Die Geschichte des Boogie Woogie und Rock`n`Roll
Transcription
Die Geschichte des Boogie Woogie und Rock`n`Roll
Die Geschichte des Boogie Woogie und Rock’n’Roll Man kann annehmen, daß die Geschichte des Boogie Woogie mit der Entstehung neuer Tanz- und Musikarten begann. Auf der Weltausstellung 1893 in Chicago kamen die Tänze im Ragtime-Stil und um 1900 der sogenannte Chicken-Wheel-Tanz auf. Der Breakaway, als weiterer wesentlicher Vorläufer des Boogie Woogie, ist ein Paartanz auf Charleston und Swing-Musik, bei dem sich die Partner während des Tanzens aus der Tanzhaltung lösten und Soloschritte tanzten. Der grosse Durchbruch der Swing-Musik kam 1934 als ein weisser Bandleader, Benny Goodman, sein berühmtes Konzert in der Carnegie Hall gab und die Massen von ihren Stühlen riss. Am nächsten Tag war New York im Swing-Fieber. Den Rest für eine endgültige Musik- und Tanzeuphorie tat natürlich Hollywood. Der Name Boogie Woogie bezeichnet eine Klaviermusik mit stark rollenden Bassläufen, die ihren Ursprung Mitte der 20er Jahre in Holzfällerlagern haben soll. Getanzt wurden zu dieser Musik Bewegungen, die damals als Boogie Woogie bezeichnet wurden. So hört man auch auf der berühmten Aufnahme „Pinetop’s Smith Boogie Woogie“ aus dem Jahr 1928, wie er Kommandos für einige Schritte gibt, u.a. auch für „Boogie Woogie“, eine Figur, bei der abwechselnd das rechte und das linke Bein zusammen mit der Hüfte in einer leicht kreisenden Bewegung nach aussen geführt werden. Der große Erfolg der Boogie Woogie-Musik kam über Nacht wieder einmal nach einem Konzert in der Carnegie Hall in New York. Mead Lux Lewis, Albert Ammons und Pete Johnson rissen New York und das restliche Amerika in ein Boogie Woogie-Fieber. Die Big Bands, die damals in den Tanzsälen und Clubs für die Tanzmusik sorgten, spielten nun Boogie Woogie-Musik in Big Band-Arrangements. Erst die Musik des Boogie, ähnlich dem Rhythmus einer Maschine, erfüllte den Wunsch der damaligen Jugend, die das Neue, Revolutionäre wollte. Die Afro-Amerikaner bereicherten bei ihren Festen den Tanz und führten aus Lust , Laune und Freude am Tanz auch volkstümliche Elemente wie Kicks, Sprünge, Handstände, Purzelbäume und Hebungen in den Grundschritt ein. Der Improvisation, der Figureenvariation, dem persönlichen Ausdruck waren keine Grenzen gesetzt. Das offene Swing-Tanzen war in Deutschland bereits seit 1933 verboten. Getanzt wurde auf die damals moderne Boogie Woogie-Musik. So kam es, daß der Name Boogie Woogie in Europa nicht nur für die Musik, sondern auch für den Tanz verwendet wurde. Neben Boogie Woogie, Jitterbug und Lindy Hop wurden für den Tanz auch die Begriffe Swing oder Jive (von den britischen Soldaten) verwendet. In Deutschland wurde kein reiner Jitterbug und auch kein reiner Boogie getanzt, sondern Boogie Woogie (Swing) mit Jitterbug-Akrobatik. Ab 1954 wurde der Boogie Woogie durch die große Beliebtheit der aufkommenden Rock'n'Roll-Musik und dem daraus entstehenden Tanz aufgesogen. Der Name bedeuten wörtlich übersetzt Wiegen und Rollen, nach einem alten Negerwort. Ein Diskjockey, Alan Freed, behauptete 1951, den Namen Rock'n'Roll erfunden zu haben, um die schwarze Musik den weißen Hörern besser verkaufen zu können. Der Rock'n'Roll war zunächst nichts anderes als ein neuer Name für die populäre schwarze Musik, für den städtischen Rhythm 'n' Blues der Neger, jedoch wurde er erst 1954 durch den Film "Saat der Gewalt" mit Bill Haley's "Rock around the Clock" zur großen Revolution in Europa. Das Wort Rock'n'Roll hatte im Slang der Neger auch eine eindeutig sexuelle Bedeutung. Auch auf Musik und Tanz übertrug sich diese sexuelle Bedeutung und hatte auch da den Zweck, Rausch und Ekstase zu erzeugen. Nicht unwesentlich am Siegeszug des Rock'n' Roll waren außer Bill Haley Musikinterpreten wie Elvis Presley, Ray Charles, Fats Domino, Jerry Lee Lewis und Chuck Berry beteiligt. Motiviert durch die Faszination der Musik und die darin verkörperte Lebensfreude, zog in den 50er Jahren der Rock'n'Roll eine wahre Modewelle mit Röhrenhosen, Ringelsöckchen, Petticoat, Pferdeschwanz und Schmalzlocke nach sich. 1957 wurde vom italienischen „Clan Bruno Dossena“ und dem Tanzlehrer Umberto Gallone aus Mailand der Sprungschritt eingeführt. Die wilde Ekstase des Rock'n'Roll-Tanzes versuchten Tanzlehrer Nordamerikas und Europas aufzufangen, indem sie einen gepflegten Boogie zu Rock'n'Roll-Musik vermittelten. 1959 ging die erste Rock’n’Roll-Welle zu Ende. Der Anfang der 70er Jahre brachte die große Renaissance der Rock'n'Roll-Musik. In der Nostalgie lebte die Musik eines Bill Haley, Elvis Presley, usw. wieder auf. Rock’n’Roll zählte ab 1974 wieder zu den beliebtesten Modetänzen. Anfang der 80er Jahre, als sich der Rock'n'Roll immer mehr zum Hochleistungssport entwickelte, wurde der Boogie Woogie (ohne Akrobatik getanzt) wieder entdeckt. Von da an begann man Turniere abzuhalten und Clubs zu gründen. Der Bekanntheitsgrad des Boogie Woogie nahm seither immer mehr zu und wurde 1987/1988 der Tanzsport des Jahres. Damit blickt der Boogie Woogie auf eine über 60 Jahre bewegte Geschichte zurück. Quelle: Ruedi Wenger