1 Ergometrie Indikationen (Auszug):

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1 Ergometrie Indikationen (Auszug):
Ergometrie
Indikationen (Auszug):
- Nachweis einer belastungsinduzierten Myokardischämie durch koronare Herzerkrankung
- Erfassung belastungsabhängiger Rhythmusstörungen
- Analyse des Blutdruck- und Herzfrequenzverhaltens unter Belastung
- Beurteilung der Leistungsfähigkeit
Kontraindikationen:
Absolute Kontraindikationen:
- akutes Koronarsyndrom
- akute Endo-/Myo-/Perikarditis
- dekompensierte Herzinsuffizienz
- schwere Aortenstenose, schwere HOCM
- akute Aortendissektion
- schwere pulmonale Hypertonie
- schwere unkontrollierte Herzrhythmusstörung.
- schwere Allgemeinerkrankungen oder fieberhafte Infekte
- akute Lungenembolie
- Vorsicht bei QT-Verlängerungen > erhöhte Gefahr von Kammerflimmern
Relative Kontraindikationen:
- Hauptstammstenose
- unkontrollierte arterielle Hypertonie (> 200/110 mmHg)
- vorbestehende Elektrolytstörungen
- Brady- oder Tachyarrhythmie
- vorbestehende höhergradige AV-Blockierungen
Durchführung:
- Standardmethode ist die Fahrrad-Ergometrie im Sitzen oder in einigen Fällen im Liegen
- Drehkurbelarbeit mit den Armen bei Beinbehinderten
- Voraussetzung: Ruhe-EKG, Arzt in Rufweite, vorhandener Defibrillator & Notfallmedikation
- Anlage eines 6/12-Kanal-EKGs und Blutdruckmanschette
- Ausgehend von 25 oder 50 Watt stufenweise Erhöhung um 25 Watt alle 2 Min.
- bei Sportlern: beginnend mit 50 Watt, Steigerung um 50 Watt alle 3 Min.
- bei Kindern: Beginn mit ½ Watt/kg, Steigerung um ½ Watt/kg
- Ziel-Drehzahl 50-60/min., Ziel-Belastungsdauer 8-12min
Zu erreichende Herzfrequenz:
1) Maximal zu erreichende Herzfrequenz: 220 - Lebensalter in Jahren ± 10
2) Submaximal zu erreichende Herzfrequenz: 180 - Lebensalter in Jahren
- Registrierung der Parameter HF & RR in der 2. Hälfte der Belastungsminute auf jeder Stufe
- Kontinuierliche Registrierung 6/12-Kanal-EKG auf jeder Belastungsstufe
Beenden der Ergometrie bei:
1) Erreichen der maximalen Sollleistung oder Herzfrequenz oder bei
2) Erreichen der Abbruchkriterien (s.u.)
Ergometrie, Endtmann & Yürüktümen, Stand 01/2013
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Bestimmung der maximalen Sollleistung:
Die maximale Sollleistung kann nach u.a. Formeln berechnet werden oder, nach Bestimmung
der Körperoberfläche mittels Nomogrammen oder Online-Rechner, aus Standard-Tabellen
abgelesen werden.
1) Berechnung der max. Sollleistung anhand von Körpergröße und -gewicht:
- Männer: max. Sollleistung = 3 Watt/kg minus 10 %/Lebensdekade jenseits des 30.Lebensjahres
- Frauen: max. Sollleistung = 2,5 Watt/kg minus 8 %/Lebensdekade jenseits des 30.Lebensjahres
- Beispielrechnung: Mann 180 cm, 80 kg, 70 Jahre: 80 x 3 - 40% = 240 – 96 = 144 Watt
2) Berechnung der maximalen Sollleistung anhand der Körperoberfläche:
a) Bestimmung der Körperoberfäche (KO):
- per Online Rechner (http://www.cato.eu/de/koerperoberflaeche.html) oder
- per Nomogramm
b) Berechnung der maximalen Sollleistung
- Männer: max. Sollleistung [Watt] = 6,773 + 136,141 x KO – 0,916 x KO x Alter
- Frauen: max. Sollleistung [Watt] = 3,933 + 86,641 x KO – 0,346 x KO x Alter
- Beispielrechnung: Mann, KO 2,0m2, 60 Jahre; maximale Sollleistung = 169 Watt
Abbruchkriterien der Ergometrie:
Absolute Abbruchkriterien:
- mäßige bis schwere Angina pectoris, Dyspnoe, Zyanose, Schwindel, Erschöpfung
- ST-Senkung ≥ 3mm oder ST-Hebung ≥ 1mm
- anhaltende ventrikuläre Tachykardien (>30 sec.)
- Blutdruckabfall >10mmHg mit Zeichen der Myokardischämie (Angina pektoris, ST-Senkung)
- fehlender Frequenzanstieg
Relative Abbruchkriterien:
- hypertensive Fehlregulation (systolischer RR >230mmHg, diastolischer RR > 115mmHg)
- Blutdruckabfall >10mmHg ohne Zeichen der Myokardischämie (Angina pektoris, ST-Senkung)
- polymorphe ventrikuläre Extrasystolen, Paare, Salven
- supraventrikuläre Tachykardien
- Bradyarrhythmien oder Leitungsstörungen (höhergradiger AV-Block, Schenkelblock)
- leichte Angina pectoris
Komplikationen (1-2 schwere Komplikationen unter 10000 Ergometrien):
- Angina pectoris, hypertensive Entgleisung
- Herzinfarkt
- schwere Herzrhythmusstörungen
- Hirninfarkt
- Synkope
- kardiopulmonale Reanimation
- Tod, und andere
Ergometrie, Endtmann & Yürüktümen, Stand 01/2013
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Blutdruckverhalten bei Ergometrie:
Physiologisch steigt der systolische Blutdruck unter Belastung kontinuierlich auf 160200mmHg und zwar um 5-10mmHg pro 20-30 Watt an. Der diastolische Blutdruck zeigt nur
eine geringe Schwankung zum Ausgangswert (+/- 10mmHg). Orientierend liegt eine
Belastungs-Hypertonie bei einem Anstieg des systolischen Blutdruckwertes auf über
250mmHg bzw. um mehr als 140mmHg über dem Ausgangswert vor. Eine
Belastungshypertonie lässt sich mit folgender Formel objektivieren:
Errechneter systolischer Blutdruck = 120 + 0,4 x (Watt-Stufe + Alter)
Liegt der tatsächlich am Patienten gemessene Blutdruckwert auf der jeweiligen Watt-Stufe
über dem nach der Formel errechneten Blutdruckwert, so liegt eine Belastungshypertonie vor.
In der Nachbelastungsphase sollte es innerhalb von 3 min zu einer Normalisierung des
Blutdrucks, zumindest des systolischen Wertes auf weniger als 90% des maximalen
systolischen Blutdruckwertes kommen.
Interpretation:
- Pathologische Befunde mit Hinweis auf Ischämie sind:
- horizontale / deszendierende ST-Strecken-Senkung ≥ 0,1mV (80ms nach J-Punkt)
- aszendierende ST-Strecken-Senkung ≥ 0,15mV (80ms nach J-Punkt)
- Zunahme vorbestehender ST-Senkung um ≥ 0,1mV
- ST-Hebung ≥ 0,1mV (80ms nach J-Punkt)
Aszendierende ST-Strecken-Senkung < 0,15mV (80ms nach J-Punkt) ist tachykardiebedingt.
J-Punkt entspricht dem Übergang S-Zacke in den Beginn der ST-Strecke:
- Nachweissicherheit behandlungsbedürftige Koronarstenose bei max. Belastung: 70-80%
- Rückschlüsse auf Lokalisation der Ischämie oder das betroffene Koronargefäß sind nicht möglich.
- Fehlender Anstieg des SBP auf >120mmHg bei schwerer Herzinsuffizienz, Mehrgefäßerkrankung
- Rascher Blutdruckabfall unter Belastung bei Hauptstamm-Stenose, Aortenklappenstenose, HOCM
- Fehlender Anstieg der HF (auf 220 minus Alter) bei SSS, Betablocker, schwerer Herzinsuffizienz
- Überschießender Anstieg der HF bei Trainingsmangel, Anämie, Hypovolämie, Herzinsuffizienz
Ergometrie, Endtmann & Yürüktümen, Stand 01/2013
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Dokumentation:
Die Dokumentation der gesamten Belastungsuntersuchung erfolgt in Form eines definierten
Protokolls. Das Protokoll sollte Indikation, aktuelle Medikation, Art der Belastung,
Herzfrequenz- und Blutdruckverhalten, ST-Strecken-Verhalten und die Angabe von ev.
aufgetretenen Beschwerden oder Herzrhythmusstörungen enthalten. Die Original-EKGRegistrierung wird dem Protokoll beigefügt.
Falsch positive Befunde bei:
Aortenvitien, Mitralklappenprolaps, kongenitale Vitien, Kardiomyopathien, Ruhetachykardie,
WPW-Syndrom, Digitalis, Diuretika, Antiarrhythmika, Laxantien, Alpha-Methyl-Dopa,
Katecholamine, Antidepressiva, antianginöse oder bradykardisierende Therapie, vorbestehend
ST-Veränderungen (Linkssschenkelblock, Schrittmacher-Stimulation), arterielle Hypertonie,
Hyperventilation, Hypokaliämie, Myxödem, Anämie, Thyreotoxikose, weibliches Geschlecht.
Normalbefund einer Ergometrie (Beispiel):
Stufenweise Steigerung der Belastung auf 150 Watt. Maximale Sollleistung 150 Watt,
maximale Ziel-HF 180/min. Abbruch bei Erreichen der maximalen Sollleitung nach 9min.
Unter Belastung keine signifikanten Erregungsrückbildungsstörungen, Rhythmusstörungen,
pektanginösen Beschwerden oder Dyspnoe. Maximale HF bei 185/min während der
Ergometrie. Unauffälliges Blutdruckprofil, maximaler RR bei 160/100mmHg mit adäquater
Erholung in der Nachbelastungsphase.
Ergometrie, Endtmann & Yürüktümen, Stand 01/2013
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