Überfachliche Kompetenzanforderungen in den

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Überfachliche Kompetenzanforderungen in den
Stefan Brall
Überfachliche Kompetenzanforderungen
in den Ingenieurwissenschaften.
Eine Literaturanalyse
-2-
Impressum und Kontakt
© 2009 RWTH Aachen University
Zentrum für Lern- und Wissensmanagement und
Lehrstuhl Informationsmanagement im Maschinenbau
Ansprechpartner:
Stefan Brall
Dennewartstraße 27, D-52068 Aachen, Germany
Tel.:
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E-Mail: brall@zlw-ima.rwth-aachen.de
Internet: http://www.zlw-ima.rwth-aachen.de
Titelbild: http://www.sxc.hu/photo/922004
-3-
Abstract
Die vorliegende Broschüre versucht auf Grundlage von Sekundäranalysen das diffuse Bild der
überfachlichen Kompetenzanforderungen für die Ingenieurwissenschaften ein wenig zu
sortieren. Hierzu werden einerseits die Anforderungen aus Sicht der Berufsverbände und
andererseits die Anforderungen von Studierenden sowie der Personalentwicklung und
Hochschuldidaktik zusammen getragen. Die Zusammenführung ergibt ein Gesamtbild der
überfachlichen Kompetenzanforderungen sowohl für Absolventen der konsekutiven
Studiengänge als auch für Promovierende der Ingenieurwissenschaften.
-4-
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung......................................................................................................................... 6
2. Was sind Kompetenzen? ................................................................................................ 7
3. Überfachliche Kompetenzprofile von Universitätsabsolventen in den
Ingenieurwissenschaften .............................................................................................. 12
3.1 Einleitung ................................................................................................................. 12
3.2 Tuning-Educational Structures in Europe ................................................................ 12
3.3 HIS - Hochschulinformationssystem ....................................................................... 15
3.4 VDMA - Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer .................................... 17
3.5 VDE - Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik..................... 18
3.6 VDI – Verein deutscher Ingenieure ......................................................................... 19
3.7 Zusammenfassung .................................................................................................... 20
4. Überfachliche Kompetenzanforderungen der Wissenschaftler ............................... 21
4.1 Einleitung ................................................................................................................. 21
4.2 Anforderungen der Industrie an die Promovierenden am Beispiel
Maschinenbau und Verfahrenstechnik ..................................................................... 21
4.3 Anforderungen an Lehrende aus Sicht der Studierenden ......................................... 24
4.4 Anforderung aus Sich der Hochschuldidaktik und Personalentwicklung ................ 25
5. Zusammenführung ....................................................................................................... 30
6. Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 34
-5-
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Modell der beruflichen Handlungskompetenz (nach Schaper & Sonntag 1992)........................ 10
Abbildung 2: Die Bedeutung von Kompetenzen für das beruflich Handeln; HIS-Absolventenbefragung
2001, 1. Welle (Schaeper & Briedis 2004: 35) ......................................................................... 16
Abbildung 3: Nichttechnische Kompetenzen von Ingenieuren (VDE 2005: 4) ............................................... 19
Abbildung 4: Bewertung der eigenen Kompetenzen von promovierten Ingenieurinnen und Ingenieuren
(Feller et al. 2007: 15)............................................................................................................... 22
Abbildung 5: Kompetenzen von promovierten Ingenieurinnen und Ingenieuren aus Unternehmenssicht
(Feller et.al. 2007: 10)............................................................................................................... 23
Abbildung 7: Verteilung der Kompetenznennungen auf die Kompetenzbereiche ........................................... 32
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Tuning Competence - Combined Ranking. Graduates & Employers (Gonzáles/Wagenaar 2003:
85) ............................................................................................................................................. 14
Tabelle 2: Auswahl von Kompetenzmerkmalen der HIS Absolventenbefragung (Schaeper & Briedis
2004: 7) ..................................................................................................................................... 15
Tabelle 3: Für die praktische Ingenieurtätigkeit erforderliche Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen
(VDI 2007)................................................................................................................................ 20
Tabelle 4: Kompetenzen guter Universitätslehrer (Reichmann 2008: 55)........................................................ 25
Tabelle 5: Mögliche Element der Kompetenzfelder (Hubrath 2006: 49) ......................................................... 27
Tabelle 6: Kompetenzbereiche von Lehrenden (Webler 2004) ........................................................................ 28
Tabelle 7: Gebündelte und in Kompetenzbereichen geclusterte überfachliche Kompetenzen aus den
Literaturanalysen der Kapitel 3und 4. ....................................................................................... 31
-6-
1.
Einleitung
Zur Bewältigung, alter, aber auch neuer Herausforderungen des universitären Alltags
benötigen die Mitarbeiter der Hochschule umfassende Kompetenzen. Führt man publizierte
Kompetenzprofile von Wissenschaftlern zusammen, so kann man sich häufig nicht des
Eindrucks erwehren, dass der heutige Wissenschaftler eine „Eier legende Wollmilchsau“ zu
sein scheint. Dieser Abschnitt stellt prominente Beispiele der in der Literatur beschriebenen
Kompetenzprofile vor. Nach einer grundlegenden Einführung zum Thema Kompetenzen
(Kapitel 0) zeigen die folgenden beiden Kapitel zum einen, welche Kompetenzen Studierende
der Ingenieurwissenschaften zum Einstieg in das Berufsleben mit bringen sollten (Kapitel 0)
und zum anderen, welche spezifischen Kompetenzprofile für Wissenschaftler diese
Basiskompetenzen weiter ergänzen (Kapitel 0). Diese sind jeweils mit Ausrichtung auf
verschiedene Zielgruppen erstellt worden, so dass erst die Zusammenführung ein
Gesamtprofil promovierte Ingenieure ergibt (Kapitel 0).
-7-
2.
Was sind Kompetenzen?
Die heutige Sichtweise auf den Begriff „Kompetenz“ ist eingebettet in vielfältige
Veränderungen der Bildungslandschaft. Bis in die 70er Jahre hinein prägte der umfassende
humboldtsche Bildungsbegriff, der auf die Entwicklung einer selbständigen individuellen
Persönlichkeit zielte, die Vorstellungen im Bildungsbereich. Mitte der 70er Jahre wurde der
Bildungsbegriff in der Berufsbildung durch den Begriff „Qualifikation“ abgelöst, welcher sich
nicht mehr an der Persönlichkeit, sondern an dem ökonomischen und gesellschaftlichen
Bedarf orientierte.
„Qualifikation bezeichnet ein für eine bestimmte arbeitsteilige Verrichtung
notwendiges Wissen und Können, das als subjektives Handlungspotential dem
Subjekt zur Problembewältigung zur Verfügung steht.“ (Kirchhöfer 2004: 66)
Der an der Tätigkeit orientierte Begriff, der auch Berufe bzw. berufliche Handlungsfelder
beschreibt, wurde zeitgleich mit seiner Erstehung um eine extrafunktionale oder
prozessübergreifende
Sicht
erweitert.
Mertens
definiert
die
sogenannten
„Schlüsselqualifikationen“ als
„…solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren
und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkelten erbringen,
sondern vielmehr
a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als
alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und
b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist
unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des
Lebens.“ (Mertens 1974: 40)
In der deutschen Diskussion beginnt der Begriff der Kompetenz den Qualifikationsbegriff in
den 80er Jahren ab zu lösen. Als Gründe hierfür werden die sich verändernden produktiven
Anforderungen angeführt, die dazu führten, dass sich Unternehmen und damit auch die
Arbeitnehmer an die neuen Umweltanforderungen anpassen müssen (Lichtenberger 1999:
282ff). Im Zuge der beginnenden Globalisierung reichte das Programm der beruflichen
(Weiter-) Bildung nicht aus um die notwendigen Anforderungen des dauerhaften Umgangs
mit Unsicherheit und Wandel zu beschreiben. Diese Verschiebung hin zum Begriff der
Kompetenz ging einher mit einschneidenden Veränderungen in den Lebenswelten, des
-8-
Verständnisses des Subjekts und der Wissenschaftstheorie (Schmidt 2005: 180). Während auf
der Seite der Wissenschaftstheorie Konzepte wie Komplexität, Dynamik, Reflexivität und
Zukunftsoffenheit an Bedeutung gewinnen und damit derSelbstorganisation einen zentralen
Stellenwert einräumten, wurden die Konsequenzen des Umbruchs mit Begriffen wie
„lebenslanges Lernen“, „Patchworkbiografie“ oder „ICH-AG“ beschrieben (Schmidt 2005:
180f). Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass eine Definition des Kompetenzbegriffs diese
Entwicklungen aufgreifen musste um zu einer theoretischen, wie praktische Relevanz zu
gelangen.
Das
Kompetenzkonzept
im
Forschungsprogramm
„Lernkultur
Kompetenzentwicklung“, welches die Debatte in Deutschland richtunggebend beeinflusst hat
ist eine solche, heute weitgehend akzeptierte, Definition.
„Kompetenzen als Selbstorganisationsdispositionen, also als Anlagen,
Bereitschaften, Fähigkeiten, selbst organisiert und kreativ zu handeln, und mit
unscharfen oder fehlenden Zielvorstellungen und mit Unbestimmtheit umzugehen,
existieren auf den Ebenen von Einzelnen, Teams, Unternehmen, Organisationen
und Regionen.“ (Heyse et.al. 2002: 11, Herv. im Orig.)
Insbesondere im Bereich der beruflichen Weiterbildung hat dabei der Begriff der
Handlungskompetenz eine große Bedeutung erlangt (Arnold & Krämer-Stürzl 1996, Hofman
& Regnet 2003, Pelz 2000, Frank 1996, Sonntag & Schaper 1992).
„Handlungskompetenz wird definiert als die Motivation und Befähigung einer
Person zur selbstständigen Weiterentwicklung von Wissen und Können auf einem
Gebiet. Sie beschreibt die Kapazität einer Person zur erfolgreichen Bewältigung
neuer Aufgaben. Als Mechanismus gilt das selbstorganisierte Lernen (…).“
(Bergmann 2004: 19f)
Im Modell der beruflichen Handlungskompetenz nach Schaper und Sonntag (1992) werden,
ähnlich wie bei Heyse et.al. 2002, vier Kompetenzbereichen beschrieben. Sie unterscheiden
die Fach- und Methodenkompetenz sowie die soziale und personale Kompetenz.
Handlungskompetenz ergibt sich aus dem Zusammenspiel dieser Kompetenzen, die den
Autoren zufolge eine optimale Bewältigung von beruflichen Anforderungen gewährleistet.
Der Begriff der Fachkompetenz (auch als Sachkompetenz bezeichnet) beschreibt die
Fähigkeit fachliches Wissen anzueignen und zu verändern sowie im Rahmen bestimmter
Aufgaben und Arbeitsprozesse abzurufen und anzuwenden. Das impliziert die Fähigkeit,
-9-
Zusammenhänge zu erkennen, Sachverhalte zu interpretieren sowie Gesetzmäßigkeiten
ableiten
zu
können.
Fachbezogenes
Wissen
bezieht
sich
z.B.
auf
„Fakten,
Klassifikationssysteme, Verfahrensweisen“ (Langosch, 1993: 62) sowie Vorschriften und
Richtlinien oder die Bedienung von Geräten am Arbeitsplatz. Die Fachkompetenz umschließt
auch die Fähigkeit, die eigenen fachlichen Fertigkeiten und ihren Einsatz hinsichtlich ihres
Nutzens zu bewerten.
Die
Methodenkompetenz
beinhaltet
die
Fähigkeit
berufliche
Fertigkeiten
situationsübergreifend, z.B. zur Bewältigung von Problemen oder Entscheidungsfindung,
anzuwenden. Hierzu zählt vor allem die Übertragung von „Verfahrensweisen und Strategien
zur Planung, Durchführung und Kontrolle situationsgerechter Problemlösungen“ (Pelz, 2000:
8) in neue Arbeitsbereiche und den Erfolg hiervon entsprechend zu kontrollieren. Um dieses
bewirken zu können, sind vor allem kognitive Fähigkeiten wie Analyse, Synthese und
Bewertung notwendig. Um die Methoden anwenden zu können, bedarf es vor allem in der
Produktion psychomotorischer Fähigkeiten.
Kommunikative und kooperative Verhaltensweisen werden durch die soziale Kompetenz
zusammengefasst. Sie kommt in Interaktionssituationen, wie z.B. bei Gruppenprozessen zum
Tragen. Hierbei ist es beispielsweise wichtig, „Informationen möglichst vollständig zu
übermitteln“ (Arnold & Stürzl 1996: 208) und so ein produktives Arbeiten zu ermöglichen.
Dafür ist es manchmal notwendig eine „Veränderung und Vereinbarung sozialer Regeln“
(Langosch 1993: 62) herbeizuführen sowie aktiv an der „Konzeption, Gestaltung, Analyse der
Gruppenprozesse“ (ebd.) mitzuwirken.
Der personalen Kompetenz (synonyme Bezeichnungen: Selbstkompetenz, individuelle
Kompetenz) werden Aspekte der individuellen Persönlichkeit zugeordnet. Dazu gehören u.a.
persönliche motivationale und emotionale Aspekte. Werthaltungen und Begabungen sowie
die eigene Reflexion hierüber und hinsichtlich der eigenen Entfaltung spielen hierbei eine
wichtige Rolle. Motivationale Aspekte sind z. B. „das Lenken der Aufmerksamkeit auf
bestimmte Sachverhalte“ (Langosch 1993: 62) sowie die „Freude an der Mitarbeit“ (ebd.).
-10-
Die Differenzierung der vier Kompetenzbereiche verdeutlicht, dass die Förderung eines
Kompetenzbereichs nur im Zusammenhang mit anderen Kompetenzbereichen gesehen
werden kann. Bei der Entwicklung der Selbstlernkompetenz, welche dem Bereich der
Methodenkompetenz zuzuordnen ist, spielt die fachliche Kompetenz beispielsweise eine
bedeutende Rolle. Selbstlernkompetenzen können zum einen nicht kurzfristig und zum
anderen nicht losgelöst von der Vermittlung fachlicher Inhalte erworben werden (Seel 2000).
Die genannten Kompetenzen werden somit nie einzeln verwendet, sondern je nach Situation
mit unterschiedlicher Gewichtung, meist in Kombination miteinander gebraucht (Abbildung
1).
Fachkompetenz
Methoden
Kompetenz
Soziale
Kompetenz
Berufliche
Handlungskompetenz
Personale Kompetenz
Abbildung 1: Modell der beruflichen Handlungskompetenz (nach Schaper & Sonntag 1992)
Sonntag & Schaper (1992) ordnen den jeweiligen Kompetenzen entsprechend geeignete
ausgewählte Trainingsmethoden zu. So sollen Fachkompetenzen vorrangig durch Methoden,
die berufliche Fertigkeiten und Kenntnisse schulen, ausgebaut werden. Diese Kompetenz
kann ihrer Ansicht nach durch computergestützte Lernmethoden oder tutorielle Systeme der
„Wissensaneignung, -veränderung, -aktivierung und -nutzung“ (Frieling & Sonntag
1999: 192) gefördert werden. Zur Erweiterung der Methodenkompetenz eignen sich vor allem
-11-
Verfahren, die situationsübergreifend flexibel einzusetzende kognitive Fähigkeiten trainieren.
(Simulationsmethoden und kognitive Trainingsverfahren, wie z.B. Planspiele). Zur Förderung
sozialer Kompetenz werden „Methoden, deren Intention in der Förderung kommunikativer
und kooperativer Verhaltensweisen von Organisationsmitgliedern“ (ebd.: 188) liegen,
herangezogen
(z.B.
Gruppen-
und
Kommunikationstrainings
sowie
Lern-
oder
Qualitätszirkel). Die personale Kompetenz sollte durch Reflexion des Selbstkonzeptes sowie
der damit zusammenhängenden motivationalen und emotionalen Aspekte befördert werden
(z.B. suggestopädische Methoden; ebd.: 189)
Erst das optimale Zusammenspiel der vier angeführten Kompetenzbereiche führen zur
beruflichen Handlungskompetenz. Der Erwerb der Handlungskompetenz kann nicht durch
Weiterbildung vermittelt werden, da diese auf Wissensvermittlung und nicht auf
Handlungsfähigkeit gerichtet ist (Staudt & Kriegsmann 1999). Handlungskompetenz wird
letztendlich in realen Handlungsvollzügen durch die Ausbildung von vernetzten, expliziten
und impliziten Wissen erworben. Die Motivation von einzelnen Mitarbeitenden zum
selbstorganisierten
beruflichen
Handlungskompetenzerwerb
ist
jedoch
durch
die
Arbeitsumgebung, wie beispielsweise dem Problemgehalt der Arbeit als auch durch die zur
Verfügung gestellten Handlungsspielräume, maßgeblich beeinflusst (Schiersmann/Remmele
2002: 30).
Im Folgenden sollen die überfachlichen Kompetenzbereiche, welche die methodischen, die
sozialen und die personalen Kompetenzen umfassen, genauer betrachtet werden.
-12-
3.
Überfachliche
Kompetenzprofile
von
Universitätsabsolventen
in
den
Ingenieurwissenschaften
3.1
Einleitung
Überfachliche
Kompetenzen
von
Universitätsabsolventen
werden
in
verschiedenen
Zusammenhängen beschrieben und in diesem Kapitel kur vorgestellt werden. Eine der
prominentesten Befragungen in Deutschland ist die HIS-Absolventenbefragung, welche seit
1989 durchgeführt wird. Im europäischen Tuning-Projekt wurde darüber hinaus der Versuch
unternommen für verschiedene Fächer Kompetenzprofile zu erstellen. Im Vorfeld der
Umstellung hin zu Bachelor- und Masterstudiengänge haben verschiedene Berufsverbände
Stellungnahmen hinsichtlich der Kompetenzanforderungen von Ingenieurinnen und
Ingenieuren veröffentlicht. Zudem wurden einige Studien erstellt, welche der Frage der
Kompetenzanforderung von Ingenieurinnen und Ingenieuren eingehender nachgehen.
3.2
Tuning-Educational Structures in Europe
Im Projekt „Tuning“, welches von 2000-2004 aus dem Sokrates Programm der EU gefördert
wurde, entwickelten die mehr als hundert beteiligten Einrichtungen Kompetenzprofile für
Hochschulabsolventen
in den Fächern Betriebswirtschaft, Erziehungswissenschaften,
Geologie, Geschichte, Mathematik, Physik und Chemie über die Definition von Learning
Outcome1 und nicht über die Definition der zu vermittelnden Inhalten. Der Tuning Bericht
(Gonzáles & Wagenaar 2003) unterscheidet drei Arten von überfachlichen Kompetenzen:
instrumentelle, interpersonelle und systemische2. Aus einer Liste von dreißig verschiedenen
Kompetenzen wurde ein Ranking aus den Antworten der befragten Universitätsabsolventen
und der Arbeitgeber erstellt (Tabelle 1). Hier zeigt sich, dass gerade Kompetenzen zum
1
2
Ein „Learning Outcome“ ist das Ergebnis, welches ein Student in einer bestimmten Zeit erreichen soll.
„Learning Outcomes werden häufig mit Lernzielen (Aim and Objectives) gleich gesetzt. Dies ist nach
Adam (2004) nicht richtig. „Learning Outcome“ beziehen sich auf das Lernen und den Lernenden,
während sich „Lernziele“ auf das Lehren beziehen. Damit markieren Outcomes auch den
Perspektivenwechsel vom Lehren hin zum Lernen (Wildt 2004).
Zu den instrumentellen Kompetenzen zählen beispielsweise kognitive und methodische Fähigkeiten als auch
technische und linguistische Fertigkeiten. Interpersonelle Fähigkeiten sind zum einen individuelles
Können als auch soziale Eigenschaften. Systemische Kompetenzen setzen die Fähigkeit voraus
verschiedene Teile als Ganzes zusammensetzten zu können. Sie erfordern sowohl instrumentelle als auch
interpersonelle Kompetenzen (Gonzales & Wagenaar 2007)
-13-
Problemlösen, welches auch die Übertragung und Anwendung neuen Wissens in
verschiedenen Situationen umfasst, die ersten Ränge belegt, gefolgt von sozialen
Kompetenzen, wie Teamarbeit und kommunikativen Fähigkeiten.
-14-
Combined
ranking
Label
Description
imp1
imp10
imp15
imp2
imp13
Capacity for analysis and synthesis
Capacity to learn
Problem solving
Capacity for applying knowledge in
practice
Capacity to adapt to new situations
imp29
imp11
Concern for quality
Information management skills
imp25
imp17
imp3
Ability to work autonomously
Teamwork
Capacity for organisation and planning
imp6
imp28
imp7
imp26
Oral and written communication in your
native language
Interpersonal skills
Will to succeed
Capacity for generating new ideas
(creativity)
Elementary computing skills
Decision-making
Critical and self-critical abilities
Ability to work in an interdisciplinary
team
Initiative and entrepreneurial spirit
Basic general knowledge
Grounding in basic knowledge of the
profession
Ability to communicate with experts in
other fields
Ethical commitment
Knowledge of a second language
Project design and management
imp9
Research skills
imp19
imp23
Leadership
Ability to work in an international
context
Appreciation
of
diversity
and
multiculturality
Understanding of cultures and customs
of other countries
imp18
imp30
imp14
imp8
imp16
imp12
imp20
imp27
imp4
imp5
imp21
imp22
imp24
Fähigkeit zur Analyse und Synthese
Die Fähigkeit zu Lernen
Die Lösung von Problemen
Die Fähigkeit, theoretisches Wissen in
die Praxis umzusetzen
Die Fähigkeit, sich neuen Situationen
anzupassen
Qualitätsbewusstsein
Fertigkeiten
im
Informationsmanagement
Die Fähigkeit, eigenständig zu Arbeiten
Teamarbeit
Die Fähigkeit zur Organisation und
Planung
Mündliche
und
schriftliche
Kommunikation in der Muttersprache
Kommunikationstechniken
Der Wille zum Erfolg
Die Fähigkeit, neue Ideen zu entwickeln
(Kreativität)
Grundlegende Computer-Kenntnisse
Das Treffen von Entscheidungen
Die Fähigkeit zur Kritik Selbstkritik
Die
Fähigkeit,
in
einem
interdisziplinären Team zu arbeiten
Unternehmungsgeist und Initiative
Grundlegende Allgemeinbildung
Ein Fundament im Basiswissen des
Fachs
Die Fähigkeit, mit Experten anderer
Bereiche zu kommunizieren
Ethisches Engagement
Die Beherrschung einer Fremdsprache
Projektgestaltung
und
-management
Forschungsund
Entwicklungsfertigkeiten
Mitarbeiterführung
Die Fähigkeit, in einem internationalen
Kontext zu arbeiten.
Die Anerkennung von Verschiedenheit
und Multikulturalität
Das Verständnis für Kulturen und
Gebräuche anderer Länder
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Tabelle 1: Tuning Competence - Combined Ranking. Graduates & Employers (Gonzáles &
Wagenaar 2003: 85)3
3
Die deutsche Übersetzung wurde der deutschen Version der „General Brochure“ des
Tuning-Projekts entnommen (Gonzales & Wagenaar 2007).
-15-
3.3
HIS - Hochschulinformationssystem
In der HIS Absolventenbefragung, welche als Längsschnittstudie die Absolventen ein erstes
mal ein Jahr und ein zweites mal vier Jahre nach dem Abschluss befragt, wird seit der
Absolventenbefragung
2001
(Briedis
&
Minks
2004)
die
Bedeutung
von
34
Kompetenzmerkmalen erhoben (Tabelle 2).
Kompetenzbereich
Item
spezielles Fachwissen
breites Grundlagenwissen
fachspezifische theoretische Kenntnisse
Kenntnis wissenschaftlicher Methoden
fachübergreifendes Denken
Fremdsprachen
Allgemeinbildung
Kenntnisse in EDV
Rechtskenntnisse
Wirtschaftskenntnisse
Organisationsfähigkeit
Problemlösungsfähigkeit
selbständiges Arbeiten
Zeitmanagement
Fähigkeit, vorhandenes Wissen auf neue Probleme anzuwenden
Fähigkeit, Wissenslücken zu erkennen und zu schließen
kritisches Denken
analytische Fähigkeiten
Kooperationsfähigkeit
Verhandlungsgeschick
Führungsqualitäten
Kommunikationsfähigkeit
Durchsetzungsvermögen
schriftliche Ausdrucksfähigkeit
mündliche Ausdrucksfähigkeit
Konfliktmanagement
Fähigkeit, die Sichtweisen und Interessen anderer zu berücksichtigen
andere Kulturen kennen und verstehen
Fähigkeit, konzentriert und diszipliziert zu arbeiten
Sorgfalt
Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen
Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen
wissenschaftliche Ergebnisse/Konzepte praktisch umsetzen
Wissen über die Auswirkungen meiner Arbeit auf Natur und Gesellschaft
bereichsspezifische Fachkompetenz
Sachkompetenz
Methodenkompetenz
Sozialkompetenz
Selbstkompetenz
Anwendungskompetenz
Gesellschafts-/Umweltkompetenz
Tabelle 2: Auswahl von Kompetenzmerkmalen der HIS Absolventenbefragung (Schaeper &
Briedis 2004: 7)
Die
Absolventenbefragung
von
2001
veranschaulicht
deutlich,
dass
ein
breites
Grundlagenwissen die Basis des Kompetenzprofils eines jeden Absolventen ist. Neben
fachübergreifendem Denken und EDV Kenntnissen zeigt sich die Fähigkeit wissenschaftliche
Ergebnisse
oder
Konzepte
tatsächlich
umsetzten
zu
können
als
eine
wichtige
bereichsspezifische Kompetenz. Bezieht man die überfachlichen Kompetenzen in die
Betrachtung ein, so wird deutlich, dass ohne eine breite Ausbildung dieser Bereiche
-16-
berufliches handeln nicht möglich ist. Während die methodischen und organisatorischen
Kompetenzen fast durchweg hoch bewertet wurden stechen bei den Sozialkompetenzen die
Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit neben der Übernahme von Verantwortung
hervor (Abbildung 2). Die Ergebnisse werden in der Befragung von 2005 weitgehend
bestätigt (Briedis 2007: 54ff)
bereichsspez. Kompetenz insgesamt
spezielles Fachwissen
fachspez. Theor. Kenntnisse
Einzelitems:
breites Grundlagenwissen
Kenntnis wiss. Methoden
Kenntnisse in EDV
Rechtskenntnisse
Wirtschaftskenntnisse
Fremdsprachen
fachübergreifendes Denken
wiss. Ergebn./Konzepte umsetzen
Methodenkompetenz insg.
kritisches Denken
Wissenslücken erkennen/schließen
Wissen auf neue Probleme anwenden
selbstständiges arbeiten
konzentriert und diszipliniert arbeiten
Problemlösungsfähigkeit
analytische Fähigkeiten
(Selbst-)Organisationskompetenz insg.
Organisationsfähigkeit
sich auf Veränderungen einstellen
Zeitmanagement
Sozialkompetenz insg.
Kommunikationsfähigkeit
Verhandlungsgeschick
Führungsqualitäten
Kooperationsfähigkeit
Durchsetzungsvermögen
Verantwortung übernehmen
Konfliktmanagement
andere berücksichtigen
Präsentationskompetenz insg.
schriftliche Ausdrucksfähigkeit
mündliche Ausdrucksfähigkeit
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90 100
Abbildung 2: Die Bedeutung von Kompetenzen für das beruflich Handeln; HISAbsolventenbefragung 2001, 1. Welle (Schaeper & Briedis 2004: 35)
-17-
3.4
VDMA - Verein Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer
Durch eine Befragung von Ingenieurinnen und Ingenieuren im Maschinen- und Anlagenbau
im zweiten Halbjahr 1998 durch den VDMA (Verein Deutscher Maschinen- und
Anlagenbauer) wurden u.a. Kenntnisse und Fähigkeiten, die berufstätige Ingenieurinnen und
Ingenieure mitbringen sollten, erfasst. Im Bereich der Fachkompetenz gewinnt neben der
fundierten und breit angelegten Grundausbildung für Ingenieurinnen und Ingenieure in
Deutschland zunehmend die Sprachkenntnis an Bedeutung, wobei Englisch mit 97% am
meisten gefordert wird, gefolgt von Französisch mit 42 und Spanisch mit 22% (vgl. Acker et
al. 1999). Für die Methodenkompetenz wurden betriebswirtschaftliche Grundlagen,
Projektmanagementkenntnisse sowie Grundlagen in Marketing und Vertrieb mit jeweils zu
über
50%
in
der
betrieblichen
Umfrage
des
VDMA
als
notwendig
erachtet.
Kommunikationsfähigkeit sowie Kunden- und Prozessorientierung waren für 86% bzw. 75%
der Befragten im Bereich der sozialen Kompetenz von hoher Bedeutung. Effiziente
Arbeitstechniken und Zeitmanagement sowie Führungskompetenz wurden von 50% bzw.
21% der Befragten als wichtig erachtet. Im Bereich der personalen Kompetenz setzen sich die
meist geforderten Fähigkeiten laut Umfrage aus Flexibilität und Kreativität, einer hohen
Lernbereitschaft und Mobilität zusammen. Acker fasst die Ergebnisse der befragten
Ingenieurinnen & Ingenieure folgendermaßen zusammen:
„Auf dem Wunschzettel der Unternehmen stehen ganz oben an
betriebswirtschaftliche Grundlagenkenntnisse, gute schriftliche und mündliche
Ausdrucks- und Kommunikationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität,
Kreativität. Diese über- und außerfachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse gehören
heute zur Gesamtqualifikation eines Ingenieurs und prägen sein Berufs- und
Persönlichkeitsprofil maßgeblich mit.“ (Acker et al. 1999: 48 f.)
In einer Studie der IMPULS-Stiftung des VDMA (Feller & Stahl 2005) wurden in
ausführlichen Interviews Kompetenzen von Ingenieurinnen und Ingenieuren ermittelt, die in
Worksshops mit Expertinnen und Experten weiter diskutiert wurden. In der Erhebung wurden
folgende überfachliche Kompetenzen als Mindeststandard für die Ingenieurausbildung
formuliert:
−
Grundlegende Prozesse über betriebliche Strukturen, Prozesse und Abläufe,
−
Kostenbewusstsein
-18-
−
Projektmanagement,
−
Kommunikationsfähigkeit,
−
Kundenorientierung,
−
Teamfähigkeit,
−
Englische Sprachkenntnisse,
−
Interkulturelle Kompetenz,
−
Zeitmanagement und Selbstorganisation,
−
Vernetztes und systematisches Denken,
−
Zielorientierung
−
Arbeitsmethoden,
−
Lernkompetenz,
−
Durchsetzungsvermögen und Präsentationsfähigkeit. (Feller & Stahl 2005: 40f).
Die Studie zeigt deutlich, dass gerade die Möglichkeit zur Anwendung der Kompetenzen in
der Praxis als besonders relevant angesehen wird. Fachliche und überfachliche Kompetenzen
greifen in der Praxis in einander, so dass von den befragten Unternehmen gefordert wird, dass
die überfachliche Kompetenzentwicklung in Universitäten nicht losgelöst von fachlichen
Inhalten vermittelt werden sollte, sondern integrierte handlungsorientierte Konzepte optimal
auf die beruflichen Anforderungen vorbereiten (Feller & Stahl 2005: 39f).
3.5
VDE - Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik
Der VDE (Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik) veröffentlichte im
März 2005 eine Stellungnahme des VDE-Ausschusses „Beruf, Gesellschaft und Technik“ zu
Ingenieurkompetenzen von Berufseinsteigern. Die darin beschriebenen sogenannten
nichttechnischen Kompetenzen decken das ganze Spektrum überfachlicher Kompetenzen ab
(Abbildung 3). In der Stellungnahme wird insbesondere auf die Bedeutung der sprach-, der
betriebswirtschaftlichen und der juristischen Kompetenz verwiesen (VDE 2005: 5).
-19-
Nichttechnische Kompetenzen
Methodenkompetenz
−
-Lernen
−
Analysieren
−
Gestalten
−
Planen
−
Entscheidungen
−
Verändern
−
Organisieren
Sozialkompetenz
−
sich anpassen
−
im Team zusammen arbeiten
−
interkulturelle Kompetenz
−
kommunizieren
−
Initiative ergreifen
−
im Netzwerk arbeiten
−
Verständnis zeigen
Sprachkompetenz
−
Englisch flüssig in Wort und Schrift
−
Weitere Sprache flüssig in Wort
Unternehmerische Kompetenz
−
motivieren
−
durchsetzten
−
strategisch denken
−
orientieren am Kunden
−
orientieren am Ergebnis
−
Coaching
−
Mentoring
Grundlagen der Betriebswirtschaft
Verständnis juristischer Denkweise
Abbildung 3: Nichttechnische Kompetenzen von Ingenieuren (VDE 2005: 4)
3.6
VDI – Verein deutscher Ingenieure
Der VDI (Verein deutscher Ingenieure) lehnt sich mit seinen Empfehlungen an die Ergebnisse
der internationalen Zusammenarbeit in der ASIIN (Akkreditierungsagentur für Studiengänge
der Ingenieurwissenschaften, der Informatik, der Naturwissenschaften und der Mathematik),
der ENEAA (European Network for Accreditation of Engineering Education) und der FEANI
(Föderation Europäischer Nationaler Ingenieurverbände) an. In einem von der europäischen
Union geförderten Projekt wurden europäische Rahmenstandards für die Akkreditierung
ingenieurwissenschaftlicher Studiengänge beschrieben (EUR-ACE 2005), die in den vom
VDI beschriebenen Grundsätzen übernommen wurden (VDI 2007).
Für die Ausbildung der Kompetenzen im Studium sieht der VDI ein nebeneinander von
integrierter überfachlicher Kompetenzentwicklung und eigenständigen Veranstaltungen
Berufsbefähigung erreicht man nur, wenn neben den fachlichen Grundlagenfächern
anwendungsbezogene und überfachliche Inhalte treten, sowie die erste eigenständige
Anwendung des Wissens und Könnens in Praktika und der Abschlussarbeit (VDI 2004: 8).
Dies wird auch deutlich in einer Studie der vdi-nachrichten in Zusammenarbeit mit dem
Fraunhofer IAO. Sowohl der Bachelor- als auch der Masterstudiengang sollen praxisnäher
ausgerichtet sein, wobei der fachliche Anteil im Masterstudiengang deutlich höher liegen
sollte (VDI-Nachrichten 2004).
-20-
−
sind teamfähig und können konstruktive Beiträge als Einzelner und als Mitglied eines Teams
liefern;
−
können verschiedene Methoden anwenden, um effektiv mit der ingenieurwissenschaftlichen
Bachelor
Gemeinschaft und mit der Gesellschaft insgesamt zu kommunizieren;
−
sind sich der gesundheitlichen, sicherheitsbezogenen und rechtlichen Auswirkungen und
Verantwortlichkeiten der ingenieurwissenschaftlichen Praxis sowie der Auswirkungen von
ingenieurwissenschaftlichen Lösungen in einem gesellschaftlichen und natürlichen Umfeld
bewusst und verpflichten sich dazu, der professionellen Ethik, der Verantwortung und den
Normen der ingenieurwissenschaftlichen Praxis entsprechend zu handeln;
−
sind sich der Methoden des Projektmanagements und der Geschäftspraktiken wie z.B. Risiko-
Master
und „Change-Management“ bewusst und verstehen deren Grenzen;
−
erkennen die Notwendigkeit selbständiger, lebenslanger Weiterbildung und sind dazu befähigt.
−
erfüllen alle Anforderungen an Absolventinnen und Absolventen des ersten Zyklus hinsichtlich
der Schlüsselqualifikationen auf dem höheren Niveau des zweiten Zyklus;
−
sind vorbereitet, effektiv als Leiter eines Teams, das aus unterschiedlichen Disziplinen und
Niveaus bestehen kann, arbeiten zu können;
−
sind vorbereitet, in nationalen und internationalen Kontexten effektiv arbeiten und
kommunizieren zu können.
Tabelle 3: Für die praktische Ingenieurtätigkeit erforderliche Kompetenzen und
Schlüsselqualifikationen (VDI 2007)
3.7
Zusammenfassung
Der Überblick über die verschiedenen Kompetenzanforderungen von Universitätsabsolventen,
insbesondere der Ingenieurwissenschaften macht deutlich, dass neben den fachlichen auch
überfachliche Kompetenzen ein wesentlicher Baustein der Berufsfähigkeit sind. Die
Forderung von Praktikern, die überfachliche Kompetenzentwicklung im Studium fest zu
verankern und dies vor allem durch die Integration in die fachlichen Veranstaltungen
unterstreicht ihre Bedeutung hinsichtlich der beruflichen Handlungsfähigkeit.
-21-
4.
Überfachliche Kompetenzanforderungen an Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler
4.1
Einleitung
Neben den spezifischen Kompetenzbeschreibungen für Studierende wurden auch für die
promovierenden im Zuge der Diskussion der Bolognareformen Kompetenzanforderungen von
den Berufsverbänden definiert. Eine weitere Sichtweise ist die der Studierenden, die
insbesondere mit Blick auf die Lehre relevante Aussagen zu notwendigen Kompetenzen
machen. Ein dritter Baustein sind Professionals der traditionsreichen Hochschuldidaktik und
der jüngeren Zunft der Personalentwickler an Hochschulen.
4.2
Anforderungen der Industrie an die Promovierenden am Beispiel Maschinenbau
und Verfahrenstechnik
Nach dem Abschluss der Promotion verlassen 90% der Ingenieurinnen und Ingenieure die
Hochschule und gehen beruflich in die Industrie. Die Bedeutung der Ingenieurpromotion zeigt
sich darin, dass immerhin 43% der Unternehmen Stellen bereithalten, die vorwiegend mit
Doktoringenieurinnen und -ingenieuren besetzt werden (Feller et al. 2007: 7). Die besetzten
Positionen
finden
sich
zum
Berufseinstieg
vor
allem
in
Forschungs-
und
Entwicklungsabteilungen sowie der Konstruktion, wobei die Tätigkeit insgesamt als stärker
Verantwortungsvoll mit einem deutlichen fachlichem Bezug, zu charakterisieren ist (ebd.: 7f).
Das Anforderungsprofil verschiebt sich bei dieser Gruppe im Vergleich zu Bachelor- oder
Masterabsolventen
insgesamt
hin
zu
stärkerer
Managementverantwortung
und
Führungskompetenzen. Dies heißt jedoch nicht, dass die Promotion für Ingenieurinnen und
Ingenieure ein Freischein zu einer Managementkarriere ist. Gleichwohl finden sich auch
häufig promovierte Ingenieurinnen und Ingenieure in den Vorstandsetagen deutscher
Unternehmen (ebd.: 8).
Blickt man auf die gestellten Kompetenzanforderungen für Doktoringenieurinnen und ingenieure, so wird auch hier deutlich, dass es nicht ohne eine Verknüpfung von fachlichen
und überfachlichen Kompetenzen geht. Die Promovierten Ingenieurinnen und Ingenieure
-22-
blicken dabei recht optimistisch auf ihre erworbenen Kompetenzen bei einem Wechsel in die
Industrie, was sich in ihrer positiven Selbsteinschätzung, insbesondere ihrer Fähigkeit zur
Selbstorganisation und Eigeninitiative, als auch in der Bewertung ihrer Kompetenz zur
zielgruppengerechten Kommunikation, sowie ihren Fähigkeiten zum Management von
Projekten, zeigt (Abbildung 4).
Selbstorganisation
Eigeninitiative
Mitarbeiterführung
Teamfähigkeit
Zielgruppengerechte Kommunikation
Produktentwicklung
Projektmanagement
Networking
Unternehmensstrukturen
BWL-Kenntnisse/ Management-Tools
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Abbildung 4: Bewertung der eigenen Kompetenzen von promovierten Ingenieurinnen und
Ingenieuren (Feller et al. 2007: 15)
Eine vertiefende Kompetenzentwicklung in Ergänzung zu bestehenden arbeitsintegrierten
Lernmöglichkeiten wird von den Promovierenden vor allem für die Vermittlung
grundlegender betriebswirtschaftlicher Kenntnisse, Personalführung, Projektmanagement und
Fremdsprachen gefordert (acatech 2008: 33). Der VDI/VDE ergänzt dies um die Fähigkeit
interdisziplinär und in einem internationalen Umfeld agieren zu können und neu erworbenes
Wissen an Dritte weitergeben zu können (VDI/VDE 2008: 2f). Unternehmen sehen
demgegenüber deutlich pessimistischer auf die Realität nach Abschluss der Promotion. Sie
-23-
benennen vielfältige Defizite bei den Absolventen hinsichtlich der erworbenen und benötigten
Kompetenzen für den beruflichen Alltag (Abbildung 5).
Mitarbeiterführung/ Lehre
Internationale Erfahrung
Projektmanagement
Networking
Unternehmensstrukturen
Management-Tools
Forschungs Know-How
0%
10%
20%
30%
ist stark ausgeprägt
40%
50%
60%
70%
80%
soll stark ausgeprägt sein
Abbildung 5: Kompetenzen von promovierten Ingenieurinnen und Ingenieuren aus
Unternehmenssicht (Feller et.al. 2007: 10)
Es wird deutlich, dass insbesondere die internationale Erfahrung, die Mitarbeiterführung und
Managementkenntnisse deutlich hinter den Erwartungen zurück bleiben (ebd.: 16). Dies
erstaunt, da die Unternehmen zu 85% insgesamt sehr zufrieden oder zufrieden mit dem
allgemeinen Qualifikationsniveau der Ingenieurinnen und Ingenieure sind (ebd.: 5f) Als
Begründung lässt sich anführen, dass die Unternehmen anscheinend die Erwartungen an die
Absolventen relativiert haben und in großem Maße fehlende Kompetenzen nachschulen.
„Ist diese Kernkompetenz vorhanden, werden offenbar auch vorhandene Defizite
relativiert und das Fehlen überfachlicher Qualifikationen scheint diese allgemeine
Zufriedenheit nicht stark zu beeinträchtigen.“ (Feller et.al. 2007: 11)
-24-
4.3
Anforderungen an Lehrende aus Sicht der Studierenden
Befragt man Studierende nach ihrer Meinung zu ihren Professoren, dann sieht man, dass die
meisten ein differenziertes Bild vor Augen haben. Das Interesse seine Eindrücke mit anderen
zu teilen ist derzeit ungebrochen, wie beispielsweise Bewertungsportale wie „meinProf“ im
Internet zeigen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Bewertung notwendiger
Kompetenzen von Lehrenden aus Sicht der Studierenden ist damit eine weitere Zugangsweise
zum Thema überfachliche Kompetenzanforderungen wissenschaftlichen Personals. Eine erste
Annäherung an die Thematik kann mit Tang (1997) erfolgen, der in einer Befragung von 3200
Studenten und 300 Absolventen untersuchte, welche Kompetenzen die Effektivität der Lehre
besonders unterstützen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass eine klare Präsentation des
Materials, die Beantwortung von Fragen, der höfliche und professionelle Umgang mit
Studenten sowie eine gute Vorbereitung einen bedeutenden Einfluss auf die Wirkungsweise
der Veranstaltung haben (Tang 1997: 383). Sander et al. (2000) benennt an erster Stelle die
Lehrfähigkeit des Dozenten. Erst auf dem zweiten Platz landet das Wissen, dicht gefolgt von
Erreichbarkeit und Enthusiasmus.
Im deutsprachigen Raum hat Preißer (1993) für die Evaluation der Lehre an der TU Berlin
ermittelt, welche Kompetenzen ein Lehrender aufweisen muss um aus Sich der Studierenden
als „guter“ Lehrer wahrgenommen zu werden. Die Untersuchung zeigt, dass dies abhängig ist
−
von einer verständlichen Ausdrucksweise,
−
ob das Interesse für das Stoffgebiet angeregt wurde,
−
vom Klima zwischen Studierenden und Lehrenden,
−
von der Vorbereitung der Sitzungen,
−
vom partnerschaftlichen Umgang der Lehrperson mit Studierenden und
−
von der Vergewisserung, ob die Studenten das Thema verstanden haben (Preißer 1993:
43)
Im Jahr 2008 veröffentlichte Reichmann die Ergebnisse einer Untersuchung von
Kompetenzen der Lehrenden aus Sicht von Studierenden, die er an der Universität Graz
durchgeführt hat. Die Analyse ermittelte einerseits in einer offenen Befragung die
notwendigen Kompetenzen (Tabelle 4) und andererseits wurden die Ergebnisse einer
-25-
Conjointanalyse unterzogen, mit der der Gesamtwert der Kompetenz eines Universitätslehrers
im Hinblick auf die Lehre berechnet wurde. Die Ergebnisse der Conjointanalyse zeigen, dass
gute Universitätslehrer sich durch einen professionelle Umgang mit Studierenden, der
Fähigkeit zur Wissensvermittlung, Fachwissen und Kommunikationsfähigkeit auszeichnen
(Reichmann 2008: 56).
Rang
Kompetenz
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
Professioneller Umgang mit Studierenden
Fähigkeit zur Wissensvermittlung
Kommunikationsfähigkeit
Fachwissen
Rhetorik
Praxisbezug bzw. Praxiserfahrung
Erreichbarkeit für Studierende
Fairness
Teamfähigkeit
Engagement
Bereitschaft zur Weiterbildung
Einsatz von technischen/ modernen Hilfsmitteln
Kritik- und Konfliktfähigkeit
Gleichbehandlung
Humor
Auftreten
Allgemeinbildung
Interdisziplinarität
Authentizität, Glaubwürdigkeit
Flexibilität
Anzahl der
Nennungen
88
87
85
73
51
46
40
40
30
24
23
19
16
15
13
11
10
9
8
8
Tabelle 4: Kompetenzen guter Universitätslehrer (Reichmann 2008: 55)
4.4
Anforderung aus Sicht der Hochschuldidaktik und Personalentwicklung
Kompetenzanforderungen für Wissenschaftler aus Sicht von Hochschuldidaktikern und
Personalentwicklern sind in den vergangenen Jahrzehnten vielfach über die Inhalte von
Weiterbildungsprogrammen definiert worden. Diese haben sich im Laufe der Zeit zum Teil
stark gewandelt und spiegeln damit auch vorherrschende Trends und Orientierungen der
Hochschulen wider. Die hochschuldidaktischen Einrichtungen, welche im Zuge der
Reformbewegung in der Mitte der 70er begründet wurden, definierten die notwendigen
Kompetenzen aus ihren jeweiligen Perspektiven eng, mit Blick vor allem auf die
Anforderungen
als
Hochschullehrer,
oder
breiter
hinsichtlich
eines
umfassenden
Kompetenzprofils, welches nicht allein auf die Lehre bezogene Aspekte mit in die
-26-
Kompetenzentwicklungsmaßnahmen ein bezog. Auch heute findet man, je nach Auftrag der
verantwortenden Organisation, die engere und weitere Sicht, wobei die immer schon
bestehende Unschärfe der Grenzen weiter zu verschwimmen scheint und ein Konsens darüber
besteht, dass überfachliche Kompetenzentwicklung von Wissenschaftlern methodische und
didaktische sowie personale und soziale Aspekte umfasst.
Margarete Hubrath (2006) beschreibt fünf Kompetenzfelder in der Wissenschaft. Als zentrale
Elemente
definiert
sie
„Kooperations-
und
Netzwerkbeziehungen“,
welche
von
entscheidender Bedeutung für eine wissenschaftliche Karriere sind (Lang & Neyer 2004).
Zweiter elementarer Baustein ist die „thematische Profilierung“ im eigenen Fach. Die
Kompetenzen dieser beiden ersten Bausteine sind kaum in Weiterbildungsangeboten
trainierbar. Hier kann eine regelmäßige Reflexion das wissenschaftliche Handeln in kurz- und
langfristige Perspektiven einbinden (Hubrath 2006: 48). Drei weitere überfachliche
Kompetenzfelder werden von Hubrath benannt. „Vermittlungskompetenz“ meint die
Kommunikation wissenschaftlicher Erkenntnisse mit unterschiedlichen Zielgruppen und
umfasst auch die Lehre. „Feldwissen“ stellt die Basis ihres Modells dar, und umfasst
notwendiges Wissen um kompetent seine Arbeitsanforderungen erfüllen zu können. Dieses
Wissen ist an jeder Organisation und jeder Position anders, so dass es nicht einfach
transferiert
werden
kann.
„Managementkompetenzen“,
Führungskompetenz (Tabelle 5).
Der
wie
fünfte
Baustein
beispielsweise
wird
gebildet
aus
Projektmanagement
den
oder
-27-
Vermittlungskompetenz
Feldwissen
−
Wissenschaftliches Schreiben
−
−
Publikationen
Managementkompetenzen
Kenntnis der deutschen/internat.
−
Zeit- und Selbst-management
Wissenschaftskultur
−
Projektmanagement
−
Kommunikations-fähigkeiten
−
Einwerbung von Fördermitteln
−
Moderation
−
Rhetorik/Präsentation
−
Tagungs/ Veranstaltungs-organisation
−
Führungskompetenz
−
Didaktik
−
Entwicklung von Studiengängen
−
Teamentwicklung
−
Wissenschaftsenglisch
−
Vorbereitung auf Berufungsverfahren
−
Konfliktmanagement
−
Umgang mit Presse und Medien
−
Interkulturelle Kompetenzen
−
Diversity Management
Tabelle 5: Mögliche Element der Kompetenzfelder (Hubrath 2006: 49)
Ein ähnlich breites Verständnis entwickelt Webler (1993, 2003) mit der Benennung von fünf
Bereichen für die berufliche Weiterbildung für Wissenschaftler und Etminan & Sell (1984)
bei der Beschreibung von Zielbereichen professioneller Aktivität.
Für den Bereich der Hochschuldidaktik hat die Akkreditierungskommission (AKKO) der
deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (DGHD) „Elemente eines Curriculums
hochschuldidaktischer Aus- und Weiterbildung“ zusammengestellt, die eine grobe Übersicht
über notwendige Kompetenzen von Lehrenden bietet:
−
Analysieren von Lernsituationen und -prozessen,
−
Planen von Studiengängen, -sequenzen, -modulen,
−
Planen – „Inszenierung“ – von Lernsituationen,
−
Lehren – „Lernen lassen“,
−
Beratung zu Studienzielen, -strategien, -planung,
−
Beratung zu Lernstrategien, -aufgaben, -problemen, Arbeiten,
−
Prüfen,
−
Evaluieren. (DGHD 2007)
Webler hat die Kompetenzanforderungen an Lehrende weiter spezifiziert (2004, 2007). Hier
werden 27 Fähigkeiten aus dem Bereich der Selbstkompetenz, der Sozialkompetenz, der
didaktischen Kompetenz beschrieben (Tabelle 6).
-28-
Selbstkompetenz
Didaktische Fachkompetenz4
Sozialkompetenz
−
Fähigkeit zur Selbstorganisation,
−
Kommunikationsfähigkeit
−
Planungskompetenz,
−
Definition der eigenen Rolle,
−
Fähigkeit zu beobachten und
−
Methodenkompetenz,
−
Nähe und Distanz-fähigkeit,
zuzuhören,
−
Medienkompetenz,
−
Fähigkeit aus Erfahrung zu lernen
Fähigkeit in Lehrveranstaltungen
−
Beratungskompetenz (Studien- und
−
(Reflexionsfähigkeit),
−
„geistige Räume“ zu öffnen,
Fähigkeit, positiv zu denken und
−
positives zu sehen,
−
Fähigkeit, zu ermutigen ohne zu
−
−
Fähigkeit für eigene Integrität zu
−
Einstellung auf unterschiedliche
−
bleiben.
−
Vermittlungskompetenz für
wissenschaftliches Verhalten,
Einstellen auf „schwierige“
−
Einzelpersonen,
Selbstpflege, um leistungsfähig zu
Fähigkeit, Kompetenzerwerb zu
unterstützen/anzuleiten,
Adressatengruppen,
sorgen,
−
Fähigkeit über Lehr- Lernprozesse zu
kommunizieren,
schönen,
−
Lernberatung),
Fähigkeit, als personales Modell zu
dienen,
Fähigkeit, sich in unterschiedlichen
−
Fähigkeit zur Verbindung von
−
Fähigkeit zur Praxisentwicklung,
Kulturen bewegen zu können.
Forschung und Lehre,
−
Prüfungskompetenz,
−
Evaluationskompetenz,
−
Kontextkompetenz/ Feldkenntnis.
Tabelle 6: Kompetenzbereiche von Lehrenden (Webler 2004)
Stelzer-Rothe (2005) betrachtet spezifisch Kompetenzen für das Lehren und Lernen an
Hochschulen. Hierzu gehören Grundlagen der Persönlichkeit des Hochschullehrers
(Lerntheorie,
Lernvoraussetzungen,
Hochschuldidaktische
Kompetenz
Kommunikation,
(Grundlagen
der
Konfliktmanagement),
Didaktik
und
Methodik),
Umsetzungskompetenz sowie Prüfungs- und Evaluationskompetenz als auch Kompetenz im
Umgang mit Gruppen und Organisationen. Viebahn (2004) betont neben der fachlichdidaktischen und der sozialen Kompetenz komplexe Persönlichkeitsmerkmale als eine
besonders weite individuelle Rahmenbedingung für die Lehrkompetenz. Wildt benennt
hinsichtlich der Fähigkeit anspruchsvolle Lehrveranstaltungen gestalten zu können die fünf
unverzichtbaren Kompetenzen:
−
Lehre in den jeweiligen Fachgebieten lernförderlich gestalten zu können,
−
lernzielorentiert, transparent und fair zu prüfen,
−
die studierenden in ihrem Lernprozess zielgerichtet zu beraten,
−
sich an der Evaluation von Lehrveranstaltungen und Studiengängen zu beteiligen und
4
Vergleiche auch Webler 1991
-29-
−
zu innovativen Entwicklungen in Lehre und Studium fachbezogen oder fachübergreifend
beizutragen (Wildt 2006: 273).
-30-
5.
Zusammenführung
Betrachtet man die überfachlichen Kompetenzprofile von Universitätsabsolventen als auch
der überfachlichen Anforderungen an Wissenschaftler in den Ingenieurwissenschaften in einer
Zusammenschau, dann ergibt sich ein umfassendes Bild, welches durch die spezifischen
Kompetenzen von Ingenieurinnen und Ingenieuren zu einem ganzheitlichen Bild von
Nachwuchswissenschaftlern in den Ingenieurwissenschaften verdichtet werden kann. Hierzu
wurden die in den vorherigen Kapiteln benannten mehr als 200 Kompetenzen
zusammengeführt und dabei ähnliche bzw. gleiche Kompetenznennungen zusammengefasst.
In einem weiteren Schritt wurden diese auf Grundlage des eingeführten Modells der
beruflichen Handlungskompetenz den vier Kompetenzbereichen zugeordnet. Insgesamt
konnten so 86 überfachliche Kompetenzen benannt werden, die in die Kategorien der
methodischen-, der personalen- und der sozialen Kompetenz verortet wurden (Tabelle 7).
-31-
Methodenkompetenz (auch
Hochschuldidaktische Kompetenz)
Beratung von Studierenden
Personale Kompetenz
Sozialkompetenz
Anpassungsfähigkeit
Empathie
didaktische Kompetenz
Auftreten
Lehrfähigkeit des Dozenten
Authentizität, Glaubwürdigkeit
Medienkompetenz
Bereitschaft zur Weiterbildung
Präsentationskompetenz
Durchsetzungsvermögen
Ethische Verantwortung
Fähigkeit zur Einstellung auf
unterschiedliche Adressatengruppen
Fähigkeit, in einem (inter)nationalen
Kontext zu arbeiten
Fähigkeit, zu beobachten und zuzuhören
Praxisbezug bzw. Praxiserfahrung
Eigeninitiative
Interdisziplinarität
Prüfungskompetenz
Engagement
Kommunikationsfähigkeit
Analysekompetenz
Enthusiasmus
Konfliktmanagement
Arbeitsmethoden
Erfolgsstreben
Kritik- und Konfliktfähigkeit
Computerkenntnisse
Erreichbarkeit
Kundenorientierung
Entscheidungskompetenz
Fähigkeit für eigene Integrität zu sorgen,
Mitarbeiterführung
Evaluationskompetenz,
Fähigkeit zum Umgang mit Presse und
Medien
Fähigkeit zur Selbsteinschätzung
Moderationskompetenz
Fähigkeit, als personales Modell zu dienen
Motivationskompetenz
Fähigkeit zur universitären Selbstverwaltung
Fähigkeit zur Verbindung von Forschung
und Lehre
Fähigkeit, mit Organisationen umgehen zu
können
Fähigkeit, strategisch zu denken
Fähigkeit, konzentriert und diszipliziert zu
arbeiten
Fähigkeit, positiv zu denken und positives
zu sehen
Netzwerkkompetenz
Professioneller Umgang mit Studierenden
Fairness
Reflexionsfähigkeit
Flexibilität
Rhetorik
Fähigkeit, systematisch zu denken
Gleichbehandlung
Teamfähigkeit
Fertigkeiten im Informationsmanagement
Humor
Verhandlungsgeschick
Forschungs- und Entwicklungsfertigkeiten
Kostenbewusstsein
Fremdsprachenkompetenz
Kreativität
Handlungskompetenz
kritisches Denken
interkulturelle Kompetenz
Lernkompetenz
Kenntnis wissenschaftlicher Methoden
Kompetenz zur Einwerbung von
Fördermitteln
Managementkompetenz
Motivationskompetenz
Nähe und Distanzfähigkeit
mündliche Ausdrucksfähigkeit
Selbstständigkeit
Qualitätsbewusstsein
Organisationsfähigkeit
Sorgfältigkeit
Planungskompetenz
Transferkompetenz
Problemlösungsfähigkeit
Verantwortung
Produktentwicklung
Zeitmanagement
Projektmanagement
Publikationskompetenz/ wissenschaftl.
Schreiben
Rechtskenntnisse
Zielorientierung
Tagungs/ Veranstaltungs-organisation
Tabelle 7: Gebündelte und in Kompetenzbereichen geclusterte überfachliche Kompetenzen
aus den Literaturanalysen der Kapitel 3und 4.
-32-
Die Zusammenführung zeigt, dass sich für die Doktoringenieure 40% der Nennungen dem
methodischen Kompetenzbereich zuordnen lassen. 47% entfallen auf die soziale sowie 13%
auf die personale Kompetenz. Betrachtet man hingegen die überfachlichen Kompetenzen aller
Nachwuchswissenschaftler,
so
zeigt
sich
hier,
dass
insgesamt
der
personale
Kompetenzbereich deutlich stärker gewichtet wird als bei Ingenieurinnen und Ingenieuren.
Bei einer Betrachtung von Studierenden zu Promovierenden ergeben sich hinsichtlich der
Gesamtverteilung nur geringe Veränderungen (Abbildung 6).
Abbildung 6: Verteilung der Kompetenznennungen auf die Kompetenzbereiche
Wohl aber bei den dahinter stehenden konkreten Kompetenzen. Während die Studierenden
Fremdsprachen erlernen, erste interkulturelle Kompetenzen erwerben und ihre sozialkommunikativen Kompetenzen neben der Optimierung ihrer Lernkompetenz verbessern,
sollen Promovierende auf die Verbesserung ihrer hochschuldidaktischen Fähigkeiten, auch in
Hinblick auf Prüfung und Beratung von Studierenden neben dem Ausbau ihrer sozialen
Kompetenzen setzen. Letztere umfassen die Optimierung der Kommunikationsfähigkeit und
die Mitarbeiterführung als auch die Fokussierung auf den Ausbau der internationalen
Handlungskompetenz.
-33-
6.
Ausblick
Die überfachliche Kompetenzentwicklung von Ingenieurinnen und Ingenieuren gilt als ein
elementarer Baustein der heutigen und zukünftigen Ausbildung von Nachwuchskräften. Die
Verankerung in die hochschulische Lehre ist daher unabdingbar. Beispiele integrativer und
additiver überfachlicher Kompetenzentwicklung sind mannigfaltig entwickelt worden und
haben ihre Wirksamkeit in der Praxis unter Beweis gestellt. Zukunftsaufgabe ist es, diese
vielfältigen Einzelbeispiele in die Breite zu bringen. Die Umstellung auf die konsekutiven
Studiengängen bieten hierfür eine Vielzahl an Möglichkeiten. Es ist nun an den
Entscheidungsträgern die Erkenntnisse und Forderungen hinsichtlich der Entwicklung
überfachlicher Kompetenzen in Bezug auf ihre Zielgruppe zu konkretisieren und diese in den
Curricula zu verankern. Aber nicht nur dort. Die eigene Lehre bietet eine Vielzahl an
Möglichkeiten einzelne Kompetenzen immer wieder zu trainieren. Hierfür muss die fachliche
Lehre sich nicht einschränken. Es erfordert von den Lehrenden lediglich eine intensive
Auseinandersetzung
mit
dem
Thema
und
den
didaktischen
Möglichkeiten
der
Implementierung. Greifen sie hierzu auf bestehende Erfahrungen ihrer Kollegen zurück. Sie
müssen in der Regel das Rad nicht neu erfinden.
-34-
7.
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