missbrauch 03

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missbrauch 03
Die Familienministerin informiert:
Ministerium für
Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie
des Landes
Nordrhein-Westfalen
Ratgeber gegen
sexuellen Missbrauch
vorbeugen · erkennen · handeln
Diese Druckschrift wird im Rahmen der
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Impressum
Herausgeber
Ministerium für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie
des Landes Nordrhein-Westfalen
40190 Düsseldorf
www.mgsff.nrw.de
info@mail.mgsff.nrw.de
Gestaltung
Giffhorn und Serres Design, Wuppertal
Druck
Druckerei Koopmann, Leverkusen
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit Genehmigung des
Herausgebers.
Düsseldorf, September 2003
Vorbeugen · erkennen · handeln
Ratgeber gegen sexuellen Missbrauch
Von Ursula Enders
Inhalt
Vorwort
1. Sexueller Missbrauch geht uns alle an! – Die Fakten
2. Definitionen und gesetzliche Grundlagen
3. Sexueller Missbrauch in der Familie: Was kann ich tun?
Doktorspiele oder sexuelle Übergriffe?
Opferschutz steht vor Datenschutz!
Hinterlässt sexueller Missbrauch körperliche Spuren?
4. Wenn Mütter von der sexuellen Ausbeutung ihres Kindes durch den Partner erfahren
5. Die Narben der Gewalt – Folgen sexuellen Missbrauchs
Die Situation der Geschwister bei innerfamilialem sexuellen Missbrauch
Geschlechtsspezifische Hilfen für Mädchen und Jungen
Muttersprachliche Hilfen anbieten
6. Auch Eltern brauchen Unterstützung
7. Wenn Väter von der sexuellen Ausbeutung der Tochter/des Sohnes erfahren
8. Strafanzeige: ja oder nein?
9. Kindliche und jugendliche Täter
10. Missbrauch durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Institutionen
11. Sexueller Missbrauch von Mädchen und Jungen mit Behinderungen
12. Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen im Rahmen von Pornoproduktionen
13. Die Online-Opfer
14. Das Wichtigste für den Schutz von Kindern sind aufmerksame Erwachsene –
Möglichkeiten der Prävention
15. Anhang
Kinderbücher, Materialien und Fachliteratur
Literatur
Hilfreiche Adressen und Websites
Vorwort
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Vorbeugen · erkennen · handeln
Immer wieder gehen erschreckende Meldungen über sexuelle Gewalterfahrungen an Mädchen und Jungen durch die Medien. Die Öffentlichkeit reagiert verunsichert, pädagogische Fachkräfte und Eltern wissen meist nicht,
wie sie mit Kindern und Jugendlichen darüber sprechen sollen und was sie
tun können, um ihre Kinder wirksam zu schützen. Trotz erheblich verbesserter Aufklärung und vielfältiger Präventionskampagnen werden Mädchen und
Jungen Opfer sexueller Gewalt.
Ich stelle deshalb den Eltern und pädagogischen Fachkräften diesen „Ratgeber gegen sexuellen Missbrauch“ zur Verfügung. Er soll sie darin unterstützen, sexuellem Missbrauch vorzubeugen, sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Jungen frühzeitig zu erkennen und ihr
Handeln leiten, wenn ein ihnen anvertrautes Kind betroffen ist.
Der Ratgeber profitiert von der langjährigen Erfahrung der Beratungsstellen im Vorbeugen,
Erkennen und Handeln. Die Präventionsarbeit mit Mädchen und Jungen, Eltern und Erziehergruppen hat ebenso ihren Niederschlag gefunden, wie der Umgang mit Kindern, die einen Missbrauch erlebt haben und bei seiner Verarbeitung begleitet werden.
Mütter und Väter, aber auch die Bezugspersonen des Kindes in Kindergarten und Schule
können dem Kind besser helfen, wenn sie sich mit der Thematik intensiv auseinander gesetzt
haben. Sie müssen auch wissen, wann sie sich Hilfe holen sollten und wo es diese Hilfemöglichkeiten gibt.
Der Ratgeber soll ermutigen, mit Kindern und Jugendlichen ihrem Entwicklungsstand entsprechend, einfühlsam über Sexualität und Partnerschaft, Selbstvertrauen und Vertrauen zu
sprechen. Wenn es dadurch gelingt, dass Mädchen und Jungen sexuelle Grenzverletzungen besser
wahrnehmen und eher darüber reden, kann Schlimmeres verhütet und können gezielte Maßnahmen eingeleitet werden.
Als Familienministerin des Landes NRW möchte ich alles tun, um sexuelle Gewalt an Kindern
und Jugendlichen zu verhindern und die vorhandenen Hilfen zu erschließen. Inzwischen gibt es
in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Beratungsstellen für die betroffenen Mädchen und Jungen, wie
auch für die Familien und pädagogischen Fachkräfte. Die Broschüre gibt Hinweise, an wen man
sich um Rat und Hilfe wenden kann. Darüber hinaus ist ein ausführliches Adressverzeichnis der
Einrichtungen auf den Internet-Seiten unseres Hauses – www.mgsff.nrw.de – zu finden.
Birgit Fischer
Ministerin für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie
des Landes Nordrhein-Westfalen
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1. Sexueller Missbrauch geht uns alle an!
Die Fakten
Etwa jedes 4. bis 5. Mädchen und jeder 9. bis 12. Junge macht mindestens einmal vor seinem
18. Lebensjahr eine sexuelle Gewalterfahrung, die der Gesetzgeber als sexuellen Missbrauch,
exhibitionistische Handlung, Missbrauch von Schutzbefohlenen, sexuelle Nötigung oder
Vergewaltigung unter Strafe gestellt hat. Dies bedeutet keinesfalls, dass jedes 4. bis 5. Mädchen jahrelang von ihrem (Stief-)Vater, Opa oder älteren Bruder vergewaltigt wird. In
zwei Dritteln aller Fälle sexueller Ausbeutung kommen die Täter und Täterinnen aus dem
außerfamilialen Umfeld des Opfers: Sie sind Nachbarn, Verwandte, Freunde der Familie
und in einzelnen Fällen auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Institutionen. Mädchen
werden zu etwa einem Drittel von Tätern und Täterinnen aus der Familie missbraucht
((Stief-)Väter, Brüder, Mütter, im Haushalt lebende Opas). Der größte Teil kommt aus dem
außerfamilialen Nahbereich – z.B. Verwandte, Pädagogen, männliche Jugendliche, Babysitter
(vgl. z.B. Wetzels 1997). Jungen werden meist Opfer von Bezugspersonen aus dem außerfamilialem Nahraum (z.B. Bekannte, Pädagogen, ältere Jungen, Trainer) und von Fremden.
Die Täter und Täterinnen kommen mit 10 – 20% etwas seltener aus der unmittelbaren
Familie (vgl. z.B. Julius/Boehme 1997).
In vielen Fällen sexueller Ausbeutung wird ein Mädchen/ein Junge nur einmal missbraucht
und kann den Kontakt zu dem Missbraucher oder der Missbraucherin abbrechen bzw. kann
sich selbst – oftmals mit Unterstützung Dritter – vor weiteren sexuellen Übergriffen schützen.
Doch häufig läuft die sexuelle Ausbeutung über einen langen Zeitraum. Einige Mädchen
und Jungen werden auch im Laufe ihrer Kindheit und Jugend von mehreren Tätern und
Täterinnen missbraucht.
Etwa ein Drittel aller Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Mädchen und Jungen
wird von kindlichen oder jugendlichen Tätern verübt (vgl. z.B. Deegener 1999). Die Mehrzahl
jugendlicher Täter fällt bereits als Kind durch sexuelle Übergriffe gegenüber Gleichaltrigen
und Jüngeren auf. In der Regel haben schon kindliche und jugendliche Täter mehrere Opfer.
Viele erwachsene Missbraucher hatten schon vor ihrem 10. Lebensjahr sexuelle Fantasien auf
Kinder und zeigten bereits im Jugendalter sexuell gewalttätige Interessen oder Handlungen.
Bei männlichen Jugendlichen, die Kinder missbrauchen und keine therapeutische Behandlung bekommen, besteht die Gefahr, dass sie in eine langfristige Täterkarriere einsteigen und
im Laufe ihres Lebens bis zu mehrere hundert Mal Kinder missbrauchen (vgl. Abel/Rouleau
1990).
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Sexueller Missbrauch wird meistens von männlichen Tätern verübt
Sexueller Missbrauch ist Missbrauch von Macht, den in der Mehrzahl Männer und männliche
Jugendliche ausüben. Hierin liegt auch die Ursache, dass ca. 80% der sexuellen Ausbeutung
von männlichen Tätern verübt wird.
Bis zum heutigen Tage haben Männer im öffentlichen Leben immer noch die größere
Macht. So sind in Politik und Wirtschaft die leitenden Positionen in der überwiegenden
Mehrzahl mit Männern besetzt. Auch wenn einige Männer nicht mehr Macht als Frauen
haben, so gibt dennoch die insgesamt größere gesellschaftliche Macht von Männern diesen
vielfach die Möglichkeit, Frauen, Kindern und Jugendlichen ihren Willen aufzuzwingen.
Dementsprechend ist Sexualität in unserer Gesellschaft noch weitgehend gekennzeichnet
durch die Unterordnung des weiblichen Lustempfindens. Dies spiegelt sich nicht nur in den
Medien und in der Werbung, sondern ebenso im Umgang mit Sexualität innerhalb von
Beziehungen. So wird z.B. Vergewaltigung in der Ehe von weiten Teilen der Bevölkerung nach
wie vor als „Kavaliersdelikt“ bagatellisiert, obwohl dieses Verbrechen seit einigen Jahren
in Deutschland strafrechtlich verboten ist. Viele Männer nehmen sich auch heute noch ihr
vermeintliches Recht auf ihre Frau; viele Frauen gehen auch heute noch fälschlicherweise
von der Annahme aus, sie müssten „ehelichen Pflichten nachkommen“. Andere wissen zwar,
dass gewalttätige Ehemänner sich strafbar machen, trauen sich jedoch aus Angst vor deren
Reaktionen und denen der Umwelt nicht, ihre Männer wegen Vergewaltigung in der Ehe
anzuzeigen. Auch ist es noch nicht allgemein bekannt, dass seit Januar 2002 die Polizei sogar
gegen den Willen der Frau das gewalttätige Familienmitglied der Wohnung verweisen kann.
Zwar ist diese Maßnahme zunächst befristet, doch sind die Opfer häuslicher Gewalt erst
einmal für einige Tage geschützt. So entwickeln sie oftmals die Kraft, um mit der rechtlichen
Unterstützung einer Anwältin und der persönlichen Unterstützung einer Beraterin weitere
Schritte zu ihrem eigenen Schutz und dem ihrer Kinder einzuleiten.
Männer „bevorzugen“ oftmals Partnerinnen, die jünger und schwächer als sie sind. Einige
betrachten ihre Töchter als ideale ’Partnerinnen‘, denn in keiner anderen Beziehung ist das
Machtgefälle größer als zwischen Vater und Tochter. Sexuelle Ausbeutung der Tochter durch
den Vater ist Ausdruck eines männlichen Besitzdenkens („Ich kann mit meiner Tochter
machen, was ich will!“). Töchter aus Familien, in denen Männer und Jungen mehr Macht und
dementsprechend mehr zu sagen haben als Frauen und Töchter, unterliegen einem erhöhten
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Sexueller Missbrauch geht uns alle an!
Risiko, Opfer sexueller Gewalt zu werden – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Familie.
Sie lernen von klein auf, dass Frauen in allen Lebensbereichen benachteiligt und/oder abhängig sind und sie deshalb (sexuelle) Übergriffe von Männern und männlichen Jugendlichen
(auch von älteren Brüdern) schweigend dulden und aushalten müssen. Ihre Widerstandskraft
kann sich kaum entwickeln.
Keinesfalls ist die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen durch Männer Ausdruck
eines starken Geschlechtstriebs oder eines sexuellen Notstandes. Die Täterforschung belegt,
dass sexuelle Gewalttaten in der Regel nicht aus Mangel an anderen sexuellen Möglichkeiten,
sondern zusätzlich zu freiwilligen Sexualkontakten erfolgen. Täter und Täterinnen haben
genauso häufig sexuelle Kontakte zu erwachsenen Partnerinnen und Partnern wie Männer
und Frauen, die nicht missbrauchen. Ebenso wenig liegt die Ursache in Reaktionen auf berufliche Belastungen oder der Homosexualität von Tätern begründet. Sexuelle Gewalttaten sind
weder Einzelfälle noch werden sie bis auf ganz wenige Ausnahmen von besonders gestörten
Persönlichkeiten verübt.
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Sexuelle Ausbeutung durch Frauen und jugendliche Mädchen wird bis zum heutigen Tage
von großen Teilen der (Fach-)Öffentlichkeit im Verhältnis zu männlicher Gewalt als weniger
gewalttätig eingeschätzt. Die Verharmlosung zeigt sich z.B. daran, dass die sexuelle Ausbeutung durch Frauen nur in ganz seltenen Fällen angezeigt wird und Täterinnen dementsprechend in der Kriminalstatistik nur selten auftauchen. Dies liegt u.a. in den Schwierigkeiten vieler Menschen begründet, sich vorzustellen, wie Frauen sexuell missbrauchen. Doch
die Formen weiblicher und männlicher sexualisierter Gewalt unterscheiden sich nur minimal:
Auch eine Frau kann z.B. ein Kind sehr sadistisch mit einem Gegenstand vergewaltigen.
TIPP
Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW: An eine Frau hätte ich nie gedacht.
Frauen als Täterinnen bei sexueller Gewalt gegen Mädchen und Jungen. Zu bestellen: AJS,
Poststr.15 – 23, 50676 Köln.
Frauen als Täterinnen
Sexueller Missbrauch und beruflicher Alltag
In etwa 20% der Fälle wird sexuelle Gewalt durch Frauen oder jugendliche Mädchen verübt
(z.B. Wetzels 1997: 10%; Raupp/Eggers 1993: 25%). Viele dieser Frauen sind Mehrfachtäterinnen. Das heißt: Sie missbrauchen im Laufe ihres Lebens zwei oder mehrere Kinder.
Ihre Opfer suchen Frauen in der Regel unter den Kindern, die ihnen am nächsten stehen.
Der überwiegende Teil der sexualisierten Gewalthandlungen durch Frauen wird an Mädchen
verübt (vgl. Enders 2001; Kavemann 1999).
Die Mehrzahl der Täterinnen üben die sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
aus eigener Initiative heraus aus. Bis zur Hälfte der Täterinnen geben an, von Männern zu den
von ihnen verübten Verbrechen gezwungen oder veranlasst worden zu sein. Diese Angaben
stimmen jedoch nur zum Teil: Nur in wenigen Fällen verüben die Täterinnen ihre Gewalthandlungen ausschließlich aus Zwang. Ein Teil macht im Rahmen ihrer Täterinnenkarriere
eine Entwicklung durch, in deren Verlauf sie selbst zu Initiatorinnen des Missbrauchs werden
(vgl. Kavemann 1999, Heyne 1996).
Schon die Zahlen über das Ausmaß sexualisierter Gewalt gegen Mädchen und Jungen
machen deutlich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pädagogischer Arbeitsfelder immer
wieder Kontakt zu betroffenen Kindern und Jugendlichen und auch zu jugendlichen und
erwachsenen Tätern und Täterinnen haben – meist ohne um den sexuellen Missbrauch zu
wissen. Keinesfalls ist es die Aufgabe von Pädagoginnen und Pädagogen, betroffene Mädchen
und Jungen und deren Familien unmittelbar auf sexuelle Gewalterfahrungen anzusprechen
und diesen eine therapeutische Begleitung zu geben. Dennoch benötigen pädagogische
Fachkräfte ein fundiertes Wissen über die Problematik der sexuellen Ausbeutung von
Kindern, damit sie die verdeckten Hilferufe der betroffenen Mädchen und Jungen besser
verstehen und die z.T. sehr offensichtlichen Strategien der Täter und Täterinnen eher erkennen können (z.B. die Manipulation der Wahrnehmung der Umwelt). Informationen über
Möglichkeiten einer interdisziplinären Zusammenarbeit sind die Voraussetzung, um in
Kooperation mit Jugendamt und Beratungsstellen betroffene Kinder und Jugendliche schützen und ihnen eine Hilfe bei der Bewältigung sexueller Gewalterfahrungen geben zu können.
Ebenso brauchen Pädagoginnen und Pädagogen eine klare Haltung im Umgang mit kind7
2. Definitionen und gesetzliche Grundlagen
lichen Tätern und Täterinnen. Deren sexuell übergriffiges Verhalten darf im pädagogischen
Alltag nicht bagatellisiert werden; sonst besteht die Gefahr der Entwicklung einer langfristigen Täterkarriere.
Alle, die mit Kindern leben und arbeiten, können einen Beitrag zu einer vorbeugenden
Arbeit gegen sexuelle Ausbeutung leisten. Missbrauch beginnt in der Regel nicht mit einer
Vergewaltigung, sondern Täter und Täterinnen sondieren zunächst einmal im Rahmen subtiler sexueller Übergriffe die Widerstandsfähigkeit eines Kindes. Eine präventive Erziehung
stärkt die Widerstandskraft von Mädchen und Jungen gegen sexuelle Grenzverletzungen.
Ebenso wenig wie in der Verkehrserziehung eine Garantie dafür gegeben werden kann, dass
ein Kind niemals Opfer eines Verkehrsunfalls wird, kann eine präventive Erziehung sicherstellen, dass ein Mädchen oder Junge niemals sexuell missbraucht wird. Doch bedeutet eine
kindgerechte Information auch im Falle eines Missbrauchs eine wesentliche Unterstützung
für betroffene Mädchen und Jungen. Das Beispiel eines 8-jährigen Opfers belegt dies: Das
Mädchen wurde vom Vater einer Schulfreundin oral missbraucht. Schon am nächsten Tag
vertraute das Kind sich seiner Mutter an. Diese vereinbarte umgehend einen gemeinsamen
Termin mit ihrer Tochter in einer Beratungsstelle. Auf die Feststellung der Beraterin, dass es
sehr mutig sei, sich sofort Hilfe zu holen, reagierte das Mädchen empört: „Das habe ich doch
schon im Kindergarten gelernt. Das darf der nicht!“
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Mädchen und Jungen entdecken ihren Lebensraum mit einer oft unerschöpflich erscheinenden Neugier. Sie zeigen spontanes Interesse für nahezu alles, was um sie herum und mit ihnen
geschieht, und lernen so Schritt für Schritt, sich in der Welt zurechtzufinden. Sie sind darauf
angewiesen, dass Erwachsene sie in ihrer Entwicklung anregen, unterstützen, begleiten und
ihre Bedürfnisse nach Liebe, Zärtlichkeit und Schutz erfüllen. Kinder und Jugendliche
müssen darauf vertrauen können, dass Erwachsene dieser Aufgabe gerecht werden. Nutzen
Erwachsene oder Jugendliche Kinder zur Befriedigung der eigenen sexuellen Interessen und
Bedürfnisse aus, so wird deren Vertrauen zutiefst verletzt, ihre Entwicklung grundsätzlich
gefährdet.
„Sexuelle Ausbeutung“ umfasst mehr als „sexueller Missbrauch“, denn auch sexuelle
Übergriffe, die nicht vom Strafgesetzbuch erfasst sind, werden als sexuelle Ausbeutung
bewertet. Diese Handlungen stehen zwar nicht unter Strafe, können jedoch ebenso belastend
für Kinder und Jugendliche sein – z.B. die (tägliche) Androhung eines Vaters gegenüber
seiner jugendlichen Tochter, dass er „gleich komme und es ihr beibringe“.
Es gibt viele Handlungen, die in einem Kontext sexuell übergriffig sind, in einem anderen
nicht. In einer Familie, in der Kinder gewohnt sind, ihre Eltern nackt zu sehen, ist es z.B. noch
kein Anzeichen von sexueller Ausbeutung, wenn sich die Mutter im Badezimmer aufhält,
während die 8-jährige Tochter badet. Schämt sich das Kind jedoch und bittet die Mutter, sie
allein zu lassen, und setzt sich die Erwachsene über diesen Wunsch hinweg, dann beginnt
damit die Verletzung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung des Mädchens. Zur Kategorie
der sexuellen Grenzverletzungen gehört auch das Beobachten des Kindes beim Ausziehen
(z.B. durch das Schlüsselloch), oder wenn der Vater/Bruder scheinbar zufällig seiner
Tochter/Schwester sein erigiertes Glied zeigt.
Eine liebevolle und zärtliche Beziehung zu einem Kind hat nichts mit sexueller Ausbeutung gemein. Ausdrücklich geht es um eine Instrumentalisierung des Mädchens/Jungen für
die Befriedigung der Bedürfnisse des Erwachsenen oder älteren Jugendlichen. Sexualisierte
Gewalt gegen Mädchen und Jungen fängt bei heimlichen, vorsichtigen Berührungen, verletzenden Redensarten und Blicken an und reicht bis hin zu oralen, vaginalen oder analen
Vergewaltigungen und sexuellen Foltertechniken. Auch das Befühlen und die „fachmännische“ Begutachtung der körperlichen Rundungen, das Betasten der Brust oder des Penis und
abschätzige oder auch wohlwollende Qualitätsurteile beuten Kinder sexuell aus.
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3. Sexueller Missbrauch in der Familie: Was kann ich tun?
Der Gesetzgeber hat jeglichen sexuellen Kontakt einer strafmündigen Person (ab dem
14. Lebensjahr) mit Kindern unter 14 Jahren gem. § 176 StGB unter Strafe gestellt. Neben
körperlichen Berührungen mit sexueller Absicht ist auch das Zeigen pornografischer
Darstellungen und entsprechender verbaler Beeinflussungen strafbar. § 174 StGB, „Sexueller
Missbrauch von Schutzbefohlenen“, untersagt sexuelle Handlungen an einer Person unter
16 Jahren, die einem Erwachsenen zur Erziehung, Ausbildung oder Betreuung anvertraut ist.
Nutzt der Missbraucher das durch das Obhutsverhältnis bestehende Abhängigkeitsverhältnis
aus, so erhöht sich die Altersgrenze auf 18 Jahre. Exhibitionistische Handlungen stellt der
§ 183 StGB unter Strafe.
Jugendliche Täter sind ab dem 14. Lebensjahr strafmündig. Wenn z.B. zwei Mitschüler
eine/n Klassenkameradin/-kameraden gegen ihren/seinen Willen festhalten, sich voll bekleidet
auf sie/ihn legen und Koitusbewegungen machen, so ist dies eine sexuelle Nötigung im Sinne
des § 177 StGB, für die die jungen Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden
können.
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hat sich wiederholt dafür eingesetzt, den sexuellen Missbrauch von Kindern schärfer zu bestrafen. Diese Taten dürfen nicht als Vergehen
bagatellisiert werden. So würde verhindert, dass Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt
oder mit einem Strafbefehl – also ohne Gerichtsverhandlung – beendet werden. Die Bundesregierung hat das Anliegen aufgegriffen. Das Sexualstrafrecht wird reformiert.
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Wie Täter ihre Taten langfristig vorbereiten
Robert S. und Manuela B. lernen sich auf einer Geburtstagsparty eines gemeinsamen
Freundes kennen. Für die junge allein erziehende Mutter des 5-jährigen Tom ist es Liebe auf
den ersten Blick. Der charmante, zehn Jahre ältere Bauunternehmer wurde einige Monate
zuvor von seiner ersten Frau geschieden. Seine Freunde gratulieren ihm zu seiner neuen
Lebensgefährtin, die wesentlich friedfertiger als dessen Ex-Ehefrau scheint. Diese hatte nach
der Trennung Robert sogar Besuchskontakte mit dem gemeinsamen 8-jährigen Sohn Jan
verweigert. Manuela weiß nicht, dass Roberts erste Frau sich von diesem getrennt hat,
nachdem Jan einen sexuellen Missbrauch durch den Vater angedeutet und sie erfahren hatte,
dass Robert schon als Jugendlicher ein Nachbarskind missbrauchte.
Bis in die 80er Jahre hielt sich der Mythos vom bösen Mann, der Mädchen und Jungen auf
Spielplätzen auflauert, sie mit Süßigkeiten anlockt und anschließend sexuell missbraucht.
Heute wissen wir, dass bis auf wenige Ausnahmen Täter (Täterinnen) dem Kind vertraute
Personen sind, die aus allen gesellschaftlichen Schichten kommen. Ebenso belegt die neuere
Täterforschung, dass es wesentlich weniger Täter als Opfer gibt, denn die meisten Missbraucher haben im Laufe ihres Lebens mehrere oder sogar viele Opfer. Einige missbrauchten
bereits im Jugendalter zunächst kleinere Geschwister, Nachbarskinder oder die kleine
Cousine, den Cousin; später fügen sie den eigenen Kindern, deren Freundinnen/Freunden,
im hohen Alter den Enkelkindern sexuelle Gewalt zu. Oftmals haben missbrauchende
(Stief-)Väter parallel zur Tochter/zum Sohn noch weitere Opfer außerhalb der Familie
(z.B. die Freundin/den Freund des Kindes). Ebenso wie Robert S. waren sie häufig schon
sexuell gewalttätig, bevor sie die Mutter der/ihrer Kinder kennen lernten.
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Sexueller Missbrauch in der Familie
Manuela kann die Gründe für das scheinbar „streitsüchtige Verhalten“ von Roberts erster
Ehefrau überhaupt nicht nachvollziehen. Sie ist vielmehr davon überzeugt, dass Kinder
ihren Vater brauchen. Ihr ehemaliger Lebensgefährte hatte sie während ihrer Schwangerschaft
mit Tom verlassen, und sie ist froh, in Robert nun endlich einen neuen Partner gefunden zu
haben, der sich auch als idealer Vater präsentiert. Es ist z.B. einfach rührend zu beobachten,
mit welcher Geduld er mit Tom spielt. Der Junge liebt seinen neuen Stiefvater, den er von sich
aus Papa nennt. Manchmal scheint Robert mehr Zeit für den Jungen als für seine Partnerin
zu haben. Es gibt Augenblicke, in denen ist die junge Mutter sogar eifersüchtig auf ihren
Sohn. Dann schämt sie sich für dieses Gefühl und meint ihrem Partner dafür dankbar sein zu
müssen, dass er Tom wie ein eigenes Kind akzeptiert. Robert meint, ihre Eifersucht sei fast
schon krankhaft.
Manuelas Glück scheint perfekt. Auch die Sexualität mit ihrem neuen Partner erlebt sie
als sehr lust- und genussvoll. Als sie schwanger ist, wird gemeinsam mit Freunden und
Verwandten eine rauschende Hochzeit gefeiert. Nicht zuletzt sind die Eltern der Braut sehr
erleichtert, dass ihre Tochter nach ihrem schweren Schicksalsschlag nun den richtigen Mann
gefunden hat, der zudem finanziell gut gestellt ist. Manuela gibt ihre Stelle als Buchhändlerin
auf.
Einige Täter verwenden Monate darauf, eine Beziehung zu allein erziehenden Müttern aufzubauen, um Zugang zu ihren Kindern und deren Freundinnen und Freunden zu bekommen.
Allein erziehende Mütter sind häufig sehr erleichtert, wenn sie einen neuen Partner finden,
der ihnen einen Teil der Versorgung der Kinder abnimmt. Nur allzu schnell räumen sie diesen
ein Mitspracherecht in der Erziehung ein und missachten die Tatsache, dass ein neuer Partner
noch lange nicht der neue soziale Vater der Tochter/des Sohnes ist. Untersuchungen belegen,
dass die Gruppe der „Stiefväter“ die größte Tätergruppe innerhalb der Familie ist. In der
Mehrzahl der Fälle, in denen Stiefväter oder Lebensgefährten der Mütter die Täter sind,
beginnt die sexuelle Ausbeutung kurze Zeit, nachdem sich die Beziehung zur Kindesmutter
stabilisiert hat. Oftmals wählen Missbraucher gezielt (z.T. wiederholt) Partnerinnen, die
aufgrund eines geringen Selbstwertgefühls, eines sehr traditionellen Weiblichkeitsbildes oder
besonderer Belastungen wenig autonom ihre Interessen vertreten und große Angst davor
haben, verlassen zu werden (vgl. Heiliger 2000).
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Allein erziehende Mütter können sich und ihre Kinder schützen, indem sie in ihrer
Partnerschaft selbstbewusst ihre eigenen Interessen vertreten und ihre eigenen Gefühle ernst
nehmen. Sie haben z.B. allen Grund misstrauisch zu ein, wenn ihr Partner der Tochter/dem
Sohn allzu große Geschenke macht oder dem Kind mehr Aufmerksamkeit schenkt als ihnen
selbst.
Wie Täter das Schweigen der Opfer sichern
Schon kurze Zeit nachdem sich der Kontakt zu der allein erziehenden Mutter stabilisiert hat,
beginnt Robert Schritt für Schritt die Beziehung zu Tom zu sexualisieren, indem er diesen
scheinbar zufällig am Genital berührt und ihn zu „gemeinsamen Doktorspielen“ überredet.
Manchmal tarnt er die sexuelle Ausbeutung auch als „Zauberspiel“ und zeigt dem inzwischen
5-jährigen Jungen „wie sein Pimmel lachen und weinen kann“. Unter anderem missbraucht
er seinen Stiefsohn wiederholt während des gemeinsamen wöchentlichen Bades. Als Manuela
einmal zufällig das Badezimmer betritt, macht sie eine seltsame Beobachtung: Tom spielt
gerade mit dem erigierten Penis seines Stiefvaters. Sowohl das Kind als auch Robert reagieren einen Augenblick irritiert auf Manuelas Erscheinen. Nach einer Schrecksekunde erklärt
diese, dass es schon spät sei und sie nun Tom ins Bett bringen wolle. Später stellt sie ihren
Mann zur Rede. Der gibt sich sehr erstaunt: Warum sie nur so ein Theater mache, er habe
doch Tom nur gezeigt, wie man die Vorhaut reinige. Das müsse jeder Junge lernen. Sie
würde aufgrund angeblicher hormoneller Probleme in der Schwangerschaft mal wieder überreagieren. Aber wenn es sie so sehr aufrege, werde er dies in Zukunft ihr zuliebe unterlassen.
Manuela wehrt sich gegen die Abwertung ihrer Person, doch scheint ihr die von Robert
genannte Motivation nachvollziehbar. Allerdings überfordert er ihrer Meinung nach den
Jungen durch eine derartige Aufklärung. Das sagt sie ihm. Für sie ist die Angelegenheit damit
erledigt.
Tom geht es an diesem Abend überhaupt nicht gut. Eigentlich hat er seinen Stiefvater sehr
lieb, doch manchmal macht der so doofe Spiele. Die machen ihm Angst. Dann stöhnt Papa
und guckt so komisch. Auch hat er schon oft gesagt, dass diese Spiele ein Geheimnis sind.
Mama dürfe das nicht wissen, sonst habe sie Tom nicht mehr lieb. Das will der Junge auf
keinen Fall. Heute musste er Roberts Penis wieder reiben. Plötzlich ist Mama ins Badezimmer
gekommen und hat alles gesehen. Aber warum hat sie nichts gesagt? Mama hat ihm nicht
geholfen.
13
Sexueller Missbrauch in der Familie
Entsprechend kindlichen Vorstellungen haben Erwachsene – vor allem Mütter – hellseherische Fähigkeiten und können ihren Kindern alles an der Nasenspitze ansehen. Sexuell
missbrauchte Mädchen und Jungen können es kaum nachvollziehen, dass ihre Mütter/Väter
über die Handlungen der Täter (Täterinnen) nicht im Bilde sein sollen – insbesondere,
wenn sie, wie Manuela, quasi Augenzeugen der Tat wurden. Und da die Umwelt oftmals nicht
reagiert, fühlen sich die Opfer Tätern (Täterinnen) schutzlos ausgeliefert und bewerten den
Missbrauch als „normal“.
Täter (Täterinnen) sind fast immer „Insider“, sie kennen den Alltag der Kinder und
können meist unmerklich deren Tagesablauf steuern. Sie haben ihre Methoden, um Mädchen/
Jungen systematisch in ein Spinnennetz der Geheimhaltungsallianz zu verwickeln, damit die
„stummen Schreie“ der Opfer nicht verstanden werden und bei Außenstehenden und
Familienangehörigen kein Argwohn geweckt wird. Betroffene Mädchen und Jungen können
nicht überschauen, mit welcher Raffinesse Missbraucher (Missbraucherinnen) sie in eine
Komplizenschaft hineinziehen. Täter (Täterinnen) spekulieren meist auf die Liebe des Kindes
zu den Eltern: Und so wahren viele Opfer gegenüber ihren Müttern (und Vätern) das von
Tätern auferlegte Schweigegebot nicht aufgrund einer gestörten Eltern-Kind-Beziehung,
sondern um den geliebten Personen Kummer zu ersparen. Sie schweigen, da „Mama jetzt
wieder glücklich ist“ und sie nicht wollen, „dass Mama wieder traurig wird“.
Robert versucht nun gezielter einen Keil zwischen die Beziehung des Jungen zu seiner Mutter
zu treiben. Diese soll auf keinen Fall nochmals misstrauisch werden, dann würde sie sich
vermutlich von ihm trennen und das Kind schützen. Mit großer Raffinesse nutzt er die leichten
Schwangerschaftsbeschwerden seiner Frau, um Tom in eine Komplizenschaft zu verstricken:
„Guck mal, Mama hat schlechte Laune. Hat sie dich schon wieder in dein Zimmer geschickt?“
Er schenkt dem Jungen besondere Aufmerksamkeit und untergräbt die Autorität der Mutter.
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Wie Täter die Wahrnehmung der Mütter und der Umwelt beeinflussen
Manuelas Nerven liegen blank; sie schreit ihren Sohn häufig an. Einmal rutscht ihr sogar die
Hand aus. Tom wird immer schwieriger. Die Erzieherinnen der Kindertagesstätte haben sie
schon angesprochen: Toms Sprachentwicklung ist verzögert, es fällt ihm schwer, mit anderen
Kindern im Spiel Kontakt zu bekommen. Oft sitzt der Junge völlig in sich gekehrt in der Ecke
und nimmt kaum Kontakt zur Umwelt auf. An anderen Tagen bekommt er unkontrollierte
Wutanfälle.
Durch verletzende Bemerkungen, ungerechtfertigte Kritik und Schikanen wertet Robert
zunehmend seine Frau in der Rolle als Mutter und Partnerin ab und verletzt deren Selbstwertgefühl: „Sieh mal, als Frau bist du für die Erziehung deines Sohnes verantwortlich. Bist
den ganzen Tag zu Hause und wirst noch nicht einmal mit dem Jungen fertig.“
Manuela fühlt sich extrem belastet. Sie spürt, dass etwas nicht stimmt, weiß aber nicht
was. Tom zeigt ihr gegenüber ein immer aggressiveres Verhalten. Häufig versteckt er sich,
wenn sie ihn aus der Tagesstätte abholen will. Kommt hingegen Robert im Kindergarten vorbei, so läuft er diesem strahlend entgegen. Manuela zweifelt an ihrem Selbstwert als Mutter
und sieht ihr eigenes Versagen und ihre Schwangerschaft als ursächlich für die Probleme
des Sohnes. Sie schämt sich dafür, dass ihr Mann anscheinend das wesentlich bessere
Verhältnis zu seinem Stiefsohn hat. Die von ihr beobachtete Situation zwischen Robert und
Tom im Badezimmer hat sie längst vergessen. Auf die Idee eines sexuellen Missbrauchs
kommt sie überhaupt nicht. Zumal sie auch während der Schwangerschaft regelmäßig
sexuellen Kontakt zu ihrem Partner hat und sie sich auch nicht vorstellen kann, dass Robert
sich in einer Zeitspanne von nur wenigen Minuten durch Reiben des Penis zwischen den
Oberschenkel des Jungen befriedigt – z.B. wenn er mit dem Kind auf der Coach im Wohnzimmer liegt und Fernsehen guckt.
Mütter spüren in vielen Fällen, dass mit ihren Töchtern/Söhnen in der letzten Zeit „etwas
nicht stimmt“. Sie machen sich Gedanken über Konzentrationsstörungen in der Schule,
über distanzloses Verhalten gegenüber Dritten oder auffällige Geschenke des Täters. Doch
welche Mutter vermutet schon einen sexuellen Missbrauch durch den Partner?! Die meisten
Menschen können sich ein solches Verbrechen von einer geliebten Person an einem geliebten
Menschen – erst recht am gemeinsamen Kind – nicht vorstellen. Mütter geben sich meist
selbst die Verantwortung für die Probleme der Tochter/des Sohnes, trauen ihren eigenen
Sinnen nicht mehr und resignieren über die Tatsache, dass sie „noch nicht einmal mit dem
eigenen Kind klarkommen“.
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Sexueller Missbrauch in der Familie
Robert versucht derweil, seine Ehefrau zu isolieren. Ihren Freundinnen gegenüber verhält er
sich freundlich, wimmelt deren Besuche jedoch öfters ab; Manuela brauche Ruhe. Die Frauen
können überhaupt nicht nachvollziehen, warum Manuela so belastet wirkt; sie hat doch alles:
einen attraktiven Partner, der sie in der Kindererziehung unterstützt, ein wunderschönes Haus,
eine Putzfrau ... Manuela fühlt sich von ihren Freundinnen nicht verstanden. Die Kontakte zu
ihnen schlafen mehr und mehr ein.
Gegenüber seinen Freunden, Geschäftskollegen, Schwiegereltern und den Erzieherinnen
der Kindertagesstätte mimt Robert den sorgenden Ehemann: „Ich mache mir große Sorgen um
meine Frau. Sie ist psychisch sehr belastet. Ich versuche sie schon so weit eben möglich zu
entlasten und ihr den Jungen abzunehmen.“ Seine Schwiegermutter sieht sich bald zu einem
ernsthaften Gespräch mit ihrer Tochter veranlasst: „Kind, jetzt nimm dich mal ein bisschen
zusammen und sei dankbar, dass du so einen liebevollen Partner und fürsorglichen Vater
für deinen Sohn gefunden hast.“ Auch die Erzieherinnen sind von Robert sehr angetan,
bewundern dessen Engagement für den Jungen. Die Kindesmutter empfinden sie hingegen als
kompliziert, zumal sie in der letzten Zeit kaum ein freundliches Wort für die Pädagoginnen
übrig zu haben scheint.
Es gehört zur Strategie von vielen Missbrauchern, die sozialen Kontakte der Ehefrau zu
beschneiden. Sie sprechen ihren Frauen z.B. oft das Recht auf eigene Freundinnen und
Freizeitaktivitäten ab, intrigieren im Verwandten- und Bekanntenkreis gegen sie. Oft stellen
sie die Mutter als gefühlskalt, kompliziert oder psychisch belastet dar.
Das Erleben des Kindes
Nach der Geburt ihres zweiten Kindes (Lena) geht es Manuela sichtbar besser. Die Welt
scheint wieder in Ordnung. Nur die Probleme mit Tom werden immer größer. Der Junge ist
eifersüchtig auf seine kleine Schwester und will endlich mal seine Mama wieder für sich
haben. Robert nutzt die Situation, um das Kind noch weiter zu missbrauchen: „Mama hat
gar keine Zeit mehr für uns, kümmert sich nur noch um das Baby ... .“
16
In einer anderen Situation erklärt Robert dem Jungen nachdrücklich, dass sie beide nicht
mehr zusammen wohnen und spielen dürfen, wenn Dritte erfahren sollten, was Tom mit ihm
mache. Damit suggeriert er dem Jungen eine aktive Beteiligung. Durch die vom Täter ständig
praktizierten Grenzverletzungen sind für Tom ohnehin die Grenzen zwischen kindgerechter
zärtlicher Zuwendung und Formen der sexuellen Ausbeutung nicht mehr eindeutig zu definieren. Eine Zurückweisung ist ihm kaum möglich – zumal der Junge spürt, dass er bei einem
Nein die vorherige Beachtung des Täters verlieren würde. Und je länger der Missbrauch
dauert, desto schuldiger fühlt sich Tom. Nicht zuletzt hat er ein schlechtes Gewissen, weil er
öfters Notlügen gebraucht, um die „Spiele mit dem Papa“ gegenüber der Mama zu vertuschen. In dieser verzweifelten Lage versucht Tom auch vor sich selbst Roberts Handlungen
zu „normalisieren“ und fängt an zu glauben, dass er "es" selbst gewollt habe.
Im Sinne einer Überlebensstrategie glauben viele Opfer, sie hätten selbst die an ihnen verübte
sexuelle Ausbeutung aktiv herbeigeführt. Um ihre eigene Ohnmacht nicht zu spüren, versuchen sie ihre eigene Machtlosigkeit umzudeuten. Je länger der Missbrauch dauert, umso
mehr glauben viele Opfer, „es“ sei nicht böse gemeint, sondern eher als ein Zeichen der
Zuneigung des Täters (der Täterin) zu verstehen. Zwischen den ambivalenten Gefühlen wie
Zuneigung und Angst, Respekt und Ekel, Scham und Trauer hin- und hergerissen, übernehmen Kinder bei der Bewertung der Situation die Perspektive des übermächtigen Täters
(der Täterin). Aus Angst „kriechen“ sie gleichsam mit ihrer inneren Wahrnehmung in die
Rolle des Missbrauchers (der Missbraucherin), sehen sich selbst mit dessen (deren) Augen
und übernehmen seine (ihre) Argumentation. Wenn er (sie) sagt: „Du hast es selbst gewollt!“
oder „Es bereitet dir ja Spaß!“, so machen sich viele Opfer in ihrer ohnmächtigen Lage diese
Einschätzung zu eigen. Sie identifizieren sich mit den Missbrauchern (Missbraucherinnen),
idealisieren diese und bagatellisieren die an ihnen verübten Verbrechen. Durch diese Identifikation mit dem Aggressor schwindet scheinbar der Anteil der Gewalt in den Handlungen
des Täters (der Täterin). Kinder und Jugendliche schaffen sich so ein ungebrochenes Bild der
meist geliebten Bezugsperson zurück, denn welches Kind möchte schon den Vater, die Mutter,
den Lieblingslehrer ... verlieren? Die „Entschuld(ig)ung“ des Täters (der Täterin) durch
das Opfer ist somit keinesfalls ein Zeichen für eine besonders positive emotionale Bindung
an den Ausbeuter (die Ausbeuterin) oder ein Hinweis auf ein vermeintlich geringes Ausmaß
des Missbrauchs – im Gegenteil: Je mehr ein Mädchen oder Junge den Missbraucher
(die Missbraucherin) idealisiert und entschuldigt, umso weniger hat das betroffene Kind den
Missbrauch verarbeitet.
17
Im Kindergarten fällt Tom inzwischen durch Doktorspiele auf, die weit über altersgemäße
sexuelle Neugierde hinausgehen. Wiederholt versucht er, anderen Jungen seinen Penis in
den Po zu stecken, und möchte, dass diese seinen Penis in den Mund nehmen. Auch einige
Mädchen der Gruppe fühlen sich durch ihn belästigt. Die anderen Kinder beschweren sich
bei der Erzieherin. Diese spricht den Jungen ruhig an und erklärt ihm, dass die anderen
Kinder solche Doktorspiele nicht mögen und deshalb seien sie verboten. Tom reagiert empört:
„Das darf man doch, der Robert macht das doch auch mit mir.“ Obgleich sich die Erzieherin
in diesem Moment erschrickt, reagiert sie äußerlich gelassen und stellt nur fest, dass sie
trotzdem nicht damit einverstanden ist. Der Junge ist zwar noch sauer, aber er hat durch
die besonnene Reaktionsweise der Pädagogin noch nicht einmal bewusst wahrgenommen,
dass er entgegen dem Schweigegebot des Stiefvaters den Missbrauch aufgedeckt hat.
Oftmals reinszenieren betroffene Kinder im Spiel sexuelle Gewalterfahrungen. Insbesondere
kleine Kinder verplappern sich manchmal gegenüber Bezugspersonen, die meist nicht zur
unmittelbaren Familie gehören. Reagieren diese Personen mit Entsetzen und/oder bedrängen
sie das Mädchen/den Jungen mit Fragen, so verstummen die meisten Opfer erneut und nehmen die eigene Aussage zurück.
Doktorspiele oder sexuelle Übergriffe?
„Doktorspiele“ gehören zur normalen Entwicklung von Mädchen und Jungen, schon sehr
kleine Kinder experimentieren sexuell. Sie befriedigen sich selbst, erkunden – schauen und
berühren – mit kindlicher Neugier die eigenen Geschlechtsorgane und die ihrer kleinen
gleichaltrigen Freundinnen und Freunde und interessieren sich für Urinieren und Stuhlentleeren.
Mütter und Väter, Pädagoginnen und Pädagogen sind häufig verunsichert, welches
Verhalten Ausdruck einer gesunden sexuellen Betätigung ist und welches als sexuelle Grenzverletzung gewertet werden muss. „Doktorspiele“ sind gegenseitige Spiele: Kinder begucken
und berühren sich gegenseitig, sie tauschen die Rollen. Die Initiative geht nicht nur von einem
Mädchen oder Jungen aus und kein Kind muss sich einem anderen unterordnen. Meistens
finden sie unter Kindern gleichen Alters oder mit ein oder zwei Jahren Altersunterschied statt.
Sind ältere oder in ihrer Entwicklung eindeutig überlegene Mädchen und Jungen beteiligt, so
18
kann die Situation von Kindern durchaus als sehr beängstigend erlebt werden. Konzentriert
sich über einen längeren Zeitraum das Interesse einzelner Kinder fast ausschließlich auf sexuelle Handlungen, die z.T. über kindliches Erkunden hinausgehen und Erwachsenensexualität
entsprechen, und werden einzelne Kinder wiederholt verletzt, so sind dies keine altersgemäßen „Doktorspiele“.
Für „Doktorspiele“ gelten klare Regeln:
– Jedes Mädchen/jeder Junge bestimmt selbst, mit wem sie/er Doktor spielen will.
– Die Kinder streicheln und untersuchen sich nur so viel, wie es für sie selber und die anderen
schön ist.
– Kein Kind darf einem anderen wehtun!
– Größere Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben bei Doktorspielen nichts zu suchen.
Können einzelne Kinder diese Regeln nicht einhalten und sehen die anderen Mädchen und
Jungen sich nicht in der Lage, sich allein oder als Gruppe zu wehren, so sind Mütter, Väter,
Pädagoginnen und Pädagogen gefordert, aktiv zum Schutze der Schwächeren einzugreifen.
Unter fachlicher Begleitung einer Beratungsstelle oder des Jugendamtes sind ebenso den
sexuell übergriffigen Kindern Hilfen anzubieten.
Literaturempfehlung:
Broschüren der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Körper, Liebe, Doktorspiele.
Ein Ratgeber für Eltern zur kindlichen Sexualentwicklung vom 1. bis zum 3. Lebensjahr
(Bd.1) und vom 4. bis zum 6. Lebensjahr (Bd. 2).
Ursula Enders/Dorothee Wolters: Wir können was, was ihr nicht könnt. Ein Bilderbuch über
Zärtlichkeit und Doktorspiele. Weinheim 1996.
19
Sexueller Missbrauch in der Familie
Was können Pädagoginnen und Pädagogen tun?
Ruhe bewahren, überstürztes Handeln schadet nur!
Die Erzieherin informiert ihre Vorgesetzte, die Kindertagesstättenleiterin, über Toms Aussage.
Die Pädagoginnen schmerzt die Vorstellung, dass der Junge möglicherweise sexuell ausgebeutet wird. Sie möchten so schnell wie eben möglich dem Kind helfen und selber wieder
ruhig schlafen können. Doch ihnen ist bewusst, dass es besser ist, erst einmal sehr sorgfältig
Strategien der Hilfe zu erarbeiten. Was hilft es, wenn aufgrund eines übereilten Vorgehens
Robert den Verdacht der Erzieherinnen erahnt? Zu groß wäre im Falle eines tatsächlichen
Missbrauchs die Gefahr, dass er Tom unter Druck setzen oder Manuela überreden würde,
den Jungen in einen anderen Kindergarten umzumelden.
Die Einrichtungsleiterin bittet die Erzieherin, alle ihre Beobachtungen schriftlich festzuhalten:
die Aussagen und das Verhalten des Kinds, ihre Eindrücke und Reaktionen, alle Gespräche
und Handlungsschritte und die Beschreibung der Stärken des Jungen. Sie selbst nimmt Kontakt
zu einer Beratungsstelle auf und vereinbart für sich und die in der Gruppe tätigen Pädagoginnen einen gemeinsamen Beratungstermin.
Es kostet viel Kraft, besonnen auf die Aussage eines Kindes zu reagieren, denn die Konfrontation mit der Vermutung eines sexuellen Missbrauchs löst auch bei Fachkräften emotionale
Betroffenheit aus. Die eigene Hilflosigkeit verleitet Pädagoginnen und Pädagogen nur allzu
leicht zu überstürztem Handeln. Dabei gilt es zunächst einmal, Ruhe zu bewahren, denn nicht
das Kind gerät gerade in eine akute Krise, sondern die Person, die den Missbrauch vermutet
oder von ihm erfährt. Das Kind lebt in der Regel schon über einen längeren Zeitraum in einer
extrem belastenden Situation und musste notgedrungen Überlebensstrategien entwickeln.
Jetzt hat es die Kraft und den Mut gefunden, die eigene Isolation zu durchbrechen. Das Opfer
wählte bewusst oder unbewusst eine Vertrauensperson und fand in ihr einen Menschen, der
die versteckten oder offenen Hinweise auf die Gewalterlebnisse verstanden und nicht beiseite
geschoben hat. Dieses anfängliche Vertrauen des Kindes muss gefestigt werden.
Zunächst einmal muss in Kooperation mit einer Beratungsstelle abgeklärt werden, ob den
Hinweisen und Verhaltensauffälligkeiten ein sexueller Missbrauch oder andere Belastungen
des Mädchens/Jungen zu Grunde liegt (z.B. körperliche Kindesmisshandlung, Kindesvernachlässigung, persönliche Belastungen der Eltern). In jedem Fall ist es für Pädagoginnen und
Pädagogen sinnvoll, sich die Unterstützung eines Fachdienstes zu holen, denn verhaltens20
auffällige Kinder brauchen grundsätzlich Hilfe, ganz gleich, welche Ursache ihre offenen
oder verdeckten Hilferufe haben.
Besonnenheit ist auch geboten, damit im Fall einer sexuellen Ausbeutung der Täter (die
Täterin) nicht erfährt, dass das Kind sich jemandem anvertraut hat, denn er/sie würde mit
an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit versuchen, es mit zusätzlicher Gewalt erneut
zum Schweigen oder zur Zurücknahme der eigenen Aussage zu zwingen. Mädchen und
Jungen stehen in diesen Fällen als Lügnerinnen da und bleiben in der Regel weiterhin über
Jahre der sexuellen Gewalt ausgeliefert.
Meist fällt es Pädagoginnen und Pädagogen besonders schwer, bei innerfamilialem Missbrauch durch den Partner der Frau zunächst auch dieser gegenüber keine Andeutung zu
machen. Doch erfahren diese durch Dritte unvorbereitet von der Vermutung, so konfrontieren/informieren sie in ihrer Not fast immer den beschuldigten Partner, auch wenn sie sich
Dritten gegenüber sehr distanziert über ihren Lebenspartner äußern oder versichern, keine
Andeutung zu machen. Auch muss zunächst geklärt werden, wer als Täter (Täterin) in Frage
kommt, denn in vielen Fällen ist dies nicht so eindeutig wie bei Toms Stiefvater. Sicherlich,
in einem Drittel aller Fälle gehören die Täter (Täterinnen) zur unmittelbaren Familie des
Opfers (Väter, ältere Geschwister, Mütter und in der Familie lebende Verwandte), die meisten
kommen jedoch aus dem außerfamilialem Nahbereich (z.B. Freunde der Familie, Jugendliche
aus der Nachbarschaft, Trainer, Babysitter oder entferntere Verwandte. Manchmal werden
Mädchen und Jungen von mehreren Personen missbraucht). Eine zu frühe oder unberechtigte
Konfrontation einer Mutter mit der Vermutung, dass ihr Partner die Tochter/den Sohn
missbraucht, kann eine Familie in eine schwere Krise stürzen. Dies gilt es zu vermeiden.
Sich fachliche Unterstützung suchen!
Vertrauenspersonen von kindlichen Opfern sexueller Gewalt brauchen fachliche Unterstützung, damit sie den betroffenen Mädchen und Jungen besonnen zur Seite stehen, ihre
eigenen Grenzen erkennen können und selbst entlastet werden. Es ist z.B. nicht die Aufgabe
einer Pädagogin, eine Mutter/einen Vater mit der Vermutung der sexuellen Ausbeutung der
Tochter/des Sohnes zu konfrontieren oder weitere Informationen über den Missbrauch
aufzudecken. In Familienberatungsstellen und Spezialberatungsstellen können Pädagoginnen
und Pädagogen kostenlose Beratung und Unterstützung im Falle der Vermutung eines sexuellen Missbrauchs bekommen.
21
Sexueller Missbrauch in der Familie
Im Gespräch mit der Beratungsstelle schildern die Erzieherinnen zunächst einmal ihre eigenen
Belastungen, denn nicht nur der Junge ist in einer Krise, sondern auch sie selbst: Sie sind
unsicher und entsetzt. Zum einen wollen sie nicht Toms Stiefvater zu Unrecht verdächtigen,
zum anderen können sie kaum die Vorstellung ertragen, dass das Kind eventuell weiter
missbraucht wird. Es tut ihnen gut, über ihre Situation zu sprechen. Die Beraterin macht ihnen
deutlich, dass der Junge schon eine erste Hilfe bekommen hat, indem die Erzieherinnen
etwas wahrgenommen haben. Jetzt sei es entscheidend, dass sie sich selbst stärken, damit
sie besonnen und ruhig handeln können.
Die Konfrontation mit dem Leid kindlicher und jugendlicher Opfer sexueller Gewalt erschüttert auch das Grundvertrauen professioneller Helferinnen und Helfer. Es ist für sie unfassbar,
dass Menschen in der Lage sind, ein Kind so tief zu verletzen. Zudem werden sie sich ihrer
eigenen Verwundbarkeit bewusst. Erinnerungen an eigene schmerzhafte und auch schöne
Kindheitserlebnisse werden wieder lebendig, eine Auseinandersetzung mit der persönlichen
Lebensgeschichte wird notwendig. Diejenigen, die selber Kinder haben, sorgen sich oftmals,
ob sie diese vor traumatischen Erfahrungen bewahren können.
Einige Bezugspersonen fühlen sich schuldig, da ihnen das Leid der Mädchen und Jungen
erspart blieb und sie eine „bessere“ Kindheit hatten. Sie wollen das Unrecht, das den Kindern
zugefügt wurde, wieder ausgleichen und überfordern sich. Manchmal beeinträchtigt das
Wissen um die Leidensgeschichte eines Mädchens/Jungen die eigene Lebensfreude und
beeinflusst die privaten Beziehungen zu Lebenspartner und Kindern.
Meist führt der enge Kontakt zu betroffenen Kindern und Jugendlichen dazu, dass Pädagoginnen und Pädagogen die Gefühle des Mädchens/Jungen zeitweise „übernehmen“: Sie
spüren dessen Trauer, Wut, Ekel, Verzweiflung und Angst, als ob es ihre eigenen Gefühle
wären. Die fachliche Unterstützung durch eine Beratungsstelle wird es ihnen erleichtern,
wieder zwischen den vom Kind übernommenen und eigenen Gefühlen unterscheiden zu
können.
In einem nächsten Schritt beschreiben die Erzieherinnen im Gespräch mit der Beratungsstelle
nochmals die von ihnen beobachteten Verhaltensänderungen des Jungen seit Beginn des
Kindergartenbesuches. Sie fühlen sich z.B. häufig überfordert, denn Tom zeigt manchmal ein
extrem grenzverletzendes Verhalten.
22
Die eigenen persönlichen und professionellen Grenzen wahrnehmen!
Oftmals geraten Pädagoginnen, Therapeuten und Sozialarbeiterinnen bei der Konfrontation
mit sexueller Ausbeutung von Mädchen und Jungen an ihre professionellen und persönlichen
Grenzen und sie beginnen an ihrer Kompetenz zu zweifeln. Kindliche und jugendliche Opfer
bringen im Kontakt zu Dritten ihr im Kontext des Missbrauchs erlerntes Verhalten ein. Dieses
Verhalten kann bei möglichen Bezugspersonen Abneigung und Vorurteile hervorrufen. Ein
Mädchen/Junge, das/der über einen langen Zeitraum gelernt hat, sich mit kleinen Notlügen zu
schützen, wird nicht von heute auf morgen vertrauensvoll auf Dritte zugehen können. Einige
Helferinnen und Helfer werten das misstrauische Verhalten betroffener Kinder und Jugendlicher als einen persönlichen Angriff und fühlen sich verletzt, wenn sie ihnen trotz ihres
Engagements nicht trauen.
Sexuell missbrauchte Kinder und Jugendliche haben zumeist gelernt, dass sie durch die
Sexualisierung von Beziehungen Zuwendung erhalten. Sie zeigen daher oftmals sexualisiertes
und grenzverletzendes Verhalten und meiden keineswegs immer Körperkontakt und Sexualität.
Den Erzieherinnen fallen plötzlich Aussagen des Kindes wieder ein, die sie seinerzeit nicht
besonders beachtet und wieder vergessen hatten: Tom gibt bereits seit mehreren Monaten
deutliche Hinweise auf einen Missbrauch durch Robert. Sie wollen dem Jungen nun Zeit
lassen, nicht mit bohrenden Fragen in ihn eindringen und ihm keine Vermutungen in den
Mund legen. Bei überstürzten oder bedrängenden Reaktionen würde Tom vermutlich wieder
verstummen und ihm könnte nicht geholfen werden. Zur Stärkung des Kindes planen sie
unter fachlicher Begleitung der Beratungsstelle, sehr sensible Präventionseinheiten in der
gesamten Gruppe zu den Themenschwerpunkten „Trau deinem Gefühl!“ , „Kein Küsschen
auf Kommando!“ und „Schöne und blöde Geheimnisse!“ durchzuführen. Keinesfalls wollen
sie Tom direkt ansprechen, sondern lediglich sehr aufmerksam sein, ob er von sich aus
nochmals einen Hinweis auf eine sexuelle Ausbeutung gibt.
Erleichtert nehmen die Erzieherinnen zur Kenntnis, dass niemand im Falle eines sexuellen
Missbrauchs zur Anzeige verpflichtet ist - auch das Jugendamt nicht.
23
Sexueller Missbrauch in der Familie
Täter (Täterinnen) missbrauchen die kindliche Vertrauensseligkeit der Opfer. Betroffene
Kinder und Jugendliche brauchen deshalb meist viel Zeit, um wieder Vertrauen zu finden und
offen über die Gewalterfahrungen sprechen zu können. Nicht immer vertrauen sich betroffene Mädchen und Jungen den Personen an, die ihnen am nächsten stehen. Sie spüren, wie sehr
diese Menschen sich durch die Information belastet fühlen würden und welche Personen
die Bereitschaft haben, ihnen zuzuhören, und welche nicht. Meist wählen sie eine Vertrauensperson außerhalb der Familie, der sie sich Schritt für Schritt anvertrauen. Entscheidend ist,
dass diese Menschen auf die Hinweise des Kindes ruhig und sachlich reagieren. Bohrende
Fragen, Äußerungen des Entsetzens, des Bedauerns und bewertende Kommentare, auch über
vermutete Missbraucher/Missbraucherinnen, lassen Kinder häufig erneut verstummen.
Jedes Kind hat eigene Überlebensstrategien. Unabhängig davon, ob es sich tatsächlich um
einen Missbrauch oder andere Belastungen handelt, ist es wichtig, das Mädchen/den Jungen
mit allen seinen Fähigkeiten, Bedürfnissen sowie seiner individuellen Entwicklung zu sehen
und das Selbsthilfepotenzial des Kindes zu stärken.
Die Mutter stärken!
Im Gespräch mit der Beratungsstelle wird den Erzieherinnen auch bewusst, wie sehr sich ihre
Beziehung zur Mutter im Laufe der Zeit verschlechtert hat und in welch positivem Licht Toms
Stiefvater gestanden hat. Obwohl sich die Mutter im Kontakt mit den Pädagoginnen oftmals
sehr abweisend verhält, nehmen sie sich vor, in Zukunft wieder auf die Mutter zuzugehen.
Dem Kind glauben!
Häufig können die Vertrauenspersonen von sexuell missbrauchten Mädchen und Jungen die
Realität nicht glauben. Durch intensives Nachfragen wollen sie die „Wahrheit“ herausfinden.
Betroffene Kinder und Jugendliche spüren den Unglauben und ziehen sich dann fast immer
zurück. Im Kontakt mit sexuell missbrauchten Mädchen und Jungen ist es deshalb wichtig,
ihnen grundsätzlich zu glauben und ihre Aussagen nicht in Frage zu stellen. In den meisten
Fällen verharmlosen die Opfer die sexuelle Gewalt, berichten nur über die „Spitze des
Eisbergs“. Oft sprechen sie z.B. nur über einen einzigen Vorfall – selbst dann, wenn sie schon
jahrelang sexuell ausgebeutet wurden.
Dem Mädchen/Jungen glauben, heißt jedoch nicht, jede Silbe eines Kindes als objektive
Wahrheit zu bewerten, sondern von der Wahrhaftigkeit der Aussage des Opfers auszugehen,
auch wenn die einzelnen Mosaiksteinchen der Erinnerungen nicht zueinander zu passen
scheinen. In vielen Fällen verdrängen die Opfer sexueller Gewalt wesentliche Details, oder
aber die Täter (Täterinnen) haben die kindliche Wahrnehmung derart verwirrt, dass die
Aussagen der Mädchen und Jungen auf den ersten Blick als widersprüchlich erscheinen. Auch
spalten viele Kinder und Jugendliche die nicht zu ertragende Realität vom eigenen Erleben
ab und erzählen deshalb die eigenen Erlebnisse zunächst so, als würden sie über eine andere
Person berichten. Dennoch macht ihnen der „Verrat“ Angst und Schuldgefühle.
24
Bei innerfamilialem Missbrauch durch den (Stief-)Vater können sich die Mütter nur auf die
Seite des Opfers stellen, wenn Dritte sich ganz eindeutig auf ihre Seite stellen. Nicht die
Mutter, sondern der Täter muss die Tat verantworten. So sollte die Mutter auch nicht ohne
weiteres mit der Vermutung eines Missbrauchs konfrontiert werden, sondern Ziel der Arbeit
muss es sein, sie für eine Zusammenarbeit und Parteinahme für das Kind zu gewinnen.
Deshalb sollte die Mutter – wenn eben möglich – auf die Offenlegung des Missbrauchs vorbereitet werden. Im Rahmen einer Fallkonferenz aller professionellen Kontaktpersonen der
Familie gilt es, folgende Fragen zu beantworten: Wer kennt die Mutter? Welche Stärken hat
die Mutter? Zu wem hat die Mutter das größte Vertrauen oder zu wem könnte sie Vertrauen
finden? Hat der Täter sie abgewertet? Welche Stärken hat das Kind von der Mutter vermittelt
bekommen? Wer könnte bei der Mutter ganz vorsichtig das Thema „Sexuelle Gewalt“ ansprechen, ohne den konkreten Verdacht zu thematisieren? Falls der Verdacht sich erhärtet:
Wer informiert die Mutter – das Jugendamt oder die Beratungsstelle?
25
Sexueller Missbrauch in der Familie
Opferschutz steht vor Datenschutz!
Viele Pädagoginnen und Pädagogen sind unsicher, ob sie bei der Vermutung eines sexuellen
Missbrauchs die Unterstützung einer Beratungsstelle einholen und mit dem Jugendamt kooperieren dürfen, ohne den Datenschutz der Betroffenen zu verletzen. Doch der Opferschutz
steht immer vor Datenschutz! Das heißt: Wenn das Kindeswohl gefährdet ist, dürfen nicht
nur, sondern müssen Pädagoginnen und Pädagogen mit anderen Fachdiensten kooperieren,
soweit dies fachlich geboten ist. Wichtig ist, das Jugendamt früh einzuschalten. Man kann
auch anonym Kontakt aufnehmen. Wenn man beim Jugendamt anruft und lediglich
die Straße der Wohnung des Kindes nennt, erfährt man, welcher Sozialarbeiter/welche
Sozialarbeiterin zuständig ist.
Für Notfälle hat jedes Jugendamt einen Tagesdienst (Bereitschaftsdienst) und Möglichkeiten
der Notunterbringung von Kindern. Die Telefonnummer erfährt man über die Zentrale der
Stadt- oder Kreisverwaltung.
In jedem Fall empfiehlt es sich, innerhalb der Einrichtung einen Elternabend zum Thema
„Wie kann ich mein Kind vor sexuellem Missbrauch schützen“ anzubieten. In der Praxis zeigt
sich immer wieder, dass einigen Müttern und auch Vätern, die in den meisten Fällen nicht die
Täter sind, im Rahmen eines Elternabends plötzlich die verdeckten Hinweise ihres Kindes auf
einen Missbrauch bewusst werden. „Meine Tochter will nie mehr zu dem Opa, der sei immer
so komisch!“ Oder: „Mein Mann sagt immer, ich sei ja nur eifersüchtig und zu prüde. Heute
müsse man die Kinder von klein auf offen aufklären!“ Nicht selten melden sich betroffene
Mütter und Väter nach einem Elternabend bei der Referentin/dem Referenten. Die Tatsache,
dass sie eine Ansprechpartnerin/einen Ansprechpartner kennen lernen, die/der die Belastungen betroffener Mütter und Väter benennt, macht es ihnen möglich, den Tatsachen ins Auge
zu sehen und die Wirklichkeit nicht weiter zu verdrängen. Doch selbst wenn betroffene Eltern
an so einem Elternabend noch ahnungslos sind, haben sie doch erfahren, dass es Hilfen für
Mütter, Väter, Mädchen und Jungen gibt, so dass sie nach einer evtl. späteren Offenlegung
wissen, an wen sie sich wenden können.
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Nachdem zunächst das Jugendamt vom Kindergarten über die Vermutung der sexuellen
Ausbeutung des Jungen und die in Kooperation mit der Beratungsstelle geplanten nächsten
Schritte informiert wurde, lädt die Kindertagesstätte einige Wochen später zu einem Elternabend ein. Dieser wird von einer Mitarbeiterin der Beratungsstelle durchgeführt. Auch
Manuela nimmt an diesem Abend teil. Die Erzieherinnen haben sie persönlich eingeladen.
Im Laufe der sehr interessanten Diskussion erläutert ein Vater am Beispiel des gemeinsamen
Badens mit seiner Tochter, wie und wann für ihn dieses in Ordnung ist und ab welchem
Punkt für ihn ein sexueller Missbrauch beginnen würde. Manuela fällt plötzlich die von ihr
beobachtete Badewannenszene zwischen Robert und Tom wieder ein. Dieser Mann vertritt
eine ganz andere Position als Robert. Hatte sie die Situation damals etwa doch richtig
eingeschätzt? Auch erkennt die Mutter in den Beschreibungen der Referentin ihre Konflikte in
der Beziehung zu Tom wieder. Liegen Toms Aggressionen ihr gegenüber vielleicht gar nicht
in ihrem Verhalten begründet?
Der Elternabend hat Manuela wachgerüttelt. Ihr werden immer mehr Merkwürdigkeiten
bewusst: Warum macht Robert Tom trotz ihres Protestes immer so unangemessen große
Geschenke? Warum hat sie sich mit ihrem Sohn viel besser verstanden, als dessen Stiefvater
im letzten Jahr für einige Wochen beruflich im Ausland tätig war? Muss sie sich auch Sorgen
um ihre Tochter machen? Warum verweigert Roberts erste Frau den Besuchskontakt des
gemeinsamen Sohnes mit dem Vater? Manuela entschließt sich spontan, sie anzurufen. Als
diese erfährt, dass Manuela ohne Wissen ihres Mannes bei ihr anruft, ist sie sofort bereit,
sich zu einem Kaffee zu verabreden.
Ein paar Tage später treffen sich die beiden Frauen in einem Café. Nach einer Weile
deutet Manuela vorsichtig an, dass sie sich Sorgen macht, da sie sich nicht sicher ist, ob
Robert immer die richtige Umgangsweise mit Tom findet. Sie solle ihr Misstrauen sehr ernst
nehmen, erklärt daraufhin Roberts geschiedene Frau. Sie selbst habe im Sorgerechtsverfahren
ein gerichtliches Umgangsverbot zwischen Robert und ihrem Sohn erwirkt, denn der Junge
habe sehr massive Ängste vor seinem Vater gehabt und sexuelle Übergriffe durch diesen
angedeutet. Erst nachdem er den Vater mehrere Monate nicht mehr gesehen habe, sei es
eines Abends aus dem Jungen „herausgeplatzt“. Er habe ihr bis ins Detail erzählt, wie Robert
ihn missbraucht habe.
Für Manuela bricht eine Welt zusammen. Heute Abend will sie erst einmal unter einem
Vorwand mit beiden Kindern bei ihren Eltern übernachten und sich morgen Hilfe holen. Die
wird sie brauchen, denn sie will ihren Sohn und auch ihre Tochter schützen.
27
Sexueller Missbrauch in der Familie
Das Opfer schützen!
Hinterlässt sexueller Missbrauch körperliche Spuren?
Wird der Täter (die Täterin) mit dem Missbrauch konfrontiert, so kann der Schutz des
Mädchens/Jungen nur durch eine räumliche Trennung gewährleistet werden. In jedem Fall
sollten die rechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, damit bei innerfamilialem sexuellen
Missbrauch der Täter (die Täterin) die gemeinsame Wohnung verlässt, denn das Kind und
die Geschwister haben das Recht, in der vertrauten Umgebung zu bleiben. Wenn jedoch das
Opfer oder die Geschwister räumlichen Abstand zum Tatort brauchen, sollte für sie eine
andere Wohnung gesucht werden. Niemals darf ein Opfer nach der Konfrontation des Täters
(der Täterin) in dessen Reichweite bleiben, denn fast immer versucht dieser (diese) mit
erneuter (psychischer) Gewalt, das Kind wieder zum Schweigen zu bringen.
Vor allem bei innerfamilialem Missbrauch durch den (Stief-)Vater brauchen Mutter und
Tochter/Sohn jeweils eine eigene Beraterin, denn ihre Interessen sind keinesfalls immer die
gleichen. In den meisten Fällen richtet sich die Wut des Opfers zudem zunächst gegen die
Mutter – nicht gegen den Täter, denn dieser hat mit großer Raffinesse die Mutter abgewertet
und das Kind „auf seine Seite gezogen“. Die Beraterin der Mutter muss diese stützen, damit
sie einerseits das Verhalten des Kindes verstehen kann, aber andererseits nicht die eigenen
Interessen vergisst und auch der Tochter/dem Sohn klare Grenzen setzen kann. Ebenso
brauchen Väter bei sexueller Ausbeutung des Kindes durch die Mutter oder eine andere
Person eine intensive Unterstützung.
Sexuelle Ausbeutung von Kindern hinterlässt nur selten körperliche Spuren (z.B. Risse,
Brandwunden und Hämatome im Genitalbereich). In einigen Fällen ist eine Veränderung des
Hymens feststellbar. Doch selbst wenn ein Mädchen vaginal vergewaltigt wurde, ist dieses
Verbrechen medizinisch nicht immer nachweisbar, denn das Hymen kleiner Mädchen ist
oft noch so elastisch, dass es sich dehnt und wieder zusammenzieht. Auch lassen die evtl.
feststellbaren Veränderungen des Hymens oftmals keine zweifelsfreien Rückschlüsse auf
sexuelle Ausbeutung zu: Sie können in einigen Fällen auch Folge von Verletzungen im
Rahmen kindlicher Doktorspiele sein. Eine medizinische Untersuchung sollte möglichst schnell
erfolgen, denn körperliche Verletzungen heilen bei Kindern sehr schnell und können später
nicht mehr eindeutig diagnostiziert werden.
Der Untersuchung kommt vor allem die Bedeutung einer Stabilisierung des Opfers zu. Im
Rahmen einer mit großer Sensibilität durchgeführten Ganzkörperuntersuchung durch eine
Ärztin/einen Arzt kann dem Mädchen/Jungen bestätigt werden, dass es/er „in Ordnung“
ist und keine bleibenden Verletzungen hat.
Die Kriminalpolizei kennt meist Namen und Anschriften von Kindergynäkologinnen, die
in der Untersuchung von kindlichen Opfern sexueller Gewalt erfahren sind.
Die eigenen Schritte planen – überlegt handeln.
Ein Leitfaden für Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und in Schulen zum Umgang
mit der Vermutung des sexuellen Missbrauchs an Mädchen und Jungen.
Zu beziehen über Zartbitter Köln, Sachsenring 2-4, 50677 Köln, gegen einen
mit EUR 1,53 frankierten DIN-A4-Rückumschlag.
28
TIPP
29
4. Wenn Mütter von der sexuellen Ausbeutung ihres Kindes
durch den Partner erfahren
In den meisten Fällen wissen Mütter nichts von der sexuellen Ausbeutung des Kindes durch
den eigenen Lebenspartner. Die Nachricht trifft sie meist plötzlich und unerwartet. Mütter
reagieren oft geschockt: Sie fühlen sich wie betäubt, können den Missbrauch nicht glauben
und zunächst weder denken noch handeln. Der Täter hat nicht nur das Vertrauen des Kindes,
sondern auch ihr Vertrauen missbraucht. Für viele bricht „eine Welt zusammen“. Für einige
Mütter ist die Situation etwas leichter: Sie haben sich bereits zuvor aus anderen Gründen
innerlich vom Partner gelöst.
In einer zweiten Phase versuchen Frauen meist, sich über den Verstand zu wehren, und
zweifeln die Realität an. Alles erscheint ihnen wie ein böser Traum, sie stellen die Aussagen
des Kindes in Frage, suchen nach Beweisen, warum das alles nicht wahr sein kann, und sind
oftmals auf alles und jeden wütend (Kind, Täter, sich selbst, die Informanten). Doch je mehr
Details über den Missbrauch bekannt werden, desto mehr sehen sie das Verhalten des Täters
in einem anderen Zusammenhang. Betroffene Mütter werden meist von Gefühlen überflutet:
Sie machen sich Vorwürfe, fühlen sich durch den Täter verletzt und betrogen und leiden darunter, dass das Kind sich ihnen nicht anvertraut hat.
Dazu aus einer anderen Fallgeschichte:
„Denn ich hatte versagt, auf der ganzen Linie versagt. Das Gefühl, sie hat kein Vertrauen zu mir,
war für mich das Schlimmste überhaupt“ (Brigitte, 35 J.).
Viele Mütter schämen sich dafür, dass sie eifersüchtig auf die scheinbar liebevolle Beziehung
vom Partner zum Kind waren, und fühlen sich beschmutzt, dass sie mit einem Missbraucher
eine sexuelle Beziehung hatten.
„Vor dem Täter ekelte ich mich, konnte mich selbst auch eine ganze Zeit lang nicht mehr im
Spiegel betrachten oder nackt sehen. Wie bei einem Thermometer stiegen die Gefühle in mir
hoch: ‚Du hast neben dem gelegen und mit dem geschlafen – da ist schon alles gelaufen.’ Dieser
Gedanke berührte mich wahnsinnig. Ich fühlte mich, als ob mir alle Haare hochstehen, wie
bei einem Igel. Ich fühlte mich nicht nur schlecht, mir wurde schlecht. Damals machte ich einen
richtigen Badebetrieb auf und habe ewig gebadet, immer das Gefühl: schrubben und nochmals
schrubben. All den Ekel und all die Kränkung einfach wegspülen, sozusagen eine Komplettreinigung“ (Brigitte, 35 J.).
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Mütter werden nicht nur mit Gefühlen des Schmerzes, der Trauer, der Wut, der Ohnmacht,
der Verzweiflung, der Schuld, des Versagens, der Einsamkeit und des Verlustes konfrontiert,
sie sind auch stark verunsichert. Sie leiden unter der tiefen Enttäuschung, zweifeln an ihrer
eigenen Wahrnehmungsfähigkeit und können nicht verstehen, warum sie sich in dem Partner
getäuscht haben und ihm oftmals immer noch auch positive Gefühle entgegenbringen. Viele
Frauen sind hin- und hergerissen zwischen Hass- und Ekelgefühlen, Mitleid mit dem Partner
und Angst vor dem Zusammenbruch der Familie.
Auch Frauen, die selbst keinen sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit erfahren haben,
können meist nachempfinden, wie die Tochter/der Sohn sich fühlt. Viele können sich z.B. an
unangenehme sexuelle Kontakte bzw. Demütigungen in dieser oder einer früheren Partnerschaft erinnern. Doch auch unabhängig davon, ob sie selbst Opfer von Gewalt waren
oder nicht, bedeutet die sexuelle Ausbeutung des Kindes durch den Partner für Mütter in
der Regel eine tiefe existenzielle Krise. Viele Frauen sind in den ersten Monaten nach der
Aufdeckung des Verbrechens selbstmordgefährdet. Allein die Sorge um das Kind lenkt von
dem eigenen Schmerz ab und lässt sie funktionieren.
Doch gerade in dieser extremen Belastungssituation erwarten Verwandte, Bekannte und
professionelle Helferinnen/Helfer von Müttern schnelle und weit reichende Entscheidungen:
Mütter sollen das Mädchen/den Jungen schützen, die Familie erhalten, sich vom Partner
trennen, dem Kind bei der Bewältigung helfen, ihr Leben in die Hand nehmen, rechtliche
Auseinandersetzungen führen, sie sollen …, sie sollen …! Einige Mütter stecken in dieser
Situation den Kopf in den Sand und leugnen die Realität oder bagatellisieren aus ihrer Überforderung heraus den „Vorfall“. Andere stehen zu ihren Töchtern und Söhnen und schützen
ihr Kind. Nicht selten sehen diese sich plötzlich mit heftigen Gegenreaktionen konfrontiert:
Bedrohungen, finanzielle Erpressungen, Beschimpfungen und ein erbitterter Kampf um
Sorgerecht und Besuchskontakte.
Weder der Frau noch dem Kind hilft es, wenn sie in einer Zeit des emotionalen Aufruhrs
zu Entscheidungen gedrängt wird, zu denen sie später eventuell nicht mehr stehen kann.
Mütter brauchen in dieser Krisensituation Beraterinnen, die ihnen mit viel Geduld und
Verständnis begegnen, sie nicht überfordern, ihnen zunächst „handfest“ bei der konkreten
Alltagsbewältigung zur Seite stehen. Eine therapeutische Aufarbeitung der emotionalen
Konflikte können Mütter in dieser Situation ebenso wenig leisten wie eine intensive
Auseinandersetzung mit eigenen Gewalterfahrungen in der Kindheit oder als erwachsene
Frau. Im Vordergrund steht zunächst einmal die Unterbringung von Mutter und Kind, die
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5. Die Narben der Gewalt
Folgen sexuellen Missbrauchs
Sicherung des Lebensunterhalts, ein Erholungsurlaub, der Aufbau einer aktiven Freizeitgestaltung und die Pflege der Kontakte zu Verwandten und Freunden, die sich auf die Seite
von Mutter und Opfer stellen. Auch braucht die Frau Rückendeckung, um sich vor Vorwürfen
von Dritten zu schützen und sich innerlich von diesen distanzieren zu können – besonders
dann, wenn die Anschuldigungen von sehr nahen und geliebten Menschen erhoben werden.
Viele Mütter nehmen – nachdem sie den ersten Schock überwunden haben – ihr neues Leben
beherzt in die Hand. Mit Unterstützung von Menschen, die zuhören, mitfühlen, sie entlasten
und ihnen immer wieder Mut machen, gewinnen Frauen oft mehr Autonomie und Selbstvertrauen, als sie jemals zuvor hatten.
Sexuellen Missbrauch und das Miterleben der sexuellen Ausbeutung anderer Mädchen,
Jungen oder Erwachsener erleben die meisten Opfer als ein extremes, überflutendes Ereignis,
dem sie nicht ausweichen können. Es ist mit Gefühlen der Angst, Erregung, Hilflosigkeit und
eventuell auch mit starken körperlichen Schmerzen verbunden. Durch die Reizüberflutung
erleben viele Opfer einen Zusammenbruch jeder Abwehrmöglichkeit. Vor allem sehr jungen
Opfern sexueller Ausbeutung ist es kaum möglich, das Geschehen zu begreifen. Ihnen fehlt
z.B. die Sprache, um die Gewalterfahrungen zu benennen.
Menschen können sich nicht an alles, was sie erlebt haben, bewusst erinnern. Beispielsweise
wissen viele Menschen, dass sie einen Unfall hatten. Sie haben jedoch einen „Filmriss“ und
wichtige Details des Unfallgeschehens verdrängt. Einige erinnern sich noch nicht einmal
mehr daran, dass dieses für sie sehr dramatische und folgenträchtige Ereignis überhaupt
stattgefunden hat. Sexueller Missbrauch wird von Mädchen und Jungen wie ein – sich ständig
wiederholender – Unfall erlebt. Einem Kind fällt z.B. nur noch ein, dass es mehrfach mit
dem Täter/der Täterin gespielt hat. Doch was sonst passiert ist, hat das Kind vergessen. Nicht
wenige Opfer sind dementsprechend „felsenfest davon überzeugt“, ein Missbrauch habe
nie stattgefunden, oder sie glauben, sie hätten das alles nicht selbst erlebt, sondern nur im
Film gesehen oder geträumt. Fast die Hälfte der Opfer kann sich gar nicht mehr oder nur noch
bruchstückhaft an einzelne – nebensächliche – Details der sexuellen Ausbeutung erinnern.
Auch wenn sich viele Opfer an die sexuelle Ausbeutung nicht bewusst erinnern können, ist
das Erlebnis nicht endgültig gelöscht. Dies führt oftmals dazu, dass Situationen, die in irgendeiner Weise an den sexuellen Missbrauch erinnern, so erlebt werden, als seien sie eine Wiederholung des Missbrauchs. Opfer fühlen sich manchmal selbst in schützender Umgebung in
Gefahr, denn überall können sie auf etwas stoßen, was an das Trauma erinnert. Viele Mädchen
und Jungen können sich z.B. nicht erklären, warum ihnen bei einem bestimmten Geräusch
immer schlecht wird oder sie vor Männern mit einer bestimmten Haarfarbe Angst bekommen. Oft tauchen die bewussten Erinnerungen an einzelne Szenen der Gewalterfahrung oder
die in der Situation erlebten Gefühle erst Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte später wieder
auf. Manchmal bleibt die Erinnerung für immer verschüttet.
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Folgen sexuellen Missbrauchs
Viele Opfer sexuellen Missbrauchs leiden unter den Folgen der sexuellen Gewalterfahrungen.
Erinnerungen daran und die seinerzeit verdrängten Gefühle überfluten das Opfer unkontrollierbar in Form von „Erinnerungsblitzen/-filmen“ und Albträumen. Das Geschehen läuft
nochmals, immer und immer wieder wie ein Film vor ihrem inneren Auge ab. Oftmals erleben
betroffene Kinder erneut die alte Angst. „Es“ verschlägt ihnen die Sprache. Sie sehen nicht
nur die Bilder der Gewalterfahrung vor Augen, sie hören, was sie damals hörten, riechen,
was sie damals rochen, schmecken, was sie damals schmeckten. Der Körper fühlt sich an, als
ob er den Missbrauch nochmals erlebt. Viele Kinder ekeln sich, krümmen sich vor Schmerzen,
können sich nicht mehr bewegen ...
Sexuell ausgebeutete Mädchen und Jungen leiden meist unter starken Stimmungsschwankungen. Sie werden häufig in ganz alltäglichen Situationen, von einem Moment auf
den anderen, von Gefühlen „überflutet“. Plötzlich sind sie ohne ersichtlichen Anlass ängstlich,
traurig, wütend oder sie schämen sich. Wenn sie von Erinnerungen überschwemmt werden,
verhalten sich viele betroffene Mädchen und Jungen nicht ihrem Alter entsprechend: Von
einem Augenblick zum anderen sprechen sie z. B. plötzlich in Babysprache, wirken wie ein
Kleinkind, dann wieder wie ein ganz normales Grundschulkind oder sogar für ihr Alter zu
erwachsen. Betroffene Mädchen und Jungen verstehen sich selbst nicht mehr, wissen nicht,
weshalb sie plötzlich – manchmal erst Monate oder Jahre später – so reagieren, so handeln
oder fühlen, als kehre das Ereignis wieder. Es kann z.B. eine extreme seelische Qual bedeuten, wenn Kinder zufällig mit Ereignissen oder Gegenständen konfrontiert werden, die
sie an die traumatischen Erlebnisse erinnern (z.B. ein Name, eine Farbe, ein Gegenstand, das
Aussehen einer Person, ein Datum). Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen. Betroffene
können nicht mehr zwischen gestern, heute und morgen unterscheiden.
Etwa 40 % der sexuell missbrauchten Kinder zeigen zunächst in ihrem Verhalten keine Auf
fälligkeiten. Andere Mädchen und Jungen bringen über Verhaltensänderungen ihre Gewalterfahrungen zum Ausdruck. Kinder im Vorschulalter spielen oftmals die erlebte sexuelle
Gewalt nach. Einige Mädchen und Jungen vermeiden Aktivitäten oder Situationen, die
Erinnerungen an die sexuellen Gewalterfahrungen hervorrufen – sie geben z.B. ohne erkennbaren Grund ihr Hobby auf oder scheuen den Kontakt mit Personen, die dem Täter (der
Täterin) ähnlich sehen. Viele betroffene Kinder und Jugendliche verhalten sich in alltäglichen
Situationen plötzlich wie unbeteiligt oder als ob sie gar nicht anwesend seien. Oftmals leiden
sie unter Schlafproblemen, Konzentrationsstörungen, Übererregung, chronischer
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Erschöpfung, extremer Müdigkeit, übertriebener Wachsamkeit, Schreckreaktionen, Reizbarkeit, Weinkrämpfen und Wutausbrüchen, deren Heftigkeit nicht im Verhältnis zu der
vermeintlichen Geringfügigkeit der Anlässe steht.
Viele Mädchen und Jungen, die sexuell ausgebeutet wurden, reinszenieren Situationen,
in denen sie gefährdet sind, sexuell missbraucht zu werden. Sie zeigen z.B. gegenüber Dritten
das im Kontakt mit dem Täter (der Täterin) gelernte sexualisierte Verhalten.
Aus einer weiteren Fallgeschichte:
„Anne geht es heute wieder recht gut ... Manchmal zeigt sie allerdings noch ein recht auffälliges Sexualverhalten gegenüber Männern mit schwarzen Haaren. Der Täter war auch ein dunkler Typ. Meine Tochter geht auf fremde dunkelhaarige Männer zu und verhält sich recht kokett.
Sie springt denen sofort auf den Schoß, schmeichelt sich so an, was sonst überhaupt nicht ihre
Art ist. ... Anscheinend lebt sie in diesem Moment etwas aus, denn sie ist dann wie weggetreten
und nicht ansprechbar, reagiert kaum. Erst wenn ich sehr massiv auf sie einrede, habe ich in
diesen Situationen den Eindruck, zu ihr durchzukommen, sie zu erreichen. ... Für mich sind
solche Situationen sehr schwierig. Auf der einen Seite möchte ich, dass sie unbeschwert auf
Männer zugeht, und dann zeigt sie ein solches Verhalten, und ich muss sie von Männern wegholen“ (Christiane, 31 J.).
Heilung ist möglich. Nicht alle Kinder, die sexuell missbraucht wurden, leiden unter lebenslangen Folgen. Wird einem Kind geglaubt, wird es geschützt und bekommt das Mädchen/der
Junge Hilfe bei der Bewältigung der Gewalterfahrungen, so besteht eine große Chance, dass
sie/er die Gewalterfahrung verarbeitet. Kinder, die vor dem traumatischen Erlebnis psychisch
stabil waren, sind eher in der Lage, die schädigenden Auswirkungen der Gewalterfahrungen
zu bewältigen. Es verbessert die Heilungschancen auch, wenn nicht nur Mütter, sondern
ebenso Väter den Aufarbeitungsprozess der kindlichen Gewalterfahrungen aktiv unterstützen
(z.B. am therapeutischen Prozess beteiligt sind). Auf keinen Fall darf die Fürsorge für das
sexuell ausgebeutete Kind aufgrund einer geschlechtsspezifischen Rollenverteilung zur
„reinen Frauensache“ erklärt werden.
Alle beschriebenen Auffälligkeiten können ein Hinweis auf sexuellen Missbrauch sein, sie
können jedoch auch andere Ursachen haben. Ängste, aggressives Verhalten, Sprachstörungen
und andere Auffälligkeiten können ebenso auf andere seelische Verletzungen und Belastungen eines Mädchens/Jungen hinweisen – z.B. auf Konflikte in der Familie, im Kindergarten, in
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Folgen sexuellen Missbrauchs
der Schule, im Freundeskreis. Verhaltensauffälligkeiten sind immer ein Hilferuf eines Kindes!
Im Einzelfall gilt es, mit fachlicher Unterstützung von außen vorsichtig abzuklären, ob ein
Kind sexuell missbraucht wird oder unter anderen Belastungen leidet.
Die Situation der Geschwister bei sexueller Gewalt innerhalb der Familie
Sexuelle Gewalt durch Familienangehörige hat immer mehrere Opfer, denn auch die Geschwister werden in Mitleidenschaft gezogen. Ganz gleich, ob sie um die sexuelle Ausbeutung
wissen oder diese ihnen verborgen bleibt – auch sie sind Betroffene.
Das „gemeinsame Geheimnis“ von Opfer und Täter (Täterin) belastet die Beziehung
zwischen den Geschwistern: Die Schwestern und Brüder erleben, wie sich das Verhalten des
Opfers „aus unerklärlichen Gründen“ ändert, sie spüren die Sexualisierung der Beziehungen
innerhalb der Familie und ahnen, dass etwas vor ihnen geheim gehalten wird. Oft reagieren
sie z.B. mit Eifersucht, wenn das betroffene Mädchen/der Junge zum „Lieblingskind“ ernannt
und mit Geschenken und Aufmerksamkeit überhäuft wird. Verunsicherung und Aggressionen
belasten in erheblichem Maße das Vertrauensverhältnis unter den Geschwistern.
Viele Geschwisterkinder fühlen sich in besonderem Maße schuldig, weil sie die Schwester
oder den Bruder nicht beschützen können und selber von der sexuellen Ausbeutung „verschont“ bleiben. Andere distanzieren sich aus Angst vor dem Täter (der Täterin) vom Opfer
und identifizieren sich mit dem Aggressor, übernehmen dessen Sichtweise und schreiben der
Schwester/dem Bruder die Schuld für das Verbrechen zu.
Bisher wird in der Fachliteratur wie auch in der Praxis die Situation der Geschwister fast
gänzlich vergessen. Kaum Beachtung fand bisher zudem die Tatsache, dass das Miterleben
von sexueller Gewalt in der Familie für Schwestern und Brüder gleichermaßen eine Traumatisierung sein kann wie für das Opfer selbst. Häufig spüren Frauen und Männer bei der Konfrontation mit der Problematik der sexuellen Ausbeutung von Kindern eine starke Betroffenheit, können sich jedoch an nichts „Konkretes“ erinnern. Nicht selten fällt ihnen nach einer
intensiven Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen wieder ein, dass sie als Kind Zeugin
(Zeuge) der Vergewaltigung der Schwester oder der Mutter wurden oder nachts mit im
Ehebett schlafen mussten, um die Mutter vor der sexuellen Gewalt des Vaters zu schützen –
sie erlebten eine Atmosphäre sexueller Gewalt.
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Geschlechtsspezifische Hilfen für betroffene Mädchen und Jungen
Mädchen und Jungen brauchen jeweils geschlechtsspezifische Hilfen. Doch sollte keinesfalls
dogmatisch darauf bestanden werden, dass nur Therapeutinnen mit weiblichen Opfern arbeiten. Viele Mädchen vertrauen sich zunächst Männern an. Nur Männer scheinen ihnen stark
genug, um die sexuelle Gewalt zu stoppen. Auch bevorzugen einige Mädchen den Kontakt
zu männlichen Beratern, wenn sie von einer Frau missbraucht wurden. Die Vorstellung, mit
einer Frau allein im Raum zu sein, kann für sie extrem bedrohlich sein.
So wichtig es für betroffene Mädchen ist, dass ihre männlichen Bezugspersonen (z.B. Sozialarbeiter, Therapeuten, Lehrer) für sie Partei ergreifen und die Handlungen des Missbrauchers (der Missbraucherin) verurteilen, ebenso wichtig ist es auch, dass sie im Kontakt
mit Therapeutinnen/Beraterinnen einen Raum für die Entwicklung eines neuen Selbstbildes
als Frau bekommen. Sie brauchen Beraterinnen, die ihnen vorleben und vermitteln, dass auch
Frauen stark sind, selbstbestimmt ihre eigenen Interessen vertreten und sie schützen können.
Von sexueller Gewalt betroffene Jungen brauchen Männer, die ihnen beim Aufbau eines
neuen Selbstbildes helfen, die ihnen vorleben, dass auch Männer Gefühle zeigen, schwach sein
und Hilfe annehmen dürfen. Da auch Jungen meistens von männlichen Tätern missbraucht
werden, fühlen sich viele Jungen – vor allem im Vor- und Grundschulalter – sicherer, wenn
ihnen zunächst ein Beratungsangebot von einer Frau gemacht wird. Männlichen Opfern sollte
deshalb die Wahlmöglichkeit zwischen einem Therapeuten und einer Therapeutin angeboten
werden.
Bei pädagogischen Fachkräften besteht oft die Tendenz, nur auf aggressives Verhalten
betroffener Jungen zu reagieren. Sie sollten darauf achten, die stillen und eher depressiven
männlichen Opfer nicht zu übersehen. Die Arbeit mit sexuell missbrauchten Jungen setzt
die Bereitschaft voraus, neben der notwendigen Grenzsetzung gegenüber aggressiven und
sexistischen Verhaltensweisen die Einfühlung in die innere Not der Jungen nicht zu vergessen.
Heute noch werden viele Jungen, die Opfer waren, automatisch als potenzielle Täter betrachtet – nach dem Motto: Da ein Teil der Täter als Junge missbraucht wurde, müssen wir darauf
achten, dass dieser Junge nicht auch zum Täter wird. Nicht nur, dass eine solche Sichtweise
dem Mythos einer zwangsläufigen Opfer-Täter-Entwicklung Vorschub leistet, das Leid der
betroffenen Jungen wird damit ignoriert.
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6. Auch Eltern brauchen Unterstützung
Muttersprachliche Hilfen anbieten
Nicht wenige Mädchen und Jungen mit Gewalterfahrungen wachsen zweisprachig auf.
Solange sie ihre traumatischen Erlebnisse in ihrer zweiten Sprache verbalisieren, bleibt für
sie eine größere Distanz zu dem emotionalen Erleben bestehen, als wenn sie ihre Gefühle in
ihrer Muttersprache zum Ausdruck bringen. Selbst wenn Kinder und Jugendliche gut Deutsch
sprechen, erleben sie Erinnerungen an Gewalterfahrungen oftmals in der Muttersprache.
Rutschen sie in den Zustand unverarbeiteter Gefühle und Erinnerungen, so sind sie über
eine Ansprache in deutscher Sprache kaum erreichbar. Sie wirken z.B. auf Lehrerinnen und
Lehrer wie geistig abwesend und sind im Unterricht nicht ansprechbar. Damit betroffene
Mädchen und Jungen nicht erneut von Gefühlen der Angst und Ohnmacht überflutet werden,
ist es sinnvoll, in einigen Phasen der Verarbeitung die Distanz über die deutsche Sprache
zu halten. In anderen Phasen ist eine muttersprachliche Begleitung notwendig, um die Gewalterfahrungen dauerhaft bewältigen zu können. Ebenso hilfreich ist es für Mädchen und
Jungen, wenn die Präventionsarbeit in Kindergarten und Schule durch muttersprachliche
Fachkräfte unterstützt wird – sei es im Sexualkundeunterricht oder in der Elternarbeit.
Einige Broschüren und Materialien liegen in mehreren Sprachen vor.
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Die Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung der Tochter/des Sohnes durch Dritte bedeutet
sowohl für Mütter als auch Väter immer eine extreme emotionale Erschütterung. Der Täter
(die Täterin) hat nicht nur dem Kind Schaden zugefügt, sondern auch die Hoffnung der
Eltern zerstört, ihrem Kind eine rundum glückliche Kindheit zu ermöglichen.
Die Konfrontation mit dem Leid ihrer Töchter und Söhne erschüttert das Grundvertrauen
vieler Eltern. Es ist für sie unfassbar, dass dieser Mensch, den sie womöglich sympathisch
fanden und in dessen Obhut sie ihr Kind gaben, in der Lage war, ihre Tochter/ihren Sohn so
tief zu verletzen. Viele Eltern versuchen, sich die am Kind verübten Missbrauchshandlungen
vorzustellen. Diese Fantasien, das Verständnis für die Tochter/den Sohn und das Miterleben
der durch den Missbrauch bedingten Folgeproblematik des Opfers führen dazu, dass
auch Mütter und Väter die Gefühle des Kindes durchleben und „übernehmen“. Sie sind
z.B. traurig, unruhig, gereizt, wütend oder leiden unter starken Stimmungsschwankungen.
Ganz gleich, wem ein Mädchen/Junge die sexuelle Ausbeutung anvertraut hat, fast alle
Mütter und Väter berichten, dass sie „immer mal wieder“ die Realität anzweifeln, selbst wenn
der Missbrauch zweifelsfrei bewiesen wurde. Sie haben den intensiven Wunsch, die schlimmen
Erfahrungen einfach zu vergessen, nicht mehr daran erinnert zu werden. Während einige
Mütter und Väter diesem Impuls nachgeben und „die Sache als erledigt erklären“, verfallen
andere ins andere Extrem und versuchen, ihre eigene Fassungslosigkeit durch eine ständige
Überprüfung der Details zu überwinden: Sie stellen ihrem Kind immer wieder die gleichen
Fragen, obgleich sie die Antworten darauf schon längst kennen. Das „ständige“ Gespräch
über das Verbrechen trägt dazu bei, dass sich weder Kinder noch Eltern erholen können. Viele
Mütter und Väter können nicht mehr entspannen, entwickeln Ängste, Schlafstörungen und
andere psychosomatische Beschwerden. Nicht wenige Eltern erleben den Missbrauch der
Tochter/des Sohnes mit einer solchen Intensität, als ob ihnen selbst sexuelle Gewalt zugefügt
worden wäre.
In dieser Krisensituation werden oftmals Konflikte in der Paarbeziehung und/oder im
Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis der Eltern deutlich. Kommt der Täter (die
Täterin) aus dem sozialen Umfeld, so zeichnen sich oftmals Spaltungstendenzen ab –
zwischen denen, die den Missbrauch glauben, und denen, die dem Mädchen/Jungen und den
Eltern Verleumdung oder Hysterie unterstellen. Auch werden vielfach (bisher verdrängte)
Gewalterfahrungen der Erwachsenen wieder lebendig: psychische und körperliche Misshandlungen, sexuelle Gewalterfahrungen, Miterleben von (sexueller) Gewalt gegen
Geschwister, Freunde, die Mutter. Nicht wenige Eltern – vor allem Väter – reagieren in ihrer
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Eltern brauchen Unterstützung
Hilflosigkeit mit Wut auf das betroffene Kind: Ohne dass es ihnen selbst bewusst ist, machen
sie dem Jungen/Mädchen zum Vorwurf, dass sie mit dem eigenen – verdrängten – Leid konfrontiert werden. Nicht selten erklären sie schon einige Wochen nach Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung des Kindes: „Jetzt muss es endlich mal gut sein!“ Sie hoffen damit die eigenen
Ohnmachtgefühle wieder wegschieben zu können.
Die aus den Missbrauchserfahrungen des Kindes resultierenden Folgen für die psychische
Situation der Eltern werden noch einmal durch die mitunter sehr großen alltagspraktischen
Belastungen verstärkt, die die Eltern zu bewältigen haben. Neben der Organisation zahlreicher Termine bei einer Beratungsstelle, dem Jugendamt, der Polizei, einer Rechtsanwältin,
dem Weißen Ring (einer Organisation, die Opfer von Verbrechen unterstützt) müssen ggf.
Gespräche mit Kindergarten und Schule geführt werden. Auch brauchen insbesondere sehr
junge Opfer nach der Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs eine intensive Begleitung, um
Schritt für Schritt wieder an Sicherheit zu gewinnen. Oft dreht sich der gesamte Familienalltag
über einen längeren Zeitraum um die Bewältigung des sexuellen Missbrauchs.
fältigen Freizeitangebot zu garantieren. Erst einige Zeit später werden die Mütter und Väter
die Kraft und Ruhe finden, im Rahmen regelmäßiger wöchentlicher Beratungskontakte mit
einer Aufarbeitung der auch für sie traumatischen Erfahrungen zu beginnen.
Zu Beginn einer therapeutischen Behandlung zeigen betroffene Mädchen und Jungen
oftmals eine verstärkte Folgeproblematik, denn das Kind hat nun den Raum, verdrängte
schmerzhafte Gefühle zuzulassen, um sie verarbeiten zu können. Für Mütter und Väter ist
diese Phase häufig extrem belastend. Sie brauchen intensive Beratung, damit sie ihrem Kind
bei der Bewältigung der Gewalterfahrungen unterstützen und den therapeutischen Prozess
ihrer Tochter/ihres Sohnes mittragen können.
Was Eltern brauchen
Nach der Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung eines Mädchens/Jungen brauchen die Eltern
eine intensive Beratung. Für viele Eltern ist es hilfreich, wenn eine Beraterin/ein Berater mit
ihnen gemeinsam in einem zeitlich nicht von vorneherein begrenzten Gespräch zunächst einmal alle Fragen sortiert und die ersten notwendigen Schritte plant. Oftmals können in einem
zwei- bis dreistündigen Gespräch die ersten aktuellen Fragen geklärt werden. Mütter und
Väter empfinden es als Entlastung, wenn ihnen „wirklich zugehört wird“ und sie nicht auf
einen zweiten Termin in der nächsten Woche vertröstet werden. Auch erleben viele Eltern in
den ersten Wochen nach der Aufdeckung zusätzliche Telefonkontakte als sehr hilfreich.
Eltern sexuell missbrauchter Kinder fühlen sich meist sehr beschämt und allein. Auch Mütter
und Väter, die ansonsten sehr kompetent ihren Alltag bewältigen, nehmen das Angebot der
Beraterin/des Beraters meist dankbar an, für sie Kontakte vorzubereiten und sie bei einzelnen
Terminen zu begleiten (z.B. mit dem Jugendamt, der Polizei, dem Weißen Ring, der Lehrerin).
Sinnvoll ist zudem häufig das Angebot familienunterstützender Hilfen durch das Jugendamt
(z.B. eine Einzelfallhilfe für das Mädchen/den Jungen). Ein wichtiges Ziel ist es, sobald wie
möglich wieder einen „normalen“ Alltag der einzelnen Familienmitglieder mit einem viel
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7. Wenn Väter von der sexuellen Ausbeutung der Tochter/
des Sohnes erfahren
Väter können die sexuelle Ausbeutung der Tochter/des Sohnes durch Menschen aus dem
sozialen Nahbereich oftmals noch weniger glauben und als Realität akzeptieren als Mütter.
Die Zweifel schützen sie u.a. vor dem Gefühl, „auf der ganzen Linie als Vater versagt zu
haben“, denn entsprechend ihrer Einschätzung haben sie ihre von der Gesellschaft zugeschriebene oberste Vaterpflicht nicht erfüllt, ihr Kind vor Gewalt zu schützen. Sie machen sich
Vorwürfe, nicht genug aufgepasst zu haben, nicht im rechten Augenblick da gewesen zu sein,
und sorgen sich um die Zukunft ihres verletzten Kindes. Kommt die Realität langsam bei
ihnen an, so entwickeln viele Väter eine große Wut auf den Täter (die Täterin). Manche Väter
drohen, den Täter (die Täterin) umzubringen. Leider äußern sie diese Wut oft auch im Beisein
der Opfer. Kinder nehmen solche Ankündigungen meist sehr ernst: Sie versetzen Mädchen
und Jungen erneut in Angst und Schrecken, denn Kinder können weder die Vorstellung
ertragen, dass dem Täter (der Täterin) etwas zustößt, noch dass der eigene Vater zum Mörder
wird. In den ersten Wochen nach der Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung übernehmen
Väter meist das „Management der äußeren Situation“, während viele Mütter sich intensiv
um die Kinder kümmern und sich die Zeit nehmen, mit ihren Freundinnen über ihren
Schmerz zu sprechen. So ist es bei sexuellem Missbrauch von Kindern durch Mitarbeiter
(Mitarbeiterinnen) aus Institutionen typisch, dass sich die Väter vor allem in Gesprächen mit
Fachaufsichtsbehörden engagieren und Aufgaben übernehmen, die die Neuorganisation der
Einrichtung betreffen. Auf ihre persönliche Befindlichkeit angesprochen, nennen sie in der
Regel weniger ihre eigene Erschütterung als die Sorge um das Kind und ihre Frau, „die das
alles sehr mitnimmt“ und die Unterstützung brauche.
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Hier spiegelt sich die typische geschlechtsspezifische Rollenverteilung wider. Die Frau ist
für das Emotionale und das Innere zuständig, der Mann vertritt die Familie nach außen.
Beides ist in der Krise eines sexuellen Missbrauchs insofern zuerst einmal nützlich, als dass es
Vätern und Müttern Sicherheit vermittelt. In der Beratung von Vätern ist dennoch darauf zu
achten, dass auch ihre Ängste und Zweifel von Beginn an angesprochen werden. Zumal nach
einigen Wochen nicht selten diese Rollen wechseln: Die Mütter haben wieder an Boden unter
den Füßen gewonnen, die Väter lassen den eigenen Schmerz eher zu – vor allem die hinter
ihrer Wut liegende Trauer. Nicht wenige nehmen nun wahr, dass die sexuelle Ausbeutung der
Tochter/des Sohnes auch sie zutiefst erschüttert hat: Sie können kaum noch schlafen, liegen
nachts weinend im Bett, haben den Missbrauch bildlich vor Augen. Insbesondere wenn der
Sohn missbraucht wurde, erleben viele Väter die Leiden des Kindes, als ob sie „es“ selbst am
eigenen Leib erfahren hätten. Oftmals erinnern sie sich an eigene Gewalterfahrungen, über
die sie noch nie gesprochen haben – z. B. an sexuelle Gewalterfahrungen durch Jugendliche
oder während ihrer Ausbildungszeit.
Obgleich inzwischen fachlicher Konsens darüber besteht, dass zwei Drittel aller Fälle
sexueller Ausbeutung von Mädchen und Jungen außerhalb der Familie stattfindet und der
Anteil der Väter unter den Tätern weitaus niedriger ist, als noch in den 90er Jahren vermutet
wurde, wird bis heute in der Fachdiskussion die Wichtigkeit der Väter bei der Unterstützung
des Heilungsprozesses der Opfer sexueller Gewalt grob vernachlässigt. Erfahrungen belegen,
dass auch Väter Beratungsangebote annehmen und oftmals eine große Bereitschaft haben,
ihre Kinder aktiv zu unterstützen, wenn sie persönlich eingeladen und ihnen Beratungstermine angeboten werden, die außerhalb ihrer Arbeitszeiten liegen.
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8. Strafanzeige: ja oder nein?
Erfahren Mütter, Väter, Verwandte oder auch Fachkräfte von der sexuellen Ausbeutung eines
Mädchens/Jungen, so fragen sie sich häufig, ob sie eine Strafanzeige erstatten wollen. Meist
fällt es ihnen schwer, eine Entscheidung zu treffen. Auf der einen Seite möchten sie dem
Opfer keine zusätzlichen Belastungen im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen aufbürden, andererseits wissen sie, dass ohne Strafanzeige keine Verurteilung und somit auch
keine Bestrafung des Täters (der Täterin) erfolgen kann.
Der Erfolg der polizeilichen Ermittlungsarbeit und die Möglichkeit einer späteren
Verurteilung des Täters (der Täterin) hängen entscheidend von der Aussage des Opfers ab.
Häufig ist diese Aussage der einzige Beweis. Gibt es keine anderen Beweise wie z. B. Bilddokumente, körperliche Spuren oder keine weiteren Zeuginnen/Zeugen, die die Tat selbst
gesehen haben, so ist eine Verurteilung des/der Beschuldigten ohne Aussage des betroffenen
Mädchen oder Jungen nicht möglich. Verweigert das Kind die Aussage oder ist es nicht bereit,
genaue Angaben zu den Missbrauchshandlungen zu machen, so ist der Erfolg eines Strafverfahrens gefährdet. Häufig stellt in diesen Fällen die Staatsanwalt das Verfahren aus Mangel
an Beweisen ein. Äußert ein Mädchen/Junge gegenüber den Eltern oder anderen Bezugspersonen, dass sie/er keine Aussage machen möchte, so sollte ihr/ihm vor Erstattung der
Anzeige die Beratung durch eine Fachberatungsstelle und eine Anwältin angeboten werden.
So kann das Mädchen/der Junge sich über die Belastungen im Strafverfahren informieren
und abklären, und ob sie/er auf keinen Fall oder evtl. erst zu einem späteren Zeitpunkt eine
Aussage machen möchte. Im Falle einer Strafanzeige sollten immer die rechtlichen Möglichkeiten des Opferschutzes genutzt werden und schon zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung
eine Anwältin/ein Anwalt mit der Wahrnehmung der Interessen des Opfers im Rahmen der
Nebenklage betraut werden.
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Eine Anzeigepflicht bei Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern gibt es
in Deutschland nicht. Doch jede Person, die Kenntnis von dem sexuellen Missbrauch eines
Kindes hat und/oder selber betroffen ist, kann Anzeige erstatten. Die Anzeige kann schriftlich
oder mündlich bei jeder Polizeidienststelle oder der Staatsanwaltschaft erfolgen. Es empfiehlt
sich, die Anzeige nicht auf der nächsten Wache, sondern bei dem zuständigen Kommissariat
des jeweiligen Polizeipräsidiums zu erstatten, denn hier arbeiten Beamtinnen und Beamte, die
speziell für die Befragung von Kindern geschult wurden.
Sobald die Polizei oder die Staatsanwaltschaft von einem sexuellen Missbrauch erfährt,
ist sie verpflichtet, ein Strafverfahren einzuleiten. Die Strafverfolgungsbehörden müssen auch
dann weiter ermitteln, wenn eine zuvor gemachte Anzeige später zurückgenommen wird.
Es gibt keine Frist, innerhalb derer eine Strafanzeige erstattet werden muss (mit Ausnahme
der Verjährungsfrist). Abgesehen von Fällen, in denen die Gefahr besteht, dass andernfalls
Beweismittel verloren gehen, sollte man sich deshalb die Zeit nehmen, das Für und Wider
einer Strafanzeige in Ruhe abzuwägen.
Friesa Fastie: Ich weiß Bescheid! Ruhnmark 1997
Ein Rechtsratgeber, der gut verständlich die Arbeitsweisen der Polizei,
der Staatsanwaltschaft und der Gerichte vorstellt und
die Möglichkeiten des Opferschutzes aufzeigt.
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9. Kindliche und jugendliche Täter
– Die Mehrzahl jugendlicher Täter fallen bereits als Kinder durch sexuelle Übergriffe
gegenüber Gleichaltrigen und Jüngeren auf.
– Schon kindliche und jugendliche Täter haben in der Regel mehrere Opfer.
– Die häufigsten Formen der von kindlichen und jugendlichen Tätern verübten sexuellen
Ausbeutung sind genitale Manipulationen, vaginale, anale und/oder orale Vergewaltigungen. Ebenso wird sexuelle Gewalt ohne Körperkontakt, z.B. in Form von Exhibitionismus
und obszönen Anrufen, verübt. Je älter die Täter sind, umso häufiger vergewaltigen sie
ihre Opfer – z.B. schwächere Klassenkameraden, Freundinnen, Bekannte.
– Die Opfer sexuell übergriffiger Jungen sind überwiegend junge Kinder im Grundschulalter, nur bei einigen Delikten (z.B. Exhibitionismus, obszöne Telefonanrufe) sind häufiger
Gleichaltrige und Erwachsene betroffen.
– Etwa 75 % der Opfer junger männlicher Täter sind Mädchen, wobei allerdings unter
den jüngeren Opfern im Vor- und Grundschulalter etwa 50 % Jungen sind.
– Die meisten jungen Missbraucher kennen ihre Opfer, sind mit ihnen befreundet oder
verwandt. Bei Vergewaltigung besteht eine Tendenz zu fremden Opfern (Deegener 1999).
– Kindliche und jugendliche Täter sind in den bis heute bekannt gewordenen Fällen in der
Regel männlich. Infolge eines steigenden Problembewusstseins werden auch zunehmend
Fälle wahrgenommen, in denen Mädchen jüngeren/schwächeren Kindern und Jugendlichen sexualisierte Gewalt zufügen.
Die Tatsache, dass ein Drittel aller Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Mädchen und Jungen von vorwiegend männlichen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren
verübt werden, ist sowohl durch Einflüsse der individuellen Lebensgeschichte und einer
Sozialisation als „harter Mann“ als auch durch Reaktionsweisen der Umwelt bedingt.
Forschungsergebnisse zeigen schädigende biografische Einflüsse auf, die das Risiko einer
Entwicklung zum Täter erhöhen.
– Viele der sexuell übergriffigen Kinder und jugendlichen Täter wurden emotional vernachlässigt und körperlich misshandelt, erlebten einen häufigen Wechsel ihrer Bezugspersonen
und litten unter den Problemen ihrer Eltern (z.B. Streitigkeiten und Alkoholmissbrauch).
– Mehr als 60 % der jungen Täter waren Zeuge von Gewalt innerhalb der Familie. Sie beobachteten z.B. körperliche und/oder sexuelle Gewalt gegen die Mutter oder Geschwister
durch den Vater bzw. Partner der Mutter.
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– Jugendliche Täter wurden oftmals zu jung und zu massiv mit Erwachsenensexualität
konfrontiert oder sind/waren einer verzerrten, abweichenden oder traumatisierenden
Sexualität ausgesetzt – z.B. Konsum von („harter“) Pornografie.
– Viele junge und jugendliche Täter bewerten gewalttätiges Handeln als von ihnen
erwartetes männliches Verhalten. Als Auslöser für ihr sexuell aggressives Verhalten
geben sie vielfach Ärger, familiäre Probleme und Langeweile an.
– Zwei Drittel der jugendlichen Täter sehen Sexualität als eine Möglichkeit, andere zu
verletzen, zu erniedrigen, zu bestrafen, Ärger und Wut abzubauen und sich mächtig zu
fühlen.
Jungen orientieren sich in ihrer Vorstellung von Männlichkeit an dem gesellschaftlich vorherrschenden Leitbild des „erfolgreichen Mannes“, der mit Stärke, Distanziertheit und ohne fremde Hilfe „seinen Weg macht“. Doch die Realität vieler Jungen und Männer sieht anders aus.
Gemessen am Leitbild des stets erfolgreichen Mannes stehen sie auf der Seite der Verlierer.
Um diesen Widerspruch zu lösen bzw. zu kaschieren, greifen Jungen auf Verhaltensweisen
zurück, die ihnen das traditionelle patriarchale Rollenbild anbietet. Viele von ihnen demonstrieren durch Gewalthandlungen/übergriffiges Verhalten eine vermeintliche Überlegenheit
gegenüber Mädchen, schwächeren Jungen und Frauen. Durch besonders „cooles“ Gehabe
und sexuelle Übergriffe versuchen beispielsweise Jungen schon im Vorschulalter, ihr mangels
positiver männlicher Identifikationsfiguren brüchiges Selbstbewusstsein „wiederherzustellen“. Der Gebrauch von subtiler bis hin zu offener Gewalt erscheint ihnen unausweichlich.
Nicht nur Mädchen und Frauen sind Ziel der verbalen und körperlichen Übergriffe: Auch
vermeintlich „schwächere“ Jungen, die sich nicht rollenkonform verhalten, werden Opfer
sexuell gefärbter Aggression. Wer sich bei solchen sexuellen Übergriffen hervortut, gilt unter
Jungen oftmals als besonders „männlich“.
Den Zusammenhalt der für Jungen typischen „Banden“ und Cliquen garantieren in der
Regel starke Hierarchisierungen, deren Achtung im Zweifelsfall mit körperlicher oder
sexueller Gewalt gesichert wird. Nicht selten fühlen sich die Jungen aufgrund der starken
Ritualisierungen und Normierungen in den Cliquen einsam und unwohl und sind auch mit
sexuell gewalttätigen Aufnahmeritualen, sexistischem Gerede und abschätzigem Verhalten
gegenüber schwächeren Jungen, Mädchen und Frauen nicht immer einverstanden. Doch
Jungen, die nicht mitmachen wollen oder sich ängstigen, werden als „unmännlich“ abgestempelt und geraten leicht in eine Außenseiterrolle. Die wenigsten Jungen trauen sich, offen
gegen den von der Clique ausgeübten Sexismus bis hin zu massiven Übergriffen Stellung zu
beziehen.
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10. Missbrauch durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus Institutionen
Reaktionsweisen der Umwelt
Die Strategien der Täter und Täterinnen
Die Tatsache, dass ca. ein Drittel aller Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von
Mädchen und Jungen von kindlichen und jugendlichen Tätern (Täterinnen) verübt wird, wird
im Alltag weder von Laien noch von professionellen Helferinnen und Helfern ausreichend
beachtet. Vielfach werden sexuelle Grenzüberschreitungen und auch massive Formen sexualisierter Gewalt als „pubertäres Gehabe“, „Ausprobieren“ oder „kann doch nicht so schlimm
sein“ bagatellisiert. Dabei werden die weit reichenden Folgen für die Opfer und die möglichen Folgen für die jungen Täter (Täterinnen) nicht anerkannt. Da eine Sanktionierung der
sexuellen Übergriffe ausbleibt, verfestigen sich Haltungen und gewalttätige Umgangsweisen.
Oftmals handelt es sich um Straftaten, auch wenn der Täter (die Täterin) aufgrund seines
(ihres) geringen Alters noch nicht strafrechtlich verfolgt werden kann.
Im Sinne einer weitergehenderen Täterprävention muss sexuell übergriffigen Jungen eine
frühe therapeutische Hilfe angeboten werden. Das Ministerium für Gesundheit, Soziales,
Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen fördert seit 2001 im Rahmen eines
Modellprojekts Beratungsstellen, die erzieherische Hilfen für kindliche und jugendliche Täter
und ihre Familien anbieten. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.
Mit Kindern in Kontakt kommen
In den letzten Jahren wurde zunehmend deutlich, dass sich einige Täter (Täterinnen) bewusst
für eine ehrenamtliche, haupt- oder nebenberufliche Tätigkeit im pädagogischen, medizinischen, seelsorgerischen oder therapeutischen Bereich entscheiden, um so leichter mit potenziellen Opfern in Kontakt zu kommen. Sie arbeiten z.B. als Taxifahrer im Behindertentransport, Seelsorger, Arzt, Erzieherin, Lehrer, Polizist, Tagesmutter, Kindertherapeut, Schulaufgabenhilfe, Trainer, Hausmeister einer Schule oder Koch in einer Kindertagesstätte.
Zielgerichtet suchen sie Arbeitsplätze in Einrichtungen, in denen die Wahrscheinlichkeit
relativ gering ist, dass ihre Missbrauchshandlungen bekannt werden. Dies ist z.B. bei Institutionen der Fall, die sich im besonderen Maße „um ihren guten Ruf sorgen“, in denen
aufgrund autoritärer Leitungsstrukturen starke persönliche Abhängigkeiten bestehen oder
unzureichend zwischen beruflichen und persönlichen Kontakten getrennt wird. Nicht
selten wechseln Täter (Täterinnen) den Arbeitsplatz, wenn wenig Spielraum für persönliche
Intrigen, den Aufbau persönlicher Abhängigkeiten und sexuelle Übergriffe besteht.
Wahrnehmung der Umwelt vernebeln
Je höher das Maß an Vertrauen und Autorität, desto leichter ist es für einen Erwachsenen,
ein Kind zu missbrauchen. Mitarbeiter (Mitarbeiterinnen) pädagogischer und psychosozialer
Arbeitsfelder gelten gemeinhin als gute Bürger und als Autoritäts- und Vertrauenspersonen,
die im Sinne des Kindeswohls tätig sind.
Einige Täter (Täterinnen) wiederum gelten als „arme Schluffen“, „Kindsköppe“ oder
„Dauerjugendliche“, die von Erwachsenen „nicht ernst genommen werden“, aber angeblich
„gut mit Kindern und Jugendlichen können“.
Missbrauchende Mitarbeiter (Mitarbeiterinnen) aus Institutionen wägen die Risiken der
Entdeckung der von ihnen geplanten sexuellen Ausbeutung von Mädchen und Jungen genau
ab. Ihre Fähigkeit, Menschen täuschen zu können, nutzen sie bei sexueller Ausbeutung in
Institutionen auch im Kontakt mit Kolleginnen, Kollegen, Müttern und Vätern. Gezielt vernebeln sie die Wahrnehmung der Umwelt. Sie bieten z.B. nichts ahnenden Eltern eine besondere Förderung ihrer Kinder an und räumen ihnen „Sonderrechte“ ein (z.B. das Angebot
der Übernahme privater Babysitterdienste). In Gesprächen empören sie sich häufig über die
sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen und stellen sich selbst als Kinderschützer dar.
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49
Missbrauch in Institutionen
Verhaltensauffälligkeiten, die Opfer als Folge der sexuellen Ausbeutung entwickeln, erklären
sie mit angeblichen Problemen im Elternhaus der Kinder. Gegen kritische Kollegen,
Kolleginnen, Mütter und Väter spinnen sie Intrigen.
Gezielte Suche nach verletzlichen Kindern
Nach einer ersten Kontaktaufnahme mit Mädchen und Jungen nutzen Täter (Täterinnen) erst
einmal ihre berufliche Position, um die sozialen Kontakte ihrer potenziellen Opfer, deren
Vorlieben, Abneigungen, Gewohnheiten, Wünsche und Ängste, familialen Belastungen, soziale Stellung innerhalb der Gruppe und/oder Familie und die Situation der Bezugspersonen zu
erkunden.
Ein erhöhtes Risiko, Opfer sexueller Ausbeutung zu werden, haben u.a.:
– Mädchen und Jungen, die bereits zuvor sexuell ausgebeutet wurden und deren
Widerstandskraft mangels Unterstützung bei der Bewältigung der Gewalterfahrungen
besonders geschwächt ist,
– Mädchen und Jungen, die unter einem Mangel an positiven erwachsenen Bezugspersonen
leiden,
– Mädchen und Jungen, die in Armut leben,
– Mädchen und Jungen mit körperlichen Gewalterfahrungen,
– Mädchen und Jungen, die vernachlässigt werden (auch sog. Wohlstandswaisen),
– Mädchen und Jungen mit Behinderungen.
Strategien im Kontakt mit den Opfern
Nach der Kontaktaufnahme mit potenziellen Opfern praktizieren missbrauchende Mitarbeiter (Mitarbeiterinnen) aus Institutionen oftmals zunächst sexuelle Grenzüberschreitungen, um die Widerstandsfähigkeit einzelner Mädchen/Jungen zu prüfen. Schritt für Schritt
betten sie die sexuellen Grenzüberschreitungen in alltägliche Arbeitsabläufe ein (z.B. Pflege,
Hilfestellungen im Sport). Viele Kinder brechen nach den ersten sexuellen Übergriffen den
Kontakt zum Täter (zur Täterin) ab, geben z.B. den Musikunterricht auf oder verzichten auf
den sportlichen Erfolg.
Missbrauchende Mitarbeiter (Mitarbeiterinnen) aus Institutionen wählen Tatorte und
Zeitpunkte, an oder zu denen sie unbeobachtet ein Kind missbrauchen können. Oftmals
unterlaufen sie Absprachen von festen Tagesabläufen und verändern in einzelnen Fällen
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sogar örtliche Gegebenheiten (z.B. Umbau von Türschlössern). Auch schaffen sie Gelegenheiten, um mit den Kindern regelmäßig allein zu sein. Sie bieten z.B. Kolleginnen und
Kollegen an, entgegen den Dienstvorschriften Dienste alleine zu übernehmen, oder laden
die Mädchen und Jungen zu sich nach Hause ein.
Im Rahmen ihrer Ausbildungen werden Pädagogen, Trainer, Therapeuten ... darin
geschult, Kinder für die Durchführung bestimmter Tätigkeiten zu motivieren. Täter (Täterinnen) nutzen diese Kompetenz, um Schritt für Schritt die Wahrnehmung ihrer Opfer zu
manipulieren und sie durch Abwertung oder Bevorzugung innerhalb der Kindergruppe zu
isolieren. Ebenso säen sie oftmals Intrigen zwischen den Opfern und deren Eltern bzw. den
anderen Bezugspersonen. Die Geheimhaltung des Missbrauchs versuchen sie häufig durch
Androhung von Gewalt (gegen die Opfer, deren Eltern und Geschwister), körperliche
Gewaltanwendungen und Erpressung sicherzustellen.
Immer wieder sprechen kindliche Opfer darüber, dass Täter (Täterinnen) sie zwangen,
sich gegenseitig sexuelle Gewalt zuzufügen. Die betroffenen Mädchen und Jungen schwiegen
anschließend aus Angst vor Bestrafung, Scham über die „eigenen“ Taten oder um sich selbst
und ihre Freunde und Freundinnen nicht zu „verraten“.
Wie Institutionen auf Missbrauch in den eigenen Reihen reagieren
Wurde in der Vergangenheit ein Fall der sexuellen Ausbeutung von Kindern durch einen
Mitarbeiter (eine Mitarbeiterin) einer Einrichtung bekannt, so fühlten sich noch vor einigen
Jahren Institutionen oftmals mehr dem eigenen Ruf als dem Wohl der Opfer verpflichtet.
Nach dem Motto „Das darf doch nicht wahr sein!“ versuchten sie, „die Angelegenheit diskret
zu lösen“ – z.B. durch „ein klärendes Gespräch“ zwischen Täter und Opfer. Diese Konfrontation überforderte in der Regel die Opfer - auch wenn diese äußerlich relativ souverän oder
"cool" wirken. Um endlich wieder Ruhe zu haben und die extrem belastende Situation zu
beenden, nahmen viele Opfer ihre Aussage zurück. Manche Opfer verwickelten sich in Widersprüche, so dass sie anschließend als unglaubwürdig dastanden. In anderen Fällen wurden
Täter (Täterinnen) „in den vorzeitigen Ruhestand versetzt“ oder einer anderen Dienststelle
zugewiesen – ohne Rücksicht auf die nächsten Opfer.
In der letzten Zeit setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Einrichtungen ihren
guten Ruf am besten schützen, wenn sie sich mit der gebotenen Sachlichkeit und Fachlichkeit
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Missbrauch in Institutionen
der Problematik sexueller Übergriffe in den eigenen Reihen stellen. Viele Einrichtungen der
Jugendhilfe, Schulen und Sportverbände gehen inzwischen offener mit der Problematik um
und lassen sich bei der Vermutung einer sexuellen Ausbeutung in den eigenen Reihen von
einer Fachstelle beraten.
Zum Umgang mit Vermutungen
Es fällt ungleich schwerer, sich sexuelle Gewalt in den eigenen Reihen vorzustellen, als außerhalb der eigenen unmittelbaren Lebenswelt. Ähnlich wie Mütter den Missbrauch durch
den eigenen Partner kaum erkennen, denken auch viele professionelle Helfer/Helferinnen bei
einer Vermutung der sexuellen Ausbeutung eines Mädchens/Jungen durch einen Kollegen
(eine Kollegin) den Gedanken nicht zu Ende. Verdachtsmomente werden z.B. nur allzu
schnell durch die vom Täter (von der Täterin) gestreuten Erklärungen für die Auffälligkeiten
der betroffenen Kinder „entkräftet“ (z.B. „Der will immer im Mittelpunkt stehen!“). Einige
Kollegen und Kolleginnen bewerten die Vermutung eines sexuellen Missbrauchs zunächst als
den Versuch einer „Rufmordkampagne“. Sie glauben häufig, für die verdächtigte Person „die
Hand ins Feuer legen zu können“. Dabei erleben sie die Vorstellung, eventuell selbst einmal
des Missbrauchs verdächtigt zu werden, als sehr beängstigend. Nicht selten wird der Person,
die die Vermutung äußert, der Versuch der Verleumdung des Täters (der Täterin) unterstellt.
Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass sexuelle Ausbeutung durch Mitarbeiter
(Mitarbeiterinnen) aus Institutionen oftmals von Personen aufgedeckt wird, die nicht mehr
oder noch nicht fest in die Struktur der Einrichtung eingebunden sind – z.B. durch Eltern,
deren Töchter/Söhne erst seit kurzer Zeit die Einrichtung besuchen oder diese bereits verlassen haben.
Im Falle der Vermutung einer sexuellen Ausbeutung innerhalb einer Institution ist auf
allen institutionellen Ebenen ein Krisenmanagement vonnöten. Der Träger und die fachliche
Leitung brauchen rechtliche Informationen und fachliche Unterstützung von außen. Nur so
können sie die Zerreißprobe der unterschiedlichen an sie gerichteten Erwartungen meistern.
Denn aufgrund ihrer Fürsorgepflicht gegenüber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
haben sie nicht nur den Schutz der ihnen anvertrauten Mädchen und Jungen zu sichern, sondern auch die Verpflichtung, den beschuldigten Arbeitnehmer (die Arbeitnehmerin) vor einer
Vorverurteilung zu schützen. Dieser (diese) sollte auch zum eigenen Schutz umgehend von
der Arbeit freigestellt werden. In Absprache mit der Fachaufsicht sind Schritte zur Abklärung
der Vermutung zu planen.
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Zum Umgang mit einem erwiesenen Missbrauch
Im Falle der sexuellen Ausbeutung durch einen Mitarbeiter (eine Mitarbeiterin) einer
Institution erleben Kinder und Erwachsene die Einrichtung nicht mehr als grundsätzlich
sicheren und positiven Ort. Ebenso wie bei innerfamilialem Missbrauch wird ihr Erleben nun
maßgeblich bestimmt durch Verleugnung und Abstumpfung. Oftmals versuchen Einrichtungen, die Erinnerung an die Gewalterfahrungen und die Beschäftigung damit abzuwehren,
indem sie z.B. bestimmte Situationen und Handlungsabläufe vermeiden. Institutionelle
Rituale, Materialien und Begegnungen werden jedoch in unerwarteter Weise häufig zu
Auslösern, die nicht verarbeitete Gefühle und Empfindungen in ungehemmter Heftigkeit
wieder lebendig werden lassen. Die verdrängten Erfahrungen werden dabei meist mit
einer solchen Intensität wieder erlebt, als ob das Geschehen erneut stattfände. So reagieren
betroffene Kolleginnen und Kollegen nicht selten auf alltägliche Situationen mit Übererregung, übertriebener Wachsamkeit und erhöhter Reizbarkeit: Die Nerven „liegen blank“.
Pädagoginnen und Pädagogen bestrafen z.B. Mädchen und Jungen, wenn diese einer normalen kindlichen Entwicklung entsprechend Doktor spielen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen in dieser Situation Rückendeckung:
Ihnen muss im Rahmen von Supervision und/oder Fachberatung eine erste Orientierungshilfe
für den Umgang mit den betroffenen Mädchen, Jungen und deren Eltern gegeben werden.
Selbst wenn ein Täter (eine Täterin) die Einrichtung verlassen hat, dreht sich in Institutionen
für eine lange Zeit fast „alles“ um den Missbrauch. Der gesamte Alltag wird mehr oder
weniger durch die Aufarbeitung des Missbrauchs bestimmt – insbesondere dann, wenn der
Täter (die Täterin) mehrere Kinder der Einrichtung missbrauchte oder eine herausgehobenen
Position in der Institution hatte (z.B. Schulleiter oder Trainer einer Spitzenmannschaft).
Unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist oftmals eine Spaltung zu beobachten: Einige
glauben den Missbrauch, andere können sich diesen immer noch nicht vorstellen. Aufgrund
des Vertrauensbruchs begegnen sich die Kolleginnen und Kollegen vielfach mit großem
Misstrauen. Im Rückblick erkennen einige von ihnen seinerzeit nicht erkannte Hinweise
auf die sexuelle Ausbeutung. Sie schämen sich ihrer eigenen Grenzen, leiden unter Schuldgefühlen. Einige treten den inneren Rückzug an. Andere agieren, suchen verzweifelt nach
Lösungen. Viele leiden unter dem Gefühl, die Institution sei wertlos („Und ich habe an diesen
Laden geglaubt!“). Einzelne schämen sich, Mitglied der Institution zu sein; sie haben Angst,
von Dritten auf das Verbrechen angesprochen zu werden, und vor der Berichterstattung der
Medien.
53
Missbrauch in Institutionen
Oft findet eine intensive Auseinandersetzung mit Argumenten statt, die den Täter (die Täterin) möglicherweise entlasten könnten. Über Erklärungen und mögliche Tatmotive wird
spekuliert. Diese Auseinandersetzung liegt nicht zuletzt in der Sorge begründet, jemanden zu
Unrecht zu verurteilen. Häufig wird dementsprechend die sexuelle Ausbeutung bagatellisiert,
die notwendigen Hilfen für die Opfer, die Kindergruppe und die Eltern werden vernachlässigt.
Aus der Beratungsarbeit mit Familien, in denen der (Stief-)Vater die Tochter/den Sohn
missbrauchte, ist bekannt, dass einige Mütter nach der Offenlegung der sexuellen Ausbeutung
ihre Wut nicht gegen den Täter richten, sondern gegen das Opfer. Eine vergleichbare
Dynamik ist bei sexueller Ausbeutung in Institutionen zu beobachten. Nicht selten werfen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Kind eine aktive Beteiligung vor und ordnen
z.B. dessen Übererregung und/oder sexualisiertes Verhalten nicht als Folgeproblematik der
sexuellen Gewalterfahrung ein („So ein “Täterkind“ können wir in der Gruppe nicht mehr
halten!“). Selbst wenn nun einige Jungen ein betroffenes Mädchen als „Freiwild“ betrachten,
wird dem Opfer die Schuld zugeschoben („Die macht alle Jungen der Gruppe verrückt!“).
Die Erwachsenen möchten glauben, dass die Gewalterfahrung nicht wirklich der Grund
des Leidens des Opfers ist, und reagieren auf das Mädchen/den Jungen häufig abwertend,
manchmal sogar strafend. Selbst in Fällen, in denen pornografische Fotos oder ein Geständnis
des Täters (der Täterin) vorliegen, werden die betroffenen Mädchen und Jungen in Alltagssituationen oftmals z.B. als Lügnerin/Lügner dargestellt.
Die institutionelle Krise wird verstärkt durch persönliche Krisen vieler Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter. Die völlig unerwartete Konfrontation mit sexueller Gewalt löst bei vielen eine
tiefe Erschütterung des eigenen Selbst- und Weltbildes aus. Andere erleben eine Bestätigung
einer lang befürchteten Vermutung. Vielleicht hatten sie diese Vermutung sogar schon
gegenüber Vorgesetzten und/oder Kolleginnen/Kollegen geäußert, waren jedoch nicht ernst
genommen worden.
Die Situation wird nicht dadurch gelöst, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
ihre menschlich nur allzu verständlichen fachlichen und persönlichen Grenzen vorgeworfen
werden. Ihnen muss vielmehr im Rahmen von Supervision und Fortbildung ermöglicht
werden, sich vor dem Hintergrund einer umfassenden Information über Täterstrategien eine
realistischere Bewertung der Situation zu erarbeiten. Sie brauchen einen geschützten Raum,
um ihre eigenen widersprüchlichen Gefühle zulassen und bewältigen zu können. Oftmals
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bestehen gegen eine externe Beratung zunächst große Widerstände. Viele Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter sind nur aufgrund einer von Seiten der Fachaufsicht ausgesprochenen Dienstverpflichtung zur Teilnahme an Fortbildung und Supervision zu bewegen. In der Regel wird
diese jedoch im Laufe der Zeit zunehmend als Unterstützung erlebt.
Die extremen Belastungen in den ersten Monaten der Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung führen meist zu einem hohen Krankenstand und Personalfluktuation. In Kooperation
mit der Fachaufsicht ist abzuklären, inwieweit über die Kostenträger für eine Übergangsphase
zusätzliche Personalstellen finanziert werden können. Diese sollten möglichst mit Fachkräften
besetzt werden, die bisher keinerlei Kontakt zum Täter (zur Täterin) hatten.
Dynamik der Elterngruppe
Eine für die Missbrauchsdynamik typische Spaltung spiegelt sich in fast allen Fällen auch
in den Reaktionsweisen der Eltern wieder. Während einige Mütter und Väter den Täter
(die Täterin) verteidigen („Der hat das nicht so gemeint, ... muss eine neue Chance bekommen...“), fordern andere die Todesstrafe. Auch wenden sich verzweifelte Mütter und Väter
häufig an die Presse, „damit endlich mal etwas passiert“. Dies ist meist zum Nachteil der
Opfer und ihrer Eltern, die nicht selten von Dritten auf die Presseberichte angesprochen
werden.
Viele Mütter und Väter versuchen in zahlreichen Telefongesprächen und persönlichen Kontakten, die Fakten selber zu „ermitteln“. Im Rahmen des Strafprozesses erweisen sich die aus
dieser Gerüchteküche resultierenden unpräzisen Aussagen der Zeugen und Zeuginnen als
Vorteil für den Täter (die Täterin). Ebenso führten wiederholte Befragungen der Opfer durch
Eltern und andere Kontaktpersonen in einigen Fällen dazu, dass Gerichte die Aussagen der
kindlichen Zeugen/Zeuginnen nicht mehr als beweiskräftig einstufen konnten und der Täter
freigesprochen wurde.
Wenn mehrere Mädchen und Jungen einer Gruppe durch einen oder mehrere Täter (Täterinnen) missbraucht wurden, so leugnen zwar nur wenige Eltern die Tatsache, dass ein
Missbrauch stattgefunden hat. Doch sind sie meistens „felsenfest“ davon überzeugt, dass ihr
eigenes Kind „garantiert nicht betroffen ist“: „Meine Tochter/mein Sohn hätte mir das
erzählt!“ Sie können sich nicht vorstellen, dass viele – vor allem männliche – Opfer sexueller
Ausbeutung sich aufgrund der Drohungen des Täters (der Täterin) ihren Müttern und Vätern
nicht anvertrauen und allenfalls über beobachtete Gewalthandlungen gegen andere Kinder
sprechen.
55
Missbrauch in Institutionen
Mütter und Väter benötigen nach der Aufdeckung vor allem klare Informationen. Detailinformationen über die Missbrauchshandlungen oder die Namen der betroffenen Kinder sollten keinesfalls benannt werden, denn dies wäre eine zweite Verletzung des Opfers. Allerdings
haben die Eltern ein Recht darauf zu erfahren, wie die sexuelle Ausbeutung aufgedeckt wurde
und welche Schritte die Leitung der Institution bisher unternommen hat bzw. plant. In jedem
Fall sollte umgehend ein Informationsabend für die Eltern in Zusammenarbeit mit einer
Fachberatungsstelle angeboten werden, auf dem nicht nur über die aktuelle Sachlage, sondern
ebenso über Beratungs- und Therapieangebote für die Mütter und Väter, Mädchen und
Jungen und über Möglichkeiten einer Strafanzeige informiert wird.
Reaktionen der Kinder/Jugendlichen
Ebenso wie unter den Erwachsenen ist auch in der Kindergruppe fast immer eine Spaltung
zu beobachten. Meist können auch einige Kinder/Jugendliche die sexuelle Ausbeutung ihrer
Freunde und Freundinnen durch einen Pädagogen (eine Pädagogin) nicht glauben. Einige
sind wütend, dass ihnen die (geliebte) Bezugsperson „genommen“ wird – und richten ihre
Wut gegen das Mädchen/den Jungen, das/der den Missbrauch öffentlich machte. Häufig versuchen männliche Jugendliche nach der Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung die vakante
Machtposition zu besetzen, die der Täter innerhalb der Gruppenhierarchie hatte: Nach dem
Motto „Stell dich nicht so an, das hat dir doch Spaß gemacht!“ fügen sie dem Opfer erneut
sexuelle Gewalt zu.
Wurden mehrere Mädchen und Jungen innerhalb einer Einrichtung missbraucht, so sind
viele Eltern bemüht, die Kindergruppe möglichst komplett zusammenzuhalten. Sie möchten
ihrer Tochter/ihrem Sohn „wenigstens die Freundschaften erhalten“. So sinnvoll dies für viele
Kinder sein mag, sind andere hingegen oftmals erleichtert, wenn sie die Einrichtung verlassen
dürfen. Nicht nur die Räumlichkeiten und das Spielzeug, sondern auch der Kontakt zu den
anderen Opfern erinnert sie an das selbst erlebte Leid und beschränkt die Möglichkeiten,
ein eigenes Tempo der Verarbeitung zu entwickeln. Nicht selten werden Mädchen und Jungen,
die offen über die Gewalterfahrungen sprechen, von ihren verzweifelten Freundinnen und
Freunden erneut zum Schweigen gezwungen. Die Kinder halten die Konfrontation mit den
eigenen Gewalterfahrungen nicht aus.
Insbesondere Opfer im Vorschulalter spielen innerhalb der Kindergruppe noch nicht
verarbeitete Missbrauchshandlungen mit neuen Rollenaufteilungen nach und fügen sich
dabei oftmals selbst und gegenseitig sexuelle Gewalt zu. Fast immer werden aufgrund dieses
Folgeverhaltens einzelne Jungen und Mädchen von den Erwachsenen fälschlicherweise als
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„Täterkinder“ diffamiert: Sie würden in anderen Gruppenkonstellationen oftmals keinerlei
übergriffiges Verhalten zeigen.
Auch einige nicht unmittelbar von sexueller Ausbeutung betroffene Kinder der Institution
leiden unter den Folgen der sexuellen Ausbeutung: Sie fühlen sich schuldig, da andere und
nicht sie selbst zum Opfer wurden. Ohnehin sind bei sexueller Ausbeutung in Institutionen
fast alle Mädchen und Jungen der Kindergruppe extrem belastet, da die durch die Situation
überforderten erwachsenen Bezugspersonen nur begrenzt in der Lage sind, auf ihre
Bedürfnisse einzugehen.
Nach der Aufdeckung der sexuellen Ausbeutung braucht die Kindergruppe zunächst einmal Ruhe und einen „ganz normalen Alltag“, denn zu diesem Zeitpunkt sind weniger sie als
die Erwachsenen in einer Krise. Oftmals sind in dieser Phase fachlich qualifizierte Aushilfskräfte, die den Täter (die Täterin) nicht kennen, für Mädchen und Jungen die geeigneteren
Betreuungspersonen als vertraute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Vertrauensbruch
durch den Kollegen (die Kollegin) noch nicht verarbeitet haben und sich den Missbrauch oftmals bildlich vorstellen.
Es ist sicherzustellen, dass die Kinder nicht wiederholt und von verschiedenen Personen
„befragt“ werden. Keinesfalls dürfen Detailschilderungen, die Kinder über einzelne Missbrauchshandlungen gegenüber Vertrauensperson machen (z.B. gegenüber den Eltern), unter
den Erwachsenen „gehandelt werden“. Dies wäre ein erneuter Vertrauensbruch, der betroffene Kinder oftmals endgültig verstummen lässt.
In den Monaten nach der Aufdeckung ist in Kooperation mit einem Fachdienst für jedes
einzelne Kind abzuklären, ob dieses eine therapeutische Unterstützung braucht oder nicht.
Ebenso muss überlegt werden, ob ein weiterer Verbleib in der Kindergruppe sinnvoll ist oder
ob das Mädchen/der Junge in einer anderen Einrichtung bessere Chancen zur Verarbeitung
der Gewalterfahrungen hat. In jedem Fall sind jedoch die Räume, die zum Tatort wurden,
gemeinsam mit den Kindern neu zu gestalten.
Institutionen, die die Erfahrung der sexuellen Ausbeutung in den eigenen Reihen zu verarbeiten haben, verändern sich. Ob es einer Institution gelingt, ihre Lebendigkeit wieder zu
entdecken, hängt wesentlich davon ab, inwieweit die Institution Unterstützung von außen
bekommt und diese zulässt. Entscheidend für den Erfolg des Verarbeitungsprozesses ist, dass
Mädchen und Jungen, Mütter und Väter, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Leitung
jeweils ein eigenes Hilfeangebot möglichst schnell bekommen. Vor allem in den ersten
Wochen nach der traumatischen Erfahrung ist ein beträchtliches Maß an Heilung möglich.
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11. Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen mit Behinderungen
Wie Institutionen sich vor Missbrauch in den eigenen Reihen schützen können
Mädchen und Jungen haben nur begrenzte Möglichkeiten, sich vor sexueller Ausbeutung zu
schützen. Die Stärkung von Kindern kann dementsprechend nur ein Baustein im Rahmen der
Prävention sexualisierter Gewalt in Institutionen sein. Es ist die Aufgabe von uns Erwachsenen,
laufenden Missbrauch zu stoppen und schützende Strukturen zu entwickeln, die Tätern (Täterinnen) die sexuelle Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen in Institutionen erschweren.
Institutionen müssen für Kinder und Erwachsene einen Rahmen gestalten, in denen Mädchen
und Jungen sicher sein können. Sie sollten eine Atmosphäre schaffen, in der persönliche
Grenzen geachtet werden, eine Auseinandersetzung über Grenzverletzungen möglich ist und
Gewalt – insbesondere sexuelle Gewalt – geächtet wird. Es gilt gemeinsam mit allen Ebenen
der Institution – den Kindern und Jugendlichen, Eltern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und
der Leitung – verbindliche Regeln zu entwickeln, die das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
sichern und die im jeweiligen Arbeitsfeld gegebenen besonderen Gefährdungen explizit benennen. In festgelegten Abständen sollten alle Mitglieder der Institution über diese Regeln informiert werden. Regelmäßige Informationsveranstaltungen bzw. Fortbildungen über Möglichkeiten der Prävention sexualisierter Gewalt wären eine sinnvolle Unterstützung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihrem Bemühen um eine präventive Erziehungshaltung.
Eine unabhängige Ethikkommission, die auch mit externen Fachkräften besetzt ist und an
die sich Mädchen und Jungen, Mütter und Väter sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei
der Vermutung der sexuellen Ausbeutung innerhalb der eigenen Institution wenden können,
erleichtert es ihnen, sich gegen sexuelle Ausbeutung zu wehren.
Täter (Täterinnen) haben wenig Interesse an einem Arbeitsplatz, an dem ein relativ
großes Risiko besteht, für von ihnen verübte sexuelle Grenzverletzungen zur Verantwortung
gezogen zu werden. Eine im Arbeitsvertrag festgeschriebene Verpflichtung zur Einhaltung der
innerhalb der Institution festgelegten Regeln und die Benennung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bei Missachtung wird einige von ihnen davon abhalten, hier tätig zu werden. Ebenso
hilft es Dienstvorgesetzten, ihrer Verantwortung für den Schutz von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden, wenn in ihrem Arbeitsvertrag bzw. in einer Anlage zum Arbeitsvertrag steht, dass sie tätig werden müssen, sobald sie von sexueller Ausbeutung innerhalb
der Institution erfahren.
Zartbitter Köln (Hg.): Das geplante Verbrechen. Sexuelle Ausbeutung durch Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen aus Institutionen. Köln 2002. Zu bestellen gegen EUR 3.- in Briefmarken
58 über Zartbitter Köln, Sachsenring 2-4, 50677 Köln
TIPP
Die Formen der sexuellen Ausbeutung von Mädchen und Jungen mit Behinderungen unterscheiden sich zwar nicht von denen von Kindern und Jugendlichen ohne Behinderung
(z.B. sexuelle Übergriffe, Vergewaltigungen, sexistische Bewertungen des Körpers, Missbrauch im Rahmen von Pornoproduktionen). Es kommt jedoch hinzu, dass einigen Kindern
und Jugendlichen mit Behinderungen bei medizinischen Untersuchungen und sexuell übergriffiger Pflege sexuelle Gewalt zugefügt wird.
Mädchen und Jungen mit Behinderungen haben ein erhöhtes Risiko, Opfer sexuellen
Missbrauchs zu werden. Manche Täter (Täterinnen) knüpfen gezielt Kontakte zu Kindern
und Jugendlichen mit Behinderungen. Die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen
mit Behinderungen ist aus Tätersicht ungefährlich, denn:
– sexuelle Übergriffe können als Pflege getarnt werden.
– Menschen mit Behinderungen werden bis heute als geschlechtslose und neutrale
Individuen betrachtet, ihre Sexualität wird geleugnet. Dementsprechend wird die
Sexualaufklärung von Mädchen und Jungen mit Behinderungen sowohl in der familialen
als auch institutionellen Erziehung vernachlässigt. Die daraus resultierende Sprachlosigkeit über Sexualität erschwert es betroffenen Mädchen und Jungen, ihren Vertrauenspersonen sexuelle Gewalterfahrungen mitzuteilen.
– Mädchen und Jungen mit Behinderungen kennen oftmals keinen stabilen Intimbereich.
Bedingt durch ihre Pflegebedürftigkeit sind sie auf die Hilfe unterschiedlicher Menschen
angewiesen und können ihre emotionalen und körperlichen Bezugspersonen nur selten
selber wählen. Es fällt ihnen deshalb besonders schwer, ein verlässliches Gespür für
Grenzen und Strategien der Gegenwehr gegen sexuelle Grenzüberschreitungen zu entwickeln.
– Kinder und Jugendliche mit Behinderungen leiden häufig unter einem niedrigen Selbstwertgefühl. Im Sinne einer Überlebensstrategie lernen viele Kinder und Jugendliche mit
Behinderungen, dass sie eher in den Genuss von Privilegien kommen (z.B. innerhalb der
Wohngruppe, dem Klassenverband), wenn sie sich den Bedürfnissen ihrer erwachsenen
Kontaktpersonen anpassen. Ihre Widerstandskraft – auch gegen sexuelle Übergriffe – wird
dadurch eingeschränkt.
– Mädchen und Jungen mit Behinderungen sind noch stärker von ihrer Umwelt abhängig als
Mädchen und Jungen ohne Behinderungen. Oftmals sind sie auf die Betreuung durch eine
bestimmte Person oder eine Spezialeinrichtung angewiesen. Diese Abhängigkeit wird von
Tätern (Täterinnen) genutzt, um Opfer unter Druck zu setzen.
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12. Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen im Rahmen
von Pornoproduktionen
– Nicht nur von Gerichten, sondern auch von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern psychosozialer Arbeitsfelder wird das Folgeverhalten sexueller Traumatisierungen oftmals als
solches nicht erkannt und/oder falsch interpretiert. So wird z.B. das sexualisierte Verhalten
von Opfern sexueller Ausbeutung mit geistiger Behinderung meist als behinderungstypische Verhaltensweisen (ausgeprägte Aufnahme von Körperkontakt) eingeordnet
und/oder fälschlicherweise als Ausdruck einer aktiven Beteiligung des Opfers bewertet.
– Mit pornografischem Material über die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen
mit Behinderungen können professionelle Pornohändler besonders hohe Profite erzielen.
Daraus resultiert eine gezielte Kontaktaufnahme von Tätern (Täterinnen) zu Kindern
und Jugendlichen mit Behinderungen.
In den letzten Jahren ist das Problembewusstsein gegenüber der sexuellen Ausbeutung
von Mädchen und Jungen mit Behinderungen gewachsen. In einigen Städten NordrheinWestfalens haben sich inzwischen interdisziplinäre Arbeitskreise gebildet, in denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterschiedlicher Träger gemeinsam Konzepte der Hilfen
für betroffene Mädchen und Jungen mit Behinderungen und Konzepte der Prävention
erarbeiten.
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Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Jungen im Rahmen von Pornoproduktionen wird
sowohl von Personen aus dem familialem und sozialen Nahbereich der Opfer verübt, die
Videos für den „Privatgebrauch“ produzieren (homevideos), als auch durch professionelle
Pornoproduzenten, die pornografisches Material für den Handel herstellen. Professionelle
Täter (Täterinnen) nehmen z.T. auch über Dritte Kontakt zu potenziellen Opfern auf und
setzen z.B. andere Kinder als „Schlepper“ ein: Man bezahlt und/oder zwingt sie, ihre kleinen
Freunde und Freundinnen „anzuwerben“.
Ebenso wie andere Missbraucher (Missbraucherinnen) sondieren auch Produzenten von
Pornoproduktionen erst einmal die Widerstandsfähigkeit potenzieller Opfer. In der sozialarbeiterischen Praxis wird beobachtet, dass Kinder, die in Armut leben, einem erhöhten Risiko
unterliegen, Opfer sexueller Ausbeutung im Rahmen von Pornoproduktionen zu werden.
Täter (Täterinnen) sexualisieren die Atmosphäre bewusst, um die Widerstandskraft kindlicher und jugendlicher Opfer gegenüber der sexuellen Ausbeutung zu reduzieren. Zur Veranschaulichung der verschiedenen sexuellen Praktiken werden oftmals zunächst Pornofilme
mit erwachsenen Darstellern/Darstellerinnen vorgeführt, die das Interesse des Mädchens/
Jungen an sexuellen Kontakten wecken sollen. Es werden aber auch Filme und Bilder gezeigt,
in denen auch Mädchen und Jungen sexuell ausgebeutet werden. Diese sollen Kindern
„beweisen“, dass es „normal“ sei, wenn Erwachsene mit Kindern sexuelle Praktiken ausleben
und diese fotografieren oder filmen. Viele Jungen entwickeln schon vor der Pubertät ein
großes Interesse an pornografischem Material und sind daher von Tätern/Täterinnen relativ
leicht verführbar. In dem von der Polizei gesichteten pornografischen Material sind viele der
Opfer männlich.
Immer wieder binden Täter (Täterinnen) die sexuellen Ausbeutungen in „Spielsituationen“ ein, um die Wahrnehmung der Opfer zu verwirren. Sie spielen z.B. „Superman“ oder
„Teufel“ und tragen entsprechende Masken, so dass die in Todesangst versetzten Mädchen/
Jungen nicht mehr unterscheiden können, ob der „Teufel“ oder ein Mensch ihnen Gewalt
zugefügt hat. Auch wenn Mädchen und Jungen konkrete Hinweise auf derartige Inszenierungen geben, so werden diese sowohl von Pädagogen, Gutachterinnen als auch von Juristen
oftmals als Ausdruck kindlicher Fantasie bewertet.
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Pornographische Ausbeutung von Kindern
Mädchen und Jungen zu Gewalthandlungen vor der Kamera zwingen
Die ewige Zeugenschaft der Bilder
Kinder werden im Rahmen von Pornoproduktionen häufig gezwungen, sich gegenseitig
sexuelle Gewalt zuzufügen. Aufgrund ihrer Gefühle von Scham, Schuld und Verrat können
sie sehr schwer über die von ihnen erzwungenen Handlungen sowie die Taten der anderen
Opfer sprechen. Das Wissen um die Existenz der Filme legt ihnen ein besonderes Schweigegebot auf: Die von ihnen unter psychischem Druck erzwungenen Gewalthandlungen wurden
mit der Videokamera aufgenommen und dokumentiert. In den meisten pornografischen
Produktionen mit Kindern werden Mädchen und Jungen zudem dazu angehalten, sich so zu
verhalten, als ob die Handlung ihnen Spaß mache. Betroffene Kinder und Jugendliche berichten häufig, dass die Täter (Täterinnen) sie mit Drogen, Tabletten oder Alkohol betäubten. Sie
sollten in den Filmen „leicht und gelöst“ wirken. Auch bietet die Technik Tätern (Täterinnen)
eine breite Palette an Möglichkeiten, den Eindruck einer vom Opfer gewollten Beteiligung
zu verstärken. Nicht nur die Bilder werden entsprechend manipuliert, sondern auch Schmerzlaute des Kindes herausgeschnitten und die Filme mit Musik unterlegt. Vielfach führen
Pornoproduzenten anschließend den kindlichen und jugendlichen Opfern die Filme vor, um
diesen zu „beweisen, wie viel Spaß es ihnen doch gemacht habe“. Wenn Kinder eine weitere
Beteiligung ablehnen, wird ihnen häufig gedroht, die Aufnahmen an Freunde oder die Familie
zu verschicken.
Das Gefühl der Erniedrigung und Beschämung der Opfer steigt mit der filmischen Dokumentation der sexuellen Ausbeutung. Die Bilder werden zu „ewigen Zeugen“, denn einmal ins
Internet gestellt, sind die Daten nicht mehr rückrufbar. Doch auch vor der Entwicklung der
modernen Medien hatten die kindlichen und jugendlichen Opfer keine Chance, die Verbreitung des Bildmaterials zu stoppen. Im Unterschied zu den Opfern sexueller Gewalt ohne
Pornoproduktion bedeutet die Zeugenschaft der Bilder für die Opfer, dass der Missbrauch
niemals endet. Betroffene leben bis ins Erwachsenenalter mit der Angst, dass das Film- oder
Bildmaterial noch im Umlauf ist und jemand sie erkennt.
TIPP
Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz Nordrhein-Westfalen: Kinderpornographie.
Gefördert vom Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes
Nordrhein-Westfalen. Zu beziehen über AJS NRW, Poststr. 15-23, 50676 Köln gegen
Briefmarken im Wert von EUR 1-.
Kindliche Opfer in Todesangst versetzen
„Harte Pornografie“ wird von Tätern genutzt, um die Opfer in Angst und Schrecken zu versetzen. Ein inzwischen rechtskräftig verurteilter Schulleiter versetzte z.B. seine Schülerinnen
und Schüler in Todesangst, indem er ihnen im Religionsunterricht Pornofilme und Filme
zeigte, in denen Babys zu Tode gefoltert wurden. Die Schülerinnen und Schüler bangten nicht
nur um ihr eigenes Leben, sondern auch um das ihrer Eltern und Geschwister.
Seit mehr als zehn Jahren sind Berichte von Mädchen und Jungen über sexuelle Ausbeutung im Rahmen der Produktion von „snuff-pornos“ (Pornos mit Tötungsdelikten) und
über sexuelle Folterungen bekannt, die sie selbst im Rahmen organisierter Verbrechen
miterlebten. Im Sommer 2000 bestätigten internationale kriminalpolizeiliche Ermittlungen
die Existenz derartiger Filme.
62
63
13. Die Online-Opfer
Nicht nur die vor der Kamera missbrauchten Mädchen und Jungen sind Opfer von Pornografie, sondern auch die, die damit konfrontiert werden – z.B. im Internet. Nicht selten landen
Kinder und Jugendliche bei ihren Surftrips durchs Internet mehr oder weniger zufällig in
dessen so genannten Schmuddelecken und werden so mit harter Pornografie konfrontiert.
Auch wird in Chats (Online-Dialoge) offen Pornografie mit Kindern und extremer Sex in
allen Variationen angeboten. Einige männliche Jugendliche nutzen das neue Medium, um
Pornografie mit Kindern zu konsumieren. Damit steigt das Risiko, dass sie selbst sexuell
übergriffiges Verhalten entwickeln. Das Internet bietet einen ungeahnten Freiraum, innere
Hemmungen gegenüber dem Konsum von Produkten der pornografischen Ausbeutung
von Kindern abzubauen und einen ersten Einstieg in eine Täterkarriere zu bekommen.
Einige Täter (Täterinnen) setzen darauf, dass Kinder und Jugendliche alleine vor dem
Bildschirm sitzen, und nutzen das Internet, um mit diesen in Kontakt zu kommen. Zwar
wissen Mädchen und Jungen in der Regel weitaus besser als Erwachsene, wie das Datennetz
technisch zu bedienen ist, doch begegnen sie den Tätern im Netz völlig unvorbereitet und
sind dadurch für deren Verführung besonders anfällig. Viele von ihnen kommen gar nicht auf
die Idee, dass die Personenbeschreibungen, die ihnen ihre Gesprächspartner mailen, gefälscht
sein können. Auch fällt der beim realen Kontakt natürliche Abstand zwischen einem
(bekannten oder fremden) Erwachsenen und einem Kind (schon allein durch die unterschiedliche Körpergröße) weg. Mädchen und Jungen haben zudem keinen Eindruck von dem
äußeren Erscheinungsbild ihres Dialogpartners. Die Kinder und Jugendlichen sitzen in ihrem
vertrauten Umfeld am Computer (zu Hause, bei Freunden, in der Schule) und haben den
Eindruck, selbst ein Stück Macht in der Hand zu halten, da sie den Kontakt durch Abschalten
des Rechners jederzeit beenden können. Daraus ergibt sich ein trügerisches Gefühl der
Sicherheit, das zu einer größeren Bereitschaft führt, sich zu öffnen: Mädchen und Jungen
geben oftmals völlig unbedarft Auskunft über ihre Lebensgewohnheiten und ihre Familie.
Einige Täter (Täterinnen) nutzen diese Informationen, um sie später in der realen Welt
leichter zu missbrauchen.
Chatrooms sind nicht gefährlich, wenn Mädchen und Jungen Regeln beachten, die sie
auch sonst im Umgang mit Fremden befolgen sollten. Auf keinen Fall sollten sie ihre Adresse,
ihre Telefonnummer oder die Adresse ihrer Schule weitergeben. Sie sollten auch kein Bild
von sich verschicken. Misstrauen ist immer dann angesagt, wenn jemand vor allem über
das Aussehen des Kindes oder über Sex sprechen will, dauernd Komplimente macht oder
das Mädchen/den Jungen zu etwas überreden oder zwingen will. Vor allem aber sollten sich
64
Kinder und Jugendliche niemals mit einer Chatbekanntschaft alleine treffen. Ein persönliches
Kennenlernen sollte immer nur unter Begleitung einer erwachsenen Person und an einem
öffentlichen Ort stattfinden, den man gut kennt und an dem man zunächst einmal unbemerkt
beobachten kann, ob wirklich eine Person gekommen ist, die man erwartet hat.
Es macht wenig Sinn, wenn Eltern ihren Töchtern und Söhnen die Nutzung des Internets
verbieten. Sinnvoller ist es, eine Weile mit ihnen gemeinsam zu chatten und im Chatraum verschiedene Rollen auszuprobieren. So wird Kindern schnell bewusst, dass auch ihr Gegenüber
nicht der sein muss, der er/sie vorzugeben versucht.
Neben dieser auf die Stärkung der Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen zielenden Prävention sollten aber auch andere Präventionsstrategien durch Eltern umgesetzt
werden. Eine Möglichkeit besteht im Installieren von sog. Jugendschutz-Software. Diese soll
verhindern, dass Kinder und Jugendliche auf Netzinhalte stoßen, die unzulässig, gefährdend
oder beeinträchtigend für sie sind. Im Jahr 2003 tritt der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
in Kraft, der umfängliche Schutzregelungen beinhaltet und auch vorsieht, dass Jugendschutzprogramme zur Anerkennung ihrer Eignung einer Kommission für Jugendmedienschutz
vorzulegen sind, die gegründet werden wird.
Eltern, Pädagoginnen, Pädagogen und Mädchen und Jungen sollten dazu beitragen, dass
die gesetzlichen Regelungen zum Jugendschutz im Internet eingehalten werden. Sie sollten
rechts- oder ordnungswidrige Angebote den zuständigen Behörden bekannt machen, damit
diese die erforderlichen Schritte einleiten können.
TIPPS
Fragen zum Jugendmedienschutz beantworten Jugendschutz.net (www.jugendschutz.net),
eine gemeinsame Stelle der Länder/Jugendministerien, und das Ministerium für Schule,
Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen (email-Adresse:
jugendschutz@msjk.ntw.de).
Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz Nordrhein-Westfalen: Sicher surfen. Sicherheitsregeln für Kinder im Internet. Gefördert vom Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und
Gesundheit Nordrhein-Westfalen. Köln 1997. Zu beziehen über AJS NRW, Poststr. 15-23,
50676 Köln gegen Briefmarken im Wert von EUR 0,30.
65
14. Das Wichtigste für den Schutz von Kindern sind aufmerksame
Erwachsene
Möglichkeiten der Prävention
„Bleib in der Nähe des Hauses! – Nimm keine Süßigkeiten von Fremden! – Geh nie mit
einem Fremden mit!” Wer kennt sie nicht, die Warnung vor dem „schwarzen Mann”?! Noch in
den neunziger Jahren gaben viele Mütter, Väter, Pädagoginnen und Pädagogen Kindern diese
wohlgemeinten, jedoch schlechten Ratschläge. Sie vermittelten Mädchen und Jungen Fehlinformationen, denn die Täter und Täterinnen sind nur selten Fremde. Die meisten Fälle
sexueller Ausbeutung werden von vertrauten Erwachsenen und Jugendlichen verübt. Zudem
machen solche Warnungen Mädchen und Jungen große Angst und schwächen damit deren
Selbstbewusstsein. Die Verunsicherung der Kinder wird durch eine Sensationsberichterstattung der Medien zusätzlich verstärkt. Mädchen und Jungen erhalten über die Medien
häufig diffuse und bedrohliche Informationen; nicht selten sind massive Ängste die Folge.
Ängstliche Kinder verlieren den Glauben an die eigene Widerstandskraft und erstarren in
Gefahrensituationen leicht vor Schreck. Sie sind oftmals wie gelähmt, können sich gegenüber
sexuellen Übergriffen schlecht abgrenzen und kommen häufig nicht auf die Idee, sich Hilfe
zu holen.
Mädchen und Jungen stärken!
Als Antwort auf die Grenzen der Abschreckungsprävention wurden unter dem Motto „sicher,
stark und selbstbewusst" seit Mitte der achtziger Jahre und verstärkt in den neunziger Jahren
Konzepte einer Präventionsarbeit entwickelt, die vor allem Mädchen und Jungen stärken.
Sie vermitteln auf kindgerechte Art und Weise Möglichkeiten der Gegenwehr und die notwendigen Informationen über sexuelle Übergriffe, damit Mädchen und Jungen diese leichter
als solche erkennen und Hilfe von Dritten einfordern können. In dieser Arbeit stehen folgende Themenbereiche im Mittelpunkt:
– Dein Körper gehört dir! Du darfst selbst bestimmen, mit wem du zärtlich sein möchtest!
– Deine Gefühle sind wichtig, du kannst ihnen vertrauen!
– Es gibt schöne, unangenehme und komische Berührungen. Du kannst entscheiden,
welche du magst und welche nicht!
– Du darfst NEIN sagen – auch zu Erwachsenen!
– Niemand hat das Recht, dir durch Worte oder Taten Angst zu machen!
– Wenn jemand dich sexuell missbraucht, dich z.B. an deiner Scheide oder deinem Penis
berührt, dich zwingt bzw. überredet, sexuelle Handlungen an ihm oder anderen Kindern
auszuführen, dann hast du keine Schuld!
66
– Es gibt gute und blöde Geheimnisse – Geheimnisse, die dich bedrücken, darfst du weitererzählen! Das ist kein Petzen.
– Wenn es dir nicht gut geht, darfst du darüber sprechen und dir Hilfe holen – auch wenn
es jemand verboten hat!
– Wenn du ein Problem hast: Welche anderen Kinder und welche Erwachsenen können dir
helfen?
Der Erfolg einer solchen Präventionsarbeit zeigt sich schon daran, dass viele Mädchen und
Jungen heute viel offener über selbst erlebte sexuelle Übergriffe sprechen und sich Hilfe
holen können, als dies noch vor zehn Jahren der Fall war. Gleichzeitig werden die Anforderungen an eine präventive Erziehung deutlich: Eine sinnvolle präventive Arbeit muss in ein
umfassendes Erziehungskonzept und in einen pädagogischen Alltag eingebettet sein und
kann nicht allein im Rahmen eines ein- oder zweimaligen Intensivkurses geleistet werden.
Nur allzu leicht entsteht sonst bei Kindern der Eindruck: „Wenn ich mich nicht so gut wehren
kann wie die kompetenten Kinder in dem Rollenspiel, so ist es meine Schuld.”
Da Präventionsangebote nicht nur den Effekt haben, sexuelle Gewalt zu verhindern, sondern immer auch aufdeckend wirken, muss Präventionsarbeit stets auch eine Unterstützung
für betroffene Mädchen und Jungen sein. Sie muss für Opfer Partei ergreifen, ihnen Mut
machen und Wege der Bewältigung sexueller Gewalterfahrungen aufzeigen. Keinesfalls dürfen Pädagoginnen und Pädagogen zu „massiv” über sexuellen Missbrauch sprechen und in der
Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit belastenden Fallbeispielen arbeiten. Erschütternde
Texte oder Filmbeiträge über ehemals Betroffene, die über ihre Erlebnisse aus der Kindheit
berichten, sind keine geeigneten Medien für den Unterricht, denn sie versetzen viele Mädchen und Jungen in Angst und Schrecken. Betroffene Kinder und Jugendliche werden im
Gespräch über Detailschilderungen von Missbrauchshandlungen zudem oftmals in einem
unerträglichen Maße mit ihren eigenen Gewalterfahrungen konfrontiert und somit erneut
geschwächt. Viele fühlen sich erkannt und/oder reagieren auf eine zu massive Präventionsarbeit mit Ängsten oder Krankheit und ziehen sich oft ganz zurück. Keinesfalls darf Präventionsarbeit betroffene Mädchen und Jungen auf (mögliche) Opfererfahrungen reduzieren. Sie
muss Opfer ganzheitlich mit ihren Stärken wahrnehmen, ambivalente Gefühle von Mädchen
und Jungen gegenüber Tätern (Täterinnen) akzeptieren, das Vertrauen von Mädchen und
Jungen in die eigene Wahrnehmung stärken, die Verantwortung für den Schutz von Kindern
bei Erwachsenen belassen, Betroffenen Mut machen, Wege der Bewältigung sexueller
Gewalterfahrungen aufzeigen. Vor allem aber soll sie Lebensfreude vermitteln, sie soll Kraft
geben und nicht Verzweiflung erzeugen.
67
Möglichkeiten der Prävention
Sexualerziehung als Schutz vor sexuellem Missbrauch
Eine emanzipatorische Sexualerziehung ist ebenso ein wichtiger Baustein einer präventiven
Erziehung, denn Mädchen und Jungen können ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nur
vertreten, wenn sie ihren Körper kennen und mögen. Der eigenen sinnlichen Wahrnehmung
trauen und die eigenen Gefühle wahr- und ernst nehmen, die eigenen Grenzen und die anderer achten, sich Hilfe holen, wenn man alleine nicht zurechtkommt ... all das sind zentrale
Gesprächsthemen für die Entwicklung einer lust- und verantwortungsvollen Sexualität und
gleichzeitig zentrale Fragestellungen in der Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt.
Auch heute noch sind trotz der scheinbaren Offenheit, mit der in Medien über Sexualität
berichtet wird, viele Mädchen und Jungen über ihren eigenen Körper, über Lust und Frust
von Liebe und Sex usw. weitgehend uninformiert. Kinder und Jugendliche, denen es an einem
altersadäquaten Wissen über den eigenen Körper und dem des anderen Geschlechts mangelt,
die nicht gelernt haben, zwischen angenehmen und unangenehmen Körpergefühlen zu
unterscheiden und über Sexualität offen zu sprechen, sind nicht nur leichter von Tätern
(Täterinnen) verführbar, sondern haben auch kaum die Möglichkeit, selbst erlebte sexuelle
Übergriffe zu benennen.
Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt sollte immer eingebettet sein in eine emanzipatorische Sexualerziehung, denn es ist einer positiven Einstellung zur Sexualität wohl kaum
zuträglich, wenn Kinder und Jugendliche in Elternhaus, Kindergarten und Schule ausschließlich vor der Gefahr der sexuellen Ausbeutung gewarnt werden, ohne dass auch die lustvollen
Seiten der Sexualität thematisiert werden.
Traditionelle Rollenbilder überwinden!
Sexueller Missbrauch beginnt in der Regel nicht mit Vergewaltigung, sondern die meisten
Täter (Täterinnen) nehmen zunächst mit Mädchen und Jungen Kontakt auf, „testen” die
Widerstandsfähigkeit potentieller Opfer. Mädchen und Jungen haben aufgrund ihrer
geschlechtsspezifischen Sozialisation ein jeweils geschlechtsspezifisches Risiko, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden. Solange von Mädchen erwartet wird, dass sie brav, verständnisvoll, fürsorglich, sanft und niemals eine Zicke sein sollen, solange haben es Mädchen schwer,
sich gegen sexuelle Übergriffe zu wehren, denn Widerstandsfähigkeit setzt Eigenwilligkeit,
68
Selbstbewusstsein, Mut und Durchsetzungsfähigkeit voraus. Sie gilt es im pädagogischen
Alltag mit Mädchen und im Rahmen von Selbstbehauptungskursen für Mädchen zu fördern!
Angst und Ohnmachtsgefühle sind mit einem traditionellen Jungenbild nicht vereinbar.
Nach dem Motto „Ein Indianer kennt keinen Schmerz!” lernen viele Jungen auch heute noch,
dass sie nur dann „wirkliche Kerle” sein sollen, wenn sie trotz eines blauen Auges bei einer
Keilerei keinen Zentimeter zurückgewichen sind. So wird Jungen von klein auf der Kontakt
zu eigenen Gefühlen und denen anderer erschwert. Wird ihnen hingegen vermittelt, dass sie
auch mit leisen Gefühlen wie Angst, Ohnmacht und Hilflosigkeit angenommen und wertgeschätzt werden, so fällt es ihnen leichter, sich in schwierigen Situationen, z.B. bei sexuellen
Übergriffen, jemandem anzuvertrauen und sich Hilfe zu holen. Jungen brauchen im pädagogischen Alltag die Unterstützung der Erwachsenen, um auch ihre leisen Gefühle zulassen zu
können. Seit Ende der neunziger Jahre werden in vielen Schulen Jungenprojekte angeboten,
die männlichen Kindern und Jugendlichen eine Hilfestellung bei ihrer Suche nach einem
differenzierten männlichen Selbstbild geben.
Kulturelle Hintergründe beachten
Der Umgang zwischen den Geschlechtern wird von den jeweiligen kulturellen Hintergründen
unterschiedlicher Nationalitäten und Religionen geprägt. In einigen Kulturen wird z.B. bereits
bei drei- bis vierjährigen Jungen die Verwendung sexistischer Schimpfwörter als Beweis
von Männlichkeit bewertet und es besteht nur eine geringe Grenzsetzung bei körperlichen
Kontakten. So kann es durchaus üblich sein, dass die Genitalien des Jungen von Verwandten
und Bekannten in aller Öffentlichkeit gestreichelt werden oder Vätern das Recht zugestanden
wird, die Brust oder den Po ihrer Tochter zu berühren. Gleichwohl bedeutet ein solcher
Umgang für die betroffenen Kinder und Jugendlichen fast immer eine Überforderung und
emotionale Überflutung. Die Präventionsarbeit in multikulturellen Kindergruppen verlangt
einen respektvollen Umgang mit den kulturellen Hintergründen der Herkunftsfamilien der
Mädchen und Jungen und gleichzeitig eine klare Grenzsetzung gegenüber Grenzüberschreitungen. Wenn Mädchen und Jungen so lernen, ihre eigenen Körpergrenzen und die anderer
zu achten, dann können sie sich auch leichter gegen die aus kulturellen Hintergründen
resultierenden Grenzverletzungen und gegen die von Tätern (Täterinnen) gezielt verübten
sexuellen Übergriffe wehren, ohne in Konflikt mit ihrem eigenen kulturellen Hintergrund
zu kommen.
69
Möglichkeiten der Prävention
Jungenarbeit und Täterprävention
Die meisten Jungen werden auch heute noch dazu erzogen, hart zu sein, Konflikte zur Not
mit körperlicher Gewalt zu lösen und sich Mädchen und Frauen überlegen zu fühlen. Jungen
spüren, dass gewalttätiges Verhalten von anderen Jungen und auch z.T. von Erwachsenen
bewundert und in vielen Situationen als angemessenes Verhalten angesehen wird. Cooles
Gehabe ist oftmals der Versuch von Jungen, diesem Bild zu entsprechen und ‘echt männlich’
zu wirken. Verbale, körperliche und sexuelle Übergriffe werden häufig als das Recht von
Jungen und Männern bewertet. Männlichen Kindern und Jugendlichen wird oftmals vermittelt, dass Sexualität nicht nur ein Weg ist, um Nähe und Intimität zu spüren, sondern ebenso
ein Instrument, um Bedürfnisse nach Selbstbestätigung und Kontrolle zu befriedigen. Sie
lernen, dass sie durch grenzüberschreitendes Verhalten ihre „Männlichkeit” beweisen und
Macht über andere ausüben können; ihre Bereitschaft zur Ausübung von Gewalt in jeder
Form wird so gefördert.
Die meisten Missbraucher beginnen ihre Täterkarriere im Jugendalter. Eine früh einsetzende emanzipatorische Jungenarbeit, die Jungen mit der Gesamtheit ihrer Gefühle
annimmt und sie nicht auf die Rolle der kleinen Helden reduziert, kann die überfordernden
und krank machenden Ansprüche des gültigen Männerbildes abschwächen und friedlichere
Konfliktlösungsmöglichkeiten vermitteln.
Viele Jungen sind mit dem übergriffigen Verhalten ihrer Geschlechtsgenossen nicht
einverstanden, doch aus Angst vor Sanktionen trauen sie sich nicht, offen dagegen Stellung
zu beziehen. In einer täterpräventiven Arbeit gilt es, diese Jungen zu stützen und so gewaltfördernde Normen innerhalb der Jungengruppe Schritt für Schritt abzubauen.
Die Verantwortung der Erwachsenen
Täter (Täterinnen) sind „Künstler der Manipulation”. Die Raffinesse, mit der viele von ihnen
vorgehen, um die Wahrnehmung der Opfer zu vernebeln, lässt wenig Hoffnung, dass Mädchen
und Jungen ohne Hilfe von Erwachsenen diese Strategien in ihrer Komplexität durchschauen
und sich schützen können. Wir Erwachsenen sind für den Schutz von Mädchen und Jungen
verantwortlich! Wissen ist Macht! Dementsprechend erweitert eine sachgerechte Information
über die Strategien der Täter (Täterinnen) die eigene Handlungskompetenz, um einer sexuel70
len Ausbeutung von Kindern und Jugendlichen vorzubeugen. Wie oft stellen Mütter und
Väter, Pädagoginnen und Pädagogen nach der Aufdeckung eines Missbrauchs fest, dass sie
sich immer darüber gewundert haben, wie dieser Mann (diese Frau) mit dem Kind umging,
sich jedoch gescheut haben, einen falschen Verdacht auszusprechen. Das ist auch nachvollziehbar, zumal keineswegs jede Grenzverletzung ein Hinweis auf einen systematisch vorbereiteten sexuellen Missbrauch ist. Auch gilt es, nicht inflationär mit den Begriffen Täter
und Täterin umzugehen. Doch oftmals muss der Verdacht gar nicht ausgesprochen werden.
In vielen Fällen werden die Anfänge eines langfristig geplanten sexuellen Übergriffes schon
dadurch beendet, dass die erwachsenen Bezugspersonen eines Mädchens/Jungen offen
Stellung beziehen, wenn sie Geschenke an ein Kind als unangemessen groß oder nicht altersentsprechend empfinden, es nicht in Ordnung finden, wenn ein Mädchen wie eine Geliebte
hofiert oder ein Junge wie ein Erwachsener behandelt wird, sie Berührungen und
Bemerkungen gegenüber einer Jugendlichen als zu intim und damit als grenzverletzend
bewerten ... Setzen sich Erwachsene offensiv für das Recht von Mädchen und Jungen auf
sexuelle Selbstbestimmung ein, so werden auch betroffene Kinder und Jugendliche in ihrer
Widerstandskraft bestärkt und bekommen ein Signal, dass sie über grenzverletzende
Erlebnisse sprechen und sich Hilfe holen dürfen. Die Täter (Täterinnen) werden hingegen
vorsichtiger und ziehen sich häufig zurück, wenn sie mitbekommen, dass die Umwelt auf ihre
Grenzverletzungen aufmerksam wird und sie Gefahr laufen, dass ihre Gewalttaten entdeckt
werden.
Entscheidend für eine erfolgreiche Präventionsarbeit ist somit eine erzieherische Grundhaltung, für die Mütter und Väter, ehrenamtliche und professionelle Kontaktpersonen von
Mädchen und Jungen nicht nur sachgerechte Informationen und Mut zur Konfrontation,
sondern ebenso eine Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen, Werten und
Rollenbildern brauchen. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität als
Mann oder Frau und mit den eigenen Mädchen-, Frauen-, Jungen- und Männerbildern. Da es
bisher noch keine Vorbilder für eine präventive Erziehung gibt, kann dieser Anspruch leicht
Gefühle der Überforderung auslösen, die es möglichst zu vermeiden gilt. Die Teilnahme an
Elternabenden, Informations- und Fortbildungsveranstaltungen, das Gespräch mit einer
Beratungsstelle, die Lektüre von Ratgebern können Müttern und Vätern, Pädagoginnen und
Pädagogen helfen, eigene Unsicherheiten in der Erziehung der Kinder besser zu akzeptieren
und den Mut für eine präventive Erziehung zu finden.
71
15. Anhang
Kinderbücher, Materialien und Fachliteratur
Arbeitskreis Kinder- und Jugendschutz Nordrhein-Westfalen: Gegen sexuellen Missbrauch an
Mädchen und Jungen. Ein Ratgeber für Mütter und Väter. Gefördert vom Ministerium für
Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW. Zu beziehen über AJS NRW, Poststr. 15 - 23,
50676 Köln, gegen Briefmarken im Wert von EUR 1,50.
TIPP
Gefühle
Bücher für Mädchen und Jungen
Enders, Ursula/Wolters, Dorothee: „Lilly” und „Luis”
Weinheim: Beltz 2000
Zielgruppe: Mädchen und Jungen ab 1 Jahr
Zwei Pappbilderbücher über kindliche Gefühle,
die zudem Anregungen für eine Präventionsarbeit
vom ersten Lebenstag an geben.
Manske, Christa/Löffel, Heike: Ein Dino zeigt Gefühle.
Ruhnmark: Donna Vita 1996
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 3–7 Jahren
Eine Reise durch verschiedene Emotionen, die abgerundet wird
mit einem zufrieden lächelnden Dino.
Enders, Ursula/Wolters, Dorothee: LiLoLe EigenSinn
Weinheim: Beltz 1996
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 4–9 Jahren
Dieses Bilderbuch über die eigenen Sinne und Gefühle stärkt das
Vertrauen von Mädchen und Jungen in die eigene Wahrnehmung.
Cormier, Robert: Gefühle sind immer dabei.
München: Bertelsmann 2002
Zielgruppe: Mädchen und Jungen ab 14 Jahre
Materialien für Mädchen und Jungen
Reichling, Ursula/Wolters, Dorothee: Hallo, wie geht es dir? Gefühle
ausdrücken lernen.
Mühlheim a. d. Ruhr: Verlag an der Ruhr 1994
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 3–10 Jahren
Ein ausgezeichnetes Präventionsmaterial. Das Begleitheft enthält
zahlreiche Spielanleitungen und Kopiervorlagen.
Blattmann, Sonja: Alarm! Alarm!
Lieder für mutige Mädchen und Jungen ... und alle, die es werden
wollen.
Ruhnmark: Donna Vita 1999
Zielgruppe: Mädchen/Jungen von 3–10 Jahren
Sonja Blattmann singt davon, wie Mädchen und Jungen Spaß am
Leben haben (können), wie sie selbstbewusst für sich eintreten und
wie sie sich Hilfe suchen können.
Enders, Ursula/Wolters, Dorothee: Gefühlequartett
Ruhnmark: Donna Vita 1999
Zielgruppe: Mädchen/Jungen von 3–10 Jahren
Sonja Blattmann singt davon, wie Mädchen und Jungen Spaß am
Leben haben (können), wie sie selbstbewusst für sich eintreten und
wie sie sich Hilfe suchen können.
„Eine Explosion von Denken und Fühlen.“
72
73
Kinderbücher, Materialien und Fachliteratur
Geschlechtsspezifische Prävention
Bücher und Materialien für die Arbeit mit Mädchen
und Jungen
Hoffmann, Atze-Klaus W./Baltscheit, M.: Junge, Junge!
Uccello, 1998
Zielgruppe: Jungen im Grundschulalter
Fetzige Musik über die vielen Seiten von Jungs: die leisen,
die zärtlichen und die mutigen.
Grote, Christoph/Reidt, Guido/Wegner, Lothar:
Bennys Beziehungskiste.
Reisten, 1998
Bezug über Donna Vita, Kaiserstr. 139-141. 53113 Bonn
Zielgruppe: männliche Jugendliche ab 13 Jahre, Männer
Bennys Beziehungskiste ist ein Ereignis- und Entscheidungsspiel,
welches männliche Jugendliche zum Nachdenken anregt und mit
Spaß ins Gespräch bringt.
Mebes, Marion: Stück für Stück. Sicher*Stark*Selbstbewusst.
Ruhnmark: Donna Vita 1998
Zielgruppe: Mädchen ab 9 Jahre, jugendliche Mädchen, Frauen
„Stück für Stück“ ist ein Spiel, durch das Mädchen und Frauen
lernen, gemeinsam Handlungsstrategien zu entwickeln, um sich
sicher, stark und selbstbewusst bewegen zu können. Die Spielkarten
können entsprechend der jeweiligen Altersgruppe gewählt werden.
Zartbitter, Köln: Von der Rolle. Songs für die Präventionsarbeit
mit jugendlichen Mädchen und Jungen.
Zum downloaden unter www.zartbitter.info
74
Götz, Barbara/Späth, Gabi: Ich bin stark. Selbstverteidigung für
Mädchen.
Würzburg: Arena 2002
Zielgruppe: Mädchen ab 10 Jahre
Auf sehr einfache und wirkungsvolle Weise wird sowohl das körperliche als auch das mentale Training näher gebracht. Das ultimative
Mutmachbuch für schlagfertige Mädchen.
Finke, Regina: Weil ich Nein sagen darf.
Freiburg: Christophorus 1998
Zielgruppe: Grundschulpädagogen/innen
Mit Bedacht geschriebener Ratgeber für Pädagoginnen und
Pädagogen, die im Umgang mit Kindern im Grundschulalter offensiv
auftauchende Fragen zu Sexualität, Körperlichkeit, Grenzen,
Freiheiten und Rechten tragen wollen. Mit Tipps zur Prävention und
zur sinnvollen und sinnlichen Sexualaufklärung.
Wortberg, Christiane: „Macht uns nicht an!”
Tipps und Tricks zur Selbstbehauptung von Mädchen für Mädchen.
Münster: Unrast 2001
Zielgruppe: jugendliche Mädchen
Rohrmann, Tim: Echte Kerle. Jungen und ihre Helden.
Reinbek: Rowohlt Taschenbuch 2001
Zielgruppe: Eltern, pädagogische Fachkräfte
Acht Mädchen erzählen über ihre Erfahrungen und motivieren
die jungen Leserinnen, sich selbst zu behaupten.
Dieses Buch ist eine Einladung, die Lebenssituation von Jungen und
die für sie geschaffene Spiel- und Medienwelt neu zu betrachten.
Fachbücher
Rhyner, Thomas/Zumwald, Bea (Hg.): Coole Mädchen – starke
Jungs. Ratgeber für eine geschlechtsspezifische Pädagogik.
Stuttgart: Paul Haupt 2002
Eine gute Reflektion geschlechtsspezifischer Pädagogik, mit Ideen
sowohl für Mädchen- als auch Jungenarbeit.
Seyffert, Sabine: Kleine Mädchen. Starke Mädchen.
Spiele und Phantasiereisen, die mutig und selbstbewusst machen.
München: Kösel 2000
Zielgruppe: Mädchen im Grundschulalter
In diesem Buch werden Spiele, Lieder und Phantasiereisen
dargestellt, die Mädchen im Grundschulalter stärken.
Landschaftsverband Rheinland: Nein, das will ich nicht.
Eine Broschüre über sexuelle Gewalt für Frauen mit geistiger
Behinderung.
Bezug über: Landschaftsverband Rheinland, Gleichstellungsamt,
Kennedy-Ufer 2, 50679 Köln
Zielgruppe: Pädagoginnen/Pädagogen, jugendliche
Mädchen, Frauen
Diese Broschüre soll betroffene Mädchen und Frauen unterstützen
und sie ermutigen, bestehende Hilfsangebote zu nutzen.
Körper, Sexualität, Aufklärung
Bücher für Mädchen und Jungen:
Fagerström, Grethe/Hannsson, Gunilla: Peter, Ida, Minimum.
Ravensburg: Ravensburger 1992
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 3–9 Jahren
Ein liebevolles und kindgerechtes Aufklärungsbuch, das Mädchen
und Jungen vom dritten Lebensjahr bis ins Grundschulalter
begleitet.
Rübel, Doris: Wieso? Weshalb? Warum? Woher die kleinen Kinder
kommen.
Ravensburg: Ravensburger 2001
Zielgruppe: Mädchen/Jungen ab 4 Jahre
Dieses Sachbuch gibt Kindern altersgerechte Antworten auf die
Fragen: Woher kommen die Babys? Warum gibt es Mädchen und
Jungen? Und was passiert bei der Geburt?
Enders, Ursula/Wolters, Dorothee: Wir können was, was ihr nicht
könnt!
Weinheim: Beltz 1994
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 4–9 Jahren
Ein multikulturelles Bilderbuch über Zärtlichkeit und Doktorspiele,
das Regeln für altersentsprechende kindliche Doktorspiele aufzeigt
und Kinder stärkt, um sich gegenüber sexuellen Übergriffen durch
Gleichaltrige und Jugendliche leichter abgrenzen zu können.
Furian, Martin: Das Buch vom Liebhaben.
Wiesbaden: Quelle u. Meier 2001
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 8-12 Jahren
75
Kinderbücher, Materialien und Fachliteratur
Schneider, Sylvia/Rieger, Birgit: Das Aufklärungsbuch.
Ravensburg: Ravensburger 2000
Zielgruppe: Mädchen und Jungen ab 10 Jahre
Eine einfühlsame Hinführung an das Thema Sexualität, erste Liebe
und an die körperliche und seelische Veränderung während der
Pubertät.
Braun, Joachim/Kunz, Daniel: Weil wir Jungen sind. Körper,
Sexualität und Lust.
Reinbek: rororo 1997
Zielgruppe: Jungen (ab 13 Jahre)
Broschüren für Mütter, Väter, Pädagoginnen und
Pädagogen
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Körper.
Liebe, Doktorspiele. Ein Ratgeber für Eltern zur kindlichen
Sexualentwicklung vom 1. bis 3. Lebensjahr.
Köln 2001. Kostenlos über: BZgA, 51101 Köln, oder per
Fax: 0221 - 899 22 57; Best.-Nr. 136 601 00.
Diese Broschüre informiert Mütter und Väter, wie sie ihr Kind
beim Entdecken seines Körpers, bei der Erfahrung seiner sinnlichen
Fähigkeiten und seiner Sexualität unterstützen können.
Dieses kleine Nachschlagewerk beantwortet die Fragen männlicher
Jugendlicher zu Körper, Sexualität und Lust.
Schneider, Sylvia: Girls Talk. Was Mädchen wissen wollen über
Liebe, Lust und Leidenschaft.
München: Arena 1999
Zielgruppe: Mädchen (ab 13 Jahre)
Dieser informativ aufgemachte Ratgeber bleibt Mädchen keine
Antwort schuldig.
Schneider, Sylvia: Boys Talk. Was Jungen wissen wollen über Liebe,
Lust und Leidenschaft.
München: Arena 1999
Zielgruppe: Jungen (ab 13 Jahre)
Dieser unkonventionelle Ratgeber gibt Jungen ehrliche und altersentsprechende Antworten auf ihre Fragen.
Mennen, Patricia/Rieger, Birgit: „Let’s talk about love.”
Ravensburg: Ravensburger 2002
Zielgruppe: Mädchen und Jungen ab 13 Jahre
Einfühlsame und kompetente Antworten auf alle Fragen über
die Themen Liebe, Partnerschaft und Sexualität.
76
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Körper.
Liebe, Doktorspiele. Ein Ratgeber für Eltern zur kindlichen
Sexualentwicklung vom 4. bis 6. Lebensjahr.
Köln 2001. Kostenlos über: BZgA, 51101 Köln oder per
Fax: 0221 - 899 22 57; Best.-Nr. 136 602 00.
ajs – Aktion Jugendschutz (Hg.): Manske-Herlyn, Bernhild:
Sexualerziehung und Prävention von sexueller Gewalt.
Kommentierte Bücher und Materialsammlung für Jugendliche und
Fachleute.
Gefördert von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,
Köln, 1998.
Zu beziehen über: BZgA, 51101 Köln, oder per
Fax: 0221.-.899 22 57, Bestellnummer: 1300 7000.
Fachbücher
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA):
Sexualerziehung, die ankommt ... Leitfaden für Schule und außerschulische Jugendarbeit zur Sexualerziehung von Mädchen und
Jungen der 3.–6. Klasse.
Köln 1999 – zu beziehen über: BZgA, 51101 Köln.
Basisinformationen, Literaturliste und Medien, Richtlinien der
Länder und Arbeitsblätter.
Färber, Hans - Peter; Lipps, Wolfgang; Seyfarth, Thomas: Sexualität
und Behinderung.
Tübingen: Alltempo 1998
Die Autorinnen/Autoren greifen medizinische, ethische, pädagogische, psychologische und juristische Aspekte zum Thema Sexualität
und Behinderung auf.
Valtl, Karl-Heinz: Sexualpädagogik in der Schule.
Weinheim: Beltz 1998
Der Autor entwickelt Bausteine für den Unterricht.
Themenschwerpunkte: ich und die anderen, Körper, Sinne,
Vertrauen, Geschlecht, Sexualität, Identität, Werte, Sprache ...
Bücher und Materialien, die sexuelle Übergriffe/sexuellen Missbrauch beim Namen
nennen
Bücher für Mädchen und Jungen
Mebes, Marion/Sandrock, Lydia: Kein Küsschen auf Kommando.
Ruhnmark: Donna Vita 2000
Zielgruppe: alle, die mit Kindern leben und arbeiten;
Mädchen/Jungen von 2–9 Jahren
Ein Bilderbuch, das Mädchen und Jungen stärkt und ebenso
Erwachsene auffordert, die Grenzen von Kindern zu achten.
Enders, Ursula/Wolters, Dorothee: SchönBlöd.
Weinheim: Beltz 1999
Zielgruppe: alle, die mit Kindern leben und arbeiten;
Mädchen/Jungen von 2–9 Jahren
Zartbitter Köln: Komm mit – hau ab! Lieder für starke Mädchen und
Jungen.
Weinheim: Beltz 1997, über den Buchhandel erhältlich
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 4–10 Jahren
Die musikalisch anspruchsvollen Songs gehen in Kopf und Bauch
und sprechen alle Themen rund um die Präventionsarbeit an.
Enders, Ursula/Boehme, Ulfert/Wolters, Dorothee: Lass das – Nimm
die Finger weg! Ein Comic für Mädchen und Jungen im Grundschulalter.
Gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend.
Weinheim: Beltz 1997
Zielgruppe: Mädchen/Jungen von 6–10 Jahren
Ein Comic mit Selbstbehauptungstipps für Mädchen und Jungen im
Grundschulalter.
Irwin, Hadley: Liebste Abby.
Weinheim: Beltz & Gelberg 1999
Zielgruppe: Mädchen und Jungen von 12–15 Jahren
Ein Taschenbuch über die Geschichte einer von sexueller
Ausbeutung betroffenen Jugendlichen und ihren Freund, der zu
ihr hält. Empfehlenswerte Schullektüre.
Talbert, Marc: Das Messer aus Papier.
Weinheim: Beltz & Gelberg 2002
Zielgruppe: Jungen und Mädchen ab 13 Jahre
Das Buch beschreibt die Gefühle betroffener Jungen und wie viel
Kraft es ihnen abverlangt, ihre sexuellen Gewalterfahrungen aufzudecken. Ein Buch, das hilft, sexuell missbrauchte Jungen besser zu
verstehen.
Das Bilderbuch, das nicht nur sexuellen Missbrauch benennt, sondern ebenso mit viel Humor Alltagssituationen beschreibt und
Kinder ermutigt, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen.
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Kinderbücher, Materialien und Fachliteratur
Bain, Quainé/Sanders, Maureen: Wege aus dem Labyrinth. Fragen
von Jugendlichen zu sexuellem Missbrauch.
Berlin: Donna Vita 1993
Zielgruppe: jugendliche Mädchen (und Jungen)
Der bisher einzige deutschsprachige Ratgeber, der sich direkt an
jugendliche Mädchen und Jungen richtet.
Weinstein, Nina: Keine Geheimnisse mehr.
München: dtv pocket plus 1999
Zielgruppe: jugendliche Mädchen
STOPP heißt Stopp – jeder Junge hat seine eigene Art, Stopp zu
sagen (9–12 Jahre).
Einzelexemplare dieses integrativen und multikulturellen Materials
können gegen einen mit EUR 1,12 frankierten Rückumschlag bezogen werden. Größere Stückzahlen gegen Unkostenbeitrag erhältlich
über Zartbitter Köln, Sachsenring 2 - 4, 50677 Köln.
Zielgruppe: Jungen von 8–13 Jahre.
Das mit Illustrationen von elf Jungen unterschiedlicher Nationalitäten gestaltete Leporello vermittelt, dass es keinesfalls unmännlich
ist, STOPP zu sagen und sich Hilfe zu holen, wenn jemand die
eigenen Grenzen verletzt. Gleichzeitig gilt es das STOPP anderer
Mädchen und Jungen zu achten.
Das Buch zeigt den Weg der 16-jährigen Amanda, ihre Sprachlosigkeit zu überwinden und von sexuellem Missbrauch zu sprechen.
Dirks, Liane: Die liebe Angst.
München: BTB-Goldmann 1997
Zielgruppe: Jugendliche ab 14 Jahre und Erwachsene
Dieses Buch schildert mit großer Sensibilität das Erleben eines
kleinen Mädchens, das ebenso wie die Schwester durch den Vater
sexuell missbraucht wird.
Materialien und Broschüren für Mädchen und Jungen
Tipps für Kids. Selbstbehauptungsregeln für Mädchen und Jungen
im Grundschulalter.
Gefördert durch das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und
Gesundheit des Landes NRW.
Einzelexemplare können gegen einen mit EUR 0,56 frankierten
Rückumschlag bezogen werden. Größere Stückzahlen gegen
Unkostenbeitrag erhältlich über Zartbitter Köln, Sachsenring 2 - 4,
50677 Köln.
Zielgruppe: alle, die mit Kindern leben und arbeiten;
Mädchen/Jungen ab 7 Jahre
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Die „Tipps“ vermitteln Mädchen und Jungen Selbstbehauptungsregeln gegen sexuelle Grenzverletzungen. Müttern, Vätern, Pädagoginnen und Pädagogen geben sie wertvolle Tipps für eine präventive
Erziehung. Empfehlenswertes Material für die Elternarbeit. Übersetzung des Textes in zahlreiche Sprachen unter (www.zartbitter.de)
Die Nachricht. Taschenheft für Jungen über sexuellen Missbrauch an
Jungen.
Einzelexemplare können gegen einen mit EUR 1,12 frankierten
Rückumschlag bezogen werden. Größere Stückzahlen gegen
Unkostenbeitrag erhältlich über Zartbitter Köln, Sachsenring 2 - 4,
50677 Köln.
Zielgruppe: männliche Jugendliche ab 11 Jahre; erwachsene Männer;
alle, die mit Jungen leben und arbeiten.
Das Taschenheft informiert über sexuelle Ausbeutung von Jungen
und zeigt Möglichkeiten der Hilfe auf. Ebenso als Informationsbroschüre für die Elternarbeit geeignet.
Nein ist NE!N. Selbstbehauptungstipps für Mädchen (ab 12 Jahre).
Gefördert durch das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und
Gesundheit des Landes NRW.
Bezug: Einzelexemplare dieses integrativen und multikulturellen
Materials können gegen einen mit EUR 1,12 frankierten Rückumschlag bezogen werden. Größere Stückzahlen gegen Unkostenbeitrag erhältlich über Zartbitter Köln, Sachsenring 2 - 4, 50677 Köln.
Zielgruppe: Mädchen von 8–13 Jahren
Das mit Illustrationen von elf Mädchen unterschiedlicher Nationalitäten gestaltete Leporello gibt Informationen über die Strategien
von Tätern und Täterinnen und ermuntert jugendliche Mädchen, sich
gegenüber sexuellen Übergriffen durch Gleichaltrige und Erwachsene abzugrenzen und sich Hilfe zu holen. Übersetzung des Textes in
zahlreiche Sprachen unter (www.zartbitter.de)
Mädchenprojekt Rostock: Selma. Ein Computer-Adventure aus
dem richtigen Leben.
Ruhnmark: Donna Vita 1996 CD-Rom (DOS und Mac)
Zielgruppe: Pädagoginnen, Mädchen ab 13 Jahre
Ein interaktiver Ratgeber über sexuellen Missbrauch, der sich
hervorragend für die Mädchenarbeit eignet.
Materialien für Pädagoginnen und Pädagogen
Braun, Gisela: Ich sag NEIN.
Mülheim: Verlag an der Ruhr, überarbeitete Neuauflage 1999
Zielgruppe: Pädagoginnen und Pädagogen, Mütter und Väter von
Kindern im Vor- und Grundschulalter
Eine umfangreiche Zusammenstellung von Spielideen, Reimen,
Geschichten, Liedern ...., die deutlich macht, wie viel Spaß
Präventionsarbeit bereiten kann.
Zartbitter Köln (Hg.): Auf den Spuren starker Mädchen. Cartoons
für Mädchen – diesseits von Gut und Böse.
von Irmgard Schaffrin und Dorothee Wolters
Köln: Zartbitter-Eigenverlag.
Bezug: Zartbitter Köln, Sachsenring 2 - 4, 50677 Köln.
Zielgruppe: Pädagoginnen; jugendliche Mädchen ab 12 Jahre
Die Cartoons zeigen starke Mädchen, die selbstbewusst Rollenzuweisungen in Frage stellen und mutig eigene Interessen vertreten.
Mit ausführlichem Begleittext für Pädagoginnen und Kopiervorlagen.
Zartbitter Köln (Hg.): Ey Mann, bei mir ist es genauso!
Cartoons für Jungen – hart an der Grenze vom Leben selbst gezeichnet.
von Burkhard Fritsche und Rainer Neutzling
Köln: Zartbitter-Eigenverlag Bezug: Zartbitter Köln,
Sachsenring 2 - 4, 50677 Köln.
Zielgruppe: Pädagogen; jugendliche Jungen ab 12 Jahre
Die Jungen der Cartoons werden in Alltagssituationen gezeigt, in
denen entweder ihre eigenen Grenzen verletzt werden oder sie
die Grenzen anderer missachten. Mit ausführlichem Begleittext für
Pädagogen und Kopiervorlagen.
Arbeitskreis „Das misshandelte Kind“, Köln (Hg.): Die eigenen
Schritte planen – überlegt handeln. Leitfaden für Fachkräfte in
Kindertageseinrichtungen und in Schulen zum Umgang mit der
Vermutung des sexuellen Missbrauchs an Mädchen und Jungen.
Gefördert durch das Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und
Gesundheit des Landes NRW.
Köln 2001. Bis zu 3 Exemplare gegen einen mit EUR 1,53 frankierten Din-A4-Rückumschlag; bis zu 25 Exemplare gegen EUR 2,56 in
Briefmarken zu beziehen über: Zartbitter e.V., Sachsenring 2 - 4,
50677 Köln.
Zielgruppe: Pädagoginnen und Pädagogen
Dieser Leitfaden hilft, bei der Vermutung eines sexuellen Missbrauchs ruhig und besonnen zu handeln sowie die Unterstützung
eines Fachdienstes zu finden.
Fachbücher
Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW (Hg.):
Sexueller Missbrauch an Mädchen und Jungen. Sichtweisen und
Standpunkte zur Prävention.
Köln: Drei-W 1998
Unterschiedliche Autorinnen und Autoren aus verschiedenen
Fachbereichen tragen Hintergründe, Sichtweisen, Meinungen und
Bewertungen zum Thema Prävention zusammen.
Bange, Dirk/Enders, Ursula: Auch Indianer kennen Schmerz.
Sexuelle Gewalt gegen Jungen – Ein Handbuch.
Köln: Kiepenheuer & Witsch 1995
Dieses Handbuch analysiert die Belastungen einer geschlechtsspezifischen Sozialisation für (von sexueller Gewalt betroffenen)
Jungen, beschreibt die Gefühle männlicher Opfer und vermittelt
konkrete Anleitung für Beratung und Therapie mit Betroffenen.
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Kinderbücher, Materialien und Fachliteratur
Bange, Dirk/Körner, Wilhelm (Hg.): Handwörterbuch Sexueller
Missbrauch.
Göttingen: Hogrefe 2002
Ein Nachschlagewerk für wissenschaftlich interessierte Fachkräfte,
das einen Überblick über die internationale Fachdiskussion und den
aktuellen Forschungsstand vermittelt.
Dieser interdisziplinäre Ratgeber gibt wertvolle Hilfestellungen
für die Kooperation von Justiz und Jugendhilfe im Rahmen der
Begleitung kindlicher und jugendlicher Opfer im Strafverfahren.
Becker, Monika: Sexuelle Gewalt gegen Mädchen mit geistiger
Behinderung. Daten und Hintergründe.
Heidelberg: Uni-Verlag Winter 2001
Fegert, Jörg M.: Handlungsmöglichkeiten bei sexuellem Missbrauch
und anderem Fehlverhalten in Institutionen der Kinder- und
Jugendhilfe.
Weinheim: Beltz 2002
In Auswertung nordamerikanischer Forschungsergebnisse reflektiert
die Autorin den Stand der bundesdeutschen Fachdiskussion zur
Problematik der sexuellen Ausbeutung von Menschen mit Behinderungen.
In diesem Sammelband beleuchten Fachkräften aus Jugendhilfe,
Justiz und Politik unterschiedliche Aspekte der sexuellen
Ausbeutung von Mädchen und Jungen durch Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen aus Institutionen.
Enders, Ursula (Hg.): Zart war ich, bitter war's. Handbuch gegen
sexuellen Missbrauch.
Köln: Kiepenheuer & Witsch 2001
Heiliger, Anita: Täterstrategien und Prävention.
München: Frauenoffensive 2000
Dieser in einer leicht verständlichen Sprache geschriebene Ratgeber
leistet einen Theorie-Praxis-Transfer. Er beschreibt nicht nur
Ursachen, Ausmaß und Folgen der sexuellen Ausbeutung von
Kindern, sondern gibt ebenso zahlreiche Hilfestellungen in vielen
praxisrelevanten Fragestellungen: z.B. „Missbrauch in Institutionen”,
„Frauen als Täterinnen”, „Hilfen für die Opfer”, „Hilfen für jugendliche Täter”, „Strafanzeige – ja oder nein?”.
Fastie, Friesa: Ich weiß Bescheid. Ein Rechtsratgeber für Mädchen
und junge Frauen.
Bonn: Donna Vita 2001
Ein ausgezeichneter Rechtsratgeber, der nicht nur betroffenen
Mädchen und Frauen bei der Erstattung einer Strafanzeige eine
wertvolle Hilfe ist, sondern ebenso allen Kontaktpersonen betroffener Kinder und Jugendlicher.
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Fastie, Friesa: Opferschutz im Strafverfahren.
Opladen: Leske und Budrich Verlag 2002
Diese Studie beschreibt eindrucksvoll die Strategien der Täter bei
innerfamilialer sexueller Ausbeutung und zieht Schlussfolgerungen
für die Entwicklung von Konzepten einer Präventionsarbeit, die der
Verantwortlichkeit von Erwachsenen für den Schutz von Kindern
Rechnung tragen.
Autorengruppe Tauwetter: Tauwetter. Ein Selbsthilfe-Handbuch für
Männer, die als Junge sexuell missbraucht wurden.
Ruhnmark: Donna Vita 1998
Ein fachlich fundiertes Buch über Möglichkeiten der
Selbsthilfearbeit betroffener Männer.
Empfehlung: Donna Vita,
pädagogisch therapeutischer Fachhandel, verschickt auf Anfrage
einen Katalog, in dem ausgewählte Bücher und Materialien
zur Sexualerziehung und Präventionsarbeit vorgestellt werden.
Donna Vita Fachhandel, Kaiserstr. 139 - 141, 53113 Bonn,
Tel.: 0228 - 289 12 00.
Hilfen für betroffene Mädchen und Jungen
und ihre Vertrauenspersonen
Literatur
Kompetente Hilfe finden Sie im Telefonbuch unter folgenden
Stichworten:
- Anlauf- und Beratungsstelle für Mädchen und Frauen
- Ärztliche Beratungsstelle
- Beratungsstelle für Eltern, Jugendliche und Kinder
- Beratungsstelle für Familien
- Beratungsstelle für Frauen und Mädchen
- Deutscher Kinderschutzbund
- Erziehungsberatungsstelle
- Evangelische Beratungsstelle
- Familienberatungsstelle
- Frauenberatungsstelle
- Frauen helfen Frauen
- Frauen-Notruf
- Frauenzentrum
- Katholische Beratungsstelle
- Jugendberatungsstelle
- Mädchenberatung/Mädchenhaus/Mädchentreff/Mädchenzentrum
- Männerbüro, Männer gegen Männergewalt
- Notruf ...
- Pro Familia
- Psychologische Beratungsstelle
- Stadtverwaltung: Jugendamt, Frauenamt,
Gleichstellungsbeauftragte
- Verein gegen sexuelle Gewalt
- Wildwasser
- Zartbitter
Abel, Gene/Rouleau, Joanne (1990): The Nature and Extent of
Sexual Assult. In: Marshall, W. u.a. (Hg.): Handbook of Sexual Assult:
Issues, Theories and Treatment of the Offender. New York 1990: 9-21.
Die Beratungsstellen, die in Nordrhein-Westfalen Hilfen für
sexuell missbrauchte Mädchen und Jungen und ihre Kontakt- und
Vertrauenspersonen anbieten, finden sie außerdem im Internet
unter www.mgsff.nrw.de
Deegener, Günther (1999): Diagnostik und Therapie von psycho
sexuell auffälligen männlichen Jugendlichen. In: KiZ – Kind im
Zentrum im EJF – Evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk (Hg.):
Wege aus dem Labyrinth. Erfahrungen im familienorientierter
Arbeit zu sexuellem Missbrauch. Eigenverlag. Berlin 1999: 92-110.
Enders (2001) (Hg.): Zart war ich, bitter war’s. Handbuch gegen
sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen. Vollständig überarbeitete und erweiterte Neuauflage. Köln 2001.
Heiliger, Anita (2000): Täterstrategien und Prävention. Sexueller
Missbrauch an Mädchen innerhalb familialer und familienähnlicher
Strukturen. München 2000.
Julius, Henri/Boehme, Ulfert (1997): Sexuelle Gewalt gegen Jungen.
Eine kritische Analyse des aktuellen Forschungsstandes. Göttingen
1997.
Heyne, Claudia (1996): Täterinnen. Stuttgart 1996.
Kavemann, Barbara (1999): Viel schlimmer oder halb so schlimm?
Wenn Frauen Mädchen und Jungen sexuell missbrauchen. In:
Wodtke-Werner, V./Mähne, U. (Hg.): „Nicht wegschauen!“ Vom
Umgang mit Sexual(straf)tätern. Baden-Baden 1999: 31-44.
Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW
(Hg.): Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Sport. Studie,
Tagungsdokumentation. Dokumente und Berichte 46. Düsseldorf
1998.
Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW
(Hg.): Wann wird ein Mann zum Täter? „Psycho- und Soziogenese
von männlicher Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen“ – Eine
Literaturauswertung. Dokumente und Berichte 35. Düsseldorf 1996.
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Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW:
Thesenpapier zur häuslichen Gewalt. Runder Tisch zur Bekämpfung
der Gewalt gegen Frauen in NRW. Bestellungen unter
www.mfjfg.nrw.de
Raupp, U./Eggers, Ch. (1993): Sexueller Missbrauch von Kindern.
Eine regionale Studie über Prävalenz und Charakteristik. In:
Monatsschrift Kinderheilkunde Vol. 141/1993: 316-322.
Wetzels, Peter (1997): Gewalterfahrungen in der Kindheit. Sexueller
Missbrauch, körperliche Misshandlung und deren langfristige
Konsequenzen. Baden-Baden 1997.
Notizen
Emfehlenswerte websites
www.bke.sorgenchat.de
www.bzga.de
www.dasberatungsnetz.de
www.dji.de/ikk
www.jugendschutz.de
www.kidcarenet.de
www.kinderschutzzentren.de
www.mgsff.nrw.de
www.tauwetter.de
www.zartbitter.de
Beratung im Internet
Online-Beratung unter www.profamilia-online.de, ein bundesweites Angebot, gefördert durch das Sozialministerium BadenWürttemberg.
e-mail-Beratung
e-mail-Beratung für Jugendliche unter www.sexundso.de, ein
bundesweites Angebot von Pro Familia Niedersachsen, gefördert
durch das Niedersächsische Ministerium für Frauen, Arbeit und
Soziales.
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Notizen