Inhaltsverzeichnis - beim Kanton Aargau

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Inhaltsverzeichnis - beim Kanton Aargau
Inhaltsverzeichnis
1.
ZUSAMMENFASSUNG
2.
AUSGANGSLAGE
2.1
Planungsbericht Suchthilfe
2.2
Suchtmittelmissbrauch
2.2.1 Legale Suchtmittel
2.2.1.1 Alkohol
2.2.1.2 Medikamente
2.2.1.3 Tabak/Nikotin
2.2.2 Illegale Suchtmittel
2.2.2.1 Entwicklung
2.2.2.2 Cannabis
2.2.2.3 Ecstasy
2.2.2.4 Andere Stoffe
2.2.3 Drogen und Aids/HIV
2.2.4 Stoff-ungebundene Abhängigkeiten
2.2.4.1 Spielsucht
2.2.4.2 Internet/Videogamesucht
2.2.4.3 Essstörungen
2.3
Drogenszenen
2.4
Rückführungen
2.5
Kostenfolgen
10
10
10
10
10
14
16
18
18
21
23
24
26
27
27
28
28
29
29
31
3.
AUFTRAG UND VORGEHEN
32
4.
BEGRIFFE
4.1
Abhängigkeit
4.2
Suchtprävention
4.2.1 Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention
4.2.2 Suchtprävention / Gesundheitsförderung
32
32
33
33
35
5.
SUCHTHILFE
5.1
Suchtprävention
5.2
Therapie
5.2.1 Ambulante Beratung und Therapie
5.2.2 Entzug
5.2.3 Stationäre Suchttherapie
5.2.4 Heroingestützte Behandlung
5.3
Schadensverminderung
5.4
Repression
36
36
38
38
41
41
42
42
43
6.
RECHTSGRUNDLAGEN UND ZUSTÄNDIGKEITEN
6.1
Rechtsgrundlagen
6.1.1 Bundesrecht
6.1.1.1 Betäubungsmittelgesetz
6.1.1.2 Lebensmittelgesetz
6.1.1.3 Alkoholgesetz
44
44
44
44
45
45
6
3
6.2
7.
•
DIE SUCHTHILFE IM KANTON AARGAU
Leitsatz 1
7.1
•
6.1.1.4 Strafgesetzbuch
6.1.2 Kantonales Recht
Zuständigkeiten
Organisation
Leitsatz 2
7.2
Suchtprävention
7.2.1 Ziele
7.2.2 Entwicklung
7.2.3 Ist-Zustand
7.2.4 Ausblick
45
45
46
48
48
49
49
50
50
50
51
54
•
Leitsatz 3
56
•
Leitsatz 4
57
7.3
7.4
•
Leitsatz 5
7.5
7.6
•
Stationärer Suchtmittel-Entzug
7.5.1 Ziele
Stationäre Suchtmitteltherapie
7.6.1 Ziele
7.6.2 Entwicklung
7.6.3 Ist-Zustand
7.6.4 Ausblick
Leitsatz 6
7.7
7.8
4
Sucht-Info Aargau
7.3.1 Ziele
7.3.2 Entwicklung
7.3.3 Ist-Zustand
7.3.4 Ausblick
Ambulante Suchtberatung
7.4.1 Ziele
7.4.2 Entwicklung
7.4.3 Ist-Zustand
7.4.4 Ausblick
Heroingestützte Behandlung
7.7.1 Ziele
7.7.2 Entwicklung
7.7.3 Ist-Zustand
7.7.4 Ausblick
Substitutionsbehandlungen
7.8.1 Ziele
7.8.2 Methadonprogramme
57
57
57
58
58
58
58
59
60
61
62
63
63
64
64
64
65
67
67
68
68
68
68
69
69
69
69
7.9
7.10
7.11
7.12
•
Schadensverminderung
7.9.1 Ziele
Repression
Weitere Akteure
Gesamtbeurteilung
Leitsatz 7
70
70
71
71
71
70
8.
PRIORITÄTEN
72
9.
KOSTEN
72
ANHÄNGE
I
Quellen
75
II
Auswertung der Umfrage zum Planungsbericht IV Suchthilfe
76
III
Kantonale Suchtmittelkommission (Amtsperiode 2001/04)
77
IV
Rundschreiben an die Ärzte- und Apothekerschaft
78
V
Merkblatt zur Methadonbehandlung im Kanton Aargau
80
VI
Suchtmittel
84
5
1. ZUSAMMENFASSUNG
Der Planungsbericht III Suchthilfe wurde vom Grossen Rat des Kantons Aargau
am 23. Juni 1998 genehmigt. Die wichtigsten Auswirkungen dieses Berichts stellten der Ausbau der Suchtpräventionsstellen von 470 auf 600 Stellen-% sowie die
Einrichtung der heroingestützten Behandlung dar.
Drogenpolitisch hatte das Schweizer Volk seit dieser Zeit zweimal die Gelegenheit, an der Urne wichtige Entscheide zu fällen:
•
29. November 1998: "Volksinitiative für eine vernünftige Drogenpolitik"
Die Initiative, auch unter dem Namen "Droleg" bekannt, hatte eine sehr permissive
Drogenpolitik zum Ziel. Sie wurde im Stimmenverhältnis von 74 % zu 26 % (AG:
74 %/26 %) abgelehnt. Mit einem vergleichbaren Resultat (CH: 70.7 %/29.3 %,
AG: 70 %/30 %) sagte der Souverän bereits am 28. Sept. 1997 auch zur konträr
ausgerichteten Volksinitiative "Jugend ohne Drogen" nein.
•
13. Juni 1999. "Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin"
Der definitiven gesetzlichen Grundlage für die heroingestützte Behandlung stimmte das Schweizer Volk im Stimmenverhältnis von 54.4 % zu 45.6 % zu (AG: 53
%/47 %).
Weitere Hauptmerkmale dieser Zeitspanne waren:
Einführung eines Einheitssteuersatzes auf Spirituosen
Im Rahmen der GATT/WTO-Abkommen besteuert die Schweiz seit dem 1. Juli
1999 einheimische und eingeführte Spirituosen einheitlich, und zwar mit Fr. 29.-pro Liter reinem Alkohol. Die ausländischen Produkte wurden dadurch markant
billiger. Eine wissenschaftliche Begleitstudie hat gezeigt, dass der Spirituosenkonsum kurzfristig (1999) markant stieg und im Folgejahr wieder etwas abnahm. Dagegen wurden weniger Bier und Wein getrunken. Im Saldo beschreibt die Eidgenössische Alkoholverwaltung die Zunahme des Konsums von Spirituosen seit der
Einführung des Steuersatzes im Frühling 2001 mit 12%. Man wird die weitere
Entwicklung aufmerksam beobachten.
6
Etablierung der heroingestützten Behandlung
Im November 1992 wurde die Verordnung über "die Förderung der wissenschaftlichen Begleitforschung zur Drogenprävention und Verbesserung der Lebensbedingungen Drogenabhängiger" vom Bundesrat in Kraft gesetzt. Auf dieser Grundlage
fanden ab 1994 die ersten Versuchsprogramme zur ärztlichen Verschreibung von
Betäubungsmitteln statt. 1999 wurde mit einem Bundesbeschluss die definitive
gesetzliche Grundlage geschaffen. Im Mai dieses Jahres waren vom Bund insgesamt 1'209 Behandlungsplätze bewilligt, wovon zu dieser Zeit 1'084 belegt waren.
Das aargauische Projekt wurde am 21. Sept. 1999 vom Grossen Rat des Kantons
Aargau bewilligt und ein Jahr später startete die HAG (Heroingestützte Behandlung Kanton Aargau).
Situation der stationären Einrichtungen der Suchtmittelrehabilitation
Eine enorm schwierige Phase durchleben seit 1998 die stationären Therapieeinrichtungen. Eine radikale Änderung der Finanzierungspraxis durch das Bundesamt
für Sozialversicherungen, die Erarbeitung und Einführung eines landesweiten
Qualitätsmanagementsystems (QuaTheDa), die Überführung in ein neues gesamtschweizerisches statistisches Programm, die Einbindung der stationären
Suchthilfe in die Interkantonale Vereinbarung im Bereich sozialer Einrichtungen,
der Ausbau der heroingestützten Behandlung, die gestiegene Zahl an Substitutionsprogrammen sowie die anhaltende Finanzknappheit der Gemeinden haben
grosse Verunsicherung, ein Nachlassen der Nachfrage und damit existenzielle
Nöte hervorgerufen. In den Jahren 1999/00 mussten in der Schweiz insgesamt 25
Institutionen geschlossen werden, insbesondere auch die Einrichtungen des Vereins Drogenforum Aargau.
Der weitere Anstieg des Cannabiskonsums
Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen hat der Konsum von Cannabis markant zugenommen. Laut neuesten Untersuchungen verfügen über 50 %
der 15 bis 24-Jährigen über Erfahrungen im Cannabiskonsum. Der Entwurf zur
7
bevorstehenden Revision des Betäubungsmittelgesetzes schlägt die Entkriminalisierung des Konsums vor.
Die Verbreitung von synthetischen Drogen
Erhebungen, Einschätzungen, aber auch Beschlagnahmungszahlen machen deutlich, dass synthetische Drogen sich eindeutig im Vormarsch befinden. Zurzeit ist
es noch schwierig, die Tragweite dieser Entwicklung abzuschätzen. Ecstasy ist
noch immer die bekannteste und am meisten konsumierte synthetische Droge.
Daneben tauchen aber immer neue Stoffe auf. Wirkungen und Gefahren sind oft
unbekannt, erst recht in Kombination mit weiteren Substanzen. Schliesslich sind
auch die Herkunft und der Reinheitsgrad unbekannt, was das Risikopotential zusätzlich erhöht.
Revision des eidgenössischen Betäubungsmittelgesetzes (BetmG)
Auf Bundesebene ist die Revision des BetmG im Gang. Der Bundesrat verfolgt
gemäss Botschaft mit der Revision des Gesetzes folgende Ziele:
•
Ein neuer Zweckartikel soll die "santé publique" ins Zentrum der Bemühungen
stellen.
•
Die 4-Säulen-Politik, das "schweizerische Modell" für den Umgang mit der
Drogenproblematik, soll gesetzlich verankert werden.
•
Die Strafbarkeit des Konsums von Cannabis und der entsprechenden
Vorbereitungshandlungen soll generell aufgehoben werden.
•
Die gesetzliche Verankerung der heroingestützten Behandlung.
•
Der Jugendschutz soll eine Verstärkung erfahren.
•
Die Stärkung der Führungsrolle des Bundes in der Drogenpolitik.
Am 12. November 2001 hat der Ständerat die Revision des BetmG verabschiedet
und ist den Vorschlägen des Bundesrates grossmehrheitlich gefolgt. Es ist geplant, dass sich auch der Nationalrat noch im Verlauf des Jahres 2002 mit der Gesetzesrevision beschäftigt.
8
Grundsätzlich scheint sich ein Wandel des Bildes der Süchtigen abzuzeichnen.
Der Trend der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geht in Richtung "Aufputschen" statt "Zudröhnen".
Die klassischen "Junkies" werden weniger, intravenöser Drogenkonsum nimmt ab.
Zunehmend wird alles konsumiert und die Betroffenen werden mehrfachabhängig
(polytoxikoman). Die Risikobereitschaft nimmt zu.
Der Konsum von Cannabis und Marihuana scheint gesellschaftsfähig zu werden,
und die Bedeutung des Alkohols als Suchtmittel nimmt deutlich zu. Die Anzahl
gerauchter Zigaretten hat sich in den letzten Jahren bei einer sinkenden Zahl von
Raucher/innen nicht verändert. Das bedeutet: weniger Personen rauchen mehr!
Vor allem die Zahl der rauchenden Jugendlichen hat sich markant erhöht.
9
2. AUSGANGSLAGE
2.1 Planungsbericht Suchthilfe
Nachdem sich die Drogenproblematik in den 80er Jahren vehement verschärfte,
wurde den vom Gesundheitsdepartement verfassten Grundsatzpapieren auch zunehmend Gewicht verliehen. Bereits der Zwischenbericht Drogenhilfe aus dem
Jahr 1987 wies die Merkmale eines Planungsberichtes auf, indem er die aktuelle
Situation im Kanton darstellte, auf vorhandene Lücken im System hinwies und
notwendige Massnahmen vorschlug. Bisher sind erschienen:
1983 Lagebericht zum Drogenproblem im Kanton Aargau
1987 Zwischenbericht I zur Drogenhilfe im Kanton Aargau
1993 Planungsbericht Drogenhilfe im Kanton Aargau
1998 Planungsbericht III Suchthilfe
Mit der Benennung des Berichtes von 1998 als Planungsbericht Suchthilfe wurde
der Tatsache Rechnung getragen, dass legale Suchtmittel (Alkohol, Tabak, Medikamente) in der Schweiz weitaus grössere volkswirtschaftliche Kosten verursachen als die sog. Drogen (illegale Suchtmittel). Neu wurden in diesem Bericht
Leitsätze formuliert, zu denen der Grosse Rat des Kantons Aargau explizit Stellung nahm und darüber einzeln abstimmte.
2.2 Suchtmittelmissbrauch
2.2.1 Legale Suchtmittel
2.2.1.1. Alkohol
Gemessen an den volkswirtschaftlichen Kosten stellt der Alkoholmissbrauch ein
immenses Problem dar. Entsprechend den Angaben der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) belaufen sich die jährlichen
alkoholbedingten sozialen Kosten heute auf mindestens 3 Milliarden Franken. Sie
setzen sich zusammen aus: Produktionsausfällen, Behandlungskosten und Sachschäden/Unfälle/Kriminalität. Auf den Kanton Aargau (7.5 % der Gesamtbevölkerung der Schweiz) bezogen bedeutet dies Kosten in der Höhe von 225 Mio. Franken. Zum Vergleich: Die Einnahmen aus den Alkoholsondersteuern liegen etwa
10
bei 400 Mio. Franken, für den Kauf von alkoholischen Getränken geben Schweizer
und Schweizerinnen jährlich etwa 8 Mia. Franken aus.
Die Konsumzahlen haben sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. Mit einem pro Jahr/Kopf-Konsum reinen Alkohols von 9.2 Lt. gehört unser
Land nach wie vor zu den Hochkonsumländern Europas (geringster Wert: Island:
3.4 Lt., höchster Wert: Portugal: 11.3 Lt.)
Konsum (Liter/Jahr) alkoholischer Getränke 1998
1
140.0
120.0
100.0
80.0
60.0
40.0
20.0
0.0
Deutschland
Frankreich
Italien
Österreich
Schweiz
W ein
23.0
60.0
54.0
30.0
44.0
Bier
131.0
38.0
25.0
113.0
59.0
Spirituosen
6.1
6.9
2.0
4.3
3.7
Alkohol (100 Vol.%)
9.5
10.9
7.9
9.5
9.2
Die Schweizerische Gesundheitsbefragung 1997/1998 hat zum Anteil der Konsumgruppen (15- bis 74-jährige) folgendes aufgezeigt2:
18 % der Schweizer/innen
trinken keinen Alkohol,
35 % der Schweizer/innen
trinken 9 % der gesamten Alkoholmenge,
36 % der Schweizer/innen
trinken 41 % der gesamten Alkoholmenge, und
11 % (!) der Schweizer/innen
trinken 50 % (!) der gesamten Alkoholmenge.
Die grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer (80 %) weist ein risikoarmes Konsummuster auf. Mit rund 912'000 Personen weist die Gruppe derjenigen,
die episodisch zuviel Alkoholisches trinken, den grössten Anteil an Risikokonsumenten auf. Gewohnheitsmässig zuviel Alkoholika trinken 161'000 Schwei-
11
zer/innen. Die Anzahl Risikokumulierer (sowohl gewohnheitsmässig als auch episodisch zuviel Alkohol) wird mit 215'000 beziffert. Insgesamt muss in der Schweiz
mit über 300'000 Personen (AG: 22'500) gerechnet werden, die alkoholabhängig
oder abhängigkeitsgefährdet sind.
Risiko- oder Hochrisikokonsumenten/innen bilden auch das Zielpublikum des nationalen Alkoholprogramms "Alles im Griff?" des Bundesamtes für Gesundheit BAG
und der Eidgenössischen Alkoholverwaltung EAV. Die dem Programm zugrunde
liegende Studie (1998) hat gezeigt, dass vor allem Jugendliche und junge Erwachsene in hohem Masse über Episoden starken Trinkens berichten und dass
Sucht, Abhängigkeitsgefährdung, aber auch Alkoholprobleme im sozialen Bereich
vor allem mit einem Trinkmuster verbunden sind, das episodisches Rauschtrinken
mit chronischem Risikokonsum verknüpft (Risikokumulierer). Fast jeder zweite der
15 - 24-jährigen (40.7 %), hat mindestens zweimal pro Monat einen Rausch.
Eine weitere besorgniserregende Entwicklung stellt die Tendenz zu häufigerem
Rauschtrinken unter Schülerinnen und Schülern dar.
Anzahl der Alkoholräusche von 15-jährigen innerhalb zweier
Monate vor der Befragung (in %)3
16%
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
0%
12
einmal
2-3 mal
> 3 mal
1986
10.9%
8.9%
6.4%
1994
12.5%
10.9%
9.3%
1998
13.8%
13.5%
11.5%
Alkoholkonsum kann für die Entstehung psychischer, sozialer und vor allem auch
körperlicher Schäden der Konsumierenden verantwortlich sein. So sind alkoholbedingt4:
Frauen
Männer
Hauptdiagnosen in Allgemeinspitälern:
1.8 %
2.6 %
Pflegetage in Allgemeinspitälern:
2.6 %
3.6 %
Todesfälle:
5.5 %
5.9 %
In den letzten Jahren ist die Frage, ob Alkoholkonsum vor Herzerkrankungen
schützen könne, sehr angeregt diskutiert worden. Heut geht man davon aus, dass
sich ein geringer Konsum tatsächlich positiv gegen die Entwicklung von HerzKreislauf-Krankheiten auswirken kann. Ein schützender Effekt ist vor allem bei
über 40-jährigen Personen festgestellt worden. Ein starker Konsum bewirkt auf
jeden Fall das Gegenteil. Zudem gibt es gesündere Methoden, das Herz zu schützen: ausgewogene Ernährung, körperliche Bewegung, Nichtrauchen.
Alkohol spielt im Unfallgeschehen auf Schweizer Strassen eine gewichtige Rolle.
Knapp 10 % aller Unfälle sind alkoholbedingt. Dazu kommt: je schwerer ein Verkehrsunfall ist, desto häufiger ist Alkohol im Spiel. Weiter gilt es zu bedenken,
dass nicht bei allen Unfällen Alkoholtests durchgeführt werden, weshalb mit einer
unbekannten Dunkelziffer zu rechnen ist.
5
Strassenverkehrsunfälle in der Schweiz; Einfluss von Alkohol
8'000
7'000
6'000
5'000
4'000
3'000
2'000
1'000
0
Einfluss von Alkohol
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
7'433
7'620
7'432
6'958
6'746
6'417
5'970
6'093
6'376
6'709
13
2.2.1.2 Medikamente
Medikamente sind nicht nur Heilmittel; sie stellen teilweise auch sozial anerkannte
und tolerierte, d.h. legale Suchtmittel dar. Nach Definition der WHO liegt ein Medikamentenmissbrauch dann vor, wenn ein Medikament ohne medizinische Notwendigkeit oder in unnötigen Mengen konsumiert wird. In diesem Sinne können
zahlreiche Medikamente missbräuchlich konsumiert werden.
In der Praxis kommt Missbrauch vor allem bei psychoaktiv wirkenden, d.h. die
Psyche beeinflussenden Medikamenten vor. Insbesondere sind dies:
•
Schlafmittel (Hypnotika),
•
Schmerzmittel (Analgetika),
•
Beruhigungsmittel (Tranquilizer) und
•
Anregungsmittel (Stimulantien, Weckamine).
Gerade bei diesen Medikamentengruppen kann länger dauernder, regelmässiger
Konsum/Gebrauch von niedrigen Dosen zur Entwicklung einer Sucht führen. Die
Daten der Gesundheitsbefragung 1997/98 zeigen, dass mehr als 20 % der Erwachsenen (ab 15 Jahren) in der Schweiz innerhalb einer Woche mindestens
einmal ein Schmerz-, ein Schlaf- oder ein Beruhigungsmittel einnehmen. Bei mehr
als einem Drittel der Befragten wurde für die Untersuchungswoche ein täglicher
Gebrauch beobachtet (d.h. bei 8 % der Erwachsenen Bevölkerung).
Mit zunehmendem Alter steigt der tägliche Konsum von Schlaf-, Schmerz- und
Beruhigungsmitteln:
Täglicher Gebrauch von Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmitteln während
6
der letzten 7 Tage (in % der Wohnbevölkerung ab 15 Jahren)
täglich
Männer Frauen
Schmerzmittel
Schlafmittel
Beruhigungsmittel
eines dieser drei
14
2.9
1.8
1.6
5.4
5.2
4.3
3.5
10.2
davon vom Arzt
15-24
25-39
40-64
65-74
75+
Total
verschrieben
2.9
0.0
0.6
3.4
2.5
0.6
1.5
4.2
3.7
2.1
3.1
7.0
6.2
6.9
3.6
13.9
11.4
17.2
5.6
25.5
4.1
3.1
2.6
7.9
86.6
94.8
92.7
Neueste Untersuchungen der SFA zeigen, dass der Anteil der medikamentenabhängigen Personen in der Schweiz bei 1 % liegt, also rund 60'000 Personen (AG:
4'500). Weitaus grösser, nämlich 2.5 %, ist allerdings die Bevölkerungsgruppe, die
einen auffälligen Langzeitgebrauch (über ein Jahr hinaus) von Medikamenten der
Benzodiazepin-Gruppe (Schlaf- und Beruhigungsmittel) aufweist. Diese sind für ihr
ausgeprägtes Abhängigkeitspotential bekannt. Insgesamt nehmen nicht weniger
als 10 % der Frauen und 5 % der Männer über einen langen Zeitraum entweder
ein Schmerz-, Schlaf-, Beruhigungs-, Anregungs-, Abführ- oder Hustenmittel ein:
10.0%
Langfristiger Gebrauch (mindestens ein Jahr)
7
von Medikamenten
9.0%
8.0%
7.0%
6.0%
5.0%
4.0%
3.0%
2.0%
1.0%
0.0%
Schmerzmittel
Schlafmittel
Männer
2.5%
1.3%
1.3%
Frauen
3.8%
4.5%
2.1%
Abführmittel
Hustenmittel
mindestens 1
davon
0.1%
0.6%
0.7%
5.3%
0.3%
1.4%
0.2%
10.1%
Beruhigungs- Anregungsmittel
mittel
Untersuchungen haben gezeigt, dass gesamthaft der Konsum von Medikamenten
bei Jugendlichen in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist, wobei die
Mädchen nach wie vor den höheren Konsum aufweisen als die Jungen. Auffallend
dabei sind allerdings die Hinweise, die auf eine Zunahme der Medikamente gegen
Kopfschmerzen hindeuten.
Als neuer Trend tritt die Lifestyle-Chemie auf. Die Pharmaindustrie beglückt die
Gesellschaft zunehmend
mit sogenannten Lifestyle-Medikamenten, Präparate,
die keine heimtückischen Krankheiten heilen, sondern zum Ziel haben, unser Leben ein bisschen angenehmer zu gestalten: Fluctine® für gute Laune, Xenical® für
die gute Figur sowie Viagra® für eine verbesserte männliche Potenz.
15
2.2.1.3 Tabak/Nikotin
Nach neuesten Berechnungen der SFA betragen die direkten und indirekten
sozialen Kosten des Rauchens rund 5 Mia. Franken pro Jahr. Diese setzen sich
zusammen
aus Behandlungskosten
sowie
den
indirekten
Kostenfaktoren
vorzeitige Mortalität, verlorene Arbeitskraft und Invalidität. Die Einnahmen aus
Tabaksondersteuern betragen etwa 1.35 Mia. Franken pro Jahr.
Laut Produktionsstatistik ist der inländische Zigarettenkonsum seit Beginn der
50-er Jahre bis Mitte der 70er Jahre angestiegen. Danach ist er bis Mitte der 90-er
Jahre leicht zurückgegangen. Seit 5 Jahren ist der Zigarettenkonsum in der
Schweiz auf hohem Niveau stabil.
In Gegenüberstellung zu den Europäischen Ländern ist die Schweiz allerdings ein
Hochkonsumland, insbesondere auch im direkten Vergleich mit den Nachbarländern:
Täglicher Zigarettenkonsum Erwachsener im Vergleich8
Deutschland:
6 bis 8 Zigaretten
Frankreich:
4 bis 6 Zigaretten
Italien:
4 bis 6 Zigaretten
Österreich:
6 bis 8 Zigaretten
Schweiz:
8 Zigaretten und mehr
In der Schweiz geht man von rund 2 Mio. Rauchern und Raucherinnen im Alter
zwischen 15 und 74 Jahren aus (AG: 150'000). Der Durchschnittskonsum liegt bei
22 Zigaretten pro Tag. Die Anzahl der gerauchten Zigaretten hat sich trotz des
Rückganges der Betroffenenzahlen bis 1995 nicht verändert, was bedeutet, dass
weniger Menschen mehr rauchen. Der Anteil der Zigarettenraucher und
-raucherinnen an der Gesamtzahl der RaucherInnen hat sich mit 90 % in den letzten Jahren kaum verändert.
16
Besorgniserregend stellt sich vor allem die Entwicklung bei den Jugendlichen dar.
Vergleiche aufgrund der regelmässig stattfindenden SchülerInnen-Befragung sagen folgendes aus:
Regelmässig rauchende Jugendliche
(mindestens wöchentlich)
30.0%
25.0%
20.0%
15.0%
10.0%
5.0%
0.0%
Knaben 13 Jahre
Knaben 15 Jahre
Mädchen 13 Jahre
Mädchen 15 Jahre
1986
2.4%
13.2%
2.1%
14.4%
1994
3.9%
16.2%
5.4%
19.0%
1998
6.7%
26.9%
7.6%
24.6%
Durch das Rauchen werden zahlreiche Krankheiten verursacht oder begünstigt:
Krebserkrankungen, Durchblutungsstörungen etc. Der niedrigere Frauenanteil erklärt sich mit dem Geschlechterverhältnis Raucher/Raucherinnen (39 %/27 %),
welches in früheren Jahren noch einen deutlicheren Unterschied aufwies.
Tabakbedingt sind10:
Frauen
Männer
Diagnosen in Allgemeinspitälern
8.3 %
3.1 %
Pflegetage in Allgemeinspitälern
11.5 %
3.9 %
Todesfälle
20.8 %
7.5 %
Als Passivrauchen wird das Einatmen des Umgebungsrauches bezeichnet, der
aus einer Mischung von Sidestream-Rauch und ausgeatmetem MainstreamRauch besteht. Auch Umgebungsrauch ist gesundheitsschädigend. So wird die
Zahl der jährlichen Todesfälle durch Passivrauchen in der Schweiz auf jährlich 200
geschätzt. Klar belegt ist der Befund, dass Kinder stark rauchender Eltern ver-
17
mehrt an Erkrankungen der Atemwege leiden. Umgebungsrauch ist auch ein Auslöser für Asthma bei Kindern.
2.2.2 Illegale Suchtmittel
2.2.2.1 Entwicklung
Die Entwicklung des Konsums ist im Bereich der - nach geltendem Betäubungsmittelgesetz (BetmG) - illegalen Drogen unterschiedlich verlaufen. Die verschiedenen Stoffe werden zunehmend auch in Kombinationen, unabhängig voneinander
oder zusammen mit legalen Suchtmitteln konsumiert. Abfolge und Ausmass können stark variieren. Suchtpatienten sind also vermehrt polytoxikoman und demzufolge auch nicht mehr klar einer einzelnen Gruppe zuzuordnen.
Aus Sicht des BetmG hat die Zahl der Konsumenten illegaler Drogen in den letzten Jahren insgesamt zugenommen. Dies, weil sich vor allem der Gebrauch von
Cannabis stark ausgeweitet hat. Stagnierend, wenn nicht leicht rückläufig, scheint
die Zahl der Heroinkonsumenten zu sein. Der Konsum von Stoffen wie Kokain,
Amphetamine/Stimulantien, Halluzinogene, Crack/Freebase, Codein/Morphin o.ä.
ist insgesamt stabil. So kann die Zahl der Abhängigen von (klassischen) illegalen
Drogen gesamtschweizerisch nach wie vor auf etwa 30'000 (AG: 2'200) geschätzt
werden. Dank einem massiven Ausbau des Behandlungsangebotes in den neunziger Jahren (insbesondere die Methadonbehandlung) kann davon ausgegangen
werden, dass sich heute bis zu zwei Drittel der Abhängigen von harten Drogen in
einer Behandlung befinden.
Rückschlüsse auf die klientenbezogenen Entwicklungen im Bereich der Drogenproblematik lassen auch die Statistiken des Bundesamtes für Polizei (BAP) zu. Die
Verzeigungen wegen Widerhandlungen gegen das BetmG sind 1999 erstmals in
bescheidenem Mass zurückgegangen. Allerdings würde eine daraus gezogene
Schlussfolgerung, die auf eine Entschärfung der Situation hinzielt, der Situation
kaum gerecht werden. Nach Einschätzung des BAP dürften für den Rückgang vor
allem zwei Faktoren verantwortlich sein. Einerseits wurden enorm viele Personalressourcen durch personal- und zeitintensive Ermittlungsverfahren gebunden und
anderseits hatten 1999 ausserordentliche Einsätze für die Bewachung von Bot-
18
schaften durch uniformierte Polizei dafür gesorgt, dass weniger Anzeigen hätten
erstattet werden können.
Der Zusammenhang zwischen der Intensität der Kontrolltätigkeit und der Anzahl
der getätigten Verzeigungen wird damit verdeutlicht.
BetmG-Anzeigen (CH)
11
50'000
45'000
40'000
35'000
30'000
25'000
20'000
15'000
10'000
5'000
0
Anzeigen
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
18'880
23'470
30'860
38'206
40'376
42001
42'628
45'093
45'726
44'307
46558
Die Beschlagnahmungszahlen der Polizei verdeutlichen einen nach wie vor steigenden Trend im Bereich von Cannabis. Sicherstellungen von Kokain bleiben stabil, wogegen sich beim Heroin ein Rückgang abzuzeichnen scheint.
Beschlagnahmungen (CH)
2'000
12
1'750
1'500
1'250
1'000
750
500
250
0
Cannabis (kg x 10)
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
51
84
309
69
53
81
424
729
1'500
845
1957
Heroin (kg)
186
81
243
179
225
213
405
209
404
398
207
Kokain (kg)
339
333
330
334
295
262
256
349
252
288
372
19
Aus gesundheitlicher Sicht gibt es keine harmlosen Drogen, auch nicht im legalen
Bereich. Bei den illegalen Stoffen kommt erschwerend dazu, dass die Gefährlichkeit direkt auch von der Anwendungsart und dem Reinheitsgrad der Stoffe abhängt.
Stark vermindert hat sich die Zahl der Drogentoten (Polizeistatistik). Dabei ist die
Interpretation dieser Zahlen äusserst schwierig, da nicht daraus hervor geht, in wie
vielen Fällen es sich um Überdosierungen, Unfälle oder Selbsttötungen unter Drogeneinfluss, Folgen langfristigen Drogenmissbrauchs oder um Vergiftungen mit
mehreren Stoffen handelt.
Einen mit Sicherheit grossen Einfluss auf den Verlauf dieser Todesfallzahlen haben die in der Schweiz seit 1994 laufenden heroingestützten Behandlungen. Die
Verbesserung der gesundheitlichen Situation stellt eine der auffallendsten Folgen
dieser Behandlungsform dar, die bekanntlich nur langjährig abhängigen Personen
zur Verfügung steht. Nachdem im Rahmen der wissenschaftlichen Versuche 1994
250 Plätze zur Verfügung standen, erstreckt sich das Angebot gesamtschweizerisch heute auf rund 1'200 Plätze (in 21 Institutionen).
In dieser Statistik nicht erfasst sind die drogenbedingten tödlichen Folgen von
Aids, Hepatitisviren und bakteriellen Infektionen.
13
450
Drogentote in der Schweiz (5 grössten Kantone / CH)
400
350
300
250
200
150
100
50
0
20
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
Übr. Kt.
102
154
225
160
171
159
141
105
80
75
85
SG
23
16
22
15
27
27
33
16
10
10
16
AG
11
28
27
10
18
19
16
15
7
3
8
VD
20
25
19
24
32
27
15
17
21
16
10
BE
58
66
44
50
62
42
42
32
34
32
36
ZH
66
116
82
94
89
87
65
56
58
45
50
2.2.2.2 Cannabis
Wie oben erwähnt, passierte die auffallendste Entwicklung im Bereich der illegalen
Suchtmittel in der weiteren Verbreitung des Cannabis-Konsums. Sowohl in Bezug
auf die Gesamtbevölkerung als insbesondere auch in Bezug auf die Jugendlichen
fällt die Zunahme des Konsums überdeutlich aus. Die neueste Untersuchung der
SFA aus dem November des letzten Jahres sagt aus, dass in der Schweiz 27 %
der 15- bis 74-jährigen Bevölkerung wenigstens einmal in ihrem Leben gegen das
BetmG verstossen haben, davon in 96 % der Fälle im Zusammenhang mit Cannabiskonsum (Gesundheitsbefragung 1993: 16.5 %). Über 50 % der 15- bis 24jährigen in der Schweiz verfügen über Erfahrungen mit Cannabis. Rund die hälfte
davon konsumiert aktuell.
Es besteht keine Einigkeit darüber, welche Form und Intensität des Cannabiskonsums als missbräuchlich einzustufen ist. Aus Sicht der Gesetzeslage ist jeder
Konsum missbräuchlich. Aus gesundheitlicher Sicht ist es äusserst schwierig,
Grenzwerte festzulegen.
Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerungszahl schätzt die SFA aufgrund ihrer
Untersuchung die Zahl der Cannabisgebraucher mit einem problematischen Konsum (mindestens täglich) wie folgt14:
15- bis 19-jährige
26'000
(AG: 1'950)
20- bis 24-jährige
23'000
(AG: 1'725)
25- bis 44-jährige
38'000
(AG: 2'850)
Total
87'000
(AG: 6'525)
21
Besonders auffallend stellt sich die Entwicklung des Cannabiskonsums der letzten
Jahre bei den Jugendlichen dar:
15
Cannabiskonsumder 15-jährigen SchülerInnen im9. Schuljahr
25.0%
22.5%
20.0%
17.5%
15.0%
12.5%
10.0%
7.5%
5.0%
2.5%
0.0%
1986
1990
1994
1998
eimaliger Konsum
2.5%
2.1%
6.0%
8.4%
mehrmaliger Konsum
5.9%
6.4%
12.2%
22.4%
Selbstverständlich sind mit dem Anstieg der Konsumzahlen in diesem Altersbereich auch die Schulen direkt mit der Cannabisproblematik betroffen. Ebenso melden auch die ambulanten Suchtberatungsstellen vermehrt, dass sich Eltern von
cannabiskonsumierenden Jugendlichen beraten lassen. Organisationen und Institutionen der Suchtprävention haben auf die Situation reagiert. Die SFA hat eine
spezielle Untersuchung ("Eine Droge wird zum Normalfall") durchgeführt und entsprechende Publikationen veröffentlicht. So werden eine neuer Cannabis-Flyer für
Jugendliche ebenso angeboten wie ein Cannabis-Modul (Handbuch für Lehrkräfte)
für die Schule oder ein Cannabisratgeber für die Eltern.
Im Kanton Aargau arbeiten die Suchtpräventionsstellen und die Sucht-Info Aargau
eng mit Schulen und Lehrern zusammen. Wie in andern Themenbereichen der
Suchtprävention (z.B. Tabak oder Alkohol) ist es grundsätzlich den Lehrkräften
bzw. den Schulen überlassen, wie stark sie sich in der Problematik engagieren
wollen; die Suchtpräventionsfachstellen leisten Ihre Dienste auf Anfrage. Das Interesse nach Prävention im Bereich von Cannabis sowie der legalen Suchtmittel hat
(im Vergleich zu den sog. "harten Drogen") entsprechend zugenommen.
22
Im Vorfeld der bevorstehenden Revision des BetmG werden die Diskussionen um
eine künftige Ausgestaltung der Cannabispolitik sehr engagiert geführt. Die Vorstellungen gehen von der Beibehaltung des Status quo (Verbot von Konsum, Produktion und Handel) in Nuancen bis hin zu einem Legalisierungsmodell (rechtliche
Handhabung wie Alkohol und Tabak). Im Hinblick auf eine Neuausrichtung der
Cannabisrechtssprechung hat die Untersuchung der SFA wichtige Erkenntnisse
untermauert:
•
Trotz des bestehenden Verbotes hat der Cannabiskonsum beachtlich zugenommen.
•
Cannabiskonsum ist kein Schicht-Problem. Personen mit höherer Bildung sind
bei den Cannabiserfahrenen übervertreten, nicht aber bei den täglich Konsumierenden; dies deutet auf einen unterschiedlichen Gebrauchswert von Cannabis in verschiedenen Bildungsschichten hin.
16
Beschlagnahmte Ecstasy-Pillen (CH)
200'000
180'000
160'000
140'000
120'000
100'000
80'000
60'000
40'000
20'000
0
Pillen
1990
1991
1992
1993
319
150
3'365
7'429
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
28'071 46'467 81'917 87'676 73'914 67'343 189569
2.2.2.3 Ecstasy
Zu Beginn der 90-er Jahre trat diese neue Droge in der Schweiz erstmals auf. Mit
dem eindrücklichen Wachstum der Techno-Bewegung in den Jahren 1993 bis
1998 stiegen parallel dazu auch die Zahlen der beschlagnahmten Ecstasypillen
durch die Polizei.
23
Aufgrund der Statistik über die beschlagnahmten Tabletten schien die Spitze im
Jahr 1999 gebrochen zu sein. Die Zahl von 189'569 Tabletten im Jahr 2000 stellte
jedoch diese Erwartungen auf den Kopf, obwohl rund 90'000 Stück bei einem einzigen Fund festgestellt werden konnten. Sie reiht sich aber ein in die klare Tendenz, die eine starke Zunahme des Konsums synthetischer Drogen aufweist. Es
gibt keine einheitlichen Prognosen darüber, wie sich dieser Bereich weiterentwickeln wird. Tatsache ist, dass die Anzahl von Techno-Anlässen wieder rückläufig
ist. Allerdings ist festzustellen, dass sich nicht die Raves (Techno-Parties) als die
klassischen Ecstasy-Konsum-Anlässe profiliert haben, sondern vielmehr Discos
und Clubs.
17
Orte, an denen Ecstasy verkauft wird
Private Kreise
Gemeinschaftszentren
Discos/Clubs
Bars
Rave-Parties (Techno)
öffentliche Orte
0.0%
5.0%
10.0% 15.0% 20.0% 25.0% 30.0% 35.0% 40.0% 45.0% 50.0%
Ecstasykonsumenten sind sozial integrierte Leute, die regelmässig ihrer Arbeit
nachgehen; der Suchtmittelkonsum findet in aller Regel an Wochenenden statt.
Sie fallen deshalb nicht auf und sind in den vergangenen Jahren auch nie in bemerkenswerter Zahl auf den Suchtberatungsstellen erschienen
2.2.2.4 Andere Stoffe
Während bei den klassischen Drogen wie Heroin und Kokain im Bereich der Beschlagnahmungen eine Stagnation zu verzeichnen ist, wurden in der letzten Zeit
deutlich mehr synthetische Drogen sichergestellt. Auffallend ist die Zunahme bei
24
LSD (Lysergsäure-Diäthylamid; auch Acid oder Trip genannt), Amphetamin
(Speed) oder Metamphetamin (Ice, Shabu, Crank). Unter dem Sammelbegriff
"Partydrogen" tauchten in den vergangenen Monaten und Jahren verschiedenste
synthetische Drogen auf, die sich unterschiedlich durchsetzen konnten; so die Pille
"A2"
(Benzyl-Piperazine),
Thai-Pillen
(Metamphetamin),
GHB
(Gamma
Hydrobutyratsäure, liqiud ecstasy), 2CB (Phenetylamine) oder DXM (Dextromethorphan).
Beschlagnahmungen 1990 - 2000
18
40'000
35'000
30'000
25'000
20'000
15'000
10'000
5'000
0
1990
1991
1992
1993
1994
LSD (Dosen)
2207
Amphet. (gr.)
1480
1995
1996
1997
1998
1999
2000
752
902
4188
1352
3598
9009
9424
2995
3130
15525
25
1000
824
540
1230
4521
7981
33190
10700
39105
Der Markt im Bereich der synthetischen Drogen wandelt sich stetig. Stoffe, die
heute in sind, sind morgen out. Neu "designte" berauschende Stoffe erobern die
Club- und Party-Szene. Vielfach sind die Risiken (insbesondere die längerfristigen) dieser Stoffe für Körper und Geist nicht bekannt. Zudem weiss der Konsument beim Erwerb der Mittel nicht, wo und unter welchen Bedingungen die Drogen
produziert wurden und welche Wirkstoffe in welchem Reinheitsgrad enthalten sind.
Nicht immer sind Modedrogen Neuheiten; oft werden sie in der Szene wiederentdeckt. Vermehrt in der Drogenszene aufgetaucht sind auch die sogenannten
"Zauberpilze" (Psilocybin) oder "Magic Mushrooms". Aufgrund ihrer chemischen
Struktur sind sie mit dem LSD verwandt und entfalten eine ähnliche psychoaktive
Wirkung. Hingegen ist das Phänomen des Schnüffelns (Inhalieren von Dämpfen)
von Lösungsmitteln, Aerosolen weitgehend verschwunden.
25
Als Gemeinsamkeit der Konsumenten/innen derartiger Stoffe ist festzustellen,
dass sie auf den Suchtberatungsstellen nur selten erscheinen. Es sind eher Eltern
und Angehörige, die sich informieren.
2.2.3 Drogen und Aids/HIV
Der sich 1995 abzeichnende sinkende Trend der diagnostizierten Aids-Fälle hat
sich weiter fortgesetzt. Diese Entwicklung schreibt das BAG vor allem auf die breite Anwendung von hochaktiven gegen Retroviren gerichtete Kombinationstherapien bei HIV-positiven Personen im Vor-Aidsstadium zu. Weiterhin rückläufig, als
direkte Folge der vorgenannten Entwicklung der Diagnosenzahlen, sind erfreulicherweise auch die Todeszahlen.
Die Zahl der HIV-Meldungen gestaltet sich in der Schweiz bereits seit 1992 rückläufig, insbesondere im Zusammenhang mit einer Drogeninjektion.
HIV-Meldungen CH (x 10) / AG19
225
200
175
150
125
100
75
50
25
0
HIV-Meldungen CH (x10)
HIV-Meldungen AG
Ebenso
ausgeprägt
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
214.4
190.9
160.0
138.9
101.9
92.3
83.4
65.7
60.3
58.7
37
58
56
30
11
15
8
5
21
23
zeigt
sich
der
Rückgang
bezüglich
des
HIV-An-
steckungsweges Drogeninjektion. Diese Zahlen beruhen auf den Ergänzungsmeldungen der Ärzte und repräsentierten Ende der 90-er Jahre 67 % aller bestätigten
HIV+ Tests. Sie stellen also Schätzwerte dar:
26
20
HIV-Meldungen CH / AG; Ansteckungsweg Drogeninjektion (in %)
50.0%
45.0%
40.0%
35.0%
30.0%
25.0%
20.0%
15.0%
10.0%
5.0%
0.0%
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
CH
37.5%
31.4%
31.0%
25.8%
22.9%
21.9%
17.0%
12.7%
15.1%
13.3%
AG
41.4%
29.4%
44.8%
32.0%
17.4%
35.7%
13.3%
11.1%
31.6%
5.0%
2.2.4 Stoff-ungebundene Abhängigkeiten
Es zeichnen sich heute Entwicklungen ab, deren Ausmass zur Zeit noch nicht abgeschätzt werden kann.
2.2.4.1 Spielsucht
Mit der Aufhebung des Spielbankenverbots in der Schweiz (1993) und der Inkraftsetzung des Spielbankengesetzes im vergangenen Jahr war der Weg frei, seitens
des Bundes 4 bis 8 Institutionenen eine A-Konzession (Grand Casinos) und 15 bis
20 Einrichtungen eine B-Konzession (Kursäle) zum Betrieb einer Spielbank zu
erteilen. In Konkurrenz zu vielen Mitbewerbern wurde dem Casino Baden im Oktober 01 eine A-Konzession erteilt.
Mit der Ausweitung von legalen Glücksspielangeboten muss zwangsläufig auch
mit einer Zunahme der Glücksspielsucht gerechnet werden. Eine eigens auf diese
Problematik hin veranlasste epidemiologische Studie (Il gioco patologico in Ticino,
2000) geht davon aus, dass gesamtschweizerisch 0.6 % "Problemspieler/innen
sowie 0.6 % pathologische Spieler/innen, also insgesamt 1.2 % der erwachsenen
Bevölkerung der Schweiz, zu erwarten sind. Für den Kanton Aargau würde dies
rund 5'000 Personen bedeuten.
27
Bereits werden auf den ambulanten Suchtberatungsstellen im Kanton vereinzelt
spielsüchtige Menschen beraten. Sollten sich die Annahmen der Studie bewahrheiten und die Suchtberatungsstellen als zuständig erklärt werden, wäre eine Aufstockung der Stellenpläne unumgänglich.
2.2.4.2 Internet/Videogame-Sucht
Eine weitere Problematik ist im Bereich der Internetsucht/Videogame-Sucht zu
erwarten. Es fehlen hier weitgehend verlässliche Angaben, da keine konkreten
diagnostischen Kriterien bestehen und sich die Betroffenen subjektiv kaum als
süchtig betrachten. Wahrscheinlicher ist zum heutigen Zeitpunkt, dass sie sich
aufgrund eines Sekundärsymptoms in eine Behandlung/Beratung begeben (Affektlabilität, depressive Verstimmungen, Schlafstörungen, Beziehungsstörungen,
Steigerung des Suchtmittelkonsums, Konzentrationsstörungen, Persönlichkeitsveränderungen).
2.2.4.3 Essstörungen
In den vergangenen Jahren haben vermehrt Personen mit Essstörungen die ambulanten Suchtberatungsstellen aufgesucht. In einem Grundsatzentscheid - gestützt auf eine Empfehlung der kantonalen Suchtmittelkommission - hat das Gesundheitsdepartement den Trägerschaften der ambulanten Suchthilfe 1999 auf
Anfrage hin mitgeteilt, dass den Beratungsstellen im Bereich der Essstörungen
eine beratende Funktion im Sinne einer Triage zukommt und diese Patienten/innen an medizinische Fachpersonen verwiesen werden müssen. Weiter hielt
das Departement fest, dass Stellenerweiterungen aufgrund von Klientenzunahmen
aus dem Spektrum substanzungebundener Abhängigkeiten seitens des Kantons
nicht vorgesehen sind.
Dementsprechend sind die Entwürfe zu den Leistungsverträgen 2002 - 2005 zwischen dem Gesundheitsdepartement und den Trägerschaften der ambulanten
Suchthilfe präzise abgefasst und schränken den Beratungsauftrag explizit auf die
Bereiche Alkohol-, Tabak-, Medikamenten- und Drogenmissbrauch (legale und
illegale Suchtmittel) ein. Dazu korrespondierend sind auch die Leistungen im Bereich der Suchtprävention umschrieben.
28
2.3 Drogenszenen
Seit der Schliessung der letzten offenen Drogenszene (Letten) 1995 hat sich das
wahrnehmbare Bild einer "Drogenszene" grundlegend verändert. Die schockierenden Bilder von verelendeten Süchtigen, öffentlichem Konsum, mit Spritzen und
anderem Unrat verunstalteten Plätzen (Letten, Platzspitz Zürich, Kocherpark Bern,
Gleisspitz Olten) sind gänzlich aus den Medien verschwunden. Die Drogenkonsumenten besorgen sich ihre Betäubungsmittel auf der Strasse oder aber vermehrt auch in geschlossenen Räumen. Der Handel kann allgemein als sehr gut
strukturiert bezeichnet werden. Der Markt ist als Folge der hohen Polizeipräsenz
permanent in Bewegung.
Wichtig ist die Erkenntnis, dass sich die Drogenszene nicht in Luft aufgelöst hat;
sie existiert weiter, wenn auch nicht mehr so gut sichtbar. Dadurch, dass Wohnkantone und -gemeinden Strukturen geschaffen haben und drogenpolitische Vorhaben wie Projekte der heroingestützten Beandlung realisiert werden konnten,
wurden die Städte mit ehemals grossen offenen Szenen merklich entlastet. Die
drogenpolitische Diskussion wird weniger ideologisch und emotional geführt. Umso grösser ist heute die Gefahr, dass die Problematik aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet.
Im Kanton Aargau wurde seit jeher jede Bildung einer Szene bereits im Keim erstickt. Die Behörden stellen fest, dass Drogenhandel schwergewichtig im Limmattal passiert und auf Zürich ausgerichtet ist. Die Zugstrecke Zürich-Olten wird wieder vermehrt von Kurieren benutzt, um Heroin und Kokain nach Olten, Bern, Solothurn oder Grenchen zu transportieren. Oft, wie die Polizei feststellt, tragen die
Personen falsche Papiere auf sich, die sie als Jugendliche ausweisen sollen.
2.4 Rückführungen
Zürich begann bereits im Herbst 1993 innerhalb eines befristeten Pilotbetriebes
(Hegibach), ausserkantonale Drogenabhängige rückzuführen. Im September 1994
nahm in der Folge das Vermittlungs- und Rückführungszentrum Kaserne den Betrieb auf. Dieses wurde bis September 1999 von einem Verein getragen, in dem
nebst der Stadt Zürich und anderen Kantonen auch der Aargau Mitglied war. Seit-
29
her wird es durch die Stadt Zürich betrieben. In Solothurn wurde auf das Jahr
1995 (im Hinblick auf die bevorstehende Schliessung des Letten als offene Drogenszene) das Vermittlungszentrum Sucht in Betrieb genommen.
Beide Zentren sind nach wie vor in Betrieb. Die Entwicklung der Rückführungszahlen zeigt auf, dass die Schliessung der offenen Szenen für die Zentrumsstädte
Olten, Solothurn und Zürich eine deutliche Beruhigung herbeigeführt hat. Die Zahlen, die im Trend auch die Gesamtentwicklung darstellen, scheinen sich nun zu
stabilisieren.
Ohne den gezielten permanenten Einsatz von Ordnungskräften wäre dieses Niveau aber nicht zu halten. Die Zahl der aufgegriffenen Drogenabhängigen steht in
direkter Relation zur Intensität der Kontrolltätigkeit. Die betroffenen Städte sprechen von einem labilen Gleichgewicht, das sie aus nachvollziehbaren Gründen
unbedingt auch halten wollen. Dazu sind sie nach wie vor auf eine gute Zusammenarbeit mit den anderen Kantonen und insbesondere auch deren Gemeinden
angewiesen.
Rückf ühr ungen von aar g. Dr ogenabhängi gen,
21
Jahr esz ahl en
600
500
400
300
200
100
0
1995
1996
1997
1998
1999
2000
SO
207
73
127
126
187
114
ZH
592
352
326
253
191
131
Nur wenn alle Beteiligten in der Frage der Rückführungen verantwortungsbewusst
zusammenarbeiten, macht diese Massnahme Sinn und kann dazu beitragen, dass
auf verschiedenen Ebenen der Drogenproblematik Teilziele erreicht werden:
30
•
ordnungspolitisch, indem die Zentrumsgemeinden entlastet werden,
•
drogenpolitisch, indem die Wohnkantone und -gemeinden der rückgeführten
Personen sich ihres Anteils bewusst bleiben, und
•
fürsorgepolitisch, indem rückgeführte Personen (vielfach auch erst nach
mehrmaligen Versuchen) einer angemessenen Betreuung/Behandlung zugeführt werden können.
2.5 Kostenfolgen
Indirekte Kosten
Sie entstehen in verschiedenen Aufgabengebieten des Kantons. Es ist aber nicht
möglich, den enthaltenen suchtbedingten Anteil zu eruieren oder zu bestimmen. In
den Bereichen Interner sowie Externer Psychiatrischer Dienst (IPD/EPD), sozialund präventivmedizinische Massnahmen, Aids, Erziehung, Polizeiwesen, Justiz,
Strafvollzugsmassnahmen und allgemeine Gesundheitspflege dürften indirekte,
suchtbedingte Kosten in der Grössenordnung zwischen Fr. 12 bis 15 Mio. anfallen.
Weitere suchtbedingte, aber auch nicht exakt zu bestimmende Kosten fallen in
den Akutspitälern und in der öffentlichen Sozialhilfe an (Kanton und Gemeinden).
Direkte Kosten des Kantons (Verwaltungsrechnung 2000; ohne Investitionen):
Konto
Bezeichnung
Betrag
5204.02
Drogensuchtbekämpfung
2.658 Mio.
5204.04
Alkoholzehntel
1.240 Mio.
5140.10
Drogenentzugsstation DES
0.524 Mio
5140.12
TWG Kaisten
0.037 Mio.
5140.14
Heroinabgabe HAG
0.420 Mio.
5122.00
Hasel/Effingerhort
0.277 Mio.
Total
5.156 Mio.
31
3. AUFTRAG UND VORGEHEN
Der vorliegende Bericht wurde im Auftrag des Departementsvorstehers erarbeitet
und löst den Planungsbericht III Suchthilfe aus dem Jahr 1998 ab. Er soll den aktuellen Stand und die künftige Ausrichtung der Suchthilfe im Kanton Aargau aufzeigen und in Leitsätzen Grundsatzentscheide des Grossen Rates vorbereiten.
Die Grundlagenbefragung zu diesem Bericht wurde schriftlich durchgeführt. Im
Rahmen dieser Umfrage wurden 63 Adressaten eingeladen, sich zu suchtpolitischen Fragen und Themen zu äussern: 25 Stellungnahmen trafen beim Kantonsärztlichen Dienst ein (Anhang II).
4. BEGRIFFE
Im Verständnis dieses Berichtes umfassen Suchtmittel alle Stoffe mit psychoaktiver Wirkung, die über das zentrale Nervensystem das subjektive Befinden der
konsumierenden Personen beeinflussen. Es sind Mittel, welche die Stimmung, die
Gefühle oder die Wahrnehmung eines Menschen verändern.
Der Begriff schliesst demnach sowohl die Genussmittel Tabak und Alkohol,
schmerzstillende Medikamente, Schlaf- und Beruhigungsmittel, Schnüffelstoffe als
auch die Substanzen, die unter das Eidgenössische Betäubungsmittelgesetz fallen, mit ein. Erläuterungen zu einzelnen Suchtmitteln sind im Anhang V dieses
Berichtes aufgeführt.
Ob der Konsum einer bestimmten Substanz als legal oder illegal anzusehen ist,
bestimmt das geltende Gesetz.
4.1 Abhängigkeit
Aus naturwissenschaftlicher Sicht bedeutet Abhängigkeit eine körperliche Abhängigkeit von einer Substanz. Eine oder mehrere Substanzen werden nach einer
gewissen Zeit und Einnahmehäufigkeit in den körperlichen Stoffwechsel eingebaut. Bei fehlender Zufuhr des Stoffes treten in der Regel sehr unangenehme körperliche Reaktionen auf (Entzugserscheinungen). Eine körperliche Abhängigkeit
können in besonderem Masse erzeugen: Alkohol, Nikotin, Beruhigungsmittel
32
(Benzodiazepine), diverse Schmerzmittel, Anregungsmittel (Amphetamine), Opiate
(Morphin, Heroin).
Mit der Abhängigkeit geht häufig eine Toleranzbildung einher, d.h. um die gleiche
Wirkung zu erzielen, braucht der Körper mit der Zeit eine höhere Dosis.
Aus psychologischer Sicht bedeutet Abhängigkeit eine seelische, psychische Abhängigkeit, also einen inneren Zwang zu einem bestimmten Verhalten. Dieser
Zwang lässt sich nicht oder nur ganz schwer kontrollieren. Ist die Einnahme des
Suchtmittels nicht möglich, treten gefühlsmässige, seelische Folgen wie z.B. grosse Nervosität, depressive Verstimmung, Schlafstörungen usw. auf.
Eine seelische Abhängigkeit kann auch im Zusammenhang mit stoffungebundenen Süchten auftreten (Geldspiel, Internet, Videogames, Arbeit o.a.).
Körperliche und seelische Abhängigkeit treten oft zusammen auf, wobei die letztere ungleich schwieriger zu überwinden ist. Ein körperliche Entgiftung dauert 1 - 3
Wochen, die psychische Heilung kann Jahre dauern.
4.2 Suchtprävention
"Prävention" (vom lat. praeventum: zuvorkommen) hat sich als Ausdruck in Politik
und Gesellschaft gefestigt. Sie soll negative Begleiterscheinungen menschlichen
Handelns verhindern. "Prävention" vermittelt das Gefühl, dass etwas getan wird.
In der Gesundheitspolitik, insbesondere auf der Ebene der Suchtproblematik, bestehen aber vielfältige und teils unterschiedliche Meinungen darüber, was Prävention ist oder sein soll. Die Interventionsebenen sind vielfältig und die Angebotspalette breit. Dazu kommt, dass bezüglich der Begriffsdefinition Unklarheiten bestehen und Klärung Not tut, insbesondere auf 2 Ebenen:
4.2.1 Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention
Im Bereich der Suchthilfe existieren diese drei Begriffe und bezeichnen - je nach
Definition - Interventionsfelder, die untereinander fliessende Grenzen aufweisen.
Sie stehen für:
33
•
Primärprävention. Sie hat das Ziel, die Entstehung von süchtigem Verhalten zu
verhindern, d.h. Abhängigkeitserkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen.
•
Sekundärprävention. Sie hat die möglichst frühe Erfassung von beobachteten
Risiken bzw. Symptomen sowie die möglichst frühe Behandlung süchtigen
Verhaltens zum Ziel.
•
Tertiärprävention. Sie steht für die Verhinderung von Folgeschäden aufgrund
süchtigen Verhaltens.
Die Stiftung 19 (Schweiz. Stift. für Ges.-förderung) steht für folgende Definition ein:
Primärprävention ist auf die Vorbeugung des ersten Auftretens einer Störung ausgerichtet.
Sekundärprävention zielt darauf ab, eine vorhandene Krankheit und ihre Folgen
durch Früherkennung zum Stillstand zu bringen oder zu verzögern.
Tertiärprävention reduziert das Auftreten von Rückfällen und die Ausbildung chronischer Zustände zum Beispiel durch wirksame Rehabilitation.
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) schreibt zur Suchtpolitik/Suchtprävention:
"Die Gesundheitspolitik des Bundes hat zum Ziel, die durch Substanzgebrauch
induzierten Probleme zu vermindern. Oberstes und erstes Ziel: Prävention. Diese umfasst drei Teilbereiche:
Primärprävention (Verhinderung des Einstiegs in den Substanzgebrauch),
Sekundärprävention (Reduktion des aktuellen Konsums) und
Tertiärprävention (Verringerung der schädlichen Auswirkungen des Konsums von
Substanzen für die betroffenen Personen, einschliesslich Überlebenshilfe)."
Weitere Definitionen liessen sich hier anfügen, würden aber kaum zu einer Klärung beitragen. Die Terminologie mag fachlich korrekt und Usanz sein; vor allem
aber ist sie verwirrlich und entspricht in keiner Weise einem breiten Verständnis
von "Prävention". So ist nicht davon auszugehen, dass die Bevölkerung ein Fixerstübli oder eine Gassenküche als präventive Massnahme (tertiärpräventiv, im Sinne der Vorbeugung von Folgeschäden) einstufen würde.
34
Zur besseren Begrifflichkeit und zum klareren Verständnis stützt sich das Gesundheitsdepartement auf folgende Definitionen (in Anlehnung an Hafen22):
Prävention
Prävention versucht, zukünftige Suchtprobleme bei nicht näher definierten Personengruppen zu verhindern.
Früherfassung
Früherfassung versucht, Anzeichen für zukünftige Suchtprobleme bei definierten
Personengruppen zu erkennen und die geeigneten Massnahmen zur Behandlung
dieser Anzeichen in die Wege zu leiten.
Behandlung
Behandlung versucht, bestehende Probleme bei bestimmten Personen zu beheben.
Schadensverminderung
Schadensverminderung versucht, Folgeprobleme von bestehenden Problemen bei
bestimmten Personen zu verhindern.
Unter dem Ausdruck "Suchtprävention" versteht das Gesundheitsdepartement
demnach Primärprävention sowie Teile der Früherfassung.
4.2.2 Suchtprävention / Gesundheitsförderung
Gesundheitsförderung nach dem Verständnis der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) setzt bei der Stärkung der Gesundheitsressourcen und -potentiale an,
Suchtprävention bei der spezifischen Verhinderung einzelner Krankheiten.
Wie beim Begriff "Prävention" (s.o.) stehen auch für diese Bereiche verschiedene
Definitionen zur Verfügung. Hilfreich kann hier eine Umschreibung des BAG sein,
da in dieser Definition der direkte Bezug geschaffen wird:
35
"Das Konzept der Prävention orientiert sich an den Symptomen und Krankheiten,
die es zu verhüten gilt. Dazu werden Massnahmen umgesetzt, die bestehende
Risikofaktoren vermindern und protektive Faktoren stärken. Dabei können personenorientierte und strukturorientierte Ansätze bzw. eine Kombination der beiden
Ansätze zur Anwendung gelangen. Präventive Massnahmen richten sich an die
gesamte Bevölkerung, an ausgewählte Gruppen oder auch an einzelne Individuen
mit erhöhtem Risiko. ...
Gesundheitsförderung orientiert sich dagegen an einem ganzheitlichen Verständnis von Gesundheit, die sie fördern will. Gesundheitsförderung bezweckt die Stärkung der individuellen und kollektiven Ressourcen für das physische, psychische
und soziale Wohlbefinden. Auch hier sind personen- und strukturorientierte Ansätze anzutreffen. Gesundheitsförderung kann bei Gesunden wie auch bei Kranken
angewendet werden.
Die zwei Konzepte der Prävention, namentlich der Suchtprävention, und der Gesundheitsförderung widersprechen sich nicht, sie konvergieren letztlich in der gemeinsamen Perspektive, die Gesundheit zu schützen, zu erhalten und zu fördern.
..."23
In diesem Sinne versteht das Gesundheitsdepartement Suchtprävention und Gesundheitsförderung als zwei verschiedene, aber sich ergänzende Disziplinen und
fördert deren Zusammenarbeit und Abstimmung durch die Einbindung in dieselbe
Abteilung (Kantonsärztlicher Dienst).
5. SUCHTHILFE
5.1 Suchtprävention
Grundsätzlich geschieht Suchtprävention selbstverständlich nicht nur durch Fachstellen und Institutionen. Es ist zwischen natürlichen und professionellen Akteuren
zu unterscheiden.
Natürliche Akteure sind wir alle, die in Beziehung zu andern Menschen - insbesondere zu Jugendlichen - stehen, als Elternteil, Vereinsmitglied, Mitarbeiter/in,
Nachbar/in, Lehrer/in, Politiker/in usw., als Teil einer sozialen Gemeinschaft. Diese
36
Gesellschaft hat in den letzten Jahren - als Nebenprodukt des Wohlstandes - vermehrt auch suchtfördernde Bedingungen verursacht. Erst diese Entwicklung hat
eine institutionalisierte Suchtprävention nötig gemacht.
Die professionelle Suchtprävention hat das Ziel, die Entwicklung einer Sucht bzw.
eines suchtfördernden Verhaltens zu verhindern. So verschieden wie Entstehungsbedingungen und Erscheinungsformen von Sucht sind, so vielfältig sind
mögliche Ansätze für sinnvolle Präventionsarbeit.
Suchtprävention ist ein komplexes Unterfangen. Die Massnahmen können in verschiedene Ebenen klassifiziert werden:
Ebene
Art
Zielgruppe
•
Risikofaktoren.
Bedingungen.
•
Schutzfaktoren. Stärkung von Gesundheitsbewusstsein und
Abwehrkräften.
•
Altersklassen. Lern-/entwicklungspsychologisch oder altersbedingte Gruppen (Adoleszenz, midlife crises, Pensionierung).
•
weitere soziodemografische Merkmale. Geschlecht, ethnische
Zugehörigkeit, Migration etc..
Intervention •
Personenorientiert. Richtet sich direkt an Menschen, in unterschiedlicher Zahl.
•
Sozialsystem-orientiert. Richtet sich an Familien, Organisationen, Vereine, Peer-Groups.
•
Strukturorientiert. Richtet sich an Politik, Verwaltung, Entscheidungsträger.
•
Informationsvermittlung. Permissiv, neutral oder abschreckend.
•
Ressourcenförderung. Soziale und emotionale Kompetenz, Eigenverantwortung.
•
Vernetzung. Bildung von Netzwerken (zwischen Personen und
Systemen).
•
Früherfassung. Bildung von entsprechenden Strukturen.
•
Massenmedien. Radio, TV, Kino, Printmedien, Plakate.
•
Events. Theater, Videofilme, Ausstellungen, Standaktionen.
•
Mediatoren/innen. Lehrkräfte, Vereinsfunktionäre, Peer-Leader.
•
Sprache, Schrift, Bilder, Töne.
Methoden
Medien
Erkennen
und
verändern
suchtfördernder
37
Suchtprävention bedeutet nicht nur Aufklärung über suchtfördernde Umstände und
deren Verhütung. Reine Informationsvermittlung birgt immer auch die Gefahr der
Neugier in sich. Suchtprävention muss vermehrt auch schützende Faktoren fördern, z.B. die Stärkung der persönlichen Ressourcen (Wissen, Wollen, Können).
Die Persönlichkeit soll gestärkt und eine gesunde Lebensführung vermittelt werden.
Die Fachwelt orientiert sich zunehmend am Präventionsdreieck Mensch - Umwelt Suchtmittel und nicht an einer substanzbezogenen Arbeit. Der Status (legal oder
illegal) des Suchtmittels verliert in der Präventionsarbeit weitgehend seine Bedeutung. Suchtmittelspezifische Massnahmen sollen ergänzend eingesetzt werden.
Suchtmittelmissbrauch passiert im Alltag, in unseren täglichen Lebenswelten.
Darum muss auch die Suchtprävention in diesem Rahmen wirken. Je früher die
Suchtprävention einsetzt, desto grösser ist die Chance, dass sie Wirkung hinterlässt. Schlussendlich kann nur die Gesellschaft selbst als Ganzes Suchtprobleme
lösen, nicht die (Sucht-) Fachspezialisten.
5.2 Therapie
Die Säule "Therapie" umfasst die Behandlungsformen von suchtmittelabhängigen
Personen. Wir unterscheiden die Bereiche ambulante Beratung und Therapie, stationäre Entzugsbehandlung, stationäre Therapie, heroingestützte Behandlung.
5.2.1 Ambulante Beratung und Therapie
Ambulante Beratungsstellen richten ihr Angebot an suchtgefährdete oder süchtige
Menschen und deren Bezugspersonen. Teilweise sind sie spezialisiert und wirken
in suchtmittelspezifischen Bereichen (Alkohol- oder Drogenberatungsstellen), oder
stellen ein übergreifendes Angebot als Suchtberatungsstellen (sowohl im legalen
als auch im illegalen Bereich) zur Verfügung. Sie bieten Einzel-, Paar-, Familienund Gruppengespräche an. Beratung und Therapie, Hilfestellungen und Vermittlungsdienste, die grundsätzlich nach sozialen, psychologischen und pädagogischen Gesichtspunkten ausgerichtet sind, stützen sich auf die Fachkompetenz der
38
Mitarbeiter/innen ab. Behandlungsziele sind die physische und psychische Suchtmittel-Unabhängigkeit sowie die soziale Reintegration, Selbständigkeit und die
Selbstbestimmung der Betroffenen.
Ambulante Beratungs-/Behandlungsprozesse können durch den Einsatz von Medikamenten unterstützt werden.
So wird Antabus (Disulfiram) bei schweren Abhängigkeitsformen von Alkohol eingesetzt. Das Medikament wird in der Regel über längere Zeit (mehrere Jahre) eingenommen und ruft bei Alkoholkonsum unangenehme Symptome hervor.
Campral (Acamprosat) wird ebenfalls im Bereich der Alkoholrückfall-Bekämpfung
eingesetzt. Das Mittel besetzt bestimmte Rezeptoren im Hirn und verhindert so
ihre Übererregbarkeit, die normalerweise durch ein Ausbleiben von Alkoholkonsum ausgelöst wird. Das Medikament wird also zur Aufrechterhaltung einer Abstinenz, resp. zur Linderung oder Vermeidung des Suchtmittel-Hungers eingesetzt.
Naltrexon (Nemexin) wird vor allem bei Opiatabhängigen eingesetzt, verzeichnet
aber auch Effekte bei Alkoholabhängigen. Der Wirkstoff des Medikamentes ist ein
sogenannter spezifischer Morphinantagonist. Das heisst, er blockiert die Wirkung
von Opioiden, indem er die entsprechenden Rezeptoren blockiert. Durch seine
wirkungshindernde Eigenschaft eignet sich Nemexin - nach einer geglückten körperlichen Entzugsbehandlung - gut zur Aufrechterhaltung der Abstinenz und zur
Unterstützung einer ambulanten Behandlung. Nemexin entwickelt keinen Eigeneffekt an Nervenzellen, d.h. das Medikament selbst hat keine suchtbildende Wirkung.
Buprenorphin (Subutex, Temgesic, Transtec) ist ein synthetisches Opioid, das
ähnlich wie Methadon als Ersatz für Heroin eingesetzt werden kann. In dieser
Funktion eignet es sich für Heroinraucher und -sniffer oder Konsumierende, die
Heroin in kleinen Mengen injizieren. Buprenorphintabletten werden gelutscht. Das
Medikament unterdrückt den Heroinhunger für ein bis zwei Tage. Süchtige sind
durch Buprenorphin in der Lage, auf Heroin zu verzichten.
39
Methadon ist ein lang wirkendes synthetisches Opiat. Methadonprogramme sind
Suchtersatz- oder Substitutionsprogramme. Im Gegensatz zu einer auf Suchtfreiheit ausgerichteten Entzugsbehandlung stehen die Phasen der Suchtfreiheit und
Rehabilitation in umgekehrter Reihenfolge. Zuerst soll die Rehabilitation erreicht
und gesichert werden und dann die Suchtfreiheit. Die Eignung von Methadon als
Heroinersatz basiert vor allem auf folgenden Eigenschaften des Medikamentes:
• Oral eingenommenes Methadon wirkt ca. 24 - 36 Std., d.h. eine tägliche Dosis
reicht für die Substitution aus.
• Eine ausreichende Dosis verhindert während der angegebenen Zeit das Entstehen eines Heroinentzugssyndromes, unterbindet den "Heroinhunger" und
reduziert die Wirksamkeit zusätzlich konsumierten Heroins.
• Bei Langzeitanwendung mit ausreichender Toleranzentwicklung wirkt Methadon
verhältnismässig wenig euphorisierend oder sonst bewusstseinsverändernd.
Die Einnahme von Methadon lässt sich deshalb mit sozialer Funktions- und Erwerbstätigkeit (einschliesslich z.B. Lernfähigkeit und Fahreignung) grundsätzlich vereinbaren.
• Durch die orale Einnahme leistet das Methadon einen wichtigen Beitrag zur
Aids-Prophylaxe.
Die geringen Kosten des legalen Medikaments (im Vergleich zum illegalen Heroin)
wirken der Beschaffungskriminalität entgegen. Das Gesundheitsdepartement erlässt deshalb Richtlinien für die Führung der Substitutionsprogramme. Im Kanton
Aargau laufen derzeit rund 750 Methadonprogramme, schweizweit ca. 16'000
(Stand: Juni 2001), was den Stellenwert dieser Substitutionsbehandlung in der
aargauischen und schweizerischen Suchtmittelpolitik unterstreicht.
Kriterien und Begleitumstände zur Führung von Methadonprogrammen werden
fortlaufend durch gesellschaft- und drogenpolitische Entwicklungen beeinflusst.
Dementsprechend passt auch der Kantonsärztliche Dienst die Behandlungsrichtlinien für Methadonprogramme bei Bedarf an (letztmals im Jahr 2000).
40
5.2.2 Entzug
Unter Drogenentzug wird die vollständige oder teilweise Entgiftung des Körpers
von illegalen Drogen verstanden. Der körperliche Entzug, der in der Regel in spezialisierten Einrichtungen durchgeführt wird (im Aargau 2), dauert ca. 1 Woche
und ist der erste Schritt auf einem langen Weg in die Suchtmittel-Unabhängigkeit.
Je nach Grad der Abhängigkeit und Dauer des Konsums löst die Entgiftung mehr
oder weniger stark ausgeprägte bis massive Entzugserscheinungen aus. Diese
können durch verschiedene Massnahmen gemildert werden (Bäder, Massagen
etc.). Ohne Einsatz von Medikamenten wird von einem "kalten" Entzug gesprochen, medikamentös gestützt wird ein Entzug als "warm" bezeichnet. In der Entzugsphase benötigen die Süchtigen eine intensive Begleitung und Betreuung
durch Fachpersonal. Der Entzug von Alkohol und Medikamenten wird üblicherweise in Akutspitälern und psychiatrischen Kliniken durchgeführt.
5.2.3 Stationäre Suchttherapie
In der stationären Suchttherapie sollen die Ausstiegswilligen befähigt werden,
dauerhaft abstinent zu leben und ihren Alltag konstruktiv zu strukturieren. Es wird
darauf hingearbeitet, dass die Betroffenen im Stande sind, ein tragfähiges Beziehungsnetz und eine sinnvolle Freizeitgestaltung aufzubauen. Das Finden einer
passenden Wohnform oder einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle ist oft auch ein
zentraler Punkt in einer - der stationären Therapie folgenden - Nachbetreuungsinstitution.
In der Schweiz stehen im illegalen Suchtmittelbereich ca. 1750 Plätze (AG: 71)
und im legalen Bereich ungefähr 600 spezialisierte Behandlungsplätze (AG: 54)
zur Verfügung. Im Kanton Aargau existieren 5 Einrichtungen mit unterschiedlichen
Konzepten und insgesamt 71 Plätzen im illegalen und 54 Plätzen im legalen
Suchtmittelbereich. Den stationären Therapien folgen oft teilstationäre Übergangs-, Anschlussprogramme oder Projekte betreuten Wohnens. Dies, um den
Prozess der sozialen Reintegration individuell abgestimmt vollziehen zu können.
41
5.2.4 Heroingestützte Behandlung
Anfangs der neunziger Jahre war in der Schweiz festzustellen, dass eine Gruppe
Drogenabhängiger mit dem bestehenden Netz an Behandlungsmöglichkeiten nicht
erreicht werden konnte. Es waren diejenigen unter den Süchtigen, die immer wieder in ihre Abhängigkeit zurückfielen. Nebst gesundheitlichen Risiken (HIV- und/
oder Hepatitis-Ansteckung, Überdosis etc.) waren sie auch der Gefahr der zunehmenden sozialen Verelendung und Ausgrenzung ausgesetzt. Ihr Beschaffungsdruck und die damit verbundene Kriminalität wurde zu einer ernsthaften Belastung.
1992 startete die heroingestützte Behandlung (HeGeBe) als Forschungsprogramm
des Bundes. Seit Oktober 1998 ist diese Behandlungsform gesetzlich verankert.
Im Mai 2001 standen in der Schweiz insgesamt 1'209 (AG: 50) vom Bund bewilligte Behandlungsplätze zur Verfügung, wovon 1'084 belegt waren.
Die Ziele der heroingestützten Behandlung sind:
•
soziale Integration, Verbesserung des körperlichen und psychischen Gesundheitszustandes,
•
anhaltende therapeutische Einbindung,
•
Verzicht auf nicht verschriebene Substanzen,
•
Verzicht auf Delinquenz,
•
Erwerbsfähigkeit,
•
Verringerung des Verbreitungsrisikos von HIV und/oder Hepatitis,
•
Dauerhafte Suchtfreiheit als langfristiges Ziel.
5.3 Schadensverminderung
Mit dem Ziel der Schadensverminderung wurden in den achtziger Jahren, als sich
immer mehr drogeninjizierende Menschen mit dem HI-Virus ansteckten und die
Zahl der Todesfälle als Folge von Überdosierungen einen Höchststand erreichten,
die ersten Institutionen der niederschwelligen Überlebenshilfe gegründet. Darunter
42
verstand man einfach zugängliche Orte ohne Zugangsbedingungen für Drogenabhängige. Die ersten vom Bund unterstützten Projekte im Rahmen der Schadensverminderung umfassten Spritzenabgabeprojekte (auch in Gefängnissen), Gassenzimmer, Injektionsräume (Fixerstübli), Arbeits- und Wohnprojekte, Angebote
für sich prostituierende Frauen und eine Beratungsstelle für Kinder mit drogenabhängigen Eltern.
Im Kanton Aargau existieren - mit Ausnahme der gewährleisteten Abgabe von sterilem Injektionsmaterial durch Suchtberatungsstellen und Apotheken - keine Angebote im Bereich der Schadensverminderung.
5.4 Repression
Die Ziele der Repression im Bereich der illegalen Suchtmittel sind die Angebotsverknappung, das Bekämpfen des illegalen Betäubungsmittelhandels und der damit verbundenen ungesetzlichen Finanztransaktionen sowie das Bekämpfen der
organisierten Kriminalität.
Dem polizeilichen Einsatzbereich der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung
wurde im Kanton Aargau unter dem Gesichtspunkt der Suchtmittelproblematik
immer ein spezielles Augenmerk verliehen. Öffentlicher Konsum oder Handel von
illegalen Suchtmitteln wurde nie geduldet und die Bildung von Ansammlungen von
Drogenabhängigen oder gar "Szenen" wurde stets bereits im Keim erstickt.
Die neue Betäubungsmittelszene ist stetig in Veränderung. Immer neue, vor allem
synthetische Substanzen werden lanciert und erobern den Markt. Auch die Händlerstrukturen haben sich verändert. Das Unrechtbewusstsein bei Händlern und
Dealern nimmt weiter ab; neue Drogenkartelle werden zu rein ökonomisch ausgerichteten und straff geführten Unternehmen ausgebaut; neue Anbau- und /oder
Verarbeitungsregionen und -orte für illegale Suchtmittel kommen hinzu. Dementsprechend ist es unerlässlich, dass die Polizei prompt auf veränderte Voraussetzungen reagieren kann.
6. RECHTSGRUNDLAGEN UND ZUSTÄNDIGKEITEN
43
6.1 Rechtsgrundlagen
Im Bereich der illegalen Drogen basiert die Suchtmittelpolitik des Kantons Aargau
rechtlich auf drei Gesetzen und einer Verordnung: dem eidgenössischen Betäubungsmittelgesetz (BetmG), dem kantonalen Gesundheitsgesetz (GesG) vom 10.
November 1987, dem kantonalen Sozialhilfegesetz (SHG) vom 2. März 1982, bzw.
dem neuen Sozialhilfe- und Präventionsgesetz (Inkraftsetzung: 1. Juli 2002) und
der kantonalen Verordnung über die Drogenhilfe vom 11. Mai 1994.
Im Bereich der Alkoholproblematik sind die wichtigsten Bestimmungen auf
Schweizerischer Ebene (Abgabe/Verkauf, Werbebestimmungen, Mindestalter etc.)
im Alkoholgesetz (AlkG), in der Lebensmittelverordnung (LMV) und im Strafgesetzbuch (StGB) verankert. Auf kantonaler Ebene ist das Gesetz über das Gastgewerbe und den Kleinhandel mit alkoholischen Getränken (Gastgewerbegesetz,
GGG) massgebend.
6.1.1 Bundesrecht
6.1.1.1 Betäubungsmittelgesetz BetmG
Unter dem Titel "Massnahmen gegen den Betäubungsmittelmissbrauch" bestimmt
das BetmG unter Art. 15a:
1
Zur Verhütung des Betäubungsmittelmissbrauches fördern die Kantone die Auf-
klärung und Beratung und schaffen die notwendigen Einrichtungen.
2
Die Kantone sorgen für die Betreuung von Personen, die wegen Betäubungsmit-
telmissbrauchs ärztliche Behandlung oder fürsorgerische Massnahmen benötigen,
und fördern die berufliche und soziale Wiedereingliederung.
3
Die zuständigen Behörden können bestimmte Aufgaben und Befugnisse privaten
Organisationen überlassen.
Das BetmG befindet sich zur Zeit der Verfassung dieses Berichtes in Revision. Im
Zentrum dieser Revision stehen die gesetzliche Verankerung der vier Säulen der
Schweizerischen Drogenpolitik, neue Regelungen für Konsum, Anbau und Handel
mit Cannabisprodukten und eine Verstärkung der führenden Rolle des Bundes in
der Drogenpolitik. Brisanz bietet dabei die vorgesehene generelle Aufhebung der
Strafbarkeit des Cannabiskonsumes und seiner Vorbereitungshandlungen.
44
6.1.1.2 Lebensmittelgesetz (LMG)
Das Lebensmittelgesetz macht Vorschriften betreffend Werbung für alkoholische
Getränke. Die Verordnung zum Lebensmittelgesetz befindet sich zum Zeitpunkt
der Verfassung dieses Planungsberichtes ebenfalls in Revision. Es steht dabei zur
Diskussion, das Abgabealter für vergorene Alkoholika (Wein, Bier und Obstwein)
auf eidgenössischer Ebene zu regeln.
6.1.1.3 Alkoholgesetz (AlkG)
Das Alkoholgesetz regelt das Abgabealter für Spirituosen gesamtschweizerisch.
Danach dürfen gebrannte Wasser nicht an Jugendliche unter 18 Jahren abgegeben oder verkauft werden. Die Regelungen für die übrigen alkoholischen Getränke
sind in den kantonalen Gastgewerbegesetzen geregelt (grossmehrheitlich ab 16
Jahren).
6.1.1.4 Strafgesetzbuch (StGB)
In Art. 136 trifft das StGB folgende generelle Regelung:
„(...) Wer einem Kind unter 16 Jahren alkoholische Getränke oder andere Stoffe in
einer Menge, welche die Gesundheit gefährden kann, oder Betäubungsmittel im
Sinne des Bundesgesetzes vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel verabreicht oder zum Konsum zur Verfügung stellt, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.“
6.1.2 Kantonales Recht
Hinsichtlich der dem Kanton mit Artikel 15a BetmG (s.o.) übertragenen Aufgaben
hat das Gesundheitsgesetz (GesG) von 1987 den Bereich Aufklärung und Beratung an die Gemeinden weiterdelegiert (§ 46 Abs. 2 und 3 GesG). Die Gemeinden
sind auch zuständig für fürsorgerische Massnahmen im Rahmen der allgemeinen
Sozialhilfe (§ 4 Sozialhilfegesetz SHG). Der übrige Bereich der Betreuung, insbesondere die ärztliche Betreuung und weitergehende Massnahmen, verbleibt als
45
Aufgabe des Kantons. Gemäss § 48 GesG wird der Regierungsrat ermächtigt, die
erforderlichen Bestimmungen zu erlassen und Massnahmen zur Verhütung und
Bekämpfung von Suchtkrankheiten des Menschen nach Massgabe der eidgenössischen und kantonalen Gesetzgebung zu treffen.
Im Bereich der alkoholischen Getränke erlässt der Kanton seine Bestimmungen im
Gesetz über das Gastgewerbe und den Kleinhandel mit alkoholischen Getränken
(Gastgewerbegesetz GGG). Geregelt wird insbesondere das Abgabealter für vergorenen Alkohol oder die Preisgestaltung gegenüber alkoholfreien Getränken.
Am 10. Mai 2001 stimmte der Aargauer Souverän dem neuen Gesetz über die
öffentliche Sozialhilfe und soziale Prävention (Sozialhilfe- und Präventionsgesetz,
SPG) vom 6. März 2001 zu. Das SPG wird das SHG ablösen, aber die Zuständigkeit für fürsorgerische Massnahmen im Rahmen der allgemeinen Sozialhilfe in Art.
6 weiterhin den Gemeinden zuschreiben.
6.2 Zuständigkeiten
Unter dem Abschnitt "Gesundheitliche Vorsorge und Fürsorge, Gesundheitsschutz" bestimmt das GesG
in § 45
2
Die Gemeinden und der Kanton fördern im Zusammenwirken mit privaten Orga-
nisationen die gesundheitliche Vorsorge und Fürsorge sowie den Gesundheitsschutz nach Massgabe der Gesetzgebung.
in § 46
2
Die Gemeinden schaffen oder unterstützen Einrichtungen, die der Aufklärung
und Beratung zur Verhütung von Suchtkrankheiten und des Arznei- und Betäubungsmittelmissbrauches dienen.
46
3
Sie können diese Aufgaben privaten Institutionen übertragen oder im Rahmen
einer vertraglich geregelten Zusammenarbeit oder eines Gemeindeverbandes führen.
in § 47
Der Kanton trifft Massnahmen der Gesundheitsvorsorge. Diese dienen insbesondere der Gesundheitsförderung und Gesundheitserziehung, der Eindämmung von
Suchtmitteln und Suchtmittelreklamen, der Verhütung von Krankheiten und Unfällen sowie der Früherkennung von Krankheiten und Gesundheitsgefährdungen
durch Umwelteinflüsse.
Die Verordnung über die Drogenhilfe vom 11.5.1994 sagt über die Zuständigkeiten
in den Bereichen Prävention und Beratung in Art. 4:
1
Prävention und Beratung sind Sache der Gemeinden nach Massgabe des Ge-
sundheitsgesetzes.
2
Der Kanton beteiligt sich an den Kosten der regionalen Drogenberatungsstellen
und übernimmt nach Massgabe der zur Verfügung stehenden Mittel die Besoldung
der Präventionsfachleute.
3
Er kann weitere Organisationen, die einen Beitrag an die Prävention leisten, fi-
nanziell unterstützen.
Zu Drogenentzug und Drogentherapie führt die Verordnung unter Art. 5 und 6 aus,
dass der Kanton diese Angebote ermöglicht, diese Aufgaben aber auch privaten
Trägerschaften übertragen kann. Die daraus entstehenden Kosten müssen durch
den Abhängigen bezahlt werden, soweit diese nicht durch Dritte gedeckt sind (Art.
7).
Art. 8 regelt die Zuständigkeit für den Bereich der Überlebenshilfe: Einrichtungen
der Überlebenshilfe, Notschlafstellen, Tagesstrukturen und Arbeitsprojekte sind
Sache der Gemeinden.
47
7. DIE SUCHTHILFE IM KANTON AARGAU
Anfangs der neunziger Jahre wurde vom Bund das 4-Säulen-Modell als drogenpolitisches Konzept proklamiert. Es unterteilt die Suchtpolitik in die vier Grundbereiche: Prävention / Therapie / Schadensverminderung / Repression. Auch die
Suchtpolitik des Kantons Aargau stützt sich auf das Modell des Bundes, von dem
folgende Ziele abgeleitet werden:
Säule Prävention:
Sie soll erzielen, dass so wenig (junge) Menschen wie möglich mit dem Konsum
von Drogen (legal und illegal) beginnen oder ein Suchtverhalten entwickeln.
Säule Therapie:
Sie soll bewirken, dass so vielen Abhängigen wie möglich effizient geholfen werden kann, den Drogenkonsum / das Suchtverhalten aufzugeben und aus der Abhängigkeit auszusteigen.
Säule Schadensverminderung:
Sie soll einer fortschreitenden Verelendung der Betroffenen und weiteren physischen und psychischen Schäden vorbeugen.
Säule Repression:
Sie soll erreichen, im Bereich des Handels das Suchtmittelangebot zu verknappen, diejenigen zu bestrafen, die durch eine Abhängigkeit anderer Gewinne erzielen, und die Gesellschaft vor den Auswirkungen der Suchtprobleme zu schützen.
Der Aargau hat das 4-Säulen-Modell (des Bundes) Prävention-Therapie-Schadensverminderung-Repression umgesetzt.
Dieses Konzept ist eine wichtige Grundlage für die künftige
Suchtmittelpolitik des Kantons.
48
7.1 Organisation
Im Bereich der ambulanten Beratung sowie in der Suchtprävention sind die Aufgaben der Suchthilfe im Aargau ausschliesslich an private Trägeschaften übertragen. Im stationären Bereich sind nebst privaten auch zwei kantonale Einrichtungen tätig.
Seit 1996 schliesst das Gesundheitsdepartement mit allen privaten Trägerschaften
der Suchthilfe im Kanton Aargau Leistungsverträge ab. Darin eingebettet ist ein
Controlling-Konzept, an dem sich auch die kantonalen Einrichtungen und die dem
Spitalgesetz unterstehenden Institutionen beteiligen. Mit den Leistungsvereinbarungen sollen folgende Ziele erreicht werden:
• Schaffung von klaren Verbindlichkeiten zwischen der öffentlichen Hand als Auftraggeberin und den privaten Trägerschaften.
• Leistungsverträge als Instrumente zur gezielten Steuerung/Lenkung der Angebote in der Suchthilfe.
• Qualitätssicherung der Angebote durch ein Controlling; Überprüfung der Angebote in qualitativer sowie quantitativer Hinsicht.
Die Leistungsvereinbarungen schaffen die Voraussetzung für den hohen Koordinations- und Planungsbedarf in der Suchthilfe und sichern in Zeiten staatlicher
Finanzknappheit den gezielten Einsatz der beschränkt vorhandenen Mittel.
Controlling- und Qualitätsmanagementinstrumente, als Teil
der Leistungsvereinbarungen zwischen privaten Trägerschaften und dem Gesundheitsdepartement, werden von kantonalen oder im Rahmen der Spitalgesetzgebung tätigen Einrichtungen übernommen.
49
7.2 Suchtprävention
7.2.1 Ziele
Die Prävention versucht, zukünftige Suchtprobleme bei nicht näher definierten
Personengruppen zu verhindern.
7.2.2 Entwicklung
Der Planungsbericht III Suchthilfe vom 23. Juni 98 ebnete den Weg, die bestehenden Suchtpräventionsstellen um insgesamt 130 auf 600 Stellenprozente auszubauen. Damit konnte der permanent hohen Nachfrage besser begegnet werden.
Auch das Verhältnis zwischen Fachstellenprozenten und Einwohnerzahlen konnte
etwas günstiger gestaltet werden; mit rund 110 Stellen-% auf 100'000 Einwohner
schneidet der Aargau aber auch nach dem Ausbau unterdurchschnittlich ab.
Im Verlauf der Zeit sahen sich die Präventionsfachleute (aufgrund ihrer ausgezeichneten Beziehungen zu den Schulen) immer mehr mit Anfragen zu nicht
suchtspezifischen Themen
konfrontiert, insbesondere mit der Problemstellung:
Gewalt an der Schule. Die Abgrenzungsfrage zur Suchtprävention wurde intensiv
diskutiert und 1999 vereinbarte die kantonale Arbeitsgruppe Suchtprävention, in
Absprache zwischen Erziehungs- und Gesundheitsdepartement, dass die Suchtpräventionsstellen sinnvollerweise eine Triage- oder Auftragsklärungsfunktion haben können und sollen. Federführend bei "Gewalt"-projekten ist aber in jedem Fall
das Departement für Bildung, Kultur und Sport (BKS). Je nach Auftrag und Projekt
können die Suchtpräventionsstellen in die Mitarbeit miteinbezogen werden.
Auf das Rechnungsjahr 2000 wurden die zusätzlichen Stellen-% erstmals budgetiert. Dementsprechend vertieften sich Mitte 1999 die Diskussionen über die Verteilung dieser Ressourcen und über die Ausgestaltung einer künftigen Struktur der
Suchtprävention im Aargau. Man war sich einig darin, dass der Umfang des Ausbaus zwar die dringendsten personellen Nöte lindern kann, nicht aber die Idealvorstellungen eines gut ausgebauten dezentralen Versorgungsnetzes zu befriedigen vermag. Es standen verschiedene Modelle zur Diskussion. Zweimal wurde im
50
Einvernehmen mit den Trägerschaften eine Variante beschlossen, aber in den
Fragen der Umsetzung konnten sich die beteiligten Anbieter nicht einigen.
Das Institut für Suchtforschung (ISF) in Zürich hielt in einer Stellungnahme zur
suchtpräventiven Versorgungsstruktur im Kanton Aargau im August 1999 einleitend fest, dass die Dotierung der Suchtprävention insgesamt eher bescheiden ist
und dass die einzelnen Stellen sehr klein sind.
Grundsätzlich stützt das ISF die Grundphilosophie der dezentralen Versorgung
(bei entsprechender, genügender Stellendotierung), d.h. die Prävention vor Ort
und direkte Kontakte, gibt aber zu bedenken, dass je kleiner die Stellen sind,
•
desto weniger können sie alle erforderlichen Interventions- und Kommunikationsebenen sowie die verschiedenen Lebensbereiche abdecken,
•
desto weniger Zeit haben sie für Grundlagenarbeit zur Verfügung,
•
desto weniger Zeit können sie in die kantonale Zusammenarbeit investieren
und
•
desto grösser ist der Bedarf an fachlicher Kooperation und Vernetzung.
7.2.3 Ist-Zustand
Die Aufteilung der Personalressourcen verhält sich in etwa proportional zu den
Einwohnerzahlen der entsprechenden Regionen:
51
TRÄGERSCHAFT
Suchtpräventionsstelle
Bezirk(e)
STEL-
FachperL son(en)
E
N
%
Aargauischer Verein für Brugg
Suchtprobleme AVS
Brugg, Lenzburg
150%
2
Aargauischer Verein für Rheinfelden
Suchtprobleme AVS
Laufenburg,
Rheinfelden
60%
1
Aargauischer Verein für Zofingen
Suchtprobleme AVS
Kulm, Zofingen
60%
1
Verein Fachstelle für Aarau
Suchtberatung und Prävention
Aarau
70%
1
Verein Jugendberatungs- Baden
stelle Baden-Wettingen
Baden, Zurzach
160%
2
Verein Jugend und Frei- Wohlen
zeit, Wohlen
Bremgarten, Muri
100%
2
4 Trägerschaften
11 Bezirke
600%
9 Pers.
6 Stellen
Zum festen Angebot im Bereich der Suchtprävention muss im Kanton auch die
Sucht-Info Aargau gerechnet werden, eine professionell geführte Informationsund Dokumentationsstelle im Bereich der Suchtprävention. Sie unterstützt - zentral
von Aarau aus - die Suchtpräventionsstellen und steht auch der Öffentlichkeit zur
Verfügung. Seit ihrer Eröffnung (1994) weist die Sucht-Info permanent steigende
Ausleihzahlen aus und beweist damit, wie gross insbesondere das öffentliche Interesse an Fachinformation ist.
Kantonal sind die Suchtpräventionsstellen und die -fachleute in der kantonalen
Arbeitsgruppe Suchtprävention zusammengefasst. Diese ist verantwortlich für die
Umsetzung der suchtpräventiven Massnahmen im Kanton.
52
Organisation der Suchtprävention im Kanton Aargau
Die Suchtpräventionsstellen sind auch nach dem Ausbau noch immer stark ausgelastet. Ihre Angebote umfassen öffentliche Veranstaltungen (Informationsveranstaltungen, Kurse, Weiterbildungen, Medienarbeit, Initiierung/Organisation von
Theatern, Ausstellungen etc.), Aktivitäten in Schulen (Weiterbildungen, Veranstaltungen, Kriseninterventionen, Einzelberatungen), Vernetzungsarbeit, Grundlagenarbeit und Arbeit an Unterrichtsmaterialien sowie spezifische Projektarbeit. So vielfältig wie die Angebote der Stellen sind auch deren Zielgruppen. Schüler aller Alters- und Schulstufen, Lehrlinge, Lehrpersonen im weitesten Sinn, Behörden,
Kommissionen, Eltern, geschlechtsspezifische Angebote (Mütter, Väter), Lehrmeister, Personalverantwortliche, Fachleute der medizinischen und psychosozialen Versorgung o.a.. Der Hauptteil der Tätigkeiten der Suchtpräventionsfachleute
geht in Form einer Zusammenarbeit mit Schulen vor sich.
53
7.2.4 Ausblick
Eines der Minimalziele des Ausbaus war es, keine Suchtpräventionsstellen mehr
zu haben, die nur mit einer Fachperson besetzt sind. Es war aber nicht möglich,
eine einvernehmliche Strukturlösung zu finden. Unterschiedliche Interessen und
Konzepte standen einander gegenüber und konnten keine Basis für eine grundlegende, zukunftsgerichtete Neuausrichtung bilden.
Die bestehende dezentrale Lösung erscheint dem Gesundheitsdepartement nicht
mehr geeignet und befriedigend, da der Koordinations- und Vernetzungsaufwand
mit 6 Fachstellen, teilweise noch immer Ein-Personen-Stellen in Teilzeit-Pensen,
auf fachlicher (operativer) Ebene und mit 4 Trägerschaften auf administrativer
(strategischer) Ebene zu hoch ist.
Mit einer Anpassung der Strukturen in der Suchtprävention verfolgt das Gesundheitsdepartement folgende Ziele:
•
einfache Struktur.
•
klare Zuständigkeiten.
•
effiziente Kommunikations- und Entscheidungswege.
•
optimaler Mitteleinsatz.
•
Wirkungssteigerung durch Konzentration von Ressourcen und Know-how
•
bedürfnis- und wirkungsorientierte Suchtprophylaxe.
54
Bestehende Strukturen Suchtprävention Kanton Aargau:
Überarbeitete Strukturen Suchtprävention im Kanton Aargau:
55
Das Gesundheitsdepartement wird die Umstrukturierung der Suchtprävention im
Kanton weiter vorantreiben. Das Fachwissen der auf den Kanton verteilten Experten/innen soll zusammengeführt und so der Wissenstransfer gefördert werden. Es
muss auch in Betracht gezogen werden, insbesondere die Sucht-Info Aargau,
aber beispielsweise auch die auf mehrere kleine Trägerschaften verteilten Bemühungen im Bereich der Tabakprävention, in einen Zentralisierungsprozess mit einzubeziehen.
Im Departement für Bildung, Kultur und Sport (BKS) besteht ein breites Know how
im Spezialgebiet der Gesundheitsförderung, die inhaltlich über viele Berührungspunkte mit der Suchtprävention verfügt. Mit der Heftreihe "Gesundheitsförderung
in der Schule" sowie mit themenspezifischen Broschüren bietet das BKS auch eigene Lehrmittel und Unterlagen an. Durch die Einbindung der Fachstelle Gesundheitsbildung in die kantonale Arbeitsgruppe Suchtprävention und den Einbau der
Informations- und Dokumentationsstelle Sucht-Info Aargau, die sowohl für die
Suchtprävention als auch für die Gesundheitsförderung zuständig ist, in eine zentrale Suchtpräventionsstruktur, ist die Vernetzung zum BKS sichergestellt.
Das Gesundheitsdepartement strebt eine Wirkungssteigerung in der Suchtprävention durch Konzentration von Ressourcen und Know-how an. Eine zentrale, eigenständige
Struktur soll effiziente Kommunikations- und Entscheidungswege, klare Zuständigkeiten und einen optimalen Mitteleinsatz sichern.
Budgettechnisch erscheint die Suchtprävention zusammen mit der ambulanten
Suchtberatung (Konto 5204.02 3656.01: Beiträge für Prävention und Beratungsstellen). Sie unterliegt aufgrund der Drogenverordnung von 1994 aber einem anderen Kostenteiler als die Beratung (50 % : 50 %), d.h. der Kanton ist in viel grös-
56
serem Masse engagiert (rund 90 %). Trägerschaften und Gesundheitsdepartement sind sich darin einig, dass - unter der Voraussetzung der Kostenneutralität anzustreben ist, diesen Teilbereich der Suchthilfe ganz in die Verantwortung des
Kantons zu überführen.
Um Zuständigkeiten und Kompetenzen zu klären, hat das Departement deshalb
nach einer Aussprache mit Trägerschafts- und Gemeindevertretern und Fachleuten entschieden, die Suchtprävention in das Projekt "Aufgabenteilung zwischen
Kanton und Gemeinden" einzugeben. Organisatorisch soll der alsdann eigenständige Bereich der ambulanten Beratung gleichgestellt werden (vgl. 7.1).
Zuständigkeiten und Kompetenzen im Bereich der Suchtprävention werden festgelegt.
Im Zuge der Umstrukturierung wird dieser Teilbereich der
Suchthilfe im Rahmen des Projekts "Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden" (voraussichtlich Paket 3)
ganz in die Verantwortung des Kantons überführt.
7.3 Sucht-Info Aargau
7.3.1 Ziele
Die Sucht-Info Aargau ist eine zentrale Informations- und Dokumentationsstelle zu
den Themen "Suchtprävention" und "Gesundheitsförderung". Sie ist eine Dienstleistungsstelle für die Suchtpräventionsfachstellen im Kanton, steht aber auch der
gesamten Bevölkerung und insbesondere Schulen und Lehrpersonen offen.
7.3.2 Entwicklung
Die Sucht-Info Aargau ist eine professionell geführte Mediothek an zentraler Passantenlage in Aarau. Sie konnte 1994, nachdem der Ausbau der Suchtpräventionsstellen im dezentralen Modell (Planungsbericht 93) beschlossen wurde, mit
57
dem Ziel realisiert werden, den Fachstellen den nötigen Support zu bieten und
anderseits auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stehen. Damit ist sie integraler
Bestandteil des Suchtpräventionsangebotes im Kanton. Anfänglich war sie räumlich Wand an Wand mit der Fachstelle Gesundheitserziehung des damaligen Erziehungsdepartementes, was viele Vorteile brachte (teilw. identische Literatur/Medien, Präsenzzeiten/Vertretungen). Das BKS integrierte dann aber später
seine Fachstelle leider in die Lehramtsschule an der Küttigerstrasse in Aarau.
Seit Ihrer Eröffnung erfreut sich die Sucht-Info Aargau steigender Beliebtheit und
wird dementsprechend rege benutzt. Die Ausleihzahlen sind noch immer im Steigen begriffen. Die Mediothek geniesst weit über die Kantonsgrenzen einen ausgezeichneten Ruf.
7.3.3 Ist-Zustand
Die Sucht-Info Aargau arbeitet sehr selbständig. Ihre Verbindungen zu den Institutionen der Suchthilfe, insbesondere zu den Suchtpräventionsfachstellen, aber
auch zum Kantonsärztlichen Dienst, werden permanent gepflegt (Informationen
über Neuzugänge in die Mediothek, Veranstaltungshinweise).
7.3.4 Ausblick
Die Sucht-Info soll sich permanent weiterentwickeln. Momentan wird ein eigener
Internetauftritt vorbereitet, so dass nebst den Einrichtungen der Suchthilfe beispielsweise auch die Schulen auf diesem direkten und zeitungsabhängigen Weg
auf das Angebot der Mediothek zugreifen können.
Auf der Ebene der Struktur muss die Sucht-Info in die Überlegungen um eine NeuOrganisation der gesamten Suchtprävention mit einbezogen werden.
58
7.4 Ambulante Suchtberatung
7.4.1 Ziele
Die ambulante Suchtberatung versucht, bestehende Suchtprobleme bei bestimmten Personen zu beheben, unter Beibehaltung des angestammten sozialen Rahmens.
7.4.2 Entwicklung
Der Aargau war der erste Kanton in der Schweiz, der Ende der achtziger Jahre
Alkohol- und Drogenberatung zusammenführte oder bestehende Alkoholberatungsstellen in Suchtberatungsstellen (legale und illegale Suchtmittel) umbildete.
Nach anfänglicher Skepsis sind dieser effizienten Art der ambulanten Beratung
mehrere Kantone gefolgt. Diese Zusammenführung der Klientengruppen hat im
Kanton nie zu nennenswerten Problemen geführt.
Aufgrund des Planungsberichtes Suchthilfe 1993 konnten die ambulanten Stellen im Zusammenwirken mit den Gemeinden - etwas ausgebaut werden. Mit rund
35 Vollstellen (Beratung: 26, Administration: 9) fallen in unserem Kanton auf
100'000 Einwohner ca. 650 Stellen-%. Im gesamtschweizerischen Vergleich liegt
der Aargau damit deutlich unter dem Durchschnitt, welcher rund einen Drittel höher liegt (ca. 880).
Die Klientenzahlen haben sich nur unwesentlich entwickelt und lagen die letzten
4 Jahre permanent um die 1'600 Personen. Der Anteil der Beratungen im Bereich
der legalen Suchtmittel hat sich gegenüber dem Bereich der illegalen verstärkt und
liegt heute beinahe gleich hoch.
Klientenbestand der aargauischen Suchtberatungsstellen
1'750
1'500
1'250
1'000
750
500
250
0
1997
1998
1999
2000
legal
619
741
778
742
illegal
925
852
890
836
total
1'544
1'593
1'668
1'578
59
In den vergangenen Jahren wurden die ambulanten Beratungsstellen immer wieder von Betroffenen von Essstörungen (oder deren Bezugspersonen) kontaktiert
(vgl. 2.2.4.3 Essstörungen). Neu zeichnet sich auch eine Trendentwicklung bezüglich Spielsucht ab (vgl. 2.2.4.1 Spielsucht).
Beide Erscheinungsformen süchtigen Verhaltens können bei der momentanen
Dotierung der ambulanten Suchtberatungsstellen - ausser in eng begrenztem
Rahmen - nicht durch das bestehende Angebot versorgt werden. Entsprechend
der Leistungsverträge zwischen dem Regierungsrat des Kantons Aargau und den
Trägerschaften beschränkt sich das Angebot der ambulanten Suchthilfe auf stoffgebundene Abhängigkeiten.
7.4.3 Ist-Zustand
Von insgesamt 11 Beratungsstellen sind 9 sowohl im Bereich der legalen wie auch
der illegalen Suchtmittel tätig. Sie sind dezentral angeordnet:
Stelle
Trägerschaft
Bezirk(e)
Suchtmittel
legal
illegal
Aarau
Blaues Kreuz
ganzer Kanton
X
X
Aarau*
Fachstelle für Suchtberatung und
Prävention
Aarau
X
X
Baden
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Baden
X
-
Baden
Jugendberatungsstelle BadenWettingen
Baden
-
X
Brugg
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Brugg
X
X
Döttingen
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Zurzach
X
X
Lenzburg
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Lenzburg
X
X
Reinach*
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Kulm
X
X
Rheinfelden
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Laufenburg,
Rheinfelden
X
X
Wohlen
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Bremgarten,
Muri
X
X
Zofingen
Aarg. Verein für Suchtprobleme
Zofingen
X
X
*Die Gemeinden Erlinsbach und Gränichen sind nicht Mitglieder der für das Gebiet zuständigen
Trägerschaft. Das Angebot wird durch den AVS Reinach (der auch in Aarau über Besprechungsbüros verfügt) abgedeckt.
60
Der Aufbau des Netzes an ambulanter Suchtberatung entspricht (mit Ausnahme
des Blauen Kreuzes und zwei einzelnen Gemeinden) den Bezirken des Kantons.
Dies gewährleistet eine gute Erreichbarkeit der Beratungsstellen für die Klienten/innen und eine gute Zusammenarbeit mit den Gemeinden der entsprechenden
Regionen. Die elf Suchtberatungsstellen werden von 4 privaten Trägerschaften
betrieben, mit denen der Kanton Leistungsverträge abschliesst. Im Rahmen dieser
Vereinbarungen werden einheitliche Vorgaben zu Qualität und Controlling gemacht. Mit den umgesetzten Massnahmen sind die aargauischen Anbieter ambulanter Suchtberatung gut vorbereitet auf ein schweizerisches Qualitätsmanagementsystem (QMS), das vom Bund in Aussicht gestellt ist (analog dem QMS
"QuaTheDa" für den stationären Behandlungsbereich, welches sich momentan in
der Umsetzungsphase befindet).
Neben den aufgeführten spezialisierten Einrichtungen privater Trägerschaften sind
auch kantonale Einrichtungen in der ambulanten Suchthilfe engagiert. Einerseits
betrifft dies den Externen Psychiatrischen Dienst mit seinen 4 Stützpunkten in Aarau, Baden, Frick und Wohlen, wo ambulante Therapien nach speziellen Indikationsstellungen oder Substitutionsprogramme in Kooperation mit den Suchtberatungsstellen durchgeführt werden. Anderseits ist auch die Jugendanwaltschaft
permanent mit dem Problem des Suchtmittelmissbrauchs im Zusammenhang mit
Delikten konfrontiert.
7.4.4 Ausblick
Diese Organisationsstruktur ist nach wie vor sehr zweckdienlich und erfüllt die Ansprüche eines zeitgemässen Behandlungsnetzes. Das ambulante Suchtberatungsangebot muss für die Betroffenen und ihre Angehörigen gut erreichbar sein,
weshalb eine dezentrale, bezirksweise Organisation unumgänglich ist. Obwohl die
Stellen nach wie vor eine hohe Auslastung haben, drängt sich ein Ausbau momentan nicht auf.
Allerdings könnten zusätzliche Aufgaben ausserhalb der in den Leistungsvereinbarungen umschriebenen Angebote nicht ohne entsprechende Aufstockung der
vorhandenen Mittel übernommen werden. Dieser Fall könnte eintreten, wenn den
61
Trägerschaften weitere Gebiete im Bereich von stoff-ungebundenen Abhängigkeiten übertragen würden (Essstörungen, Spielsucht o.a.). Entsprechende Trends
zeichnen sich ab.
Die Subventionierung der ambulanten Suchtberatungsstellen basiert bis heute auf
dem bewährten Kostenteiler: Gemeinden und Kanton je 50 %. Finanziert werden
bis anhin Stellen-% in den verschiedenen Trägerschaften (Bezirken), die einerseits vom Kanton, anderseits durch die zuständigen Gemeinden bewilligt wurden.
Im Sinne der Leistungsvereinbarungen (New Public Management-System) wird
das Gesundheitsdepartement innerhalb der nächsten Vertragsperiode den Subventionsmodus ändern: anstelle einer expliziten Finanzierung von Stellen-% werden künftig die in den Vereinbarungen umschriebenen Leistungen abgegolten.
Dies wird den privaten Trägerschaften eine grössere Flexibilität und dem Kanton
eine einfachere Steuerung des Suchthilfeangebotes erlauben.
Die Leistungen der ambulanten Suchtberatungsstellen sind in den Leistungsvereinbarungen zwischen den privaten Trägerschaften und dem Gesundheitsdepartement detailliert umschrieben. Die Messung der Leistungen wird über die
SAMBAD-Statistik (Statistik der ambulanten Behandlung und Betreuung im Alkohol- und Drogenbereich des Bundesamtes für Statistik BFS, des Bundesamtes für
Gesund BAG und der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme SFA) erhoben.
Das Gesundheitsdepartement vollzieht im Bereich der ambulanten Suchthilfe einen Wechsel von der Stellen-%- zur Leistungsfinanzierung.
62
7.5 Stationärer Suchtmittel-Entzug
7.5.1 Ziele
Während der Entzugsphase sollen der abhängige Körper vom Suchtmittel entgiftet
und die dabei auftretenden Entzugssymptome überwunden werden. Unter Abschirmung äusserer Einflüsse soll auch ein erster Schritt zur psychischen Stabilisierung gemacht werden.
Illegale Suchtmittel
Mit der Drogenentzugsstation Neuenhof (Trägerschaft: Stiftung Institut für Sozialtherapie) und der kantonalen Drogenentzugsstation DES (Interner psychiatrischer
Dienst IPD) in Brugg besteht im Kanton Aargau ein bedürfnisgerechtes Angebot
an Drogenentzugsplätzen (8 und 10). Beide Institutionen bieten auch Übergangsplätze an, in denen die Zeit bis zu einem Eintritt in eine Folge-Einrichtung überbrückt werden kann. Mit der privaten Trägerschaft hat der Kanton eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen.
In den letzten 4 Jahren musste praktisch nie mehr auf ausserkantonale Angebote
zurückgegriffen werden. Aufgrund des (zeitlich) kurzen Programms und teilweise
weiteren äusseren Einflüssen sind die beiden Einrichtungen von Seiten der Nachfrage beträchtlichen Schwankungen unterworfen. Auf Zeiten, in denen zwei- bis
dreiwöchige Wartefristen bestehen, können Perioden mit Unterbelegungen folgen.
Seit längerer Zeit erweisen sich die flexiblen Angebote (neben "kalten" auch medikamentös gestützte Entzüge, unterstützende Massnahmen, Teilentzüge) als richtig und bedarfsorientiert.
Die Entzugsbehandlungen in diesen 2 Einrichtungen sind für Aargauer/innen unentgeltlich. Die Kosten werden von den Krankenkassen und dem Kanton getragen.
Legale Suchtmittel
Alkohol- oder Medikamentenentzüge werden im Aargau in der Regel in somatischen Spitälern und in der Psychiatrischen Klinik durchgeführt, erstere teilweise
auch ambulant mit ärztlicher Unterstützung.
63
7.6 Stationäre Suchtmitteltherapie
7.6.1 Ziele
Die stationäre Suchtmitteltherapie versucht, im Anschluss an einen erfolgreichen
körperlichen Suchtmittelentzug bestehende suchtbedingte Probleme und persönliche Defizite aufzuarbeiten. Die Ausstiegswilligen entwickeln und realisieren im
geschützten stationären Rahmen zielgerichtete, eigenständige Perspektiven.
7.6.2 Entwicklung
Seit Mitte der neunziger Jahre stagniert die Nachfrage nach stationären Behandlungsplätzen gesamtschweizerisch, nachdem über 10 Jahre die Nachfrage trotz
permanentem Ausbau des Angebotes nie befriedigt werden konnte. Einerseits
werden Gründe dafür in der stetig wachsenden Zahl von Substitutionsprogrammen
gesucht, anderseits traten schwerabhängige Drogensüchtige ab 1994 in die heroingestützte Behandlung ein (vorerst als wissenschaftliche Versuche, seit Oktober 1998 gesetzlich verankert). Ein weiterer Faktor ist sicherlich auch der zunehmende finanzielle Druck, der auf den Gemeinden als Kostenträger lastet und die
damit verbundene, zurückhaltende Bewilligungspraxis.
Allein in den Jahren 1999 und 2000 mussten 25 stationäre Einrichtungen in der
Schweiz ihren Betrieb einstellen oder ganz neu ausrichten. Von der Schliessung
waren 1999 auch die beiden Einrichtungen des Drogenforums Aargau - Therapiezentren Aarau/Elfingen - nicht verschont, nachdem die Belegungszahlen über längere Zeit unterdurchschnittlich waren.
Aufgrund eines Versicherungsgerichtsentscheides änderte das Bundesamt für
Sozialversicherungen BSV die Finanzierungspraxis (1998) für stationäre Suchttherapien. Das seither notwendige Einholen von ärztlichen Zeugnissen zu Therapiebeginn ist mit grossem personellem Aufwand verbunden und die Begutachtung
dieser Zeugnisse seitens des BSV erfolgt nach nicht immer nachvollziehbaren Kriterien. Die Zeugnis-Anerkennungsquoten, die für die Ausrichtung von Betriebsbeiträgen ausschlaggebend sind, können - selbst bei identischen Zeugnissen - enorm
schwanken. Die damit verbundenen finanziellen Unsicherheiten der Einrichtungen
sind dadurch unzumutbar geworden und stellen die wirtschaftliche Existenz der
stationären Suchttherapie in Frage.
64
Seit 1998 ist man auf Bundesseite mit auserlesenen und mit Experten bestückten
Arbeits- und Projektgruppen daran, ein neues Finanzierungsmodell für die stationäre Suchthilfe (FiSu) zu erarbeiten. Nach einer ursprünglichen Ankündigung des
BAG, dass FiSu im Jahr 2000 umgesetzt sein soll, wird in der 2. Hälfte dieses Jahres voraussichtlich eine Pilotphase mit 8 Kantonen gestartet, allerdings als
"Trockenübung", d.h. ohne effektive Geldflüsse (Instrumente und Abläufe werden
auf ihre Tauglichkeit geprüft). Eine Idee eines praktikablen, einfachen und von der
IV losgelösten Finanzierungsmodells, das die Konferenz der Nordwestschweizer
Regierungen auf Initiative der Kantone BL/SO/AG im Dezember 98 der FiSuProjektleitung unterbreitete, wurde nicht weiter verfolgt.
Viele wichtige Fragen sind bei FiSu noch ungeklärt, und der Bund geht mit einem
grossen Selbstverständnis davon aus, dass sämtliche Kantone erhebliche Zusatzaufgaben übernehmen und teilweise auch gesetzliche Anpassungen vornehmen
werden. Die weitere Entwicklung ist noch nicht abzusehen und die unsichere Situation für die Institutionen bleibt vorläufig bestehen.
Das BSV hat mit seinen Restrukturierungsideen im Umfeld der stationären Drogentherapie auf verschiedenen Stufen enorm viel Unsicherheit ausgelöst. Im Zusammenwirken
mit den Belegungsschwierigkeiten der Institutionen muss von
einem grossen Umbruch in diesem Arbeitsfeld gesprochen werden. Einerseits
konnten die daraus resultierenden finanziellen Probleme der betroffenen Trägerschaften resp. das weitere Überleben der meisten Einrichtungen in der Schweiz
nur über Nachtragskredite des Bundes gesichert werden. Anderseits werden
neue, im Moment noch nicht fertig definierte Rahmenbedingungen auch strukturelle Anpassungen unumgänglich machen.
7.6.3 Ist-Zustand
Im Bereich der stationären Langzeittherapie stehen heute im Kanton Aargau insgesamt 125 Behandlungsplätze zur Verfügung:
65
Behandlungsplätze
legale
Suchtmittel
illegale
Suchtmittel
Einrichtung
Trägerschaft
Therapeutische Wohngemeinschaft Kaisten
Kanton Aargau, Externer
Psychiatrischer Dienst EPD
0
12
12
Institut für Sozialtherapie
Stiftung Institut für Sozialtherapie
0
24
24
Rehazentrum Niederlenz
Stiftung Institut für Sozialtherapie
0
14
14
REHA-Haus Effingerhort
Von Effinger Stiftung
33
0
33
Suchtklinik Hasel
Von Effinger Stiftung
21
21
42
54
71
125
Total
Total
Das breite Angebot im stationären Bereich wird von 3 Trägerschaften gestellt. Die
gut geführten Einrichtungen arbeiten absolut selbständig, professionell und qualitativ einwandfrei und geniessen über die Kantonsgrenzen hinaus einen guten Ruf.
Auch nach dem Wegfall der Therapiezentren Aarau/Elfingen kann noch immer von
einem inhaltlich vielfältigen Angebot gesprochen werden, das im Aargau zur Verfügung steht. Nach wie vor werden diese Dienstleistungen auch von ausserkantonalen Patienten/innen in Anspruch genommen, wobei der Anteil an kantonalen
Therapieabsolventen in den letzten Jahren klar gewachsen ist. Die Auslastung der
Institutionen kann als zufriedenstellend bis gut beurteilt werden.
Die stationären Rehabilitationsangebote im Suchtbereich stehen - im Aargau sowie in der ganzen Schweiz - in einer der schwierigsten Phase ihrer rund 20jährigen Geschichte. Viele kämpfen um nichts weniger als um ihr Fortbestehen.
Vor dem Hintergrund teilweise ernsthafter Liquiditäts- und Finanzierungsprobleme,
zum Teil verbunden mit erheblichen Schwankungen in der tendenziell sinkenden
Nachfrage durch die zunehmende Konkurrenzierung durch Substitutionsprogramme und heroingestützte Behandlungen, soll der gesamte Bereich grundsätzliche
Neuregelungen erfahren: Die flächendeckende Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QuaTheDA des BAG) ist ebenso im Gang wie die Ausarbeitung
und Einführung eines neuen Finanzierungsmodells (FiSu).
66
In dieser schwierigen Situation scheint es dem Gesundheitsdepartement angebracht, unter den verbleibenden Einrichtungen der stationären Suchthilfe den Austausch zu fördern. Damit soll erreicht werden, dass den kommenden unsicheren
Entwicklungen und Herausforderungen möglichst koordiniert begegnet werden
kann.
7.6.4 Ausblick
Das Gesundheitsdepartement wird die weitere Entwicklung um ein neues Finanzierungsmodell sehr aufmerksam verfolgen. Wenn bei einer zukünftigen Lösung
die Rollenverteilungen so angeordnet werden, wie von FiSu vorgesehen (zusätzliche Aufgaben für die Kantone), muss in der kantonalen Verwaltung voraussichtlich ein Teilzeitpensum geschaffen werden.
Vor dem Hintergrund der gesamtschweizerisch ungewissen Umstände und Rahmenbedingungen im Bereich der stationären Suchtmittelrehabilitation hat sich das
Gesundheitsdepartement dazu entschlossen, die Koordinationsbemühungen auf
Kantonsebene zu intensivieren. Ziel ist, dass den vielfältigen bevorstehenden
Herausforderungen, insbesondere unter Berücksichtigung der gesamtschweizerischen Bedarfsentwicklung, geschlossen entgegengetreten werden kann und weitere Schritte sowie eine künftige Ausgestaltung der Angebotsstruktur im Aargau
abgesprochen werden können. Dabei sollen im Sinne von Optimierungsmöglichkeiten auch überregionale Kooperationsformen geprüft werden.
Das Gesundheitsdepartement stellt die Koordination unter
den Anbietern stationärer Suchtmittelrehabilitation sicher
und prüft im Bereich der stationären Suchtmittelrehabilitation
mögliche Kooperationsformen mit weiteren Kantonen.
67
7.7 Heroingestützte Behandlung
7.7.1 Ziele
Mit der heroingestützten Behandlung sollen diejenigen Drogenabhängigen erreicht
werden, bei denen alle andern bestehenden Hilfs- und Behandlungsangebote
nicht zu einem Erfolg führten. Eine weitere Verschlimmerung des physischen und
psychischen Zustandes oder gar der Tod der Betroffenen soll verhindert werden.
7.7.2 Entwicklung
Durch die Genehmigung des Planungsberichtes III Suchthilfe durch den Grossen
Rat des Kantons Aargau im Juni 1998 wurde auch die Einführung der heroingestützten Behandlung beschlossen. Im Rahmen der Stellen- und Kreditbehandlung
im
September
1999
fiel
der
Variantenentscheid
zugunsten
der
Konzeptvariante I (zentrales Modell in Brugg). Der Beschluss sieht unter 3. vor:
"Nach Ablauf der 2-jährigen Pilotphase wird der Bedarf an Heroinabgabeplätzen
überprüft und dem Grossen Rat dazu Bericht und Antrag unterbreitet. Muss die
Heroinabgabe ausgebaut werden, erfolgt der Ausbau nicht am zentralen Standort
in Brugg."
Im Herbst 2000 konnte die Heroinabgabe im Kanton Aargau (HAG) gestartet werden. Mit der Platzierung des Projekts im Personalhaus des Internen Psychiatrischen Dienstes konnten bezüglich Infrastruktur und Erreichbarkeit (Bahnhofnähe)
sehr gute Voraussetzungen geschaffen werden. Das BAG als Kontrollbehörde
beurteilt die HAG bezüglich Organisation, Qualität und Professionalität ebenfalls
sehr positiv.
7.7.3 Ist-Zustand
Dass die Plätze nicht innert Wochen besetzt sein werden, war zu erwarten. Zur
Zeit der Berichtverfassung, rund dreiviertel Jahre nach Eröffnung des HAG, sind
knapp 20 Personen in Behandlung und einige weitere Anmeldungen liegen vor.
Bis jetzt verläuft der klinische Alltag weitgehend störungsfrei. Das Behandlungskonzept und die Hausordnung bewähren sich gut. Weder in der klinikinternen Um-
68
gebung noch in den Gemeinden Brugg und Windisch haben sich bisher Probleme
ergeben. Bei allen behandelten Patienten haben sich der körperliche und psychische Zustand rasch stabilisiert. Als aufwendig und zeitintensiv erweist sich in
einigen Fällen das Einholen von Kostengutsprachen.
7.7.4 Ausblick
Nach rund einem Jahr Betrieb sind ca. 20 Personen im HAG-Programm, das konzeptionell auf 50 Teilnehmer ausgerichtet ist (gemäss Bedarfsabklärung des Gesundheitsdepartementes). Ob nach der vom Parlament beschlossenen Pilotphase
von 2 Jahren eine kostendeckende Auslastung von 80 % erreicht werden kann, ist
momentan noch offen. Das Departement verfolgt die laufende Entwicklung genau
und wird situationsadäquate Massnahmen prüfen.
7.8 Substitutionsbehandlungen
7.8.1 Ziele
Durch die Substituierung sollen die Wiederherstellung bzw. Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit, die Reduzierung der Morbidität und Mortalität sowie der Verzicht auf Delinquenz gefördert werden.
7.8.2 Methadonprogramme
Die Zahl der Methadonbehandlungen verhielt sich in den letzten 4 Jahren weitgehend stabil (zwischen 750 und 850 Programme). Gesamtschweizerisch befinden
sich rund 16'000 Personen in einem Substitutionsprogramm. Diese Behandlungsform spielt also im Netz der Suchthilfe nach wie vor eine sehr wichtige Rolle.
Die kantonalen Richtlinien zur Methadonbehandlung wurden im Herbst 2000 durch
das Gesundheitsdepartement mit einem Rundschreiben aktualisiert (Anhang IV)
und ersetzten damit die Vorgaben vom Juli 1995.
Auf schweizerischer Ebene ist eine breite und teilweise uneinheitliche Diskussion
über die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen für Methadonprogramme im
gang. Das BAG hat das Thema aufgenommen und organisiert im November 2001
69
eine nationale Substitutionskonferenz. Die Kantone wurden im Rahmen der Vorarbeiten zu dieser Konferenz bereits per Fragebogen zur Stellungnahme gebeten.
Inhalte der geplanten Konferenz sind: die Ergebnisse der Umfrage, die Vorstellung
der nationalen Methadonstatistik sowie internationale und nationale Erfahrungen
in bezug auf die Qualität von Methadonbehandlungen. Die Resultate der Konferenz sollen direkt in einen neuen Methadonbericht des BAG einfliessen.
7.9 Schadensverminderung
7.9.1 Ziele
Unter Schadensverminderung werden alle Einrichtungen der Überlebenshilfe mit
niedrigen Eintrittsschwellen zusammengefasst. Gemeint sind damit Orte, die
Süchtige (Drogenabhängige) ohne Zugangsbedingungen aufsuchen und benutzen
können. Die Schadensverminderung hat nicht die Abstinenz zum Ziel, sondern will
erreichen, dass die Phase des Suchtmittelkonsums mit möglichst wenig Schädigungen (in physischer, psychischer und auch sozialer Hinsicht) durchlebt werden
kann. Darunter werden Gassenzimmer, Fixerstübli, Wohn- und Arbeitsprojekte
u.a. gezählt.
Als schadensmindernde Massnahme ist im Kanton Aargau einzig die Abgabe- und
Umtauschmöglichkeit von sterilem Injektionsmaterial (Spritzen, Tupfer) installiert.
Die Notschlafstellen Baden und Aarau mussten aufgrund mangelhafter Nachfrage
vor Jahren geschlossen werden. Weitere Massnahmen waren - von Kantonsseite nie geplant, da die Zuständigkeit für den Bereich "Überlebenshilfe" im Aargau klar
geregelt ist:
Die gesetzliche Grundlage im Kanton Aargau (Verordnung über die Drogenhilfe
vom 11. Mai 1994) sagt in § 8, Absatz 1: Einrichtungen der Überlebenshilfe, Notschlafstellen, Tagesstrukturen und Arbeitsprojekte sind Sache der Gemeinden.
7.10 Repression
Im Kanton Aargau findet seit jeher das Legalitätsprinzip strikte Anwendung, d.h.
sämtliche der Polizei bekannten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittel-
70
gesetz (BetmG) werden zur Anzeige gebracht. Diese Praxis soll auch nach der
bevorstehenden Revision des Gesetzes weiterhin angewandt werden.
Die Polizei hat auch immer konsequent das mögliche Entstehen offener Drogenszenen bereits im Keim erstickt und somit die Erhältlichkeit der illegalen Suchtmittel stark eingeschränkt.
7.11 Weitere Akteure
Neben den suchtspezifischen Einrichtungen engagieren sich eine Reihe weiterer
Institutionen und Berufsgruppen im Bereich von Suchtproblemen, wenn auch nicht
als Hauptgebiet oder -aufgabe, so beispielsweise die Psychiatrischen Dienste
(EPD, IPD, KJPD), der Jugendpsychologische Dienst, die Jugendanwaltschaft, die
Lehrlingsberatung, die Sektion Straf- und Massnahmenvollzug des Departementes
des
Innern,
Ärzte,
Psychologen,
Psychiater,
Spitäler,
die
Jugend- und
Familienberatungsstellen, die Apotheker, das Frauenhaus u.a..
Aber auch im nicht-professionellen Bereich sind viele Organisationen und Gruppen aktiv, sei es im Bereich der Primärprävention oder in Form von Selbsthilfe-,
Betroffenen- oder Angehörigengruppen.
7.12 Gesamtbeurteilung
Der Kanton Aargau verfügt über ein zufriedenstellendes Netz der Suchthilfe.
Qualitätssicherung und Controlling sind über die Leistungsvereinbarungen
sichergestellt. Das Angebot ist im ambulanten Bereich, d.h. in der Suchtberatung
wie in der Suchtprävention, knapp bemessen und die Einrichtungen kommen mit
wenig Ressourcen aus. Strukturell besteht im Bereich der Suchtprävention
Handlungsbedarf.
71
Auf veränderte Bedürfnisse aufgrund neuer Entwicklungen
im Suchtbereich muss innert nützlicher Frist durch Umbau,
Ausbau oder Abbau reagiert werden.
8. Prioritäten
Aus Sicht des Gesundheitsdepartementes müssen vor allem die Neustrukturierung der Suchtprävention sowie die Finanzierung/Ausgestaltung der stationären
Suchthilfe im Kanton vorangetrieben werden (vgl. Ziffer 7.1.3 und 7.5.3).
9. Kosten
Die vorgeschlagenen Massnahmen beinhalten keinen Ausbau des bestehenden
Angebotes. Es handelt sich um strukturelle Aufgaben.
Im Thema der Neustrukturierung der Suchtprävention stellt sich die Frage, ob die
Einrichtung einer zentraleren Organisation kostenneutral gestaltet werden kann.
Die dezentral angesiedelten Suchtpräventionsstellen befinden sich in 5 Fällen in
Räumlichkeiten der Beratungsstellen, in einem Fall wird die Infrastruktur unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Eine zentralere Lösung bedingt zwangsläufig auch eine
grössere Infrastruktur, insbesondere, wenn ein Zusammenzug mit der Sucht-Info
in Betracht gezogen wird. Es muss deshalb damit gerechnet werden, dass der
Aufwand für eine restrukturierte Suchtprävention - aus Gründen erhöhter Infrastrukturkosten - etwas grösser sein dürfte. Nach Meinung des Gesundheitsdepartementes müsste ein entsprechender Leistungsabbau zur Kompensation vermieden werden.
72
Sollte den Kantonen im Zusammenhang mit einem gesamtschweizerischen neuen
Finanzierungsmodell die von Bundesseite momentan vorgesehenen zusätzlichen
Aufgaben übertragen werden, müsste dazu die nötige Kapazität geschaffen werden. Nach den Einschätzungen des Gesundheitsdepartementes dürfte es sich
dabei um ein kleineres Teilzeitpensum handeln.
Sollten die beiden beschriebenen strukturell bedingten Massnahmen Mehrkosten
verursachen, wird das Gesundheitsdepartement situationsgerechte Lösungen anstreben.
73
74
Anhang I
QUELLEN
1, 2, 3, 4, 6, 7, 9, 10,
14, 15, 24
Schweiz. Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme
(SFA)
5
Bundesamt für Statistik
8
WHO
11, 12, 13, 16, 17, 18
Bundesamt für Polizei
19, 20, 23
Bundesamt für Gesundheit
21
Städtische Gesundheitsdienste Zürich / DI Solothurn
22
M. Hafen in Abhängigkeiten 1/01 (leicht redigiert)
25
drugscouts, Suchtzentrum Leipzig e.V.
75
Anhang II
AUSWERTUNG DER UMFRAGE ZUM PLANUNGSBERICHT IV SUCHTHILFE
Im Frühjahr 2001 wurden 63 Adressaten eingeladen, sich z.H. des Planungsberichtes IV
zur aargauischen Suchthilfe zu äussern (Handlungsbedarf). Insgesamt sind 25 schriftliche
Stellungnahmen eingetroffen. Schwergewichtig betrafen diese Meldungen die Bereiche:
•
Suchtprävention (v.a. die künftige Ausgestaltung),
•
stationäre Suchtmitteltherapie (v.a. die Finanzierung) und
•
Überlebenshilfe (v.a. heroingestützte Behandlung)
Umfrage zu Planungsbericht IV;
Meinungsäusserungen/Rückmelder
ambulante
Suchthilfe
Generell zu
Suchthilfe
halbstationäre
Suchthilfe
stationäre
Suchthilfe
Suchtprävention
Überlebenshilfe
0
1
2
3
4
5
Meinungsäusserungen (67)
76
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
Rückmelder (25)
Anhang III
Kantonale Suchtmittelkommission (Amtsperiode 2001/04)
Name
Funktion
Vertretung
Kantonsarzt
GD
Ackle Peter, Dr.med.
FMH für allg. Medizin
Ärzteschaft
Bezzola Franco
Jugendarbeit
Dep. BKS/Jugend
Bianchi Sergio
Vertreter DAJ
Angehörige
Etzensberger Mario, Dr.med.
Chefarzt IPD
GD
Fromm Urs, Dr.med.
Chefarzt EPD
GD
Gamp Rolf, Dr.med.
Chef Sektion Präventivmedizin/Gesundheitsförderung
GD
Jutzi-Isler Ursula
Vizeammann
Gemeinden
Preiswerk Matthis, Dr.jur.
geschäftsführender Jugendanwalt
DI
Rickenbacher Regula
Stellenleiterin FSA
amb. Beratung
Roth Kurt
Leiter IST Egliswil
stat. Therapie
Rusterholz Fend Süsette, lic.phil.
Psychologin FSP
BKS
Siegrist Jürg
Leiter Fachstelle für Suchtfragen
GD
Voegtli Theophil, Dr. pharm.
Apotheker
Apotheker
Winzenried Urs, Major
Stv. Kdt. Kantonspolizei
DI
Präsident:
Dr.med. Martin Roth
Mitglieder:
vakant
DI
77
ANHANG IV
KANTON AARGAU
GESUNDHEITSDEPARTEMENT
Der Departementsvorsteher
Telefon 062 835 29 54
Telefax 062 835 29 65
Telli-Hochhaus, 5004 Aarau, im November 2000
h:\daten\methadon\rundschreiben_01.doc/kz
ersetzt das Schreiben vom 3. Juli 1995
Rundschreiben an die Ärzte- und Apothekerschaft des Kantons Aargau betreffend Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen
1.
Gegenwärtige Situation
Seit dem letzten Rundschreiben hat sich die drogenpolitische Situation beruhigt. Nach
Ablehnung der beiden Initiativen „Jugend ohne Drogen“ und „Droleg“ stösst die VierSäulen-Politik auf eine recht breite Akzeptanz, dies sowohl auf schweizerischer wie auch
auf aargauischer Ebene.
Die Zahl der heroinabhängigen Personen wird gesamtschweizerisch nach wie vor auf
rund 30'000 Personen, auf den Kanton Aargau bezogen auf ca. 2'500 Personen geschätzt. Nach einem starken Anstieg Anfang der 90-er Jahre ist seit Mitte des vergangenen Jahrzehntes eine Stagnation festzustellen.
Immer noch ist bei betäubungsmittelabhängigen Personen ein ausserordentlicher hoher
Anteil von polytoxikomanen Süchtigen festzustellen, was sich auch auf die therapeutischen Bemühungen erschwerend auswirkt.
Die Substitutionsbehandlung mit Methadon hat im Netz der kantonalen Drogenhilfe einen
hohen Stellenwert. Ca. 800 Opiatabhängige stehen zurzeit in einer Behandlung mit Methadon.
Die Einzelheiten der Behandlung Opiatabhängiger mit Methadon sind im „Merkblatt zur
Behandlung Opiatabhängiger mit Methadon“ vom September 2000 detailliert umschrieben. Dieses Merkblatt wurde durch die „Subkommission Methadon“ der kantonalen
Suchtmittelkommission im Jahr 2000 überarbeitet und den aktuellen Rahmenbedingungen
angepasst.
2.
Gesetzliche Grundlagen
Laut Bundesgesetz über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 und dessen Änderungen vom 20. März 1975 (Art. 15 und 15, Abs. 5) sind die Kantone ermächtigt, die Verschreibung, Abgabe und Verabreichung von Betäubungsmitteln zur Behandlung von betäubungsmittelabhängigen Personen einer besonderen Bewilligung zu unterstellen.
78
In der Vollziehungsverordnung des Kantons Aargau vom 3. September 1953, mit Änderung vom 28. Januar 1971 ist im § 1, lit. f, die gesetzliche Grundlage vorhanden zur Anordnung der notwendigen behördlichen Massnahmen bei Fällen von Betäubungsmittelsucht oder Betäubungsmittelmissbrauch
3.
Weisungen
Gestützt auf die vorgenannten Rechtsgrundlagen werden vom Gesundheitsdepartement
folgende Weisungen erlassen:
3.1
Die Verschreibung und Abgabe von Methadon an opiatabhängige Personen sind
bewilligungspflichtig.
3.2
Der behandelnde Arzt muss beim Gesundheitsdepartement (Kantonsärztlicher
Dienst) mit einem begründeten Gesuch die Bewilligung zur Verschreibung und Abgabe einholen. Entsprechende Gesuchsformulare können beim Kantonsärztlichen
Dienst angefordert werden.
3.3
Die Indikationsstellung erfolgt durch den behandelnden Arzt idealerweise in Zusammenarbeit mit einer Suchtberatungsstelle.
3.4
Die im „Merkblatt zur Behandlung Opiatabhängiger mit Methadon“ aufgeführten
Richtlinien sind verbindlich. Dabei muss insbesondere eine kontinuierliche Behandlung durch eine Bezugsperson (Ärztin, Arzt, Mitarbeiterin oder Mitarbeiter einer
Suchtberatungsstelle) gewährleistet sein.
3.5
Die tägliche Methadondosis wird durch den behandelnden Arzt festgelegt, ggf. in
Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle und/oder Apotheke. Die Verordnung des
Medikamentes hat mittels eines nummerierten Betäubungsmittel-Rezeptformulars
zu geschehen.
3.6
Die Einnahme des Methadons geschieht in der dafür bestimmten Abgabeapotheke
oder in der Arztpraxis.
3.7
Abschluss, Abbruch oder organisatorische Änderungen des Behandlungsprogramms (Apothekenwechsel usw.) sind umgehend dem Kantonsärztlichen
Dienstes zu melden.
GESUNDHEITSDEPARTEMENT
DES KANTONS AARGAU
Der Vorsteher
Ernst Hasler
79
ANHANG V
KANTON AARGAU
GESUNDHEITSDEPARTEMENT
Kantonsärztlicher Dienst
Telefon 062 835 29 54
Telefax 062 835 29 65
Telli-Hochhaus, 5004 Aarau, im November 2000
h:\daten\formulare\merkblatt methadon.doc/kz
Merkblatt
zur Behandlung Opiatabhängiger mit Methadon im Kanton Aargau
Im Interesse einer möglichst einheitlichen Handhabung der Behandlung Opiatabhängiger
mit Methadon orientiert sich das vorliegende Merkblatt an den Rahmenbedingungen, wie
sie im Schweizerischen Methadonbericht des Bundesamtes für Gesundheit (3. Auflage,
Dezember 1995) niedergelegt sind.
Als rechtliche Grundlagen dienen die Weisungen des Rundschreibens an die Ärzte und
Apotheker des Kantons Aargau betreffend Behandlung von betäubungsmittelabhängigen
Personen vom September 2000.
Die Behandlung mit Methadon ist ein Teil eines Gesamtbehandlungskonzeptes Opiatabhängiger. Der Erfolg einer solcher Behandlung hängt direkt zusammen mit einer klaren
Zielsetzung, der umfassenden Indikationsstellung, der fachgerechten Durchführung und
dem Engagement aller Beteiligten.
1. Zielsetzung
-
Wiederherstellung bzw. Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit
durch:
• Soziale Wiedereingliederung und Aufgabe des illegalen Drogenkonsums
• Erreichung der Drogenabstinenz (als Fernziel anstreben)
-
Reduktion von Morbidität und Mortalität durch Verminderung von Infektionskrankheiten (z.B. fHIV, Hepatitis) und Vermeidung von Überdosierungen
-
Verzicht auf Delinquenz
2. Indikation
Die Indikation wird idealerweise vom behandelnden Arzt mit entsprechender Ausbildung
und Erfahrung in Zusammenarbeit mit einer Beratungsstelle gestellt.
Der Einfachheit halber werden alle Personen nur in der männlichen Form verwendet. Diese Bezeichnung betrifft Männer und Frauen.
80
Vor jeder Indikationsstellung haben eine umfassende, differenzierte Anamnese
sowie eine körperliche und psychosoziale Abklärung zu erfolgen. Die Indikationsstellung darf nicht auf eine einzige Konsultation abgestützt sein.
Die Behandlung mit Methadon ist weder eine medizinische noch eine soziale Notmassnahme.
Bei der Indikation müssen insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt werden:
-
Gesicherte Opiatabhängigkeit
Bereitschaft für eine langdauernde Therapie (aber: es besteht kein Anrecht auf Methadon)
Entzug und abstinenzorientierte Therapie (ambulant/stationär) sind vorläufig keine erfolgversprechende Alternative oder aus Praktikabilitätsgründen nicht durchführbar.
3. Behandlungsrichtlinien
Unter der Behandlung mit Methadon ist die strukturierte, systematisch geplante
und durchgeführte Behandlung eines Opiatabhängigen zu verstehen, wobei das
Medikament Methadon nur ein Element innerhalb eines umfassenden Behandlungsangebotes darstellt.
Im Rahmen dieser Behandlung sind folgende Richtlinien zu beachten:
-
Regelmässiger, persönlicher Kontakt mit den Patienten, anfänglich wöchentlich, später
minfdestens alle vier Wochen
Umfassende therapeutische Gespräche, psychosoziale und somatische Betreuung
Bereitschaft des Arztes für eine langfristige Betreuung
METHADONVERTRAG
Es wird empfohlen, einen schriftlichen Vertrag zwischen Patient, Arzt und Beratungsstelle
abzuschliessen. Dieser regelt die Frequenz der Behandlungstermine, Ort und Zeit der
Methadonabgabe, die Sanktionen usw.
METHADONABGABE
Die Methadoneinnahme erfolgt kontrolliert in einer Apotheke oder in der Arztpraxis in
Form einer nicht injizierbaren Trinklösung. Die Mitgabe des Methadons nach Hause ist
nicht erlaubt, mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage (Mitgabe der nicht injizierbaren
Trinklösung). Änderungen dieses Abgabemodus sind unter folgenden Voraussetzungen
bei gutem Behandlungsverlauf und kooperativen Patienten erlaubt (in der Regel für maximal 7 Tage):
-
Kurzfristige, vorübergehende Ortsabwesenheit
Ausgewiesene berufsbedingte Notwendigkeit
Änderungen des Abgabemodus bei langfristigen Abwesenheiten (z.B. infolge Ferien) sind bewilligungspflichtig.
81
Der Apotheker richtet sich bei der Methadonabgabe nach der ärztlichen Verordnung - auf
dem Betäubungsmittelrezept sind die Dosierung und deren zeitliche Gültigkeit anzugeben!
- und meldet dem behandelnden Arzt Unregelmässigkeiten. Das Rezept soll anfänglich
monatlich, später mindestens dreimonatlich erneuert werden (Verlaufskontrolle, Dosisanpassung).
DOSIERUNG
Initialdosis: 30 bis max. 50 mg täglich
Erhaltungsdosis ist nach 14 Tagen erreicht und beträgt in der Regel 40 bis 100 mg
täglich f(subjektives Wohlbefinden, keine Entzugserscheinung, normaler Schlafrhythmus)
-
Urinproben
Es sollen unangekündigte Urinproben auf Opiate, Kokain, Benzodiazepine und Amphetamine durchgeführt werden, auch nach erfolgter Stabilisierung des Patienten. Urinproben
können beim Hausarzt, in der Apotheke oder auf der Beratungsstelle durchgeführt werden.
Abbruch der Methadonbehandlung
Wenn bei der Gesamtbeurteilung der Situation keine positive Tendenz erkennbar ist, soll
die Methadonbehandlung ausgeschlichen und gestoppt werden (z.B. unkooperatives Verhalten des Patienten, gestörtes Vertrauensverhältnis, Nichteinhalten der Methadonvertragsbedingungen).
Beendigung der Methadonbehandlung
Im Rahmen der Therapie soll zwischen Patient und behandelnden Personen die Beendigung beschlossen und ein Reduktionsplan beschlossen werden. Dies erfolgt nach körperlicher, psychischer und sozialer Stabilisierung.
4. Ferien
Bei Ferien innerhalb einer Methadonbehandlung sind gewisse Bedingungen zu beachten:
-
82
Guter Verlauf der Methadonbehandlung
Abgabemodus am Ferienort frühzeitig organisieren
Bei Ferien im Ausland gesetzliche Regelungen beachten und Kontaktnahme mit der
diplomatischen Vertretung des Reiselandes.
Weitere Informationen zur Mitnahme von Betäubungsmitteln auf Auslandsreisen finden
sich im Bulletin des BAG Nr. 40/00 sowie auf dem Internet unter:
www.admin.ch/bag/heilmitt/pharma/betm/d/index.htm.
5.
Bewilligung einer Methadonbehandlung
Der indizierende Arzt stellt, in Absprache mit der Beratungsstelle und der Apotheke, beim
Kantonsärztlichen Dienst individuell für jeden Patienten einen Antrag zur Durchführung
einer Methadonbehandlung.
Der Kantonsärztliche Dienst erteilt die Bewilligung in der Regel für ein Jahr. Das Nichteinhalten der Richtlinien kann den Entzug der Bewilligung zur Folge haben.
Nach Ablauf eines Jahres ist mit Verlaufsbericht und Gesuch zur Bewilligung der
Weiterführung die Verlängerung der Methadonbehandlung zu beantragen.
6. Methadonbehandlung und Führen eines Motorfahrzeuges
Grundsätzlich schliesst eine Sucht die Fahreignung aus (Art. 30 SVG).
Nach allgemeiner Praxis wird einem Methadonbezüger die Fahreignung frühestens dann
mit Auflagen wieder attestiert, wenn er eine mindestens 6-monatige Abstinenz von illegalen Drogen (inkl. Cannabis) nachweisen kann.
Gemäss Art. 14 Strassenverkehrsgesetz kann jeder Arzt "Personen, die wegen körperlicher oder geistiger Krankheiten oder Gebrechen oder wegen Süchten zur sicheren Führung von Motorfahrzeugen nicht fähig sind, der Aufsichtsbehörde für Ärzte und der für
Erteilung und Entzug des Führerausweises zuständigen Behörde melden."
GESUNDHEITSDEPARTEMENT
DES KANTONS AARGAU
Der Kantonsarzt
Dr. med. Martin Roth
Geht an
-
Ärztinnen und Ärzte des Kantons Aargau
Apothekerinnen und Apotheker des Kantons Aargau
Suchtberatungsstellen des Kantons Aargau
83
Anhang VI
SUCHTMITTEL 24, 25
Alkohol
Starkes Trinken kann leicht zu krankhaften Trinkmustern und körperlicher sowie seelischer Abhängigkeit führen. Entzugserscheinungen treten bei Süchtigen einige Stunden nach Absetzen oder Reduktion des Konsums auf. Sie bestehen in starkem Zittern, Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Herzjagen, Bluthochdruck und in Angst und Depression.
Abhängigkeit
Alkohol entsteht durch Vergärung von Traubenzucker. Als Rohstoffe dienen
z.B. Früchte, Trauben, Beeren, Zuckerrüben, Zuckerrohr und (nach besonderer
Verarbeitung) Kartoffeln und Getreide. Vergorene Getränke (Wein, Bier, Obstwein) haben höchstens 15 % Alkohol. Gebrannte Wasser (Spirituosen,
Schnäpse) werden durch Destillation aus vergorenen alkoholhaltigen Flüssigkeiten gewonnen. Ihr Alkoholgehalt beträgt meistens ca. 45 %.
Herstellung
Bei chronischem Alkoholmissbrauch werden praktisch alle unsere Körperorgane in Mitleidenschaft gezogen.
Die wichtigsten Krankheiten, die durch Alkoholmissbrauch entstehen können,
sind:
•
•
•
•
•
•
•
•
Fettleber, alkoholische Hepatitis, Leberzirrhose
Magenentzündungen und -geschwüre
Entzündungen der Bauchspeicheldrüse
Erkrankung des Herzens
Nervenentzündungen
Störung der sexuellen Funktionen, Impotenz
Fötales Alkoholsyndrom: körperliche Missbildungen und geistige Behinderung des Kindes durch Alkoholmissbrauch der Mutter während der
Schwangerschaft
Krebs; vor allem der Verdauungsorgane
•
Psychische Erkrankungen:
•
•
•
•
Gehirnschädigungen: Verminderung der Leistungsfähigkeit
Alkoholische Demenz
Korsakow: Gedächtnisverlust
Delirium tremens: Wahnvorstellungen
Die Wirkung des Alkohols wird zunächst als Anregung wahrgenommen, da
Teile des Gehirns stimulierende Neurotransmitter produzieren. Da er sofort ins
Blut übertritt, verspürt man die Wirkung sehr rasch: Wärmegefühl, Wohlbefinden, Zwanglosigkeit, Fröhlichkeit, Rededrang.
Risiken
Wirkung
Des Weiteren bewirkt Alkohol eine Steigerung des Selbstwertgefühls und vermindert zugleich die Fähigkeit zur reellen Selbsteinschätzung. Dieses wird begleitet von einer zunehmenden Desorientierung und Verschleierung der Gedanken, geht einher mit Verlust der Kontrolle über die Bewegungskoordination
und wird zunächst als angenehm empfunden.
Die beschriebenen Effekte weichen aber bald den zentraldämpfenden Wirkungen und führen bei extremer Dosissteigerung zu Koma und Tod. Bei 4 bis 5
Promille ist die tödliche Grenzkonzentration erreicht.
Nicht in Zahlen messbar sind die Folgen der sozialen Probleme in den Familien von Abhängigen und starken Trinkern und Trinkerinnen. Diese Mitbetroffe-
84
soziale
Probleme
nen leiden sowohl seelisch als auch körperlich und sind oft für den Rest ihres
Lebens geprägt. Ausgeübte und erlittene Gewalt, sexueller Missbrauch und
Selbsttötung stehen oft in Zusammenhang mit Alkoholüberkonsum.
Die Arbeitsleistung Alkoholabhängiger verringert sich und ihr soziales Beziehungsnetz nimmt ab.
Amphetamine
Amphetamine sind synthetisch hergestellte psychoaktive Substanzen, deren
Wirkung in erster Linie stimulierend und aufputschend ist, zudem aber auch
halluzinogen sein kann. Amphetamine sind strukturähnlich zu den körpereigenen Substanzen Adrenalin und Noradrenalin aufgebaut. Wie diese Botenstoffe
übertragen Amphetamine bestimmte Reize von den Nerven zu den Körperorganen. Sie bewirken, dass Botenstoffe wie Noradrenalin, Dopamin und Serotonin freigesetzt werden. Sie regen damit Herz, Kreislauf und Atmung an, was
eine erhöhte Fähigkeit zur Arbeitsleistung und zur Auseinandersetzung mit
dieser Umwelt bewirkt.
Heute existiert eine Vielzahl von Varianten von Amphetaminen und ständig
werden neue Abkömmlinge produziert. Psychoaktive Stoffe vom Wirkungstyp
Amphetamin sind dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt und entsprechend
geregelt. Ärzte können Amphetamine und amphetaminähnliche Stoffe per Rezept verschreiben. Der Konsum ohne medizinische Verschreibung ist verboten
und strafbar. Ausnahmen bestehen für bestimmte Heilmittel (z.B. gegen Hyperaktivität bei Kindern, Schlafstörungen, Epilepsie und Parkinsonscher
Krankheit) und Appetitzügler.
Amphetamine können in Tabletten- bzw. Pulverform geschluckt oder geraucht,
gesnieft oder gelöst injiziert werden.
Amphetamine gelangen auch unter folgenden Bezeichnungen in den Handel.
Speed, Weckamin, Upper, Ups, usw.
Das Abhängigkeitspotenzial von Amphetaminen ist beträchtlich, ebenso die
Toleranzbildung. Eine psychische Abhängigkeit entwickelt sich relativ schnell,
eine körperliche vornehmlich dann, wenn Amphetamine gespritzt oder inhaliert
werden.
Abhängigkeit
Symptome dieser physischen Abhängigkeit sind u.a. starke Abmagerung,
Schwächung des Immunsystems des Körpers, Nierenschädigung, Austrocknung der Schleimhäute in Mund und Rachen. Bei abruptem Konsumstopp
kommt es zu heftigen Entzugserscheinungen.
Die Wirkungen der Amphetamine sind vielfältig: Sie Unterdrücken das Gefühl
von Müdigkeit und das Bedürfnis nach Schlaf. Sie erzeugen Gefühle erhöhter
Wachsamkeit und Euphorie. Sie erhöhen die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Sie lassen Hungergefühle verschwinden. Bei höherer Dosierung (10
bis 20 mg) verstärken sich diese Symptome; Kopfschmerzen und Übelkeit
können dazukommen. Bei hoher Dosierung können Verwirrtheitszustände und
Wahnvorstellungen auftreten.
Bei oraler Einnahme treten die Wirkungen etwa nach 30 Minuten ein, beim
Sniefen bereits nach einigen Minuten. Gespritzt haben Amphetamine einen
Flash zur Folge, der mit der Wirkung von Heroin verglichen werden kann. Die
Zeitdauer bis die Hälfte des Stoffes vom Körper ausgeschieden wird, beträgt
etwa 6 bis 32 Stunden.
Bereits bei geringen Mengen steigern sich der Puls und die Herzfrequenz, was
zu Herzrasen, Bluthochdruck, Kollapszuständen und Schlaganfällen führen
kann. Bei höheren Dosen kann der Kreislauf versagen und tiefe Bewusstlosig-
Wirkung
Risiken
85
keit einsetzen. In seltenen Fällen kann eine Überdosis zum Tode führen. Die
Überdosierung hängt von der Gewöhnung an die Droge ab. Plötzliche Todesfälle bei Sportlern werden oft dem Amphetamingebrauch zu Dopingzwecken
zugeschrieben.
Auch die Gewichtsregulierung durch Amphetamine kann bedrohliche körperliche Folgen haben (Blutdruckschwankungen, Lungenhochdruck). Bei Amphetamininjektion mit Spritzentausch besteht das Risiko einer Hepatitis oder einer
HIV - Infektion. Das grösste Risiko beim länger dauernden Amphetamingebrauch ist die Entwicklung einer psychischen Abhängigkeit.
Anabolika
Anabolika = Anabole Steroide, eine Gruppe von Hormonen, die natürlicherweise im Körper vorkommen und dem männlichen Sexualhormon Testosteron
nachempfunden sind, z.B.: Stanozolol, Nandrolon, Anapolon50, Dianabol etc.
Anabolika werden von Leistungssportlern und Bodybuildern zum Muskelmassenaufbau verwendet. Medizinisch werden anabole Steroide bei starkem Gewichtsverlust und bei Entwicklungs- und Wachstumsstörungen eingesetzt.
Müdigkeit verschwindet, Kraftleistung steigt, erhöhte Ausdauer, großer Appetit,
erhöhte Euphorie, gesteigertes Selbstbewusstsein, erhöhter Sexualtrieb, gesteigerte "Kampfbereitschaft". Bei Frauen wirken anabole Steroide besser als
beim Mann, aufgrund des geringeren Testosteronspiegels der Frau.
Wirkung
Kurzfristig kann es zu Kurzatmigkeit, Akne (besonders auf dem Rücken), erhöhter Schweißproduktion, Wasserspeicherung, Kopfschmerzen, Müdigkeit,
Aggressionen und leichten Stimmungsschwankungen bis hin zu Psychosen
kommen. Beim Spritzen sind durch Verunreinigungen an den Einstichstellen
Abszesse möglich.
Risiken
Langfristig können erhebliche gesundheitsschädigende Wirkungen eintreten.
Nebst geschlechtsspezifischen Auswirkungen können Leber- und Nierenschäden, Verletzungen von Sehnen und Bändern/ Überlastung des Bewegungsapparates, Muskelwachstum auch an unerwünschten Stellen (z.B. Kiefer), erhöhte Herzinfarktgefahr, Belastung des Kreislaufs, Haarausfall und verschlechterte
Gedächtnisleistung auftreten. Eine psychische Abhängigkeit ist möglich.
Bufotenin
(5-Hydroxydimethyltryptamin)
Bufotenin ist der Inhaltsstoff bestimmter Bohnen aus der Familie der Mimosaceae. Es verursacht in Dosierungen ab 50 Milligramm leichte Desorientierung,
Euphorie und lebhafte halluzinative Farbenspiele.
Die Urbevölkerung im nördlichen Argentinien verarbeitet die Bohnen zu
Schnupfpulver (Yopo). Es bewirkt neben leichten Krämpfen und Übelkeit Halluzinationen und unruhigen Schlaf.
Cannabis
Cannabis ist der botanische Name für Hanf. Die buschige Pflanze wächst in
vielen Gegenden der Welt und lässt sich leicht auch in der Schweiz kultivieren.
Mit dem Begriff Cannabis werden auch drei Handelsformen der Hanfdroge bezeichnet: Marihuana (Hanfkraut), Haschisch (Hanfharz) und Haschischöl
(Hanfextrakt).
Alle drei Produkte enthalten den Wirkstoff THC in unterschiedlicher Konzentra-
86
tion.
Cannabisprodukte werden meist mit Tabak vermischt geraucht, entweder in
Pfeifen oder als Haschisch- oder Marihuanazigaretten, "Joints" genannt. Seltener wird Haschisch oder Marihuana gegessen (Speisen beigemischt) oder getrunken (als Teemischung). Beim Konsum werden jeweils etwa 0,1 Gramm bis
1 Gramm geraucht oder 1 bis 5 Gramm gegessen.
Der Konsum, der Anbau zum Zwecke des Konsums und der Handel mit Cannabis sind nach dem Betäubungsmittelgesetz verboten. Gemäss diesem Gesetz kann der Richter in leichten Fällen das Verfahren einstellen, von einer
Strafe (Haft) absehen und nur eine Verwarnung aussprechen. Der Besitz von
Cannabis für den Eigenbedarf wird in der Regel mit Verweis oder Busse bestraft.
Bei einem längeren und intensiven Gebrauch von Cannabis kann eine psychische Abhängigkeit eintreten: KonsumentInnen suchen das Wohlgefühl, zu dem
Cannabis verhilft; kann dieser Wunsch nicht befriedigt werden, sind Angespanntheit und ängstliche Zustände die Folge.
Cannabis muss nicht in immer höheren Dosen eingenommen werden, um die
ursprüngliche Wirkung zu garantieren (keine Toleranzwirkung). Erfahrene
RaucherInnen kommen oft mit eher kleineren THC-Dosen aus. Eine leichte
körperliche Abhängigkeit ist möglich.
Immerhin berichten einige Studien über leichte Entzugssymptome (wie Schlafschwierigkeiten, Appetitlosigkeit) bei starken CannabiskonsumentInnen, die
ihre Gewohnheit aufgegeben haben.
Hanfdrogen wirken halluzinogenähnlich. Je nach THC-Gehalt ist die Wirkung
unterschiedlich stark. Der wichtigste Wirkstoff von Cannabisprodukten heisst
"9-Delta-Tetrahydro-Cannabinol", kurz THC genannt. Er ist verantwortlich für
die psychoaktive, euphorisierende Wirkung von Marihuana und Haschisch.
Abhängigkeit
Wirkung
Je nach Konsumart breitet sich das THC der Cannabis-Produkte unterschiedlich rasch im Körper aus. Beim Rauchen erfolgt die Wirkung innerhalb weniger
Minuten und ist etwa 3-mal so stark wie bei oraler Einnahme (etwa in Kuchen
eingebacken). Unter Speisen gemischt oder als Tee zubereitet, dauert es zwischen 30 und 60 Minuten, bis das THC zu wirken beginnt.
Marihuana und Haschisch beeinflussen ähnlich wie Alkohol das Denken und
das Konzentrationsvermögen. Weiter wirkt THC auf die Stimmung und ruft ein
deutlich gesteigertes Wahrnehmungsvermögen hervor. Vorhandene Stimmungen werden verstärkt. Oft werden unter dem Einfluss von Cannabis Musik und
Farben intensiver wahrgenommen. Da üblicherweise kleine Mengen konsumiert werden, bleiben die körperlichen Grundfunktionen wie z.B. Gehen und
Sprechen erhalten. Bei höherer Dosierung und intensivem Gebrauch können
die Grundfunktionen stärker beeinträchtigt werden, was insbesondere beim
Fahrzeuglenken gefährlich werden kann. Das Rauscherlebnis hängt stark von
der körperlichen Konstitution und der momentanen Gefühlslage ab.
Die erhofften Gefühlslagen können leicht ins Gegenteil umschlagen, wenn
Konsumierende beispielsweise unter Stress stehen oder unter depressiven
Stimmungen leiden. Unter diesen Umständen können bei manchen Konsumierenden Wahnstimmungen, Panik- und Angstzustände hervorgerufen werden.
Körperliche Symptome, die durch Haschisch-Konsum auftreten können, sind:
Schwindel, Übelkeit, Kältegefühl, Mundtrockenheit, beschleunigter Puls und
andere, das vegetative Nervensystem betreffende Störungen.
Nach neueren Untersuchungen muss auch bei längerem (nicht- täglichem)
Cannabiskonsum nicht mit körperlichen Schäden gerechnet werden. Allerdings
Risiken
87
besteht darüber bei den ExpertInnen nicht völlige Einigkeit. Fest steht, dass
der Rauch von Cannabis bis zu 50 % mehr Teer und andere krebserzeugende
Stoffe als der gewöhnliche Zigarettenrauch enthält. Zudem wird der "Joint " tief
inhaliert. Regelmässiges Cannabisrauchen ist somit eine Risikogrösse für Lungenkrankheiten (Lungenkrebs, Emphysem usw.)
Ebenfalls recht deutlich sind die Wirkungen des Cannabis- Konsums auf Gedächtnisleistungen und das Konzentrationsvermögen. Die Effekte auf das Immunsystem sind umstritten.
Cannabis bewirkt kaum psychische Störungen, doch es kann bei schon vorhandenen Störungen als Verstärker wirken oder gar bei vorhandenen Dispositionen als Auslöser fungieren. Auch wenn über die Gefährlichkeit von Cannabis
keine Einigkeit bei den Forschern besteht, ist die allgemeine Ansicht, dass
Cannabis als nicht gefährlicher als Alkohol und Tabak einzustufen ist.
Bei einem längeren und intensiven Gebrauch von Cannabis kann eine psychische Abhängigkeit eintreten: KonsumentInnen suchen das Wohlgefühl, zu dem
Cannabis verhilft; kann dieser Wunsch nicht befriedigt werden, sind Angespanntheit und ängstliche Zustände die Folge.
Cannabinoide lassen sich chemisch synthetisieren und finden klinischtherapeutische Anwendungen.
Crack
Crack entsteht durch die Mischung und Erhitzung von Kristallen des KokainHydrochlo-rids und Backpulver. Die so entstandenen weissen Kügelchen machen beim Verbrennen ein knackendes Geräusch - daher der Name "Crack".
Crack wird vornehmlich in kleinen Metallpfeifen geraucht.
Da die Herstellung von Crack ohne grossen Aufwand möglich ist und in Einzeldosen verkauft wird (nicht grammweise wie Kokain), ist es deutlich billiger als
Kokain.
Indem es geraucht wird, tritt Crack sofort von der Lunge in den Blutkreislauf
über und bewirkt einen noch intensiveren Flash als Kokain.
Crack löst eine Euphorie aus, die stärker ist als jede "natürliche" Empfindung:
es nimmt realen Freuden jegliche Funktion und setzt sich an ihre Stelle. So
bildet sich eine extreme psychische Abhängigkeit aus, da das Gehirn dahingehend programmiert wird, dass es nach immer mehr "Kick", immer stärkeren
Glücksattrappen verlangt.
Abhängigkeit
Diese Form der Sucht ist keinesfalls leichter zu überwinden als die körperliche
Abhängigkeit von beispielsweise Heroin.
Die Folgen des längerfristigen Crack-Rauchens entsprechen jenen des KokainSniffens.Hinzu kommt das Risiko von Lungenschäden. Crack ist auch für das
ungeborene Kind gefährlich: Tot- und Fehlgeburten sowie schwere Missbildungen und geistige Behinderung (Crackbabies) sind bei Müttern, die während der
Schwangerschaft Crack geraucht haben, überdurchschnittlich häufig.
Designer-Drogen
Durch Änderung der Molekularstruktur wird Grundpräparaten ein neues "Design" verpasst. Kleine Hobbychemiker-Labors und Grundkenntnisse in Chemie
reichen aus, um Designer-Drogen herzustellen.
Über die Definition des Begriffes "Designer-Drogen" herrscht keine Einigkeit.
Die einen bezeichnen all jene Drogen, deren chemische Bestandteile verändert
worden sind, um neue Effekte zu erzielen, als Designer-Drogen. Dazu gehören
88
Risiken
Substanzen wie PCP (Engelsstaub), MDMA (Ecstasy), Crack usw. Andere verstehen darunter nur jene Drogen, die von Chemikern so "designed" werden,
dass sie ähnliche Wirkungen wie illegale Drogen entfalten, ohne aber verbotene Substanzen für die Herstellung zu benutzen, um so das Gesetz zu umgehen. Die offizielle WHO-Bezeichnung für Designer-Drogen lautet denn auch
"Controlled Substance Analogues". In neuerer Zeit finden sich vor allem synthetische Analogien zu Phencyclidin (PCP), Meperidin und Fentanyl auf dem
Markt.
Die künstlichen Drogen werden als "Power-Drogen" bezeichnet. Sie haben
zum Teil eine um ein Vielfaches stärkere Wirkung als die herkömmlichen Drogen. Wie diese bewirken sie Euphorie, Halluzinationen und den Eindruck erhöhter Leistungsfähigkeit. Die Effekte dieser Drogen sind aber oft völlig unberechenbar.
Wirkung
Über das Ausmass von Schädigungen durch Designer-Drogen ist wenig bekannt.
Immerhin gibt es Studien zu einzelnen Designer-Drogen, die zum Teil über
schwerste Gesundheitsschädigungen berichten. Da die chemische Zusammensetzung kaum bekannt ist, ebenso wenig wie die Wirkung neuartiger Kombinationen, beinhaltet die Einnahme von Designer-Drogen ein grosses Gesundheitsrisiko.
Risiken
Designer-Drogen sind auch deshalb gefährlich, weil sie, unfachmännisch und
unter inadäquaten Bedingungen produziert, giftige Abfallprodukte enthalten
können.
DMT
Dimethyltryptamin
Das Halluzinogen DMT findet sich als Alkaloid in verschiedenen südamerikanischen Pflanzen- und Kakteenarten (z.B. Virola). Es wurde erstmals 1931 synthetisch hergestellt und hat eine Strukturverwandtschaft mit Bufotenin und Serotonin.
DMT wird als "Joint" geraucht oder injiziert und bewirkt innerhalb weniger Minuten einen schlagartig einsetzenden Rausch, der maximal 1 bis 2 Stunden andauert. Die erlebten Farbvisionen und optischen Täuschungen sollen im Vergleich zum LSD-Rausch intensiver sein, der Rauschverlauf kann jedoch in einen "bad trip" mit Desorientiertheit und Agressivität münden.
Wirkung
Risiken
Bei häufigem Konsum kann es zu einer Toleranzausbildung und psychischer
Abhängigkeit kommen.
DOM
(Dimethoxymetylamphetamin)
DOM ist ein Amphetaminderivat mit halluzinogenen Eigenschaften. Es wurde
1967 in den USA synthetisiert und bei der Behandlung von Geisteskrankheiten
erprobt. Seine chemische Struktur ähnelt der des Meskalins. Synthetische Halluzinogene sind um ein vielfaches wirksamer als ihre pflanzlichen Verwandten.
Entsprechend riskant ist die Einnahme, da das Spektrum zwischen Normalund Überdosierung sehr klein ist.
Der DOM-Rausch ähnelt dem des LSD-Rauschs, häufig wird ein Gefühl der
Zeitlosigkeit erlebt. Der Rauschverlauf ist völlig unkalkulierbar und dauert mehr
als 24 Stunden, bisweilen bis zu 72 Stunden an. Er kann in verheerende Horror-Trips mit Verwirrtheitszuständen und akuten Angstpsychosen münden, wobei Mittel die sonst als Antidote gegen Halluzinogene wirksam sind hier den
Wirkung
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bei Mittel, die sonst als Antidote gegen Halluzinogene wirksam sind, hier den
Rausch nur verstärken und Atemlähmung und Krämpfe verursachen können.
Risiken
Bei Langzeitgebrauch kann es zu einer psychischen Abhängigkeit kommen,
die sich in ängstlicher Unruhe und dem Drang nach erneutem Konsum ausdrückt, und erst nach Wochen abklingt. Ein anderer Name für DOM ist STP.
DXM
Dextromethorphan (DXM)
Eine Substanz, welche im Bereich Hustensirup weite Verwendung findet. Die
Effekte von DXM variieren, aber generell vermittelt es kein gutes Gefühl. Es
verursacht meist Schwindel und starke Wahrnehmungsstörungen. Diese Substanz ist nicht vergleichbar mit "Ecstasy".
Diese Substanz ist sehr gefährlich in Kombination mit MDMA (Ecstasy). DXM
und MDMA sind kontraindikatorisch. Das heisst, wenn sie zusammen konsumiert werden, können sie zu lebensgefährdenden Situationen führen. Beide
Substanzen werden durch das selbe Leber Enzym (CYP-2D6) metabolisiert
und beinhalten den gegenseitigen Zusammenbruch.
Wirkung
Risiken
Ecstasy
Ecstasy ist eine synthetische Substanz mit der chemischen Bezeichnung
MDMA (3,4-Methylendioxy-N-Methamphetamin).
Obwohl in der Formel das Wort "Amphetamin" enthalten ist und MDMA das
Herz-Kreislauf-System stimuliert, wird es nicht zu den aufputschendenden Amphetaminen gezählt. Wegen seiner leicht sinnestäuschenden und bewusstseinsverändernden Wirkung gehörte MDMA bis vor kurzem in die Klasse der
Halluzinogene.
Seit 1993 wird MDMA in der Schweiz den sogenannten Entaktogenen ("das
Innere berührend") zugeordnet.
Bei Ecstasy treten in der Regel keine körperlichen Entzugssymptome auf, sofern es sich wirklich um MDMA handelt und nicht um Mischungen, die eine
physische Abhängigkeit hervorrufen können.
Abhängigkeit
Die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit, welche im Gefühl zum Ausdruck
kommt, nur noch mit der Droge "gut drauf sein" zu können, ist jedoch vorhanden.
Regelmässige Konsumenten und Konsumentinnen müssen mit der Zeit die
Dosis steigern, um noch Wirkungen zu erzielen (Toleranzausbildung).
KonsumentInnen erfahren ein Gefühl allgemeinen Wohlbefindens und der Ungehemmtheit, sie fühlen sich gelöst, gesprächig, den anderen nah. Deshalb
wird Ecstasy auch die "Liebesdroge" genannt, obwohl sie die sexuelle Leistung
offenbar nicht erhöht.
Bei grösseren Dosen hat Ecstasy auch halluzinogene Wirkungen. Den Effekt
der Droge erfahren KonsumentInnen etwa 30 Minuten nach der Einnahme. Die
Wirkung kann mehrere Stunden dauern. Ecstasy wirkt stimulierend auf das
zentrale Nervensystem. In dieser Eigenschaft kann es den Puls beschleunigen
und den Blutdruck sowie die Körpertemperatur merklich erhöhen. Ausserdem
kann es Kieferkrämpfe auslösen und Verwirrungszustände hervorrufen. Es
wird auch über Fälle berichtet, wonach Ecstasy zu psychotischen und depressiven Reaktionen geführt haben soll.
90
Wirkung
In hohen Dosen wirkt Ecstasy nerven- und hirnschädigend. In England ist über
mehrere Todesfälle aufgrund von Ecstasy-Konsum berichtet worden. Inwieweit
dabei Überdosierung oder andere Drogen mit im Spiel waren, ist jedoch unklar.
Denn die als Ecstasy verkauften Tabletten sind öfters mit verschiedenen gesundheitsschädlichen Substanzen verschnitten und deshalb von unberechenbarer
Wirkung.
Analysen in Grossbritannien und Holland haben ergeben, dass öfters Mischungen aus halluzinogenem LSD und aufputschendem Koffein oder Amphetamin als Ecstasy gehandelt werden.
Risiken
Auch die Umstände der Ecstasy-Einnahme sind wahrscheinlich wichtig. Alle
Todesfälle wurden bei jungen Leuten auf Techno-Parties beobachtet. Die starke körperliche Betätigung, hohe Umgebungstemperatur und ein nicht ausreichender Flüssigkeitsersatz können die temperaturerhöhende Wirkung der Droge verstärken, es kann zum Herzstillstand kommen.
Entaktogene
Reine Entaktogene bewirken keine intensiven Wahrnehmungsverzerrungen
wie Drogen aus der Familie der Halluzinogne, sie verstärken vielmehr die innere Empfindung und Wahrnehmung ohne Veränderung der Reize und Signale,
die mit den Sinnesorganen registriert werden. Der bekannteste, den entaktogenen Drogen zugeordnete Vertreter, ist Ecstasy.
Wirkung
Ephedra
Meerträubel/Mormonentee (Bio-Droge)
Ephedra ist eine der ältesten Medizinalpflanzen der Welt. In der chinesischen
Medizin wird sie seit mehreren tausend Jahren eingesetzt. Hauptwirkstoff ist
das Alkaloid Ephedrin, das auch in der Schulmedizin als Bestandteil von Asthma-, Husten- und Schnupfenmitteln verwendet wird.
Anregend, euphorisierend, den Tastsinn verstärkend. Wird von den zur Alkoholabstinenz angehaltenen Mormonen ebenso geschätzt wie von gestressten
Managern und ausgepumpten Ravern, denen es unter anderem als Bestandteil
von Herbal Ecstasy verkauft wird.
Wirkung
Grosse Vorsicht ist geboten bei Herz-Kreislauf-Problemen, Leberschäden und
Schwangerschaft. Bei Überdosierung: Schweissausbrüche, Kreislaufstörungen, Schock. Bei regelmässigem Gebrauch kann eine psychische Abhängigkeit eintreten.
Risiken
Freebase Kokain
Freebase ist das Produkt einer chemischen Reaktion mit Ammoniak, bei der
sich das Kokain-Hydrochlorid spaltet und eine rauchbare Substanz entsteht.
Freebase-Amphetamin
Fachterminus für "Glass" bzw. "Ice":
Mit Backpulver aufgebackenes und dadurch rauchbar gemachtes Speed.
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Glass
Durch Aufbacken rauchbar gemachtes, um ein Vielfaches potenziertes Amphetamin, auch Super-Speed, Freebase Speed oder - neuerdings - "Ice" genannt.
GHB
Liquid Ecstasy (XTC) = GHB
Obwohl GHB unter dem Namen "Liquid Ecstasy" gehandelt wird, hat es nichts
mit dem weit verbreiteten Amphetaminderivat "Ecstasy" zu tun.
GHB (gamma hydroxybutyrat) ist eine natürliche Substanz, die der Körper
auch selbst erzeugt. In der Drogenszene wird synthetisiertes GHB seit 1999
vermehrt angetroffen. GHB ist eine leicht trübe Flüssigkeit, die ohne Beimischung von Zusatzstoffen geruch- und geschmackslos ist. Verkauft wird GHB
oft in durchsichtigen Plastikröhrchen von etwa 5 cm Länge und einem Durchmesser von 14 mm. GHB ist nicht auf der Liste der dem BtmG unterstellten
Stoffe, deshalb gelangt das Betäubungsmittelgesetz nicht zur Anwendung.
Konsum und Besitz von GHB sind nicht strafbar. GHB ist jedoch ein Arzneimittel. Zur Anwendung gelangen somit die kantonalen Gesundheitsgesetze sowie
das Arzneimittelgesetz bzw. die Verordnungen dazu.
GHB gelangt unter folgenden Bezeichnungen in den Verkauf : Liquid X, Liquid
E, Liquid XTC, Somatomax PM, Growth Hormone Booster, Cherry Met, Easy
Lay, G Caps, Gamma Hydrate, Georgia Home Boy, Liquid Ecstasy, Oxy Sleep,
Scoop, Fantasy, Soap, Salty Water, Vita G, Gamma OH, Somsanit.
Die Wirkung von GHB beginnt ca. 15 Minuten nach oraler Einnahme und hält je nach Dosis - bis zu 3 Stunden an, durch eine wiederholte Einnahme kann
die Wirkungsdauer verlängert werden. GHB hat chemisch nichts mit Ecstasy
zu tun, obwohl es oft als "Liquid Ecstasy" gehandelt wird.
Ebenso wie Alkohol senkt GHB die Aktivität des Zentralnervensystems (ZNS)
und ruft wie bei einem leichten Alkoholrausch leichte Schwindelgefühle, Enthemmung, Euphorie, und leichte Gangstörungen hervor. Kennzeichnend sind
auch ein leichtes Kribbeln in den Beinen und Armen und eine erhöhte Sensibilität der Haut gegenüber Berührungen. Während der Alkoholrausch mit einer
Trübung des Bewusstseins einhergeht, ist dies bei der Einnahme einer moderaten Dosis GHB nicht der Fall.
Die Hauptrisiken des GHB-Konsums liegen in der Unkenntnis über Konzentration und beigemischte sonstige Substanzen sowie der Wirkung bei gleichzeitiger Einnahme anderer psychoaktiven Substanzen (Synergismus). Bei Überdosierung kann es zu komatösen Zuständen kommen. Gefährlich ist der gleichzeitige Konsum von mit anderen ZNS-wirksamen Substanzen wie Opiaten,
Alkohol, Benzodiazepinen, Cannabis oder Amphetaminen. GHB kann bei
Mischkonsum zu schweren Vergiftungserscheinungen führen.
Wie bei allen auf der Gasse vertriebenen chemischen Substanzen besteht ein
besonderes Risiko hinsichtlich der Qualität der Ware: Da diese Substanzen
häufig in allen möglichen Keller- oder Küchen-Laboren entstehen, kennt niemand ihre genaue Zusammensetzung und die Konzentration der einzelnen
Substanzen. Die Konsumfolgen lassen sich deshalb kaum abschätzen.
Halluzinogene
Unter dem Begriff Halluzinogene werden sehr unterschiedliche psychoaktive
Substanzen - pflanzliche oder chemische - zusammengefasst.
Das gemeinsame Merkmal dieser Substanzen besteht darin, dass sie Sinnes-
92
Wirkung
Risiken
täuschungen und tiefgreifende psychische Veränderungen herbeiführen können. Raum und Zeit, sowie das Selbst werden völlig verändert erlebt. LSD,
Meskalin, Psilocybin und Phencyclidin sind lediglich vier aus einer grossen
Anzahl solcher Stoffe.
Halluzinogene verursachen keine physische, durchaus aber psychische Abhängigkeit.
Abhängigkeit
Halluzinogene können je nach Dosis, Konsumsituation, Persönlichkeitsstruktur
und momentaner psychischer Verfassung tiefgreifende Veränderungen im Alltagsbewusstsein und im Raum- und Zeiterleben bewirken. Charakteristische
psychische Effekte sind Geschmacks- und Geruchshalluzinationen, Visionen,
Stimmenhören und eine generelle Intensivierung des Gefühlslebens. Sie können sowohl in eine positive Richtung gehen (mystische Erfahrungen), wie auch
ins Gegenteil umschlagen (Horrortrip).
Wirkung
Die körperlichen Auswirkungen können von Pulsbeschleunigung zu Bewegungs- und Gleichgewichtsstörungen und Atemnot gehen. Überdosierungen
können Nieren-, Leber- Herz- und Kreislaufversagen provozieren und somit
tödlich
sein.
Alle Halluzinogene - insbesondere LSD und PCP (Phencyclidin) - können einen "bad trip" oder "horror trip" erzeugen. Verdrängte unangenehme Erlebnisse können unter LSD-Einfluss in das Gedächtnis zurückkehren und zu Angstund Panikreaktionen führen.
Risiken
Dieser Zustand kann zu unkontrollierten und aggressiven Reaktionen mit fatalen Konsequenzen führen. Ein "horror trip" kann zu psychotischen Reaktionen
führen.
Tage oder Wochen nach dem Konsum von Halluzinogenen können
KonsumentInnen spontan und unerwartet die Auswirkungen der Droge zumeist die negativen - noch einmal erfahren ("flashback"). Im allgemeinen
dauert dies nur wenige Sekunden oder Minuten. "Flashbacks" können auch
mehrmals vorkommen.
Werden Halluzinogene gespritzt, besteht Infektionsgefahr wie bei anderen
Drogen.
Eine spezifische Gefahr beim Konsum von Halluzinogenen besteht darin, dass
auf dem Markt verschiedene Halluzinogene unter verschiedenen Namen angeboten werden und die KäuferInnen nie recht wissen, welche Droge mit welchen Effekten sie tatsächlich gekauft haben.
Heroin
Von: heroisch, (Diacetylmorphin) auch "H, Harry, Bruder, Scag, Smack,
Schmeck, Junk, Gift, Stoff, Caca, Caballo" genannt.
Ein semisynthetisches Derivat des Morphin. Heroin wurde im Jahr 1889 von
dem deutschen Pharma-Konzern BAYER als Schmerzmittel hergestellt und
vertrieben, es ist eines der härtesten Rauschgifte unserer Zeit. Heroin ist psychisch und physisch stark suchterzeugend.
Schon ein kurzzeitiger, regelmässiger Konsum von Heroin kann genügen, um
eine körperliche und psychische Abhängigkeit zu erzeugen. Es ist einer der am
stärksten abhängig machenden Stoffe überhaupt. Das Verlangen nach dieser
Droge kann so gross werden, dass das Erlebnis wie ein Zwang wiederholt
werden muss und die Kontrolle über den Konsum verloren geht.
Abhängigkeit
Dabei spielen die Qualität (Reinheit) des Stoffes, die Dosierung sowie die körperliche und seelische Verfassung des Konsumenten eine Rolle. Die jeweils
notwendige Dosis ist abhängig vom Toleranzstadium; langjährige Junkies be-
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nötigen Dosen, die ausreichen würden, bis zu sieben nichtabhängige Personen
sofort zu töten.
Die im Stadium der Sucht auftretenden körperlichen Entzugserscheinungen bei
Stoffmangel sind hart. Heroin wird in den Stoffwechsel aufgenommen. Wenn
es dem Organismus nicht stetig zugeführt wird, treten Reaktionen wie Gliederschmerzen, Muskelschmerzen, krampfartige Bauchschmerzen, Erbrechen,
Durchfall, Schlafstörungen, Kreislaufbeschwerden, Appetitstörungen, Schüttelfrost, Schwitzen, starke Angst- und Unsicherheitsgefühle auf. Diese Symptome
dauern bei einem "kalten Entzug" 7 bis 10 Tage.
Heroin wirkt auf das Belohnungssystem und den Botenstoff Dopamin im Gehirn. Das Wirkungsspektrum von Heroin entspricht jenem des Morphins, allerdings mit 5-10facher Potenz. Neben dem beim intravenösen Spritzen ausgelösten "Flash" hat Heroin eine schmerzstillende Wirkung und beinflusst die
Stimmungslage der Konsumierenden in Richtung einer Steigerung von Euphorie und Lust und einer Verminderung von Angst und Unlust.
Wirkung
Im Vordergrund der Risiken steht die ausgeprägte Suchtentwicklung. Körperliche Schädigungen stehen im Zusammenhang mit unreinem gestrecktem Stoff,
der auf der Gasse bezogen wird, dem Abgleiten ins Drogenmilieu und der damit verbundenen körperlichen und psychischen Verwahrlosung sowie der Infektionsgefahr. Bei Verabreichung von reinem Stoff müsste - auch bei regelmässigem Konsum - nicht mit bleibenden körperlichen Folgeerscheinungen
gerechnet werden, wenn Abhängige über ihre Toleranz (Dosis-Verträglichkeit)
genau orientiert wären. Körperverfall, sozialer Abstieg, Überdosierungsgefahr,
Kriminalität und Strichgang sind weitgehend eine Folge der Illegalität der Droge. Akute Lebensgefahr besteht bei einer Überdosis an Heroin. Da sich die
Qualität des verschnittenen Gassenheroins kaum überprüfen lässt, ist die Gefahr einer solchen stets präsent. Eine Überdosis bewirkt eine Atmungsschwäche bis hin zum Atmungsstillstand und tiefer Bewusstlosigkeit. Hier hilft nur die
sofortige Benachrichtigung des Notfalldienstes sowie überbrückende Mund-zuNase-Beatmung. Der Tod tritt durch Atemlähmung und Herzmuskellähmung
ein. Als besonders gefährlich erweist sich die Einnahme von Drogen-Cocktails
(zum Beispiel einem "Speedball" d.h. einer Kombination von Heroin und Kokain
oder Amphetaminen). Akute Infektionsgefahr besteht bei Verwendung nicht
steriler Spritzen (z.B. Aids, Blutvergiftung, Gelbsucht, Thrombose, Embolie).
Risiken
Iboga
Tabernanthe iboga (Bio-Droge)
Die Wurzeln des Iboga-Strauchs enthalten als Hauptwirkstoff das Indolalkaloid
Ibogain. Sie werden von afrikanischen Naturreligionen rituell verwendet. Die
psychoaktiven Wirkstoffe des Iboga-Strauchs sind in der Wurzel enthalten,
konzentrierte Mengen finden sich in der Wurzelrinde.
Euphorisierend, anregend, in hohen Dosen halluzinogen. Kommt von den Naturdrogen am ehesten in die Nähe von MDMA (Ecstasy).
Bei Überdosierung Schüttelkrämpfe, Koma, im Extremfall Tod. Finger weg bei
Herz-Kreislauf-Problemen! Die Substanz Ibogain in reiner Form steht im Verdacht, bei verschiedenen Konsumenten zum Tod geführt zu haben.
Wirkung
Risiken
Ketamin
Kurznarkotikum. Ketamin kann geraucht, gesnifft oder injiziert werden.
Der Rausch ist gekennzeichnet durch ein Gefühl der Trennung zwischen Körper und Geist. Während des Rausches sind Körperfunktionen und Sprachver-
94
Wirkung
mögen, Gedächtnis- und Konzentrationsvermögen stark beeinträchtigt. Überdosierungen können in "Horror-Trips" enden, die 24 Stunden und länger anhalten können.
Risiken
Ketamin, auch "the-out-of-the-body-drug" genannt, ist ebenso suchterzeugend
wie PCP und hirn- und lebertoxisch.
Kokain
Kokain ist ein Alkaloid, das aus den Blättern des südamerikanischen Kokastrauches gewonnen wird. Als Hauptwirkstoff macht es ca. 80% der gesamten
Alkaloidmenge dieser Blätter aus. Kokain kann über einen chemischen Prozess aus der pflanzlichen Basis herausgelöst und in mehreren Schritten in Hydrochlorid umgewandelt werden: die synthetische Form, in der Kokain in der
Regel auf dem Schwarzmarkt angeboten wird.
Kokain gehört zur Gruppe der Stimulanzien, also zu jener Gruppe von
Rauschdrogen, deren Wirkungsweise als anregend und leistungssteigernd
charakterisiert werden kann. Kokain (Cocahydrochlorid) hat viele Namen: "C",
"Coke", "Charley", "Koks", "Schnee", "Star Dust" sind nur einige unter vielen.
Kokain hat ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Hierbei spielt die Form des Konsums eine Rolle dafür, wie schnell sich eine psychische Abhängigkeit einstellt:
das Spritzen und das Rauchen sind im Vergleich noch gefährlicher als das
Schnupfen, weil die Wirkung schneller und stärker eintritt, aber auch schneller
wieder abklingt und damit der Zwang zum erneuten Konsum noch stärker sein
kann.
Abhängigkeit
Eine körperliche Abhängigkeit wie beim Heroin- oder Alkoholkonsum entsteht
nicht, hingegen verursacht der starke Dopaminmangel im Gehirn beim Entzug
schwere psychophysische Depressionen und die Unfähigkeit, Lust zu empfinden, die sogenannte Anhedonie.
Kokain stimuliert das Zentralnervensystem und hat eine aufputschende Wirkung. Es mildert Hunger und Durst und verleiht ein Gefühl der Euphorie und
Stärke. Kokain gilt auch als lust- und potenzsteigerndes Mittel, wobei fortdauernder Missbrauch den gegenteiligen Effekt hat. Bei sehr hoher Dosierung
kann es zu Angstzuständen mit paranoiden Erlebnissen kommen (Verfolgungswahn).
Physisch bewirkt Kokain die Erhöhung von Blutzuckerspiegel, Körpertemperatur, Herzfrequenz und Blutdruck: der Körper stellt sich auf Aktivität ein. Beim
Konsum über die Nasenschleimhaut (Schnupfen) tritt die Wirkung nach ca. 3
Minuten, beim Rauchen und Injizieren nach wenigen Sekunden ein. Die euphorische Phase dauert beim Schnupfen durchschnittlich 30, beim Rauchen etwa
5 bis 10 Minuten, und auch beim Spritzen nur kurz.
Wirkung
Bei ständigem, fortwährendem Kokain-Missbrauch verstärken sich die Nebenwirkungen aufgrund einer zunehmenden chronischen Vergiftung. Diese Nebenwirkungen äussern sich oft in Form von psychischen Störungen, wie die
Entwicklung manischer Syndrome, paranoischen Psychosen und Delirien. Kokain kann ausserdem Krämpfe, Zittern und Herzrhythmusstörungen verursachen, die schlimmste Konsequenz sind Herzinfarkt und Hirnschlag.
Risiken
Aufgrund ungenügender Ernährung können bei starken Kokainkonsumenten
Verdauungsstörungen, Dehydratation (Austrocknen) und Anorexie (Magersucht) beobachtet werden. Der Sexualtrieb wird eingeschränkt. Auch
Herzprobleme können die Folge sein. Die meisten dieser Folgen verschwinden
beim Absetzen des Konsums, doch die völlige Wiederherstellung kann mehrere Monate in Anspruch nehmen.
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Durch Gewebeschädigungen, die vom Kokain-Schnupfen verursacht werden,
kommt es zu zerfressenen (später durchbrochenen) Nasenscheidewänden,
chronisch angeschwollenen Schleimhäuten sowie zur Bildung von Geschwüren
um die Nasenlöcher (Koksnase).
LSD
(Lysergsäurediethylamid)
LSD ist ein meist halbsynthetischer, aus den Indol-Alkaloiden des Mutterkorns
gewonnener Stoff. Er befällt bevorzugt bestimmte Kulturpflanzen wie Roggen
und Mais. Die Herstellung der halbsynthetischen Lysergsäure-Verbindungen
auch in illegalen Labors ist chemisch kein Problem. LSD gehört zu den potentesten Halluzinogenen überhaupt: Schon ein Millionstel Gramm bewirkt heftige
optische und akustische Halluzinationen. Eine Eigentümlichkeit des LSD ist
seine synergistische Wirkung mit anderen Drogen. LSD wird meistens oral in
Form von Minitabletten oder imprägnierten Zuckerwürfeln eingenommen, es
kann aber auch gesnifft oder injiziert werden. LSD fällt unter das Betäubungsmittelgesetz. Herstellung, Handel, Transport und Konsum sind verboten.
LSD erzeugt keine physische, aber unterschiedlich starke psychische Abhängigkeit.
Abhängigkeit
Unmittelbare körperliche Reaktionen sind eine Erhöhung des Herzschlages,
eine Vergrösserung der Pupillen, ein Gefühl der Schwäche und der Übelkeit.
Die ersten psychischen Effekte treten 1 bis 3 Stunden nach Einnahme auf, und
können bis zu 12 Stunden dauern. Da LSD in nur schwer messbaren, sehr
kleinen Dosen unterschiedlichster Qualität eingenommen wird, besteht die Gefahr einer Überdosierung, die zu Atemlähmung führen kann.
LSD bewirkt optische und akustische Halluzinationen, die eher positiv erlebt
werden: Töne können gesehen, Farben geschmeckt werden. Es kommt zu
einer Veränderung und Anregung des Gefühlslebens, mitunter zu EkstaseErfahrungen und Trance-Erlebnissen, die als positive "Ich-Auflösung" gewertet
werden.
Je nach Dosis, Konsumsituation und psychischer Verfassung des Konsumenten können diese Veränderungen aber auch negativer Natur sein. Es kommt zu
einer "Ich-Auflösung" der negativen Art, die sich in Erregungs- und Wahnzuständen (Horrortrips), Flash-backs, Verwirrtheit und angstvollem Verlust der
Realitätskontrolle äussern können.
Wirkung
Selbst bei Langzeitgebrauch von LSD wurde keine körperliche Abhängigkeit
beobachtet, die Gefahr einer psychischen Abhängigkeit durch einen totalen
Verlust der Realitätsbezogenheit ist jedoch gegeben. Der regelmässige Konsum führt zu einer Toleranzausbildung.
Marihuana
Marihuana (wahrscheinlich abgeleitet von dem portugiesischen Ausdruck
"ämaran guango" = Rausch) besteht aus den weiblichen Blütenständen und
den Blättern und Stengeln der weiblichen indischen Hanfpflanze (Cannabis
sativa). Diese werden geschnitten, gereinigt und getrocknet und ihrer euphorisierenden und leicht halluzinogenen Wirkung wegen geraucht oder (meist als
Tee oder Gebäck) oral zugeführt.
Der psychoaktive Wirkstoff von Marihuana ist Tetrahydrocannabinol (THC).
Je nach Qualität, welche abhängig ist von Samen, Geologie, Klima und Behandlung, enthält Marihuana von 0,2 % bis 8 % THC. Durch gezielte Züchtung
wurde in den letzten Jahren der THC-Gehalt von Marihuana deutlich erhöht -
96
Risiken
bis zu 15 %.
MDA
Methylendioxyamphetamin
MDA ist der synthetisierte psychoaktive Wirkstoff der Muskatnuss.
MDA wirkt eher entspannend denn halluzinogen, aus diesem Grund kommt es
auch oft in der Psychotherapie bei neurotisch veranlagten Personen zum Einsatz. Es ermöglicht über die hergestellte Entspannung den Zugang zu verdrängten Erlebnisinhalten.
Wirkung
Risiken
In Dosen zwischen 50 und 150 Milligramm bewirkt es nach anfänglichen Symptomen wie starken Kopfschmerzen, Herzrasen und Übelkeit einen als angenehm beschriebenen Rauschzustand mit gesteigerter Sinneswahrnehmung.
Bei Dauergebrauch kann MDA zu Hirn- und Leberschäden sowie psychischer
Abhängigkeit führen. Der bekannteste Vertreter der Substanzgruppe der Methylendioxyamphetamine ist MDMA=Ecstasy
MDMA
(3,4-Methylendioxy-N-Methylamphetamin)
Abkürzung der chemischen Formel von Ecstasy.
Medikamente (Beruhigungsmittel)
Benzodiazepine
Tranquilizer
(z.B. Librium, Valium, Temesta, Lexotanil) wirken angstlösend, dämpfend, bewusstseinstrübend, ermüdend, muskelentspannend und krampflösend.
Sie haben ein hohes Suchtrisiko, wobei die Abhängigkeit bereits nach wenigen
Wochen einsetzen kann. Weiterhin zeigen sich beim Absetzen der
Medikamente nach längerer Zeit häufig Reaktionen, die ursprünglich zur
Einnahme
geführt
haben:
Angstzustände,
Schweissausbrüche,
Schlafstörungen. Als weitere Entzugssymptome können auftreten: allgemeines
Unwohlsein, depressive Zustände, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe, im
Extremfall Wahnvorstellungen oder epileptische Krämpfe.
Meprobamat ist weniger spezifisch und zuverlässig angstlösend wirksam als
Benzodiazepine. Es ähnelt in seinen Wirkungen den Barbituraten.
Meprobamat führt sehr schnell zu Sucht und Abhängigkeit. Während des Entzuges sind Todesfälle aufgetreten. Aufgrund der Nebenwirkungen wird vom
Konsum dieser Medikamente generell abgeraten.
Medikamente (Schlafmittel)
Benzodiazepine (z.B. Dalmadorm, Rohypnol, Mogadon, Halcion ) und Barbiturate wirken beruhigend und erleichtern Einschlafen sowie Durchschlafen.
Seditiva
Hypnotika
Barbiturate haben zusätzlich berauschende Eigenschaften und wirken euphorisierend. Als Nebenwirkungen treten bei vielen Substanzen Hang-over-Effekte
ein, d.h. Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit werden oft
noch am folgenden Tag beeinträchtigt.
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Sowohl Benzodiazepine wie auch Barbiturate sind suchtbildend. Letztere, vor
allem Rohypnol, werden von Drogenabhängigen auch zur Überbrückung von
Zeiten ohne Heroin oder Kokain benützt. Rohypnol hat zusätzlich weitere Verwendung in der Drogenszene z.B. in Verbindung mit inhaliertem Heroin zum
Dämpfen der negativ empfundenen Effekte nach dem Anklingen eines „Flash“.
Medikamente (Schmerzmittel)
Schmerzmittel lassen sich nach Bereichen klassifizieren:
-
leichte schmerz- und fiebersenkende Mittel (Salicylsäure und Paracetamolpräparate)
starke Schmerzmittel (meist Opiate und Opioide)
Kopfschmerz- und Migränemittel
krampflösende Mittel (Spasmolytika)
Medikamente auf Opiatbasis können - ebenso wie Medikamente mit Koffein aufgrund ihrer euphorisierenden Wirkung abhängig machen.
Neben den stark schmerzlindernden Medikamenten hat Codein auch den Effekt der Dämpfung des Hustenreizes. Methadon hat die Besonderheit, dass
etwa während 24 Stunden keine Entzugssymptome auftreten. Bei Heroin dauert dies nur ca. 3 Stunden.
Starke Schmerzmittel auf der Basis von Morphin oder synthetischen Opiaten
sind ausgeprägt suchtbildend. Das Absetzen von Opiaten ruft bei Abhängigen
drastische Entzugserscheinungen hervor: Schwitzen, Muskelkrämpfe, Gewichtsverlust.
Methamphetamin
Nah verwandt dem Amphetamin. Gegenüber der Grundsubstanz in Amphetaminen (Phenylethylamin) sind bei Methamphetaminen der zentralstimulierende Effekt und damit das Missbrauchspotential um etwa das Doppelte erhöht. Methamphetamin kam ursprünglich medizinisch als Appetitzügler,
Antidepressivum und Analeptikum zum Einsatz.
Als Rauschmittel eingesetzt verursachen Methamphetamin wie auch Amphetamin Euphorie und Omnipotenzgefühle, aber auch Aggressivität und Schlaflosigkeit. Überdosierungen führen oft zu Gewaltausbrüchen und Verfolgungswahn. Methamphetamin bildet rasch hohe Toleranz (Dosen bis zu 3600 Milligramm täglich werden - meist intravenös injiziert - eingenommen) und führt zu
starker psychischer Abhängigkeit. Die Einnahme über längere Zeit ist hirn- und
lebertoxisch, auffällig sind zunehmende Konzentrationsstörungen und Gedächtnisschwund.
Ein Methamphetamin der Stunde ist "Yaba", auch "Thai" genannt.
Meskalin
Substanz Meskalin: 3,4,5-Trimethoxyphenylethylamin (C11H17NO3)
Meskalin kommt in vielen Kakteen vor, u.a.: San Pedro, Peruanischer Stangenkaktus und Peyotekaktus etc.. Peyote (Lophophora williamsii) = stachelloser, kugelförmiger Kaktus; der v.a. in den nordmexikanischen Wüsten wächst;
ist eine sehr langsam wachsende Pflanze. Der gesamte Kaktus enthält über 50
ALKALOIDE, wovon das MESKALIN, ein stark psychedelisch wirksames Alkaloid, den Hauptbestandteil ausmacht.
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Analgetika
Peyotekaktus wird in frischem sowie in getrocknetem Zustand (auf nüchternen
Magen) gegessen oder teilweise mit heißem Wasser zu einem Tee aufgekocht.
Der medizinische Gebrauch von Peyote bei den mexikanischen Ureinwohnern
geht sehr weit zurück. Es wurde und wird bspw. bei Kopf-, Ohrenschmerzen,
Bronchitis, Fieber, bei der Geburt, bei Depressionen und zur Wundpflege eingesetzt.
Der Meskalinrausch wird als ekstatischer Zustand beschrieben, begleitet von
Glücksgefühlen. Die halluzinogene Wirkung verändert sämtliche Sinne: Sehen
und Hören sind stark beeinflusst, v.a. das Farbsehen wird stark intensiviert.
Zeitsinn und räumliche Wahrnehmung sind deutlich verändert. Niedrige Meskalindosen können leicht aphrodisierend wirken. Konsumenten berichten von
einer Euphorie von religiöser Tiefe, einem Gefühl einer visionären Erfahrung
und der Veränderung des Ich-Empfindens sowie von Gefühlen der IchAuflösung.
Wirkung
Es besteht die Gefahr, dass - auch bei einmaligem Konsum - latent/ verborgen
vorhandene Psychosen ausgelöst werden können. Aufgrund der Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen besteht die Gefahr, dass sich der
Konsument an seinem Erbrochenen verschluckt - Erstickungsgefahr !
Risiken
Nikotin
Nikotin ist das wichtigste Alkaloid der Tabakpflanze "Nicotiana tabacum" und
gehört zu den stärksten Giften. Nikotin kann auch synthetisch produziert werden. Das Nikotin ist der Hauptwirkstoff des Tabakrauchs und wirkt nach einem
Zigarettenzug innerhalb von Sekunden auf das Gehirn, es ist psychisch und
physisch suchterzeugend.
Die öligfarblose Flüssigkeit, die Nikotin in reiner Form darstellt, ist bei oraler
Einnahme in Dosen zwischen 50 und 100 Milligramm schon tödlich.
Wirkung
Risiken
PCP
Phencyclidin
Der Wirkstoff Phencyclidin (PCP) wurde in den 40-er Jahren in den USA entwickelt - ein synthetisch hergestelltes Schmerz- und Betäubungsmittel mit stark
halluzinogener Wirkung. Aufgrund der schizophrenieähnlichen Nebenwirkungen wurde Phencyclidin, das unter dem Namen "Sernyl" als Medikament auf
den Markt kam, nur noch für Zwecke der Veterinärmedizin zugelassen. Infolge
des starken PCP-Missbrauchs wurde auch diese Anwendung untersagt.
Wirkung
PCP hat verschiedene Erscheinungsformen und viele Namen, die preiswerte
Herstellung hat es in den USA zu einer "Slum-Droge" der unteren Schichten
gemacht, es war in den 90-er Jahren in den USA eine der populärsten harten
Drogen. Es wird geraucht, geschnupft, oral eingenommen oder gespritzt.
Hohe Dosen können zu Tobsuchtsanfällen und Gewalttätigkeit gegen sich
selbst und andere führen, das Schmerzempfinden ist vollständig ausgeschaltet. Es kann zu mehrstündigen Halluzinationen kommen. PCP bildet Depots im
Körper, "flash backs" und Nachhalleffekte können bis zu 2 Jahre nach der letzten Einnahme auftreten. Der Langzeitkonsum kann zu Angst- und Depressionszuständen und totalem Realitätsverlust führen, die Folgeschäden sind fatal.
Eine Überdosierung kann zum Tod durch Atemdepression führen.
Risiken
Pedicularis
Atollens/Bracetosa (Bio-Droge)
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Pedicularis ist ein semiparasitäres Kraut, das an den Wurzeln anderer Pflanzen wächst und in zahllosen Varianten vorkommt. Geerntet wird die Pflanze
unter anderem in den USA.
Die relativ milde Wirkung soll beruhigen und entspannen.
PMA
Wirkung
"PMA (Paramethoxyamphetamin oder 4-methoxyamphetamin, 4-MA)
ist ein stark wirksames Halluzinogen. Es spielt in der Drogenszene, vermutlich
aufgrund seiner Toxizität, eine eher untergeordnete Rolle. Bei unter 50 mg hat
es eine ähnliche Wirkung wie MDMA. Bei höherer Dosierung folgt ein plötzlicher starker Anstieg der Körpertemperatur und des Blutdrucks, welches zu
Todesfällen führen kann. Außerdem ist mit einem schnellen Herzschlag, Zuckungen, Krämpfen und Bewußtlosigkeit zu rechnen.
Wirkung
Risiken
Es kann sein, daß diese Pillen auch als Ecstasy verkauft werden.
POPPERS
Poppers sind Aufputschmittel auf Nitritbasis (zumeist Amylnitrit). Diese Stoffe
haben neben ihrer Rauschwirkung auch eine schmerzlindernde, blutdrucksenkende und gefässerweiternde Wirkung und finden deshalb u.a. bei der
Behandlung von Gefässerkrankungen medizinische Anwendung.
Poppers werden als berauschendes Mittel inhaliert. Sie sind aufgrund ihrer
erwarteten sexuell stimulierenden und muskellösenden Wirkung besonders in
der homosexuellen Szene verbreitet. Der häufige und langfristige Gebrauch
von Amyltrinit soll neurologische Störungen bewirken.
Wirkung
Risiken
Schnüffelstoffe
Schnüffeln bezeichnet das bewusste Inhalieren von Dämpfen organischer Lösungsmittel, Aerosolen und ähnlichen flüchtigen Stoffen, um eine berauschende Wirkung zu erzielen. Hauptsächlich werden Klebstoffe, Klebstoffverdünner,
Farb- und Lacklösungsmittel, Fleckenentferner, Feuerzeuggas, Amylnitrit
(Poppers), Trichloräthylen und Benzin als Schnüffelstoffe verwendet.
Geschnüffelt wird in der Regel in den jüngeren Altersgruppen. 1998 haben
rund 8% der Schüler und Schülerinnen im Alter von 15 Jahren schon mindestens einmal Lösungsmittel oder Leim geschnüffelt. Vergleiche mit Erhebungen
aus früheren Jahren zeigen, dass der Gebrauch von Inhalantien bei Schulkindern aber nicht gestiegen ist und zumeist ein Übergangsphänomen bei Heranwachsenden darstellt. Ganz im Gegensatz zu Lateinamerika, wo das langzeitliche Inhalieren von lösungsmittelhaltigen Klebstoffen und Farbverdünnern unter
verelendeten Strassenkindern weitverbreitet ist und oft auch Auftakt zum
Gebrauch von illegalen Drogen und zu kriminellen Handlungen.
Die eingeatmeten Dämpfe werden durch die Lungen absorbiert und erreichen
in kürzester Zeit das Gehirn. Die unmittelbare Wirkung, meist schon einige Sekunden nach dem Inhalieren, ist ein Rausch. Ähnlich wie bei einem Alkoholrausch werden ein Hochgefühl sowie eine Benommenheit mit unterschiedlich
starkem Kontrollverlust erlebt. Die Wirkung dauert von einigen Minuten bis maximal einer halben Stunde, wenn verträgliche Mengen inhaliert werden, und
besteht aus einer Mischung von Euphorie und als angenehm empfundener
Mattigkeit. Durch wiederholtes Inhalieren können solche Rauschzustände über
den ganzen Tag erstreckt werden. In späteren Stadien des Rausches können
Schläfrigkeit und Apathie hinzukommen.
Häufig resultiert nach dem Schnüffeln eine Art Kater mit leichten Kopfschmer-
100
Wirkung
zen und Konzentrationsschwierigkeiten. Während des Rausches können Hörminderung und Kribbelempfindungen an Armen und Beinen auftreten. Bei hohen Konzentrationen können Halluzinationen und Bewusslosigkeit die Folge
sein.
Schnüffeln kann - wenn auch selten - direkt tödliche Folgen haben. Plötzliche
Todesfälle treten meist durch Herzrhythmusstörungen und Ausfall des Atemzentrums im Gehirn auf. In England sind jedes Jahr etwa 100 solcher Todesfälle zu verzeichnen, doch auch in der Schweiz sind Fälle von plötzlichem
"Schnüffeltod" bekannt. Indirekt kann man nicht nur durch fatale Schnüffelpraktiken, sondern auch durch Ersticken am eigenen Erbrochenen sterben. Explosionen von Lösungsmittel- oder Gasbehältern, Verkehrsunfälle und Stürze infolge von Schnüffeln sind wiederholt beschrieben worden.
Risiken
Je nach Art der Substanz können bei chronischem Missbrauch Gehirnschädigungen mit Gehörverlust, Schädigungen der Nervenbahnen, Knochenmarkschädigungen und Muskelspasmen entstehen.
Aceton (Dimethylketon)
Klare, farblose, aromatisch riechende und scharf schmeckende, leicht entzündliche Flüssigkeit, die als Lösungsmittel, als Fleckentferner und zur Herstellung
von Klebemitteln benutzt wird.
Amylnitrit
Amylnitrit wurde in der Medizin als Koronartherapeutikum (zur Behandlung von
Herzerkrankungen; Angina Pectoris) eingesetzt. Es hat eine blutdrucksenkende und gefässerweiternde, gleichzeitig auch eine berauschende Wirkung. Aufgrund dieser berauschenden Wirkung wird Amylnitrit missbräuchlich als
Schnüffelstoff inhaliert, es ist fast immer Basisstoff der sogenannten "Poppers".
Benzin
Benzin wird, wie Kerosin und Gasolin auch, seiner berauschenden Wirkung
wegen inhaliert. Der Rausch dauert etwa 30 Minuten an und bringt Mattigkeit,
Schwindelgefühl und halluzinatives Farbenspiel mit sich. Benzin ist hirn- und
lebertoxisch.
Chloroform (Trichlormethan)
Chloroform ist eine farblose, süsslich schmeckende Flüssigkeit, die u.a. als
Lösungsmittel für Harze Verwendung findet. Da Chloroform erheblich giftiger
als Äther ist, wird es im Gegensatz zu diesem nicht mehr als Narkosemittel
verwendet. Nachdem es 1831 als Inhalationsnarkotikum entdeckt wurde, traten
erste
Fälle
gewohnheitsmässigen
Missbrauchs
auf.
Chloroform ist wie Äther suchtbildend, beim Entzug kann es wie bei diesem zu
halluzinatorischen Psychosen kommen. Als Schnüffelstoff ist Chloroform heutzutage nicht sehr populär.
Distickstoffmonoxyd
Distickstoffmonoxyd (Lachgas) ist ein farb- und reizloses, nahezu untoxisches
Gas mit angenehm süsslichem Geruch, das 1776 von dem englischen Forscher Joseph Priestley synthetisiert wurde. Es gilt als relativ nebenwirkungsfreies Inhalationsanaesthetikum mit vorwiegend analgetischer und nur
schwach narkotischer Wirkung und findet heute bei kleineren chirurgischen
Eingriffen Verwendung. Aufgrund seiner euphorisierenden Wirkung wird Lachgas immer wieder als Schnüffelstoff neu entdeckt.
Beim Inhalieren verteilt sich die Substanz durch das Lungengewebe extrem
101
schnell im Blut, so dass die (kurz anhaltende) Wirkung nach einigen Sekunden
auftritt. Der Benutzer empfindet Heiterkeit und Entspannung, es kommt zu
rauschartigen Bewusstseinsveränderungen.
Lachgas provoziert keine körperliche Abhängigkeit, bei chronischem Missbrauch kann es aber zu Toleranzausbildung und psychischer Abhängigkeit
kommen. Langzeitgebrauch schädigt die längeren Nervenbahnen.
Äther
Äther ist das wohl bekannteste Narkotikum, er war vor seiner erstmaligen medizinischen Verwendung im Jahr 1842 bereits als Rauschmittel bekannt, und
wird auch heute noch gelegentlich zu diesem Zweck missbraucht. Es handelt
sich um eine leicht flüchtige, feuergefährliche Flüssigkeit.
Äther ist suchtbildend und kann im Abhängigkeitsstadium und beim Entzug wie
Chloroform u.a. halluzinatorische Psychosen und epileptische Anfälle hervorrufen. Eine Überdosierung kann durch Atemdepression tödlich enden.
Snus
Snus ist sehr stark nikotinhaltiger Tabak, der unter die Lippe geschoben wird.
Häufig ist er mit kleinen Glasstückchen versetzt, damit das Nikotin schneller ins
Blut gelangt. Snus wird vor allem in Schweden verwendet (Eishockey-Spieler),
in der Schweiz ist es verboten.
Wirkung
Speed
In der Drogenszene bezeichnet Speed alle Amphetamine und Methamphetamine.
Tabak
DieTabakpflanze gehört zur Familie der Nachtschattengewächse und wurde
erstmals entweder in Mexico oder in Peru kultiviert. Sie hat sich im Lauf der
letzten vier Jahrhunderte über den ganzen Erdball verbreitet und wird auch in
allen Teilen der Welt industriell angebaut. Für die Rauchwarenindustrie werden
die Blätter und das Kraut der Pflanze auf unterschiedliche Art und je nach Verwendungszweck getrocknet (Zigaretten, Zigarren, Kautabak).
Der Tabakrauch enthält eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffe. Die wichtigsten
Komponenten des Tabakrauches sind Nikotin (vgl. auch Stichwort "Nikotin"),
Teer und Kohlenmonoxyd. Nikotin ist ein starkes Nervengift, das nach einem
Zigarettenzug innerhalb von Sekunden auf das Gehirn wirkt. Teer setzt sich
aus Tausenden von chemischen Produkten zusammen, von denen eine grosse
Anzahl Krebs erzeugen kann. Kohlenmonoxyd ist ein Gas, das beim Verbrennungsprozess von Tabak entsteht.
Nicht alle RaucherInnen sind vom Tabak abhängig. Aber ein Teil von ihnen
gerät in eine starke Abhängigkeit mit den typischen Zeichen der Sucht wie dem
übermächtigen Verlangen nach Konsum und psychischen und körperlichen
Entzugserscheinungen bei Nichtkonsum. Nur die Tendenz zur Dosissteigerung
ist bei starken RaucherInnen als ansonsten typisches Abhängigkeitsmerkmal
nicht sehr ausgeprägt.
Für das Entstehen der Abhängigkeit sind nicht nur biochemische Prozesse
entscheidend, sondern auch die Raucherrituale. Die einzelnen Handgriffe sind
102
Abhängigkeit
vorprogrammiert. Bestimmte Alltagsereignisse sind Auslöser für den automatischen Griff zur Zigarette.
Durch das Inhalieren des Tabakrauches gelangt das Nikotin schnell in die Lunge und entfaltet dort innerhalb weniger Sekunden seine Wirkung. Aufgrund des
unmittelbaren Wohlempfindens bei der Inhalation ist die Zigarette zum weitverbreitetsten Mittel geworden, um Tabak zu konsumieren. Leider ist diese Art von
Tabakkonsum auch die gefährlichste, da alle in der Zigarette enthaltenen Giftstoffe durch die Lungen geleitet werden.
Wirkung
Jedes Jahr sterben in der Schweiz etwa 10'000 Menschen vorzeitig, weil sie
geraucht haben, das entspricht 25 Personen pro Tag.
Risiken
Rauchen ist die wichtigste vermeidbare Todesursache. Tabakkonsum:
•
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•
•
•
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ist die wichtigste Todesursache für Lungenkrebs
erhöht beträchtlich das Risiko, an Darm-, Mund-, Kehlkopf-, Hals-, Bauchspeicheldrüsen-, Blasen- oder Gebärmutterhalskrebs zu sterben
ist wichtigste Ursache für Emphyseme und chronische Bronchitis
ist Hauptursache für Herzkreislaufkrankheiten
erhöht das Risiko für Hirnschlag
ist bei schwangeren Frauen ein Risiko für medizinische Komplikationen und
die Geburt von untergewichtigen Kindern
Passivrauchen
Unter Passivrauchen versteht man das Einatmen von Umgebungsrauch. Dieser Rauch kann ebenfalls krebsverursachend wirken und auch Herz-KreislaufErkrankungen auslösen. Kinder stark rauchender Eltern leiden gehäuft an Erkrankungen der unteren Luftwege und an Asthma.
Thai-Pille
Synthetisch hergestelltes Amphetaminderivat mit stark aufputschender und
halluzinogener Wirkung.In Thailand unter dem Namen " Yaba - verrückte Medizin " bekannt.
Die Droge hält tagelang wach, erhöht die Gewaltbereitschaft und kann zum
Horrortrip werden : Dauerkonsumenten bekommen Wahnzustände, in denen
sie sich selbst und andere verletzen oder gar töten.
Wirkung
Risiken
Regelmässiger Konsum kann zu Leber- und Lungenschäden sowie Paranoia
führen.
Die Substanz Methamphetamin wurde während des Zweiten Weltkriegs von
Deutschen und Alliierten an Kampffliegern getestet. Das Ziel war, einen Wirkstoff zu finden, der die Piloten möglichst lange wach hielt. Daher wird die Pille
auch " Hitlers Droge " genannt.
Die Droge hat Heroin als das meistverbreitete Rauschmittel im sogenannten "
Goldenen Dreieck " zwischen Burma, Laos und Thailand verdrängt, schätzungsweise wird vier- bis fünfmal soviel Yaba produziert als Heroin.
Nachdem die Zürcher Polizei 1998 und 1999 grössere Mengen von " Yaba " Pillen beschlagnahmt hat, geht man davon aus, dass die Schweiz von den
Drogenkartellen als Testmarkt für die europäischen Märkte benutzt wurde.
THC
Der wichtigste Wirkstoff von Cannabisprodukten heisst Tetrahydrocannabinol,
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THC
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li h fü di
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103
kurz THC genannt. Er ist verantwortlich für die psychoaktive, euphorisierende
Wirkung von Marihuana und Haschisch. Cannabinoide lassen sich chemisch
synthetisieren und finden klinisch-therapeutische Anwendungen.
TMA
(Trimethoxy-amphetamin)
Bei TMA handelt es sich um ein halb- oder vollsynthetisches Halluzinogen mit
einer 3 - 5mal so hohen Wirksamkeit wie das strukturell verwandte Meskalin.
Beim TMA-Rausch kommt es zu visuellen und akustischen Wahrnehmungsveränderungen, die zu einer halluzinogenartigen, verzerrten und überdimensionalen Wahrnehmung der Räumlichkeit führen.
Bei hohen Dosen kann es zu Angstzuständen, Depressionen, Seh- und Hörstörungen, Verwirrtheit und Störungen des Bewegungsablaufs kommen.
Wirkung
Risiken
Tryptamin
Tryptaminderivate finden sich in mehreren psychoaktiven Pilz- und Kaktusgattungen, welche vornehmlich in Mexico beheimatet sind.
Pflanzen und Pilze mit Tryptaminderivaten werden bei verschiedenen archaischen Volksstämmen zu Rauschmitteln verarbeitet. Zu diesen gehören z.B.
Bufotenin und Psilocybin.
Woodrose
Argyreira nervosa (Bio Droge)
Die Hawaiian Baby Woodrose ist ein Windengewächs, das in allen tropischen
Regionen anzutreffen ist. Von hawaiischen Schamanen wird sie seit Urzeiten
kultisch verwendet. Ihre Verwandte Ipomoea (Prunkwinde) wächst auch in Europa und ist ein beliebtes Ziergewächs. Berauschendes Potenzial haben die
etwa 5 Millimeter grossen Samen der Holzrose.
LSD-ähnlich, stark euphorisierend, stimulierend, halluzinogen.
Wirkung
Zauberpilze
Darunter werden die Pilze gezählt, die als Wirkstoff Psilocybin und Psilocin
enthalten.
Der Wirkstoffgehalt unterliegt starken Schwankungen. Er liegt bei getrockneten
Pilzen, abhängig von der Pilzart, bei etwa 0,1 bis 2 Prozent (Trockengewicht).
Die übliche Dosis liegt bei ca. 10-20 mg Psilocybin - entspricht einem Gramm
getrockneter bzw. 5-10 g frischer Pilze. Psilocybinhaltige Pilze werden u.a.
"magic mushrooms", "Psilos" oder "Zauberpilze" genannt.
Kurzfristig können Atembeschwerden, Herzrasen, Veränderung von Puls und
Blutdruck, Erhöhung der Körpertemperatur (Schweissausbrüche), Gleichgewichtsstörungen, verändertes Raum-Zeit-Empfinden auftreten. Im Einzelfall
sind panische Reaktionen, Angst- und Wahnvorstellungen möglich. Durch den
Konsum psychoaktiver Pilze aufgetretene Organschädigungen wurden bisher
nicht nachgewiesen. Bei regelmässigem, häufigem Konsum von Zauberpilzen
besteht das Risiko einer psychischen Abhängigkeit.
Wirkung
Das grösste Risiko beim Konsum von Zauberpilzen liegt eindeutig im psychischen Bereich: Es besteht auch bei einmaligem Konsum die Gefahr, dass (latent/verborgen vorhandene) psychische Störungen ausgelöst werden können.
Risiken
104
Außerdem kann es in Einzelfällen zu länger anhaltenden mentalen Störungen
kommen, d.h. Wahrnehmungsveränderungen/ Halluzinationen halten bis zu 3
Wochen nach dem Konsum an. Mischkonsum mit anderen Substanzen, wie
XTC / Speed, sind mit unkalkulierbaren Risiken verbunden.
Zauber-Salbei
Salvia Divinorum o.a. Wahrsagesalbei
Hierba de la Pastora. Salvia divinorum ist der botanische Name einer immergrünen, staudenförmigen Pflanze, die bis über 1 Meter hoch wachsen kann.
Die Pflanze enthält als psychoaktiven Inhaltsstoff Salvinorin A (B+C), ein Diterpen (kein Alkaloid), in allen Pflanzenteilen (Blätter=höchste Konzentration).
Salvinorin A ist das zur Zeit potenteste natürlich vorkommende Halluzinogen.
Auftreten können: extreme Persönlichkeitsveränderungen, Kontakt zu anderen
Wesen, Zeitreisen, totale Körperverformung, veränderte Geometrie, Trennung
des Bewusstseins vom Körper, Erfahrung paralleler Realitäten, Denkstop, evtl.
"Optiken", "ziehende Kräfte" am Körper, Lachanfälle und vor allem ein "heraustreten" aus der bekannten Realität. So als kann man hinter die "Kulissen der
Realität" sehen. Alle diese Wirkungen werden als klar und vor allem real erfahren.
Wirkung
Wie bei jedem Halluzinogen können evtl. psychische Probleme bei bestimmten
Personen mit (latent, verborgen vorhandenen - meist nicht bewussten) Psychosen auftreten. Bei unerwartet starker Wirkung kann leicht Angst, Panik und
vor allem Desorientierung auftreten. Mitunter bewegen sich Konsumenten, ohne dabei auf die Umgebung zu achten. So kann es zu Unfällen kommen. Es
besteht also eine reale Gefahr sich unabsichtlich körperlich zu verletzen.
Risiken
Salvia hat extreme psychische Wirkungen. Der Konsument wechselt mitunter
die Persönlichkeit, vergisst, dass er Drogen genommen hat und erfährt eine
komplett andere Realität, nach der er dann manchmal handelt.
2-CB
2,5-dimethoxy-4-bromophenylethylamin
2-CB ist auch unter den Namen Nexus und Erox bekannt, wird oft als Ecstasy
verkauft. Pillenform üblich.
Die Wirkung ist sehr stark dosisabhängig! Geringe Mengen wirken leicht stimulierend, während grössere Mengen schon starke Halluzinationen auslösen
können. Die Wirkung dauert 3-6 Stunden an und kann aphrodisierend, halluzinogen und harmonisierend sein. Die Substanz kann bei jeder Person bei jeder
Einnahme unterschiedliche Wirkungen und Nebenwirkungen haben.
Wirkung
Risiken
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