Ein kleines farbiges Paris am Friesenberg
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Ein kleines farbiges Paris am Friesenberg
TA CITY LETZTE 60 27.01.2009 28.01.09 18:07:21 DIE LETZTE 60 MO: LEUTE DI: SCHAUFENSTER MI: JUNG Tages-Anzeiger · Dienstag, 27. Januar 2009 DO: KÖPFE FR: ESSEN & TRINKEN SA: O-TON Ein kleines farbiges Paris am Friesenberg Tu Gutes Bei Mademoiselle de Paris gibts netten Krimskrams, Trouvaillen aus zweiter Hand und hübsche handgenähte Accessoires. Von Monica Müller Von Ruth von Blarer* G rösster Preisabschlag aller Zeiten.» So nennt Coop seine Verbilligungsaktion von «mehr als 600 Markenartikeln», die schweizweit gross angekündet wird. Ich habe ein ganzseitiges Zeitungsinserat dazu genau angeschaut. Jetzt kosten 15 Päckli Papiertaschentücher je 1 Rappen und 200 Gramm Camembert Caprice des Dieux tatsächlich 5 Rappen weniger. Wenn das keine Schnäppchen sind! 1 Liter Coca-Cola Classic kann man sogar 15 Rappen billiger haben, allerdings nur, wenn man gleich 12 Liter von diesem wichtigen Grundnahrungsmittel aufs Mal kauft. Um diesen Spargewinn mit Fanta zu realisieren, braucht man gar nur 9 Liter heimzuschleppen. Mit dieser Aktion will der Grossverteiler auf Bedrohungen reagieren, wie sie von Aldi und Lidl ins Schweizerhaus stehen. Dass Coop aber in einer anderen Sache Aldi einst kopiert hat, ist offenbar bei den meisten Kunden längst vergessen und akzeptiert: Die Artikel sind nicht mehr einzeln angeschrieben, sondern nur noch auf einem Preisetikett am Gestell. Erfunden wurde die Sache natürlich nicht, um Preisabschläge einfacher zu handhaben. Aufschläge sind ja viel häufiger. So gehen sie jeweils schnell und ohne Aufhebens über die Bühne. Man muss nur im Zentralcomputer die neuen Preise eintippen. * Ruth von Blarer ist pensionierte TA-Redaktorin. DIENSTAG Etwas versteckt ist das kleine Paris oberhalb vom Goldbrunnenplatz, doch wer daran vorbeispaziert, bleibt unweigerlich stehen. Sei es, weil der alte Delfin vor dem Laden das Herz erwärmt oder weil die bunten Patchworkkissen, Kinderkleidchen und Schminketuis im Schaufenster den Blick nach innen ziehen, wo zwei Lampen wie Medusen schweben. Mirjam Joss ist Mademoiselle de Paris. Sie entwirft und näht alle Accessoires und Kleider im angrenzenden Atelier selbst. Dort stapeln sich Stoffe aus Frankreich, Amerika und Japan. Die Zürcher Designerin kauft nie mehr als drei Meter eines Stoffs und kombiniert die Materialien für jedes Stück neu. «Ich mache nur Unikate.» Zurzeit näht sie besonders viele Kinderkleider, weil sie die wie warme Weggli verkaufe. Joss hat in Paris Modedesign studiert, und ihr erster Laden ist eine Liebeserklärung an ihre liebste Stadt. So verkauft sie auch Souvenirs wie Magnete mit Pariser Collagen und Malbücher, in denen der Eiffelturm und der Arc de Triomphe auszumalen sind. Ein ganzes Regal ist voller Fotobücher des japanischen Verlags Jeu de Paume, die Pariser Küchen, Kinderzimmer, Wohnungen, Ateliers, Bars und Läden zeigen. Die vielen Fotos, die zwar nur japanisch kommentiert sind, aber mit englischen und französischen Ortsangaben weiterhelfen, dienen der 34-Jährigen oft als Inspiration. Paris mit asiatischem Einschlag Dass ihr Paris auch sehr asiatisch anmutet, ist kein Zufall. Die Hälfte von Joss’ Kollegen an der Designschule waren Japaner; einer ihrer Lehrer war Koreaner. Diese inspirierten beispielsweise die bauchigen Patchworktaschen, -kissen und -decken aus japanischen Baumwoll- und Crêpestoffen. Bestellt sie neue Stoffe aus Japan, durch einen Überraschungsgast eröffnet. Zentrum Karl der Grosse, Kirchgasse 14, 18.30h. Bläserensemble Zürich. Leitung: François Thurneysen. Zürcher Hochschule der Künste, Florhofgasse 6, 19h. KREIS 1 Lieder, die die Welt verändern. Duo Hinterletscht. Comedy. Weisser Wind, Theatersaal, Oberdorfstrasse 20, 20h. Karaoke from Hell. Live: The Shower Curtains. Rock, Pop, Metal. Mascotte, Theaterstrasse 10, 22h. Erzählcafé. Geschichten, die das Leben schrieb. Die Runde wird Costa del Soul. DJs Greg, Freaza, Hiphop. Kaufleuten, Pelikanstrasse 18, 23h. Vision und Provokation. Zur Aktualität von religiösen Orden in der heutigen Gesellschaft. Mit Notker Wolf, Doris Kellerhals, Nikolaus Kuster und Marie-Theres Wellinger. Kulturhaus Helferei, Breitingersaal, Kirchgasse 13, 19h. BILD SOPHIE STIEGER Mirjam Joss alias Mademoiselle de Paris in ihrem gleichnamigen Laden voller ausgesuchter und selbst designter Lieblingssachen. sind diese oft schneller in ihrem Atelier als Lieferungen aus der Schweiz. Stadtbekannt wurde Joss mit ihrer ersten Kreation Caddyac – ein Einkaufswagen wie ein Cadillac. Den ersten nähte sie für sich selbst in Paris, weil sie so viel schleppen musste und es nur biedere Caddys zu kaufen gab. Da man sie ständig auf ihren Einkaufswagen ansprach, nahm sie diesen zum Prototypen ihrer Kollektion. Anfangs arbeitete sie mit Sujets aus James-BondFilmen, der Mondlandung oder Bildern von Marilyn Monroe. Um keine Urheberrechte zu verletzen, stieg sie schliesslich um auf Bildercollagen. Mit schelmischem Blick setzt sie da auch gern einer Japanerin Vreni Schneiders Skihelm auf. Ihre Collagen sind auf Leinwand zu kaufen oder werden auf be- schichteter Baumwolle zu Portemonnaies und Schminketuis. Zur Fussballweltmeisterschaft designte Joss Geldbeutel für Brasilien-, Italien-, Japan- und Schweizfans, die auch der Globus in sein Sortiment aufnahm. Einkaufstour in den Brockis Was nicht im hauseigenen Atelier entsteht, entdeckt die Designerin auf ausgedehnten Shoppingtouren. Das gepunktete Porzellan in sieben Farben hat sie in Paris bei Sabre gefunden, wie auch die passenden Geschirrtücher und Tischsets. Ein grosser Teil von Joss’ Sortiment ist aber Secondhand. Seit 20 Jahren streift sie durch Brockenhäuser und hat mittlerweile ein Auge für die guten Stücke entwickelt. Da kaum mehr wertvolle Rauchiger Soul unplugged Die Welt des Soul vereint in einem Trio mit der amerikanischen Sängerin Brandy Butler. Bekannt für ihre einfühlsam warme, rauchige Stimme und ihr einnehmendes Lächeln, wirkt sie wie eine in die moderne Welt versetzte Diva aus der Blütezeit des Soul und Blues. Im Trio Chamber Soul kommt dies sehr schön zur Geltung. Durch die Instrumentierung mit Gitarre (Roman Hosek) und Posaune (René Mosele) entsteht ein leichter und trotzdem geerdeter Sound. Die Bandmitglieder von Chamber Soul bewegen sich musikalisch frei, jedoch nichts wird dem Zufall überlassen. Ein eigenwilliges Trio mit eigenwilligen Persönlichkeiten – während einige Songs sanft durch die Luft schweben, fegen andere regelrecht durch den Raum. Soul unplugged mit einer Prise Jazz und einer guten Portion Funk. Das Konzert findet heute im Moods im Rahmen des ZKB-Jazzpreises statt, welcher in diesem Jahr zum siebten Mal durchgeführt wird. Ware in den städtischen Brockis zu finden sei, knüpft sie sich gerne die ländlicheren vor. Auf ihren Streifzügen durch die ganze Schweiz spürt sie Rössler-, Lilienund Rosenthal-Porzellan auf sowie Krüge, Tassen und Kinderteller aus den 50er- bis 70er-Jahren. Finde sie ein richtiges Bijou, bleibe dies meist nur einen Tag im Schaufenster – und schon sei es verkauft. Während sie nur einwandfreies Geschirr aus zweiter Hand einkauft, dürfen Spielsachen auch etwas altersschwach sein. So hat sie kürzlich einen leicht beschädigten Kinderkrämerladen in ihrem Atelier wieder aufgemöbelt, mit Waren aus anderen Brocki-Touren aufgemotzt und im Nu wieder über die Theke gereicht. Hat Joss gerade keine Kunden im Laden, sitzt sie im angrenzen- den Atelier an der Nähmaschine oder brütet über einer Collage. «Ich mache immer das, worauf ich gerade Lust habe.» Oft schauen ihr die Passanten dabei zu, bevor sie das Geschäft betreten. Weil die grosse Glasfront eine ideale Ausstellungsfläche ist, wird Joss mit ihren drei Atelierskolleginnen im Frühling daraus eine Minigalerie machen. Nebst ihren eigenen Kreationen sollen auch andere Zürcher Künstler eine Plattform erhalten und so die eher ruhige Quartierstrasse noch mehr beleben. TAGESTIPP KREIS 6 Die neue Ilias Rock Resort. Diverse Konzerte: Rock, Metal, Alternative. Dynamo, Werk 21, Wasserwerkstrasse 21, 20h. Homers Erzählung vom zehnjährigen Krieg zwischen Griechen und Trojanern, Europäern und Asiaten gilt als Ursprungsmythos der abendländischen Kultur. Blutige Schlachtengemälde wechseln sich ab mit der Schilderung zutiefst menschlicher Auseinandersetzungen. Und über all dies setzt Homer die Götter, die den Menschen bei der Selbstzerfleischung zusehen und sich – hin und wieder – einmischen. www.caddyac.ch KREIS 9 Podiumsgespräch zum Calvinjahr. Kirche und Kapital! Was Calvin zur heutigen Finanzwelt zu sagen hätte. Mit Rudolf Walther und Stefan Grotefeld. Veranstaltung der Kirchgemeinde Altstetten, Chilehuus Grüenau, 19h. KREIS 11 Rocky Horror Show. Musical von Richard O’Brian. Theater 11, Thurgauerstrasse 7, 20.30h. Moods, 20.30h. KREIS 2 REKLAME Mademoiselle de Paris, Friesenbergstrasse 40, 8055 Zürich. Tel. 043 541 23 01. Öffnungszeiten Mi bis Fr 10.30–18.30 Uhr. KN420-T REKLAME Tonhalle-Orchester Zürich. Leitung: Itzhak Perlman. Werke von Mendelssohn und Brahms. Tonhalle, Claridenstrasse 5, 19.30h. KREIS 3 Alles, was recht ist. Mit Fabian Cohn. Ein Pantomimisch-cellistisches Plädoyer für die Menschlichkeit im Recht. Maiers Raum von Albis Z, Albisriederstrasse 16, 20h. KREIS4 Serpentine. Rock, Pop. La Catrina, Kurzgasse 4, 21h. KREIS 5 More than Mode. DJ Eisenberg. Wave, Electro, Industrial. Eintritt frei. X-tra, Limmatstrasse 118, 22h. Der vielfach ausgezeichnete österreichische Schriftsteller Raoul Schrott gibt eine kurze Einführung in seine Arbeit und liest dann mit Schauspielern des SchauspielhausEnsembles aus seiner ebenso kraftvollen wie vieldiskutierten Neuübersetzung des Homer’schen Epos. Schauspielhaus Pfauen, 20h. KJ890-T