erfahrungsbericht-2012_13 - Germanistik, vergleichende Literatur
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erfahrungsbericht-2012_13 - Germanistik, vergleichende Literatur
Ein Jahr in St Andrews – Erasmus-‐Erfahrungsbericht von Monica Hennecke (s5mohenn@uni-‐bonn.de) Um ein Erasmus Stipendium für einen Studienaufenthalt an der University of St Andrews zu bekommen, muss man sich innerhalb der angegebenen Frist mitsamt seines Lebenslaufs und akademischem Empfehlungsschreiben im Erasmus Büro bewerben. Anschließend wird man zu einem Vorstellungs-‐ /Bewerbungsgespräch mit den Fachbereichsleitern eingeladen. Das Gespräch findet teils auf deutsch, teils auf englisch statt, hauptsächlich wird nach den Gründen für die Bewerbung gefragt; warum man gerade nach St Andrews möchte und was man sich von einem Studium dort erwartet. Nach Aufnahme in das Erasmus-‐Programm muss man sich noch bis Mitte April beim International Office anmelden und eine offizielle Bewerbung an St Andrews („Study Abroad Application“) schicken. Man muss sich keine Sorgen machen, hierbei abgelehnt zu werden, es ist eine rein formelle Bewerbung. In dieser Bewerbung gibt man auch schon die Kurse an, die man in St Andrews belegen möchte. Diese Auswahl ist auf keinen Fall verbindlich, es geht eher darum, sich und St Andrews einen groben Überblick über seinen Studienplan zu verschaffen. Zu diesem Zeitpunkt kann man auch schon eventuelle spätere Kursanrechnungen mit den Kustoden des Haupt-‐ und Nebenfaches absprechen. Die Bewerbung um einen Wohnheimplatz in St Andrews erfolgt dann per Email bis Ende Mai. In St Andrews ist es üblich, dass alle „Fresher’s“, also auch Erasmusstudenten im Wohnheim untergebracht sind, in privaten Unterkünften leben in der Regel nur Studenten, die mindestens in ihrem zweiten Jahr in St Andrews sind. Bei fristgerechter Bewerbung ist also jedem Erasmus Studenten ein Wohnheomplatz garantiert. Bis September muss man sich dann noch um den Antrag für seinen Studentenausweis, die so genannte „Matric card“ und die „Online Matriculation“ kümmern. Unsere Ansprechpartnerin in St Andrews war Frau Dr. Lawson, die uns bei allen Problemen geholfen hat und auch unser „Learning Agreement“ unterzeichnet hat. Da in St Andrews alle Studenten in der ersten Woche ihren Studenplan mit ihrem jeweiligen Adviser besprechen müssen, kann man eigentlich nichts vergessen und jede Unklarheit kann ohne Probleme beim Gespräch mit dem Adviser beseitigt werden. Ich habe mich für zwei Semester in Bonn beurlauben lassen, da ich ein ganzes Jahr in St Andrews verbracht habe. Dies lohnt sich studientechnisch auf jeden Fall, da man anschließend noch zwei Semester Zeit hat, um sein Bachelorstudium in der Regelzeit abzuschließen (angenommen, man geht in seinem dritten akademischen Jahr nach St Andrews). Man muss sich allerdings darüber bewusst sein, dass das Semester in St Andrews schon Ende Mai endet und man dann nach seiner Rückkehr bis Ende September kein Studententicket hat. Was die weitere Organisation des Auslandsaufenthalts angeht, würde ich auf jeden Fall empfehlen, eine Kreditkarte zu beantragen. Ich konnte die Kosten für mein Wohnheim zum Beispiel nur per Kreditkarte bezahlen. Viele Studenten eröffnen in Schottland ein Konto, ich habe monatlich einfach einmal einen höheren Betrag abgehoben und dafür dann eine geringe Gebühr bezahlt. Das kann man aber machen, wie man möchte. Der Ort St Andrews selbst ist ein sehr kleiner Ort direkt an der schottischen Ostküste gelegen. In der Stadt leben ungefähr 17.000 Menschen, die Hälfte davon gehört entweder als Student oder Staff zur Uni. In St Andrews ist nicht nur der Golfsport erfunden worden, die Uni gehört mit ihren 600 Jahren zu den ältesten Europas und ist die drittälteste britische Universität. St Andrews liegt wirklich direkt an der Küste und ich konnte jeden Tag auf dem Weg zur Uni das Meer sehen und die Möwen hören. Zum Strand sind es nur fünf Minuten und egal ob im Sommer oder im Winter, es gibt immer irgendwelche Events an „East Sands“ oder „West Sands“. Erwähnenswert ist auch noch, dass das Wetter in Schottland sehr wechselhaft ist und man eigentlich jeden Tag alle vier Jahreszeiten erlebt. Nur der starke Wind ist beständig. Da St Andrews ein bisschen abseits von allem liegt, ist man eigentlich immer auf den Bus angewiesen. Bis nach Dundee, der nächst größeren Stadt sind es ungefähr zwanzig Minuten, bis nach Edinburgh mit dem x59 1 h 45 und bis nach Glasgow mit dem x24 ungefähr 2h 30. Vom Flughafen in Edinburgh kommt man auch am besten mit dem Bus nach St Andrews. Man nimmt den Jet 747 bis Ferrytoll und steigt dort in den X59 nach St Andrews. Die Fahrt dauert in etwa 1 1⁄2 Stunden und kostet £8,25 wenn man direkt nach einem Ticket bis St Andrews fragt. Es lohnt sich immer nach einem Studententicket zu fragen. (Das ist auch für Besuch empfehlenswert, da auch das deutsche Studententicket anerkannt wird). Die Busstation am Flughafen befindet sich unmittelbar vor dem Eingangs- / Ausgangsbereich und ist somit leicht zu finden. Für das allererste Ankommen mit Gepäck würde ich auf jeden Fall den Shuttlebus empfehlen. Hier gibt es zwei Anbieter: St Andrews Direct (http://www.standrewsdirect.com/) und St Andrews Shuttle (http://www.standrewsshuttle.com/). Zu Semesterbeginn bzw. zu Anfang und Ende der Ferien zahlt man für diese jeweils 20 bzw. 18 Pfund pro Person. Man wird mit dem Shuttlebus direkt bis zu seinem Wohnheim gefahren und hat außerdem schon mal die Gelegenheit am Flughafen ein paar seiner Kommilitonen kennen zu lernen. Auch wenn man wie ich leider gar keinen Orientierungssinn hat, kann man sich in St Andrews eigentlich gar nicht verlaufen. Es gibt drei große Straßen (North- Market- und South Street) und wie oben schon erwähnt zwei Strände (East und West Sands). Die beiden günstigsten Wohnheime Albany Park und Fife Park liegen an den jeweiligen Ortsenden. Von der Ortsmitte braucht man ungefähr 15 Minuten nach Albany und 25 nach Fife Park. Obwohl Fife Park somit etwas außerhalb liegt, würde ich es nicht direkt ausschließen, da es sehr günstig ist und dieses Jahr komplett renoviert wird. Außerdem hatte ich persönlich den Eindruck, dass die entspanntesten und offensten Leute eher in Albany und Fife Park gewohnt haben, während in St Regulus und St Salvator (in dem Auch Will & Kate waren) eher der „inner circle“ verkehrt. Das ist aber natürlich jedem selber überlassen und generell ermöglicht einem die Wohnheimsituation ganz schnell Anschluss zu finden. Bei der Bewerbung um einen Wohnheimplatz gibt man einfach „Catered“ oder „Self-Catered“ an und listet dann seine Wunschwohnheime auf. In Fife Park wohnt man mit 5 anderen Studenten (wobei es nach der Renovierung nur noch 5 Studenten pro Haus sein sollen) zusammen und teilt sich die Küche und zwei Bäder (allerdings gibt es bisher nur eine Dusche). Das Studium Generell muss jeder Student in einem Semester 60 Credit Points erreichen, die Kurse haben entweder 20 (meist aus dem ersten Jahr) oder 15 Punkte. Das heißt, dass man oft entweder ein bisschen zu viele oder zu wenige Creditpoints erwirtschaftet, das kann man aber in aller Ruhe mit seinem Adviser oder Dr. Lawson besprechen. Uns wurde eher davon abgeraten, zu viele Creditpoints zu machen, um uns nicht zu überfordern. Das Studium in St Andrews ist verschulter als in Bonn, die Kurse haben meistens eine Anwesenheitspflicht und man bekommt einen „Academic Alert“, wenn man zu oft fehlt. In meinem Italienisch Kurs hatten wir außerdem auch jede Woche Hausaufgaben auf, die einzureichen waren und in manchen Kursen gab es sogar eine mündliche Note. Dies sollte einen aber keinesfalls abschrecken, da die Kurse viel kleiner als in Bonn gehalten sind und alles generell viel familiärer ist. Man kann sich auch immer mit seinen Dozenten austauschen, wenn man etwas nicht versteht oder sich unsicher fühlt. Ich hatte zum Beispiel anfangs sehr große Probleme mit den Essays, in denen man auf ca 5 Seiten oft drei Bücher analysieren muss. Da ich mich zwei Jahre lang an 15 Seiten lange Hausarbeiten gewöhnt habe, fiel es mir unglaublich schwer, mich so kurz zu halten und trotzdem nicht oberflächlich zu arbeiten. Aber auch hier kann man sich immer mit seinem Dozenten besprechen und vor allem Dr. Lawson und die anderen Professoren aus dem German Department kennen das Problem der Deutschen. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, auch Kurse aus Bereichen zu wählen, die man zuhause nicht studieren kann. Bei uns im Semester waren z. B. viele von „Film Studies“ unglaublich begeistert und ich habe einen Kurs über Politik und Sprache gefunden, den ich sehr spannend fand. Ungewohnt ist auch, dass die Vorlesungen in St Andrews nur 50 Minuten anstatt der gewohnten anderthalb Stunden dauern. Obwohl das Unisystem auf der einen Seite also sehr verschult ist, muss man sich auf der anderen Seite auch sehr viel selber beibringen und die „Reading lists“ sind viel länger als an deutschen Unis. Ein Buch pro Woche in Comparative Literature oder English Studies ist in St Andrews völlig normal. Neben den oben erwähnten Essays (meistens zwei pro Semester) muss man am Ende des Semesters auch noch eine Prüfung schreiben. Während ich das Niveau der Vorlesungen, vor allem in Komparatistik, in Bonn oft höher fand, ist das Prüfungsniveau in St Andrews schon sehr hoch. Man sollte sich aber auch hier auf keinen Fall verrückt machen, da man nur sieben von 20 Punkten braucht, um zu bestehen und es somit auch fast unmöglich ist durchzufallen. Die Bibliothek in St Andrews ist sehr beliebt und vor allem in der Prüfungszeit muss man sehr früh da sein, um noch einen Platz zu bekommen. Ich kann allerdings auch die Bib im St Mary’s Quad empfehlen, die ein bisschen kleiner und ruhiger ist. Wichtig ist auch, dass man immer seine Matric Card bei sich hat, da man ohne diese nicht in die Bibliothek reinkommt. Auch zum Ausleihen der Bücher ist sie notwendig. In der „short loan section“ im Untergeschoss der Bib kann man sich die Bücher, die man für seinen Essay braucht für bis zu vier Stunden ausleihen. Die Bib ist außerdem extrem modern und mit ausreichend PCs und Druckern ausgestattet. Freizeit Ich kann jedem nur empfehlen, sich von einer „Academic Family“ adoptieren zu lassen und Raisin’s, inklusive der Schaumschlacht unbedingt mit zu machen. An Raisin’s Sonntag trifft man sich mit seiner Familie zum Frühstück und muss anschließend mit seinen Geschwistern und Cousins Aufgaben in der Stadt erfüllen. Am Montag werden alle „Kinder“ verkleidet und müssen gegeneinander in der Schaumschlacht antreten. Auch der Maydip ist als St Andrews spezifische Tradition absolut empfehlenswert. Die Bälle erscheinen auf den ersten Blick ein bisschen überteuert (40 Pfund pro Karte) gehören aber auf jeden Fall zu einem Studienaufenthalt in St Andrews dazu. Vor allem der Mayball mit Achterbahnen ist zum Abschied absolut empfehlenswert. In St Andrews gibt es außerdem die Möglichkeit, sich einer der tausend „Societies“ oder Sport Clubs anzuschließen. Von Theater, über Musik, jede erdenkliche Sportart und kulturellen Austausch ist alles dabei. Zu empfehlen ist auch der Weihnachtsmarkt in Edinburgh. Auch, wenn die angebotenen Sachen oft überteuerte Produkte deutscher Supermarktketten sind (hallo „Gut&Günstig Kekse für 4 Pfund!), lohnt sich ein Besuch der wunderschön dekorierten Stadt und eine Fahrt mit dem Riesenrad. Fazit Alles in allem, kann ich ein Erasmus-‐Jahr in St Andrews jedem nur empfehlen! Für mich persönlich war es die beste Zeit in meinem Leben. Ich habe so viele tolle Menschen kennen gelernt und unvergleichliche Erfahrungen sammeln können. Nebenbei hat man, vor allem wenn man für ein Jahr bleibt, die Gelegenheit sein Englisch zu perfektionieren. Logischerweise muss man dafür auch Freunde finden, die „Native Speaker“ sind. Allerdings ist das in St Andrews überhaupt nicht schwer, da es eher wenige Erasmus Studenten gibt (Vorsicht allerdings vor den vielen deutschen Postgrads! ) und man in den Kursen oder Societies auf jeden Fall Anschluss findet. St Andrews bietet einem nicht nur eine altehrwürdige Uni und wunderschöne Landschaft; wenn man sich auf die vielen merkwürdigen Traditionen und Bräuche der Stadt einlässt, kann man definitiv Freunde fürs Leben finden und ein einzigartiges Erasmus-‐Jahr erleben.