2/2010 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther
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2/2010 - Medizinische Fakultät der Martin-Luther
Ausgabe 2/10 Universitätsklinikum Halle (Saale) medialog zeitschrift des universitätsklinikums halle (sa ale) Unfallchirurgie: Traumaversorgung durch interdisziplinäre Zusammenarbeit Anästhesiologie Die goldene erste Stunde Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie Der gute alte Hakenzug Ausgabe 2/10 1 | ed i t or ial Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der neuen Ausgabe unserer Zeitschrift medialog rücken wir die Trauma- und Notfall- versorgung am Universitätsklinikum Halle (Saale) in den Mittelpunkt. Sie finden ein breites Spektrum an Themen – von der Versorgung von Frakturen älterer Patienten bis hin zu Notfällen in der Gynäkologie, Urologie und Geburtshilfe. Das Universitätsklinikum Halle (Saale) als Maximalversorger stellt durch sein komplexes Angebot aller Fachdisziplinen eine umfassende und sachgerechte Behandlung von Unfall- und Notfallpatienten sicher. So können komplexe Verletzungen, die beispielsweise eine Zusammenarbeit der Fächer Augenheilkunde, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kieferorthopädie und/oder Neurochirurgie bedürfen, im südlichen Sachsen-Anhalt nur vom Universitätsklinikum behandelt werden. Durch eine Kooperation mit den halleschen BG-Kliniken stellen wir in diesen Fächern auch dort die Versorgung sicher. An unserem Universitätsklinikum ist ein Department für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie entstanden, das die Möglichkeit bietet, die Spezialkompetenzen der beiden, sich im Zusammenwachsen be- | 2 findlichen Fächer zu erhalten und gemeinsam weiterzuentwickeln. Die Professur für Orthopädie befindet sich derzeit in der Wiederbesetzung. In einer der kommenden Ausgaben von medialog werden wir den neuen Direktor der Klinik vorstellen. Wir hoffen, Ihr Interesse am Universitätsklinikum Halle (Saale) und seinen Leistungen geweckt und für Sie wichtige Informationen zusammengetragen zu haben. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns weiterhin mit Anregungen und Hinweisen aus Ihrer täglichen Praxis dabei helfen würden, unsere Leistungen und unseren Service weiter zu verbessern. Sehen Sie medialog auch als Forum des kollegialen Austausches. Fragen und Hinweise können Sie beispielsweise auch per E-Mail an medialog@medizin.uni-halle.de richten. Sie bekommen eine Antwort. Bis dahin verbleibe ich mit freundlichen Grüßen PD Dr. Thomas Klöss Ärztlicher Direktor inhal t U nfallchir urg ie 04 | Polytraumaversorgung – interdisziplinäre Zusammenarbeit Dr. Maria Huschak, Dr. Holger Siekmann Anästhesiolog ie 07 | Polytrauma: Die goldene erste Stunde Dr. Martin Schmale, Dr. Michael Bomplitz M und -, 09 Kiefer - und Gesichtschirurg ie | Der gute alte Hakenzug Dr. Birgit Scheffler, Prof. Dr. Johannes Schubert Kinderchirurg ie 11 | Kindgerechte Versorgung bei Unfällen Dr. Gunter Klohs U nfallchir urg ie 13 | Der Knochenbruch im Alter Dr. Maria Huschak, Dr. Holger Siekmann U nfallchir urg ie 15 | Innovative Verfahren bei Wirbelkörperfrakturen Dr. Lars Jansch, Dr. Holger Siekmann U nfallchir urg ie 17 | Für jede Fraktur einen Spezialisten? Dr. Lars Jansch, Dr. Holger Siekmann Gy näkolog ie 19 | Notfälle in der Gynäkologie Dr. Ursula Bauerfeind, Dr. Ina Karbe Geburtshilfe 21 | Risikoschwangerschaften – Betreuung unter einem Dach Dr. Volker Thäle Pf legedienst 22 | Die Schmerzen in den Griff bekommen Gundula Blättermann Orthopädie 24 | Mehr als nur ein Knochenbruch PD Dr. David Wohlrab MKG 26 und HNO | Komplexe Verletzungen des Schädels und des Gesichts Dr. Annett Sandner, Dr. Birgit Scheffler Urolog ie 29 | Notfälle in der Urologie PD Dr. Olaf Reichelt, Prof. Dr. Hans Heynemann 30 | Meldungen 31 | Sprechstunden Unfallchirurgie Ausgabe 2/10 3 | U n fal l c h ir u r g ie Polytraumaversorgung – interdisziplinäre Zusammenarbeit In der Folge umfangreicher, teils polizentrischer Studien wurde speziell die primäre und frühsekundäre Behandlung polytraumatisierter Patienten den gegebenen Notwendigkeiten angepasst. Dieser Wandel ist auch aktuell noch nicht komplett abgeschlossen. Eine der Grundvoraussetzungen dafür war die Installation eines effektiven Rettungswesens. Dr. Maria Huschak Dr. Holger Siekmann | 4 U n fal l c h i r u r g ie Postoperative Röntgenkontrolle nach plattenosteosynthetischer Versorgung der Symphysensprengung, der Acetabulumfraktur rechts und mehrfragmentären Femurschaftstückfraktur rechts Darstellung einer dislozierten, bilateralen vorderen Beckenringfraktur (Schmetterlingsfraktur) in Kombination mit einer nichtdislozierten Os sacrum – Längsfraktur und Symphysensprengung, einer mehrfragmentären Femurschaftstückfraktur rechts sowie einer nichtdislozierten Acetabulumfraktur rechts E in wesentlicher Erfolg dieser Entwicklung war die Reduktion der Primärletalität am Unfallort, so dass heute der überwiegende Teil der Schwerstverletzten lebend die Kliniken erreicht. In der Konsequenz wurden Konzepte entwickelt, die speziell auf die Versorgung dieser Patienten ausgerichtet waren. Konzepte, die die immer schnellere und möglichst vollständige Diagnostik und auch Therapie in der zu nutzenden „golden hour of shock“ nach sich zogen. Entsprechend dieser Situation sollen hier zwei Fälle polytraumatisierter Patienten vorgestellt werden. Fall 1: Eine 32-jährige Patientin erreichte unser Haus nach Primärdiagnostik in einer nahegelegenen Klinik, in der die Patientin nach einem suizidalen Fenstersturz (Depression, Psychose) als Polytrauma aufgenommen wurde. Im Rahmen der orientierenden Untersuchung durch den Notarzt war neben Hinweisen auf ein Schädel-Hirn-Trauma und Postoperative Röntgenkontrolle nach geschlossener Reposition und antegrader, statischer Marknagelosteosynthese mit Schenkelhalsverschraubung rechts und isolierter Schraubenosteosynthese bei nichtdislozierter Acetabulumfraktur Postinterventionelle Darstellung einer Aorthenprothese bei traumatischer Dissektion der Aorta descendens im Rahmen eines Dezelerationstraumas mit CT-gesicherter mediastinaler Einblutung eine Oberschenkelfraktur schon der Verdacht auf eine Thoraxverletzung geäußert worden. Die dann durchgeführte initiale auswärtige Schockraumdiagnostik erbrachte neben weiteren Läsionen ein Polytrauma mit den nachstehenden wesentlichen Verletzungen: Dissektion der Aorta descendens, SHT II°, Becken B-Verletzung + Acetabulumfraktur re., II° offene OS-Stückfraktur re. Während der CT-Auswertungsphase hinsichtlich dieser Therapieansätze wurde die Femurfraktur re. mittels Fix. externe auf den vorderen Beckenkamm unfallchirurgisch re. transfixiert, eine Beckenzwinge war aufgrund der Beckenstellung nicht notwendig. Interdisziplinär wurde direkt danach die Aortenverletzung interdisziplinär thoraxchirurgisch-radiologisch mittels Stent versorgt. Im Weiteren folgte noch am Aufnahmetag die Anlage einer Ventrikeldrainage durch die Kollegen der Neurochirurgie. Im Anschluss wurde die Patientin auf die anästhesiologische Intensivstation gebracht. Hierauf folgte die weitere notfällmäßige Verlegung in unsere Klinik intubiert, beatmet und analgosediert mittels Rettungstransportwagen. Die Befundübermittlung erfolgte überwiegend telefonisch, Bilder der CT-Untersuchung, speziell des Thorax konnten nicht direkt mitgereicht werden, das Ausmaß der Aortenverletzung war mit Übernahme somit unklar. Somit ergab sich trotz des jungen Alters der Patientin die Indikation zur neuerlichen CT-Kontrolle des Thorax, um die Notwendigkeit eines thoraxchirurgisch offenen vs. interventionell radiologischen Vorgehens abschätzen zu können. Im weiteren stationären Verlauf erfolgte dann schrittweise die weitere Versorgung der in der Primärdiagnostik diagnostizierten Verletzungen. Neben einer Symphysenverplattung sowie der Verschraubung des Acetabulumfraktur wurde die Femurstückfraktur unfallchirurgisch mittels Marknagelung versorgt. Eine mehrfache Unterkieferfraktur wurde durch die Ärzte der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie operativ versorgt. Ausgabe 2/10 5 | U n fal l c h ir u r g ie Fall 2: Eine 32-jährige Frau erlitt einen Sturz aus etwa fünf Meter Höhe. Sie erreichte unsere Klinik primär und war bei Eintreffen wach und orientiert. Beide Füße waren bei erheblichen Schmerzen sichtbar deformiert. Zudem bestanden Hinweise auf eine LWK-Fraktur mit Rückenmarksbeteiligung. Die Patientin offenbarte eine bestehende Schwangerschaft, so dass wir vom üblichen Schockraumprocedere abweichen mussten, um diese zunächst so wenig wie möglich zu gefährden. Eine MRT-Untersuchung bestätigte eine instabile LWK II-Fraktur. An den Füßen zeigten sich eine Talusluxationsfraktur links und eine Calcaneusfraktur rechts. Unmittelbar im Anschluss an die Diagnostik einschließlich der notwendigen gynäkologischen Abklärung wurde die operative Versorgung vorgenommen. Die Anästhesieführung wurde an die bestehende Schwangerschaft angepasst. Die dorsale Stabilisierung der LWK II-Fraktur wurde durch eine Spinalkanaldekompression komplettiert. In derselben Sitzung wurde die Talusluxationsfraktur offen reponiert und durch eine Schraubenosteosynthese stabilisiert. Nach anschließend notwendiger Intensivtherapie konnte die Patientin nach sechs Tagen auf eine unfallchirurgische Station verlegt werden. Fall 2: praeoperatives MRT mit Nachweis der instabilen LWK II-Fraktur sowie postoperative konventionell radiologische Kontrollen der LWK IIFraktur sowie der Calcaneus- und der Talusfraktur Aufgrund des Verletzungsmuster und der Vorerkrankungen war zudem im stationären Rahmen mehrfach eine konsiliarische Mitbetreuung durch Fachärzte der Inneren Medizin, der Neurologie sowie der Psychiatrie notwendig. K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie OÄ Dr. Maria Huschak Ernst-Grube-Straße 40 Traumahandy: 0170/5557550 Tel: (0345) 557-7071 Fax: (0345) 557-7073 unfallchirurgie@medizin.uni-halle.de www.medizin.uni-halle.de/kuwc | 6 Fazit: Polytraumata bedürfen grundsätzlich der interdisziplinären Zusammenarbeit an einem spezialisierten Zentrum (Unfallchirurgie, Anästhesie, Herz- u. Thoraxchirurgie, Visceralchirurgie, Neurochirurgie, Radiologie). Unter Würdigung des geschilderten Falles muss als Fazit zudem klar gesagt werden, dass polytraumatisierte Patienten gerade mit Hinweisen auf begleitende Thoraxverletzungen entsprechend spezialisierten Kliniken, wenn möglich direkt zugeführt werden müssen. Dies ist auch an der dezidierten Aufführung der im vorliegenden Fall beteiligten Fachdisziplinen klar zu erkennen. Dies gilt nicht nur dem Interesse des Patienten mit der Vermeidung möglicherweise zeitnah lebensnotwendiger Therapieoptionen und der Verhinderung von unnötigen, auch Patienten belastender Doppeluntersuchungen. Zudem kann sich für den erstbehandelnden Notarzt, speziell, wenn er am Unfallort den Verdacht auf eine mögliche Thoraxläsion geäußert hat, aus der unnötigen Therapieverzögerung eine juristische Konsequenz ergeben. Die operationswürdige Calcaneusfraktur hätte zur OP-Planung eine CT-Diagnostik erfordert. In Anbetracht der Gesamtsituation und nach Diskussion derselben mit den Radiologen wurde eine MRT-Diagnostik vorgenommen. Abschließend wurde die Calcaneusfraktur plattenosteosynthetisch versorgt. Letztendlich entschloss sich die Patientin trotz minimierter radiologischer Diagnostik vor Durchführung der späteren ventralen Wirbelstabilisierung zu einem Schwangerschaftsabbruch. Fazit: Über die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Kliniken in der Region sollte der notärztlich tätige Kollege informiert sein, um die richtige Auswahl treffen zu können. Im Sinne des Patienten muss die Einweisung allein medizinischen und einsatztaktischen Erwägungen folgen. Auch das innerklinische Zusammenspiel der einzelnen Fachbereiche muss mit Augenmaß abgestimmt sein, um den größtmöglichen Nutzen für den einzelnen Patienten zu erzielen. A n ä s t h e s iol o g ie Polytrauma: Die goldene erste Stunde I In der medizinischen Versorgung von schwer verletzten Patienten steht die Einhaltung von etablierten Behandlungsalgorithmen im Vordergrund. Die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten ist vom zeitlichen Ablauf der notwendigen Maßnahmen abhängig. Dr. Martin Schmale Dr. Michael Bomplitz st die „goldene erste Stunde“ der Versorgung eines Polytrauma-Patienten erst vorbei und die chirurgischen Fachdisziplinen haben die primäre Operationsphase beendet, ist zur weiteren Behandlung die Intensivmedizin gefragt: bei einer hohen prähospitalen Sterblichkeit bis etwa 20 Prozent liegt die Klinikletalität noch bei etwa 16 Prozent. Einfluss auf die Prognose haben das Vorliegen eines Schädelhirntraumas und das Ausmaß der bestehenden Blutungen. Für die weitere intensivmedizinische Behandlung gibt es keinen Algorithmus, also auch kein „Standardrezept“, hier ist das wachsame Auge des Intensivmediziners gefragt, der sowohl mit Hilfe seiner Erfahrung sowie den Möglichkeiten aus Technik und medizinischem Personal der Intensivstation individuelle Behandlungsstrategien entwickeln muss, als auch als interdisziplinärer Koordinator der kooperierenden Fachdisziplinen eine zentrale Rolle einnimmt. Analgosedierung Bis zur sekundären Operationsphase verbleibt der Patient in einem künstlichen Schlaf durch eine entsprechende Analgosedierung und wird kontrolliert beatmet. Hierfür stehen verschiedene bewährte Konzepte (AWMF, S3-Leitlinien DGAI, Stand: 12/2009) mit einer Kombination aus intravenösen Medikamenten und regionalen Anästhesieverfahren zur Verfügung, aber auch volatile Anästhetika kommen bei der Sedierung im Rahmen einer Langzeitbeatmung zum Einsatz. Die Ziele der Analgosedierung sind Schmerzbehandlung, Anxiolyse, Sedierung zur Abschirmung bei notwendigen physisch oder psychisch traumatisierenden Maßnahmen, vegetative Abschirmung mit dem Ziel einer hämodynamischen Stabilisierung und letztlich: der wache, kooperative Patient, der die Maßnahmen toleriert und im Rahmen seiner Möglichkeiten aktiv unterstützt. Beatmung Die Lunge ist hinsichtlich der Auswirkung eines Polytraumas besonders gefährdet, da sie nicht Ausgabe 2/10 7 | A n ä s t h e s iol o g ie nur als häufigster Infektionsort imponiert, sondern im Rahmen des Schocks und der Reperfusion ein ARDS (akutes Lungenversagen) entwickeln kann. Liegt ein primäres Lungentrauma vor, aber vor allem eine durch das Trauma bedingte Kontusion der Lungen, wird nicht nur ein entsprechend lungenprotektives Beatmungsmuster eingesetzt, sondern der Patient wird zur kinetischen Lagerungstherapie für mehrere Tage in ein Rotationsbett gelegt. Hämodynamik Eine fortlaufende Überwachung der Herzkreislauffunktion wird durch den Einsatz einer kontinuierlich abgeleiteten Blutdruckmessung arteriell und venös, durch die Ableitung eines Echokardiogramm, in Einzelfällen durch die transösophageale Echokardiographie, eine Messung der peripheren Sauerstoffsättigung, in einigen Fällen auch durch eine kontinuierliche Messung der zentralvenösen Sauerstoffsättigung, durch die Registrierung der Beatmungsparameter sowie durch die arteriellen Blutgasanalysen gewährleistet. Die Kontrolle der Parameter ist wichtig für eine differenzierte Katecholamintherapie mit dem Ziel der Aufrechterhaltung einer adäquaten Organperfusion und der Steuerung einer bilanzierten Volumen- und Elektrolyttherapie. K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin Dr. Martin Schmale Tel.: (0345) 557-5992 Fax: (0345) 557-4636 martin.schmale@medizin.uni-halle.de | 8 Neuromonitoring Organersatzverfahren Neben der Notwendigkeit eines hämodynamischen Monitorings besteht gerade bei Patienten in Narkose die Möglichkeit eines Neuromonitorings zur Erfassung der Sedierungstiefe, EEG-Ableitung über drei Elektroden. Im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung oder bereits durch eine primäre Schädigung durch das Trauma kann es zu dem Ausfall eines oder mehrerer Organe kommen. Hierfür stehen uns direkt auf der Intensivstation Dialysegeräte als Nierenersatzverfahren zur Verfügung, in Kooperation mit andern Fachabteilungen sind jedoch auch Leberersatzverfahren/Leberdialyse, Lungenunterstützungs-/-ersatzverfahren oder auch Systeme zur Unterstützung der Herzfunktion möglich. Postoperative Diagnostik Die Bild gebende Diagnostik wird fortgesetzt, da zur Kontrolle der bereits operierten Verletzungen die Wiederholung durchgeführter diagnostischer Maßnahmen erforderlich sein kann. Hypothermie Labor Für die Kontrolle der Organfunktionen (Herz, Niere, Leber) und der Gerinnungsanalyse steht uns einerseits das Zentrallabor zur Verfügung, anderseits besteht die Möglichkeit einer Rotations-Thrombelastometrie zur Bestimmung weiterer Gerinnungsstörungen (z.B. Hyperfibrinolyse). Prävention Zur Vermeidung einer bakteriellen Infektion wird frühzeitig eine prophylaktische Behandlung mit einem Breitspektrumantibiotikum begonnen. Bezogen auf das relativ erhöhte Risiko für tiefe Beinvenenthrombosen und damit für eine Lungenarterienembolie wird in einem zeitlichen Abstand zu den Operationen und in Abwägung eines Blutungsrisikos sowohl eine physikalische als auch eine medikamentöse Thrombembolie-Prophylaxe durchgeführt. Eine Auffrischung der Tetanusimpfung zur Vermeidung eines Wundstarrkrampfes ist Bestandteil vorbeugender Maßnahmen. Die Behandlung einer tiefen Hypothermie kann kontrolliert durch den Einsatz einer Herzlungenmaschine oder alternativ durch die Anwendung eines intravasalen Katheters zur Regulierung der Körpertemperatur effektiv behandelt werden. Fazit Wenn die ersten Tage bis Wochen überstanden sind und in absehbarer Zeit kein operativer Eingriff notwendig ist, wird in den meisten Fällen bereits von der Intensivmedizinbehandlung ausgehend eine Frührehabilitation vorbereitet. Therapie begleitend werden neben einer psychologischen Betreuung nach der ersten Stabilisierung und Erholungsphase unter physiotherapeutischer Anleitung die ersten Bewegungs- und Atmungsübungen begonnen, unterstützend kommen teilweise auch ergotherapeutische Übungen hinzu. In Vorbereitung auf eine Rehabilitation werden durch die Kollegen der Phoniatrie und Logopädie Sprache und Schluckfunktion geprüft und unter fachkundiger Anleitung trainiert. M u n d - , Kie f e r - Der gute alte Hakenzug Laterale Mittelgesichtsschädelfrakturen umfassen Frakturen des Jochbeins, des Jochbogens und der Orbita. Insbesondere Jochbein und Jochbogen sind durch ihre exponierte Lage häufig von Frakturen betroffen. Professor Dr. Dr. Johannes Schubert Dr. Birgit Scheffler u n d G e s ic h t s c h ir u r g ie W ährend noch vor 30 Jahren Unterkieferfrakturen bis zu 75 Prozent der Frakturen des Gesichtsschädels darstellten, ist der Anteil der Mittelgesichtsfrakturen, die in unserer Klinik stationär betreut wurden, nach neuesten Untersuchungen auf 40 Prozent gestiegen. In abnehmender Reihenfolge treten Verkehrsunfälle, Rohheitsdelikte (Faustschlag) und Verletzungen durch Sturz als Ursache auf. Die Patienten stellen sich meist noch am Unfalltag mit einem Monokel- oder periorbitalen Hämatom, einer Schwellung der Gesichtsweichteile mit Schmerzen und eventuell einer Hypästhesie im Versorgungsgebiet des N. infraorbitalis sowie einer abgeflachten Jochbeinprominenz vor. Ausgabe 2/10 9 | M u n d -, Kie f e r - u n d G e s ic h t s c h i r u r g ie Im Rahmen der ärztlichen Untersuchung wird nach Knochenstufen im Bereich des Infraorbitalrandes, des lateralen Orbitarandes, der Crista zygomaticoalveolaris und am Jochbogen, eventuellen Doppelbildern, Einschränkung der Mundöffnung und Sensibilitätsstörungen gefahndet. Bei Auftreten der klassischen Symptomentrias Stufenbildung am Infraorbitalrand, Hyp- oder Anästhesie im Ausbreitungsgebiet des N. infraorbitalis und Abflachung des lateralen Mittelgesichts ist die Diagnose Jochbeinimpressionsfraktur praktisch sicher. Die klinische Untersuchung wird ergänzt durch bildgebende Diagnostik (Röntgen in zwei Ebenen oder ggf. CT). Nicht jede isolierte Jochbein- und Jochbogenfraktur bedarf einer chirurgischen Intervention. Bei fehlender oder nur geringgradiger Dislokation ohne wesentliche Funktionsstörung ist ein abwartendes Verhalten mit regelmäßigen Nachkontrollen und Schnäuzverbot angezeigt. Auch ein kontusionsbedingter Nervausfall bildet sich zurück. K on t ak t Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Ernst-Grube-Str. 40 06120 Halle (Saale) und Große Steinstr. 19 06108 Halle (Saale) Tel.: (0345) 557-3731 Fax: (0345) 557-3778 mkg.sekretariat@medizin.uni-halle.de , birgit.scheffler@medizin.uni-halle.de www.medizin.uni-halle.de/zzmk/mkpgch | 10 Bei stärker ausgeprägter Dislokation sind Maßnahmen zur Reposition und damit Herstellung einer anatomisch korrekten Fragmentstellung indiziert. Das Spektrum dieser Maßnahmen reicht vom perkutanen Hakenzug (Stromeyer), über die osteosynthetische Versorgung mit Mini- oder Mikroplatten entlang der Krafttrajektorien des Oberkiefers bis hin zur navigationsgestützten Rekonstruktion des Mittelgesichts bei Fehlheilung. Während noch vor 30 Jahren die dislozierten Jochbeinfrakturen eine Domäne des klassischen Hakenzugs (88 Prozent) darstellten und Osteosynthesen (zwölf Prozent) die Ausnahme bildeten, hat sich das Verhältnis in den vergangenen drei Jahrzehnten deutschlandweit umgekehrt. Nur noch 31 Prozent aller dislozierten Jochbeinfrakturen wurden in unserer Klinik mittels Hakenzug reponiert und 69 Prozent durch Osteosynthese vorzugsweise von intraoral versorgt. Trotz rückläufigem Trend handelt es sich bei der Hakenzugreposition um ein weiterhin anerkanntes chirurgisches Verfahren, das bei immerhin fast einem Drittel der Patienten mit dislozierter Jochbeinfraktur zum Einsatz kommt. Die perkutane Hakenzugreposition wird mit einem Einzinkerhaken nach dem Vorschlag Stromeyers (1844) vorzugsweise in Kurznarkose (z.B. Ketanest) durchgeführt. Dabei wird der Einzinkerhaken nach Stichinzision perkutan unter das Jochbein bzw. unter den eingedellten Jochbogen geführt und unter manueller Kontrolle kräftig gezogen. Ein hör- und fühlbares „Einrasten“ des Fragments spricht für ein gutes Repositionsergebnis. Durch das Verhakeln der Fragmente verbleibt das Fragment in der angedachten Position, zumal dislozierende Kräfte kaum auftreten und der breitflächig ansetzende M. masseter eher stabilisierend wirkt. Die Attraktivität dieses Verfahrens begründet sich auf mehreren Faktoren: •Bei minimalem technischen Aufwand dauert die OP nur wenige Minuten. •Das Verfahren ist äußerst kostengünstig, da der Patient noch am gleichen Tag nach röntgenologischer Kontrolle nach Hause gehen kann und bald wieder arbeitsfähig ist. •Zweiteingriffe, wie beispielsweise eine Materialentfernung, sind nicht erforderlich. •Es handelt sich um ein minimal invasives Verfahren mit winziger, kaum sichtbarer Narbe. •Nachteil des Verfahrens ist, dass nicht immer eine anatomisch korrekte Fragmentstellung erreicht werden kann. Dies hat jedoch keine ästhetischen Konsequenzen. In unseren Untersuchungen war in 3,8 Prozent der Fälle postoperativ eine Stufe palpabel bzw. lagen ästhetische Beeinträchtigungen vor. Da keine offene Darstellung des N. infraorbitalis erfolgt, können kleine Knochenfragmente, die möglicherweise die Nervfunktion beeinträchtigen, nicht entfernt werden. Aber nur in 2,6 Prozent gaben die Patienten eine Hyp- bzw. Parästhesie im Versorgungsgebiet des N. infraorbitalis während der Langzeitkontrolle an. Doch auch die osteosynthetischen Therapieverfahren waren in Einzelfällen mit postoperativen Nervfunktionsstörungen (3,9 Prozent) assoziiert, eine ästhetische Beeinträchtigung bzw. Stufenbildung war in sieben Prozent der Fälle zu verzeichnen. Beide Verfahren lassen sich allerdings nur begrenzt miteinander vergleichen, da sie unterschiedliche Indikationen haben. So können Trümmerfrakturen beispielsweise nur osteosynthetisch versorgt werden. Während vor 30 Jahren in nur 70 Prozent der Fälle eine Restitutio ad integrum erreicht werden konnte, wurde dieser Anteil im Gesamtkollektiv auf 94,5 Prozent gesteigert (Hakenzug: 97,4 Prozent und Osteosynthese: 93,2 Prozent). Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass bei richtiger Indikationsstellung sowohl Hakenzugreposition als auch Osteosynthese zu gleich guten Behandlungsergebnissen führen. Die geschlossene Reposition dislozierter Jochbein- und Jochbogenfrakturen mittels Hakenzug als einziger therapeutischer Maßnahme ist deshalb in mindestens einem Drittel der Fälle trotz technischen Fortschritts und DRG als patientenund ressourcenschonendes Verfahren indiziert. Kin d e r c h ir u r g ie Kindgerechte Versorgung bei Unfällen E Unfälle im Kindesalter stellen eine besondere Stresssituation dar, insbesondere für die betroffenen Kinder und die Eltern. Dr. Gunter Klohs ltern wähnen ihre Kinder in Sicherheit – in der Schule oder beim Sport – und müssen plötzlich erfahren, dass ihr Kind einen Unfall hatte. Nach Angaben des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie passieren die meisten Unfälle mit Kindern während der Schulzeit. 8,5 Prozent der Unfälle ereignen sich auf dem Weg in die Schule oder Kindergarten, vier Prozent im Kindergarten und 87,5 Prozent in der Schule, wobei hier der Sportunterricht und die Pause am häufigsten mit Unfällen verknüpft sind. Die Behandlung von Schulunfällen entspricht den Arbeitsunfällen im Erwachsenalter und wird von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung gesteuert. Speziell geschulte D-Ärzte, in diesem Falle Kinderchirurgen mit entsprechender Qualifikation, übernehmen die Behandlung. Die Universitätsklinik und Poliklinik für Kinderchirurgie ist unter der Leitung von Professor Dr. Rainer Finke mit seinem stellvertretendem D-Arzt Oberarzt Dr. Gunter Klohs seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten an der ambulanten und stationären Versorgung von Unfällen im Kindesalter im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung beteiligt. Aber nicht nur Schulunfälle werden in der Universitätsklinik für Kinderchirurgie behandelt. Zentrale Anlaufstelle rund um die Uhr ist die Notaufnahme des Universitätsklinikums Halle (Saale) am Standort Ernst-GrubeStraße. Das Spektrum reicht von Schürf- und Platzwunden, Frakturen, Prellungen, Bisswunden, thermischen Verletzungen, Polytraumen bis zu verschluckten Fremdkörpern. Ausgabe 2/10 11 | Kin d e r c h ir u r g ie Gipskontrolle bei konservativer Frakturbehandlung Dr. Gunter Klohs Kindgerechte Versorgung bei Unfällen Unfälle im Kindesalter stellen eine besondere Stresssituation dar, insb betroffenen Kinder und die Eltern. Eltern wähnen ihre Kinder in Sicherhe oder beim Sport - und müssen plötzlich erfahren, dass ihr Kind einen U Angaben des Traumaregisters der Deutschen Gesellschaft für Unfallchiru meisten Unfälle mit Kindern während der Schulzeit (Abb. 1). Unfallhäufigkeit in % Abb.1 tageszeitliche Verteilung von Unfällen im Kindesalter Abb.1: Polytrauma mit Lungen-, Leber- und Milzverletzung defekter Fahrradhelm nach Sturz Die Frage nach einer Fraktur stellt sich bei den vorgestellten Kindern in der Rettungsstelle am häufigsten (etwa 20 Prozent). Allgemeinen Angaben zufolge erleidet jeder 2. Junge und jedes 4. Mädchen mindestens einen Knochenbruch bis zum Alter von 16 Jahren. Bei den Frakturen steht in der Häufigkeit an erster Stelle die obere Extremität mit Unterarmfraktur und Ellbogenfrakturen. Aufgrund der Elastizität des kindlichen Knochens kommt es am Unterarm zu typischen Wulstfrakturen, Grünholzfrakturen oder gar einfach nur Biegungsfrakturen. Die Therapie besteht in den meisten Fällen in einer Gipsruhigstellung, bei Grünholzfrakturen mit größerem Achsenknick ist zusätzlich eine Reposition nötig. Eine probate Methode zur Korrektur sekundärer Dislokationen ist die Gipskeilung. vertrauten Arzt. Grund dafür sind sicherlich die vielen, zu unterschiedlichen Altern auftretenden, Knochenkerne der drei artikulierenden Knochen Humerus, Radius und Ulna. Von den insgesamt sechs Knochenkernen ist das Capitulum humeri im Alter von zwei Monaten der erste sichtbare und der Epicondylus radialis im Alter von etwa elf Jahren der letzte. Die Kenntnis ist für die Interpretation von Röntgenbildern unabdingbar. Sollten trotzdem Unklarheiten über das Ausmaß der Fraktur bestehen, empfiehlt sich die Durchführung eines CT oder MRT und nicht die Röntgenuntersuchung der Gegenseite. Sind bei der Fraktur die Wachstumsfugen betroffen, besteht prinzipiell die Gefahr der Wachstumsstörung. Diese Gefahr ist allerdings gering und betrifft fast ausschließlich dislozierte Gelenkfrakturen, nach AITKEN II und III klassifiziert. Ellbogenfrakturen im Kindesalter stellen, wie die Erfahrung zeigt, ein Problem dar, besonders für den mit kindlichen Knochen nicht K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Kinderchirurgie OA Dr. Gunter Klohs Tel: (0345) 557-2240 Fax: (0345) 557-2779 kinderchirurgie@medizin.uni-halle.de | 12 Nun sind Frakturen im Kindesalter Verletzungen, die sich unter Berücksichtigung einiger kinderspezifischer Prinzipien mit guter Prognose behandeln lassen. Problematischer sind Polytraumata bzw. Verletzungen mehrer Organe. Interessant ist, dass nur etwa zehn Prozent der Unfälle im Kindesalter aufgrund von Fremdverschulden passieren, d.h. die meisten aufgrund von Übermut, Sorglosigkeit oder mangelnder Übung geschehen. Allerdings sind die Unfälle mit schweren Verletzungen und Todesfolge häufig fremd verschuldete, in der Regel Verkehrsunfälle. 8,5 Prozent der Unfälle ereignen sich aufVerteilung dem Weg invon die Schule oder tageszeitliche Prozent im Kindergarten und 87,5 Prozent in der Schule, wobei hier der S im Kindesalter die Pause am häufigstenUnfällen mit Unfällen verknüpft sind. Die Behandlung entspricht den Arbeitsunfällen im Erwachsenalter und wird von der Deutsc Unfallversicherung gesteuert. Speziell geschulte D-Ärzte, in diesem Fall mit entsprechender Qualifikation, übernehmen die Behandlung. Die Uni Poliklinik für Kinderchirurgie ist unter der Leitung von Professor Dr. Rainer stellvertretendem D-Arzt Oberarzt Dr. Gunther Klohs, seit nunmehr fast zw der ambulanten und stationären Versorgung von Unfällen im Kindesalte gesetzlichen Unfallversicherung beteiligt. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes Aber nicht 2006 nur Schulunfälle werden in 11,5 der Universitätsklinik lebten in Deutschland Millionen für Kinderch Zentrale Anlaufstelle rund um die Uhr ist die Notaufnahme des Universit (Saale) am Standort Ernst-Grube-Straße. Das Spektrum reicht v Kinder. 336 Kinder erlitten einen tödlichen Platzwunden, Frakturen, Prellungen, Bisswunden, thermischen Verletzun Unfall. Die Prognose beim kindlichen Polybis zu verschluckten Fremdkörpern. trauma hängt vor allem vom Schweregrad des Schädel-Hirn-Traumas und der Schwere der intraabdominellen Verletzung ab. Voraussetzungen für die Behandlung solcher vital gefährdenden Verletzungen sind, neben der kinderchirurgischen und kinderärztlichen Expertise, die sofortige Verfügbarkeit aller medizinischen Spezialdisziplinen und die zielgerichtete Anwendung modernster Diagnostik. Beim stumpfen Bauchtrauma im Kindesalter können in abnehmender Häufigkeit folgende Organe betroffen sein: Milz, Niere, Leber, Pancreas und Darm. Unfälle im Kindesalter werden immer wieder vorkommen. Auf dem Weg ins Leben muss jedes Kind Erfahrungen sammeln und dabei Gefahren überstehen, getreu dem Motto: „Uhren und Kinder darf man nicht nur aufziehen, man muss sie auch laufen lassen“ (Jean Paul). Wichtig ist es, dass Kinder bei sportlichen Aktivitäten zweckmäßige Schutzkleidung tragen, Regeln im Straßenverkehr lernen und entsprechend ihrem Temperament Anleitung bei der Ausübung gewünschter Hobbys erhalten. U n fal l c h i r u r g ie Der Knochenbruch im Alter D Als Universitätsklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie übernehmen wir neben der Basisversorgung verletzter Patienten aus der Region Halle auch Problempatienten zuweisender Kliniken, die aufgrund ihrer Nebenerkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Niereninsuffizienz, Tumorpatienten) einer fachübergreifenden Therapie zugeführt werden müssen. Dr. Holger Siekmann Dr. Maria Huschak a gerade bei diesen Patienten aufgrund der Osteoporose herkömmliche Implantate keinen ausreichenden Halt bieten, haben wir uns dieser Situation durch Vorhaltung modernster Implantate angepasst. Die kontinuierliche Zunahme von Stürzen beim alternden Menschen hat bekanntlich viele Ursachen. Entsprechend der Literatur stürzt einmal jährlich jede Dritte über 65-Jährige sowie jede Zweite über 80-jährige Frau relativ unkontrolliert zu Boden. Neben der reduzierten Muskelkraft und den haltungsbedingten Instabilitäten spielt die zunehmende Gangunsicherheit im Alter eine entscheidende Rolle. Deren Ursache sind skelettale Nebendiagnosen (liegende Prothesen, fehl verheilte Wirbelfrakturen, M. Bechterew) sowie Erkrankungen aus dem Bereich der Inneren Medizin sowie der Psychiatrie und Neurologie. Ausgabe 2/10 13 | U n fal l c h ir u r g ie Da aufgrund dieser Situation nicht nur das Sturzrisiko erhöht ist, die Nebenerkrankungen zudem häufig einen negativen Effekt auf die Ausheilung von Frakturen haben (z. B.: Diabetes mellitus), bleibt dem operierenden Unfallchirurgen häufig nur ein Versuch, ein akzeptables Ausheilungsergebnis zu erreichen. Dies bedarf der Vorhaltung entsprechend umfangreicher Implantate. Zwar ist verständlich, dass ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung nicht ständig die modernsten Implantate vorhalten kann, doch sollte dieser Situation speziell im Sinne der Patienten individuell Rechnung getragen werden. Gerade bei komplizierten Fraktursituationen, bei periprothetischen Frakturen sowie bei umfangreichen, den Patienten gefährdenden Nebenerkrankungen sollte die Verlegung des Patienten in Betracht gezogen werden. Unter diesem Gesichtspunkt sollen hier noch einmal die häufigsten Extremitätenfrakturen, ihre Therapieoptionen und die hierfür vorzuhaltenden Implantate dargestellt werden. K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Komm. Direktor Dr. Holger Siekmann Ernst-Grube-Straße 40 Tel: (0345) 557-7071 Fax: (0345) 557-7073 unfallchirurgie@medizin.uni-halle.de www.medizin.uni-halle.de/kuwc | 14 Proximale Humerusfraktur Die Form dieser Frakturen reicht von einfachen Zweiteile- bis zu komplexeren Vierteilefrakturen, über die split-head-fracture, die Luxationsfraktur, die Fraktur bei unfallunabhängiger Omarthrose mit und ohne Rotatorenbeteiligung bis hin zu Frakturen mit begleitenden Schaftausläufern. Entsprechend umfangreich ist das Portfolio der Implantate. Um Kompromissen bei der Versorgung aus dem Wege zu gehen, sollten folgende Osteosyntheseverfahren vorhanden sein: •ein anatomisch geformtes winkelstabiles Plattenimplantat als Standard zur Versorgung rekonstruierbarer Zwei- bis Vierteilefrakturen •eine Humeruskopfprothese für nicht rekonstruierbare Humeruskopftrümmerfrakturen •ein antegrades Nagelsystem, um auch weit in den Schaft reichende proximale Humerusfrakturen adressieren zu können. Hierbei sollte aus unserer Sicht Nägeln mit zentralem Eintritt am Kopf gegenüber dem lateralen Eintritt in der Fossa der Vorzug gegeben werden, um proximal lateral einen ausreichenden „bonestock“ zu erhalten. So genannte reversed-Prothesen sowie Schultertotalendoprothesen bleiben eher die Ausnahme und können nach zeitnaher Implantatanforderung bei entsprechender Indikation eingesetzt werden. Hüftgelenksnahe Femurfraktur Von den medialen und lateralen, hier teils stabilen Schenkelhalsbrüchen reicht das Spektrum zu den per- bis subtrochantären Femurfrakturen, jeweils immer mit der Möglichkeit einer begleitenden Coxarthrose. Entsprechend ist auch das Spektrum der Implantate zu fassen. Kanülierte Schrauben und die dynamische Hüftschraube bei eingestauchten sowie bei unkomplizierten Zweiteilefrakturen, intramedulläre Systeme, ggf. auch mit der Option eines Implantates mit Überlänge zur Versorgung per- und subtrochantärer (Mehrfragment)-frakturen sollten grundsätzlich vorhanden sein. Immer noch sehr problematisch und als Problem nicht gelöst, ist die subtrochantäre reversed-Fraktur, die im eigenen Vorgehen in der Regel vor der Nagelung mittels einer einfachen Cerclage gestellt wird. Nur in absoluten Ausnahmen ist eine zeitverzögerte Versorgung (> 36 h) nach Trauma akzeptabel (z. B.: massive Nebenerkrankungen). Ist dies nicht zu gewährleisten, so muss auch aus juristischen Gründen einer Verlegung in ein geeignetes Krankenhaus der Umgebung der Vorzug gegeben werden. Periprothetische Femurfrakturen Zunehmende Zahlen an Prothesen führen auch zunehmend zu periprothetischen Frakturen. Eine wesentliche Rolle spielt hier die Situation, ob zudem eine Lockerung der Prothese vorliegt. Entsprechend muss die Erfahrung, nicht die Vorhaltung von poliaxial winkelstabilen Implantaten sowie Vollprothesen mit Langschaftkomponente gewährleistet sein. Jedoch sollte unter dem entsprechenden juristischen Gesichtspunkt logistisch eine zeitnahe Versorgung innerhalb von 36 Stunden entsprechend den hüftnahen Frakturen zu gewährleisten sein. Ansonsten ist eine Verlegung in ein geeigneteres Krankenhaus zu empfehlen. Distale Radiusfraktur Als häufigster Knochenbruch des Menschen sollte eine Versorgung dieser Frakturen in jeder Unfallchirurgischen Klinik möglich sein. Hierbei erfolgt heute, auch unter Würdigung der sehr geringen Rate an Komplikationen, überwiegend eine operative Versorgung unter dem Gesichtspunkt einer funktionellen Nachbehandlung. Eine entsprechend sichere Stabilität der Osteosynthese ist im Alter nur über winkelstabile Implantate zu erreichen, die zwecks zeitnaher Versorgung in der Klinik neben Fixateuren und konventionellen Platten vorzuhalten sind. U n fal l c h i r u r g ie Innovative Verfahren bei Wirbelkörperfrakturen In den vergangenen 10 bis 15 Jahren war die Versorgung von Wirbelkörperfrakturen in der Unfallchirurgie innovativsten Entwicklungen ausgesetzt. W urden vormals auch höher gradig instabile Frakturen noch konservativ mittels einer wochenlangen Bettruhe oder mittels der Korsettanlage behandelt, wird heute die weit überwiegende Zahl der Wirbelfrakturen selbst im höheren Lebensalter einer operativen Therapie zugeführt. Dies ist zum einen dem Verständnis der Biomechanik der Frakturen, zum anderen der Entwicklung situativ angepasster Implantate zuzuschreiben. Während sich als Ursache für Wirbelfrakturen des jungen und mittelalten Menschen eher adäquate Traumata detektieren lassen, reichen beim alten Menschen Bagatellunfälle aus, um den Wirbelkörper zu frakturieren (Sturz auf das Gesäß). Dieser Situation entsprechend überwiegen im Alter eher A- gegenüber B- und C-Frakturen. Da im Alter der Schmerzreduktion durch minimalinvasive Techniken gegenüber der anatomischen Rekonstruktion der Vorzug gegeben wird, differieren die Thera- Dr. med. Holger Siekmann Dr. med. Lars Jansch pieschemata bei ähnlichen Frakturkonfigurationen alterspezifisch doch erheblich. Zudem sollten in die Überlegungen zur Wahl der Therapie begleitende neurologische Symptome, das Ausmaß des Knochenabbaus sowie unfallunabhängige Erkrankungen der Wirbelsäule (M. Bechterew, Spondylarthrose, spinale Engen usw.) einbezogen werden. Zwar kann eine definitive Altersgrenze zum Übergang vom anatomisch-rekonstruktiven zum schmerzorientiert minimal-invasiven Vorgehen nicht geAusgabe 2/10 15 | U n fal l c h ir u r g ie zogen werden, als grobe Orientierung ist hier jedoch das Ende der 6. Lebensdekade zu sehen. Die Kyphoplastie hat sich gegenüber der Vertebroplastie klar durchgesetzt, welche nur noch zur Zementaugmentation beim Pedikelschraubenbesatz, bei der Applikation von Zement in nicht frakturierten Zwischenwirbeln oder bei Hämangiomwirbeln eine Rolle spielt. Die Kyphoplastie ist aktuell als das Verfahren der Wahl zur Schmerzreduktion bei altersassoziierten Wirbelfrakturen der Brustund Lendenwirbelsäule zu sehen. Präoperativ sollte grundsätzlich ein MRT der gesamten Brust- und Lendenwirbelsäule erfolgen, da sich häufig neben dem sicher frakturierten noch weitere okkulte Wirbelläsionen zeigen. Leider wurde und wird, sicher auch durch die Hersteller forciert, das Verfahren derzeit etwas überstrapaziert. Gerade bei sicherer Beteiligung der Hinterkante sowie bei Hinweisen auf eine B- oder C-Fraktur sollte ein percutanes Fixateurverfahren, ggf. zementaugmentiert, als Ergänzung zum Einsatz kommen. K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Komm. Direktor Dr. Holger Siekmann Ernst-Grube-Straße 40 Tel: (0345) 557-7071 Fax: (0345) 557-7073 unfallchirurgie@medizin.uni-halle.de www.medizin.uni-halle.de/kuwc | 16 Nicht leitlinienkonform, jedoch in Orientierung an der täglichen Praxis und unterstützt durch aktuelle Literaturangaben ist eine kyphoplastische Versorgung der Wirbelfrakturen in den ersten beiden Wochen nach dem Trauma sinnvoll, da nur in diesem Zeitraum eine adäquate Aufrichtung des komprimierten Wirbels gelingen kann. Ein von der Industrie hart umkämpfter Markt hat für den Kliniker sowohl für ventrale als auch dorsale Verfahren an der Halswirbelsäule innovative Implantate, teils minimal-invasiv sowie poliaxial-winkelstabil, hervorgebracht. Aufgrund der intraoperativ leichteren Lagerung, der BV-technischen Darstellbarkeit, der guten Dekompressionsmöglichkeit und des die Anatomie schonenden Vorgehens sollte den ventralen Verfahren der Vorzug gegeben werden. Der Standard der Versorgung bei discoligamentärer Instabilität oder bei einer HWKFraktur ist die Kombination aus einem ventralen Cage mit einer geeigneten Platte. Nur bei Osteoporose ist hier ein winkelstabiles Implantat notwendig. Wegen der möglichen Komorbidität steht der Span gegenüber dem Cage in der Diskussion. Intraoperative Dekompressionen bedürfen mikrochirurgischer Begleitung (Mikroskop, Lupenbrille). Isoliert oder ergänzend kann ein dorsales Vorgehen dann in Betracht kommen, wenn verharkte Luxationsfrakturen, hochinstabile Frakturen an HWK I/II oder Frakturen bei M. Bechterew vorliegen. Aufgrund der geringen Indikationsbreite sollten diese Eingriffe entsprechenden Zentren vorbehalten bleiben. Während im höheren Lebensalter zunehmend schmerzlindernde minimal-invasive Verfahren zur Anwendung kommen, steht beim jüngeren Patienten neben der Schmerzlinderung die anatomische Wirbelsäulenaufrichtung im Fokus. Diese anatomische Ausrichtung ist derzeit sicher nur über offene dorsale oder kombinierte dorsoventrale Verfahren zu erreichen und sollte grundsätzlich bei B- und C-Frakturen angestrebt werden. Hierbei kommen speziell an der unteren BWS bis zum thoracolumbalen Übergang im ventralen Vorgehen minimal-invasive Verfahren zum Einsatz (thoracoskopisch gestützt). Ein entsprechend umfangreiches Equipment muss in der Klinik zur Verfügung stehen. Der Vorteil begleitend computernavigierter Maßnahmen konnte bisher nicht sicher bewiesen werden. Das zweizeitige operative, primär dorsale, nach etwa sechs Wochen ventrale Vorgehen kann vorteilhaft sein. Gerade bei A- und BFrakturen kann ein zwischenzeitliches MRT Hinweise zur Beteiligung der Bandscheiben geben, so dass ggf. auf die ventrale Ergänzung verzichtet werden kann. Ventrale Cages haben sich gegenüber den Beckenkammspänen aufgrund der hohen Pseudarthrosenrate (bis zu 40 Prozent) durchgesetzt. Deren Konfiguration erlaubt zudem eine nahezu stufenlose Einpassung in das präparierte Cagelager. Einzig stabile A-Frakturen ohne wesentliche Deformation sind eine Domäne der konservativ-funktionellen Behandlung, bedürfen dann auch keiner Korsettbehandlung. Grundsätzlich ist dieses operative Vorgehen nicht allein Zentren vorbehalten, doch sollte der Operateur eine entsprechende Erfahrung in der operativen Versorgung dieser Frakturen vorweisen können, Querschnittsymptome bedürfen hingegen der unfall- oder neurochirurgischen Zentrumschirurgie. U n fal l c h i r u r g ie Für jede Fraktur einen Spezialisten? I Die Unfallchirurgie befasst sich mit den operativen Verfahren zur Wiederherstellung und Erhaltung der durch Unfälle beschädigten Strukturen (Organsystem und Bewegungsapparat) des Menschen. Verletzungen betreffen in erster Linie den Bewegungsapparat (das knöcherne Skelett und Muskeln, Bänder und Sehnen). Auch durch Tumorleiden bedingte Knochenbrüche, die so genannten pathologischen Frakturen, werden in der Regel durch den Unfallchirurgen behandelt. Dr. Lars Jansch Dr. Holger Siekmann nsbesondere die operative Behandlung der Knochenbrüche erfuhr in den vergangenen Jahrzehnten einen rasanten Aufschwung mit einer teilweise unüberschaubaren Anzahl von operativen Möglichkeiten für die einzelnen Frakturregionen. Die Entdeckung und zunehmende Verbreitung der Asepsis und Antisepsis Mitte des 19. Jahrhunderts, die Entwicklung von Narkoseverfahren und die Möglichkeit der Röntgendiagnostik ermöglichten erst die Aufnahme einer komplikationsarmen operativen Tätigkeit. Gestützt auf die Erfahrungen aus den Weltkriegen gelang es herausragenden Chirurgen wie Lorenz Böhler, Martin Kirschner, Gerhard Küntscher, teils gegen erhebliche Widerstände aus der Fachwelt, die Vorteile neuer operativer Behandlungsoptionen (z.B. der Marknagel) überzeugend darzulegen. Ausgabe 2/10 17 | U n fal l c h ir u r g ie Maßgeblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Unfallchirurgie erlangte ab den 60er Jahren die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO), die sich dem Ziel einer standardisierten und strukturierten Knochenbruchbehandlung auf wissenschaftlicher Basis verschrieb. Man erarbeitete zunächst eine einheitliche und praktikable Klassifikation für Frakturen in jeder Lokalisation und schlussfolgerte daraus die für den Frakturtyp optimale operative Versorgung. Der enorme Wissenszuwachs über die biologischen und mechanischen Grundlagen der Knochenbruchheilung, die Fortschritte in der Materialkunde (Titanimplantate) und Optimierung des Implantatdesigns lieferten die Vorraussetzung für die heutigen Verfahrensweisen in der Unfallchirurgie. Dem Unfallchirurgen stehen aus diesen Gründen eine große Zahl von Implantaten zur Ver- K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Dr. Lars Jansch Ernst-Grube-Straße 40 Tel: (0345) 557-7071 Fax: (0345) 557-7073 unfallchirurgie@medizin.uni-halle.de www.medizin.uni-halle.de/kuwc | 18 fügung. Als „Arbeitspferd“ müssen hier zunächst die Plattensysteme genannt werden. Wie angeführt wurden die Stahllegierungen im vergangenen Jahrzehnt nahezu vollständig durch das besser verträgliche und allergiefreie Titan ersetzt. Zudem konnten die biomechanischen Eigenschaften von Titanplatten durch wichtige Innovationen wie eine biologische Plattenform und winkelstabile Schrauben ergänzt werden. Als zweites Hauptimplantat haben sich vor allem bei Frakturen der großen Röhrenknochen die Nagelsysteme bewährt. Die ebenfalls aus Titan hergestellten Nägel werden durch entsprechendes Eröffnen und Zurichten des Markraumes in den Knochen eingetrieben. Die hierbei in gerader Stellung zum Liegen kommenden Bruchstücke werden zur Sicherung mit so genannten Querbolzen versehen und können so unter je nach Bruchform erlaubter Belastung zur Ausheilung gebracht werden. Jedoch auch außerhalb der Knochenbruchtherapie kann der Unfallchirurg auf immer umfangreicher werdende Behandlungsverfahren zurückgreifen. So konnte die Therapie von Problemwunden und großen Schäden des Haut- und Muskelmantels durch den Einsatz der Vakuumtherapie revolutioniert werden. Als zunehmende Herausforderung zeigt sich zudem die demographische Entwicklung. Die Therapie älterer Patienten erfordert neben einer fachübergreifenden medizinischen Betreuung auch altersgerechte Implantate und eine geeignete Nachbehandlung mit dem Ziel der raschen Wiedereingliederung. Zusammengenommen erfordern alle diese Entwicklungen eine dezidierte Ausbildung und zunehmende Spezialisierung des Unfallchirurgen als Operateur. Die Anwesenheit eines Traumatologen sowohl in kleineren Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, in mittleren Schwerpunktkliniken als auch in Kliniken der Maximalversorgung sichert die breite Umsetzung unfallchirurgischer Standards mit entsprechend hoher Qualität der medizinischen Versorgung in unserem Fachgebiet. So kann der weitaus größte Teil der Verletzungen von Kliniken der Grundund Regelversorgung geschultert werden. Insbesondere bei mehrfach- und schwerstverletzten Patienten stoßen diese Kliniken jedoch häufig an ihre Grenzen, was eine Verlegung beziehungsweise Primäreinweisung in eine maximal versorgende Klinik oder ein Traumazentrum erfordert. Denn die optimale Betreuung eines Verletzten ist von weiteren Faktoren abhängig: der Anwesenheit anderer Fachgebiete (z.B. Neurochirurgie, Gefäßchirurgie, Augenheilkunde), einer leitungsstarken intensivmedizinischen Abteilung und der Verfügbarkeit spezieller Einrichtungen wie Dialyse und Sauerstoffdruckkammer. Zudem erfordern vor allem die komplexen unfallchirurgischen Krankheitsbilder das Vorhalten spezieller und teils sehr kostspieliger Instrumentarien und des entsprechenden Spezialisten als Operateur. Zu diesen Verletzungen zählen vor allem Wirbelkörper- und Beckenbrüche, aber auch große Weichteilschäden und Infektsituationen. G y n ä k ol o g ie Notfalldienst in der Gynäkologie Die 35-jährige Cornelia R.* kam abends mit starken, akuten rechtsseitigen Unterbauchschmerzen in unsere Notfallambulanz. Beim Aufnahmegespräch mit der diensthabenden Gynäkologin gab sie zudem an, dass die Regelblutung seit etwa vier Wochen überfällig sei, einen Schwangerschaftstest habe sie aber noch nicht machen lassen. I Dr. Ursula Bauerfeind Dr. Ina Karbe m Gespräch mit der Ärztin wird schnell der Verdacht gestellt, dass es sich um eine Eileiterschwangerschaft handeln könne. Die gynäkologische und sonographische Untersuchung bestätigte diesen Verdacht. Im Ultraschall stellte sich eine normalgroße Gebärmutter mit hoch aufgebauter Schleimhaut, aber ohne Frucht- anlage dar. Eine etwa zwei Zentimeter große Schwangerschaftsanlage ohne Vitalitätszeichen fand sich dagegen im rechten Eileiter. Im kleinen Becken fiel reichlich freie Flüssigkeit auf. Bei Verdacht auf eine ruptierte Eileiterschwangerschaft wurde sofort Kontakt mit dem diensthabenden Narkoseärzten und der OP-Bereitschaft hergestellt. Ausgabe 2/10 19 | G y n ä k ol o g ie Die Patientin wurde von der Notfallambulanz direkt in den Operationssaal gebracht. Bei der umgehend begonnenen Bauchspiegelung konnte nach Absaugen von etwa einem Liter Blut das kleine Becken eingesehen werden. Der rechte Eileiter war insbesondere im Fimbrienbereich stark erweitert, allerdings war er wegen massiver Verwachsungen mit dem Bauchfell und dem Bauchnetz nicht vollständig einzusehen. Die anderen inneren weiblichen Genitalorgane stellten sich unauffällig dar. Das Bauchfell und das Netz wurden K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Gynäkologie Dr. Ursula Bauerfeind OA Dr. Ina Karbe Tel.: (0345) 557-1847 Fax: (0345) 557-1501 unifrauenklinik@medizin.uni-halle.de | 20 von dem Eileiter gelöst. Nun zeigte sich, dass das Netz die aufgerissene Tube deckte. Aus dieser Stelle entleerte sich jetzt teilweise die Schwangerschaft, es blutete massiv. Nach Koagulation der Einrissstelle kam die Blutung zum Stehen. Jetzt wurde das Schwangerschaftsgewebe zusammen mit dem zerstörten Anteil des rechten Eileiters entfernt. Der gegenseitige Eileiter sah unauffällig aus, so dass eine spontane Schwangerschaft durchaus noch möglich ist. Die Patientin war zu jedem Zeitpunkt kreislaufstabil. Jedoch transfundierten die Kollegen der Anästhesie zwei Blutkonserven. Nach der Operation kam die Patientin zur Überwachung und Genesung auf die Gynäkologische Bettenstation. Der Verlauf gestaltete sich unauffällig und sie konnte am vierten Tag nach der Operation entlassen werden. Hinweis gebend für die Diagnose war die Krankengeschichte der Patientin. Ein Ausbleiben der Regelblutung mit eventuell wieder einsetzenden Dauer-Schmierblutungen in Zusammenhang mit akuten, starken Bauchbeschwerden sind typische Merkmale einer Eileiterschwangerschaft. Ein zusätzlicher po- sitiver Schwangerschaftstest und eine im Ultraschall leere Gebärmutterhöhle erhärten die Diagnose. Eine Eileiterschwangerschaft ist ein lebensbedrohliches Ereignis. Die damit häufig verbundene Eileiterruptur gefährdet die Patientin durch die akute und schwere innere Blutung lebensbedrohlich. Bei etwa ein bis zwei Prozent aller Schwangerschaften liegt eine extrauterine Gravidität (Bauchhöhlenschwangerschaft, EU) vor. Dabei handelt es sich bei 95 bis 99 Prozent um Eileiterschwangerschaften, eher selten befindet sich die EU am Eierstock oder anderswo im Bauchraum. Im Allgemeinen werden Patientinnen mit einer EU bis zur vollendeten 8. SSW symptomatisch. Die umgehende Bauchspiegelung ist lebensrettend. Wenn noch nicht rupturiert, kann der betroffene Eileiter häufig sogar erhalten werden. Als Hauptrisikofaktor für die Entstehung einer Eileiterschwangerschaft gelten die Schädigungen der Eileiter und ihrer Schleimhäute, z. B. durch frühere unerkannte oder nicht konsequent behandelte Unterleibsentzündungen. * Name durch die Redaktion geändert G e b u r t s h i l f e Risikoschwangerschaften – Betreuung unter einem Dach Das Universitätsklinikum ist als Zentrum der Maximalversorgung K on t ak t erster Ansprechpartner für Hochrisikopatienten im Großraum Halle Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Geburtshilfe OA Dr. Volker Thäle Tel.: (0345) 557-2371 Fax: (0345) 557-2448 volker.thaele@medizin.uni-halle.de (Saale), im südlichen Sachsen-Anhalt und im Bedarfsfall über die Landesgrenzen hinweg und genießt somit überregionale Bedeutung. Dr. Volker Thäle S o auch in der Betreuung von Risikoschwangerschaften oder Komplikationen, die während einer Schwangerschaft oder Geburt entstehen können oder unvermittelt eintreten. Durch den Zusammenschluss verschiedenster Kliniken und Institute im Perinatalzentrum erfuhr die Qualität der Betreuung dieser Patientinnen eine neue Dimension, wodurch das Niveau der Versorgung erheblich verbessert werden konnte. Förderlich ist hier neben der hohen Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Konzentration der Fachgebiete am Standort Ernst-Grube-Straße, das Konzept der „Betreuung unter einem Dach“ ermöglicht eine direktere Behandlung ohne lange Lauf- oder Transportwege für Patientin oder Personal. Im Bedarfsfall können sofort Konsile bzw. Fallkonferenzen der benötigten Fachabteilungen abgehalten werden, um kurzfristig Therapiekonzepte erstellen oder optimieren zu können. Besonders deutlich wird diese überlegene Konzeption in der Behandlung polytraumatisierter Schwangerer nach Verkehrsunfall. Das Vorhandensein und die Zusammenarbeit der Fachgebiete Traumatologie, Allgemeinchirurgie, Neurochirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Orthopädie, Hals-Nasen-OhrenHeilkunde, Augenheilkunde, Intensivmedizin und Anästhesiologie, Neurologie, Innere Medizin, Radiologie, Urologie und Geburtshilfe ermöglicht die optimale Versorgung der verunfallten Schwangeren, bei notwendiger vorzeitiger Entbindung (aus maternaler und/ oder fetaler Ursache) steht die Abteilung Neonatologie der Universitätsklinik für Kinderund Jugendmedizin zur Betreuung des Frühgeborenen bereit. Nicht selten entscheidet sich die Prognose für die verunfallte Patientin und ihr ungeborenes Kind durch die Entscheidung des Notarztes am Ort des Unfallgeschehens, sie nach entsprechender Stabilisierung direkt in ein Zentrum der Maximalversorgung zur weiteren Versorgung einzuweisen. Bei gegebener Situation kann im Notfall eine Entbindung auch im Bereich der Notaufnahme durchgeführt werden, die Entschluss-Entwicklungszeiten können somit enorm minimiert werden, die hierzu notwendigen personellen und räumlichen Voraussetzungen sind 24 Stunden am Tag gegeben. Die steigende Anzahl der zugewiesenen und erfolgreich behandelten Hochrisikofälle schwangerer Patientinnen (u. a. schwere Präeklampsie, HELLP-Syndrom, Fruchtblasenprolaps und/oder vorzeitiger Blasensprung, vorzeitige Wehentätigkeit mit drohender extremer fetaler Unreife) seit offiziellem Bestehen des Perinatalzentrums sind Zeugnis der zunehmenden Akzeptanz der Zuweiser gegenüber dem interdisziplinären Konzept des Universitätsklinikums. Die rechtzeitige „inutero-Verlegung bzw. Einweisung“ ohne Ressentiments ist jedoch unabdingbare Voraussetzung für ein verbessertes perinatales Outcome. Auch bei unerwarteten seltenen, aber lebensbedrohlichen Ereignissen unter der Geburt (u. a. vorzeitige Lösung der Plazenta, Uterusruptur, eklamptischer Anfall, Nierenbeckenkelchruptur, Apoplex) kann durch das hochqualifizierte Personal der jeweils notwendigen Fachgebiete jederzeit entscheidend interveniert werden, ein Sicherheitsaspekt, der nicht hoch genug einzuschätzen ist. Ausgabe 2/10 21 | P f l e g e d ie n s t Die Schmerzen in den Griff bekommen Seit Februar 2010 bietet Schwester Gundula Blättermann als weitergebildete „Pain Nurse“ am Universitätsklinikum Halle (Saale) eine besondere Beratungsleistung für Patienten an, die unter tumoroder behandlungsbedingten Schmerzen leiden. Gundula Blättermann | 22 Z iel der wissenschaftlich geprüften Beratung ist es, die Patienten zur Selbständigkeit im Umgang mit ihren Schmerzen zu befähigen. Schlüssel zur Selbstständigkeit ist es dabei, die Ängste der Patienten gegenüber den Schmerzmedikamenten zu nehmen und Vorurteile abzubauen. Ängste bestehen vor allem darin, von den Medikamenten abhängig zu werden oder dass sie ihre Wirkung bei frühzeitigem Gebrauch über die Zeit verlieren. Pflegewissenschaftliche Studie prüfte die Effekte einer Beratungsintervention Wenn es gelingt, im Rahmen einer Beratung die Ängste und Vorurteile der Patienten abzubauen, dann hat dies Auswirkungen auf die gesamte Schmerzbehandlung. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte pflegewissenschaftliche Studie unter Leitung von Professor Dr. Margarete Landenberger (Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft), bei der Gundula Blättermann als Studienschwester die für die Studie entwickelte P f l e g e d ie n s t Eine weitere wichtige Erkenntnis aus den gewonnen Ergebnissen ist, dass die stationäre Behandlungsphase ein geeigneter Zeitpunkt ist, durch intensive Begleitung die Selbstmanagementkompetenz der Patienten zu erweitern. Behandlungsabbrüche nach der Entlassung können so vermieden werden. Der zum Selbstmanagement befähigte Patient gewinnt an Autonomie und beteiligt sich an der Schmerzbehandlung, indem er seine Schmerzmedikamente und Begleitmedikation selbständig einnimmt, mit den relevanten professionellen Partnern wirksam kommuniziert und sein Behandlungsziel formulieren kann. Beratung gemeinsam mit den Pflegekräften auf den Stationen umsetzte. Die Studie wurde außerdem in einem zweiten Zentrum, der Universitätsklinik rechts der Isar in München, durchgeführt. Hilfs- und Unterstützungsangebot, welches spätestens drei Tage nach der Entlassung stattfand. Die Aufgabe der Studien-Pflegekraft Gundula Blättermann bestand in der Umsetzung von Beratungs- und Entlassungsgesprächen und einer telefonischen Nachbetreuung. In einem etwa 45-minütigen Beratungsgespräch wurden die Patienten zunächst über Schmerzen, deren Ursachen sowie deren Behandlung informiert. Außerdem war es Ziel, mögliche Vorurteile der Patienten gegenüber der Schmerzbehandlung abzubauen. Auf Wunsch konnten in ein solches Beratungsgespräch auch die Angehörigen mit einbezogen werden, um die Patienten bei der Bewältigung der Erkrankung und der Begleitsymptome zu unterstützen. Zusätzlich wurde mit den Patienten eine Entspannungsübung antrainiert, welche von den meisten Patienten gut angenommen wurde. In dem abschließenden Entlassungsgespräch wurden unter Einsatz einer eigens entwickelten Checkliste u. a. die weitere Schmerzmittelverordnung geklärt oder ein Ansprechpartner außerhalb der Klinik benannt. Bereits am Tag vor der Entlassung des Patienten vereinbarte die Studien-Pflegekraft einen Termin für ein Telefongespräch als Die Studie weist zum ersten Mal für den deutschsprachigen Raum die positive Wirkung einer solchen überleitenden Beratungsintervention auf das schmerzbezogene Selbstmanagement von Tumorpatienten nach. Durch die Studienergebnisse kann die Bedeutung von Ängsten und Vorurteilen als Hemmfaktor für ein Schmerzmanagement der Tumorpatienten belegt werden. Patienten können durch eine Reduktion dieser Barrieren befähigt werden, sich stärker an der Behandlung zu beteiligen und dadurch ihre Situation (Verringerung der Schmerzintensität, Erhöhung der Lebensqualität) zu verbessern. Beratung der Patienten nimmt die Angst Die nachgewiesenen starken und nachhaltigen Effekte sind Belege für die wichtige und eigenständige Funktion von pflegerischer Beratung innerhalb des therapeutischen Teams. Dabei können Pflegekräfte ihre Betreuungsleistung durch eigenständige Fachberatung erweitern und ein neues berufliches Selbstverständnis entwickeln, das den Patienten unmittelbar zu gute kommt. Erkenntnisse der Studie führten zur Einführung einer Pflegeexpertin für Schmerzmanagement am UKH. Die positiven Erfahrungen als auch die überzeugenden Ergebnisse der Studie haben dazu geführt, dass die Studien-Pflegekraft Gundula Blättermann auch in Zukunft als Schmerzschwester den Patienten mit dem speziellen Beratungsangebot zur Seite steht. Sie arbeitet eng mit den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen der Schmerzambulanz zusammen und ergänzt deren Betreuungsangebot. Sie berichtet: „Die Patienten und deren Angehörige sehen das Beratungsgespräch in der Bewältigung der Erkrankung und der Begleitsymptome als Unterstützungsangebot und nehmen dieses sehr gern an. Die Vorbereitung der Entlassung und die nachstationäre telefonische Beratung werden von den Patienten als besonders hilfreich empfunden. Die Möglichkeit, dass die Patienten auch nach der Entlassung einen Ansprechpartner haben, wenn es um schmerzbedingte Probleme geht, vermittelt ihnen Sicherheit.“ K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Pflegedienstdirektion Gundula Blättermann, Schmerzschwester Ernst-Grube-Str.40 06120 Halle (Saale) Tel.: (0345) 557-2220 Fax: (0345) 557-2258 gundula.blaettermann@ medizin.uni-halle.de Ausgabe 2/10 23 | O r t h o p ä d ie Die periprothetische Femurfraktur – mehr als nur ein Knochenbruch D PD Dr. David Wohlrab Dr. Holger Siekmann In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die endoprothetische Versorgung von Hüft- und Kniegelenken als effiziente Therapie bei fortgeschrittener primärer und sekundärer Arthrose etabliert. | 24 urch den künstlichen Gelenkersatz kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessert werden. Im Zuge der zunehmenden Lebenserwartung der Bevölkerung verbunden mit den steigenden Ansprüchen an die Mobilität und der Berücksichtigung der demographischen Entwicklung kommt es zu einem Anstieg der primären Implantationen von Hüft- und Knieendoprothesen und folglich auch der notwendigen Wechseloperationen des künstlichen Gelenkersatzes. Aus dem Qualitätsreport der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung GmbH (BQS) geht hervor, dass allein im Zeitraum von 2004 bis 2007 ein Anstieg der Erstimplantationen von Knie- und Hüftprothesen um 24 bzw. zehn Prozent zu verzeichnen war. Im gleichen Zeitraum wurde eine Steigerung der notwendigen Wechseloperationen von Knieund Hüftprothesen von 32 bzw. 23 Prozent beobachtet. In Deutschland werden derzeit jährlich in Summe mehr als 300 000 primäre künstliche Hüft- und Kniegelenke implantiert. Diese Zahl nimmt stetig zu. In gleicher Weise steigt überproportional die Anzahl der durchgeführten Revisionsoperationen. Die Ursachen für diese Revisionsoperationen sind vielfältig. Hierzu zählen aseptische bzw. O r t h o p ä d ie septische Implantatlockerungen, Infektionen, Luxationen, aber auch periporthetische Frakturen. Letztgenannte sind als ernst zu nehmende und für den Patienten schwerwiegende Komplikation zu betrachten. Ursache für das Auftreten periprothetischer Frakturen ist einerseits ein adäquates Trauma. Andererseits sind eine herabgesetzte Knochenqualität bei älteren Patienten bzw. bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, stattgehabte Revisionsoperationen, vor bestehende aseptische oder septische Prothesenlockerungen, das Auftreten von lokaler Knochenatrophie (stress shielding), aber auch intraoperative Fehler bei der Primärimplantation verantwortlich für die Entstehung periprothetischer Frakturen. Aus Studien ist bekannt, dass 96 Prozent der Patienten mit periprothetischer Femurfraktur operativ behandelt werden müssen. 87 Prozent der Frakturen sind an der Schaftspitze des Prothesenstils, 13 Prozent weiter distal lokalisiert. Die Versorgung periprothetischer Frakturen stellt eine große Herausforderung für den Operateur dar, da einerseits eine möglichst schonende Stabilisierung, andererseits aber auch eine rasche postoperative Belastungsfähigkeit des Systems und damit frühestmögliche Mobilisierung des Patienten anzustreben ist. Die Entscheidung über die Art und Weise des operativen Vorgehens wird wesentlich von der Stabilität des primär vorhandenen Implantates beeinflusst. Aus diesem Grund und zum Erhalt einer möglichst hohen Kompetenz erfolgt die Versorgung periprothetischer Frakturen in unserer Klinik fachübergreifend durch ein orthopädisch-unfallchirurgisches Team. Bei noch fest mit dem Knochen verbundenen Implantaten ist ein osteosynthetisches Verfahren ohne Wechsel des Implantates anzustreben. Ausnahmen hiervon sind Infektsituationen oder aber massive Knochendestruktionen durch die Fraktur. In solchen Situationen oder aber bei Implantatlockerung ist zwingend die Entfernung des Implantates, ggf. die Ausheilung des Infektes und später eine durchzuführende Reimplantation eines entsprechenden Revisionsimplantates erforderlich. Sowohl die Osteosynthese bei liegendem Implantat als auch der durchzuführende Implantatwechsel erfordern ein hohes Maß an Kenntnissen über Osteosyntheseverfahren, aber insbesondere auch Kenntnisse über die Verankerungsmöglichkeiten und -prinzipien von Endoprothesen und deren biomechanische Bedeutung. Grundsätzlich kommen bei Verbleib des bestehenden Implantates neben Plattenosteosynthesen (bevorzugt werden winkelstabile Implantate) auch die Verwendung von Allografts und intramedulläre Implantate infrage. Bei notwendigem Wechsel des Implantates stehen prinzipiell zementfrei verankernde Implantate, aber auch zementierte Systeme zur Verfügung, die im Bedarfsfall zur Erhöhung der Rotationsstablilität auch zusätzlich quer verriegelbar sind. Des Weiteren besteht bei massiver knöcherner Destruktion auch die Möglichkeit des kompletten Ersatzes des Knochens als biomechanischem Lastträger mittels Tumorprothesenimplantaten oder aber so genannten Durchsteckprothesen. Die Auswahl des Implantates bzw. des Osteosyntheseverfahrens hängt zum einen von der Lokalisation der Fraktur, vom Frakturtyp, aber auch von verschiedenen patientenspezifischen Eigenschaften (Knochenqualität, Alter, Lebenserwartung, Body-Maß-Index, Nebenerkrankungen) ab. Bei einer retrospektiven Analyse unseres eigenen Patientengutes konnten bei insgesamt 43 Patienten mit periprothetischer Fraktur bei liegender Hüft- oder Knietotalendoprothese lediglich in vier Prozent der Fälle eine konservative Therapie durchgeführt werden. Eine erfolgreiche Frakturbehandlung konnte bei 89 Prozent unserer behandelten Pati- enten erzielt werden. Im Vergleich dazu wird in der Literatur eine durchschnittliche Erfolgsrate von 50 bzw. 62 Prozent beschrieben. Die Komplikationsrate bei unserem Patientengut betrug 16 Prozent. Als Komplikationen sind hier im Wesentlichen Infektionen, Wundheilungsstörungen oder Luxationen des Hüftgelenkes zu nennen. Andere Autoren beschreiben eine Komplikationsrate von bis zu 60 Prozent nach Versorgung periprothetischer Frakturen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Zahl periprothetischer Frakturen mit dem Anstieg der primären endoprothetischen Gelenkversorgung zunehmen wird. Um eine adäquate operative Versorgung gewährleisten zu können, sind patientenspezifische Behandlungsalgorhithmen erforderlich. Nach radiologischen Kriterien wie Frakturlokalisation, der Implantatstabilität und Knochenqualität sind auch das Alter, der Allgemeinzustand, die Nebenerkrankungen und die präoperative Morbidität von Patienten zu berücksichtigen. Ziel des operativen Vorgehens sollte eine sichere Frakturstabilisierung mit fester Prothesenverankerung und nach Möglichkeit auch die Durchführbarkeit einer frühfunktionellen Nachbehandlung oder Übung unter belastungsstabilen Verhältnissen sein. K on t ak t Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie Komm. Direktor PD Dr. David Wohlrab Magdeburger Straße 22 06108 Halle Tel.: (0345) 557-4805 Fax: (0345) 557-4809 david.wohlrab@medizin.uni-halle.de www.medizin.uni-halle.de/kor Ausgabe 2/10 25 | M K G u n d H N O Komplexe Verletzungen des Schädels und Gesichts D Der Kopf ist durch seine exponierte Lage der Körperteil, der am häufigsten Verletzungen ausgesetzt ist. So sind in etwa 72 Prozent der Verkehrsunfälle Kopfverletzungen zu beobachten. Dr. Annett Sandner Dr. Birgitt Scheffler | 26 as Spektrum dieser Kopfverletzungen ist vielgestaltig und reicht von einfachen Platzwunden bis zu komplexen kraniofazialen Frakturen, die zu schwerwiegenden funktionellen Ausfällen und ästhetischen Beeinträchtigungen führen können. Bei frühzeitiger Diagnose und Therapie kann in der Mehrzahl der Fälle eine Restitutio ad integrum ohne bleibende Verletzungsfolgen erreicht werden. Schädel- und Gesichtsfrakturen können anatomisch gegliedert werden in: •Frakturen des Schädeldachs •Frakturen der Schädelbasis •Frakturen der Orbita •Frakturen des Mittelgesichts (Nase, Jochbein, Jochbogen, Oberkiefer) •Frakturen des Unterkiefers Sie können sowohl isoliert als auch in Kombination mit weiteren Verletzungen auftreten. Während bei isolierten Frakturen die jeweilige Lokalisation der Fraktur darüber entscheidet, welches Fachgebiet (HNO, Mund-KieferGesichtschirurgie, Neurochirurgie oder Augenheilkunde) die Versorgung übernimmt, erfordern komplexe Verletzungen ein interdisziplinäres Vorgehen zur Erstellung eines Behandlungskonzeptes und eines Zeitplanes für erforderliche Maßnahmen. Ein interdisziplinäres Vorgehen ist insbesondere bei polytraumatisierten Patienten notwendig. Polytraumata gehen bei Erwachsenen in 37 Prozent mit Verletzungen des Kopfes einher, bei Kindern liegt der Prozentsatz mit 65 Prozent fast doppelt so hoch. Die Versorgung entsprechender Verletzungsmuster sollte in einem Krankenhaus erfolgen, das über die notwendigen Spezialkliniken und ein im Polytraumamanagement geschultes Team verfügt. Eine Einteilung der Frakturen in schädelbasisnahe (Le Fort II, III, frontal, nasoethmoidal) M K G u n d H N O Die folgenden klinischen Symptome sind in Abhängigkeit vom Frakturtyp zu beobachten Frakturtyp Klinische Symptome (nicht alle obligat!) Le Fort I-Fraktur abnorme Beweglichkeit des Oberkiefers Okklusionsstörung mit Kopfbiss oder offenem Biss Schachtelton bei Perkussion Stufenbildung Crista zygomaticoalveolaris evtl. Emphysem im Bereich der Wangen Le Fort II, III-Frakturen s.o., zusätzlich Brillenhämatom Chemosis, Hyposphagma Stufenbildung infraorbital oder lateraler Orbitarand, evtl. Nasenwurzel Blutung aus Nase evtl. Emphysem im Bereich der Wangen und des Orbitainhalts Frontobasale Frakturen, Nasoethmoidale Frakturen Periorbitale Hämatome, Brillenhämatom Liquorausfluss aus Nase oder an Rachenhinterwand, Emphysem Nasenbeinfraktur Asymmetrie, Schiefstellung Druckschmerz, Krepitation, abnorme Beweglichkeit Nasenbluten, Atemwegsverlegung Jochbeinimpressionsfraktur Abflachung laterales Mittelgesicht Stufenbildung infraorbital, an der Sutura zygomaticofrontalis und Crista zygomaticoalveolaris Hyp-, Anästhesie N. infraorbitalis selten Motilitätsstörung des Bulbus mit Doppelbildern Jochbogenimpressionsfraktur Eindellung über Jochbogen Evtl. Mundöffnungsbehinderung möglich Orbitabodenfraktur (Blow-out-Fraktur) Monokelhämatom, Ödem Hypophagma Motilitätseinschränkung des Bulbus mit Doppelbildern beim Blick nach kranial gelegentlich Lidemphysem Ausgabe 2/10 27 | M K G u n d H N O und schädelbasisferne scheint sinnvoll und impliziert bei ersteren die komplexe interdisziplinäre Zusammenarbeit. Um verschiedene Aspekte des interdisziplinären Behandlungskonzeptes zu beleuchten, möchten wir uns an dieser Stelle auf die komplexen Frakturen konzentrieren. Eine besondere Herausforderung stellen dabei die so genannten „panfazialen“ Frakturen dar, die eine Kombination von Mittelgesichtsfraktur, Unterkieferfraktur und Schädelbasisfraktur darstellen und mit einem Verlust der Bezugspunkte zur Schädelbasis assoziiert sind. Zeitpunkt der Versorgung: Verletzungen des Gesichtsschädels und der Schädelbasis werden im Rahmen der Polytraumaversorgung als Operationen mit unterschiedlicher Dringlichkeit versorgt. Voraussetzung für die operative Therapie der knöchernen Verletzungen ist ein Spiral-CT, das in aller Regel nach Sicherung der Vitalfunktionen unmittelbar nach Eintreffen des polytraumatisierten Patienten durchgeführt wird. Die Versorgung polytraumatisierter Patienten erfolgt nach Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) in mehreren Stufen: K on t ak t Universitätsklinikum Halle (Saale) Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie OÄ Dr. Annett Sandner Tel.: (0345) 557-1784 Fax: (0345) 557-1859 annett.sandner@medizin.uni-halle.de Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. Birgit Scheffler Tel.: (0345) 557-5244 Fax: (0345) 557-5235 birgit.scheffler@medizin.uni-halle.de | 28 •Akut-Reanimationsphase • Primärphase (1. Stabilisierungsphase) •Sekundärphase (2. Stabilisierungsphase) •Tertiärphase (Rehabilitationsphase) Eine sofortige operative Therapie machen schwere Blutungen – beispielsweise aus dem Maxillarisstromgebiet – erforderlich. Weichteilverletzungen im Gesicht sollten innerhalb der 24-Stunden-Grenze, in Ausnahmen unter antibiotischer Abschirmung innerhalb von 48 Stunden, versorgt werden. Schädigungen des N. opticus innerhalb der Orbita oder im Canalis opticus, wie sie z. B. durch ein Retrobulbärhämatom oder Läsionen durch knöcherne Fragmente verursacht werden können, sollten zeitnah innerhalb weniger Stunden nach dem Trauma therapiert werden. Je nach Art der vorliegenden Verletzung bestehen die therapeutischen Optionen in einer transethmoidalen Sehnervdekompression, einer Orbitotomie und einer hochdosierten Prednisolontherapie. Innerhalb der Sekundärphase werden – wenn es der Allgemeinzustand (AZ) des Patienten zulässt – offene Mittelgesichts- und Unterkieferfrakturen, Bulbusverletzungen sowie mögliche perforierende Verletzungen der Luft- und Speisewege operativ versorgt. Bei instabilem AZ, der keine zeitnahen operativen Eingriffe erlaubt, sollte zumindest versucht werden, frei bewegliche Fragmente einer Unterkieferfraktur ruhig zu stellen. Dies kann über eine provisorische intermaxilläre Verschnürung erreicht werden und minimiert das Risiko osteomyelitischer Komplikationen. Geschlossene Frakturen des Gesichtsschädels werden mit aufgeschobener Dringlichkeit in der Sekundär- oder der Tertiärphase versorgt. Ziel der definitiven Rekonstruktion ist die komplette funktionelle und ästhetische Wiederherstellung. Dafür ist eine anatomisch korrekte Stabilisierung der knöchernen Stützen des Gesichtsschädels als dreidimensionales Gerüst unabdingbar. Dies gelingt durch Darstellung der Frakturen über geeignete Zugangswege, offene Reposition und übungsstabile osteosynthetische Rekonstruktion mit Mini- oder Mikroplatten. Die intraoperative Reihenfolge der Frakturversorgung hängt vom vorliegenden Verletzungsmuster ab. Ein wesentliches Therapieziel ist die Sicherung des regelrechten Zusammenbisses von Ober- und Unterkiefer. Panfaziale Frakturen werden nach Möglichkeit in einem Eingriff gemeinsam von Kollegen der HNO, MKG und ggf. der Neurochirurgie operiert. Liegen eine oder mehrere Unterkieferfrakturen vor, erfolgt die Versorgung „von unten nach oben“. Ausnahmen bilden bestimmte Formen der Gelenkfortsatzfrakturen. Bei ausreichender Bezahnung lässt sich nach Anbringen von Drahtschienenverbänden durch intermaxilläre Verschnürung die individuelle räumliche Beziehung zwischen Ober- und Unterkiefer herstellen. Es schließt sich die Rekonstruktion des Mittelgesichts an, die mit einer eventuell erforderlichen Refixierung des Mittelgesichts am Schädel beginnt. Die transversale Dimension wird „von der Seite zur Mitte“ wiederhergestellt, beginnt also mit der Rekonstruktion der Jochbögen. In zwei Prozent der Schädelverletzungen und in zehn Prozent der Schädelbasisverletzungen tritt eine Rhinoliquorrhoe auf. Ist also zusätzlich eine plastische Deckung an der Schädelbasis notwendig, wird diese am Ende der Operation durchgeführt, um im umgekehrten Fall nicht durch die notwendigen Repositionsbemühungen an den Kiefern diese zu gefährden. Die optimale Versorgung von Patienten mit komplexen Schädel- und Gesichtsverletzungen ist nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb einer sogenannten „Kopfklinik“ zu gewährleisten; es sollten also alle möglicherweise zu beteiligenden Fachgebiete vorhanden sein. U r ol o g ie Notfälle in der Urologie PD Dr. Olaf Reichelt Prof. Dr. Hans Heynemann I ndikationsführend ist die Frage nach der Kreislaufstabilität. Liegt diese vor, bildet die Computertomographie die obligate Basis der weiteren Diagnostik. Kreislaufstabilität, Läsionen der Nierengefäße und/oder ausgeprägte Parenchymdestruktionen stellen Indikationen zur operativen Exploration dar. Urinextravasationen können in der Regel primär endourologisch behandelt werden. Drei Viertel aller Ureterläsionen entstehen iatrogen bei endourologischen Eingriffen, nicht iatrogene Ureterverletzungen werden sowohl nach penetrierenden Verletzungen als auch in Folge eines stumpfen Bauchtraumas beobachtet. Bei häufig fehlenden sicheren klinischen Zeichen sollte der Verdacht auf eine Ureterläsion insbesondere bei konsekutiver Fistelbildung, Harnstauung und/oder Sepsis erhoben werden. Die Diagnose wird durch ein Kontrastmittel-CT, Ausscheidungsurographie oder retrograde Ureterographie gestellt. In Abhängigkeit der Lokalisation und des Ausmaßes der Läsion kommen neben der primären endoskopischen Stenteinlage klassische plastische Rekonstruktionsverfahren, wie die End-zu-End Anastomose, die Transureteroureterostomie, die Ureterokalikostomie, Boari- und/oder Psoas-Hitch-Plastik in Nierenkontusionen stellen die häufigste Diagnosegruppe auf dem Gebiet der urologischen Traumatologie dar. Obwohl schwere Nierenkontusionen lebensbedrohliche Folgen haben können, bedürfen aktuell weniger als zehn Prozent aller Fälle einer chirurgischen Intervention. Frage, in seltenen Fällen sind die Dünndarminterposition oder Autotransplantation der betreffenden Niere erforderlich. mal) und zur Beurteilung des Ausmaßes der Schädigung. Der primäre Urethrakatehterismus ist kontraindiziert. Traumatische Harnblasenläsionen werden meistens •in Folge eines stumpfen Bauchtraumas/Beckentraumas (Verkehrsunfälle bei gefüllter Harnblase) und •häufig in Verbindung mit Beckenfrakturen •oder seltener iatrogen: im Rahmen offenoperativer oder laparoskopischer beckenchirurgischer Eingriffe – oder nach vaginalen Operationen beobachtet. Inkomplette Läsionen können primär durch transurethrale oder suprapubische Katheterableitung behandelt werden. Bei kompletten Urethraläsionen muss in Abhängigkeit der Gesamtsituation (Hämaturie, Begleitverletzung) zwischen primär endoskopischer Rekanalisierung – antegrad über die Zystostomie und retrograd transurethral – oder über die alleinige Zystostomieableitung entschieden werden. Die plastische Harnröhrenrekonstruktion erfolgt in der Regel im Intervall drei Monate postoperativ. Primär offen operative Rekanalisierungsversuche sind nur bei zusätzlichen Rektumläsionen indiziert. Leitsymptom ist (bei intakter Urethra) die Makrohämaturie. Die Diagnose wird zystographisch oder mittels KM-Computertomographie bzw. zystoskopisch gestellt. Extraperitoneale Harnblasenläsionen können in der Regel konservativ durch Katheterableitung, intraperitoneale Harnblasenverletzungen dagegen müssen operativ versorgt werden. Auch Urethraläsionen entstehen meistens infolge eines stumpfen Bauch/Beckentraumas, ebenso häufig sind sie mit Beckenfrakturen assoziiert. Im Mittelpunkt der Diagnostik steht die retrograde Urethrographie zur Lokalisation der Läsion (supra-/infradiaphrag- Bei Penisverletzungen hängt die Behandlung vom Ausmaß der Schädigung ab. Simultane Urethraläsionen müssen entsprechende Berücksichtigung bei der operativen Therapie finden, Penisfrakturen sollten primär operativ versorgt werden. Die Indikation zur operativen Behandlung von Hodentraumata besteht bei fehlendem sonografischen Nachweis einer intakten Tunica albuginea oder ausgeprägten Hämatomen. Ausgabe 2/10 29 | M el d u n g e n Meldungen Neuer Dekan der Medizinischen Fakultät Neuer HNO-Direktor » Professor Dr. Stefan Plontke ist neu- er Direktor der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Halle (Saale). Er trat zum 1. Juli 2010 die Nachfolge von Professor Dr. Alexander Berghaus an. „Wir bauen auf eine enge und gute Kooperation mit den angrenzenden Nachbardisziplinen innerhalb der Universitätsklinikums, der Medizinischen Fakultät und den Kolleginnen und Kollegen in den umliegenden Kliniken und Praxen.“ Unter der Leitung von Professor Plontke, wird sich die hallesche HNO-Klinik dabei speziell mit Gehör verbessernden und sanierenden mikrochirurgischen Operationen des Mittelohres (z. B. bei Hörschäden durch Erkrankungen des Trommelfells und der Gehörknöchelchen) und des Gehörganges sowie der Wiederherstellung des Hörvermögens bei Innenohrschwerhörigkeit und Ertaubung mittels modernster elektronischer Hörimplantate im Rahmen des Halleschen Implantzentrums (HIC) befassen. Weitere Schwerpunkte sind die Chirurgie der Nase und der Nasennebenhöhlen (behinderte Nasenatmung und Nasennebenhöhlenentzündung mit „Polypen“) sowie die plastische Chirurgie und Tumorchirurgie. „Dabei stehen uns modernste minimal invasive Methoden und mikrochirurgische Techniken zur Verfügung“, sagt Professor Plontke. Auch den Forschungstraditionen der HNOHeilkunde in Halle möchte sich der neue Professor anschließen und neben Grundlagenforschungsprojekten zur Erforschung der | 30 korrekten und der gestörten Funktion des Innenohres mit dem Gehörorgan (Gehörschnecke) und des Gleichgewichtsorgans, auch an der Entwicklung medikamentöser Therapieverfahren für die Schwerhörigkeit sowie an der Optimierung der Versorgung mit implantierbaren Hörgeräten (Cochlear Implants) arbeiten. Zum Lebenslauf: Professor Dr. Stefan Plontke wurde 1968 in Dresden geboren, ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern. Er studierte an der Charité in Berlin Medizin (1990-1997). Seine Promotion schloss er mit der Note „summa cum laude“ ab. Zwischen 1999 und 2003 war Professor Plontke Assistenzarzt an der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde in Tübingen und forschte als Arbeitsgruppenleiter am Hörforschungszentrum Tübingen (THRC). Zwei Jahre später wurde er zum Oberarzt der Klinik ernannt und habilitierte 2006. Die Ernennung zum apl. Professor erfolgte 2009. Prof. Plontke ist Gutachter für diverse Zeitschriften und wurde mehrfach ausgezeichnet. Kontakt Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie Direktor Professor Dr. Stefan Plontke Magdeburger Straße 12 Tel: (0345) 557-1784 Fax: (0345) 557-1859 chefsekretariat.hno@medizin.uni-halle.de Informationen unter: www.medizin.uni-halle.de/hno » Professor Dr. Michael Gekle ist neuer Dekan der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Der Direktor des Julius-Bernstein-Instituts für Physiologie wurde durch den Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät gewählt. Seine Amtszeit begann am 1. September 2010 und endet am 31. August 2014. Die wichtigsten Ziele des künftigen Dekans sind die Weiterentwicklung und Umsetzung der Konzepte für die Universitätsmedizin Halle, die in den vergangenen Monaten im Anschluss an die Begutachtung durch den Wissenschaftsrat erarbeitet wurden. Hierbei stehen die Themenfelder Forschung, Lehre und Nachwuchsförderung/-bindung im Mittelpunkt. Bereits begonnene Maßnahmen (u. a. Etablierung des Skills Lab – Simulationszentrums - und der e-learning Plattform HaMeeL, Einrichtung des Graduiertenkollegs GRK 1591 sowie Beteiligung an der Nationalen Kohorte - einer Bevölkerungsstudie zur Erforschung häufiger chronischer Krankheiten) sollen konsequent weitergeführt und langfristig gesichert werden. „Weiterhin müssen die Forschungsschwerpunkte konkreter untersetzt werden und eine stärkere klinische Einbindung sowie Fokussierung erfahren“, sagt der neue Dekan. S p r e c h s t u n d e n U n fal l c h ir u r g ie Sprechstunden und Kontaktdaten Septisch-rekonstruktive Sprechstunde UNIVERSITÄTSKLINIK UND POLIKLINIK FÜR UNFALL- UND WIEDERHERSTELLUNGSCHIRURGIE D-Arztsprechstunde/Ambulanzsprechstunde Dr. Holger Siekmann – Komm. Direktor Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie ((0345) 557-7071 E-Mail: holger.siekmann@medizin.uni-halle.de Wirbelsäulen-/Beckensprechstunde Dr. Holger Siekmann Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie ((0345) 557-7071 E-Mail: holger.siekmann@medizin.uni-halle.de Oberarzt Dr. Lars Jansch Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie ((0345) 557-7112 E-Mail: lars.jansch@medizin.uni-halle.de Knie-/Schultersprechstunde Dr. Lars Irlenbusch Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin ((0345) 557-7059 E-Mail: lars.irlenbusch@medizin.uni-halle.de Dr. Holger Siekmann Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie ((0345) 557-7071 E-Mail: holger.siekmann@medizin.uni-halle.de Oberarzt Dr. Rüdiger Neef Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie, stellv. D-Arzt ((0345) 557-7008 E-Mail: ruediger.neef@medizin.uni-halle.de Fußsprechstunde Oberärztin Dr. Maria Huschak Fachärztin für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie, D-Ärztin ((0345) 557-2092 E-Mail: maria.huschak@medizin.uni-halle.de Privatsprechstunde Dr. Holger Siekmann Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie ((0345) 557-7071 E-Mail: holger.siekmann@medizin.uni-halle.de Oberarzt Dr. Rüdiger Neef Facharzt für Chirurgie/Orthopädie und Unfallchirurgie Spezielle Unfallchirurgie, stellv. D-Arzt ((0345) 557-7008 E-Mail: ruediger.neef@medizin.uni-halle.de Ausgabe 2/10 31 | I mp r e s s um Herausgeber: Universitätsklinikum Halle (Saale) Ernst-Grube-Str. 40 06097 Halle (Saale) www.medizin.uni-halle.de medialog@medizin.uni-halle.de Redakteur: Pressesprecher Jens Müller Fotos: Daniel Gandyra Layout: konzeptundform, Halle Alle Rechte liegen beim Universitätsklinikum Halle (Saale) bzw. den Autoren. 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