Hintergrundinformationen zu Graffiti
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Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Li h bild TAGS Hintergrundinformationen zu Graffiti 1. Auflage Stand: Juli 2006 Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3. 4. 5. 5.1 5.2 5.3 6. 6.1 6.2 6.3 6.4 7. 8. 9. Einleitung................................................................................1 Was bedeutet Graffiti .............................................................1 Geschichtliche Entwicklung..................................................1 Entwicklung in Deutschland .................................................2 Man unterscheidet: ................................................................2 TAG bzw. TAGGEN .................................................................2 SCRATCHEN ...........................................................................8 AMERICA GRAFFITI................................................................9 Die Graffitiszene .....................................................................9 Merkmale der Szene: FAME und RESPECT .........................10 Arbeitsweisen .........................................................................11 Einteilung der Szene in: .........................................................12 Das Größte ist in der Szene der WHOLE CAR ......................12 Ziele der Sprayer ..................................................................13 Rechtliche Würdigung .........................................................13 Zusammenfassung: .............................................................14 -A- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti 1. Einleitung Graffiti ist im Verlauf der letzten Jahre zu einem Begriff für die neue Kunst der Jugend einerseits und die sinnlose Beschmierung fremden Eigentums andererseits geworden. Keine Kunstrichtung der 70-er Jahre erfreute sich bis heute solcher Ausdehnung und einer solchen großen Zahl von Nacheiferern in der Jugend. Gleichzeitig betragen die durch wildes Graffiti verursachten Schäden nach Schätzungen jedes Jahr bundesweit zwischen 200-500 Millionen Euro. Allein in Berlin müssen die Verkehrsbetriebe für die Reinigung und Neulackierung von Schienenfahrzeugen jährlich über 13 Millionen Euro aufwenden. Die Bahn AG verzeichnet Schäden jährlich von ca. 50 Millionen Euro. In Umfragen des Deutschen Handelsblattes im Herbst 1999 unter Geschäftsleuten war Graffiti das Problem Nummer 2 im städtischen Bereich, noch vor der Kriminalität allgemein und der Drogenproblematik. Der Verslumung von Innenstädten geht deren optischer Eindruck voran. Die Politik hat diese Problemstellung erkannt. Das Schlagwort des „Broken Window“, welches ebenso wie Graffiti in Amerika seinen Ursprung hat, trifft dieses Thema genau. Die Polizei sieht sich einer hochmobilen, verdeckt agierenden Tätergruppe gegenüber, die ihre eigenen Regeln und ihre eigene Sprache hat. Die Täter verursachen, je länger sie unentdeckt bleiben immer größere Schäden. Einzelverfahren gegen Tätergruppen umfassen nicht selten Schäden in der Höhe weit über 50.000 EURO. Der Bürger fordert zu Recht den Schutz seines Eigentums vor dem Vandalismus ein. 2. Was bedeutet Graffiti Der Begriff Graffiti stammt vom italienischen S’Graffito ab, was eine spezielle Wandkratztechnik umschreibt. Übersetzt heißt es: „Gekratzt“. Aus dem italienischen entstand im Rahmen der Sprachentwicklung das Wort „Graffiti“. Das Wort wird nicht „Gräffiti“, sondern Graffiti, ausgesprochen. Definition: „Unter Graffiti versteht man visuell wahrnehmbare Elemente, welche ungefragt und meist anonym, von Einzelpersonen oder Gruppen auf fremden oder in öffentlicher Verwaltung befindlichen Oberflächen durch Farbe, Edding-Stiften oder anderen Werkzeugen angebracht werden.“ 3. Geschichtliche Entwicklung Den Ursprung von Graffiti findet man in den 70-er Jahren in den amerikanischen Ghettos. Diese wurden von Jugendgangs bewohnt, die ihre eigenen Regeln und ihre eigene Kultur hatten. Gegenüber anderen rivalisierenden Gangs wurde die eigenen „Reviere“ durch Zeichen abgegrenzt. Diese Zeichen wurden immer mehr Ausdruck von Nachrichten, um auf Missstände in der Gesellschaft hinzuweisen. Jede Gang hatte also ihr Territorium und die ersten Sprayer (WRITER) waren „Juli 204“ und „Frank 207“. -1- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Ein Zeitungsartikel in der New York Times vom 21.07.71 über „Taki 183“ stellte den eigentlichen Beginn der Graffitibewegung dar. Zahlreiche Jugendliche begannen nun nach dem Vorbild „Taki 183“ ihren Namen, TAG, auf Wände zu schreiben. Um sich aus der Masse hervorzuheben entwarfen die Jugendlichen immer aufwendigere und größere Wandbilder (PIECES). Als nächstes folgten Züge, damit die Bilder in Bewegung kamen, um ihre Namen in der gesamten Stadt bekannt zu machen. So entstanden auch die so genannten „American Graffiti“, die Bezeichnung für die ursprünglich aus New York stammenden farbintensiven Sprühbilder. 4. Entwicklung in Deutschland In Deutschland lag der Ursprung 1984 in den Graffitifilmen „Styles Wars“ und „Wild Style“, welche im ZDF ausgestrahlt wurden. Danach kam es zur Besprühung des legendären „Geltendorfer Zugs“. Dieser wurde über 53 Meter Länge besprüht. Dies war der Beginn des Graffiti Booms in München. Zunächst wurden nur die größeren Städte betroffen. Dann immer mehr auch der ländliche Bereich. 1990 entstanden die ersten Fachmagazine. Diese sind heute kaum noch überschaubar, sind aber ein wichtiges Mittel der Kommunikation und Selbstdarstellung unter den WRITER. Dort werden Anregungen entnommen und man findet Anerkennung für die eigenen Arbeiten, wenn die Bilder von der Redaktion abgebildet werden. Abschließend ist noch das Internet zu nennen. Dort sind unzählige Seiten vorhanden und es findet ein reger Austausch statt. 5. Man unterscheidet: ¾ TAG bzw. TAGGEN ¾ SCRATCHEN ¾ AMERICA GRAFFITI 5.1 TAG bzw. TAGGEN Graffiti wird von Anfängern meist in Form des TAGGEN oder BOMBING mit Edding-Stiften durchgeführt. Unter TAG versteht man den Schriftzug des einzelnen Sprühers oder wie sich die Szene selbst nennt, WRITER. Der TAG setzt sich in den meisten Fällen aus drei bis fünf Buchstaben zusammen, die der betreffende WRITER gut malen kann. Sie haben meist keinen Realitätsbezug und sind rein zufällig zusammengestellt bzw. erfunden. TAGGEN ist das Anbringen dieses meist aus wenigen Buchstaben bestehenden Schriftzuges (TAG) auf Tischen, Bänken, Wänden und Fahrzeugen. Vergleichbar mit der Reviermarkierung der Hunde hinterlässt der WRITER auf seinen Wegen seinen TAG. -2- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti -3- Lichtbild von TAGS an einer Tür TAG KIER, darunter der Gruppenname FDN und TWU An TAG BONE, darunter der Gruppenname PBC Das meist nächtliche Losgehen, um seinen TAG bekannt zu machen, indem man an jedes mögliche Gebäude oder jeden Gegenstand seinen TAG hinterlässt, nennt man BOMBING. Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Der WRITER steigt dann irgendwann auf die Sprühdose (CAN) um, die ihm ermöglicht, größere und buntere Werke zu hinterlassen. Dabei wird die Schriftführung und Technik ausgefeilter. Die größeren gesprühten Bilder nennen die Writer PIECE. Der Stil wird weiterentwickelt. Die Bilder werden als Skizzen ausgearbeitet und im BLACKBOOK, dem Vorlagenbuch des SPRAYERS eingeklebt oder dorthin übertragen. Das BLACKBOOK ist ein schwarz eingebundenes Skizzenbuch. Teilweise werden sogar die Lichtbilder der dann nach den Vorlagen entstandenen Bilder ins BLACKBOOK dazu geklebt. Die TAGS werden in verschiedenen Schriftstilen(STYLS) gesprüht. Diese STYLS werden nach ihrem Aussehen benannt, so zum Beispiel der Stil aufgeblasener Buchstaben als BUBBLE, ähnlich der Sprechblase eines Comics. PIECE im BUBBLE-Style Der STYL mit gradlinigen Buchstaben heißt BLOCKBUSTER, -4- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Den mit Pfeilen, Enden und Umrandungen versehenen, schwer lesbaren STYL nennt man WILDSTYLE. Gruppenbildung: Die meisten WRITER sind in Gruppen zusammen, die sich CREWS nennen. Eine CREW hat einen eigenen Namen. Beispiele dieser CREW-Namen sind FDN Freunde der Nacht, NSA – Nacht Schicht Arbeiter oder auch BGS - Bad Guys Squad. Der TAG der CREW (CREW TAG) wird dem eigenen TAG beigefügt und besteht aus meistens zwei bis drei Buchstaben. BOMBIBG ist die Ausführung seines TAGS an möglicht vielen und auffälligen Stellen. Es gibt WRITER, die nur den TAG malen, andere malen auch größere Werke oder Bilder, PIECES, genannt. Ein an einer besonders auffallenden Stelle gemaltes Bild in besonders gutem Styl wird BURNER genannt. Jemand der viele Bilder oder TAGS gemalt hat, an möglichst auffälligen Stellen wird ein KING. Dieser verwendet bei seinem TAG oftmals das Symbol einer Krone. Er ist die Person, der die Nachwuchssprüher ausbildet und heranzieht. Durch die Entwicklung eines neuen STYLS, durch viel BOMBING oder die Perfektionierung des STYLS, erlangt der Sprayer Ruhm und Anerkennung in der Szene – FAME und RESPECT. FAME und RESPECT sind die Schlüsselworte in der Graffiti Szene. Benutzte Stifte: Im Folgenden befinden sich Bilder von bestimmten Stiften, die von den Sprayern zum „TAGGEN“ benutzt werden: Edding 500 -5- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti -6- Edding 850 4 cm Lackstift Gebrauchsanweisung Wasser und Abriebfest Gebrauch schließen nach und schnell rennen Spraydosen: Für Sprühgraffitis finden bevorzugt Spraydosen der Marken SPARVAR, BELTON und MONTANA Verwendung, da diese Farben den Vorteil haben, sehr schnell abzutrocknen. Dies ist bei Graffiti sehr wichtig, da das Bild sehr schnell fertig gestellt werden muss. Die Farben laufen so nicht ineinander. Die Herstellerfirmen machen insbesondere bei einschlägigen Veranstaltungen auf den FLYERN Werbung. Sie haben sich zwischenzeitlich voll auf ihre Kunden eingestellt. Dazu gehört, dass zwischenzeitlich auch sog. POCKETCANS (verkleinerte Größe für die Tasche), Dosen mit angebrachten Farbringen, Dosen ohne die weit hörbare Mischkugel, Can Silencer (Magnete zum Anbringen an der Dose) und Super XXL Dosen mit 600 ml Inhalt für diese Szene hergestellt und vertrieben werden. Bezeichnungen wie „BOMBING TOOL“, „HARD TO BUFF“ und „TEERRORSCHWARZ“, sowie die Gebrauchsanweisung auf dem Farbstift „nach Gebrauch schließen und schnell rennen“ zeigen, dass die Industrie genau weiß, was mit ihren Produkten gemacht wird. Genau dieser Markt soll auch erreicht werden. Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti -7- Spraydosen der Marken 400 ml 750 ml 100 ml Pocket Farbkennring bei Montana Dosen CAN SILENCER Euro 5,00 Hiermit wird jede Dose zur lautlosen Waffe. Der Magnet bannt die Kugel an den Boden und verringert damit den Geräuschpegel! Entstehung eines Graffiti: Beim Sprühgraffiti wird zunächst mit der Sprühdose skizziert, dann die sog. FILL INS (Füllungen) gesprüht und zuletzt die Umrandung der Buchstaben (OUTLINES). Dabei werden für die speziellen Anwendungen auch spezielle Sprühköpfe verwendet. Für die FILL INS werden sog. FAT CAPS, für die OUTLINES FINE CAPS , für Züge SILENT CAPS mit sehr feinem Sprühnebel verwendet. Weiter können auch Figuren, Symbole und Tiere, als CHARACTERS benannt, dazu gesprüht werden. Hervorzuheben ist jedoch, dass Graffiti das Schreiben/Malen seines TAG-Namens bedeutet, die anderen Dinge sind Beiwerk zur Ausschmückung. Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Entstehung eines Graffiti: 5.2 SCRATCHEN Unter SCRATCHEN versteht man das Einkratzen von TAGS in Scheiben mittels Diamantringen, Glasschneidern, Steinen, Bohrern oder Schleifköpfen. Dies wurde seit ca. 2001 festgestellt. Das Graffiti wird zwar nicht gut gesehen, verursacht aber irreparable Schäden. Diese hohen Schäden entstehen, da die Bruchfestigkeit der Scheiben, insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln, gewährleistet sein muss. Der Austausch einer Scheibe kostet ca. 1000,- Euro -8- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Besonderheit: TAGGEN mit Flusssäure auf Glas Eine Besonderheit ist das TAGGEN mit Flusssäure auf Glas. Mit dem mit Flusssäure gefüllten Stift wird wie mit einem „normalen“ Stift auf die Glasfläche geschrieben. Durch das Aufbringen der Säure wird die Oberfläche verätzt und es entsteht eine milchigweiße, breiige Schicht. In der Regel werden Edding-Stife verwandt, da diese gegenüber der Säure beständig sind. Die Säure wird mittels einer Spritze in den „Edding-Stift“ eingebracht. Flusssäure ist eine stechend, reichende, sehr giftige farblose Flüssigkeit die ohne Warnschmerz stark ätzend wirkt Die Folgen sind sehr schwer heilende Geschwüre und anhaltende Schmerzen. Eingeatmete Dämpfe schädigen die oberen Atemwege. Eine besondere Gefährdung besteht für Reinigungskräfte in Bahnen und Bussen durch die stark ätzende Wirkung 5.3 AMERICA GRAFFITI Was die „normalen Bürger“ eigentlich unter Graffiti verstehen, sind schöne Bilder als Figuren, Symbole und Tiere. Hervorzuheben ist jedoch, wie bereits erwähnt, dass die Ursprünge von Graffiti das Schreiben/Malen seines TAG-Namens war und die anderen Dinge Beiwerk zur Ausschmückung sind. 6. Die Graffitiszene Die Hip-Hop-Musik drückt Gefühle der Rapper aus, mit denen sich die Jugendlichen Identifizieren. Der Graffitisprayer will sich mit seinem TAG oder „seinem Graffitibild“ in der Öffentlichkeit darstellen. Seine Bilder sollen von möglichst vielen Menschen gesehen werden. Bevorzugt werden großflächige, ebene, helle und gut einsehbare Gebäudefassaden im Wohn- und Schulumfeld, Brücken, Lärmschutzwände, Wartehäuser wobei die Eigentumsverhältnisse keine Rolle -9- Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti spielen. Bevorzugt werden Züge besprüht. Je neuer der Zug desto mehr Anerkennung in der Sprayerszene. Die Sprayer sind vorwiegend in der Jugendszene zu finden. Es sind männliche Jugendliche oder Heranwachsende. Nur ein ganz geringer Teil ist weiblich. Zunächst wird im unmittelbaren Wohn- und Schulumfeld gesprayt. Dann im überörtlichen Bereich. Die Familien der Sprayer sind sowohl dem wohlhabenden Bürgertum, wie auch sozialen Randgruppen zuzuordnen. 6.1 Merkmale der Szene: FAME und RESPECT Grundlegendes Ziel ist es FAME und RESPECT, also Anerkennung zu erlangen. Der Drang sich aus der Masse hervorzuheben, hängt auch mit einem gesteigerten Geltungsbedürfnis zusammen. Der eigentliche „Kick“ liegt dabei im „Bekannt werden“ und man möchte seinen eigenen Stil immer mehr verfeinern und immer mehr Ruhm erlangen. Aber auch Nervenkitzel, durch illegale Aktionen Erfolge zu haben, spielt eine wesenlichte Rolle. In der Literatur wird das Sprühen selbst als „Adrenalin-Kick“ beschrieben. Medizinisch nachgewiesen ist, dass unter extremem Stress eine Endorphin-Ausschüttung stattfindet, die regelrecht süchtig machen kann. Besonders bei länger tätigen Sprayern bedarf es ständig steigenden „Herausforderungen“, diesen Kick immer wieder neu zu erfahren. Bei erfahrenen Sprayern, den KINGS, gerät die Motivation, Anerkennung zu erlangen immer weiter in den Hintergrund. Sie sind sich ihres Talentes bewusst und buhlen nicht mehr um Anerkennung in der Szene. Ruhm wird denen zugesprochen, die an außergewöhnlichen Orten oder in besonderer Qualität TAGGEN. Wie bereits erwähnt verwendet jeder Sprayer sein eigenes TAG. Das individuelle TAG wird solange beibehalten bis er von der Polizei ermittelt wird oder Angst hat, überführt zu werden. Das TAG wird vom Sprüher evtl. über eine bestimmte Zeitspanne in unterschiedlichen Schreibstilen (Druckbuchstaben, unleserlich ineinander usw.) geschrieben, die dann wieder geändert werden. Dies hängt auch mit der Stimmungslage des Sprühers zusammen. Das TAG ist jedoch absolut vergleichbar mit seiner Unterschrift und somit individuell. Der Sprüher will durch das individuelle TAG ja gerade dass jeder, der das TAG oder das Bild sieht, erkennen kann, dass es von ihm ist, um FAME und RESPECT in der Szene zu erhalten. Würden mehrere Sprüher das gleiche TAG verwenden, wäre dies geradezu irrsinnig. Es ist daher absolut auszuschließen, dass ein solches von zwei unterschiedlichen Personen benutzt wird. Skateboardfahrer haben oftmals ihr TAG auf ihrem Bord stehen. Häufig findet man die Symbole auch in Schulbüchern der Sprayer. Weiterhin besagt eine ungeschrieben Regel, dass bestehende Graffitis nur von besseren Sprayern übermalt werden dürfen. Einzige Ausnahme bieten offensichtlich sehr alte Graffiti. Verstößt jemand gegen diese Regel so wird es in der Szene hart geahndet. Nicht selten kommt es zu Körperverletzungsdelikten. - 10 - Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti - 11 - Die vorwiegenden Erkennungszeichen kommen aus der neuesten Mode der Hip-Hop- und Skaterzene. Vorwiegend sind das viel zu große Hosen, die in Übergrößen gekauft werden (z.B. Marke: Homeboy), Kapuzenshirt, Turnschuhe (Adidas, Nike usw.), Baseball- und Wollmützen, Rucksäcke der US-Army, die äußerlich schon mit TAGS bemalt sind. Weiter zur Ausrüstung gehören: Aids-Handschuhe, Staubmasken, Farbdosen, Sprühköpfe, Fotoapparate, Skizzen und Vorlagenbücher. Im Internet gibt es Anleitungen aller Art, bis hin zu, Veraltenshinweisen nach Festnahmen durch die Polizei. Sprayer sind unterwegs, wenn kein oder wenig Fußgängerverkehr herrscht. Deshalb wird im Winterhalbjahr wesentlich mehr gesprüht. Der Beginn liegt in der Dunkelheit, um das Entdeckungsrisiko zu mindern. Wenn größere Graffiti entstehen, verbleibt ein Zeichner jeweils nur kurze Zeit vor Ort und kommt dann zu einem späteren Zeitpunkt zurück, um das Bild schließlich in mehrere Etappen fertig zu stellen. TAGS in Bussen und Zügen wurden regelmäßig auf dem Weg zur Schule oder Arbeit, sowie auf dem Heimweg von Jugendtreffs gemalt. BOMBING wird immer durchgeführt. 6.2 Arbeitsweisen Das Sprayen erfolgt in kleineren und arbeitsteilig handelnden Gruppen. Damit einher geht das vorherige Bestimmen und Auskundschaften der Orte. „TAGGEN“ findet immer und überall statt. Neben den eigentlichen Sprayern halten sich noch weitere Personen, so genante TOYS (Lehrlinge) auf. Sie bilden Beobachtungsposten im Umfeld, um ein frühzeitiges Warnen zu ermöglichen. Nach der Fertigstellung des Graffitis fotografieren die Sprayer oftmals ihre Bilder. Sie lichten sich teilweise auch selbst, neben den Bildern stehend, mit ab. In der Szene spricht man von „Kamikazebildern“. Kamikazebild Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti 6.3 Einteilung der Szene in: ¾ Anfänger: TOYS Zu dieser Gruppe gehören Kinder und Jugendliche, die einmal aus Neugier probieren wollen, wie das Sprühen oder Kratzen funktioniert. Sie gehören keinen festen Gruppen (CREWS) an, kennen jedoch bereits die groben Inhalte der Szene. ¾ Fortgeschrittene Angehörige dieser Gruppe kennen schon die wesentlichen Inhalte der Szene. Sie identifizieren sich teilweise mit ihnen. Sie gehen über das bloße Probieren hinaus. Sie kennen CREWS und gehören teils auch zu ihnen. ¾ Der harte Kern: KINGS Diese Jugendlichen, Heranwachsenden und teilweise auch Erwachsenen befolgen die Regeln der Subkultur. Sie leben ihre Graffitikultur aus. Sie gehören in der Regel zu festen CREWS und bestimmen deren Aktionen. Sie haben sich in der Szene Ruhm und Anerkennung erarbeitet. Ihre PIECES und TAGS sind in der Szene bekannt. 6.4 Das Größte ist in der Szene der WHOLE CAR Ruhm und Anerkennung FAME und RESPECT sind wie bereits erwähnt die wichtigsten Worte in der Sprayerszene. Ein bewegliches Objekt wird von weit mehr Menschen wahrgenommen, wie ein stehendes. Der Sprayer möchte, dass sein Werk von möglichst vielen Betrachtern gesehen wird. Aus diesem Grund sind alle beweglichen öffentlichen Verkehrsmittel bevorzugtes Ziel der Sprayerszene. Das Größte ist in der Szene der WHOLE CAR, die Besprühung eines Zuges von oben bis unten und von vorne bis hinten. Die Besprühung eines Fahrzeuges oben bis unten trägt das Kürzel B2T - BOTTEM TO TOP, von vorne bis hinten wird mit END TO END – E2E bezeichnet. Freunde aus der Szene werden an der Mauer oder dem Zug mit der Bezeichnung 2: (englisch TO) oder 4: (englisch FOR) gegrüßt. TAGS die hinter diesen Bezeichnungen stehen, sind somit nicht der TAG des Sprühers, sondern seines CREW Mitgliedes, seiner Freundin oder eines ihm bekannten oder von ihm gegrüßten Sprühers. Neben den angefertigten Werken wird oftmals die Jahreszahl des Entstehens aufgesprüht. Aber auch Abfälligkeiten gegenüber andren Sprayern oder Gruppierungen. Das Graffiti wird fast immer mit einem TAG signiert. - 12 - Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti Bei dem Sprayen werden meist Handschuhe verwendet, um Farbanhaftungen an den Händen und Fingerspuren an den Spraydosen zu vermeiden. 7. Ziele der Sprayer Illegale Graffitis sind als Teil der Kinder- und Jugenddelinquenz meist entwicklungsbedingte Phänomen. Sie haben grundsätzlich ähnliche Ursachen wie andere Erscheinungen der Kinder- und Jugendkriminalität. Zu nennen sind insbesondere: ¾ Streben nach Akzeptanz und Anerkennung, die durch normgerechtes Verhalten bislang nicht erlangt wurde ¾ Das Bemühen, Grenzen gesellschaftlicher Normen auszutesten ¾ Demonstration von Protest und Risikobereitschaft ¾ Mangelhaft ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein infolge von Sozialisationsdefiziten im Elternhaus, Schule und Ausbildungseinrichtungen ¾ Druck Gleichgesinnter zu gruppenkonformen Verhalten ¾ Konflikte in Elternhaus, der Schule, Freundeskreis und ungenügend entwickelte Befähigung zur adäquaten Konfliktbewältigung und Problemlösung ¾ Vermittlung von zweifelhaften Werten und Normen durch die Medien ¾ Negative Vorbildwirkung von Erwachsenen ¾ Suche nach Alternativen, nach anderen Normen der Lebensgestaltung und spezifischen Ausdrucksformen und anderem mehr ¾ Respektlosigkeit 8. Rechtliche Würdigung Graffiti ist eine Sachbeschädigung oder Gemeinschädliche Sachbeschädigung Der „alte“ Gesetzestext der § 303 und 304 StGB ließ nur schwer eine Verurteilung zu, da keine Substanzverletzung vorlag. Seit dem 08.09.2005 gibt es eine Neufassung der §§ 303 und 304 StGB: „Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.“ Eine detaillierte Betrachtung der rechtlichen Seite wird unter dem Punkt 2.12. vorgenommen. - 13 - Graffiti – Kunst oder Vandalismus? Hintergrundinformationen zu Graffiti 9. Zusammenfassung: ¾ unter Graffiti versteht man also nicht nur Bilder (AMERICAN GRAFFITI), sondern auch Schriftzüge (TAGS) und das Einkratzen (SCRATCHEN) ¾ zur Szene gehören i.d.R. Jugendliche und Heranwachsende aus der Hip-Hop- und Skaterszene ¾ Ziel ist es Ruhm und Anerkennung zu erlangen: FAME und RESPECT ¾ Die Gruppen sind durchorganisiert, nutzen technische Mittel (Handy, Internet usw.) und werden überwiegend nachts aktiv ¾ Graffiti ist zwar „nur“ eine Sachbeschädigung, der wirtschaftliche Gesamtschaden in Deutschland ist aber enorm hoch (Schätzungen liegen zwischen 200-500 Mio. Euro!!!) ¾ es prallen folgende Sichtweisen aufeinander: Sicht der Sprüher: Sicht der Geschädigten: ¾ Jugendkultur/Neue Kunst ¾ die Stadt bunter machen ¾ sich selbst darstellen ¾ Kick erleben ¾ Schmiererei ¾ Beschädigung des Eigentums ¾ Beeinträchtigung des öffentlichen Sicherheitsgefühls Mario Theis 2. Vorsitzender Initiative Sicherer Landkreis St. Wendel e.V. - 14 -