eingestellte Fachkraft, zu deren Aufgaben neben der Betreuung von Auszubildenden auch die Koordination der Verbundaktivitäten gehört. Viel bleibt zu tun „Ganz im Sinne einer Kampagne ging es uns darum, konkret an den Ausbildungsstrukturen zu arbeiten. Damit waren wir durchaus erfolgreich“, berichtet Isabel Haber. Im Interesse der Betriebe gelte es langfristig, den Beruf und die Berufsausbildung attraktiver zu machen. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass alle an einem Strang ziehen müssen, sei eine große Herausforderung gewesen. Zahlen und Fakten Mit dem Projekt wollte die Unique GmbH 40 landwirtschaftliche Betriebe neu für die berufliche Ausbildung gewinnen. 25 Betriebe richteten einen neuen Ausbildungsplatz ein, 27 Ausbildungsplätze entstanden in neuen Ausbildungsbetrieben, davon wurden vier mit jungen Frauen besetzt. In einem Netzwerk aus 26 landwirtschaftlichen Betrieben wird außerdem seit September 2008 Ausbildung im Verbund umgesetzt. PRAXISBEISPIELE Agrargenossenschaft Giesensdorf, Landkreis Oder-Spree Ausbildung mit Anspruch Lange hat die Agrargenossenschaft Giesensdorf mit sich gerungen, ob sie ausbilden soll: Als relativ kleiner Betrieb mit 26 Mitarbeitern sah sie sich personell kaum in der Lage, Azubis angemessen zu betreuen – verheizen wollte man Lehrlinge nicht. Dann zeichnete sich jedoch ab, dass qualifizierte Arbeitskräfte Mangelware werden, außerdem mehrten sich Nachfragen nach Ausbildungsplätzen. Bestärkt durch INNOPUNKT 15 entschlossen sich die Verantwortlichen schließlich doch dazu, selbst Land- und Tierwirte auszubilden. Nach einem Fehlgriff im Jahr 2006 stellte der Agrarmischbetrieb mit 1.400 Hektar Ackerland und knapp 500 Kühen 2007 zwei und 2008 nochmals drei Lehrlinge ein. Insgesamt werden jetzt also fünf Azubis – zwei Jungen und drei Mädchen – ausgebildet. „Während der Laufzeit von INNOPUNKT 15 wurden wir intensiv betreut. Die Projektleiterinnen waren oft vor Ort und haben uns gut beraten“, lobt Detlef Kötschau, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft. Gemeinsam habe man tiefgründig analysiert, wie man als Betrieb gut ausbilden kann. Bei der Auswahl der Azubis war ein Eignungstest nützlich, bei dessen Erstellung die Mitarbeiterinnen von Unique halfen. Während des Projektes habe man in Ausbildungsfragen mit anderen Betrieben kooperiert, so Kötschau. Leider existiere seit dem Abschluss von INNOPUNKT 15 nur noch relativ wenig Zusammenarbeit. So laufe die Ausbildung zurzeit ganz klassisch: Praktische Bestandteile absolvieren die Lehrlinge im Betrieb, theoretische werden an der Berufsschule in Seelow vermittelt. Bewerber werden zuvor zum Gespräch eingeladen und mit dem im Projekt ZULAUF entwickelten Test in Mathematik, Deutsch sowie Allgemeinwissen auf Herz und Nieren geprüft. Um den schönen und lebendigen Beruf auszuüben, müsse man heutzutage viel lernen. Bewerber aus der näheren Umgebung bevorzuge man, um ganz bodenständig die Region zu stärken. Gern würde Kötschau in Ausbildungsfragen die Zusammenarbeit mit anderen Betrieben weiter pflegen, eine betriebs- Detlef Kötschau und Auszubildende Melanie Wahnkow & Christian Klaus übergreifende Ausbildung sei einfach besser. Allerdings wünscht er sich dafür weitere Unterstützung wie sie Unique im Projekt INNOPUNKT 15 geleistet hat. Er selbst habe schon mit dem Bauernverband und der Landwirtschaftsschule in Seelow darüber gesprochen, wie man die Ausbildung für die Lehrlinge interessanter und besser machen kann. „Schließlich sollen die Azubis nicht nur eine Berufsbezeichnung tragen können, sondern auch in der Lage sein, den Beruf nach bestem Wissen auszuführen.“ Der relativ schlechte Leumund, den die Landwirtschaft genießt, sei ein großes Problem: Sie stehe in dem Ruf, Steuern aufzufressen und die Umwelt zu verschmutzen. Dabei habe die Landwirtschaft in Ostdeutschland was Investitionen, technische Ausstattung und Know-how betrifft, nach der Wende einen enormen Wandel durchgemacht. „Wir laden daher Schüler dazu ein, sich den Betrieb anzusehen und öffnen einmal im Jahr den Betrieb zum Tag der offenen Tür, um moderne Landwirtschaft zu vermitteln. Aber auch unsere Interessenvertretungen könnten mehr Öffentlichkeitsarbeit machen.“ „INNOPUNKT 15 war eine gute Sache“, sagt Kötschau. Wenn man in einem Betrieb tief drin steckt, bestehe die Gefahr, betriebsblind zu werden. Im Kontakt mit anderen Institutionen und Betrieben bekomme man einen anderen Blick und lerne Neues kennen. Mit erweitertem Horizont könne man bei bestimmten Sachen besser entscheiden und reagieren. „Das Problem des Fachkräftemangels wird sich zuspitzen. Wir brauchen heute gut ausgebildete Leute, ansonsten geht die Landwirtschaft baden.“ (Detlef Kötschau) 27 15 Dokumentationsreihe PRAXISBEISPIELE pläne aufgestellt und effektive Zeiten für die Lehrunterweisung ermittelt“. Das Netzwerkgebiet wurde in vier Regionalbereiche aufgeteilt, in denen die Ausbildung parallel abläuft – Bad Liebenwerda, Finsterwalde, Herzberg und Amt Schradenland. So kann der praktische Unterricht in Wohnortnähe der Azubis erfolgen. Die Lehrlinge eines Regionalbereiches wurden jeweils auf Gruppen mit sieben bis acht Azubis aufgeteilt. Petra Schaar, Dieter Heyde, Auszubildende T. Schmidt & F. Freitag Agrargenossenschaft Werenzhain, Elbe-Elster Motivierende Lerngruppen Die Agrargenossenschaft Werenzhain ist ein typischer landwirtschaftlicher Mischbetrieb. Ungewöhnlich an dem 2.000 Hektar-Betrieb, der hauptsächlich Marktfrüchte anbaut, mit 400 Kühen rund vier Millionen Liter Milch produziert und rund 1.000 Schweine mästet, sind die neuen Wege in der Ausbildung, die seit kurzem beschritten werden. Die Genossenschaft bildet seit 1995 Land- und Tierwirte aus. Ein bis drei Lehrlinge gehören seither immer dazu. Die Probleme mit der Ausbildung ähnelten denen anderer Agrarbetriebe der Region: Da das Image der Landwirtschaft nicht das Beste ist, brachten Schüler, die sich in der Vergangenheit bewarben, nicht immer gute Leistungsvoraussetzungen mit. „Die Azubis beherrschen teilweise einfache Dinge nicht. Erstmal Grundlagen – etwa in der Prozentrechnung – zu schaffen, überfordert uns zeitlich“, sagt Dieter Heyde, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft. Die Leiter der benachbarten Betriebe haben sich daraufhin gefragt, ob man gemeinsam etwas auf den Weg bringen kann. „Das Projekt ZULAUF kam genau richtig“, freut sich Heyde. 25 landwirtschaftliche Betriebe mit 51 Azubis der Altkreise Finsterwalde, Bad Liebenwerda, Herzberg fanden sich in einer Interessengemeinschaft zusammen, man war sich einig darin, die Sache anzupacken. Dabei blieben die Lehrverhältnisse bestehen. „Das Netzwerk ist nicht etwas von oben Delegiertes, es hat sich von unten entwickelt“, erklärt Heyde. Vorher habe man sich in Sachsen informiert, wo es vergleichbare Ausbildungsnetz-werke seit einigen Jahren gibt. Als Netzwerkkoordinatorin wurde Petra Schaar eingestellt. Sie blickt zurück: „Um die Ausbildung zu organisieren, haben wir wegen der unterschiedlichen Schulzeiten zunächst Turnus28 Beispielsweise beteiligen sich in Bad Liebenwerda fünf Betriebe am Netz. Innerhalb dieser Betriebe erfolgt die Ausbildung umschichtig, nachdem abgesprochen worden war, welcher Betrieb welches Thema zum Ausbildungsplan beisteuern kann. Petra Schaar ist zufrieden: „Wir haben in kürzester Zeit viel auf die Beine gestellt. Den August und September 2008 benötigten wir, um von den Betrieben Informationen über die Azubis zu bekommen. Das lief so gut, dass wir im Oktober mit den praktischen Unterweisungen anfangen konnten und zügig vorankamen“. Die Lehrlinge finden es gut, dass sie nicht in ihrem Betrieb mit dem Ausbilder allein sind. Das Arbeiten in kleinen Gruppen motiviere sehr viel mehr zum Lernen. Außerdem erfahren die Azubis von Anfang an viel mehr über verschiedene Betriebsabläufe und -organisationen. „Das ist eine feine Sache“, lobt Schaar. Es wäre toll, wenn durch das Netzwerk landwirtschaftliche Berufe attraktiver würden, meint sie. Allerdings sei dies nach einem halben Jahr noch nicht absehbar. „Wenn die Azubis stolz auf ihren Beruf sind, erkennen vielleicht auch andere, was für eine Zukunftssache Landwirtschaft ist“, hofft auch Heyde, „angesichts der demografischen Entwicklung stehen wir sonst bald vor einem gravierenden Fachkräftemangel.“ „Die Mund-zu-Mund-Propaganda durch die Lehrlinge trägt dazu bei, das Image des Berufs zu verbessern.“ (Dieter Heyde) FACHKRÄFTESICHERUNG DURCH AUS- UND WEITERBILDUNG Jetzt Fachkräfte sichern durch Aus- und Weiterbildung für die Zeit nach der Krise Trotz anhaltend hoher Arbeitslosigkeit wird in einzelnen Wirtschaftsbereichen bereits heute über fehlende Fachkräfte und einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften geklagt. In Brandenburg werden sich die Rekrutierungsbedingungen für den potentiellen Nachwuchs in Unternehmen in wenigen Jahren aus demografischen Gründen deutlich verschlechtern. Die Lage wird durch die Abwanderung qualifizierter (junger) Arbeitskräfte weiter verschärft. Der Fachkräftebedarf ist in Brandenburg vor allem strukturell bedingt und wird auch nach der derzeitigen Konjunkturkrise noch bestehen. Wer jetzt nicht ausbildet, wird nach der Krise keine Fachkräfte haben. Das Land bietet bei der Suche nach geeigneten Nachwuchskräften und bei den Ausbildungsleistungen Unterstützung. Die Unternehmen dürfen gerade jetzt in ihren Bemühungen um Aus- und Weiterbildung nicht nachlassen. Insbesondere kleine und Kleinst-Unternehmen sollten bei Bedarf Kurzarbeit zur Beschäftigungssicherung einsetzen. Und wenn Zeiten von Kurzarbeit zudem für die Qualifizierung der Beschäftigten genutzt werden, profitieren davon kurz- und langfristig alle Beteiligten. Die Unternehmen sind deshalb aufgefordert, hierzu die Weiterbildungs- und Qualifizierungsangebote der Bundesagentur für Arbeit - jetzt auch ausgeweitet durch das Konjunkturpaket II - in Anspruch zu nehmen. Die Forderung nach Qualifizierung und Kurzarbeit statt Entlassungen wird aktuell bleiben. Fachkräfte werden weiterhin gesucht. Und sollte es in der Krise und bei Kurzarbeit Probleme in der Ausbildung geben, stehen die Programme des MASGF zur Verbundausbildung und das Ausbildungsplatzprogramm Ost bereit. 2005 initiierten die Partner des Brandenburger Ausbildungskonsenses gemeinsam die 15. INNOPUNKT-Kampagne. Hilfreich war hierbei das neue Berufsbildungsreformgesetz, das zum 01.04.2005 in Kraft trat und neue vielfältige Formen der Verbundausbildung zwischen Betrieben und Schulen ermöglicht. Im Ergebnis liegt praktisches Gestaltungswissen für den unmittelbaren Übergang in die Ausbildung vor, indem erfolgreich Betriebe für neue Verbundausbildungsmodelle aufgeschlossen wurden, die in Brandenburg bisher noch nicht ausbildeten. Berufliche Perspektiven für junge Menschen im Land schaffen Künftig werden immer weniger Schüler und Schülerinnen in Brandenburg die Schule verlassen, damit könnten die Chancen junger Leute für eine berufliche Zukunft in Brandenburg steigen. Während in der Vergangenheit nicht für alle Schulabgänger Ausbildungsplätze in ihrer Region und in dem gewünschten Berufsfeld zur Verfügung standen, wird sich diese Situation verändern. Doch heißt dies nicht, dass alle Schulabgänger auch automatisch einen Ausbildungsplatz erhalten werden. Die Passfähigkeit zwischen Leistungsvermögen der Schulabgänger und betrieblichen Anforderungen muss Michael Zaske, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie (MASGF) stimmen. Die Steuerung des Übergangs nach der schulischen Phase durch Matching zwischen Ausbildungsbetrieben und Ausbildungssuchenden wird wichtiger. Mehr Betriebe für die Ausbildung aufschließen Zunehmend sind die Betriebe gefordert, Kompetenzen im Bereich Personal und Organisation und im Umgang mit leistungsschwächeren Jugendlichen zu entwickeln. Mithilfe der 15. INNOPUNKT-Kampagne konnte das Ausbildungsengagement der Betriebe gesteigert und die Kooperation zwischen Schulen, Betrieben, Trägern, Hochschulen vertieft werden. Die sechs Projektträger haben in so verschiedenen Branchen wie etwa der Hotel- und Gastwirtschaft, der Landwirtschaft oder der Metallindustrie insgesamt 225 neu ausbildende Betriebe gewonnen, die dann 225 neue Ausbildungsverhältnisse begründet haben. Es wurden zudem über 100 Jugendliche an Betriebe vermittelt, die schon ausgebildet haben. Es wurden neue Instrumente und Modelle der Ausbildungsbegleitung, des Konfliktmanagements und der Lernortkooperation erprobt. Dabei spielte auch die Steigerung der Ausbildungsqualität durch externe Ausbildungscoaches eine Rolle. Dieses Instrument ist inzwischen in die Regelförderung des MASGF zur Verbundausbildung aufgenommen worden. Das Ausbildungscoaching konnte Ausbildungsabbrüche in den beteiligten Unternehmen der Hotel- und Gastwirtschaft erheblich reduzieren. Erstmals wurde ein Ausbildungsverbund in der Landwirtschaft aufgebaut. Ein weiteres erfolgreiches Modell war die Erprobung von Doppelqualifizierung während der Ausbildung zur Fachhochschulreife. Die Verknüpfung von Personalentwicklung und Ausbildung war ebenfalls ein Erfolgsweg. Auch trugen der Aufbau von regionalen Ausbil-dungsdatenbanken und Erfahrungsaustausche zwischen Ausbildungsbetrieben zum Erfolg der Kampagne bei. Mein Dank gilt der LASA, den Evaluatoren von SÖSTRA/PIW und den Projektträgern, beteiligten Unternehmen und Kooperationspartnern für Ihre engagierte Arbeit, die die nachhaltige Wirkung dieser INNOPUNKT-Kampagne ermöglicht hat. Michael Zaske, MASGF Brandenburg 29 15 Dokumentationsreihe FACHKRÄFTESICHERUNG DURCH AUS- UND WEITERBILDUNG Bemerkenswerte Ergebnisse in einem schwierigen Feld – Überlegungen der Evaluierung zu den Ergebnissen der 15. INNOPUNKT-Kampagne Als das MASGF im Sommer 2005 den Aufruf zu seiner 15. INNOPUNKT-Kampagne startete, ging dass Ministerium von der Überlegung aus, dass „von 66.051 Brandenburger Betrieben, 34.347 zur Ausbildung berechtigt (sind), davon jedoch nur 16.513 Betriebe ausbilden.“ Zusammen mit den 31.704 Betrieben ohne Ausbildungsberechtigung ergab dies in der Summe ein Potenzial an 49.538 noch nicht ausbildenden Betrieben, welches sich für eine Erstausbildung mobilisieren ließe. Anlass genug, zu schauen, ob denn tatsächlich alle Möglichkeiten zur Gewinnung von Ausbildungsbetrieben ausgereizt waren. Damit haben sich die Projektträger mit ihren Bewerbungen auf ein Feld begeben, welches in den Jahren davor mit zahlreichen Förderangeboten „abgegrast“ zu sein schien. War es nach Programmen wie Ausbildungsplatzentwickler, Stellenakquisiteur u.ä. überhaupt noch möglich, neue Wege, Formen und Methoden zu finden, die nicht schon von den Kammern und zuständigen Stellen, von Sozialpartnern sowie Verbänden und anderen Institutionen am Spannungsfeld zwischen Schule und Berufsausbildung gegangen worden sind? Dies war damit auch eine der zentralen Ausgangsfragen für die wissenschaftliche Begleitung dieser 15. INNOPUNKT-Kampage. Die vorgestellten Projektträger haben sich der Herausforderung mit großem Engagement gestellt – und das von ihnen angebotene konzeptionelle und methodische Herangehen mit den Umsetzungserfordernissen einer INNOPUNKT-Kampagne in Übereinstimmung gebracht. Die Zahl der neu geschaffenen Ausbildungsplätze, der vermittelten Jugendlichen, der neu in die berufliche Erstausbildung eingestiegenen Unternehmen sind ein beredtes Zeugnis der von den Trägern geleisteten Arbeit. Denn nicht nur das Methodenspektrum schien sich erschöpft zu haben, auch die Situation, noch nicht ausbildende bzw. schon seit mehr als fünf Jahren nicht mehr ausbildende Unternehmen aufzuschließen, stand zu Beginn der Kampagne noch vor einer anderen – vor allem demografisch bedingten – Situation als sie uns heute gegenwärtig ist. Noch wichtiger als die Erfüllung der quantitativen Zielvorgaben war aus Sicht der wissenschaftlichen Begleitung, dass in der Tat neue Ansätze der Gewinnung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten erprobt worden sind, die sich durchaus als praktikabel und tragfähig erwiesen haben und die es wert sind, in breiterem Maßstab – sprich zumindest Brandenburg weit – angewendet zu werden. Welche Ansätze können hier kurz herausgestellt werden? Da ist zunächst ein Beratungsansatz zu nennen, in dem Ausbildungsplatzentwicklung bewusst in das Zentrum einer 30 Dr. Frank Schiemann Dr. Karsten Schuldt übergreifenden Personalentwicklung gestellt wurde. Es wurden also nicht nur Ausbildungsplätze „eingeworben“, sie wurden in einem vertiefenden Beratungsprozess aus den wirtschaftlichen und technisch-technologischen Entwicklungsmöglichkeiten des jeweiligen Unternehmen systematisch abgeleitet. Dabei spielten Fragen demografischer Entwicklungen in der Belegschaft genauso eine Rolle wie die beabsichtige Erschließung neuer Geschäftsfelder und deren personelle Konsequenzen für eine solide Unternehmensentwicklung. Herauszustellen sind auch die Erfahrungen, in denen es unter branchenfokussierten Ansätzen darum ging, in gemeinhin als wenig attraktiv geltenden Wirtschaftszweigen – u.a. der Landwirtschaft – neue Ausbildungspotenziale zu erschließen und zugleich dafür zu sorgen, dass die zustande gekommenen Ausbildungsverhältnisse auch die „Höhen und Tiefen“ des Ausbildungsalltages meistern. Dabei hat sich in der praktischen Projektarbeit – einem intensiven Coachingprozess in den ausbildenden Unternehmen – gezeigt, dass eine externe Ausbildungsbegleitung, in der die Interessen sowohl der Ausbildungsbetriebe als auch der Auszubildenden ernst genommen werden, gerade in den ersten Monaten der Ausbildungszeit sehr wohl in der Lage ist, Ausbildungsverhältnisse über Schwierigkeiten hinweg langfristig stabilisieren zu können. Zusammenfassend kann eingeschätzt werden, dass die 15. INNOPUNKT-Kampagne einen wesentlichen Beitrag zur Identifikation neuer Formen und Wege der Ausbildungsplatzgewinnung geleistet hat, die es nunmehr in die Breite zu transferieren gilt. Dr. Frank Schiemann, SÖSTRA - Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen GmbH Dr. Karsten Schuldt, PIW Progress-Institut für Wirtschaftsforschung Impressum INNOPUNKT Dokumentationsreihe Herausgeber: LASA Brandenburg GmbH Wetzlarer Straße 54, 14482 Potsdam Telefon: (03 31) 600 25 13 Telefax: (03 31) 600 24 00 E-Mail: lasa@lasa-brandenburg.de Internet: www.lasa-brandenburg.de, www.innopunkt.de Projektleitung: Birgit Gericke Redaktion: Birgit Gericke, Pressebüro transit berlin.pro media Konzept und Gestaltung: VAV Werbeagentur Druck: Brandenburgische Universitätsdruckerei und Verlagsgesellschaft Potsdam mbh Fotos: Catherine Gericke Photodesign Bestellung: Die Exemplare sind kostenlos und können telefonisch und schriftlich bestellt werden. Nachdruck – auch auszugsweise – nur zulässig mit Quellenangabe und Zusendung von zwei Belegexemplaren. Diese Dokumentation wird durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg gefördert. Europäischer Sozialfonds - Investition in Ihre Zukunft Adressen und Ansprechpartner Weitere Ansprechpartner Projekt: ABC für KMU - AusBildungsCoaching für klein- und mittelständische Unternehmen Projektträger: Ausbildungsverbund Teltow e.V. – Bildungszentrum der IHK Potsdam Oderstraße 57, 14513 Teltow Ansprechpartnerin: Solvay Knopf Tel.: (0 33 28) 47 51 – 30 Fax: (0 33 28) 47 51 – 19 knopf@avt-ev.de www.avt-ev.de Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg Heinrich-Mann-Allee 103, 14473 Potsdam AnsprechpartnerInnen: Michael Zaske, Dr. Alexandra Bläsche Tel.: (03 31) 8 66-0 michael.zaske@masgf.brandenburg.de alexandra.blaesche@masgf.brandenburg.de www.masgf.brandenburg.de Projekt: MAHA - Mehr Ausbildungsplätze durch höhere Ausbildungsqualität Projektträger: bbw Akademie für Betriebswirtschaftliche Weiterbildung GmbH Potsdam Schlaatzweg 1, 14473 Potsdam Ansprechpartnerin: Susen-Arian Aßmann Tel.: (03 31) 2 00 18 24 Fax: (03 31) 2 00 18 19 susen-arian.assmann@bbw-akademie.de www.bbw-gruppe.de Projekt: Integriertes Modell BMI Projektträger: FAW Fürstenwalder Aus- und Weiterbildungszentrum gGmbH Julius-Pintsch-Ring 25, 15517 Fürstenwalde Ansprechpartnerin: Barbro Kluge Tel.: (0 33 61) 74 86 70 info@fawz.de www.fawz.de SÖSTRA - Institut für Sozialökonomische Strukturanalysen GmbH Torstraße 178, 10115 Berlin Ansprechpartner: Dr. Frank Schiemann Tel.: (030) 2 80 71 67 Fax: (030) 2 80 71 66 soestra@soestra.de www.soestra.de PIW Progress-Institut für Wirtschaftsforschung GmbH Hannemannstraße 113, 14513 Teltow Ansprechpartner: Dr. Karsten Schuldt Tel.: (0 33 28) 30 30 11 Fax: (0 33 28) 30 30 10 piw-teltow@t-online.de www.piw.de LASA Brandenburg GmbH Wetzlarer Straße 54, 14482 Potsdam Themenverantwortlich: Dr. Matthias Vogel Tel.: (03 31) 6 00 25 11 lasa@lasa-brandenburg.de www.lasa-brandenburg.de Projekt: Berufsausbildung im Gastgewerbe Projetkträger: GEHOGA Gesellschaft zur Förderung von Hotellerie und Gastronomie in Brandenburg mbH Schwarzschildstraße 94, 14480 Potsdam Ansprechpartner: Henryk Berendt Tel.: (03 31) 86 23 68 Fax: (03 31) 86 23 81 info@gehoga.de www.gehoga.de Projekt: Unternehmen: Weitblick Projektträger: Gesellschaft für Personalentwicklung Nord mbH (GPN) Hagelberger Straße 9, 10965 Berlin AnsprechpartnerInnen: Ursula Blankenburg, Dr. Uwe Gluntz Tel.: (030) 61 65 97 62 Fax: (030) 61 65 97 61 brandenburg@gpnord.de www.unternehmen-weitblick.de Projekt: ZULAUF - Zukunft durch Ausbildung in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Projektträger: Unique Gesellschaft für Arbeitsgestaltung, Personalund Organisationsentwicklung mbH Großbeerenstraße 89, 10963 Berlin Ansprechpartnerin: Isabel Haber Tel.: (030) 25 29 76 40 Fax: (030) 25 29 76 41 info@unique-berlin.de www.unique-berlin.de Projekt INNOPUNKT Gefördert durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Brandenburg. Europäischer Sozialfonds - Investition in Ihre Zukunft