Geschäftsbericht 2008–2012 - 16. Ordentlicher Gewerkschaftstag
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Geschäftsbericht 2008–2012 - 16. Ordentlicher Gewerkschaftstag
Geschäftsbericht 2008–2012 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Haubachstraße 76 · 22765 Hamburg · Telefon: 040 38013-0 · Telefax: 040 3892637 · Internet: www.ngg.net Geschäftsbericht 2008–2012 Die Gewerkschaft NGG vertritt die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Produktions- und Dienstleistungsbetrieben der Nahrungs- und Genussmittelbranchen sowie im Hotel-, Gaststätten- und Cateringgewerbe. Unter Wahrung ihrer Unabhängigkeit gegenüber den Unternehmen, Regierungen, Verwaltungen, politischen Parteien und Konfessionen ist es insbesondere ihre Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, beruflichen und kulturellen Interessen der Mitglieder zu fördern. Impressum Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Postanschrift: Postfach 501180 · 22711 Hamburg Hausanschrift: Haubachstraße 76 · 22765 Hamburg Telefon: 040 380 13-0 · Telefax: 040 389 26 37 E-Mail: hauptverwaltung@ngg.net · Internet: www.ngg.net Redaktion Jonas Bohl, Klaus Schroeter, Silvia Tewes, Karin Vladimirov Gestaltungskonzeption, Satz und Reinzeichnung IN.MEDIUM GmbH · Werbeagentur Goebenstraße 10 · 24534 Neumünster E-Mail: info@inmedium.net · Internet: www.inmedium.net Druck Druckzentrum Neumünster GmbH Rungestraße 4 · 24537 Neumünster Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Geschäftsbericht 2008–2012 Geschäftsbericht 2008–2012 16. Ordentlicher Gewerkschaftstag vom 11. bis 14. November 2013 Geschäftsbericht 2008–2012 3 Inhaltsverzeichnis Einleitung Nachruf Zum Gedächtnis 6 8 9 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG 11 1. 2. 2.1 3. 3.1 3.2 3.3 4. 4.1 5. 12 13 15 16 18 19 20 21 21 25 Der Gewerkschaftstag Der Beirat Die Beiratssitzung 2011 Der Hauptvorstand Die ehrenamtlichen Hauptvorstandsmitglieder Die Landesbezirksvorsitzenden Der Geschäftsführende Hauptvorstand Der Hauptausschuss Bericht des Hauptausschusses Revisionskommission Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 29 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 11.1 31 48 49 51 53 55 63 64 66 70 73 75 Chronik – Die Wahlperiode in Stichworten Lebensmittelproduktion – Produkte für das Leben Lebensmittelpolitik – ein Thema der Gewerkschaft NGG! Lebensmittelwirtschaft – Finanzmarktkrise und Rohstoffspekulation Europäischer Fiskalpakt und die Auswirkungen auf die NGG-Branchen Internationale Arbeit Gerechtigkeit in weiter Ferne Kampf den ungeschützten Arbeitsverhältnissen Sozialpolitik Berufliche Bildung Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Der DGB-Bundeskongress 2010 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 2. 2.1 2.2 2.3 4 79 Tarifpolitik Tarifpolitische Rahmenbedingungen Tarifpolitischer Handlungsrahmen Struktur unserer Tarifverträge Arbeitskämpfe Tarifliche Altersvorsorge Arbeitszeitpolitik Mindestlohn: Die Gewerkschaften bestimmen die öffentliche Diskussion Leiharbeit Solidarische Entgeltpolitik – „eg-check.de“ nutzen Arbeitgeberverbände Die Branchen der NGG Getränke Brauwirtschaft Alkoholfreie Getränke 81 83 86 90 91 94 96 98 102 106 108 110 111 114 118 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9. 2.10 2.11 2.12 2.13 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 4. 4.1 4.2 Getreide Nährmittel/Stärke Fleisch Fisch Milch und Fett Zucker Süßwaren und Dauerbackwaren Obst und Gemüse Tabak Hotels, Restaurants, Cafés, Gaststätten, Catering Handlungsfeld Betriebspolitik Personalbedarfsrechner Betriebsratswahlen 2010 Unternehmensmitbestimmung Demografie-Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben.“ Sozialpartner-Initiative „Lebenslanges Lernen“ (SPILL) Werkverträge Industriepolitik Recht Arbeitsrecht Arbeits- und Sozialrechtsschutz 120 126 128 132 134 136 138 142 145 148 160 162 163 164 166 168 170 173 175 175 176 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 181 1. 2. 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 4. 4.1 4.2 4.3 4.4 5. 5.1 183 187 188 188 192 195 196 197 198 198 204 215 219 220 227 Personal/Personalbericht Das Hauptstadtbüro Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Publikationen Werbung Veranstaltungen IT und IT-Service bei der NGG Mitgliedergruppen Politische Arbeit der jungenNGG Frauenpolitik Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Seniorenarbeit Finanzen und Rechnungswesen Revisionen durch die Hauptverwaltung Anhang 229 Landesbezirke und Regionen Die Hauptverwaltung Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien 230 236 239 Geschäftsbericht 2008–2012 5 Einleitung Geschäftsbericht 2008-2012 Die Jahre dieses Geschäftsberichtes sind gekennzeichnet durch die Bankenkrise, ihre direkten Folgen und die Auswirkungen für unsere Kolleginnen und Kollegen. Was während der ersten Monate im Jahr 2007 als amerikanische Immobilienkrise begann, das wurde spätestens mit der Pleite der Bank „Lehman Brothers“ am 15. September 2008 zu einer weltumspannenden Krise des gesamten Bankensystems. Die Rettungsmaßnahmen für die Banken, die in Deutschland besonders der HypoVereinsbank und der Commerzbank zugutekamen, sind durch Steuergelder finanziert worden. Letztlich haben die Bürgerinnen und Bürger die Kosten für das unsoziale und unseriöse Geschäftsmodell der Investmentbanker in der Krise finanziert. Im Gegensatz zu den ständigen Bekundungen der wirtschaftlichen Eigenständigkeit haben in der Krise nur die Zahlungen des von den Neoliberalen verpönten Staates die Refinanzierung der Banken sicherstellen können. Diese Krise hat sich nicht nur auf die Banken ausgewirkt. Die Einbrüche in die Realwirtschaft haben auch die Ernährungswirtschaft und damit unsere Mitglieder getroffen, in noch stärkerem Maße aber unsere Mitglieder im Hotel- und Gaststättengewerbe, da hier die Umsatzrückgänge am deutlichsten waren. Weiter sind NGG-Mitglieder den Folgen des globalen Unterbietungswettbewerbs in den Unternehmen ausgesetzt. Während in den Vorjahren die Ernährungswirtschaft von Investoren oftmals als „lahme Ente“ gesehen wurde, so wurde durch die Verluste in der Finanzwirtschaft in den letzten Jahren die Ernährungswirtschaft zur gefragten Branche mit sicheren Profiten. So sehen wir als Folge der beschriebenen Entwicklungen das Ziel, die deutschen Sozialstandards hinter sich zu lassen und durch prekäre Beschäftigung, Leiharbeit und Werkvertragsvergabe die Unternehmensrisiken auf unserer Kolleginnen und Kollegen zu verlagern. Unsere NGG hat in diesem Prozess die Interessen der Mitglieder an vielen Stellen kreativ vertreten und durch unsere Tarifverträge Sicherheit geboten. Die Mitgliederentwicklung der vergangenen fünf Jahre zeigt, dass wir trotz Krise mehr Beschäftigte von unserer Arbeit überzeugen konnten. Bei den erwerbstätigen Mitgliedern, also bei denen, die im Betrieb tätig sind, haben wir im gesamten Berichtszeitraum eine positive Mitgliederentwicklung vorzuweisen, die uns besonders stolz macht. Wir wollen hier Rechenschaft über unsere Tätigkeit ablegen, wir wollen auf den kommenden Seiten über verschiedene Einzelthemen berichten und die Breite der NGG-Arbeit darstellen. Wir möchten jedoch betonen, dass unsere Erfolge nur möglich waren durch das Engagement von unseren Mitgliedern, von den Betriebsräten in den NGG-Branchen, von unseren ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen in den Regionsvorständen, von den Mitgliedern unserer Landesbezirksvorstände und von allen anderen, die unsere NGG gestärkt haben. 6 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Wir möchten uns besonders bedanken für die Zusammenarbeit mit unserem NGG-Hauptvorstand, der in den fünf Jahren seit 2008 immer ein kritischer und engagierter Begleiter unserer Arbeit und unserer Vorschläge war. Die konstruktiven Anmerkungen und Beschlüsse, die vom gemeinsamen Interesse an der Fortentwicklung unserer NGG geprägt waren, haben ihren Teil dazu beigetragen, die Voraussetzungen für eine positive Entwicklung unserer Gewerkschaft zu schaffen. Wir sind sicher, dass es uns auch in der Zukunft gelingen wird, die Gewerkschaft NGG als Interessenvertretung der Arbeitenden in der Ernährungswirtschaft und im Gastgewerbe zu profilieren und damit die Zukunft unserer Organisation zu sichern. Franz-Josef Möllenberg Geschäftsbericht 2008–2012 Claus-Harald Güster Michaela Rosenberger 7 Nachruf Am 12. Mai 2008 starb Karl Himmelsbach im Alter von 80 Jahren. Von 1963 bis 1991 engagierte er sich als Betriebsratsvorsitzender des MaggiWerkes in Singen und fast zwei Jahrzehnte als Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Maggi GmbH und später der Nestlé-Maggi GmbH. Außerdem war er Mitglied des Aufsichtsrates. Karl Himmelsbach hatte viele gewerkschaftliche Ehrenämter in unserer NGG inne: So war er stellvertretender Vorsitzender der damaligen Verwaltungsstelle Singen, Mitglied des Beirats und später des Hauptvorstands. 1982 wurde er in den Förderer-Beirat der Hans-Böckler-Stiftung delegiert, und von 1986 bis 1990 war er Vorsitzender des NGG-Hauptausschusses. Für seine gewerkschaftliche und politische Arbeit wurde Karl Himmelsbach 1983 mit der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Am 29. Januar 2009 verstarb der ehemalige, langjährige 1. Vorsitzende der NGG, Herbert Stadelmaier, im Alter von 92 Jahren. Der gebürtige Hamburger wurde am 1. Januar 1946 zum Kassierer und Jugendleiter der NGG Hamburg und 1947 auf dem Gründungsverbandstag der NGG für die britische Zone zum Hauptkassierer im Geschäftsführenden Hauptvorstand der NGG gewählt; ebenso 1949 auf dem Vereinigungskongress. 1962 wählte ihn der NGG-Gewerkschaftstag zum 2. Vorsitzenden, vier Jahre später stellte ihn der Bremer Kongress an die NGG-Spitze, wo er zwölf Jahre lang die Geschicke der NGG lenkte. In der drei Jahrzehnte währenden Ära Stadelmaier war NGG wiederholt Vorreiter in der Tarifpolitik. Auch international, als IUL-Vizepräsident und Präsident des damaligen Europäischen Gewerkschaftsausschusses Nahrung-Genuss-Gaststätten, war Herbert Stadelmaier hoch angesehen. 8 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Zum Gedächtnis Egon Balkow Ulrich Baumann Siegfried Benthien Manfred Berghofer Helmut Boesebeck Alfons Boslé Friedrich Dahm Heinz Danninger Konrad Dehnert Raymond Dembeck Bernhard Dewenter Anneliese Dicomy Josef Dietl Sylvester Dietmayer Gertrude Döring Thomas Dorsch Maria Dreckschmidt Klaus Egner Ilse Eichmann Dieter Falch Heinz Floigl Peter Fuchs Alfred Gehring Oskar Gensberger Bartholomäus Gerum Sepp Gessler Herbert Gluma Ingrid Graaf Andreas Gropper Karla Groth Rainer Gruner Bernd Gutzmann Hans-Günter Hafke Else Hartmann Kurt Heckhäuser Ilse-Marie Hell Volkmar Hempel Frank Himbert Gisela Hinzke Manfred Hüttner Jutta Jänichen Helmut Joswig Ernst Kleinmann Rudolf Knickenberg Marlies Koczy Christine Köferl Manfred Kolada Heinz Krienke Willy Kruska Friedrich Kummer Wolfgang Kutzek Inge Laackmann Georg Lambrich Wilhelmine Lang Erich Leimkühler Josef Lenhard Maria Liersch Wilfried Link Karla Lohse Ilse March Oswald Merz Gottlieb Nelhübel Peter Oldhaver Eckhard Ortmann Anneliese Raab Fritz Rathfelder Elfriede Richter Manfred Rodzinka Bernhard Rohr Christian Römich Hans Ruderisch Dietrich von Salzen Andreas Schlenz Gerda Schlicht Hans Schmidt Eberhard Schuetze Henning Schulz Else Schütz Lieselotte Seitz Werner Stehr Friedhelm Tappe Emilie Vöhringer Sebastian Vorleitner Dr. Wilfried Weihrauch Rolf Wichmann Brunhilde Wiedemannott Hans Wirth Horst Witte Marlies Wittmann Kurt Wolf Marga Wollschläger Manfred Zeis Ihre Namen stehen stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen, die in der Berichtszeit verstorben sind. Ihnen allen bleiben wir in Dankbarkeit verpflichtet. Geschäftsbericht 2003–2007 9 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG 10 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Geschäftsbericht 2008–2012 11 Die Organe und Gliederungen der NGG In diesem Abschnitt geben wir einen kurzen Überblick über die Bundesgremien der Gewerkschaft NGG, die in der Satzung verankert sind. Dazu gehören: • • • • • der Gewerkschaftstag im Oktober 2008 der NGG-Beirat der NGG-Hauptvorstand der Hauptausschuss die Revisionskommission 1. Der Gewerkschaftstag Gewerkschaftstag 2008 Nach der NGG-Satzung ist das höchste Organ der Gewerkschaft NGG der Gewerkschaftstag. Der Hauptvorstand ist verpflichtet, in jedem fünften Jahr einen ordentlichen Gewerkschaftstag einzuberufen. Auf Beschluss des Hauptvorstandes fand der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag vom 20. bis 24. Oktober 2008 in Berlin statt. Am Gewerkschaftstag haben 171 stimmberechtigte Delegierte teilgenommen. Davon sind 139 in den NGG-Regionen auf Delegiertenversammlungen gewählt worden und haben damit das Vertrauen ihrer Kolleginnen und Kollegen bekommen. Weiter waren unter den Delegierten die 30 Mitglieder des Hauptvorstandes. Die Wahlordnung zur Minderheitsgeschlechtsquote schreibt vor, dass Frauen als Minderheitsgeschlecht entsprechend ihrem Mitgliederanteil auch bei den Delegiertenmandaten zum Gewerkschaftstag zu berücksichtigen sind. Mit 71 Kolleginnen ist es gelungen, dieser Satzungsvorgabe zu entsprechen und damit leicht über dem Frauenanteil an der Mitgliedschaft zu liegen. Wahlen auf dem Gewerkschaftstag Nach der NGG-Satzung werden die ehrenamtlichen Mitglieder des Hauptvorstandes auf den Landesbezirkskonferenzen gewählt und auf dem Gewerkschaftstag bestätigt. Die von der Bundesjugendkonferenz und der Bundesfrauenkonferenz vorgeschlagenen Vertreter der Personengruppen im Hauptvorstand wurden auf dem Gewerkschaftstag gewählt. Als Vorsitzender wurde Franz-Josef Möllenberg mit 152 Stimmen (88,9 Prozent), als stellvertretender Vorsitzender wurde Claus-Harald Güster mit 125 Stimmen (73,1 Prozent) und Michaela 12 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Rosenberger als stellvertretende Vorsitzende mit 159 Stimmen (93,0 Prozent) gewählt. Der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden bilden gemeinsam den Geschäftsführenden Hauptvorstand. Anträge Insgesamt lagen dem Gewerkschaftstag 174 Anträge vor. Diese hohe Zahl ist ein Zeichen für den umfangreichen Gestaltungsbedarf, den die Antragsteller für politische Veränderungen, aber auch für die Gestaltung der zukünftigen Arbeit von NGG sahen. Antragsberechtigt sind die Regionsvorstände, die Landesbezirkskonferenzen, die Landesbezirksvorstände, die Bundeskonferenzen der Personengruppen, die Bundesausschüsse der Personengruppen und der Hauptvorstand. Die 174 Anträge und ein Initiativantrag wurden vom Gewerkschaftstag beraten. Von den Anträgen beschäftigten sich elf Anträge mit den Inhalten der Satzung. Die Themenschwerpunkte der übrigen Anträge setzten sich mit allen Feldern der NGG-Arbeit auseinander, es ging um Organisationsentwicklung, um Branchen- und Betriebspolitik, um Fragen der Tarifpolitik, um Alterssicherung und Altersvorsorge, um Ausbildung und Übernahme, um prekäre Arbeitsverhältnisse und die Eingrenzung von Werkverträgen und Leiharbeit, Mindestlohn, um unterschiedliche Themen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik, um Aus- und Weiterbildung, Friedenssicherung, Globalisierung, Klimawandel, die Fortentwicklung des Betriebsverfassungsgesetzes und um Lebensmittelpolitik. Die Bearbeitung der Anträge erfolgte nach dem Gewerkschaftstag durch ein im Hauptvorstand abgestimmtes Verfahren der Schwerpunktbildung zur vertieften Bearbeitung für von ihm besonders wichtig erachtete Anträge. In diesem Geschäftsbericht ist nachvollziehbar, wie die angenommenen Anträge bearbeitet worden sind. 2. Der Beirat Der NGG-Beirat ist nach § 28 der NGG-Satzung das oberste Beschlussorgan zwischen den Gewerkschaftstagen. Seine 46 Mitglieder, die in den Betrieben des NGG-Organisationsbereiches als ehrenamtliche Funktionäre tätig sein müssen, werden (wie die ehrenamtlichen Hauptvorstandsmitglieder) auf den Landesbezirkskonferenzen gewählt und vom Gewerkschaftstag bestätigt. Weiter gehören dem Beirat die Mitglieder des Hauptvorstandes sowie ein Mitglied des Hauptausschusses an. Geschäftsbericht 2008–2012 13 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Vom Gewerkschaftstag wurden die folgenden Beiratsmitglieder bestätigt: 14 Nord Ines-Daniela Balthasar Jens Bujok Dr. Rahel Buszys Manfred Egbers Jens Feddersen Cordela Finnern Richard Meißner (bis Juni 2012 Ute Werthmann (ehem. Röker) Gerd Werthwein (seit Juli 2012) Josef Veit Eberhard Wachlin Brigitte Warmbier Wolfgang Wiesener Nordrhein-Westfalen Jutta Bunse Ruth Grossmann (ehem. Heimann) Franz Hillen Albert Jansen Günther Janssen (bis Juni 2011) Michael Karweger Helmut Krüll Wilfried Pälmer Eva Rehbock Berti Schankweiler (seit Juli 2011) Renate Watteler Bayern Angelika Bartsch Reinhard Haas Uwe Körner (seit Juli 2010) Peter Langer Korbinian Roider Gunda Schäffer (bis Juni 2010) Steve Simpson Ernst Valentin Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Anne Heilmann Klaus Schmitt Elvira Scholz Rolf-Peter Seiler Werner Thom Baden-Württemberg Martina Heiß Sven Hildebrandt (bis September 2010) Klaus Kohler Gabriele Ohr (seit Oktober 2010) Sonja Wegener Hans Wohlgemuth Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Ost Anke Bendixen Martina Frank Norbert Herper Bärbel Meissner Petra Selchow Olaf Weber Roland Werner Der Zusammenschluss der Landesbezirke Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar und Baden-Württemberg wurde zum 1. Januar 2011 auf Antrag der beiden Landesbezirksvorstände und nach Beschluss des Hauptvorstandes wirksam, beim Gewerkschaftstag 2008 wurden Beiratsmitglieder demgemäß getrennt gewählt, die ihr Mandat für die Legislaturperiode behalten haben. 2.1 Die Beiratssitzung 2011 Nach einem Beschluss des Hauptvorstandes wurde am 16./17. Juni 2011 eine Sitzung des NGG-Beirates durchgeführt. Die Themen der Beiratssitzung waren: • Berichterstattung der Mitglieder des Geschäftsführenden Hauptvorstandes zur Arbeit in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren • Nachwahl der/des Hauptausschussvorsitzenden nach § 28.3 der NGG-Bundessatzung • Arbeitnehmerfreizügigkeit und gesetzliche Regelungen zur Sicherung der Qualität von Arbeitsplätzen, Referat und Diskussion mit Guntram Schneider, Landesarbeitsminister NRW • Lebensmittel in der Zukunft – gesellschaftliche Entwicklungen und globale Herausforderungen, Podiumsdiskussion mit Gerhard Berssenbrügge (Nestlé Deutschland AG) Prof. Dr. Matthias Horst (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde e.V.) Kerstin Lanje (Misereor Deutschland) Guntram Schneider (Minister für Arbeit, Integration und Soziales in Nordrhein-Westfalen) Franz-Josef Möllenberg (NGG-Vorsitzender) In den Grundsatzreferaten der Mitglieder des Geschäftsführenden Hauptvorstandes wurde über die aktuellen Herausforderungen, denen sich NGG stellen muss, diskutiert. Weiter wurde eine erste Zwischenbilanz der schwarz-gelben Koalitionsregierung und ihrer Folgen für die Beschäftigten in den NGG-Branchen gezogen. Von besonderer Bedeutung war dabei der Umgang mit Leiharbeit und Werkverträgen. Dieses wichtige Thema wird von der Bundesregierung sträflich vernachlässigt. Auf dem Altar der Binnenmarktfreiheit und der Arbeitnehmerfreizügigkeit werden die letzten Schranken nieder gerissen. Gleichzeitig wird jede Festlegung eines gesetzlichen Mindestlohns, die unabdingbar zur Arbeitnehmerfreizügigkeit gehört, aus ideologischen Gründen verweigert. Martin Schröer, bisher Hauptvorstandsmitglied, wurde zum Vorsitzenden des Hauptausschusses gewählt, der Beirat dankte den bisherigen Hauptausschussmitgliedern für ihre gute Arbeit. Geschäftsbericht 2008–2012 15 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Der Beirat beschäftigte sich wegen eines Briefes des Vorstandes der Region Dortmund mit Fragen des Personaleinsatzes bei NGG. Ein weiterer Brief des Konzernbetriebsrates Vion hatte die tarifliche Arbeitszeitgestaltung zum Thema, auch darüber wurde im Beirat diskutiert. In der Podiumsdiskussion hat der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider verdeutlicht, dass es in NRW verschiedene Initiativen zur Sicherung von auskömmlichen Arbeits- und Lebensbedingungen gibt, dazu gehört beispielsweise das Tariftreuegesetz auf Landesebene, dazu gehören aber auch Initiativen, mit denen Nordrhein-Westfalen auf Bundesebene bestimmte Themen wie den Mindestlohn oder Minijobs ins Bewusstsein gerufen hat. Mit den übrigen Podiumsteilnehmern wurde dann eine intensive Diskussion zur Zukunft der Lebensmittelproduktion in Deutschland geführt. Dabei spielten die Zusammenhänge zwischen den Herausforderungen der globalen Unterernährung und den Ursachen, wie spekulative Rohstoffgeschäfte, eine besondere Rolle. Da in den letzten Jahren die Exportquote in der Lebensmittelwirtschaft deutlich stärker gewachsen ist als in den Jahrzehnten zuvor, spielt diese Entwicklung eine immer größer werdende Rolle und wurde unter dem Gesichtspunkt von Arbeitsplatzsicherheit und globalen Herausforderungen thematisiert. Die Beiratssitzung kann der Auftakt für den Beginn einer intensiveren Diskussion bei NGG sein. Verschiedene Anträge des NGG-Gewerkschaftstages 2008 haben sich mit diesem Thema, z. B. unter dem Aspekt Klimawandel, beschäftigt. Aber auch das Thema Rohstoffspekulation und Energiegewinnung durch nachwachsende Rohstoffe hat in den Anträgen zum Gewerkschaftstag eine Rolle gespielt, in der Diskussion in der Beiratssitzung hat es hierzu eine vertiefte Diskussion unter Berücksichtigung der Betroffenheit einzelner Branchen gegeben. 3. Der Hauptvorstand Die Gewerkschaft NGG wird vom dreißigköpfigen Hauptvorstand geleitet. Seine Mitglieder werden vom Gewerkschaftstag, dem höchsten Beschlussorgan der Gewerkschaft NGG, gewählt bzw. bestätigt. Die Amtszeit des Hauptvorstandes beträgt fünf Jahre. Der Hauptvorstand setzt sich zusammen aus: • • • • 20 ehrenamtlichen Funktionärinnen und Funktionären aus den Betrieben je einem Mitglied aus dem Bereich jungeNGG und Frauen den Landesbezirksvorsitzenden und dem Geschäftsführenden Hauptvorstand Zu den Aufgaben des Hauptvorstandes gehört es, die Einhaltung der Satzung zu überwachen, ebenso sind Richtlinien für die Arbeit der Gewerkschaft NGG auf allen Ebenen und zu verschiedenen Themen zu erlassen sowie die Beschlussfassung zu Grundsätzen der Tarifpolitik sicherzustellen. Weiter soll der Hauptvorstand im Bedarfsfall Nachwahlen bzw. Bestätigungen für ausgeschiedene Gremienmitglieder durchführen. Regelmäßig gehört auch die Einberufung des Gewerkschaftstages und die Berichterstattung über die eigene Arbeit zu seinen Aufgaben. 16 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Ausgewählte Themen aus der Arbeit des Hauptvorstandes Der neugewählte Hauptvorstand im November 2008 2008 In der Frühjahrssitzung hatte der Hauptvorstand mit Umweltminister Gabriel zu den Themen nachwachsende Rohstoffe, Energieeinsparung sowie Verpackungsverordnung diskutiert. Weiter waren die Vorbereitung des Gewerkschaftstages sowie Anträge an den Gewerkschaftstag Themen für die Sitzung. Im Fokus standen besonders die Auswirkungen der Finanzmarktkrise und die wachsende Gerechtigkeitslücke. Der Hauptvorstand forderte eine neue Wertedebatte sowie aktive staatliche Maßnahmen zur Stärkung der Binnennachfrage. Um in ganz Europa eine Veränderung der Politik zu bewirken, forderte er unter anderem zur Teilnahme an der EGB-Demonstration „Für ein soziales Europa“ am 16. Dezember 2008 in Straßburg auf. 2009 Der Hauptvorstand fordert alle Gewerkschafter auf, in der Krise der neoliberalen Politik politische Alternativen zu verdeutlichen. Die Gewerkschaften haben bei den 1.-Mai-Kundgebungen, dem DGB-Kapitalismuskongress und der Demo am 16. Mai für ein soziales Europa Akzente gesetzt. Insbesondere NGG ist es gelungen, viele Mitglieder zu mobilisieren und beispielsweise die Forderung nach einem Mindestlohn als Wahlkampfthema zu platzieren. Das Thema soziale Gerechtigkeit war bei der Bundestagswahl allerdings nicht wahlentscheidend. Der Hauptvorstand sieht insbesondere bei der SPD ein Glaubwürdigkeitsproblem. Der Diskussion stellte sich der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz auf der Hauptvorstandssitzung im November in Berlin. Die Möglichkeiten der Re-Stabilisierung des Tarifsystems bildeten einen weiteren Schwerpunkt in der Arbeit des Hauptvorstandes; dazu diskutierte der NGG-Hauptvorstand mit Dr. Reinhard Bispinck, dem Leiter des Tarifarchivs im WSI der Hans-Böckler-Stiftung. 2010 Die neoliberale Stimmungsmache gegen den Sozialstaat, das Kürzungspaket der Bundesregierung, Pläne zur Einführung einer „Kopfpauschale“, die Anti-Atomkraft-Bewegung und die integrationsfeindlichen Thesen von Thilo Sarrazin bestimmen die Agenda. In seiner Resolution „Jetzt reicht´s! Sozialabbau – ohne uns“ schlägt der NGG-Hauptvorstand Gegenmaßnahmen als Alternative zur sozialen Ungerechtigkeit vor. Zum Thema „Gesundheitspolitik und ihre Folgen für ArbeitnehmerInnen“ lud der Hauptvorstand Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger (Uni Bielefeld) ein. Die Integrationsleistung der Betriebe im Gegensatz zur Sarrazin-Debatte erörterte der Hauptvorstand mit dem Migrationsforscher Prof. Dr. Dietrich Thränhardt. Geschäftsbericht 2008–2012 17 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG 2011 Im Mittelpunkt stehen die politischen und gesellschaftlichen Folgen der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit, Werkverträge als stärker werdendes Prekarisierungsinstrument der Arbeitgeber und der Kompromiss beim Mindestlohn in der Leiharbeit. Weiter beschäftigt der Hauptvorstand sich mit den Auswirkungen des wirtschaftlichen Strukturwandels in den NGG-Branchen auf die Erwerbsarbeit. Dazu berichteten Dr. Jörg Abel und Dr. Peter Ittermann von der Technischen Universität Dortmund über ihre Untersuchungen zur Einfacharbeit in der Ernährungsindustrie. Wolfgang Wolter informierte über die Arbeit des Bildungszentrums Oberjosbach und die konkreten Perspektiven für die Betriebsratsarbeit, die sich aus den Betriebsräteschulungen im BZO für viele Kolleginnen und Kollegen ergeben. 2012 Der Hauptvorstand befasste sich im Rahmen der aktuellen politischen Diskussion insbesondere mit der Eurokrise und der Entwicklung der Staatsausgaben unter dem Spardiktat des Fiskalpakts. Vor dem Hintergrund der umfassenden Information durch Florian Moritz, Referatsleiter beim DGB-Bundesvorstand, wurden im Hauptvorstand die Folgen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diskutiert. Aufgrund aktueller Entwicklungen verfasste der Hauptvorstand eine Resolution gegen den vorliegenden Entwurf der Durchsetzungsrichtlinie der EUKommission zur Entsenderichtlinie. Damit sollen die übernationalen Entsendungen von zahlreichen Kontrollen ausgenommen werden, schon die jetzige Situation ist – wie die Schlachtbranche zeigt – unsozial und lädt die Arbeitgeber zu Missbrauch ein. Weiter wurden erste Entscheidungen für den Gewerkschaftstag 2013 gefasst, die zur Vorbereitung des Gewerkschaftstages nötig sind. 3.1 Die ehrenamtlichen Hauptvorstandsmitglieder 18 Nord Werner Brünig, Laatzen (bis November 2011) Cornelia Felten, Hamburg Manuela Haase, Bockhorn (seit März 2011) Andreas Kirsch, Hannover (seit Juni 2012) Gertrud Lohmann, Lohne (bis Dezember 2010) Norbert Marahrens, Lübeck Rainer Münz, Bremen Nordrhein-Westfalen Suzann Dräther, Bottrop (seit März 2011) Bernd Dreute, Kreuztal (bis Juni 2010) Elisabeth Hintze, Espelkamp (bis November 2010) Annegret Kleine, Bergkamen Rolf Muckel, Würselen (seit September 2011) Martin Schröer, Bonn (bis Juni 2011) Hermann Soggeberg, Heiden (seit September 2010) Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Bayern Susanne Ferschl, Kaufbeuren Claudia Huber, Cardolzburg Hans-Georg Prehmus, Kulmbach Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Michaela Vermeij, Kirchhain Werner Jung, Hillesheim Polichronis Raptis, Taunusstein Baden-Württemberg Johan Botella, Berlin Beatrix Sonnenschein, Singen Ost Jürgen Heidtmann, Berlin Heike Pohl, Magdeburg Uwe Timm, Berlin Vertreterin Personengruppe Frauen Hiltrud Meßmer, Breisach Vertreterin Personengruppe Jugend Julia Greuter, Singen (seit Juni 2010) Isabell Samsonowski, Berlin (bis März 2010) Der Zusammenschluss der Landesbezirke Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar und Baden-Württemberg wurde zum 1. Januar 2011 auf Antrag der beiden Landesvorstände und nach Beschluss des Hauptvorstandes wirksam, beim Gewerkschaftstag 2008 wurden Hauptvorstandsmitglieder demgemäß getrennt gewählt, die ihr Mandat für die Legislaturperiode behalten haben. 3.2 Die Landesbezirksvorsitzenden Nord Herbert Grimberg, Hamburg Nordrhein-Westfalen Thomas Gauger, Düsseldorf Bayern Hans Hartl, München Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar und Baden-Württemberg Uwe Hildebrandt, Stuttgart Ost Petra Schwalbe, Berlin In seiner Sitzung am 30. November/1. Dezember 2010 hat der Hauptvorstand die Fusion der Landesbezirke Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar und Baden-Württemberg zu einem Landesbezirk Südwest mit Wirkung ab 1. Januar 2011 beschlossen. Der Kollege Uwe Hildebrandt, der bereits seit dem letzten Gewerkschaftstag Landesbezirksvorsitzender beider Landesbezirke war, wurde von beiden Landesbezirksvorständen für den gemeinsamen Landesbezirk Südwest als Vorsitzender in seinem Amt bestätigt. Geschäftsbericht 2008–2012 19 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG 3.3 Der Geschäftsführende Hauptvorstand Der Geschäftsführende Hauptvorstand (GHV) führt die Geschäfte der Gewerkschaft NGG. Der GHV besteht aus drei Mitgliedern und vertritt NGG nach innen und außen. Er ist ausführendes Organ des Hauptvorstandes. Franz-Josef Möllenberg ist seit 1975 bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) beschäftigt. Der ausgebildete Bankkaufmann begann seine hauptamtliche Gewerkschaftslaufbahn 1975 als Sekretär und ab 1978 als Geschäftsführer in der Verwaltungsstelle Hagen/Westfalen. Im September 1990 wurde er zum Hauptkassierer in den Geschäftsführenden Hauptvorstand gewählt. Seit dem außerordentlichen Gewerkschaftstag 1992 in Düsseldorf ist Franz-Josef Möllenberg Vorsitzender der NGG. Überdies ist er seit 1993 Vizepräsident der International Union of Food, Agricultural, Hotel, Restaurant, Catering, Tobacco and Allied Workers‘ Associations (IUF). Der IUF gehören mehr als 334 Gewerkschaften mit rund 3,5 Millionen Mitgliedern aus 120 Ländern an. Vizepräsident ist Möllenberg auch bei der EFFAT (European Federation of Food, Agriculture and Tourism Trade Unions). Michaela Rosenberger Die ausgebildete Hotelfachfrau und Berufsschulfachlehrerin ist seit 1981 Mitglied der Gewerkschaft NGG. Sie arbeitete als Geschäftsführerin in einem Hamburger Hotel und besuchte die Hotelfachschule, die sie als staatlich geprüfte Betriebswirtin abschloss. Neben ihrer Tätigkeit als Assistentin des Betriebsrates der Gastronomie im Congress Centrum Hamburg unterrichtete Michaela Rosenberger als Dozentin für Arbeitsrecht an der Hotelfachschule Hamburg. Anfang der 1990er Jahre wurde sie zur Gewerkschaftssekretärin in Lübeck ausgebildet. Von 1992 bis 1997 war sie zuständig für die berufliche Bildung in der NGG-Hauptverwaltung in Hamburg. Ab 1997 bis zu ihrer Wahl in den Geschäftsführenden Hauptvorstand (GHV) auf dem Gewerkschaftstag im Oktober 2003 arbeitete sie als Bezirkssekretärin im Landesbezirk Nord und betreute die Bereiche Bildung und Frauen und diverse Flächen- und Haustarifverträge. Auf dem Gewerkschaftstag im Oktober 2008 wurde sie als stellvertretende Vorsitzende wieder gewählt. 20 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Claus-Harald Güster ist seit 1992 bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) beschäftigt. Bevor er sich Anfang der 1990er Jahre in Krefeld, Kleve und Wuppertal zum NGG-Gewerkschaftssekretär ausbilden ließ, arbeitete Claus-Harald Güster zunächst in seiner Heimatstadt Bonn als Brauer in der Kurfürsten-Brauerei, später dann in der Wicküler Brauerei in Wuppertal als Braumeister und Betriebs- und Qualitätskontrolleur. Hier engagierte er sich auch in der NGG-Vertrauensleutegruppe und im Betriebsrat. Von 1994 bis 2007 war er als Geschäftsführer der NGG-Region Krefeld-Neuss tätig. Ab September 2007 bis zu seiner Wahl in den Geschäftsführenden Hauptvorstand (GHV) auf dem Gewerkschaftstag im Oktober 2008 arbeitete Claus-Harald Güster als Referatsleiter Brauwirtschaft in der NGG-Hauptverwaltung in Hamburg. 4. Der Hauptausschuss Der Hauptausschuss hat nach der NGG-Satzung die Tätigkeit des Hauptvorstandes zu überwachen und vor allem darauf zu achten, dass die Satzung und die sonstigen den Hauptvorstand bindenden Beschlüsse durchgeführt werden. Der/die Vorsitzende des Hauptausschusses wird vom Gewerkschaftstag gewählt. Die sechs weiteren Mitglieder und drei Ersatzmitglieder sind in der dem Gewerkschaftstag folgenden Sitzung des Landesbezirksvorstandes desjenigen Landesbezirkes und aus demselben Landesbezirk zu wählen, dem die für die/den Hauptausschuss-Vorsitzende/n zuständige Region angehört. Die Mitglieder des Hauptausschusses dürfen nicht Angestellte der NGG sein und nicht dem Landesbezirksvorstand angehören. Neben dem Recht, Einsicht in alle Unterlagen zu nehmen und Berichte von allen Organen der NGG anzufordern, ist der Hauptausschuss berechtigt, Revisionen der Hauptkasse vorzunehmen und die Berichte der Revisionskommission zu prüfen. 4.1 Bericht des Hauptausschusses Tätigkeitsbericht des Hauptausschusses an die Delegierten des 16. Ordentlichen Gewerkschaftstages 2013 Nachdem auf dem Gewerkschaftstag 2008 die Hauptausschussvorsitzende Hannelore Hesseling wiedergewählt wurde, nahm der Landesbezirksvorstand des Landesbezirks Nord gemäß § 27 Satz 2 der Satzung die weiteren Wahlen für die Mitglieder des Hauptausschusses vor. Geschäftsbericht 2008–2012 21 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Als Mitglieder wurden gewählt: • • • • • • Horst Bleckwehl, Region Oldenburg-Ostfriesland Heino-Hermann Dempwolf, Region Bremen-Weser-Elbe Ulrich Friedering, Region Osnabrück Adelheid Kohlmajer, Region Süd-Ost-Niedersachsen Marianne Limburger, Region Hannover Wolfgang Zeugner, Region Hannover Als Ersatzmitglieder wurden gewählt: • Jürgen Castens, Region Bremen-Weser-Elbe • Frank Kosky, Region Hamburg • Marina Strootmann, Region Süd-Ost-Niedersachsen In seiner ersten Sitzung am 29. Januar 2009 konstituierte sich der Hauptausschuss. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde der Kollege Horst Bleckwehl gewählt, zum Schriftführer Ulrich Friedering. Als stellvertretende Schriftführerin wurde Adelheid Kohlmajer gewählt. Wie in den Vorjahren wurde die bewährte Praxis beibehalten, immer ein Ersatzmitglied zu den Sitzungen hinzuzuladen, um somit eine ständige Beschlussfähigkeit bei den Sitzungen zu gewährleisten und gleichzeitig sicherzustellen, dass dieses Ersatzmitglied immer auf dem aktuellen Wissensstand der Arbeit des Hauptausschusses ist. In dieser Sitzung wurde ebenfalls die Geschäftsordnung des Hauptausschusses bestimmt und festgelegt, wie die Zusammenarbeit mit der Revisionskommission und dem Geschäftsführenden Hauptvorstand stattfinden soll. Weiterhin wurden die Termine der Sitzungen beschlossen. Die Themen der Arbeit des Hauptausschusses ergaben sich aus der regelmäßigen Kontrollaufgabe sowie aus weiteren aktuellen Themen, die zum Teil aus der Zusammenarbeit mit der Revisionskommission entstanden sind. Durch die Teilnahme der Hauptausschussvorsitzenden an den Sitzungen des Hauptvorstandes wurde der Hauptausschuss immer über die aktuellen Entwicklungen und Themen der NGG-Arbeit informiert, sodass diese bei den Sitzungen des Hauptausschusses thematisiert worden sind. Im Einzelnen haben als Unterlagen • • • • • die Mitglieder- und Beitragsentwicklung der jeweilige Kassenbericht Protokolle von Beirats- und Hauptvorstandssitzungen der Geschäftsverteilungsplan des Geschäftsführenden Hauptvorstandes und die Organigramme der NGG eine Rolle für die Arbeit des Hauptausschusses gespielt. 22 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Diese und andere benötigte Unterlagen sind immer zeitnah und problemlos zur Verfügung gestellt worden. Innerhalb der Amtszeit dieses Hauptausschusses fanden neun regelmäßige Sitzungen statt. Dabei gab es drei Sitzungen, die gemeinsam mit den Revisoren und dem Geschäftsführenden Hauptvorstand durchgeführt worden sind. An vielen Sitzungen des Hauptausschusses nahm auf Einladung der Landesbezirksvorsitzende teil. An den Hauptvorstandssitzungen und an den Gesprächen von Geschäftsführendem Hauptvorstand und Landesbezirksvorsitzenden nahm die Hauptausschussvorsitzende bzw. der stellvertretende Vorsitzende regelmäßig teil. Der Hauptausschuss hatte in seiner Amtszeit keine Anfragen und keine Aufgaben, die sich aus § 27 Absatz 7 der NGG-Satzung ergeben. Nach Auffassung des Hauptausschusses ist das ein Zeichen für die positive Zusammenarbeit und das gute Klima, das bei der Gewerkschaft NGG herrscht. Auch strittige Themen konnten einvernehmlich gelöst werden, sodass eine Einschaltung des Hauptausschusses nicht nötig gewesen ist. Auch bei kritischen Fragen hat es vonseiten des Hauptausschusses in dieser Zusammensetzung, von der Revisionskommission, aber auch vom Geschäftsführenden Hauptvorstand immer das gemeinsame Interesse gegeben, konkrete Antworten auf gestellte Fragen zu geben, um so offene Fragen zu klären. Uns bleibt, uns für die gute Zusammenarbeit im Interesse unserer Kolleginnen und Kollegen zu bedanken. Aufgrund des Eintritts in die Freistellungsphase der Altersteilzeit hat die Hauptausschussvorsitzende Hannelore Hesseling zur Sitzung des NGG-Beirates am 16./17. Juni 2011 das Amt niedergelegt und dies bereits vorher dem Hauptvorstand mitgeteilt. Vom Hauptvorstand ist der Kollege Martin Schröer als neuer Hauptausschussvorsitzender nominiert worden. Auf der Sitzung des NGG-Beirates wurde am 16. Juni 2011 Martin Schröer aus dem Landesbezirk Nordrhein-Westfalen zum Hauptausschussvorsitzenden gewählt. Damit enden automatisch die Mandate der bisherigen Hauptausschussmitglieder, die aus dem Landesbezirk Nord 2008 gewählt worden sind. Nach den Regularien der NGG-Satzung werden die Mitglieder des Hauptausschusses in dem Landesbezirk vom Landesbezirksvorstand bestimmt, aus dem der/die Vorsitzende des Hauptausschusses kommt. Nach der Wahl des Hauptausschussvorsitzenden Martin Schröer auf der Sitzung des Beirates am 16. Juni 2011 nahm der Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen gemäß § 27 Ziffer 2 der Satzung die weiteren Wahlen für die Mitglieder des Hauptausschusses vor. Geschäftsbericht 2008–2012 23 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Als Mitglieder wurden gewählt: • • • • • • Doris Schumacher, Region Südwestfalen Doris Brüggemeyer, Region Münsterland Nathalie Ruggeri, Region Düsseldorf-Wuppertal Helmut Krüll, Region Krefeld-Neuss Heinz Gros, Region Dortmund Mark Reinartz, Region Nordrhein Als Ersatzmitglieder wurden gewählt • Anke Kiy, Region Ruhr, • Klaus Netzer, Region Aachen • Thomas Arndt, Region Bünde-Lübbecke-Minden In seiner ersten Sitzung am 4. August 2011 konstituierte sich der Hauptausschuss wie folgt: Stellvertreterin des Hauptausschussvorsitzenden: Protokollführer: Doris Brüggemeyer Martin Schröer Um dem Arbeitsanfall der letzten Jahre Rechnung zu tragen, wurde die bestehende Geschäftsordnung geändert. Anstatt vier werden zwei regelmäßige Sitzungen im Jahr durchgeführt, davon eine gemeinsam mit der Revisionskommission der Hauptkasse und dem Geschäftsführenden Hauptvorstand. Weitere Sitzungen werden nach Bedarf einberufen. Die bestehende „Richtlinie für die Revisionskommission“ vom 4. Mai 2004 wurde unverändert bestätigt. Im März 2012 wurde Kollegin Doris Brüggemeyer in den Landesbezirksvorstand NordrheinWestfalen gewählt und musste deshalb aus dem Hauptausschuss ausscheiden. Als Nachrückerin in den Hauptausschuss wurde die Kollegin Anke Kiy im Juni 2012 vom Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen gewählt. Als neues Ersatzmitglied wurde ebenfalls in dieser Sitzung die Kollegin Helga Erdenberger, Region Bielefeld-Herford, gewählt. Die erforderliche Neuwahl der Stellvertretung des Hauptausschussvorsitzenden erfolgte in der Sitzung am 7. Dezember 2012. Einstimmig wurde Kollege Helmut Krüll zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Innerhalb des eineinhalbjährigen Berichtszeitraumes fanden drei Hauptausschusssitzungen statt. Davon wurde eine gemeinsame Sitzung mit den Revisoren und dem Geschäftsführenden Hauptvorstand durchgeführt. An den übrigen Sitzungen nahm auf Einladung der Landesbezirksvorsitzende teil. In den Sitzungen wurde neben vielen anderen Themen der Organisation ausführlich über alle Hauptvorstandssitzungen berichtet. An den Hauptvorstandssitzungen und den Vorgesprächen des Geschäftsführenden Hauptvorstandes mit den Landesbezirksvorsitzenden nahm der Hauptausschussvorsitzende teil. Der Hauptausschuss hatte wenig Anfragen aus seinem Zuständigkeitsbereich (§ 27 der Satzung). Wir werten dies als Beleg für die sehr ordentliche, kontinuierliche Arbeit des Hauptvorstandes bzw. des Geschäftsführenden Hauptvorstandes und der anderen Organe unserer NGG im Rahmen unserer Satzung und der Gewerkschaftstagsbeschlüsse. 24 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Aufgrund der erhaltenen Revisionsberichte und der Gespräche mit den Revisoren und dem Geschäftsführenden Hauptvorstand können wir eine ordnungsgemäße Kassenführung uneingeschränkt bestätigen. Die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführenden Hauptvorstand, dem Hauptvorstand und der Revisionskommission war solidarisch und von Sachlichkeit geprägt. Unser gemeinsames Ziel war und ist, NGG voranzubringen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Arbeit auf allen Ebenen unserer Organisation reibungslos und gemeinschaftlich abläuft. Der Hauptausschuss bedankt sich beim Geschäftsführenden Hauptvorstand, bei den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen für ihren Einsatz. 5. Revisionskommission 5.1 Bericht der Revisionskommission der NGG-Hauptkasse für den Gewerkschaftstag 2013 Die Mitglieder der Revisionskommission für die Hauptkasse wurden am 13. November 2008 gemäß § 28 Ziffer 2 und 3 der Satzung von den Delegierten der Region Hamburg-Elmshorn gewählt, und zwar die Kolleginnen Monika Mahler Hedda Haack Kollegen Heinrich Böken Peter Schneider Uwe R. Westphal In den zurückliegenden Jahren wurden • • • • • 2008 an 12 Tagen 2009 an 23 Tagen 2010 an 17 Tagen 2011 an 14 Tagen 2012 an 14 Tagen Revisionen durchgeführt und deren Ergebnisse in 14 Revisionsberichten festgehalten. Außerdem fanden vier Sturzrevisionen der Kassenbestände statt. Die erforderlichen Unterlagen für unsere Prüfungen • NGG-Bilanzen der Hauptverwaltung und der Landesbezirke • Gewinn- und Verlustrechnung der NGG • Bilanz und „G+V“ der VTG (Vermögens- und Treuhandgesellschaft) • Rückstellungsspiegel • Bilanzvergleiche zum Vorjahr • Halbjahresabschlüsse • Druckfahnen der Geschäftsberichte und • alle Konten online wurden uneingeschränkt und vollständig zur Verfügung gestellt. Geschäftsbericht 2008–2012 25 Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Fragen unsererseits, die sich aus der Alltagsarbeit ergaben, wurden besprochen und geklärt. Die Prüfungen der Landesbezirke wurden intensiviert. In den letzten zwei Jahren wurden die Buchhaltungen mustergültig geführt. Sporadisch wurden zusätzlich in allen Bereichen die Kostenstellenpläne eingesehen. In den Berichten der Revisionskommission wurde der Hauptkasse die ordnungsgemäße Kassen- und Buchführung bescheinigt. Den Kolleginnen und Kollegen der Buchhaltung danken wir daher für die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Die schriftlichen Prüfungen der Jahresberichte wurden in der jeweiligen März-Sitzung dem Hauptvorstand vorgetragen und erläutert. Die Prüfungen der Vermögens- und Treuhandgesellschaft der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mbH (VTG) wurden im Berichtszeitraum wieder von der neutralen und externen Prüfungsgesellschaft der Frau Angela Dornig (KDS) vorgenommen. Die gegenseitigen Beratungen miteinander wurden beibehalten. In den jährlichen Gesprächen mit dem Hauptausschuss, dem Geschäftsführenden Hauptvorstand und der Revision wurden im Sinne der Organisation intensive Diskussionen geführt. Auch hier möchten wir uns bei den von der Kollegin Hannelore Hesseling und dem Kollegen Martin Schröer geführten Hauptausschüssen bedanken. Schlussbemerkung Die Stärkung der Rückstellungen, die Einsparungen insbesondere im Verwaltungsbereich und die Diversifizierung der Geldanlagen finden unsere ausdrückliche Anerkennung. Da sich die Zinserträge unserer Geldanlagen aufgrund der allgemeinen Finanzlage aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren nicht gravierend ändern werden, müssen wir auch zukünftig mit unseren Ressourcen vorsichtig umgehen. Hamburg, den 22. März 2013 26 Uwe R. Westphal Heinrich Böken Monika Mahler Peter Schneider Hedda Haack Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 1: Die Organe und Gliederungen der NGG Geschäftsbericht 2008–2012 27 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 28 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Geschäftsbericht 2008–2012 29 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 1. Chronik – Die Wahlperiode in Stichworten 2008 • 1. Januar Die Unternehmenssteuerreform der Großen Koalition tritt in Kraft, Nettoentlastung der Unternehmen von fünf Milliarden Euro pro Jahr. 2008 Das Briefmonopol der Post entfällt. • 27. Januar Landtagswahl in Niedersachsen, die CDU/FDP-Koalition wählt in der Folge Christian Wulff zum Ministerpräsidenten. Landtagswahl in Hessen mit deutlichen Stimmenverlusten für die CDU. Es kommt nach langen Verhandlungen keine Regierung zustande. • 24. Februar Bürgerschaftswahl in Hamburg, CDU verliert absolute Mehrheit. Ole von Beust bleibt Regierender Bürgermeister, die erste schwarz-grüne Landesregierung trägt ihn. • 1. April EuGH erklärt im sogenannten Rüffert-Urteil die bestehenden Tariftreueklauseln des niedersächsischen Vergabegesetzes für europarechtswidrig. • 1. Mai Tag der Arbeit unter dem Motto: „Gute Arbeit muss drin sein“. • 2. Mai Gedenkfeier des DGB im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen zur Erinnerung an den 75. Jahrestag der Zerschlagung der freien Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten und Einweihung eines Gedenksteins zur Erinnerung an die ermordeten Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter. • 15. September „Schwarzer Montag“ an den Börsen. „Lehman Brothers“ melden Insolvenz an. Stärkster Verlust des Dow-Jones seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. • 28. September Bei der Landtagswahl in Bayern verliert die CSU nach 46 Jahren die absolute Mehrheit, sie bildet eine Koalition mit der FDP. Horst Seehofer wird Ministerpräsident. • 5. Oktober Die Regierungsparteien einigen sich auf einen einheitlichen Krankenkassenbeitrag von 15,5 Prozent zum 1. Januar 2009 im neuen Gesundheitsfonds. Im Gegenzug soll der Arbeitslosenbeitrag auf 2,8 Prozent sinken. Geschäftsbericht 2008–2012 31 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 20. bis 24. Oktober 15. Ordentlicher Gewerkschaftstag der Gewerkschaft NGG in Berlin. Als Vorsitzender wiedergewählt wurde Franz-Josef Möllenberg mit 88,9 Prozent der abgegebenen Stimmen sowie Michaela Rosenberger als stellvertretende Vorsitzende mit 92,98 Prozent. Claus-Harald Güster wurde als stellvertretender Vorsitzender mit 73,1 Prozent der abgegebenen Stimmen neu als Mitglied des Geschäftsführenden Hauptvorstandes gewählt. • 4. November Barack Obama wird zum Präsidenten der USA gewählt. • 18. November Die größte Brauereigruppe der Welt entsteht durch den Zusammenschluss der US-amerikanischen Brauerei Anheuser-Busch und der belgisch-brasilianischen InBev-Gruppe. • 3. Dezember Unterzeichnung eines Abkommens zur Ächtung von Streubomben durch 111 Staaten in Oslo. • 9. Dezember Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Kürzung der Pendlerpauschale für unzulässig. 2009 • 1. Januar Beginn des Superwahljahres im Handwerk mit 33 Handwerkskammerwahlen. 2009 • 18. Januar Vorgezogene Landtagswahl in Hessen führt zur Bildung einer schwarz-gelben Koalition mit Roland Koch (CDU) als Ministerpräsident. • 3. Februar DGB-Aktionswochen zur Alterssicherung „Rente muss zum Leben reichen“ (bis Ende April) mit NGG-Beteiligung - www.ichwillrente.net. • 4. Februar 120 NGG-Betriebsräte nehmen Stellung zur Finanzmarktkrise und verabschieden den Göttinger Appell „Mehr Lohn – mehr Kaufkraft – mehr sichere Arbeitsplätze“. • 1. April Das Arbeitsgericht Berlin entscheidet, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) nicht tariffähig ist. • 1. Mai Tag der Arbeit unter dem Motto: „Arbeit für alle bei fairem Lohn“. 1.-Mai-Veranstaltung in Dortmund: Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines auch von Gewerkschaften unterstützten Demonstrationszuges werden von Neonazis angegriffen und verletzt. 32 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 2005 • 6. Mai Das Bundeskabinett beschließt die sogenannte „Rentengarantie“, die besagt, dass der aktuelle Rentenwert und damit die nominale Rente niemals sinken darf. • 9. Mai 1.000 Beschäftigte von Coca-Cola demonstrieren in Berlin gegen die Schließung der Produktionsstandorte Kaiserslautern und Münster. • 14. bis 15. Mai Der DGB-Kapitalismuskongress „Umdenken – Gegenlenken“ findet in Berlin unter Beteiligung von 15 NGG-Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. • 14. bis 16. Mai Bei den europäischen Aktionstagen in Madrid, Brüssel, Berlin und Prag demonstrieren europaweit mehr als 350.000 Menschen unter dem Motto „Fight the Crisis. Put People first.“ In Berlin unter dem Slogan „Die Krise bekämpfen. Sozialpakt für Europa. Die Verursacher müssen zahlen!“. NGG ist mit dabei. • 25. Mai Landesarbeitsgericht Köln bestätigt, dass die Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) nicht tariffähig ist. Damit ist der Versuch der privaten Brief- und Zeitungszusteller (z. B. PIN Group AG) gescheitert, eine ihnen genehme „Gewerkschaft“ zu gründen. • 4. bis 7. Juni 7. Direktwahlen zum Europäischen Parlament. Das Ergebnis in Deutschland: CDU 30,7 Prozent, SPD 20,8 Prozent, Grüne 12,1 Prozent, CSU 7,2 Prozent, Linke 7,5 Prozent, FDP 11,0 Prozent. Die christlich-konservative EVP ist wieder die stärkste Partei im Europaparlament. Geschäftsbericht 2008–2012 33 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 5. Juni Neufassung der Euro-Betriebsräte-Richtlinie (RL 2009/38/EG) ist in Kraft getreten. • 26. Juni Dritter Bericht des DGB-Index Gute Arbeit: Nur jeder Zweite glaubt, seine Tätigkeit bis zum Rentenalter ausüben zu können, 40 Prozent glauben, dass sie von der Rente nicht werden leben können. • 1. Juli Rentenanpassung um 2,41 Prozent in West- und 3,38 Prozent in Ostdeutschland. • 23. Juli Ein umfangreiches Tarifvertragswerk (Teilzeit, Altersteilzeit, Kurzarbeit, Teilabfindungen und Abfindungen) zur Beschäftigungssicherung wird von NGG bei ABInBev vereinbart. • 30. August Landtagswahlen in Sachsen: Die CDU mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich bleibt bei leichten Stimmverlusten klar stärkste Partei, es wird eine Koalition von CDU und FDP gebildet, Tillich wird wieder zum Ministerpräsidenten gewählt. Landtagswahlen in Thüringen: Die CDU verliert mehr als zehn Prozent und damit die absolute Mehrheit, Ministerpräsident Althaus tritt zurück, es wird eine Koalition aus CDU und SPD gebildet, Christine Lieberknecht (CDU) wird neue Ministerpräsidentin. Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen. • 27. September Bundestagswahlen (CDU/CSU 33,8 Prozent, SPD 23,0 Prozent, FDP 14,6 Prozent, Linke 11,9 Prozent, Grüne 10,7 Prozent), CDU/CSU und FDP bilden eine Koalition. Nach den Landtagswahlen in Brandenburg wird wieder eine Koalition von SPD und ‚Die Linke’ mit Matthias Platzeck als Ministerpräsident gebildet. Die Wahlen in Schleswig-Holstein führen zur Bildung einer schwarz-gelben Landesregierung mit Peter-Harry Carstensen (CDU) als Ministerpräsident. • 5. Oktober Festakt im Konzerthaus am Gendarmenmarkt zum 60-jährigen Bestehen des DGB. • 7. Oktober Welttag für menschenwürdige Arbeit/DGB-Sternmarsch unter Beteiligung von NGG, Aktion am Brandenburger Tor mit Vertreterinnen und Vertretern der IGB-Exekutive. • 29. Oktober Nach einem ersten Arbeitskampf von 6.000 Beschäftigten in mehr als 1.000 Objekten in der Branche steigen die Löhne im Gebäudereinigerhandwerk in zwei Stufen um 4,9 Prozent (West) und 6,9 Prozent (Ost). 34 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 2010 • 1. Januar Die Zucker-Berufsgenossenschaft tritt entgegen der Empfehlung der NGG der neu fusionierten Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie (RCI) bei. 2010 • 3. Februar Der Haushalt Griechenlands wird unter die Kontrolle der EU gestellt. Bis 2012 soll das Land seine Neuverschuldung unter die Marke von drei Prozent drücken. • 9. Februar Das Bundesverfassungsgericht erklärt die Ermittlung der Hartz-IV-Regelsätze für verfassungswidrig. • 26. Februar Die Arbeitgeber kündigen den Bundesrahmentarifvertrag für die Brauindustrie. NGG verbindet die Verhandlungen mit der Kampagne „Gute Arbeit – gerecht entlohnt“. • 9. März Auftaktveranstaltung des DGB in Berlin zu den Betriebsratswahlen unter dem Motto: „Betriebsräte werden gebraucht: Sie handeln aktiv, sind kompetent und übernehmen Verantwortung!“. • 31. März In einem viertägigen Verhandlungsmarathon konnte NGG ein umfangreiches Tarifpaket mit dem Schwerpunkt auf Beschäftigungssicherung mit der CCE AG vereinbaren. • 27. April Erster Abschluss eines Altersteilzeittarifvertrages mit Rechtsanspruch in der Ernährungsindustrie bei Nestlé nach Auslaufen der finanziellen Förderung durch die Bundesanstalt für Arbeit. • 24. April Mit einer Menschenkette zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel demonstrieren rund 100.000 Atomkraftgegner gegen die Atompolitik der Bundesregierung, NGG ruft mit dazu auf. • 27. April Das Aktionsbündnis „Köpfe gegen Kopfpauschale“ wird vom DGB ins Leben gerufen. • 1. Mai Am Tag der Arbeit demonstrieren bundesweit rund 464.000 Menschen. Motto des 1. Mai 2010 ist: „Wir gehen vor! Gute Arbeit, gerechte Löhne, starker Sozialstaat!“ • 9. Mai Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen: In der Folge bilden SPD und Bündnis 90/Die Grünen eine Minderheitsregierung und lösen damit die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung ab. Hannelore Kraft (SPD) wird Ministerpräsidentin. Geschäftsbericht 2008–2012 35 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 16. bis 20. Mai 19. Ordentlicher DGB-Bundeskongress in Berlin. Michael Sommer wird im Amt des Vorsitzenden mit einem Wahlergebnis von 94,1 Prozent bestätigt. Der DGB beschließt darüber hinaus eine neue Satzung. • 10. Juni In Belgien findet die Big-Beer-Konferenz von EFFAT für Betriebsräte von ABInBev, Heineken, SAB Miller und Carlsberg mit deutscher Beteiligung statt. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt erklärt die fristlose Kündigung einer Kassiererin, die Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben soll, für überzogen. Der Fall hatte eine monatelange Debatte um Bagatellkündigungen ausgelöst. • 21. bis 25. Juni 2. Weltkongress des Internationalen Gewerkschaftsbundes in Vancouver unter dem Motto: „Aus der Krise mit globaler Gerechtigkeit“. Michael Sommer wird zum Präsidenten des IGB gewählt. Für NGG nimmt Michaela Rosenberger teil. • 23. Juni Fleischerei-Berufsgenossenschaft (FBG) und Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) kommen einer gesetzlich verordneten Zwangsfusion durch freiwilligen Fusionsbeschluss zuvor. • 10. September Eine erste Auswertung der Betriebsratswahlen 2010 ergibt, dass in 1.695 Betrieben im Organisationsbereich der NGG-Betriebsräte gewählt wurden. 89,4 Prozent der Betriebsratsvorsitzenden sind Mitglied der NGG. • 24. September Der 68. Deutsche Juristentag spricht sich für einen flächendeckenden, einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn sowie für Gleichbehandlung bei der Leiharbeit aus. • 28. September Bundeskartellamt gibt grünes Licht für die Fusion zwischen der Nordmilch AG und der Humana Milchunion zum Januar 2011. Es entsteht das „Deutsche Milchkontor“, Deutschlands größtes Molkereiunternehmen. • 30. September Der Tarifabschluss der IG Metall für die Stahlindustrie stellt Leiharbeiter nahezu gleich. Zum ersten Mal gilt für Leiharbeiter: „Gleiches Geld für gleiche Arbeit“. • 26. Oktober Der Ausbildungspakt scheitert! Die Gewerkschaften lehnen die Forderungen der Arbeitgeber ab, Bundesregierung und Wirtschaftsverbände unterschreiben den Ausbildungspakt ohne die Gewerkschaften. • 12. November Der Bundestag verabschiedet mit der Mehrheit der Unionsparteien und der FDP das Finanzierungsgesetz der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und gibt damit den Weg frei für Einschnitte in der paritätischen Finanzierung der GKV wie die Einführung von Zusatzbeiträgen (Kopfpauschale). 36 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 13. November In Stuttgart, Nürnberg und Dortmund demonstrieren mehr als 100.000 Menschen im Rahmen der gewerkschaftlichen Herbstaktionen gegen die Sparpolitik der Bundesregierung, NGG hat mit dazu aufgerufen. • 17. November Veröffentlichung des Berichts der Bundesregierung zur Rente mit 67. Der Bericht liefert den Beweis, dass die Rente mit 67 eine Kürzung der Rentenansprüche zur Folge hat und eine weit überwiegende Mehrheit in der betroffenen Altersgruppe keiner Erwerbsarbeit nachgeht. • 18. November In Kiel demonstrieren mehr als 10.000 Menschen im Rahmen der Herbstaktionen der Gewerkschaften gegen die Politik der Bundesregierung. • 14. Dezember Das Bundesarbeitsgericht spricht der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) die Tariffähigkeit ab und bestätigt das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin. • 16. Dezember Die Bundesregierung legt einen Gesetzentwurf zur „Regulierung“ der Arbeitnehmerüberlassung vor. Lohndumping und Verdrängung von Dauerarbeitsplätzen durch Leiharbeit sollen weiterhin möglich bleiben. 2011 • 1. Januar Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) entsteht aus der alten Fleischerei-Berufsgenossenschaft und der alten Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten. 2011 • 4. Februar Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy setzen sich auf dem EU-Gipfel für einen „Pakt der Wettbewerbsfähigkeit“ der Euroländer ein. Dieser sieht u. a. vor, eine „Schuldenbremse“ in den Verfassungen aller Mitgliedsstaaten zu verankern, die Rentensysteme an die demografische Entwicklung anzupassen, Lohnindexierungssysteme abzuschaffen und eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer einzuführen. Einschnitte in Systeme sozialer Sicherung, die Anhebung des Renteneintrittsalters, Eingriffe in Tarifautonomie und Lohnzurückhaltung bedeuten einen Frontalangriff auf die Rechte der Beschäftigten in Europa. • 19. Februar Gewerkschaften gegen Rechts: Protestaktionen des DGB gegen den Naziaufmarsch in Dresden, Bündnis „Nazifrei – Dresden stellt sich quer!“, erstmals gemeinsamer Aufruf aller demokratischer Gegnerinnen und Gegner der Nazi-Propaganda. • 20. Februar Bürgerschaftswahlen in Hamburg: Die SPD erringt die absolute Mehrheit. Olaf Scholz wird Erster Bürgermeister der Hansestadt. Geschäftsbericht 2008–2012 37 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 21. Februar Unterschriftenaktion der IG BAU und NGG gegen Sozialabbau: „Rente mit 67 stoppen – Erwerbsminderung besser absichern“. Übergabe von 110.000 Unterschriften mit einem Bagger anlässlich der Anhörung des Bundestagsausschusses Arbeit und Soziales zur Rente mit 67 an die Abgeordneten. • 24. Februar 210.000 Beschäftigte aus 1.360 Betrieben nehmen teil am Aktionstag der Gewerkschaften gegen Lohndumping und den Missbrauch der Leiharbeit unter dem Motto „Arbeit – sicher und fair!“. • 11. März Ein Erdbeben der Stärke 9,0 und ein daraus resultierender Tsunami zerstören die nordöstliche Küste Japans. Tausende Menschen verlieren ihr Leben, das Atomkraftwerk in Fukushima wird stark beschädigt, Explosionen setzen radioaktive Strahlung frei, Kernschmelze setzt ein. • 20. März Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Schwarz-Rot regiert unter dem neuen CDU-Ministerpräsidenten Reiner Haseloff weiter. • 26. März In der Bundesrepublik Deutschland demonstrieren mehr als 210.000 Menschen gegen Atomkraft. Ein breites Bündnis aus Umweltverbänden, Parteien und Gewerkschaften – auch die NGG – haben zu der Demonstration aufgerufen. • 27. März Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz: In Rheinland-Pfalz büßt die SPD von Ministerpräsident Kurt Beck ihre absolute Mehrheit bei starken Verlusten ein und bildet eine rot-grüne Landesregierung. In Baden-Württemberg wird nach dem Absturz der FDP eine grün-rote Koalition gebildet. Winfried Kretschmann wird Ninisterpräsident. • 1. April Zwei große Arbeitgeberverbände der Leiharbeitsbranche schließen sich zum neuen „Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister“ (BAP) zusammen. • 7. April Als drittes Land der Europäischen Union nach Griechenland und Irland beantragt Portugal bei der EU-Unterstützung in noch unbekannter Milliardenhöhe. Experten schätzen den Bedarf auf 70 bis 80 Milliarden Euro. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sichert dem Land Hilfe zu. • 8. April Die Gewerkschaft NGG konnte in den Tarifverhandlungen in der Süßwarenindustrie für ca. 50.000 Beschäftigte Entgeltsteigerungen durchsetzen. Zusätzlich erhalten die Beschäftigten eine bessere Altersvorsorge. • 9. April Thüringen ist das erste Bundesland, das Unternehmen mit mehr als 30 Prozent Leiharbeitern Fördermittel zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (sogenannte GA-Mittel) streicht, bei mehr als zehn Prozent Leiharbeitern im Unternehmen werden die Fördermittel gekürzt. 38 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 15. April Der Bundesrat beschließt die Aussetzung der Wehrpflicht. • 29. April Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) wird geändert und schränkt den Missbrauch von Leiharbeit (Schlecker-Klausel) ein. Eingeführt wird die Möglichkeit eines Mindestlohns für die Leiharbeit. • 1. Mai Ca. 423.000 Menschen beteiligen sich an den Kundgebungen der Gewerkschaften zum Tag der Arbeit. Motto: „Das ist das Mindeste! Faire Löhne, Gute Arbeit, Soziale Gerechtigkeit“. Die Arbeitsmarktbeschränkungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus acht mittelund osteuropäischen Staaten fallen weg. Bürger aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, der Slowakei, Slowenien, der Tschechischen Republik und Ungarn können nach sieben Jahren der EU-Zugehörigkeit auch in Deutschland ohne Arbeitserlaubnis eine Tätigkeit aufnehmen. • 20. Mai Eine statistische Auswertung der Bundesregierung und der Bundesagentur für Arbeit weist aus, dass jeder zweite Vollzeitarbeitnehmer bis 24 Jahre ein Einkommen im Niedriglohnbereich bezieht. • 6. Juni Die Bundesregierung (Kabinett) beschließt in einer Sondersitzung ein umfangreiches GeGeschäftsbericht 2008–2012 39 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien setzespaket über den Atomausstieg bis 2022, massiven Ökostromausbau und mehr Geld für Hausbesitzer zum Energiesparen (Gesetzespaket zum Atomausstieg und Energiewende). • 10. Juni Mit 910.000 Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern wird erstmals die Marke von 900.000 überschritten. • 16. Juni Die ILO nimmt die Konvention „Decent Work for Domestic Workers“ an. • 1. Juli Die Wehrpflicht ist in Deutschland aufgehoben. Der bisherige Wehrdienst und der Zivildienst werden durch Freiwilligendienste ersetzt, die Frauen und Männern gleichermaßen offenstehen. • 6. August Franz-Josef Möllenberg spricht als erster Vorsitzender einer DGB-Gewerkschaft bei der Bürgerkundgebung gegen den „NS-Heldengedenktag“ in Bad Nenndorf. Er begrüßt die Aktivitäten des Bürgerbündnisses „Bunt statt Braun“ und forderte erneut: „Die Politik muss ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD so bald wie möglich einleiten“. • 4. September Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Erneute SPD-CDU-Koalition. • 17. September Europäischer Aktionstag „Ja – zu europäischer Solidarität, Ja – zu Guter Arbeit und Tarifautonomie, Nein – zum unsozialen Spardiktat“. • 22. September Unter dem Motto: „Rechtzeitig neue Wege gehen“ zieht NGG eine positive Bilanz zu zehn Jahren Tarifverträge zur Altersvorsorge in der Ernährungsindustrie und im Gastgewerbe. Für weit über eine halbe Million Beschäftigte konnten Ansprüche auf eine langfristige tarifliche Altersvorsorge gesichert werden. • 4. November G20-Gipfel in Cannes. Die führenden Industriestaaten der Welt einigen sich darauf, dass internationale Mega-Banken (systemrelevante Banken) so umgebaut werden sollen, dass 40 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Steuerzahler nicht mehr für ihre Verluste aufkommen müssen. Weltweit sind 29 Finanzinstitute betroffen, zu denen auch die Deutsche Bank und die Commerzbank gehören. Italiens Reform- und Sparprogramm wird unter die Überwachung des EWF gestellt; der EWF soll künftig kurzfristige Liquiditätskredite ausgeben können, um Länder vorbeugend vor einer Ansteckung durch Finanzkrisen zu schützen; Bemühungen um die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer scheitern. Nach einem missglückten Banküberfall in Eisenach erschießen sich die zwei Täter. Nach einer Explosion brennt ein Wohnhaus in Zwickau nieder. Verschiedene Zeitungsredaktionen erhalten Bekenner-CDs einer Gruppe “Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“. • 8. November Beate Zschäpe stellt sich der Polizei in Jena. Ermittlungen ergeben, dass Zschäpe zusammen mit den beiden Bankräubern seit 1998 untergetaucht war. Es gibt verschiedene Hinweise darauf, dass zahlreiche Unterstützer für den NSU tätig waren. In den Jahren 2000 bis 2006 verübte der NSU neun ausländerfeindliche Morde, 2007 wurde zur Waffenbeschaffung eine Polizistin erschossen. In den laufenden Ermittlungen stellten sich zahlreiche Fahndungspannen und Ungereimtheiten bei der Verfolgung der Gruppe durch die Verfassungsschutzbehörden heraus. Akten sind vernichtet worden, so wurde unter Umständen Beweismaterial vernichtet. Mehrere Untersuchungsausschüsse versuchen die Vorgänge zu klären. Das Vorgehen der rechtsterroristischen Gruppe ist bisher einmalig in der Bundesrepublik. • 23. November In Berlin unterzeichnen SPD und CDU ihren Koalitionsvertrag, die rot-schwarze Landesregierung löst die langjährige rot-rote Koalition in Berlin ab, Klaus Wowereit bleibt Regierender Bürgermeister. • 7. Dezember Der DGB und andere europäische Gewerkschaften aus Spanien, Frankreich, Italien und Belgien fordern vor dem EU-Gipfel einen „neuen europäischen Sozialkontrakt“, gemeinsame Staatsanleihen (Eurobonds) und eine stärkere Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB). • 8. Dezember Der Tarifausschuss im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gibt seine Zustimmung für die Allgemeinverbindlicherklärung der zwischen DGB-Gewerkschaften und den beiden Arbeitgeberverbänden iGZ und BZA festgelegten Lohnuntergrenzen für die Leiharbeit: Die Mindestentgelte betragen 7,89 Euro im Westen und 7,01 Euro im Osten. Ab dem 1. November 2012 steigen sie auf 8,19 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten an. • 14. Dezember Der DGB-Bundesvorstand beschließt ein Vier-Punkte-Programm für einen Kurswechsel in Europa und fordert die EZB auf, den Stabilitäts- und Rettungsanker umzugestalten, für eine verteilungsgerechte Fiskalpolitik zu sorgen, die Finanzmärkte wirksam zu regulieren und ein von Vermögen finanziertes Zukunftsprogramm aufzulegen. Geschäftsbericht 2008–2012 41 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 2012 2012 • 1. Januar Der Mindestlohn in der Leiharbeit tritt in Kraft: 7,89 Euro im Westen und 7,01 Euro im Osten. Jobcenterreform im Hartz-IV-System tritt in Kraft: weitere Kommunalisierung der Arbeitsmarktpolitik. Die Rente mit 67 startet und damit die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters. • 13. Januar Österreich und Frankreich werden von der Ratingagentur Standard & Poor’s herabgestuft und verlieren ihr AAA-Rating. Sieben weitere Euro-Länder werden ebenfalls in ihrer Bonität herabgestuft. • 16. Januar Die Ratingagentur Standard & Poor’s senkt das Rating des europäischen Rettungsfonds. • 17. Januar Martin Schulz (Progressive Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen Parlament) wird zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt. • 23. Januar Die Drogeriekette Schlecker meldet Insolvenz an. Die Länder können sich wegen der Verweigerungshaltung der FDP nicht auf eine gemeinsame Bürgschaft für eine Transfergesellschaft für die Beschäftigten einigen, sie scheitert letztlich an der FDP in Bayern, Niedersachsen und Sachsen. Die Drogeriekette wird zerschlagen, 27.000 Beschäftigte verlieren ihre Arbeit. • 10. Februar EU-Kommissarin Vivian Reding unterzeichnet in Berlin die sogenannte Berliner Erklärung, die (als ersten Schritt) eine Frauenquote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte börsennotierter, mitbestimmungspflichtiger und öffentlicher Unternehmen fordert und von Parlamentarierinnen aller im Bundestag vertretenen Parteien im Dezember 2011 ins Leben gerufen wurde. • 17. Februar Nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover am Tag zuvor die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten beantragt hat, um wegen des Verdachts der Vorteilsnahme gegen ihn zu ermitteln, erklärt Christian Wulff seinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten. • 18. Februar „Dresden Nazifrei“, Demonstration in Dresden. • 22. Februar Eine Umfrage der Verbraucherzentrale NRW ergibt, dass im Jahre 2010 in 600.000 Haushalten in der Bundesrepublik – überwiegend wegen unbezahlter Rechnungen – der Strom abgestellt wurde. Die Ratingagentur Fitch setzt Griechenland auf die Bonitätsstufe C herab. 42 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 23. Februar DGB und BDA rufen zu einer bundesweiten Schweigeminute für die Opfer der NeonaziTerrorzelle NSU auf. • 8. März Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und viele andere Akteurinnen und Akteure begehen den 101. Internationalen Frauentag. Zentrale Forderungen sind ein gesetzlicher Mindestlohn, der flächendeckende Ausbau einer qualitativ hochwertigen Betreuungsinfrastruktur für Kinder und Pflegebedürftige, der Verzicht auf das Betreuungsgeld, mehr Frauen in Führungspositionen und eine Geschlechterquote von 40 Prozent in Aufsichtsräten sowie die Einbindung aller Beschäftigungsverhältnisse in die soziale Sicherung. • 13. März In Bremen demonstrieren 300 Beschäftigte aus allen 24 Standorten des Deutschen Milchkontors (DMK) gegen Standortschließungen und Arbeitsplatzabbau. • 18. März Joachim Gauck wird zum Bundespräsidenten gewählt. • 23. März Bundesweit findet zum fünften Mal der Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen den Geschlechtern statt – der Equal Pay Day. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sind bei zahlreichen dezentralen Veranstaltungen sowie mit einer Kundgebung am Brandenburger Tor präsent. • 24. März Mit einer Demonstration und einer einwöchigen Mahnwache protestieren Beschäftigte des Süßwarenherstellers Trolli gegen die Werksschließung in Fürth. Geschäftsbericht 2008–2012 43 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 25. März Landtagswahl im Saarland: Danach wird eine große Koalition gebildet. Wahlsiegerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wird wieder Ministerpräsidentin • 2. April NGG legt öffentlichkeitswirksam Ergebnisse einer exklusiven Umfrage über den Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen in der Ernährungsindustrie vor. • 16. April Der DGB positioniert sich gemeinsam mit der BDA gegen das geplante Betreuungsgeld. • 25. April Das Verwaltungsgericht Dresden erklärt die Extremismusklausel für öffentliche Fördergelder als rechtswidrig und entscheidet, dass von geförderten Projekten die Unterzeichnung der „Demokratieerklärung“ nicht verlangt werden darf. • 1. Mai Der 1. Mai steht unter dem Motto „Gute Arbeit für Europa: gerechte Löhne, soziale Sicherheit“. Es nehmen bundesweit 419.000 Menschen an 420 gewerkschaftlichen Maiveranstaltungen teil. • 6. Mai Landtagswahl in Schleswig-Holstein. Das schwarz-gelbe Bündnis wird abgewählt. Eine Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und SSW mit Torsten Albig an der Spitze wird gebildet. Stichwahl zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich: François Hollande erreicht mit 52 Prozent die Mehrheit und wird zweiter sozialistischer Präsident der Republik Frankreich. • 13. Mai Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Die rot-grüne Landesregierung hat jetzt eine stabile Mehrheit mit Hannelore Kraft als Ministerpräsidentin. • 19. Mai Informations-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsregelungen der Betriebsräte in Entleiherfirmen werden in einem Tarifvertrag der IG Metall für die Metall- und Elektroindustrie gestärkt. Für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer wird eine Übernahmevereinbarung in ein festes Arbeitsverhältnis geregelt. • 22. Mai Erster Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie. Die Höhe der Branchenzuschläge richtet sich nach der Verleihdauer. • 28. Mai Der Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wählt mit Guy Ryder erstmals einen Gewerkschafter an die Spitze der tripartiten Organisation. • 21. Juni Bei Zamek in Düsseldorf beginnt ein erfolgreicher vierzehnwöchiger Arbeitskampf. Der Manteltarifvertrag behält ohne Abstriche seine Gültigkeit. Entgelte steigen in zwei Stufen insgesamt um 6,25 Prozent. 44 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • 28. bis 29. Juni EU-Gipfel: Es wurde verabredet, dass sich Länder mit Finanzierungsschwierigkeiten und marode Banken in Zukunft leichter Geld über den Euro-Rettungsschirm leihen können. • 29. Juni Der Bundestag stimmt dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und dem Fiskalpakt zu. Das Bundesverfassungsgericht hat den Bundespräsidenten öffentlich gebeten, mit der Unterzeichnung bis zur Entscheidung zu den vorliegenden Eilanträgen zum ESM zu warten. • 1. Juli Rentenanpassung (DRV Bund): im Westen um 2,18 Prozent, im Osten um 2,26 Prozent. • 4. Juli Tarifstreit beendet! NGG und ver.di erzielen Tarifeinigung mit dem Gesundheitskonzern Fresenius-Helios. Den zuvor 1.000 gekündigten Beschäftigten wird die Weiterbeschäftigung angeboten. • 19. Juli In Waldkraiburg demonstrieren Beschäftigte „gegen Lohnwucher und Ausbeutung“ bei Subunternehmern des Fleischkonzerns VION und erklären sich mit den Werkvertragsbeschäftigten solidarisch. Vor 60 Jahren wurde das erste Betriebsverfassungsgesetz im Parlament verabschiedet. Bundestag billigt Hilfskredite für spanische Banken in Höhe von 100 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm EFSF. • 23. Juli Die Ratingagentur Moody’s senkt den Ausblick für die Bonität Deutschlands (Bund und Länder) auf „negativ“. • 23. August Drei rechtsextremistische Gruppierungen, „Nationaler Widerstand Dortmund“, „Kameradschaft Hamm“ und „Kameradschaft Aachener Land“ werden in einer Groß-Razzia des Landes NRW durchsucht und verboten. • 29. August Die Bundesregierung beschließt: Der Rentenbeitrag soll zum 1. Januar 2013 von derzeit 19,6 Prozent auf voraussichtlich 19,0 Prozent sinken. • 10. September Das Statistische Bundesamt veröffentlicht neue Zahlen zum Niedriglohnsektor. 20,6 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten arbeiten zu einem Niedriglohn. • 26. September Das Bundeskabinett beschließt ein Alterssicherungs-Vorsorgegesetz, mit dem unter anderem der Verbraucherschutz bei der Riester-Rente verbessert werden soll. Geschäftsbericht 2008–2012 45 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Der Bundeswahlbeauftragte für die Sozialwahlen, Gerald Weiß, stellt im Bundesministerium für Arbeit und Soziales den Schlussbericht über die Sozialwahlen 2011 vor. • 1. Oktober Arla Foods (schwedisch/dänischer Molkereikonzern und weltweit viertgrößte Molkereigenossenschaft, deren Eigentümer dänische, schwedische und deutsche Landwirte sind) fusioniert mit der Milch-Union Hocheifel eG. Im Jahr 2011 übernahm Arla bereits Hansa-Milch in Upahl und die Käserei Allgäuland. Arla ist damit die drittgrößte Molkerei in Deutschland. • 2. Oktober Der DGB legt ein Positionspapier mit zentralen Forderungen an den Gesetzgeber vor, um Lohndumping durch Werkverträge zu unterbinden. • 7. Oktober 5. Welttag für menschenwürdige Arbeit. Der DGB organisiert eine internationale Fachkonferenz zum Thema „Gute Arbeit – weltweit!“ in Berlin. Franz-Josef Möllenberg spricht zur ILO Convention 189 zur Situation von Hausangestellten. • 8. Oktober Der Rettungsschirm ESM startet. • 19. bis 21. Oktober Die NGG-Bundesfrauenkonferenz 2012 findet im BZO statt. Es nehmen 96 Delegierte sowie weitere Gäste teil. • 23. Oktober Unilever will sich Einsparungen von ca. 40 Millionen Euro bei den Beschäftigten holen und kündigt an, dies auch mit dem Austritt aus den Arbeitgeberverbänden umzusetzen. • 25. Oktober Der Deutsche Bundestag hebt die Einkommensgrenze für Minijobber von 400 auf 450 Euro an. • 31. Oktober Das Arbeitsgericht Bonn entscheidet auf Antrag von NGG, ver.di, den Ländern Berlin und NRW, dass der Verband Land- und Ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB) keine Gewerkschaft ist. • 6. November Barack Obama wird für eine zweite Amtszeit zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. • 7. November Franz-Josef Möllenberg ist seit 20 Jahren Vorsitzender der NGG. • 11. November Vor 60 Jahren trat das Betriebsverfassungsgesetz in Kraft. • 12. November Die Euro-Staaten erklären ihre Bereitschaft, Griechenland weitere Hilfen zukommen zu lassen. 46 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Aktions- und Solidaritätstag des Europäischen Gewerkschaftsbundes – für einen europäischen Sozialpakt. Motto: For Jobs and Solidarity in Europe. No to Austerity“. • 15. November Die Gewerkschaften stellen ihre Anforderungen an eine Reform der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen vor. • 20. November Das Bundesarbeitsgericht entscheidet, dass das Recht auf Koalitionsfreiheit und damit auch das Streikrecht grundsätzlich ebenfalls für die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen gilt. • 25. November Gedenktag „Nein zu Gewalt an Frauen“/Fahnenaktion. NGG beteiligt sich wie seit Jahren. • 28. November Die Bundesregierung stellt den auf Initiative einzelner Ministerien geschönten vierten Armuts- und Reichtumsbericht vor. • 5. Dezember Die Bundesregierung schafft auf Drängen von Gewerkschaften und Arbeitgebern die Voraussetzungen, das Kurzarbeitergeld von sechs auf zwölf Monate zu verlängern. • 6. Dezember In Berlin beginnt die zweite Verhandlungsrunde mit der CCE AG über Entgelterhöhung und Beschäftigungssicherung. Zuvor hatte das Unternehmen angekündigt, 450 Arbeitsplätze abzubauen. „Bündnis für ein menschenwürdiges Existenzminimum“ stellt Positionspapier vor (DGB und andere Verbände). • 10. Dezember Die Europäische Union wird mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. • 14. Dezember Der Bundesrat beschließt, beim Bundesverfassungsgericht eine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der NPD zu beantragen. Die Chronik der letzten fünf Jahre macht deutlich, was alles in dieser Zeit passiert ist, wie vielen Herausforderungen wir uns gestellt haben. Aber nicht nur die großen Themen haben unsere Arbeit geprägt, auch die branchenspezifischen Auswirkungen der „großen Themen“ bestimmen die Situation für unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben. Sie sind Grundlage der Handlungsmöglichkeiten, die die Gewerkschaft NGG hat. Deshalb haben wir auf den folgenden Seiten die Grundlagen der Arbeit in der Ernährungswirtschaft und im Hotel- und Gaststättengewerbe beschrieben. Dabei geht es nicht darum, alle Einzelheiten umfassend zu beleuchten, vielmehr sollen die wichtigsten Entwicklungstendenzen herausgestellt werden, die die Arbeit in den Branchen bestimmt haben. Geschäftsbericht 2008–2012 47 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 2. Lebensmittelproduktion – Produkte für das Leben Die Ernährungswirtschaft in Deutschland umfasst die Produkte der Lebensmittelindustrie. In dieser Branche sind aber beispielsweise auch die Rohstoffverarbeiter für die Tierernährung erfasst, ebenso die Betriebe des Bäcker-, Fleischer- und Konditorenhandwerks. Die Lebensmittelwirtschaft ist nur ein Teil dieser großen Branche, in Deutschland ist dies ein unbekannter Riese. Es geht um den Industriezweig in unserem Land, der mit seinen Produkten die Ernährung von über 80 Millionen Bürgerinnen und Bürgern auf einem hohen Niveau sicherstellt und gleichzeitig einen immer größer werdenden Anteil an Produkten für den Export meist ins europäische Ausland herstellt. Die Ernährungswirtschaft ist in den letzten rund 15 Jahren ein relativ stabiler Faktor des Arbeitsmarktes der Bundesrepublik, mehr als eine halbe Million Beschäftigte arbeiten in den rund 6.000 unterschiedlichen Betrieben. Die Anzahl der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten ist über den gesamten Zeitraum gesehen weitgehend stabil. Damit ist die Branche der viertgrößte Industriezweig in Deutschland. Auch wenn die Ernährungswirtschaft überwiegend durch eine klein- und mittelbetriebliche Betriebsstruktur gekennzeichnet ist, so spielen doch die weltweiten Multis der Branche, wie beispielsweise Nestlé, Unilever, Mondelez, Coca-Cola oder Danone sowohl für die Produktionsbedingungen in Deutschland und durch ihre weltweite Strategie der Sicherung der Rohstoffgrundlagen eine entscheidende Rolle. Gleichzeitig haben sie einen wesentlichen Einfluss auf die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen in der Branche, trotz der kleinteiligen Tarifgestaltung in der Ernährungswirtschaft. Aber nicht nur die internationalen Multis sind durch ihre schiere Größe und ihre zentrale Steuerung von besonderer Bedeutung in der Ernährungswirtschaft, die Tendenzen zur Konzentration und zur Herausbildung von wichtigen Unternehmensgruppen in verschiedenen Teilbranchen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Dies gilt beispielsweise in der Geflügelverarbeitung, der Salatherstellung, der Fleischverarbeitung, aber auch in der Brotindustrie. In all diesen Teilbranchen hat es Unternehmenszusammenschlüsse zu größeren Anbietern gegeben. 48 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Diese Fusionen sind auch eine Antwort auf den hohen Konzentrationsgrad im Lebensmitteleinzelhandel. Die vier größten Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel (Edeka-Gruppe, Rewe-Gruppe, Schwarz-Gruppe, Aldi-Gruppe) haben im Jahr 2012 mehr als zwei Drittel des gesamten Lebensmittelumsatzes auf sich vereint. Diesen vier Abnehmern stehen in der Ernährungsindustrie rund 6.000 produzierende Betriebe gegenüber. Das ungleiche Verhältnis wird aus diesen zwei Zahlen augenfällig. Die Struktur der deutschen Ernährungsindustrie ist durch eine intensive Kooperation innerhalb der Wertschöpfungskette geprägt. An den Standorten von Lebensmittelbetrieben gibt es oft Zentren („Cluster“), an denen sich vor- und nachgelagerte Industrien, wie Verpackungshersteller, Anlagenbauer, Speditionen oder andere Dienstleister angesiedelt haben. Die hohe Produktivität der Branche trotz der mittelständischen Struktur ist im Zusammenwirken mit den deutschen Anlagebauern von besonderer Wichtigkeit für die internationale Konkurrenzfähigkeit. Anteile am Lebensmittelumsatz im Handel 2011 (in Prozent, gerundet) Schwarz-Gruppe 13,8 Aldi Gruppe 12,0 Metro Gruppe 6,8 Rewe-Gruppe 14,9 Lekkerland 4,5 dm 2,4 Schlecker 2,2 Rossmann 1,7 Transgourmet (D) 1,5 Edeka-Gruppe 25,3 Sonstige 15,1 Quelle: Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie, 2012 3. Lebensmittelpolitik – ein Thema der Gewerkschaft NGG! Die Grundlagen der Lebensmittelproduktion in Deutschland sind durch die einschlägigen Gesetze und Verordnungen festgelegt. In immer stärkerem Maße nehmen Gesetzesvorhaben aus Brüssel Einfluss auf die europaweite Lebensmittelproduktion. Dabei ist festzustellen, dass die von unseren Kolleginnen und Kollegen hergestellten Produkte eine sichere Ernährung für über 80 Millionen Menschen in Deutschland ermöglichen. Allerdings gibt es immer wieder Lebensmittelskandale, die Arbeitsplätze gefährden und die dem Ruf der Branche nachhaltig schaden. Wir verurteilen grundsätzlich jede kriminelle Form von Lebensmittelproduktion, die die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gefährdet. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, dass Beschäftigte, die den Mut aufbringen, derartige Vergehen öffentlich zu machen („Whistleblower“), nicht arbeitsrechtlich bestraft werden dürfen. In der Lebensmittelproduktion muss das höchstmögliche Schutzniveau Grundlage der Produktion sein, die Konsumenten müssen durch einen Herkunftsnachweis nachvollziehen können, worher die Produkte kommen, und kriminelle Machenschaften müssen mit allen Mitteln verfolgt werden. Dazu gehört auch eine Verstärkung der staatlichen Gewerbeaufsicht. Viele Skandale hängen damit zusammen, dass keine staatlichen Eingangskontrollen von Waren stattfinden und die freiwilligen Kontrollen der Unternehmen oft lückenhaft sind. Auch die in der Lebensmittelindustrie stattfindende „Just-in-time“-Produktion erlaubt es kaum noch, Proben zu nehmen, die Untersuchung abzuwarten und erst dann die entsprechenden Stoffe für den Produktionsprozess freizugeben. Geschäftsbericht 2008–2012 49 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Im Alltag der Produktion ist dies normalerweise kein Thema, dennoch haben Lebensmittelskandale in den letzten Jahren den Ruf der Lebensmittelindustrie beschädigt und vor allem das Verbrauchervertrauen erheblich erschüttert. Die Lebensmittelproduktion ist eine Hightechindustrie, bei der Rohstoffverarbeitung, Verfahrenstechnik und hygienische Verpackung Hand in Hand spielen müssen, damit keine Probleme entstehen. Oft gibt es Differenzen zwischen den Werbeaussagen der Lebensmittelindustrie und der Wirklichkeit in den Betrieben. In den Industriebetrieben der Branchen sind beispielsweise nicht einzelne Handwerksmeister mit Schöpflöffel am Kupferkessel zu finden, die Wirklichkeit ist, dass hoch qualifizierte Lebensmitteltechnikerinnen und -techniker Hand in Hand bei unterschiedlichen Produktionsschritten tätig sind. Und es muss auch deutlich gemacht werden, dass Lebensmittelpolitik aus Sicht der Gewerkschaft heißt: Es muss klar sein, woher Produkte kommen und welche Inhaltsstoffe sie haben. Und wenn die Warendeklarationen lesbar und allgemein verständlich sind, dann kann der Verbraucher entscheiden, welche Ware er kaufen kann. Dabei wird es Unterschiede je nach persönlichem Bedürfnis und auch nach Geldbeutel geben. Viele Skandale rühren aus falschen Annahmen und unklaren Botschaften der Werbung her, die vom Verbraucher eindeutig nicht nachvollziehbar sind. Die neue Strategie der EU zur Verbesserung der Gesundheit der EU-Bürger ist es, gegen Produkte der Lebensmittelindustrie vorzugehen. Dabei stehen inzwischen auch Produkte im Fokus, bei denen vermeintlich eines der drei Attribute zutrifft: zu süß, zu salzig, zu fettig. Gegen Lebens- und Genussmittel, die diesen vermeintlichen Makel tragen, hat die EU weitere Maßnahmen angekündigt. Die Gewerkschaft NGG unterstützt Initiativen, die den Zusammenhang zwischen Essen und Lebensart thematisieren. Deshalb sind wir u. a. engagiert in der Initiative Platform „Ernährung und Bewegung“ (PEB). Die Plattform „Ernährung und Bewegung e.V.“ hat sich zum Ziel gesetzt, besonders der Entstehung von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen vorzubeugen. Dabei soll durch die notwendige Überzeugungsarbeit ein gesunder Lebensstil bei Kindern und Jugendlichen erreicht werden, mehr Bewegung und bewustere Ernährung sind wesentliche Bestandteile dieser Arbeit. Die Plattform will Wissen vermitteln, Multiplikatoren qualifizieren und die Öffentlichkeit informieren. Es sollen neue Ansätze erprobt werden, um eine „gute Praxis“ zu entwickeln. Seit der Gründung 2004 ist die Gewerkschaft NGG durch den Vorsitzenden Franz-Josef Möllenberg im Vorstand des Vereins vertreten. Gemeinsam mit weiteren 100 Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Wirtschaft und den Spitzenverbänden von Sport und Krankenkassen beteiligen wir uns an der Fortentwicklung der Arbeit des Vereins. Das bekannteste Projekt der Plattform ist die Comic- und Puppenspielserie „Peb und Pebber“, die auf die vorschulische Erziehung abzielt und besonders Bewegungsspiele für Kindergärten als erstrebenswertes Programm hervorhebt. 50 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 4. Lebensmittelwirtschaft – Finanzmarktkrise und Rohstoffspekulation Im Jahre 2008 wurden die Folgen der politisch gewollten Deregulierung der Finanzmärkte offensichtlich: Den Luftgeschäften der Spekulanten in den Banken standen keine realen Werte gegenüber. Um einen Zusammenbruch des ökonomischen Systems zu verhindern, wurden die Verluste des finanzmarktgetriebenen Kapitalismus sozialisiert, die Kosten dafür wurden auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abgewälzt. Nur durch die enormen öffentlichen Rettungszahlungen konnte ein globaler Zusammenbruch der Wirtschaft verhindert werden. Und dies alles nur deshalb, weil diejenigen, die von den Luftgeschäften profitiert hatten, keine realen Gegenwerte geschaffen hatten und letztlich die Banken die ausgeliehenen Gelder nicht mehr realisieren konnten. Die Ernährungswirtschaft hat auch in der Finanzkrise in weiten Teilen eine stabile Entwicklung aufweisen können. Allerdings ist das Ernährungsgewerbe insbesondere in seinen exportorientierten Unternehmen durch die Finanzkrise und ihre Auswirkungen im Ausland von Absatzproblemen betroffen, wenn auch in deutlich geringerem Maße als beispielsweise die Automobilindustrie. Im Hotel- und Gaststättengewerbe war in der Folge der Finanzkrise ein deutlicher Rückgang der Umsätze besonders im Beherbergungsgewerbe festzustellen. In der Folge der Finanzkrise sind ab 2008 die agrarischen Rohstoffe als Produktionsgrundlagen der Ernährungswirtschaft ein herausgehobenes Ziel der Spekulation geworden. Auch vor der Finanzkrise gab es die Spekulation mit Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion durch Lieferverträge, die der Sicherung der Produktionsgrundlagen diente. Danach ist die Bedeutung von Spekulationen in der „realen Welt“ erheblich gestiegen. Dies hat eine Verteuerung der Rohstoffe zur Folge gehabt. Die weltweiten Ungleichgewichte zwischen Defizit- und Überschussländern befördern in ganz besonderer Weise die Spekulation mit Rohstoffen. Dies wird uns als Vorwand in zahlreichen Tarifverhandlungen vorgehalten; die Bedeutung von internationaler Rohstoffspekulation ist aber nur für wenige Produkte entscheidend. Knapp 80 Prozent der zu verarbeitenden Rohstoffe der Lebensmittelindustrie kommen aus der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland. Allerdings gibt es bestimmte Produkte, die zum Beispiel aus Rohstoffen hergestellt werden, die aus klimatischen Gründen in Deutschland nicht wachsen (Kakao, Kaffee). Dort spielt dies natürlich eine größere Rolle. Trotzdem ist die Diskussion über die Rohstoffpreisentwicklung ein wichtiges Thema für die Lebensmittelbranche. In diesem Zusammenhang sind auch die Folgen des Klimawandels, die Flächenkonkurrenz von Nahrungsmittelproduktion und Rohstoffmasse zur Bioenergieerzeugung zu nennen. Weiter geht es auch darum, dass bestimmte Länder der sich entwickelnden Welt sich immer größere Ackerflächen aneignen („Landgrabbing“), um auf diesen Flächen Produkte für ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger anzubauen. Um diese Prozesse zu steuern, bedürfte es einer weitreichenden Zusammenarbeit. Da es auf internationaler Ebene keine umwelt- und klimapolitischen Globalziele gibt, die allgemein akzeptiert sind, entscheiden hier kurzfristige Wettbewerbsvorteile der jeweiligen Landbesitzer oder Spekulanten. Solange die Rohstoffströme und -erwartungen nicht transparent sind, solange Ernten zum Teil langfristig spekulationsbezogen verkauft sind, wird es nicht gelingen, eine stabile RohGeschäftsbericht 2008–2012 51 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien stoffversorgung mit nachvollziehbaren Preisen für die produzierende Industrie und damit für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu sichern. Die Spekulation mit Nahrungsmittelrohstoffen hat negative Auswirkungen auf die Lebensmittelpreise und führt dazu, dass sich arme Menschen Lebensmittel nicht oder nur kaum leisten können. Die reine Finanzspekulation dient nicht der Preisabsicherung von Rohstoffhändlern und der Preisfindung. Die Gewerkschaft NGG hat sich klar gegen diese Spekulation mit Nahrungsmittelrohstoffen ausgesprochen. Notwendig ist daher, für Transparenz an den Märkten für Nahrungsmittelrohstoffe zu sorgen durch • verpflichtende Berichtspflichten, egal, ob an einer Börse oder außerhalb der Börse gehandelt wird, • Verbot von Investmentfonds auf Märkten für Nahrungsmittelrohstoffe, • die Einführung von Produktionsbegrenzung, • starkes Kontrollrecht für Aufsichtsbehörden. Die NGG hat sich deshalb mit Nicht-Regierungsorganisationen in der Kampagne „Mit Essen spielt man nicht!“ zusammengeschlossen, um diese Forderungen durchzusetzen. Allerdings: Die notwendigen Maßnahmen gegen die Spekulation allein werden den Hunger in der Welt nicht beenden. Aber sie sind ein wichtiger Schritt dazu. Hinzu kommt, dass sich Menschen Nahrungsmittel leisten können müssen. Dies erfordert Arbeit mit gesichertem Einkommen, von dem Menschen leben können. Während wir über einen langen Zeitraum einen stetigen Bedeutungszuwachs der internationalen Konzerne und der staatlichen Nachfrager festgestellt haben, so beschleunigt sich dieser Prozess aufgrund der weltweiten Rohstoffverknappung. In diesem Kreislauf sind die kapitalstarken internationalen Konzerne, die sich frühzeitig Ernten zu niedrigeren Preisen sichern können, deutlich im Vorteil. 52 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien An die Abgeordneten des Deutschen Bundestages JA ZU EUROPA! JA ZUM EURO! Demokratie stärken, Wachstum fördern, Beschäftigung sichern, Euro stabilisieren Unsere Mütter und Väter haben ein friedliches Europa auf den Trümmern zweier Weltkriege aufgebaut. Es ist unsere Verantwortung, das geeinte Europa für unsere Kinder und Enkel zu bewahren. Heute besteht die Gefahr, dass wir in nationale Abgrenzungen zurückfallen und das Verbindende aus den Augen verlieren. Es geht auch um Griechenland oder den Euro, aber es geht vor allem um unser gemeinsames europäisches Projekt. Die Währungsunion ist ein Meilenstein der Europäischen In- tegration. Heute müssen wir Europa sozial und demokratisch weiter entwickeln. Dafür brauchen wir mehr Demokratie in Europa, eine demokratisch legitimierte Wirtschafts- und Finanzregierung, die Respektierung der Tarifautonomie und vor allem eine mutige Politik. ein Zukunftsprogramm, das in allen europäischen Ländern Wachstum fördert, Beschäftigung sichert und den Euro stabilisiert. Vermögende, hohe Einkommen und Kapitaleinkünfte müssen zur Bewältigung der Krise einen deutlich höheren Beitrag leisten. Wer nur über Ausgabenkürzungen und soziale Einschnitte die öffentlichen Haushalte konsolidieren will, gefährdet den sozialen Frieden und verliert die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zur europäischen Idee. Europa braucht Die Regierungen der europäischen Staaten und die EUKommission haben es bisher versäumt, die Finanzmärkte wirkungsvollen Regeln zu unterwerfen. Europa wurde deshalb immer mehr zum Spielball der Spekulanten. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages tragen eine große Verantwortung, denn sie stimmen nicht nur über den Rettungsschirm ab, sondern über die Zukunft Europas. Ohne gemeinsame Anstrengungen aller Länder der Eurozone droht der Zerfall der gemeinsamen Währung mit weitreichenden Folgen für Wohlstand und Beschäftigung. EUROPA BRAUCHT DEUTSCHLAND UND DEUTSCHLAND BRAUCHT EUROPA. DESHALB WERBEN WIR FÜR DIE ZUSTIMMUNG ZUM RETTUNGSSCHIRM EFSF. Michael Sommer, DGB Deutscher Gewerkschaftsbund Klaus Wiesehügel, IG Bauen-Agrar-Umwelt Michael Vassiliadis, IG Bergbau, Chemie, Energie Alexander Kirchner, EVG - Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft Ulrich Thöne, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Berthold Huber, IG Metall Franz-Josef Möllenberg, Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten 5. Europäischer Fiskalpakt und die Auswirkungen auf die NGG-Branchen Bernhard Witthaut, Gewerkschaft der Polizei Die Vorsitzenden der DGBGewerkschaften fordern die soziale Ausgestaltung der EU. Während wir im letzten Abschnitt die Folgen der Finanzkrise für die Lebensmittelindustrie unter dem Gesichtspunkt von Lebensmittelproduktion und Rohstoffspekulation beleuchtet haben, geht es hier um die politische Dimension der Folgen der Bankenkrise für Europa. Die Weltwirtschaftskrise von 2008 hatte ihre Ursache in der grenzenlosen Spekulation der Banken. In der Folge hat die Bankenrettung durch die jeweiligen Nationalstaaten unmittelbar zu einem scharfen Anstieg der Staatsverschuldung und zur Krise insbesondere im Euro-Raum geführt. Gleichzeitig ist von Investmentbanken gegen den Euro gewettet worden, um möglichst hohe spekulative Profite zu erzielen. Während 2008 zunächst ein tieferes Abrutschen in die Krise durch ein entschlossenes Gegensteuern mit einem Politik-Mix aus u. a. Investitionsprogrammen (z. B. Abwrackprämie für Altautos) und Kreditverbilligungen verhindert werden konnte, sind alle Regierungen der EU danach dazu übergegangen, ausschließlich die Verringerung der Staatsschulden anzugehen und strukturelle Probleme zu vernachlässigen. Ausdruck dieser kurzsichtigen Politik ist der EU-Fiskalpakt, mit dem sich u. a. die Länder der Euro-Zone zu einer strikten Sparpolitik verpflichten. Der Fiskalpakt ist strikter als die in Deutschland geltende Schuldenbremse im Grundgesetz. Der EU-Fiskalpakt ist undemokratisch. Er kann nicht einseitig gekündigt werden, sondern kann nur – und dies ist praktisch unmöglich – durch alle Vertragsstaaten gemeinsam aufgehoben werden. Er bindet unabhängig von anderen Regierungsmehrheiten alle künftigen Regierungen in Deutschland und der Euro-Zone. Damit ist diese neoliberale Schuldensenkungspolitik auf unabsehbare Zeit der Maßstab für das politische Handeln in der Eurozone. Der EU-Fiskalpakt und die Schuldenbremse im Grundgesetz werden dazu führen, dass insbesondere eine schwarz-gelbe Regierung durch massive Einschnitte in die staatlichen Sozialleistungen versucht, die Sparvorgaben zu erreichen. Dies lehnen wir ab. Wir haben mit den anderen DGB-Gewerkschaften diese Ablehnung deutlich gemacht und insbesondere versucht, die Folgen klarzumachen. Geschäftsbericht 2008–2012 Frank Bsirske, ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft 53 V.i.S.d.P.: Bündnis Umfairteilen, Warschauer Str. 58 a,10243 Berlin. Entwurf: ZITRUSBLAU.de Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Mit diesen Plakatmotiven verdeutlichte die Initiative „umfairteilen“ die soziale Schieflage in Deutschland für die Demonstrationen am 29. September 2012. Reichtum besteuern www.umfairteilen.de Im Gegensatz zu dieser einseitigen Sparpolitik wäre eine politische Alternative, die Perspektiven insbesondere für die Länder mit hohen Schulden aufzeigt, dringend notwendig. Notwendig wäre ein gesamteuropäisches Wachstumsprogramm, das die Besonderheiten der einzelnen Länder und ihrer eventuellen strukturellen Nachteile berücksichtigt. Denn allein durch Sparmaßnahmen lassen sich die europäischen Staatshaushalte nicht in Ordnung bringen. In sechs Sprachen rief EFFAT zur Demonstration auf. PPT O T S SOZIALDUMPING! AUSBEUTUNG · DEREGULIERUNG · STRAFLOSE ARBEITGEBERKRIMINALITÄT · SCHEINENTSENDUNG BRIEFKASTENFIRMEN · SOZIALABGABENBETRUG · SCHEINSELBSTÄNDIGKEIT · UNFAIRER WETTBEWERB EFFAT fordert die EU dringend dazu auf, die dringenden Probleme des SOZIALDUMPINGS bei Löhnen, Arbeitsbedingungen und sozialer Absicherung anzugehen. Wir brauchen: WIRKSAME VORBEUGUNG, EFFEKTIVE KONTROLLEN und ABSCHRECKENDE SANKTIONEN. Die geplante Umsetzungsrichtlinie zur Arbeitnehmerentsendung muss wirksame Massnahmen enthalten, die jede grenzüberschreitende Form von Sozialabgabenbetrug, Scheinentsendung, Scheinselbständigkeit und Briefkastenfirmen stoppen. Zugleich müssen wir GLEICHEN LOHN und GLEICHE RECHTE für gleiche Arbeit garantieren. Der durch die Sparpolitik verursachte Nachfrageausfall wird das Problem Arbeitslosigkeit, und besonders der Jugendarbeitslosigkeit, in den am meisten betroffenen Ländern, wie Griechenland, Italien, Spanien und Portugal, weiter verschärfen. Einen viel beachteten Vorschlag für eine andere Politik haben der DGB und die Einzelgewerkschaften 2012 vorgelegt (DGB-Marshallplan für Europa). Fast alle Länder der EU haben in den vergangenen Jahren eine Politik betrieben, die hohe Einkommen und Vermögen von Steuern und Abgaben entlastet. Damit muss Schluss sein. Jeden Tag werden aus dem Ausland entsandte Arbeiter mithilfe von organisierten Subunternehmen, Leiharbeitsfirmen und Arbeitsagenten ausgebeutet. Deshalb sollten Hauptunternehmer für jeden sozialen Betrug haften, den ALLE für sie tätigen Subunternehmer, Leiharbeitsfirmen und -agenturen begehen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind auf einen funktionierenden, gut ausgebauten Sozialstaat mit zum Beispiel ausreichend Kindertagesstätten und einem guten Gesundheitssystem, aber auch guten öffentlichen Schulen und intaktem öffentlichen Verkehrssystem angewiesen. Daher ist es an der Zeit, dass eine Vermögenssteuer wieder eingeführt wird sowie eine Transaktionssteuer auf Finanztransaktionen aller Art. Daneben ist eine höhere Besteuerung von 54 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien großen Erbschaften und Kapitalvermögen notwendig. Entsprechende Beschlüsse hat der Gewerkschaftstag 2008 gefasst. Die NGG hat sich deshalb am Bündnis „umfairteilen“ beteiligt. Die Politik in der EU braucht einen Kurswechsel. Die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen gestärkt werden. Gerade die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Organisationsbereich der NGG, zum Beispiel in der Fleischindustrie, haben bitter spüren müssen, dass die EU und die nationalen Regierungen ihren Schutz vernachlässigt haben durch unzureichende Regelungen, zum Beispiel in der Entsende-Richtlinie. Zu diesem Thema hat der NGG-Hauptvorstand im November 2012 in einer Resolution an die Europa-Abgeordneten Stellung genommen und die besondere Betroffenheit in den NGG-Branchen herausgestellt. Gemeinsam mit den europäischen Bruder- und Schwestergewerkschaften haben wir eine Demonstration in Brüssel zu diesem Thema durchgeführt. Um die Bedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU zu verbessern, ist es notwendig, • der Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Rahmen der EntsendeRichtlinie einen Riegel vorzuschieben, • die europäischen Unternehmenssteuern zu harmonisieren, um den Unterbietungswettbewerb der Staaten zu beenden, • die Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken, u. a. durch echte Mitbestimmungsrechte für europäische Betriebsräte, • die sozialen Rechte gegenüber dem Binnenmarkt zu stärken, • in Deutschland einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn von zunächst 8,50 Euro einzuführen. 6. Internationale Arbeit IUL Die internationale Verknüpfung der Unternehmen und ihre zum Teil weltweiten Strategien haben schon vor Jahrzehnten zur Bildung von internationalen Gewerkschaftsbünden geführt. Einer der ältesten ist die 1920 gegründete Internationale der Lebensmittelarbeiter- und Gastgewerbegewerkschaften (IUL). Der Generalsekretär ist seit 1997 Ron Oswald. Die IUL vertritt weltweit rund 340 zusammengeschlossene Gewerkschaftsorganisationen mit mehr als zwölf Millionen Mitgliedern in 120 Ländern. Der Hauptsitz der IUL ist in Genf, es gibt Regionalbüros in allen Erdteilen, um entsprechend der örtlichen Bedingungen die Arbeit der Mitgliedsorganisationen zu unterstützen. Auch in der letzten Periode nach dem IUL-Kongress 2007 war die Arbeit davon geprägt, Durchsetzungsfähigkeit durch mehr Mitglieder zu gewinnen bzw. zu sichern. Dieser Schwerpunkt wurde auch im Kongress 2012 mit dem Motto „organisieren, kämpfen, gewinnen“ fortgesetzt. In diesem Zusammenhang haben sich die Mitgliedsgewerkschaften insbesondere mit den Fragen der Organisierung von Mitgliedern auseinandergesetzt. Das wichtigste Thema ist auf allen Kontinenten der Kampf gegen prekäre, unsichere Arbeitsverhältnisse, die überall von den Arbeitgebern als Strategie zur Lohnsenkung und zur ZurückGeschäftsbericht 2008–2012 55 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien drängung des Einflusses von Gewerkschaften genutzt werden. NGG hat gemeinsam mit unserer österreichischen Brudergewerkschaft PRO-GE zum Kongress 2012 Anträge zur Sicherung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisations (ILO) sowie zur Beendigung der Spekulation mit Nahrungsmitteln eingebracht, die einstimmig angenommen worden sind. Delegierte auf dem IUL-Kongress 2012 Die internationale Arbeit ist bei NGG überwiegend gekennzeichnet durch die konkrete Unterstützung von bestimmten, meist unternehmensbezogenen Solidaritätsaktionen, zu denen unsere Internationale IUL aufruft. Hier gibt es meist für einen der 340 Mitgliedsverbände von IUL Auseinandersetzungen mit der Arbeitgeberseite, die nicht mit den Möglichkeiten vor Ort gelöst werden können. Dabei müssen wir uns immer vor Augen führen, dass Gewerkschaftsrechte als Menschenrechte nicht selbstverständlich sind. In zahlreichen Staaten Asiens, aber auch in Russland, Afrika und in Lateinamerika werden die Rechte von Gewerkschaften nicht entsprechend der Kernarbeitsnormen der ILO akzeptiert. Noch schlimmer ist die Situation für Beschäftigte in China, wo es überhaupt keine Versammlungsfreiheit, keine Tarifverträge und keine freien Gewerkschaften gibt. Die Unterstützungsmaßnahmen der IUL-Schwesterorganisationen führen meist dazu, den vorher lokalen Konflikt zu internationalisieren und die über den Einzelbetrieb hinausgehende Arbeitgeberstrategie zu verdeutlichen. Das ist für NGG und die bei uns organisierten Betriebsräte immer wieder der Grund, sich in derartige Konflikte aufseiten unserer Schwesterorganisationen einzumischen und so eine Lösung zu unterstützen. Deshalb haben zum Beispiel die bei NGG organisierten Betriebsräte von Nestlé mehrfach Stellung bezogen in einem Konflikt, den eine IUL-Mitgliedsorganisation in einer Nestlé-Fabrik in Panjang hatte. Hier sollte die Anerkennung der IUL-Schwestergewerkschaft als Verhandlungspartnerin von der örtlichen Unternehmensleitung hintertrieben werden. Am Ende konnte der Konflikt mit einem Sieg der Gewerkschaft beendet werden. 56 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien und „Es gibt so viele Dinge, die wir euch mitteilen wollen: Die Augenblicke der Not sein, den Augenblick, als wir unter Tränen unsere Frauen umarmten in dem Bewusst Sieg den über sich gen Vierjähri gesiegt zu haben. Den Augenblick, als selbst unsere Arbeifreuen und schreien konnten: „Hidup buruh, hidup serikat buruh“ („Es lebe die Kindern unseren Weg, besseren terschaft, es lebe die Gewerkschaft!“). Gibt es einen Dankesbotschaft des Präsidenten der Gewerkschaft der NestléBeschäftigten in Panjang (SBNIP) beizubringen, was es heißt, zu kämpfen? Dieser Kampf hat uns viel gelehrt. Das Wichtigste war, dass wir in diesem Kampf dank der Solidarität der Arbeiterklasse und dank den Solidaritätsaktionen überleist ben konnten. Niemand kann die Kette der Solidarität zerreißen. Sie war da, sie da, und sie wird für immer da sein. ein Gestern Nachmittag, nach dem ersten Tag unserer Wiedereinstellung, berief ich Frage, die stand Treffens des Treffen unserer Mitglieder ein. Auf der Tagesordnung wie wir all jenen, die zu diesem Sieg beigetragen haben, unsere Dankbarkeit zeigen können. Dann kam es unter den Mitgliedern und ihren Frauen zu einem Streit. , Einem großen! Einige Mitglieder machten den Vorschlag, Geschenke zu schicken schicken ke Geschen Leuten andere meinten dagegen, dass man dann viel zu vielen die müsste. Einige Mitglieder schlugen vor, eine weitere Kundgebung mit „Wir sind hoch„Danke“ ft Aufschri der 53“-T-Shirts zu veranstalten, aber ein Spruchband mit zuhalten. Aber das geht natürlich nicht, die Kampagne ist ja vorbei. en. Die Frauen machten den Vorschlag, die IUL-Führung nach Lampung einzulad ner Ehemän „Wir werden ein köstliches Essen für sie zubereiten. Seid unbesorgt!“ Die entsagten aber „Das ist Unsinn. Wisst ihr, wie weit dieser Ort von ihrem Wohnort fernt ist? Das wäre ein sehr teures Abendessen!“ MitDann schwiegen alle. Verwirrt. Dann meinte eine Teenie-Tochter eines unserer n, verstehe werden sie glieder: „Warum schickt ihr ihnen nicht einen Brief? Ich denke, dass ihr alle ihnen danken wollt. Schickt ihnen einfach ein paar Zeilen“. Das stimmt. Dann schrieb ich also im Namen aller SBNIP-Mitglieder und ihrer Angehörigen sen einfachen Brief an euch. Den Brief, an den wir vorher nie gedacht hatten, weil wir glaubten, dass das nicht genug wäre, um unseren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, unsere Dankbar- die- keit zu zeigen. Aber er kommt von uns. Ich übermittle euch die herzlichsten Grüße und den herzlichsten Dank „der 53“, anderer Mitglieder, ihrer Frauen, ihrer Kinder und ihrer Verwandten und Nachbarn. Vielen Dank.“ Geschäftsbericht 2008–2012 57 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Auch in der Lipton-Teefabrik von Unilever in Khanewal, Pakistan, ging es darum, dass das Unternehmen überwiegend prekäre Gelegenheitsarbeiter beschäftigt hat, um dauerhaft sichere Arbeitsplätze mit entsprechenden Rechten zu vermeiden. In einer Vereinbarung vom Oktober 2009 konnte die IUL erreichen, dass 200 Arbeitende fest eingestellt und dass ausstehende Zahlungen in das Pensionssystem nachträglich geleistet worden sind. Aber auch die internationale Solidaritätsarbeit über die Unternehmen hinaus spielt für NGG eine wichtige Rolle. So haben wir uns intensiv mit dem Konflikt um die türkischen Tabakarbeiter der Firma Tekel auseinandergesetzt. NGG · GEWERKSCHAFT NAHRUNG GENUSS GASTSTÄTTEN Für Gerechtigkeit Gegen staatliche Willkür Solidarität: Türkische Tabakarbeiter kämpfen seit Wochen um Erhalt ihrer Jobs 2006: Türkische Regierung verkauft Tabak- Die Gewerkschaft der Lebensmittelarbeiter – produktion an British American Tobacco. Tekgıda-ş – wehrt sich: Formen des Widerstan- 2009: 12.000 Menschen können arbeitslos des sind Sitzstreiks, Demonstrationen, Hunger- werden, wenn die Regierung ihre Dro- streiks. Polizei und Behörden versuchen, den Prohung wahr macht. Sie will nun auch die Produktionsstätten schließen, test zu unterdrücken – mit Verboten, Wasserwerfern, Pfefferspray. die noch in staatlicher Hand waren. Unsere türkischen Kolleginnen und Kollegen kämpfen um ihre Arbeit und um ihre Existenz. Sie brauchen unsere Unterstützung. Jetzt! V.i.S.d.P.: Gewerkschaft NGG · Hauptvorstand Unsere Kolleginnen und Kollegen brauchen Spenden! Spendenkonto: Gewerkschaft NGG · SEB Hamburg · BLZ 200 101 11 · Konto-Nr. 113 202 6600 · Kennwort: Soli-Tekel 58 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien NGG begrüßt die türkische Delegation der Tekgıda-İş im Bildungszentrum Oberjosbach, 2012 Unsere türkische Schwestergewerkschaft Tekgıda-İş war mit der Situation konfrontiert, dass bestehende Rohtabaklager des türkischen Tabakmonopols geschlossen und rechtswidrig den Beschäftigten keine Ersatzarbeitsplätze angeboten wurden. Zu diesem Thema haben wir in Absprache mit unserem türkischen Kollegen mehrere Informationen herausgegeben, Informationsveranstaltungen bundesweit unterstützt und natürlich auch konkret Geld gesammelt. NGG-Vertreter haben bei den Demonstrationen der türkischen Kollegen in Ankara gesprochen, unsere Solidarität bekundet und konkrete Hilfen gegeben. Nach Ende dieses Konfliktes haben wir mit den türkischen Kollegen auf ihren Wunsch hin zu Themen der Grundlagen der Gewerkschaftsarbeit und Mitgliedergewinnung, Betriebsräte und Tarifverträge gearbeitet und zwei Seminarwochen für die verantwortlichen politischen Sekretäre von Tekıda-İş organisiert. EFFAT Die im Jahre 2000 gegründete europäische Regionalorganisation der Gewerkschaften im Lebensmittel-, Agrar- und Tourismussektor hat 120 nationale Gewerkschaftsbünde in 35 Ländern als Mitglieder. EFFAT vertritt die Interessen von mehr als 2,6 Millionen Mitgliedern gegenüber den europäischen Institutionen und den zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbänden. In den letzten Jahren wurden in mehr als 100 transnationalen Konzernen in den EFFAT-Branchen europäische Betriebsräte (EBR) zur Vertretung der Interessen der Arbeitenden eingerichtet. Die Gewerkschaft NGG unterstützt die EBR in den in Deutschland vertretenen Unternehmen. Weiter gibt es einen “Sozialen Dialog“ in den Sektoren Landwirtschaft, Hotel- und Gaststättengewerbe, Catering, Zuckerwirtschaft und Tabakindustrie. Dort werden Themen besprochen, die auf europäischer Ebene für die Branchenentwicklung von besonderer Bedeutung sind. Mit „Food & Drink Europe“ der Vereinigung der Lebensmittelindustrie beginnt der „Soziale Dialog gerade erst. Der “Soziale Dialog“ hat in der europäischen Rechtssetzung einen besonderen Stellenwert, der nur durch anerkannte Träger, zu denen EFFAT gehört, erfüllt werden kann. Geschäftsbericht 2008–2012 59 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Gneralsekretär Harald Wiedenhofer auf dem EFFAT-Kongress 2009 Der 5. EFFAT-Kongress vom 20. bis 21. Oktober 2009 in Berlin hat unter dem Motto „Soziale Gerechtigkeit vom Feld auf den Teller“ stattgefunden. Ein Hauptthema war auch hier der Kampf gegen prekäre Beschäftigung. Auf dem Kongress wurde einstimmig eine Charta gegen prekäre Beschäftigung angenommen. NGG hat mit Anträgen zur Verbesserung der EBR-Richtlinie, zur Finanzmarktkrise sowie zur nachhaltigen Lebensmittelpolitik Position bezogen. Abstimmung der Delegierten auf dem EFFAT-Kongress 2009 Im Rahmen dieser Schwerpunktsetzung sind die gemeinsamen Aktivitäten mit den dänischen oder französischen Gewerkschaften gegen den Missbrauch von Werkverträgen in der Fleischbranche in Deutschland und ihren negativen Auswirkungen zu sehen. Wir sind uns mit unseren EFFAT–Kolleginnen und Kollegen einig, dass der Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen, insbesondere bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung, durch gesetzliche Maßnahmen eingeschränkt werden muss. 60 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Demo gegen Sozialdumping in Brüssel, 2013 Um der wirtschaftlichen Dimension des EU-Binnenmarktes auch eine soziale Dimension entgegenzusetzen, haben wir uns gemeinsam mit EFFAT beispielsweise gegen die sogenannte „Bolkestein-Richtlinie“ oder aber eine Verschlechterung des Arbeitnehmerschutzes bei Werkverträgen gewehrt. Gemeinsam mit den übrigen EGB-Gewerkschaften konnten eindrucksvolle Demonstrationen organisiert werden, die die Beratung im EU-Parlament beeinflusst haben. Sozialer Dialog in der europäischen Lebensmittel- und Getränkeindustrie Seit vielen Jahren bemühen sich die Gewerkschaften auf europäischer Ebene, einen strukturierten, ständigen Dialog mit den Arbeitgeberverbänden zu Branchenthemen zu entwickeln. Das Ziel der Gewerkschaften ist es, für die Zukunftsfähigkeit der Arbeitsplätze mitzusorgen. Auch kritische Branchenthemen wie Werkverträge oder prekäre Arbeit sollen thematisiert werden. 2012 wurde erstmals eine entsprechende Vereinbarung der europäischen Spitzenorganisationen EFFAT und FoodDrinkEurope abgeschlossen und damit dieser Sozialdialog installiert. NGG wird durch Claus-Harald Güster vertreten. Die ersten Themen sind: • Sicherung der zukünftigen Fachkräftebedarfe • Bewältigung des demografischen Wandels in den Betrieben • Förderung der Beschäftigungsfähigkeit In einer Sektorstudie in diesem größten Industriezweig Europas analysieren Experten der Sozialpartner, Unternehmensvertreter und Betriebsräte, Berufsbildner und der Hochschulen die in den Mitgliedsländern existierenden Berufs- und Qualifikationsprofile sowie die Aus-, Fortund Weiterbildungssysteme in der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. In einem zweiten Schritt sollen die veränderten Anforderungen an das Berufs- und Qualifikationssystem erfasst werden, die in den nächsten Jahren durch die weiteren Veränderungen in Geschäftsbericht 2008–2012 61 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien den Produktionstechnologien, -verfahren und -prozessen bei der Herstellung von Lebensmitteln und Getränken erwartet werden. Aus den Ergebnissen sollen zukünftige europäische Qualifikationsprofile abgeleitet werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie zu stärken, Beschäftigung zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. EFFAT und FoodDrinkEurope wollen sich zudem, angesichts gravierender Veränderungen der Belegschaftsstrukturen, über gute Praktiken zur Gestaltung des demografischen Wandels und der Schaffung alters- und alternsgerechter Arbeitsbedingungen austauschen. Ein weiteres Thema des begonnenen Dialogs sind die Folgen der gemeinsamen Agrarpolitik der EU auf die Entwicklung und die Perspektiven der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie. Der europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) Der EWSA wird von den Organen der Europäischen Union bei der Entwicklung ihrer Politik und der Gesetzgebung konsultiert. Grundlage der Arbeit des EWSA sind die Römischen Verträge. Heute gehören dem Ausschuss 344 Mitglieder aus 27 Ländern der Europäischen Union an, die sich aus Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und verschiedenen Interessenvertretungen zusammensetzen. Seit 2009 ist die Gewerkschaft NGG durch Michaela Rosenberger in diesem wichtigen Gremium auf europäischer Ebene vertreten. Der EWSA hat in seiner Geschichte seit 1957 eine ganze Reihe von Erfolgen aufzuweisen. Dazu gehören die Aktivitäten zur Eingliederung von Neueinwanderern in die EU, das jährliche Jugendforum „Deine Meinung für Europa“, die Kampagnen zum Energiesparen und für nachhaltigen Verkehr. Weiter hat der EWSA Initiativen auf den Weg gebracht, die gesellschaftliche Bedeutung des Ehrenamtes herauszustellen. Europa steht vor großen Herausforderungen, auch die europäische Finanz- und Wirtschaftskrise lässt viele Bürgerinnen und Bürger an der europäischen Idee zweifeln. Der EWSA will einen ständigen Dialog zwischen den Entscheidern und der Zivilgesellschaft verankern und so die Demokratie mit einer starken Beteiligung der Bürger stärken. Der EWSA arbeitet für ein Europa, in dem menschliche Werte und soziale Gerechtigkeit im Mittelpunkt stehen. Dafür engagiert er sich für nachhaltiges Wachstum, einen schonenden Umgang mit der Umwelt und verantwortliches Handeln der EU im globalen Maßstab. ILO Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist eine Unterorganisation der Vereinten Nationen. Ihr Auftrag ist es, soziale Gerechtigkeit herzustellen. Dabei ist die ILO die einzige Organisation, bei der Gewerkschaften einen weltweit anerkannten Status haben. Die Entscheidungsgremien sind auf allen Ebenen zusammengesetzt aus Vertreterinnen und Vertretern der Arbeitgeber, der Gewerkschaften und der Mitgliedsstaaten. Durch diese Struktur ist gewährleistet, dass die Argumente der Gewerkschaften gleichberechtigt gehört werden. Das aktuelle Motto der ILO lautet „Förderung anständiger Arbeit für alle“. 62 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Im Rahmen dieser globalen Perspektive ist im Juni 2011 auf der Internationalen Arbeitskonferenz eine Konvention angenommen worden, mit der die Arbeitenden im Haushalt erstmals Arbeitnehmerstatus erhalten und Zugang zu den Arbeitsgesetzen der Länder haben sollen. Zwischen 53 und 100 Millionen Menschen, überwiegend Frauen, arbeiten weltweit in Haushalten, in Deutschland geht man von einer Zahl von rund 2,6 Millionen Haushalten aus, die Beschäftigte im Haushalt aufzuweisen haben. Allerdings gibt es nur rund 38.000 gemeldete sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland eine weit überwiegende Zahl in Schwarzarbeit tätig ist. Für NGG hat unsere Kollegin Sabine Alker aus Nordrhein-Westfahlen an der Diskussion auf der Internationalen Arbeitskonferenz teilgenommen, die dann zu dem großen Erfolg durch die Annahme einer Konvention geführt hat. Jubelnde Delegierte nach der Verabschiedung der Konvention 189 in Genf mit dem Generaldirektor der ILO, Juan Somavia, 2011 Die Konvention 189 stellt einen Meilenstein in der Absicherung der oft informell Beschäftigten in Haushalten dar. In Deutschland geht es jetzt darum, die Ratifizierung der Konvention durch die Bundesregierung sicherzustellen und damit auch anderen Staaten zu zeigen, dass die Ziele der Konvention auch auf Regierungsebene politisch unterstützt werden. 7. Gerechtigkeit in weiter Ferne Bereits am Ende des letzten Jahrhunderts hat die Gewerkschaft NGG aus den eigenen Erfahrungen in schlecht organisierten Branchen wie dem Hotel- und Gaststättengewerbe die Konsequenz gezogen und einen gesetzlichen Mindestlohn gefordert. In Abschnitt 3, 1.7 wird dieses Thema ausführlich behandelt. Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn resultierte auch daraus, dass wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet sehen durch ein immer weiteres Auseinanderdriften der Einkommen. Deshalb steht in der tarifpolitischen Agenda seit Langem Verteilungsgerechtigkeit ganz weit oben, im letzten Jahrzehnt hat es zahlreiche Tariferhöhungen gegeben, die Geschäftsbericht 2008–2012 63 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Entwicklung der Gewinn- und Vermögenseinkommen von höherer Besteuerung oder sonstigen Abgabenerhöhungen „gefressen“ worden sind. Neueste Untersuchungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) machen deutlich, dass die Inlandsnachfrage die bedeutendste Nachfragekomponente mit 57 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ist. Wohl und Wehe insbesondere der Ernährungswirtschaft hängt aufgrund ihrer 70-prozentigen Binnenorientierung vom verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte ab. Nach einer durch die Bankenkrise 2008/2009 hervorgerufenen Delle in der Entwicklung von Gewinnund Vermögenseinkommen geht es für diese Einkommensarten weiter steil aufwärts, die Arbeitnehmerentgelte liegen deutlich dahinter zurück. Quelle: Statistisches Bundesamt, WSI-Tarifarchiv, HBS, 2013 Soziale Unterschiede: ungerecht Noch dramatischer ist die Entwicklung der Einkommen, hier nehmen im Vergleichszeitraum nur die Tariflöhne deutlich zu, die Bruttolöhne liegen weiter unter den Bruttolöhnen von 2003. Der Hintergrund dafür ist der Rückgang der Tarifbindung, der immer höhere Anteil an Niedriglöhnern und die extreme Ausweitung der Minijobs, die meist schlecht bezahlt sind. Dies alles hat dazu geführt, dass die bestehenden sozialen Unterschiede in Westdeutschland nur noch von rund 30 Prozent der repräsentativ befragten Personen als gerecht gesehen werden, in Ostdeutschland sind dies sogar nur 19 Prozent. Es ist festzustellen, dass das von unserer NGG seit vielen Jahren festgestellte Gerechtigkeitsdefizit inzwischen auch im Bewusstsein von weiten Teilen der Bevölkerung angekommen ist, 70 bis 80 Prozent finden diese sozialen Unterschiede ungerecht! Quelle: Noll/Weick 2012, HBS, 2012 Das ist ein Anknüpfungspunkt für unsere Arbeit. Dies gilt für alle Gewerkschaften, erhöhte Streikaktivitäten zeugen von der Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation. 8. Kampf den ungeschützten Arbeitsverhältnissen Als ein übergreifendes Thema für unsere NGG hat sich die Auseinandersetzung um ungeschützte Arbeitsverhältnisse in jeder Form entwickelt. 64 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Hierbei sind besonders zu nennen: · befristete Arbeit · Leiharbeit · Minijobs · Niedriglöhne · Werkverträge Diese Beschäftigungsverhältnisse sollen ganz bewusst und gezielt Sicherheit für die Beschäftigten verhindern. So führen die befristeten Arbeitsverhältnisse in vielen Unternehmen dazu, dass die Probezeit verlängert wird und erst nach Beendigung von befristeten Arbeitsverhältnissen entschieden wird, ob unbefristete Arbeitsverhältnisse überhaupt angeboten werden. Um die Konsequenz dieser unsozialen Verhaltensweisen zu verdeutlichen: Bei vielen Unternehmen ist davon auszugehen, dass ihre Perspektive in Deutschland nur noch zwei Jahre beträgt, alle neu Beschäftigten des letzten Jahres sind mit befristeten Verträgen von zwei Jahren Dauer eingestellt worden. Nach zwei Jahren enden die Arbeitsverhältnisse, länger ist das Unternehmen wohl nicht mehr in Deutschland! Im Zusammenhang mit Leiharbeit haben die Gewerkschaften durch die Aufnahme ins Entsendegesetz einen ersten Erfolg errungen, dazu im Abschnitt 1.8 mehr. Auf Initiative der Gewerkschaft NGG und von ver.di ist es im DGB gelungen, das Thema Minijobs auf die Agenda zu nehmen und von den Bundestagsparteien zu fordern, die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Sonderregelungen für Minijobs zu beenden. Für die Gewerkschaft NGG spielt diese unsoziale Beschäftigungsform im Hotel- und Gaststättengewerbe eine besonders unrühmliche Rolle, mehr als ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse sind dort inzwischen Minijobs. Verbreitung der Minijobs (in Prozent) Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2012, HBS, 2013 Verbreitung der Niedriglöhne Nachdem eine Untersuchung im Sommer 2012 herausgefunden hat, dass über 20 Prozent der Erwerbstätigen (rund acht Millionen) einen Stundenlohn unter*inklusive Schüler, Studierende und Rentner. Quelle: IAQ, 2012, HBS, 2012 halb des OECD-Maßstablohns von 10,36 Euro haben, hat es viele Erklärungsversuche gegeben. Wir stellen fest: Teilzeitbeschäftigte unter 20 Stunden, befristete Beschäftigte, Leiharbeiter und Minijobber sind die Hauptbetroffenen dieser unsozialen Löhne. Auch daran wird deutlich, welche enorme Bedeutung die Durchsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns von zumindest 8,50 Euro als untere Grenze hat – knapp 25 Prozent der beschäftigten Frauen und 15 Prozent der beschäftigten Männer hätten so einen Anspruch auf Lohnerhöhung. Geschäftsbericht 2008–2012 65 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Ein besonders schwieriges Thema ist der Missbrauch von Werkverträgen. Während traditionell Werkverträge benutzt worden sind, um besondere Aufgaben, die nicht innerbetrieblich gelöst werden konnten, zu erledigen, so gilt inzwischen, dass Werkverträge immer mehr geWenig Rechte, wenig Lohn Tagelöhner der Moderne 19 nutzt werden, um direkt in dem Betriebsablauf integrierte Arbeiten zu erledigen. In unseren Organisationsbereichen ist dies bei der Zimmerreinigung im Hotelgewerbe der Fall, dramatischer hat sich dies im Schlachtgewerbe ausgewirkt. Hier sind in verschiedenen Betrieben die bisherigen Beschäftigten entlassen worden, an ihre Werkverträge noch zurückhaltend. Stelle sind Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter meist aus osteuropäischen Niedriglohn„Aber der Markt gibt uns nichts dafür, ländern gestellt worden. Dies alles passiert unter dem Deckmantel der Arbeitnehmerfreizüdass wir einen gewissen Anteil eigener gigkeit und ist überwiegend gesetzlich zulässig. Aus diesem Grund sind wir in Diskussionen Arbeitskräfte haben und uns so an den mit dem Bundesministerium fürAnderswo Arbeit und Soziales, um zu verdeutlichen, dass diese ArbeitsSozialsystemen beteiligen.“ verhältnisse nichts anderes Ausbeutung sind. arbeiten inzwischen neunalsvon zehn 8,7 Millionen Tonnen Fleisch Beschäftigten auf Werkvertragsbasis. Auf unserer NGG hin kann habendeshalb wir noch vor der Bundestagswahl im DGB einen BeAusInitiative Sicht des Betriebsrats schluss wie Werkverträge begrenzt werden sollen und der Missbrauch eingedämmt nur dererreicht, Gesetzgeber den Missbrauch stoppen: „Das Instrument Werkverträge werden soll. aus gewerblichen Schlachtungen ist völlig aus dem Ruder gelaufen.“ wurden 2010 erzeugt. (Quelle: Stat. Bundesamt) Wer Fragen stellt, fliegt raus Im Vergleich zu Landsleuten in anderen deutschen Schlachthöfen werden Cosmin Sandulache und seine Kollegen Reformpolitik auf Kosten der Menschen – die sozialpolitischen Sünden der schwarz-gelben noch gut bezahlt. Doch auch wenn sie Koalition: einen Arbeitsvertrag für zwei Jahre 9. Sozialpolitik Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Rente mit 67 ab – die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag hat jedoch 2010 die weitere Umsetzung trotz erdrückender Fakten beschlossen. Die Mehrheit der Bevölkerung würde einen höheren Beitrag zahlen für ein verbessertes Rentenniveau – so Ergebnisse von DGB-Umfragen in 2011 und 2012 – die schwarz-gelbe Koali66 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien tion senkt dennoch den Rentenbeitrag und lässt die Absenkung des Rentenniveaus auf 43 Prozent im Jahre 2030 weiter bestehen. Die Bundesarbeitsministerin verkündet zwar vollmundig einen „Kampf gegen Armut im Alter“ und ruft zur Lösung einen Rentendialog mit Arbeitgebern und Gewerkschaften aus. In diesem Dialog verhandelt sie allerdings ausschließlich eine „Zuschussrente“ mit für den betroffenen Kreis unrealistischen Zugangsvoraussetzungen. Durch den gemeinsamen massiven Protest der Gewerkschaften, Sozialverbände und Oppositionsparteien zieht sie das Vorhaben zunächst zurück, um es Ende 2012 als „Lebensleistungsrente“ zu nahezu unveränderten Bedingungen neu auf die Agenda zu setzen, bei weiterhin unklarer Haltung auch innerhalb der schwarz-gelben Koalition. Armut im Alter ist auch eine Folge der im vergangenen Jahrzehnt geöffneten Schleuse zur Beschäftigung in Mini- und Midijobs. NGG hat im Berichtszeitraum innerhalb des DGB an einem alternativen Konzept für die soziale Sicherung geringfügig Beschäftigter mitgewirkt. Anstatt durch eine Beitragspflicht auch für diese Form der Beschäftigung für eine Entlastung der Sozialsysteme zu sorgen, erhöht die schwarz-gelbe Koalition die Grenze von 400 Euro auf 450 Euro sowie von 800 Euro auf 850 Euro und sorgt dadurch für wachsende Armutseinkommen ohne ausreichende soziale Absicherung. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt eine Kopfpauschale ab – die schwarz-gelbe Koalition führt eine Kopfpauschale light ein und bürdet Kostensteigerungen im Gesundheitswesen ausschließlich den Versicherten auf – mit unbegrenzten Zusatzbeiträgen als Kopfpauschale und bei allen künftigen Beitragssteigerungen. NGG hat sich mit den anderen DGB-Gewerkschaften massiv gegen die sozialpolitischen Grausamkeiten der schwarz-gelben Koalition zur Wehr gesetzt. Bundesweit fanden Kampagnen gegen die Kopfpauschale in 2009 und 2010, gegen die Rente mit 67 in 2010, gegen das Absenken des Rentenniveaus in 2011 sowie gegen die Beitragssenkung der Rente in 2012 statt. Gemeinsam mit anderen Sozialverbänden hat der DGB Bündnisse für Gesundheit und Rente geschlossen. Für NGG hat die stellvertretende Vorsitzende Michaela Rosenberger in diesen Bündnissen aktiv mitgewirkt. Insbesondere in der gesellschaftlichen Diskussion zur Rentenpolitik haben die Konzepte des DGB großen Anklang gefunden. Es muss in den kommenden Jahren weiter daran gearbeitet werden, in der Rentenpolitik umzusteuern und die fatale Entwicklung der vergangenen zehn Jahre zu korrigieren. Dazu gehört ein Heraufsetzen der Leistungen aus der gesetzlichen Rente genauso wie eine Abkehr von der Beitragsobergrenze von 22 Prozent. Ebenso muss die Frage der Verteilung der Kosten für die Gesundheitspolitik neu diskutiert werden: Die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Versicherte ist dabei nur der erste Schritt. Die Ausweitung der Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung auf Selbstständige und Beamte im Rahmen der Bürgerversicherung steht weiterhin ganz oben auf der Tagesordnung. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz – Entwicklung Arbeitsschutz Nach den Vorgaben der Europäischen Union haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), die Arbeitsschutzbehörden der Länder und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) in der Nationalen Arbeitsschutz-Konferenz eine Gemeinsame Deutsche Geschäftsbericht 2008–2012 67 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Arbeitsschutzstrategie (GDA) ins Leben gerufen. 2009 bis 2012 fand die erste Periode mit insgesamt 13 Programmen statt. Speziell im Zuständigkeitsbereich der NGG wurden zwei Programme zu Muskel-/Skeletterkrankungen in der Ernährungsindustrie und zu ebensolchen im Gastgewerbe aufgelegt. NGG hat in beiden Programmen in der Planungsgruppe mitgewirkt. Nach dem Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) haben sich der Hauptverband der Berufsgenossenschaften und der Bundesverband der Unfallkassen zur Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) zusammengeschlossen. Dieser Spitzenverband ist in der Selbstverwaltung analog zu den Unfallversicherungsträgern paritätisch organisiert. NGG wirkt im Vorstand der DGUV mit. Durch die Vorgaben des UVMG und den Zusammenschluss wird das Regelwerk aus Vorschriften der Berufsgenossenschaften, Unfallverhütungsvorschriften und Branchenregeln neu aufgestellt. Als erste größere Vorschrift hat die DGUV die „DGUV V 2“ (in der Nachfolge der Berufsgenossenschaftlichen Vorschrift A 2) erlassen. Hier sind Neuregelungen der Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Betriebsärzten erfolgt. Die Gewerkschaften haben erreicht, dass das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte auch in dieser Vorschrift explizit aufgeführt wird. Fusionen der Berufsgenossenschaften Durch die Vorgaben des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG) von 2008 sollten sich die Zahl der Berufsgenossenschaften (BG) durch freiwillige Zusammenschlüsse von 23 auf neun verkleinern. NGG hatte die Vorgabe des Gesetzes als unnötig kritisiert, sich auf dem Gewerkschaftstag 2008 für einen Zusammenschluss aller drei Berufsgenossenschaften (Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN), Fleischerei-BG und Zucker-BG) im Zuständigkeitsbereich ausgesprochen. Die Selbstverwaltungen der kleineren BGen wollten dieser Empfehlung jedoch nicht entsprechen. NGG hat 2010 die Versichertenvertreter von FBG und BGN ermuntert, sich für die Wiederaufnahme der 2009 abgebrochenen Gespräche unter externer Moderation einzusetzen. Tatsächlich gelang die Wiederaufnahme von Verhandlungen im Herbst 2010, die in 2011 durch die Bundesregierung mit dem Einbringen eines Gesetzes zur Zwangsfusion beider Berufsgenossenschaften in den Bundestag beschleunigt und kurz vor dessen Verabschiedung vor allem durch das Wirken der Versichertenvertreter erfolgreich abgeschlossen wurde. Seit dem 1. Januar 2011 sind beide Berufsgenossenschaften als Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) zusammengeschlossen. Für die Belange der Fleischwirtschaft wurden längere Übergangsregelungen getroffen. Sie werden in mehreren Ausschüssen der Selbstverwaltung gesondert behandelt. NGG hat bei der Sozialwahl 2011 für eine kompetente Vertretung der Versicherten aus der Fleischwirtschaft in der Selbstverwaltung der neuen BGN Sorge getragen. Die Zucker-BG hat durch Beschluss ihrer Selbstverwaltung den Zusammenschluss mit fünf weiteren Berufsgenossenschaften (u.a. der BG Chemie) zur BG Rohstoffe und Chemische Industrie (RCI) gegen die Empfehlung der Delegierten des NGG-Gewerkschaftstages herbeigeführt. Als mit Abstand kleinste Branche der RCI diskutieren die Vertreter der Zuckerindustrie ihre Belange im „Branchenbeirat Zucker“ und stellen auf Vorschlag von NGG je einen Vertreter in Vorstand und Vertreterversammlung. 68 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Sozialwahlen 2011 Bei den Sozialwahlen haben die vom DGB und den Mitgliedsgewerkschaften bei den Rentenund Krankenversicherungsträgern eingereichten Gemeinschafts- und Einzelkandidatenlisten in der Gesamtbewertung gegenüber 2005 grundsätzlich einen höheren Stimmenanteil erzielen können. Aufgrund einer großen Fusionswelle in allen Zweigen der Sozialversicherung und verkleinerter Gremien ist die Zahl der von DGB-Gewerkschaften gestellten Organmitglieder jedoch gesunken. Insbesondere in der deutschen Rentenversicherung und in den großen Krankenversicherungen (TK, Barmer GEK) stellen die Gewerkschaftslisten in den Selbstverwaltungsorganen weiterhin leider nicht die Mehrheit. Für NGG stand bei den Sozialwahlen die Berufsgenossenschaft BGN im Vordergrund. Eine frühere Vereinbarung mit Ver.di (in der Nachfolge für die DAG) über die Aufnahme von Vertreterinnen und Vertretern in Vorstand und Vertreterversammlung auf unserer Liste war 2011 ausgelaufen. Allerdings erhob die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmervereinigungen (ACA) wie 2005 Anforderungen auf verdeckte Aufnahme eines Vertreters auf unserer Liste. Auch der ehemalige Deutsche Handlungsgehilfenverband im Christlichen Gewerkschaftsbund (DHV) reichte erneut eine eigene Liste ein. Zur Vermeidung einer Urwahl hat NGG ihre Liste daher mit der des DHV zusammengelegt. Auf der gemeinsamen Liste wurde dem DHV wie auch 2005 ein Mitglied in der Vertreterversammlung und ein Stellvertreter zugestanden. Weitergehende Forderungen des DHV wurden abgewehrt. Dadurch fand bei der BGN wie in fast allen Berufsgenossenschaften eine Friedenswahl statt, bei der die aufgestellten Kandidatinnen und Kandidaten in Vertreterversammlung und Vorstand gewählt sind. Die konstituierende Sitzung fand im November 2011 statt. Zu neuen alternierenden Vorsitzenden auf der Versichertenseite wurden die Kollegen Karl-Heinz Löhr (Vertreterversammlung) und Hans-Ulrich Fäth (Vorstand) gewählt. Schwerbehindertenarbeit Durch die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Deutschland zur Inklusion behinderter Menschen in das gesellschaftliche Leben verpflichtet. Dies stellt alle handelnden Institutionen in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen, denn es gilt nunmehr der Grundsatz der vollwertigen Mitgliedschaft Behinderter in sämtlichen Bereichen des Lebens. Umsetzungspläne beschränken sich derzeit weitgehend auf Schulen, aber auch in der Wirtschaft und allen Bereichen des öffentlichen Lebens wird dieser Paradigmenwechsel in den nächsten Jahren eine zunehmende Bedeutung erfahren. Die Forderungen nach Erhöhung des Anteils Schwerbehinderter in den Unternehmen bekommt vor diesem Hintergrund eine neue Bedeutung, denn sie wird in Zukunft nur ein Zwischenschritt sein, und das „Freikaufen“ durch Ausgleichsabgaben wird abgelöst werden müssen durch weitaus drastischere Sanktionen. 2010 fanden turnusgemäß die Wahlen zu Schwerbehindertenvertretungen in den Betrieben statt. NGG hat zu den Wahlen einen Informationsflyer herausgegeben und die Wahlen durch Wahlhilfen und Begleitung durch die Regionen unterstützt. Geschäftsbericht 2008–2012 69 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien 10. Berufliche Bildung Viel Bewegung gab es im Berichtszeitraum im Bereich der beruflichen Bildung. Bedingt durch die schlechte Ausbildungssituation versuchen Politik und Arbeitgeber, ihre neoliberale Bildungspolitik durchzusetzen; ob Einstiegsqualifizierung, Ausbildungsbausteine, zweijährige Berufe oder über den Weg eines europäischen Qualifikationsrahmens. NGG hat gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften ihre Positionen in die Diskussion eingebracht. Für die gewerkschaftliche Koordination und die Entwicklung bestimmter Positionen ist der bildungspolitische Arbeitskreis des DGB zuständig. Wiedereinsetzung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) Im Januar 2009 hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) mit großer Mehrheit die neue Ausbildereignungsverordnung beschlossen. An der Weiterentwicklung der Verordnung waren die Gewerkschaftsvertreterinnen und Gewerkschaftsvertreter der Einzelgewerkschaften und des DGB beteiligt. Die jetzige Verordnung ist ein erster Schritt zur Sicherung der Qualität der Ausbildung in den Betrieben, obwohl wir uns leider nicht mit allen Forderungen und Vorschlägen durchsetzen konnten. So hatten wir eine Reglementierung der Ausnahmeregelungen bis 2012 gefordert sowie eine Festlegung der Prüfungszeit und einen Anspruch auf Weiterbildungsmöglichkeiten für das Ausbildungspersonal. Ausbildungspakt gescheitert 2010 stand das Thema Ausbildungspakt erneut auf der Tagesordnung. Obwohl Verhandlungen mit den Arbeitgeberverbänden eigentlich schon abgeschlossen waren, haben die Arbeitgeber sie mit Forderungen zu Verschlechterungen beim Jugendarbeitsschutz und der Anerkennung von zweijährigen Schmalspur-Ausbildungen scheitern lassen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat den daraufhin unter Ausschluss der Gewerkschaften geschlossenen Pakt im Oktober 2010 unterzeichnet. Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) Nach schwierigen Verhandlungen mit der Kultusministerkonferenz ist eine Vereinbarung zur Zuordnung der beruflichen und der allgemeinen Bildung getroffen worden. Hauptbotschaft: Die schulische Allgemeinbildung wird vorerst nicht dem DQR zugeordnet. Die berufliche Erstausbildung wird dem Niveau 3 (zweijährige Berufe) und dem Niveau 4 (drei- und dreieinhalbjährige Berufe) zugeordnet. In einem Zeitraum von fünf Jahren sollen die Zuordnungen dann auf Grundlage der Entwicklung der schulischen und beruflichen Bildung erneut überprüft werden. Vor allem für die berufliche Aufstiegsfortbildung ist das Ergebnis ein Durchbruch. Beruflich Qualifizierte können auch den oberen Niveaus zugeordnet werden, ohne dass sie die Hochschule einen Tag von innen gesehen haben. Neue Ausbildungsberufe/Novellierung von Ausbildungsberufen Eine Vielzahl unserer Ausbildungsberufe wurde in den letzten Jahren zukunftsfähig gestaltet und der veränderten betrieblichen Realität angepasst. NGG war mit ihren Sachverständigen maßgeblich bei folgenden Neuordnungen beteiligt: 70 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Zum 1. August 2010 trat der neu geordnete Beruf Milchtechnologe/Milchtechnologin in Kraft. Die neue Berufsbezeichnung steht für den besonderen Stellenwert der verfahrenstechnischen Inhalte der Ausbildung und soll darüber hinaus auch die Attraktivität dieses Berufes stärken. Bei den zu vermittelnden Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten hat die Verfahrens- und Prozesstechnik einen vertiefenden Stellenwert erhalten. Um den Akteuren vor Ort weiterreichende Informationen zu den veränderten Berufsbildern zu geben, wurde mit den Arbeitgebern und dem BIBB vereinbart, jeweils Erläuterungen zu neuen Berufsbildern zu erstellen. An den Erläuterungen für Milchtechnologinnen/Milchtechnologen sind NGG-Sachverständige beteiligt. Novellierung der Ausbildungsordnung zum/zur Milchwirtschaftlichen Laboranten/Laborantin: NGG unterstützte auch hier die Bemühungen, den Beruf zukunftsfähig zu gestalten. Das Neuordnungsverfahren ist jetzt abgeschlossen, die neue Ausbildungsverordnung tritt zum Ausbildungsbeginn 2013 in Kraft. Der als Erprobungsberuf erlassene Beruf des Speiseeisherstellers/der Speiseeisherstellerin wurde Ende 2011 evaluiert. Die Ergebnisse des BIBB werden für Anfang 2013 erwartet. Aus unserer Sicht ist keine eigene Ausbildungsverordnung notwendig, da die Inhalte nicht für einen Ausbildungsberuf ausreichend sind. Stattdessen soll beispielsweise eine Schwerpunktprüfung wie bei der Fachkraft für Lebensmitteltechnik möglich sein. Ausbildung in der Fleischindustrie: Im Frühjahr 2011 äußerten die Arbeitgeber der Fleischindustrie den Wunsch nach einer eigenständigen Ausbildung, da der Beruf Fachkraft für Lebensmitteltechnik nicht spezifisch genug sei. Dies gelte besonders für die Prüfungen. Nach einem gemeinsamen Treffen mit Vertretern der Arbeitgeber, Kammern und des Verbands wurde die Idee eines eigenständigen Berufs für die Fleischindustrie verworfen. Die bundeseinheitlichen Prüfungsaufgaben sollen auch Inhalte der Fleischindustrie umfassen. Hierfür wird ein Zusatz in die Verordnung der Fachkraft für Lebensmitteltechnik aufgenommen. Auf Anregung des Kuratoriums der deutschen Wirtschaft für Berufsbildung wurde die Ausbildungsordnung zum Weinküfer/zur Weinküferin zum Ausbildungsbeginn 2013 trotz vergleichsweise weniger Ausbildungsverhältnisse (etwa 55 Verträge jährlich) novelliert. NGG unterstützt die Bemühungen, den Beruf zukunftsfähig zu gestalten. Bereits 2009 haben erste Gespräche über die mögliche Neuordnung Fachkraft Süßwarentechnik stattgefunden. Im März 2012 konnten wir uns auf ein mögliches Antragspapier für die beabsichtigte Neuordnung des Berufes einigen. Insbesondere die von NGG eingebrachten Vorschläge, den Rahmenplan mehr an den verfahrenstechnischen Berufen zu orientieren, sowie eine Anrechnung der Qualifikationen auf die Fachkraft für Lebensmitteltechnik beim Verordnungsgeber anzuregen, werden von Verband und Schulträger unterstützt. Das Neuordnungsverfahren wurde im Juni 2012 beim Bundeswirtschaftsministerium beantragt. Hauswirtschaft: Im September 2012 fand ein erstes Gespräch der Verbände statt, u.a. stellt sich die Frage, ob eine Neuordnung notwendig ist. Es gibt starke Tendenzen, den Bereich Pflege in die Ausbildungsverordnung zu integrieren, was wir ablehnen. Rahmenregelung für Ausbildungsregelungen für behinderte Menschen Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die BIBB-Hauptausschussempfehlung Geschäftsbericht 2008–2012 71 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien „Rahmenregelung für Ausbildungsregelungen für behinderte Menschen gemäß § 66 BBiG/§ 42m HWO“ als feste Handlungsempfehlung für zuständige Stellen erklärt. Demnach werden Ausbildungsregelungen für behinderte Menschen getroffen, für die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht in Betracht kommt. Für zwei NGG-Berufe (Fachpraktikerin/Fachpraktiker Hauswirtschaft; Fachpraktikerin/ Fachpraktiker Küche) wurden eigenständige Prüfungsverordnungen erarbeitet. Neben der Ausbildungsregelung zum Fachpraktiker/zur Fachpraktikerin Verkauf im Lebensmittelhandwerk hat die Handwerkskammer Hamburg – entgegen unseres Votums – eine weitere Ausbildungsregelung für behinderte Menschen für das Berufsbild Bäcker/Bäckerin beschlossen. Weiterbildung Im Nachgang zur Änderung der Handwerksordnung sind neue Meisterprüfungsverordnungen erlassen worden. NGG hat ihre Positionen zu den einzelnen Fortbildungsregelungen bei der Erarbeitung eingebracht. • Meisterverordnung Fleischerhandwerk Zum 1. Januar 2013 tritt die neue Verordnung über die Meisterprüfung im Fleischerhandwerk (Fleischermeisterverordnung) in Kraft. • Meisterverordnung Müller-Handwerk Die Meisterprüfungsverordnung für das Müller-Handwerk tritt am 1. Mai 2013 in Kraft. • Meisterverordnung Bäckerhandwerk Eine Meisterverordnung für das Bäckerhandwerk ist am Zentralverband gescheitert. Streitpunkt ist die Gewichtung der Prüfung, für die NGG, ZDH und Ministerien plädieren. NGG fordert die Verordnung auch notfalls ohne Zustimmung des Zentralverbandes. • Geprüfter Diätkoch/Geprüfte Diätköchin Im Februar 2012 wurde die sozialpartnerschaftlich erarbeitete Fortbildungsprüfung zum/ zur „Geprüften Diätkoch/Geprüften Diätköchin“ erlassen. Wir danken an dieser Stelle allen Kolleginnen und Kollegen, die sich in der beruflichen Bildung engagieren und sich an den Neuordnungsverfahren aktiv beteiligt haben. Tag der Berufsbildung Seit 2010 führt der DGB jährlich einen „Tag der Berufsbildung“ durch. 2012 stand dabei das Thema: „Berufsausbildung im demografischen Wandel – mehr Ausbildungsqualität und neue Chancen für Jugendliche“ mit einem Schwerpunkt im Gastgewerbe im Vordergrund. FranzJosef Möllenberg und Michaela Rosenberger waren im Programmablauf prominent vertreten. Hans-Böckler-Stiftung Die Hans-Böckler-Stiftung ermöglicht über Stipendien für Mitglieder der Gewerkschaften die materielle Unterstützung im Bereich der Weiterbildung. Insbesondere gefördert wird: 72 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien • der Besuch von Schulen, die zum Abitur vorbereiten • das Studium an Fachhochschulen • das Studium an Hochschulen Gefördert werden Mitglieder der Gewerkschaften, die sich durch ihr politisches und gesellschaftliches Engagement hervorheben. Im Berichtszeitraum wurden vonseiten der Hans-Böckler-Stiftung ca. 50 Stipendien an Kolleginnen und Kollegen der NGG vergeben. 11. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Der Bund der deutschen Gewerkschaften hat nach schwierigen 1990er Jahren wieder Tritt gefasst und gemeinsam dafür gesorgt, dass die Interessen der Beschäftigten besser vertreten werden konnten. So hat der DGB mit der Initiative Trendwende ab dem Jahr 2006 verschiedene Projekte auf den Weg gebracht, deren Nutzen sich inzwischen herausstellt. Das Projekt „DGB-Index Gute Arbeit“ ist ein inzwischen anerkanntes Erhebungsinstrument, das seit 2008 einen jährlichen Index über die Arbeitssituation von Beschäftigten herausgibt. Das Projekt „Mitbestimmung und Teilhabe“ hat beteiligungsorientierte Ansätze in der Betriebsrätearbeit ausprobiert. So wurden durch die aktive Einbeziehung von Beschäftigten auch neue Wege der Mitgliedergewinnung gefunden. Das Projekt „Kommunikationsplattform“ hat das Ziel, eine bundesweite elektronische Vernetzung der Gewerkschaften zu erreichen. Für weitere IT-Projekte ist eine eigene Gesellschaft gegründet worden, die einen gemeinsamen Einkauf der Gewerkschaften gegenüber IT-Anbietern sichert. Das Projekt „Weiterentwicklung der DGB-Organisationsstrukturen“ sollte ein Konzept für die zukünftige Arbeit in den DGB-Regionen erarbeiten. Aus diesen Ergebnissen heraus entstand dann eine Diskussion um die Weiterentwicklung des gesamten DGB. Im Kern (und bestätigt durch den 19. Ordentlichen Bundeskongress 2010) wurden folgende gemeinsame Ziele für die Weiterentwicklung des DGB formuliert: • • • • Der DGB ist der Bund der Gewerkschaften und keine neue eigene Organisation. Der Rechtsschutz ist eine zentrale Aufgabe des DGB. Die Ressourcen des DGB sollen auf seine wichtigsten Aufgaben konzentriert werden. Die Satzungsebenen des DGB sollen zur Vereinheitlichung gestrafft werden, es gibt in der Zukunft ehrenamtliche Stadt- und Kreisverbände, Bezirke und den Bund. • Doppelarbeiten zwischen dem DGB und den Mitgliedsgewerkschaften müssen vermieden werden; hierfür müssen die Abstimmungsprozesse verbessert werden. Die Veränderungen der DGB-Strukturen waren im Berichtszeitraum die wichtigsten Themen. Sie befinden sich aktuell in der Umsetzung durch die Wahl in den örtlichen Untergliederungen. Geschäftsbericht 2008–2012 73 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Aus Sicht der Gewerkschaft NGG ist die Sicherung des Rechtsschutzes als zentrale Aufgabe des DGB von essenzieller Bedeutung für die Mitglieder unserer Organisation. Im Zusammenhang mit der Reform der Organisationsebenen ist festzustellen, dass die Interessen der kleineren Gewerkschaften keinen Vorrang hatten. Für die Gewerkschaft NGG wären mehr hauptamtlich besetzte Stadt- und Kreisverbände als Ansprechpartner vor Ort eine wichtige Unterstützung für die regionale Arbeit gewesen. Aber diese Position hat auf dem DGBKongress keine Mehrheit gehabt. Am 14. und 15. Mai 2009 veranstaltete der DGB auch auf Initiative von NGG den viel beachteten „Kapitalismuskongress“, der sich mit den Folgen der Finanzmarktkrise und ihren global zerstörerischen Kräften auseinandergesetzt hat. Das Motto des Kongresses war „umdenken – gegenlenken“ und hat die gewerkschaftlichen Alternativen zum Neoliberalismus benannt. Für NGG haben an diesem Kongress 15 Kolleginnen und Kollegen teilgenommen: • • • • • • • • Franz-Josef Möllenberg Dieter Nickel Maria Nennhaus Winfried Lätsch Hermann Soggeberg Martin Schröer Jan Wenzel Cornelia Felten • • • • • • • Thomas Michaelis Johan Botella Cornelia Weissbach Hans-Jürgen Hinzer Anja Weber Klaus Schroeter Petra Schwalbe Am 5. Oktober 2009 hat der DGB mit einem Festakt unter Beteiligung des Bundespräsidenten Horst Köhler und der Präsidentin des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB), Sharan Burrow, im Konzerthaus am Gendarmenmarkt dem 50. Jahrestag der Gründung des DGB am 13. Oktober 1949 gedacht. Die zahlreichen Grüße und Glückwünsche von allen politischen Parteien, von offiziellen Vertreterinnen und Vertretern der Bundesrepublik, machen deutlich, dass offiziell die deutschen Gewerkschaften anerkannte Interessenvertreter der Mitglieder sind. Während der erste „Kapitalismuskongress“ des DGB noch ganz unter dem aktuellen Zeichen der Bankenkrise und der Folgen der Lehmann-Pleite stand, so war der zweite Kongress im Oktober 2010 unter dem Motto „Deutschland in Schieflage“ ein Kongress der Alternativen. Die Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Gewerkschaften haben deutlich gemacht, dass es kein „weiter so“ geben darf. Die Finanzkrise fordert insbesondere die Gewerkschaften als Vertreter der Arbeitenden dazu auf, alles dafür zu tun, um für die Zukunft zu verhindern, dass nochmals Finanzprodukte die Wirtschaft bestimmen. Die Themen des Kongresses waren die Perspektiven junger Menschen, eine nachhaltige Wachstumsstrategie, die Regulierung der internationalen Finanzmärkte sowie die unsozialen Sparpläne der Bundesregierung und ihre Auswirkungen auf die Menschen. Von Seiten unserer NGG haben zehn Kolleginnen und Kollegen an diesem Kongress teilgenommen. Am 8./9. Juni 2012 hat der DGB gemeinsam mit dem deutschen Naturschutzring und Einrichtungen der evangelischen Kirche Deutschlands einen Kongress zu den politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen unserer Zeit mit fast 600 Teilnehmenden durchgeführt. Das Motto 74 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien des Kongresses war „Nachhaltig handeln, Wirtschaft neu gestalteten, Demokratie stärken“. Die Zukunft von Arbeit und Demokratie, die nötige Neuordnung der Wirtschaft, Verteilungsfragen und die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung wurden in verschiedenen gemeinsamen Arbeitsgruppen diskutiert. Für NGG nahmen an diesem Kongress Mitglieder des Hauptvorstandes teil. Auf Bundesebene arbeitet NGG in den verschiedenen DGB-Ausschüssen und DGB-Kommissionen mit. Hier hat es seit dem letzten Gewerkschaftstag eine deutliche Verminderung gegeben. Dies ist dem Ziel der einheitlichen Außendarstellung zugutegekommen und hat Diskussionen vereinfacht. 11.1 Der DGB-Bundeskongress 2010 Das 19. Parlament der Arbeit, der DGB-Bundeskongress, fand vom 16. bis 20. Mai 2010 in Berlin statt. Der Kongress war davon geprägt, dass nach der Bundestagswahl 2009 eine konservativ-liberale Bundesregierung unter Führung der CDU-Politikerin Angela Merkel gebildet wurde. Der Koalitionsvertrag der Parteien ließ für Gewerkschaften nichts Gutes erhoffen, die Forderungen der Gewerkschaften nach Rücknahme der Rente mit 67, Beseitigung prekärer Arbeitsverhältnisse oder Veränderungen bei der Leiharbeit sind nicht berücksichtigt worden. Das DGB-Kongressmotto „Arbeit, Gerechtigkeit, Solidarität“ war der Maßstab für die 400 Delegierten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von NGG sind im Anhang 2 des Geschäftsberichts zu finden. Im Vorfeld des Kongresses waren die Ausgestaltung der neuen Satzung und in diesem Zusammenhang die Aufgaben des DGB ein wichtiges Thema. Die neue Satzung ist fast einstimmig angenommen worden. Damit ist der Rechtsschutz als eine der Kernaufgaben des Bundes der Gewerkschaften verankert worden. Örtliche Strukturen des DGB sind weiter vorgesehen, die Entscheidung über Besetzung und Ausgestaltung wird auf Ebene der DGB-Bezirke getroffen. Der Kongress war natürlich durch die Folgen der Finanzkrise geprägt. In vielen Kernbranchen der deutschen Industrie waren die Umsätze 2009/2010 drastisch zurückgegangen. In den Reden auf dem Kongress und in den Beschlüssen ist deutlich geworden, dass die deutschen Gewerkschaften einen kämpferischen Kurs gegen die unsoziale Politik des Neoliberalismus eingeschlagen haben. Der Kampf gegen prekäre Arbeitsverhältnisse und unsichere Zukunft steht im Mittelpunkt, die gewerkschaftlichen Alternativen sind gute Arbeit und ein flächendeckender, gesetzlicher Mindestlohn, der zum Leben reicht. Der DGB-Kongress hat die Forderung nach dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro erhoben, eine Lohnhöhe, die gesellschaftlich akzeptiert ist. Trotz der zahlreichen Menschen, die in Niedriglohnsektoren arbeiten müssen, kann man feststellen, dass die von den Gewerkschaften festgesetzte Lohnhöhe von 8,50 Euro auch eine moralische Größe ist – wer weniger zahlt, muss sich schämen! Geschäftsbericht 2008–2012 75 Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Aktuelle Konflikte wie der sechswöchige Streik im Betonwerk Westerwelle und die Auseinandersetzung mit den Positionen der Bundesarbeitsministerin von der Leyen wurden engagiert geführt. Auf Initiative der NGG-Delegation wurden die Arbeitsbedingungen im Tagungshotel „Estrel“ thematisiert: Das Hotel war 2006 aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, hatte die Arbeitszeit erhöht und die Zahlungen in die HoGa-Rente beendet. Von den Delegierten des Kongresses erhielten wir breite Unterstützung für diese Initiative. Sie kritisierten, dass Gewerkschaften in einem solchen Hotel tagen. Trotz verschiedener Versuche nach dem Kongress, auch unter Beteiligung von NGG, ist es nicht gelungen, die Positionen des Arbeitgebers zu verändern. Der nächste DGB-Kongress findet folglich an einem anderen Ort statt. Die Gewerkschaften haben auf dem Kongress deutlich gemacht, wie sie mit einer neu geordneten Satzung und verschiedenen Beschlüssen, beispielsweise zu “guter Arbeit“ die zukünftige Politik des Bundes der Gewerkschaften ausgestalten. Der Kongress war ein wichtiges Signal der Geschlossenheit und dafür, dass die Gewerkschaften laut und entschieden ihren Protest gegen unsoziale Politik deutlich machen. Und der Kongress hat deutlich gemacht, dass sich in dieser Haltung die deutschen Gewerkschaften einig sind und gemeinsam diesen Weg gehen wollen. Die NGG-Delegation auf dem DGBBundeskongress 2010 76 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 2: Herausforderungen – Handlungsfelder – Strategien Geschäftsbericht 2008–2012 77 78 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Geschäftsbericht 2008–2012 79 80 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 1. Tarifpolitik Im Jahr 2009 wurde das Tarifvertragsgesetz (TVG) 60 Jahre alt. Verabschiedet wurde das nur 13 Paragrafen umfassende Gesetz am 9. April 1949. Während es seit seiner Verabschiedung in nahezu unveränderter Form die rechtliche Grundlage der praktischen Tarifpolitik in der Bundesrepublik Deutschland bildet, erfuhren die Tarifpolitik und die Tarifvertragsstrukturen einen tief greifenden Wandel. In den 60 Jahren wurden rund 370.000 Tarifverträge abgeschlossen. Die meisten davon, ohne dass es zu Streiks gekommen wäre. Tarifvertragliche Erfolge sind den Gewerkschaften in den Jahren seit 1949 aber zu keinem Zeitpunkt in den Schoß gefallen. Sie wurden teilweise in harten Tarifkonflikten erstritten und auch erstreikt. Heute befinden sich die Tarifpolitik und das gesamte Tarifsystem in Deutschland in einer schwierigen, zwiespältigen Situation. Zwar ist die Zahl der gültigen Tarifverträge mit mehr als 70.000 so hoch wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik und auch die jährlich fast 5.000 neu abgeschlossenen Tarifverträge signalisieren lebhafte Aktivitäten in der tarifpolitischen Landschaft. Andererseits signalisieren die seit Jahren rückläufige Tarifbindung, die abnehmende Verbindlichkeit der Tarifstandards und die weißen Flecken auf der tarifpolitischen Landkarte, dass die Bedeutung der Tarifverträge nachlässt. Die Arbeitgeber haben in den 1990er Jahren teilweise massiv den Austritt aus den Arbeitgeberverbänden propagiert und den Mitgliedsverbänden eine sogenannte OT-Mitgliedschaft angeboten. Mit rückläufigen tarifgebundenen Betrieben geriet automatisch die Allgemeinverbindlicherklärung (AVE) von Flächentarifverträgen unter Druck. Denn die AVE ist daran gebunden, dass tarifgebundene Arbeitgeber nicht weniger als 50 Prozent der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitnehmer beschäftigen. Tarifbindung 2011 (Betriebe) in Prozent West Ost Branchen-TV 18 Branchen-TV 32 38 Firmen-TV 3 43 Orientierung am TV 36 ohne TV Orientierung am TV 28 Firmen-TV 2 ohne TV * Abweichungen von 100 Prozent wegen Rundungsfehlern möglich. Quelle: IAB-Betriebspanel, WSI-Tarifarchiv, 2011 Von 1991 bis 2011 ist die Anzahl der allgemein verbindlichen Tarifverträge von 622 auf 495 gesunken. Bezogen auf die gültigen Ursprungstarifverträge sind heute nur noch 1,5 Prozent der Tarifverträge allgemein verbindlich im Vergleich zu einem Anteil von 5,4 Prozent Anfang der 1990er Jahre. Geschäftsbericht 2008–2012 81 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Die AVE ist Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit gemeinsamer Einrichtungen, wie z. B. der Zusatzversorgungskassen der Brot- und Backwarenindustrie. Die Leistungen werden durch Beitragszahlungen aller Arbeitgeber der Branche – auch der nicht tarifgebundenen Arbeitgeber – aufgebraucht. Ende 2012 waren im Bäckerhandwerk acht und im Hotel- und Gaststättengewerbe sieben Tarifverträge sowie in der Mühlenindustrie ein Tarifvertrag für allgemein verbindlich erklärt. Seit den 1990er Jahren besteht außerdem ein kontinuierlicher Rückgang der Tarifbindung der Beschäftigten. Mit einem Rückgang der Tarifbindung und der Zunahme weißer Flecken auf der tarifpolitischen Landkarte wurde in den letzten Jahren dem Lohndumping Tür und Tor geöffnet. Hinzu kommt, dass wir als Folge verschiedener Arbeitsmarktreformen eine Situation haben, in der jede Arbeit bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit zumutbar ist. Entwicklung der Tarifbindung der Beschäftigten 1998 bis 2011 (in Prozent) 80 West Ost 70 60 50 40 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: IAB-Betriebspanel, WSI-Tarifarchiv, 2011 Wollen wir dem weiteren Lohndumping begegnen, brauchen wir auch eine Stabilisierung der Flächentarifverträge. Die AVE ist ein bewährtes und erprobtes Instrument zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen und zur Vermeidung von Schmutzkonkurrenz. Deshalb hat NGG mit allen Gewerkschaften im DGB Reformvorschläge zur Vereinfachung der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen erarbeitet. Hierzu gehören: 1. Wegfall des 50-Prozent-Quorums bei gleichzeitiger Präzisierung des öffentlichen Interesses. Ein öffentliches Interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn die AVE · zur Stabilisierung der Tarifautonomie und des Tarifvertragssystems beiträgt, · zur Erreichung angemessener Entgelt- und Arbeitsbedingungen beiträgt, · die Sicherung und den Erhalt gemeinsamer Einrichtungen garantiert und · als Mittel zur Sicherung sozialer Standards und zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen geeignet sind. 82 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2. Rolle der antragstellenden Tarifvertragsparteien bei der Entscheidungsfindung im Tarifausschuss stärken. Sie können aufgrund ihrer größeren Branchenkenntnisse am besten beurteilen, weshalb eine AVE notwendig ist. 3. Überprüfung von Allgemeinverbindlicherklärungen sollte in die alleinige Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit fallen. Eine Vereinfachung der AVE ist ein wichtiger Beitrag für die Stabilisierung des Tarifvertragssystems. Gewinner einer Vereinfachung der AVE mit Existenz sichernden Entgelten wären die betroffenen Menschen und der Staat gleichermaßen. Die Menschen, weil sie von ihrer Hände Arbeit wieder leben könnten, der Staat, weil er bei Existenz sichernden Entgelten weniger Transferleistungen aufbringen müsste. Tarifverträge sind tragende Säulen des Sozialstaats. Neben der betrieblichen Mitbestimmung garantieren Tarifverträge Rechtssicherheit für die arbeitenden Menschen und Betriebe gleichermaßen. Tarifverträge können jedoch nur im begrenzten Rahmen Mängel in der Sozial-, Wirtschafts- und Strukturpolitik ausgleichen. Tarifpolitik kann nicht die Rolle des Ausfallbürgen für staatliche Politikdefizite übernehmen. Um Existenz sichernde Entgelte zu garantieren, ist deshalb neben einer Reform der AVE im TVG ein Maßnahmebündel notwendig. Dazu gehören die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes auf alle Branchen, die gleiche Bezahlung von Leiharbeitsbeschäftigten für gleiche Arbeit und ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn. Mit Angriffen auf die Tarifautonomie zielen ihre Gegner auf das Herz der sozialen Demokratie und das zentrale Instrumentarium der Gewerkschaften. 1.1 Tarifpolitische Rahmenbedingungen Bereits in der Tarifrunde 2008 spielten die Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten und die nachlassende globale Konjunktur eine entscheidende Rolle. Die Tarifjahre 2009 und 2010 wurden dann auch für NGG von der schlimmsten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit begleitet. Niemand vermochte zum Jahreswechsel 2008/2009 die Dauer und Tiefe der Krise auch nur einigermaßen verlässlich zu prognostizieren. Vorhersagen von Sachverständigen und Instituten lagen oft peinlich weit neben der Realität. Um für die von NGG vertretenen Branchen Umfang und Tiefe der Betroffenheit einigermaßen einschätzen zu können, führte NGG im Februar 2009 in Göttingen eine Betriebsrätetagung gemeinsam mit verschiedenen in- und externen Experten unter dem Motto „Finanzkrise und Realwirtschaft “ durch. Wir erlebten in dieser Zeit, dass immer mehr Unternehmen des produzierenden Gewerbes in existenzielle Schwierigkeiten gerieten. Die Vorfinanzierung von Aufträgen, die Bereitstellung ausreichender Betriebsmittel, die mittelfristige Finanzierung von Projekten und Investitionen, ja selbst die Absicherung gegen Forderungsausfälle der eigenen Kunden, stellten zu diesem Zeitpunkt für immer mehr Unternehmen ein ernsthaftes und meist teures Hindernis dar. Durch den Auftragseinbruch 2008/2009 mussten viele Betriebe die Reserven ihrer Liquidität mobilisieren. Und bei nicht Wenigen reichte auch dies nicht aus. Geschäftsbericht 2008–2012 83 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Teilnehmende der Betriebsrätetagung 2009 in Göttingen Dass hiervon auch Betriebe der Ernährungsindustrie, des Nahrungsmittelhandwerks und des Hotel- und Gaststättengewerbes mittelbar oder unmittelbar betroffen sein würden, lag auf der Hand. Doch die Frage war, mit welcher Härte und Intensität werden diese Branchen betroffen sein. Fakt war zu diesem Zeitpunkt, dass erste Betriebe, insbesondere Hotels und Veranstaltungszentren, Kurzarbeit anmeldeten. Die Stimmung in den Betrieben der Branche schwankte zwischen Verharmlosung und Schockstarre vor einer ungewissen Entwicklung der kommenden Wochen und Monate. Mit unserer Tagung wollten wir dieser verhängnisvollen Situation begegnen. NGG wollte die Lage weder verharmlosen, noch wollten wir vor der drohenden Krise kapitulieren. Und wir wollten die Unternehmen unseres Organisationsbereiches wissen lassen: Wer die immens schwierigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen in der jetzigen Situation für simple Kostensenkungsprogramme, Entlassungen und Sozialabbau nutzen will, dem wird NGG mit aller Entschiedenheit entgegen treten. In den Konjunkturphasen bestehen stets unterschiedliche Entwicklungen zwischen dem Ernährungsgewerbe und dem verarbeitenden Gewerbe. Zuwächse oder Rückgänge vollziehen sich im Ernährungsgewerbe abgeschwächter als im verarbeitenden Gewerbe. Dies ist typisch für die Lebensmittelbranche. Sie reagiert auf konjunkturelle Einflüsse in rezessiven sowie auch in Aufschwungphasen in der Regel träger. Daher verwundert es nicht, dass es auf der Göttinger Tagung auch keine definitive Prognose gab, mit welcher Härte und Intensität die Betriebe der Ernährungsindustrie, des Nahrungsmittelhandwerks und des Hotel- und Gaststättengewerbes von dieser Finanz- und Wirtschaftskrise betroffen sein würden. Aber wir konnten Anhaltspunkte herausarbeiten, die vermuten ließen, dass nicht eine spezielle oder ganze Branche betroffen sein würde, sondern einzelne Unternehmen. Und dass wir genauer hinschauen und in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob wir es dann nicht mit Verwerfungen der Vergangenheit zu tun haben. Oft sind die Gründe dafür in der mangelnden Innovationsbereitschaft, dem unangemessenen Produktportfolio und den zu niedrigen Verkaufspreisen gegenüber dem Einzelhandel zu suchen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Ernährungsindustrie als Branche die Finanz- und Wirtschaftskrise kaum gespürt hat und keine einheitliche Strategie der Unterneh84 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik men in Bezug auf die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu beobachten war. Die Unternehmen suchten jedes für sich und je nach Betroffenheit einen Weg aus der Krise. Mit „nur“ 65 Betrieben, die im Januar 2009 bundesweit in Kurzarbeit waren, waren die Betriebe der Ernährungsindustrie und des Nahrungsmittelhandwerks relativ gering betroffen. Die Anzahl der kurzarbeitenden Betriebe hat sich auch im Laufe des Jahres 2009 nicht weiter erhöht. Vielmehr war die Kurzarbeit meist von kurzer Dauer. Konjunktur sichern und Nachfrage stärken Die Betriebsräte haben auf der Tagung in Göttingen ihr Ziel für das Tarifjahr 2009 trotz Finanzund Wirtschaftskrise deutlich formuliert: Konjunktur sichern und die Nachfrage stärken. Die Tarifempfehlung des Hauptvorstandes für das Tarifjahr 2009 lag mit fünf bis sieben Prozent Lohn- und Gehaltserhöhungen bei einer zwölfmonatigen Laufzeit in einem angemessenen Rahmen. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben dann auch 2009 gezeigt, mit welcher Entschlossenheit sie ihr Göttinger Ziel auch umzusetzen bereit sind. Mitte 2009 hatten wir mit 65 Warnstreiks schon deutlich mehr als im gesamten Jahr 2008. Dies zeigt, dass die Arbeitgeber die Gunst der Stunde nutzen wollten, um möglichst niedrige Abschlüsse zu erreichen. Viele Tarifabschlüsse der NGG waren 2009, wie in anderen Branchen auch, gekennzeichnet von einer bis zu vierundzwanzigmonatigen Laufzeit mit einer Stufenerhöhung. Dabei konnten wir in 2009 fast durchgehend eine tabellenwirksame Erhöhung von drei Prozent und für 2010 von circa zwei Prozent vereinbaren. Während sich 2010, im zweiten Jahr nach Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Spuren der ökonomischen Entwicklung noch unübersehbar auch in der Tarifpolitik bemerkbar machten, stand die Tarifrunde 2011 eindeutig im Zeichen der starken wirtschaftlichen Erholung. Rückenwind für unsere Tarifverhandlungen erhielten wir in dieser Zeit von einem politischen Klima, das geprägt war von der richtigen Einsicht, dass für eine dauerhafte Stabilisierung der Konjunktur eine Steigerung der Binnennachfrage unerlässlich ist. Der damalige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle beispielsweise betonte bereits im Herbst 2010, dass sich bei einem XL-Aufschwung auch die Arbeitnehmer 2011 auf deutliche Lohnerhöhungen freuen könnten. Auch eine Reihe von Ökonomen signalisierte einen aus ihrer Sicht gestiegenen Verteilungsspielraum von bis zu drei Prozent und mehr. Zum anderen war auch die anhaltende öffentliche Debatte über faire Löhne hilfreich, die einmal mehr durch die exorbitanten und erneut stark gestiegenen Management-Gehälter, insbesondere in den DAX-Unternehmen, gespeist wurde. Trotz dieser Unterstützung verliefen die Tarifverhandlungen nicht konfliktfrei. Im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie kam es zu umfangreichen Warnstreiks, an denen sich jeweils mehrere Hunderttausend Beschäftigte beteiligten. Auch bei NGG wurden die Tarifverhandlungen mit umfangreichen Warnstreiks begleitet. Die wirtschaftliche Entwicklung hatte sich bereits vor Beginn der Tarifrunde 2012 eingetrübt. Nach zunächst starkem Wachstum kam es zum Jahresende 2011 infolge nachlassender Auslandsnachfrage sogar zu einem leichten Produktionsrückgang. Auch die Perspektiven für 2012 wurden in den Prognosen der Wirtschaftsinstitute zurückhaltender beurteilt. Gleichwohl gab es für die Tarifforderungen der Gewerkschaften eine auch weiterhin breite öffentliche Unterstützung. Geschäftsbericht 2008–2012 85 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Die Tarifrunde 2012 konnte lohn- und verteilungspolitisch erfolgreich abgeschlossen werden. Seit vielen Jahren wurde erstmals der kostenneutrale Verteilungsspielraum wieder ausgeschöpft. Herausforderungen für die zukünftige Tarifpolitik Die Entwicklung der Ernährungsindustrie wird auch zukünftig von großen strukturellen Herausforderungen geprägt sein. Zum einen durch einen hohen internationalen Konzentrationsdruck und zum anderen durch eine weiterhin schwache Binnennachfrage. Die schwache Binnennachfrage verstärkt den ohnehin schon starken Wettbewerb durch Überkapazitäten in vielen Branchen der Lebensmittelwirtschaft. Hinzu kommt ein enormer Preisdruck durch die starke Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels. Auch auf der Beschaffungsseite gerät die Ernährungsindustrie unter Druck und wird somit quasi in die Zange genommen. Dies trifft insbesondere dort zu, wo es zur Nutzungskonkurrenz von Agrarrohstoffen zur Energiegewinnung und zur Herstellung von Lebensmitteln kommt. Die ökonomischen Herausforderungen der Ernährungsindustrie werden begleitet von immer wieder auftretenden Lebensmittelskandalen. 1.2 Tarifpolitischer Handlungsrahmen Mit unserer Tarifpolitik wollen wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Beschäftigten verbessern. Das war in den vergangenen Jahren nicht immer leicht. Die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind alles andere als günstig, um berechtigte Forderungen der NGG-Mitglieder gegenüber den Arbeitgebern durchzusetzen. Tarifverträge sind auch im NGG-Bereich keine Selbstverständlichkeit mehr. In einigen Bereichen der Ernährungsindustrie erleben wir seit Jahren tariflose Zustände. In anderen Bereichen entziehen sich Unternehmen der Bindung an den Flächentarifvertrag. Gleichzeitig gibt es Unternehmen, die in den vergangenen Jahren neu entstanden oder gewachsen sind, und noch immer keiner Tarifbindung unterliegen. Vor diesem Hintergrund ist es eine vorrangige Aufgabe der NGG, die Tarifbindung zu erhalten und für bislang nicht (mehr) tarifgebundene Betriebe Tarifverträge durchzusetzen. Dabei haben Flächentarifverträge eindeutig den Vorrang vor Haus- und Konzerntarifverträgen. Kurz-, mittel- und langfristige Ziele unserer Tarifpolitik haben wir in einem tarifpolitischen Handlungsrahmen zusammengefasst und als Broschüre unter dem Titel „Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern – Tarifpolitik der Gewerkschaft NGG“ herausgegeben. Diese Broschüre basiert ausschließlich auf den tarifpolitischen Beschlüssen des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages der NGG 2008 in Berlin. Sie soll den Mitgliedern in den Tarifkommissionen eine Orientierung geben. 86 LEBENS- UND ARBEITSBEDINGUNGEN VERBESSERN DIE TARIFPOLITIK DER GEWERKSCHAFT NGG Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Tarifabschlüsse 2008 bis 2012 Niedrige Löhne können keine Lösung für die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland sein. Das macht weder wirtschaftlich Sinn, noch ist es sozial gerecht. NGG will mit ihrer Tarifpolitik dafür sorgen, dass sich die Menschen mehr leisten können. Tarifsteigerungen* in Prozent und im Vergleich zum Durchschnitt aller Branchen 2,9 2,5 2,7 2,6 2,4 2,4 2,8 2,3 2,0 1,8 2008 alle Branchen 2009 2010 2011 2012 Nahrungs- und Genussmittelgewerbe *Durchschnittliche tarifliche Grundvergütung inkl. Pauschal- und Einmalzahlungen gegenüber Vorjahr. Quelle: WSI-Tarifarchiv, 2013 Während im Durchschnitt der Jahre 1998 bis 2007 die Abschlüsse aller Branchen deutlich unterhalb des neutralen Verteilungsspielraumes lagen, konnten in den Jahren 2009 und 2012 erstmals seit langer Zeit wieder Abschlüsse oberhalb des neutralen Verteilungsspielraumes vereinbart werden. 2012 waren die hohen Tarifabschlüsse der Grund für das Ausschöpfen des neutralen Verteilungsspielraumes. Vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise sank 2009 die Produktivität um zwei Prozent und die Inflationsrate lag bei lediglich 0,3 Prozent. Insbesondere der krisenbedingte Rückgang der Produktivität war ausschlaggebend für das Ausschöpfen des neutralen Verteilungsspielraumes. Geschäftsbericht 2008–2012 87 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Der neutrale Verteilungsspielraum setzt sich zusammen aus Produktivitätssteigerung plus Inflationsrate. Tarifabschlüsse im Nahrungs- und Genussmittelgewerbe 2012 im Vergleich zum neutralen Verteilungsspielraum (in Prozent) 2,8 Tarifsteigerung NGG 1,9 Inflation Neutraler Verteilungsspielraum 0,3 Inflation und Produktivität Quelle: IMK, WSI-Tarifarchiv, eigene Berechnungen, 2012 Mindestlohn und Tarifverträge Entsprechend der Beschlüsse des Gewerkschaftstages 2008 ist ein Verfahren vereinbart, wie zukünftig mit Tarifverträgen umzugehen ist, die Entgeltgruppen unterhalb unserer Mindestlohnforderung von 8,50 Euro beinhalten. Dieses Verfahren sieht vor: 1. Grundsätzlich gilt: Kein Tarifvertrag darf abgeschlossen werden, der eine Lohngruppe unterhalb von 8,50 Euro ausweist. 2. Abweichungen von diesem Grundsatz bedürfen einer Koordinierung und deshalb der Zustimmung: · des GHV für landesbezirksübergreifende und Bundestarifverträge sowie · der zuständigen Landesbezirksvorstände für Flächentarifverträge und Haustarifverträge in einem Landesbezirk 3. Vom Grundsatz kann nur abgewichen werden wenn: · unsere Mindestlohnforderung von derzeit 8,50 Euro, gegebenenfalls über Stufen, tarifvertraglich fest vereinbart wird oder · es aus organisationspolitischen Gründen notwendig ist 88 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 4. Über alle Abweichungen vom Grundsatz ist die Tarifabteilung schriftlich zu informieren. Seit 2010 haben wir 74 ausgesuchte Flächentarifverträge und bundesweite Haustarifverträge aus den Branchen Getränkefachgroßhandel (GFGH), Getreidemühlen, Ernährungsindustrie, Brot- und Backwaren, Bäckerhandwerk, Konditorenhandwerk, Fleischerhandwerk und Fleischindustrie, Hotel- und Gaststättengewerbe einschließlich Systemgastronomie und Hauswirtschaft auf ihre Entwicklung der unteren Entgeltgruppen untersucht. Das beschriebene Verfahren hat neben den wiederholten Tarifforderungen dazu geführt, dass deutliche Fortschritte erreicht werden konnten. Alle 74 Tarifverträge hatten 2010 insgesamt noch 179 Entgeltgruppen unterhalb von 8,50 Euro. Im November 2012 waren es „nur“ noch 44 Tarifverträge mit 85 Entgeltgruppen unterhalb von 8,50 Euro. Hierin enthalten sind auch noch Tarifverträge, die seit 2010 nicht mehr verhandelt werden. Übernahme nach der Ausbildung Nach einer Auswertung des WSI Tarifarchiv Anfang 2012 gibt es zahlreiche Tarifverträge in Deutschland, die Regelungen zur Übernahme nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung beinhalten. In der Regel handelt es sich um befristete Übernahmeregelungen mit einem Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten. Aber es wächst auch die Zahl der Tarifbereiche mit Vorschriften für eine unbefristete Übernahme. Diese wurden meist in Haustarifverträgen vereinbart. In den Jahren 2009 bis einschließlich 2013 war die Forderung nach Übernahme der Auszubildenden jeweils eine Empfehlung des Hauptvorstandes. Im November 2012 gab es in 22 Tarifgebieten der Ernährungsindustrie Übernahmeverpflichtungen, in der Regel für sechs bis zwölf Monate. Für die Maggibetriebe (Nestlé) in Lüdinghausen und Singen konnte erstmals in der Ernährungsindustrie ein Haustarifvertrag über ein „Demografie-Engagement zur Fachkräfteausbildung“ abgeschlossen werden. Danach erhalten Auszubildende, die ihre Ausbildung in den Jahren 2013 und 2014 in den beiden Betrieben beginnen, bereits mit der Annahme des Ausbildungsplatzes eine Zusage auf ein Einstellungsangebot für eine unbefristete Beschäftigung nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss. Tarif gibt’s nur aktiv Tarifverträge sind leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Nur starke Gewerkschaften können die Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern. Je mehr Menschen hinter diesen Forderungen stehen, je höher ist der Druck, den wir auf die Arbeitgeber ausüben können. Je mehr Mitglieder wir haben und je motivierter die Belegschaften sind, desto besser können wir gute Tarifabschlüsse durchsetzen. Ohne einen entsprechenden gewerkschaftlichen Organisationsgrad im Betrieb und ohne aktive Beteiligung der Belegschaft ist die Gefahr groß, keinen neuen Abschluss zu erzielen oder ein schlechtes Ergebnis akzeptieren zu müssen. Haustarifverträge dürfen für die Arbeitgeber auf keinen Fall die Billigausgabe von Flächentarifverträgen sein. Außerdem sind Haustarifverhandlungen wenig Erfolg versprechend, wenn nur wenige Beschäftigte NGG-Mitglied sind. Geschäftsbericht 2008–2012 89 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Vor diesem Hintergrund hat der Hauptvorstand in seiner Sitzung am 24./25. November 2009 eine Geschäftsordnung für Tarifkommissionen auf Bundesebene beschlossen, die einen Mindestorganisationsgrad für die Aufnahme von Tarifverhandlungen vorsieht. Insbesondere muss geklärt werden, ob die Zahl der organisierten Mitglieder eine ausreichende Durchsetzungskraft darstellt, um erfolgreich Verhandlungen führen zu können. Dabei sollen aber auch Auswirkungen auf die Branche bzw. andere Unternehmen in der Branche berücksichtigt werden, wenn es zu keinen Tarifverhandlungen oder zu keinem Tarifabschluss kommt. Beim erstmaligen Abschluss eines Tarifvertrages gilt der Grundsatz eines Organisationsgrades von 50 Prozent, der gegebenenfalls auch in Schritten erreicht werden kann. Für bestehende Tarifverträge gilt der Grundsatz eines Organisationsgrades von mindestens 30 Prozent. Ausgenommen von einem Mindestorganisationsgrad sind Anerkennungstarifverträge, da keine negativen Auswirkungen für das Tarifniveau der Branche befürchtet werden müssen. 1.3 Struktur unserer Tarifverträge Seit Mitte der 1990er Jahre erleben wir, dass tarifpolitisch gut regulierte Bereiche kleiner und tarifvertragsschwache oder gar -freie Bereiche größer werden. Im Jahr 2011 wurden in ganz Deutschland gerade noch 31 Prozent der Betriebe und 59 Prozent der Beschäftigten durch einen Tarifvertrag erfasst. Die bundesweiten oder regionalen Branchentarifverträge gelten gerade noch für die Hälfte der Beschäftigten (51 Prozent) und für weniger als ein Drittel der Betriebe (29 Prozent). Seit Jahren lässt sich ein Trend zu einer weitreichenden Verlagerung der tarifpolitischen Gestaltungskompetenz auf die betriebliche Ebene beobachten. Im Ergebnis nimmt die Verbindlichkeit der vereinbarten (Flächen-) Tarifstandards ab. Eine wesentliche Ursache dieser Entwicklung sind die Austritte der Arbeitgeber aus ihren Verbänden und eine Zunahme der OT-Mitgliedschaften (ohne Tarifbindung) in den Arbeitgeberverbänden. Beeinflusst wird diese Entwicklung aber auch durch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt, wie die zunehmende Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen oder die Ausweitung des Niedriglohnsektors. In der Folge können Arbeitgeber zunehmend so niedrige Entgelte zahlen, dass Beschäftigte ihr Einkommen über staatliche Transferleistungen aufstocken müssen, um ihre eigene Existenz zu sichern. Durch dieses faktische Kombilohnmodell erlangen nicht tarifgebundene Arbeitgeber gegenüber tarifgebundenen Arbeitgebern einen Wettbewerbsvorteil zulasten der öffentlichen Hand, also der Steuerzahler und der Allgemeinheit. Darauf basieren mittlerweile ganze Niedriglohn-Geschäftsmodelle. Drittens üben die internationale Standortkonkurrenz und die Einbindung in Shareholder-Value-Konzepte starken Druck auf die klassische Ordnungsfunktion nationaler Flächentarifverträge aus. In den von NGG vertretenen Branchen beobachten wir seit Jahren einen Trend hin zu mehr Firmentarifverträgen. Zwar hat sich der Bestand unserer Tarifverträge in den letzten fünf Jahren insgesamt erhöht, und zwar um mehr als 16 Prozent. Während die Flächentarifverträge von 2007 bis 2012 um fast fünf Prozent zunahmen, fiel dieser Zuwachs bei den Firmentarifverträgen um mehr als 22 Prozent aus. Ende 2012 waren von den insgesamt 3.959 Tarifverträgen im Bereich der NGG fast 70 Prozent Firmentarifverträge und 30 Prozent Flächentarifverträge. 90 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik NGG-Tarifzählung: Stand Dezember 2012 2001 2007 2012 Differenz 2012 zu 2007 absolut Differenz 2012 zu 2007 in Prozent Gesamt: 844 1.149 1.204 55 4,8 davon landesbezirksübergreifend 140 159 168 9 5,7 davon landesbezirksweit 558 889 939 50 5,6 davon Teile eines Bundeslandes 146 101 97 -4 - 4,0 95 186 232 46 24,7 1.582 2.251 2.755 504 22,4 177 238 61 34,5 261 369 564 195 52,9 2.426 3.400 3.959 559 16,4 356 555 796 241 43,4 Flächentarifverträge *davon neue Bundesländer Firmentarifverträge Gesamt: davon landesbezirksübergreifend davon neue Bundesländer Tarifverträge insgesamt: davon neue Bundesländer *Die Anzahl der Tarifverträge „neue Bundesländer“ ist auch in den Summen „landesbezirksübergreifend“ oder „landesbezirksweit“ enthalten; Quelle: NGG-Tarifarchiv, 2012 Besonders bemerkenswert ist der Anstieg unserer Tarifverträge auch deshalb, weil im Berichtszeitraum rund 100 Tarifverträge zur Altersteilzeit ausgelaufen sind. Der anhaltende Trend beim Anstieg der Anzahl der Firmentarifverträge macht zum einen deutlich, dass immer mehr Arbeitgeber aus den Flächentarifverträgen flüchten, und zeigt zum anderen aber auch die enorme Leistung unserer NGG-Tarifkommissionen. Es ist in vielen Fällen gelungen, die Tarifbindung der Arbeitgeber durch Firmentarifverträge weiter zu sichern oder die Tarifbindung erstmalig herzustellen. Die fast 4.000 Tarifverträge zeigen unsere branchen- und betriebsnahe Tarifpolitik eindrucksvoll. Angriffe der Arbeitgeber auf angeblich zu betriebsferne Tarifverträge gehen deutlich an der tarifpolitischen Wirklichkeit der Gewerkschaft NGG vorbei. Eine tarifpolitische Schwerpunktaufgabe für die nächsten Jahre wird sein, eine weitere Zersplitterung der Tariflandschaft zu verhindern, die Tarifbindung zu erhalten oder wieder herzustellen und erstmalige Tarifbindungen durchzusetzen. Vorrangiges Ziel bleibt dabei der Flächentarifvertrag. 1.4 Arbeitskämpfe Die folgende Statistik drückt nur zum Teil in nackten Zahlen das große Engagement unserer ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen aus, die sich in vielen Betrieben während der jeweiligen Tarifrunden für akzeptable Abschlüsse eingesetzt haben. Beispielsweise sind nicht aufgeführt die vorbereiteten Arbeitskampfmaßnahmen, die nicht durchgeführt wurden, weil angesichts der Kampfbereitschaft unserer Kolleginnen und Kollegen doch noch eine Tarifeinigung erzielt worden ist. Geschäftsbericht 2008–2012 91 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Obwohl in der Tarifrunde der Brauwirtschaft 2009 sich allein im Tarifgebiet Bayern 18 Betriebe mit ca. 1.500 Beschäftigten und im Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen zwölf Betriebe mit ca. 800 Beschäftigten am Warnstreik beteiligten, haben wir sie jeweils als ein Warnstreik pro Tarifgebiet zusammengefasst. Das Gleiche gilt 2009 für die Tarifrunde Süßwarenindustrie. Hier waren es in Bayern sechs Betriebe mit ca. 500 Beschäftigten und in Nordrhein-Westfalen acht Betriebe mit ca. 1.200 Beschäftigten. Auch die 2.400 Kolleginnen und Kollegen, die 2010 in 22 Betrieben der bayrischen Milchwirtschaft dem Streikaufruf der NGG folgten, sind zu einem Warnstreik zusammengefasst worden. 2011 haben wir die zwei großen bundesweiten Warnstreikwellen in der Brauwirtschaft als einen Warnstreik gezählt. Die Arbeitgeber hatten den Bundesrahmentarifvertrag gekündigt und verlangten die Einführung einer Niedriglohngruppe für die so genannten „Randbelegschaften“. Am Streik haben sich mehr als 2.800 Beschäftigte in 40 Betrieben beteiligt. Auch die vielen notwendigen Streiks in den Arbeitskämpfen 2012 bei der norddeutschen Klinikgruppe Damp AG und beim Suppen- und Fertiggerichtehersteller Zamek in Düsseldorf sind in der Statistik als ein Streik gezählt worden. Dies alles zeigt, die Verteilungskämpfe in allen Branchen sind härter geworden. Dies zeigt aber auch, wie richtig unser Weg ist „Tarif gibt’s nur Aktiv“. Arbeitskampfmaßnahmen 2008 bis 2012 Warnstreiks Urabstimmungen Unbefristete Streiks* Aktionen insgesamt 2008 26 3 2 31 2009 25 1 – 26 2010 22 3 1 26 2011 16 2 2 20 2012 30 3 3 36 119 12 8 139 Summe * Streiks über längere Zeiträume sind nur im Jahr des Beginns gezählt worden. Quelle: NGG-Tarifarchiv, 2012 Stellvertretend für das vielfältige engagierte Eintreten unserer ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen bleiben folgende Arbeitskämpfe in besonderer gemeinsamer Erinnerung der Gewerkschaft NGG. 2008 Um den Abschluss eines Haustarifvertrages ging es bei einem 13 Tage langen Streik bei der Scherdel-Brauerei in Hof. 87 Prozent der Beschäftigten stimmten für den Arbeitskampf, um ihre Löhne und Gehälter abzusichern. Vor dem Streik verdiente die Scherdel-Belegschaft durchschnittlich 20 Prozent weniger als ihre Kolleginnen und Kollegen bei der KulmbacherBrauerei, zu deren Gruppe die Brauerei in Hof gehört. Die Einigung sah schließlich einen Zu92 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik schlag von 100 Euro auf die Löhne und Gehälter und die Ankoppelung an den bayerischen Flächentarifvertrag vor. Vereinbart werden konnte außerdem ein Arbeitgeberbeitrag von 100 Euro für die betriebliche Altersversorgung. 2009 Für die rund 3.500 Beschäftigten des Braukonzerns Anheuser-Busch in Deutschland ging es um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Der weltgrößte Brauereikonzern wollte bei der Gilde-Brauerei in Hannover 90 von 132 und in Bremen bei Beck’s 65 Arbeitsplätze abbauen. Ein Warnstreik bei Beck’s in Bremen machte einen Sozialtarifvertrag möglich, der als „Meilenstein“ gefeiert wurde. Damit wurden die Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen, aber auch bei der dauerhaften Verkürzung der Arbeitszeit deutlich erhöht. Es wurden daneben unter anderem eine finanzielle Abfederung bei Kurzarbeit und ein Anspruch auf Altersteilzeit vereinbart. 2010 Super Ernteerträge und niedrige Tarifabschlüsse war die Parole der Arbeitgeber der Zuckerindustrie. Deshalb legten die Belegschaften von Pfeifer & Langen in den Werken Kalkar, Elsdorf, Euskirchen, Lage und Jülich, bei Nordzucker in Braunschweig, Clauen, Schladen, Nordstemmen und Uelzen, bei Danisco und in den zwei Südzucker-Werken Wabern und Warburg die Arbeit nieder. Drei Wochen nach dem ersten Warnstreik konnte der Tarifvertrag abgeschlossen werden. 2011 Um die Wiedereinführung des Flächentarifvertrags ging es beim Streik der 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lieler Schlossbrunnen Sattler GmbH in Schliengen in Baden-Württemberg. Bei dem Unternehmen mussten Beschäftigte 45 Stunden arbeiten, um auf das gleiche Geld zu kommen, das Kolleginnen und Kollegen in anderen Unternehmen mit einer 38-Stunden-Woche verdienten. In einer Urabstimmung sprachen sich 100 Prozent der NGGMitglieder für einen unbefristeten Streik aus. In letzter Minute vor Beginn des Arbeitskampfes lenkten die Arbeitgeber anscheinend ein und stimmten zu, dass der Flächentarifvertrag wieder für das Unternehmen eingeführt wird. Die Einigung hatte nur einen Fehler: Sie wurde von den Arbeitgebern nicht unterschrieben. Erst durch den Druck nach einem einwöchigen Streik war die Chefetage dazu bereit, das Verhandlungsergebnis festzuschreiben. Geschäftsbericht 2008–2012 93 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2012 Mit einem in der deutschen Geschichte bisher einmaligen Vorgehen versuchte die norddeutsche Klinikgruppe Damp AG im Jahr 2012 ihre Belegschaft einzuschüchtern. Der neue Hauptaktionär Fresenius Helios kündigte tausend Beschäftigten, weil sie ihr Recht auf Streik wahrgenommen hatten. Nach mehreren Warnstreiks, einem unbefristeten Streik, einer Demonstration in Kiel, lenkten die Arbeitgeber schließlich bei den Tarifverhandlungen ein. Die Kündigungen wurden zurückgenommen. Allen wurde die Weiterbeschäftigung bis zu 18 Monaten zu den alten Konditionen angeboten. Außerdem behielten alle ihre Löhne und Gehälter, wenn sie zu zwei neuen Helios-Servicegesellschaften wechseln mussten. Ferner schrieb der Tarifvertrag eine Beschäftigungs- und Servicegesellschaft vor. Erbittert wurde im Jahr 2012 auch der Arbeitskampf beim Suppen- und Fertiggerichtehersteller Zamek in Düsseldorf geführt. Die Beschäftigten hatten dort drei Jahre lang auf ihr Weihnachtsgeld und zwei Urlaubstage verzichtet, um dem Unternehmen die Gelegenheit zu geben, die wirtschaftliche Basis zu verbessern. Statt zu den in den Tarifverträgen vereinbarten Leistungen zurückzukehren, war Zamek aus dem Tarifverband der Arbeitgeber der Obst und Gemüse verarbeitenden Industrie ausgetreten. In einem 14 Wochen dauernden Arbeitskampf zeigten die Kolleginnen und Kollegen Geschlossenheit. Mit einer flexiblen Streiktaktik versetzten sie immer wieder Nadelstiche, auf die sich die Unternehmensführung (zum Beispiel durch den Einsatz von Leiharbeitsbeschäftigten) nicht einstellen konnte. Unter dem ständig steigenden Druck auf den Suppenhersteller wurden die Gültigkeit des Manteltarifvertrages ohne Abstriche und die Anhebung der Löhne und Gehälter in zwei Stufen vereinbart. Am 18. Oktober 2012 gingen auch mehr als 200 Beschäftigte des Geflügelproduzenten Astenhof in Hainspitz in den Warnstreik. Sie erhöhten damit den Druck auf den Arbeitgeber, endlich ein akzeptables Angebot für einen Entgelt- und Manteltarifvertrag vorzulegen. Eine Tarifbindung gab es zuvor in diesem Betrieb nicht. Innerhalb eines Jahres hatten sich von den 270 Beschäftigten mehr als 150 in der NGG organisiert und damit die Grundlage für Tarifverhandlungen gelegt. Dank des großen Einsatzes beim Warnstreik, konnte ein Entgelt- und Manteltarifvertrag vereinbart werden. Der Entgelttarifvertrag regelt eine Steigerung von durchschnittlich 15 Prozent in drei Stufen und mit dem Manteltarifvertrag ist es gelungen, klare Vereinbarungen unter anderem zur Gestaltung der Arbeitszeit, Regelung zur Samstagsarbeit und Bezahlung von Zuschlägen zu regeln. 1.5 Tarifliche Altersvorsorge Die erste Säule der Alterssicherung, nämlich die gesetzliche Rente, stellte und stellt nach wie vor für die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten die wichtigste Säule dar. Seit dem Jahr 2000 werden parallel zum parlamentarischen Verfahren zum Altersvermögensgesetz bzw. Betriebsrentengesetz mit mehreren Arbeitgeberverbänden intensive Gespräche und anschließende Verhandlungen zum Thema Altersvorsorge geführt, um drohende Altersarmut zu reduzieren. Denn laut Rentenbericht der Bundesregierung betrug in 2008 die ge94 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik setzliche Versichertenrente für Frauen in Deutschland durchschnittlich 526 Euro, der Wert für Männer lag bei 967 Euro. Und das gesetzliche Rentenniveau soll zukünftig noch abgesenkt werden. Damit setzt die tarifliche Altersvorsorge der NGG neben dem tarif- und sozialpolitischen Erfolg auch auf wichtige gleichstellungspolitische Akzente. Im Mai 2001 kam es zu einem ersten Tarifabschluss der NGG mit dem Süßwarenverband über die tarifliche Altersvorsorge für 55.000 Branchenbeschäftigte. In diesem Tarifvertrag sind Strukturen vereinbart worden, die in nunmehr über 350 Tarifverträgen auch für die Beschäftigten in anderen Bereichen der NGG grundsätzlich übernommen wurden. Im Berichtszeitraum 2008 bis 2012 hat sich die Anzahl der Tarifverträge angesichts der bereits fast vollständigen Flächendeckung kaum erhöht. Dennoch ist es zur Verbesserung der Altersvorsorge gekommen, indem die Arbeitgeberbeiträge in vielen Tarifverträgen erhöht werden konnten. So ist im Altersvorsorgetarifvertrag Süßwaren der Arbeitgeberbeitrag im Jahr 2011 um die früheren vermögenswirksamen Leistungen aufgestockt worden. Mit den obligatorischen Arbeitgeberbeiträgen und zusätzlich geförderter Entgeltumwandlung gelang es für die meisten Branchen der Ernährungswirtschaft, im Durchführungsweg Pensionskasse die zweite Säule der Altersvorsorge für sechsstellige Beschäftigtenzahlen im Berichtszeitraum weiter auszubauen. Damit konnte nahezu flächendeckend für alle Beschäftigten in der Ernährungswirtschaft eine gute, obligatorische Altersvorsorge über die zweite Säule erreicht werden. Besondere Vorteile der tariflichen Altersvorsorge der NGG liegen in ihrer Einfachheit und Effizienz. Konferenz „10 Jahre tarifliche, betriebliche Altersvorsorge“ 2010 im BZO Aufgrund der finanziellen Weiterentwicklung der Tarifverträge in der Ernährungswirtschaft liegen die Durchschnittseinzahlungen je Kopf und Jahr bei nunmehr ungefähr 600 Euro, in der Spitze sogar bei über 1.000 Euro. Betriebsräte, Gewerkschaft NGG, Arbeitgeber und deren Verbände haben im September 2010 im Bildungszentrum Oberjosbach in einer Konferenz „Zehn Jahre tarifliche, betriebliche Altersvorsorge“ die gemeinsamen Erfolge für die Beschäftigten in Ernährungswirtschaft, Hotellerie und Gastronomie gewürdigt. Die zum Ende des Berichtszeitraumes wichtigste Herausforderung im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge ist das europäische Regelungsvorhaben „Solvency II“. NGG stimmt grundGeschäftsbericht 2008–2012 95 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik sätzlich den von der Europäischen Kommission formulierten Zielen einer angemessenen und nachhaltigen, transparenten und insolvenzsicheren Alterssicherung zu. Wir sind aber der Auffassung, dass die tarifliche und betriebliche Altersversorgung in Deutschland bereits heute den von der EU geforderten Zielen und Mindestanforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit, Sicherheit, Portabilität und Information entspricht. Deshalb treten wir dafür ein, dass alle Initiativen, auch auf europäischer Ebene, unterbleiben müssen, die den bestehenden und bewährten Rahmen der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland negativ beeinflussen können. Dies gilt insbesondere für die von der EU-Kommission im Grünbuch aufgeworfenen Frage, inwieweit Solvency II-Regelungen, die im Jahr 2012 für Versicherungsunternehmen umgesetzt werden sollen, auch auf Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, insbesondere Pensionskassen und Pensionsfonds, ausgedehnt werden sollten. Diese Frage wird von NGG eindeutig abschlägig beantwortet. Hierbei besteht Einigkeit mit der Arbeitgeberseite. 1.6 Arbeitszeitpolitik In der Geschichte der Gewerkschaft NGG, wie aller Gewerkschaften, ist der Kampf um die Arbeitszeit eine der zentralen Auseinandersetzungen mit den Arbeitgebern. Die Frage der Arbeitszeit und Arbeitszeitgestaltung ist allgegenwärtig und wird im Grunde Tag für Tag in den Betrieben geführt. Die Argumentation „Längere Arbeitszeiten sichern Arbeitsplätze“ wird nach wie vor von Arbeitgebern und ihnen nahestehenden Politikern sowie Wissenschaftlern propagiert. Wer sich die Forderung nach Arbeitszeitverlängerung vergegenwärtigt, dem wird schnell klar, dass die Dauer der Arbeitszeit eine zentrale verteilungspolitische Auseinandersetzung ist. In den Jahren 2005 und 2006 hat NGG eine Arbeitszeitkampagne „Zeit ist mehr als Arbeitszeit“ durchgeführt. Die Einhaltung und Verteidigung tariflicher Arbeitszeitbestimmungen und die Arbeitszeitgestaltung im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer waren die wesentlichsten Inhalte der Kampagne. Von Ausnahmen abgesehen, ist es in dieser Zeit aufgrund der politischen Rahmenbedingungen nicht gelungen, weitere Arbeitszeitverkürzungen flächendeckend durchzusetzen. Die Arbeitszeitkampagne hatte aber ein zentrales Ergebnis, die wöchentlichen Arbeitszeiten konnten bis heute, trotz massiver Angriffe der Arbeitgeber, erfolgreich verteidigt werden. Die Abwehr von Arbeitgeberforderungen nach Arbeitszeitverlängerung wird uns vor dem Hintergrund von Rationalisierungen, Konzentrationsprozessen sowie Drohungen von Arbeitsplatzabbau und -verlagerung auch künftig beschäftigen und erhebliche Anstrengungen erfordern. Dabei geht es nicht mehr allein um die wöchentliche Arbeitszeit. Immer mehr richten sich die Forderungen der Arbeitgeber auch auf die jährliche Arbeitszeit, und zwar in Form von Streichung von Urlaubstagen und weiteren besonderen Freistellungsregelungen in den Manteltarifverträgen. Die Verteidigung der Arbeitszeiten war und wird folglich weiter ein notwendiger, aber nicht ausreichender Schwerpunkt sein. 96 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Wir haben das Thema qualitative Arbeitszeitgestaltung in den vergangenen fünf Jahren stärker in den Mittelpunkt unserer Arbeitszeitpolitik gerückt. Dabei geht es insbesondere darum, Gestaltungsfreiräume und Entscheidungsmöglichkeiten über die Arbeitszeit zugunsten unserer Kolleginnen und Kollegen zu sichern. Dies insbesondere auch zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die Erfahrungen der Arbeitszeitkampagne und die Beschlüsse des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages zu Fragen der Arbeitszeit sowie die Vereinbarungen der NGG zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung bilden dabei die Grundlage. Hierzu hat NGG 2008 eine Arbeitshilfe herausgegeben. Die Arbeitshilfe beinhaltet neben tarifvertraglichen Eckpunkten auch eine Musterbetriebsvereinbarung für mögliche betriebliche Regelungen zur Gestaltung flexibler Arbeitszeiten. Dabei werden branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigt. Mit dieser Arbeitshilfe bieten wir die Möglichkeit, Fragen der qualitativen Arbeitszeitpolitik stärker in die Beratungspraxis von NGG aufzunehmen. Mit der Bereitstellung eines erweiterten und verbesserten computergestützten Personal- und Schichtplaners (BASS) 2009, verbunden mit der Schulung von Hauptamtlichen aus allen Landesbezirken, haben wir eine Anforderung aus der Arbeitszeitkampagne umgesetzt. Unter der Überschrift „Arbeitszeit humaner gestalten“ in der Broschüre „Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern – die Tarifpolitik der NGG“ haben wir die grundsätzlichen Positionen zur Arbeitszeit, so wie sie der letzte Gewerkschaftstag beschlossen hat, veröffentlicht. Die Broschüre ist der vom Gewerkschaftstag beschlossene tarifpolitische Handlungsrahmen und dient allen Ebenen und den Tarifkommissionen als Richtschnur für die Tarifpolitik der NGG. „Arbeitszeiten human und flexibel gestalten“ ist einer von sieben Schwerpunkten unserer Demografie-Initiative. Eine besondere Berücksichtigung finden dabei unter anderem folgende Themenfelder: • Besonders für belastete Beschäftigte die Schicht- und Nachtarbeit gesundheitsschonend gestalten. • Die Arbeitszeit von älteren Schichtarbeiterinnen und Schichtarbeitern verkürzen und flexibilisieren – dazu gehört die kritische Diskussion um die Ausweitung der Sechs- bzw. Sieben-Tage-Woche. • Für besonders belastete, berufstätige Frauen die Schichtarbeit humaner gestalten. • Die Arbeitszeiten für alle Beschäftigten human gestalten, dass sie wirklich am Familienleben und an gesellschaftlichen Aktivitäten teilhaben können. • Individuelle Anforderungen an die Weiterbildung der Beschäftigten unter besonderer Berücksichtigung der speziellen Situation von älteren Beschäftigten. • Altersgerechte Arbeits(zeit)politik. Mit dieser inhaltlichen Schwerpunktsetzung werden die empfohlenen Inhalte zum Abschluss der Arbeitszeitkampagne aufgegriffen und fortgeführt. Unabhängig davon hat der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag bekräftigt, dass es das gewerkschaftspolitische Ziel der NGG ist, die Arbeitszeit weiter zu verkürzen. Geschäftsbericht 2008–2012 97 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 1.7 Mindestlohn: Die Gewerkschaften bestimmen die öffentliche Diskussion Unsere Gewerkschaft NGG war die erste DGB-Gewerkschaft, die im Jahre 1999 die Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn erhoben hat. Seit 2005 arbeiten wir mit den Kolleginnen und Kollegen von ver.di gemeinsam in der „Initiative Mindestlohn“ für dieses Ziel. Im Dezember 2008: Mindestlohnplakat in der Friedrichstraße, Berlin, noch mit der damaligen Forderung nach einem Mindestlohn von 7,50 Euro In der Regierungszeit der Großen Koalition ist es der SPD 2008 gelungen, die unteren Gruppen ausgewählter Tarifverträge als Mindestbezahlung gesetzlich festzulegen. Davon profitieren Ende 2012 mehr als 3,5 Millionen Beschäftigte in den verschiedensten Branchen. Allerdings ist eine Voraussetzung dafür, dass bundesweit gültige Tarifverträge mit den Arbeitgeberverbänden abgeschlossen werden. Dies ist aufgrund der Verweigerungshaltung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes im Gastgewerbe nicht gelungen, auch im Bäckerhandwerk hat es keine Bereitschaft von Seiten der Arbeitgeber dazu gegeben. Das Gleiche gilt für die unterschiedlichen Teilbranchen der Fleischindustrie. Daran wird deutlich, dass trotz dieser Verbesserung der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn weiter ganz oben auf der gewerkschaftlichen Tagesordnung in Deutschland steht. So hat die „Initiative Mindestlohn“ Ende 2008 die Kampagne „Stimmen für den Mindestlohn – Mindestlohn per Gesetz!“ ins Leben gerufen, um im Wahljahr auf die Notwendigkeit eines gesetzlichen Mindestlohns hinzuweisen. 98 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Mindestlohnabstimmung im Betrieb, 2009 Von April 2009 bis zum 21. September tourte der Mindestlohn-Truck durch Deutschland. Auf vielen Straßen und Plätzen informierten die DGB-Gewerkschaften mit dem roten Infomobil über ihre Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. Aktiv für den Mindestlohn vor dem Kanzleramt, 2009 Im September 2009 ergab eine Umfrage, dass bei den Wählerinnen und Wählern von SPD, Grünen und Linken die Zustimmung für einen gesetzlichen Mindestlohn bei mehr als 93 Prozent lag, selbst 80 Prozent der Unionswähler und auch noch 75 Prozent der FDP Wähler sind für den gesetzlichen Mindestlohn! Geschäftsbericht 2008–2012 99 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Auf Initiative von NGG und ver.di beschloss der DGB-Bundeskongress im Mai 2010 einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Damit machten die 400 Delegierten deutlich, wie notwendig Existenz sichernde Entgelte sind! Insbesondere vor dem Hintergrund der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit am 1. Mai 2011 wurde eine gesetzliche Schranke gegen Dumpinglöhne eingefordert. Leben ohne Mindestlohn – Arm trotz Arbeit: Niedriglöhner, Leiharbeiter und „Aufstocker“ erzählen“ Im Dezember 2010 hatte der Arbeitnehmerflügel der CDU einen „allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn“ gefordert, im November 2011 beschloss die CDU dann eine „allgemein verbindliche Lohnuntergrenze“. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich dieser Beschluss aber als gezielte Täuschung. Eine Kommission der Tarifparteien soll an Branchenlöhnen orientiert Vorschläge machen, eine Einflussnahme der Politik auf diese Lohnuntergrenze wird abgelehnt. Aus unserer Sicht ein klarer Verstoß gegen das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes, an das die Regierung gebunden ist. Foto: Babette Brandenburg Im Frühjahr 2011 bestimmte das von Günter Wallraff, Franz-Josef Möllenberg und Frank Bsirske herausgegebene Buch „Leben ohne Mindestlohn – Arm wegen Arbeit: Niedriglöhner, Leiharbeiter und ‚Aufstocker‘ erzählen“ die Debatte. Das Ziel dieses Buches war es, den Menschen eine Stimme zu verleihen, die unter Dumpinglöhnen leiden. So konnte verdeutlicht werden, dass es nicht nur um niedrige Einkommen, sondern um eine zu geringe Möglichkeit der Teilhabe am Leben geht. Mit der Teilnahme von mehr als 100 Journalisten an der Pressekonferenz zur Vorstellung des Buches und zahlreichen Pressemeldungen und Rundfunkbeiträgen konnte eine breite Wirkung erzielt werden. Die Politiker, die sich gegen den Mindestlohn wenden, müssen sich jetzt immer wieder die Beispiele aus dem Buch vorhalten lassen – von Menschen, die so geringe Löhne erhalten, dass sie davon nicht leben können. uro unter 8,50 E t! Kein Lohn tz je destlohn r Min Gesetzliche lohn.de ive-mindest www.initiat » Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt « Anne Steins,* 30 Kassiererin bei einer Fast-Food-Kette in Mecklenburg-Vorpommern * Name geändert Es macht mich traurig zu sehen, für wie wenig Geld wir arbeiten müssen. Ich verdiene 5,80 Euro die Stunde, Aushilfen bekommen sage und schreibe 4,80 Euro. Dabei ist die Arbeit anstrengend: Man muss die ganze Zeit stehen und immer freundlich sein. Und wir arbeiten im Schichtdienst. Zuschläge für Nacht-, Sonn- oder Feiertagsarbeit gibt es nicht. Fast alle Kolleginnen und Kollegen müssen aufstocken, weil der Lohn zum Leben nicht reicht. Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Der Geschäftsführer hat uns dazu gesagt: » Wir können nicht mehr zahlen! Der Laden trägt sich gerade so. « Es ist schwer zu glauben, aber vielleicht auch wahr. Ich arbeite rund 30 Stunden die Woche und bekomme zwischen 550 und 750 Euro netto raus. Das würde für mich und meine Kinder niemals reichen. Ich habe das Glück, dass ich einen Freund habe, der einen besser bezahlten Job hat, sodass wir gerade so zurechtkommen. Doch warum müssen meine Kolleginnen und Kollegen Hartz IV beantragen? Ich meine, jeder Mensch müsste mindestens so viel Lohn bekommen, dass er davon leben kann. Ich bin gelernte Kauffrau für Bürokommunikation – aber eine Stelle in diesem Bereich habe ich hier bislang nicht gefunden. Was mir noch wichtig ist: Ich kämpfe nicht gegen meinen Arbeitgeber, ich kämpfe für den gesetzlichen Mindestlohn! 64 100 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Klarstellung zum CDUParteitagsbeschluss. NGG-Aktion auf Facebook, 2012 Eine Untersuchung der Universität Duisburg-Essen hat im November 2011 die dramatische Entwicklung ans Licht gebracht: 1998, als NGG die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn diskutierte, war der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich bei ca. 14 Prozent. Im Jahre 2009, also rund elf Jahre später, lag dieser Anteil bei rund 22 Prozent. Mehr als 18 Prozent der Beschäftigten in Deutschland haben 2009 weniger als 8,50 Euro pro Stunde erhalten. Diese Untersuchung hat nochmals erschreckend deutlich gemacht, welche dramatische Ausweitung der Niedriglohnsektor in Deutschland erfahren hat und wie sich die Verhältnisse im Arbeitsmarkt verschoben haben: Immer mehr Arbeitsplätze sind zeitlich befristet, Teilzeitarbeitsplätze oder gar Minijobber. In immer mehr Fällen werden keine Tarifverträge mehr angewandt, Leiharbeiter beschäftigt oder Werkvertragsunternehmen mit Dienstleistungen beauftragt, die wiederum nicht tarifgebunden sind. Dies führt zu Einkommen, die deutlich unter den Tarifeinkommen liegen und oft in den gewerkschaftlich schlecht organisierten Dienstleistungsbereichen zu finden sind. Auf dem Gewerkschaftstag 2008 unserer NGG hat es eine intensive und qualifizierte Diskussion darüber gegeben, ob NGG Tarifverträge unter damals 7,50 Euro überhaupt noch abschließen soll. Der Gewerkschaftstag hat damals entschieden, dass dies unter bestimmten Bedingungen weiter möglich sein soll. Darüber ist im NGG-Hauptvorstand immer wieder berichtet worden. Letztlich ist es gelungen, in zahlreichen Tarifgebieten die unteren Gruppen überproportional anzuheben, so dass keine Stundenlöhne unter 8,50 Euro mehr gezahlt werden. Diese konsequente Entwicklung ist aktuell von besonderer Bedeutung, da derzeit die CDU einen Mindestlohn für Bereiche vorschlagen will, in denen keine Tarifverträge bestehen. Wenn Tarifverträge unterhalb eines zu findenden Mindestlohns liegen, so sollen sie weiter gültig sein – wenn also tarifvertraglich schlechtere Bedingungen vereinbart sind, gelten diese fort. Umso wichtiger ist es, dass NGG konsequent den Weg zur Verminderung von Tarifgruppen unterhalb von 8,50 Euro geht! Auch wenn in den NGG-Tarifverträgen der weit überwiegende Teil aller Tarifgruppen deutlich über 8,50 Euro liegt, so muss doch herausgestellt werden, dass die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns auch die Gefährdung bisher besserer Tarifbedingungen durch Dumpinglöhne verhindert. Geschäftsbericht 2008–2012 101 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts haben wir uns im Jahre 2011 mit den Folgen der Leiharbeit in den NGG-Organisationsbereichen auseinandergesetzt, 2012 setzen wir dies mit der Thematisierung von Werkverträgen fort. Die bekannten Auswüchse dieser Beschäftigungsform, insbesondere im Schlachtbereich, gehören dringend abgestellt, in dieser Branche ist ein gesetzlicher Mindestlohn das Mindeste, was die Arbeit von Menschen Wert sein muss. Dies stellen wir in der Diskussion um Werkverträge heraus und verknüpfen dies auch in der Zukunft mit unserer von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützten Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. 1.8 Leiharbeit Leiharbeit ist gekennzeichnet durch ein Dreiecksverhältnis zwischen Verleiher, Arbeitnehmern und Entleiher. Damit kommt es zu einer Trennung von Arbeitsvertrag und Beschäftigungsverhältnis. Die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland ist seit 1972 gesetzlich geregelt. Allerdings wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz seither mehrfach zulasten der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer geändert. Leiharbeit in Deutschland wächst seit Längerem mit hoher Dynamik. Unterbrochen nur von zwischenzeitlichen Phasen wie beispielsweise der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009. Deutliche Anstiege sind dabei vor allem kurz nach den Zeitpunkten der wichtigsten rechtlichen Änderungen zu beobachten. Im Dezember 1980 lag die Zahl der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer noch bei 33.000, zehn Jahre später schon bei 119.000 und im Dezember 2001 bei 338.000. Im Zuge der Hartz-Gesetze kam es zu einer weiteren Expansion der Leiharbeit. Im Dezember 2011 gab es in Deutschland 872.000 Leiharbeitsbeschäftigte. In den letzten zehn Jahren hat sich ihre Zahl damit verdreifacht, in den letzten 20 Jahren versiebenfacht. Aktuell bewegt sich die Beschäftigung in der Leiharbeit auf einem hohen Niveau, zeigt aber seit einem Jahr kaum noch Veränderung. 102 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Entwicklung der Anzahl von Leiharbeitnehmern und Reformen der Arbeitnehmerüberlassung 5. Reform 1. Januar 2003 4. Reform 1. Januar 2002 800.000 3. Reform 1. April 1997 1. Reform 1. Mai 1985 2. Reform 1.Januar 1994 1.000.000 600.000 400.000 287.600 282.400 200.000 181.200 103.300 41.700 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, 2012 Anfang 2012 hat NGG gemeinsam mit 371 Betriebsräten der Ernährungsindustrie und des Hotel- und Gaststättengewerbes den Umfang des Einsatzes von Leiharbeit und Werkverträgen in den Betrieben ermittelt. Zentrale Ergebnisse zum Thema Leiharbeit: • In 67 Prozent der Betriebe werden Leiharbeitsbeschäftigte eingesetzt. • Der Anteil der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer, gemessen an der Stammbelegschaft, liegt mit gut fünf Prozent über dem Bundesdurchschnitt (ca. drei Prozent). • Die Schwerpunkte des Einsatzes von Leiharbeitsbeschäftigten sind in den Wirtschaftsgruppen Getreide, Süßwaren und Zucker, Milch und Fett, Fleisch sowie Getränke. • Der Einsatz der Leiharbeitskräfte liegt überwiegend bei bis zu sechs Monaten (ca. 57 Prozent). • 32 Prozent geben an, Leiharbeitsbeschäftigte ersetzen Stammarbeitsplätze. • Die durchschnittliche Stundenlohndifferenz lag bei mehr als fünf Euro. • In mehr als jedem fünften Betrieb gibt es eine Betriebsvereinbarung, die den Einsatz von Leiharbeit regelt. Geschäftsbericht 2008–2012 103 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Einsatzdauer von Leiharbeitnehmern in der Ernährungsindustrie (in Prozent) 23,8 18,6 14,4 7,9 tageweise bis 3 Monate bis 6 Monate bis 9 Monate 35,4 bis 12 Monate + Quelle: NGG-Umfrage bei Betriebsräten, 2012 CGZP war nie tariffähig Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt in seinen Beschlüssen vom 22. und 23. Mai 2012 die fehlende Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) seit ihrer Gründung. Damit ist rechtskräftig festgestellt, dass die am 11. Dezember 2002 gegründete CGZP nie tariffähig war und die von ihr alleine abgeschlossenen Lohndumping-Tarifverträge unwirksam sind. Somit hatten die Leiharbeitskräfte, die auf Grundlage des CGZP-Tarifvertrages bezahlt wurden, Anspruch auf eine gleiche Bezahlung wie Arbeitnehmer im Einsatzbetrieb. NGG hat umfangreiche Arbeitshilfen zur Durchsetzung von Ansprüchen der Leiharbeitskräfte, die nach den CGZP-Tarifvertrag bezahlt wurden, zur Verfügung gestellt. Die Beschlüsse des BAG betreffen nur die von der CGZP alleine abgeschlossenen Tarifverträge. Sie treffen aber keine Aussage zu den ab dem Jahr 2010 von der CGZP zusammen mit fünf sogenannten „christlichen Gewerkschaften“ abgeschlossenen Leiharbeitstarifverträgen. Mindestlohn in der Leiharbeit Im April 2011 änderte die Bundesregierung das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Neben der Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG) und der Neuregelung zur Einschränkung des Missbrauchs von Leiharbeit (Schlecker-Klausel) wurde auch die Möglichkeit zur Einführung einer Lohnuntergrenze für die Leiharbeit geschaffen. Dies war eine Reaktion auf die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staaten Mittel- und Osteuropas, die bis zum 1. Mai 2004 der EU beigetreten sind. Bereits 2010 hatte die Tarifgemeinschaft der DGB-Gewerkschaften mit den Leiharbeitgeberverbänden iGZ und BZA ein Tarifvertrag über Mindestarbeitsbedingungen in der Leiharbeit vereinbart. Dieser konnte nach der Änderung des AÜG durch Rechtsverordnung am 1. Januar 2012 in Kraft treten und sieht aktuell mindestens 8,19 Euro (West) und 7,50 Euro (Ost) als Lohnuntergrenze vor. 104 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Branchenzuschläge NGG ist bisher den unmittelbaren betrieblichen Weg gegangen, um zu Vereinbarungen über die Begrenzung von Leiharbeit und Equal-Pay-Regelungen zu kommen. Hier ist den Regionen und Betriebsräten eine Mustervereinbarung zur Verfügung gestellt worden. Von NGG angestrebte Regelungen in Flächentarifverträgen mit den Arbeitgeberverbänden der Ernährungsindustrie waren nicht erfolgreich und hätten auch schuldrechtlich ihre Grenzen, wie das Beispiel des Tarifvertrages für die Stahlindustrie NRW zeigt. Für acht Branchen wurden 2012 mit den Arbeitgeberverbänden der Leiharbeit tarifliche Branchenzuschläge vereinbart. Die Höhe der Branchenzuschläge liegt zwischen drei und 50 Prozent und ist gestaffelt je nach Dauer im Entleihbetrieb. Auf diese Weise soll die Lücke zwischen den Tarifentgelten in der Leiharbeit und den Einsatzbranchen verringert werden. Auch NGG hatte Sondierungsgespräche über Branchenzuschläge in der Leiharbeit für die Ernähungsindustrie aufgenommen. Mit zwei zentralen Bedingungen ist NGG angetreten: 1. Eine Branchenzuschlagsregelung für Leiharbeitsbeschäftigte in der Ernährungsindustrie muss so schnell wie möglich Equal Pay erreichen. 2. Branchenzuschläge in der Ernährungsindustrie müssen möglichst alle durch NGG vertretenen Branchen abdecken. Bereits im zweiten Gespräch sind die Sondierungen an der starren Haltung der Arbeitgeber gescheitert. Die Leiharbeitgeber wollten Branchenzuschläge nur für die Branchen der Ernährungsindustrie, in denen ein signifikanter Lohnunterschied besteht und die Branche eine bedeutende Größe aufweist. Auch waren die Arbeitgeber nicht bereit, von der gestaffelten Regelung der Branchenzuschläge abzuweichen. Damit wären die Branchenzuschläge in der Ernährungsindustrie aber weitestgehend ins Leere gelaufen. Denn immerhin arbeiten fast 60 Prozent der Leiharbeitsbeschäftigten nur bis zu sechs Monaten in den Entleihbetrieben der Ernährungsindustrie. Für NGG ist klar: Die abgeschlossenen Vereinbarungen über Branchenzuschläge können kein Ersatz für eine Equal-Pay-Regelung und erst recht nicht für eine Equal-Treatment-Regelung darstellen. Die Bundesregierung bleibt daher in der Verpflichtung, das AÜG so zu verändern, dass für die Beschäftigten in der Leiharbeit gleiche Bezahlung und Arbeitsbedingungen wie für vergleichbare Beschäftigte in den Entleihbetrieben gelten. Wir setzen uns nach wie vor für gesetzliche, tarifliche und betriebliche Regelungen ein, die dem Prinzip „Gleiche Arbeit – Gleiches Recht“ gerecht werden. Die Begrenzung des Einsatzes von Leiharbeit hat für NGG tarif- und betriebspolitisch einen hohen Stellenwert. Damit ist aber nicht die Problematik des Einsatzes von Werkverträgen, die ihre Aufgaben vor Ort in den Betrieben der auftraggebenden Unternehmen erledigen, gelöst. Letztendlich wird deshalb nur ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn helfen. Geschäftsbericht 2008–2012 105 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Staffelung der Branchenzuschläge in der Leiharbeit Branche Gültig ab: Zuschläge in Prozent nach Einsatzdauer und unterschiedlichen Entgeltgruppen ab 7. Woche ab 4. Monat ab 6. Monat ab 8. Monat ab 10. Monat Metall- und Elektroindustrie 1.11.12 15 20 30 45 50 Chemische Industrie 1.11.12 10 bis 15 14 bis 20 21 bis 30 31 bis 45 35 bis 50 Kunststoffverarbeitende Industrie 1.01.13 3 bis 7 4 bis 10 6 bis 15 9 bis 22 10 bis 25 Kautschukverarbeitende Industrie 1.01.13 3 bis 4 4 bis 7 6 bis 10 9 bis 13 10 bis 16 Schienenverkehr 1.04.13 3 bis 4 4 bis 6 6 bis 8 9 bis 12 10 bis 14 Textil- und Bekleidungsindustrie 1.04.13 5 10 15 20 25 Holz und Kunststoffverarbeitende Industrie 1.04.13 7 10 15 22 31 Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitende Industrie 1.05.13 4 bis 7 * 8 bis 11 12 bis 15 16 bis 19 20 bis 23 * ab der 5. Woche; Quelle: WSI Tarifarchiv, 2012 1.9 Solidarische Entgeltpolitik – „eg-check.de“ nutzen Der 14. Ordentliche Gewerkschaftstag der NGG hat 2003 einen Antrag zur solidarischen Entgeltpolitik mit dem Ziel verabschiedet, „die nach wie vor bestehende Lücke zwischen Verdiensten von Frauen und den Verdiensten von Männern durch tarifpolitische Maßnahmen soweit wie möglich zu schließen“. Trotz dieses Beschlusses ist die Überarbeitung bestehender Entgeltmerkmale kaum gelungen; das Thema konnte in der Tarifarbeit nicht verankert werden und daher haben sich nur die Gremien der gewerkschaftlichen Frauenarbeit damit befasst. In der Folge hat der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag der NGG 2008 einen weiteren Antrag verabschiedet, der Aufhebung der immer noch bestehenden Entgeltdifferenz zwischen Frauen und Männern fordert. Diese liegt derzeit bei rund 23 Prozent und beschert Deutschland einen unverändert schlechten Rangplatz im europäischen Vergleich. Von besonderer Bedeutung für die Entgeltlücke sind dabei die unterschiedlichen Erwerbsbiografien der Geschlechter, die in zahlreichen Fällen dazu führen, dass Frauen nach einer Familienphase oft in schlechter bezahlten Jobs tätig sind. Einigkeit herrscht in Fachkreisen aber darüber, dass diese Entgeltlücke nicht allein mit sachlichen Faktoren oder strukturellen Unterschieden (ungleiche Besetzung von Arbeitsplätzen, unterschiedlich ausfallende Berufsbzw. Branchenwahl, Teilzeitbeschäftigung) erklärt werden kann. Nach Meinung der Wissenschaft ist rund ein Drittel der Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern nicht auf strukturell unterschiedliche arbeitsplatzrelevante Merkmale zurückzuführen. Dies bedeutet, dass Frauen auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit je Stunde durchschnittlich acht Prozent weniger als Männer verdienen! 106 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, sind auch mit dem EU-Recht unvereinbar und dürfen so nicht mehr abgeschlossen werden. Um diese Situation aktiv zu verändern, haben wir uns mit der Prüfmethode „egcheck.de“ auseinandergesetzt, mit dessen Hilfe eine mögliche Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt auf betrieblicher und tariflicher Ebene identifiziert werden kann. Dieses Prüfinstrument ist von zwei gewerkschaftsnahen Wissenschaftlerinnen und mit Förderung der Hans-Böckler-Stiftung entwickelt worden. Nach unserer Überzeugung ist die Beseitigung des „Gender Pay Gap“ eine Querschnittsaufgabe für NGG, die bei den zahlreichen Haustarifverträgen in unserem Organisationsbereich möglichst viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter erfordert. Zunächst wurde den Genderbeauftragten der NGG-Landesbezirke das Prüfinstrument „eg-check.de“ vorgestellt. Sie begrüßten, dass mit diesem Prüfinstrument jetzt eine Unterstützung für die betriebliche Arbeit gegeben ist und schlugen vor, in einem ersten Schritt Erfahrungen zu sammeln, um die Praxistauglichkeit einschätzen zu können. Im Rahmen eines gemeinsamen zweitägigen Workshops 2011 der Abteilungen Tarifpolitik sowie Frauen- und Gleichstellungspolitik der NGG-Hauptverwaltung, wurden Hauptamtliche aus den Landesbezirken geschult. Das erste Ziel war zunächst, den „eg-check.de“ als Instrument kennenzulernen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, sowohl für die NGG, als aber auch für Betriebsräte zur Verfügung stehen. Aufgrund der Vielfalt der einzelnen Haus- und Flächentarifverträge gelang es mit diesem auf die Landesbezirke bezogenen Ansatz nicht, die Umsetzung zu sichern. In einer weiteren Schulung wurden die Wirtschaftsgruppen- und Referatsleiter für die Anwendung des „eg-check.de“ geschult und anschließend 16 Bundestarifverträge konkret überprüft. Hierzu gehörten: • Sechs Tarifverträge aus der Wirtschaftsgruppe der Ernährungsindustrie • Ein Tarifvertrag aus dem Bereich des Nahrungsmittelhandwerks • Neun Tarifverträge aus der Wirtschaftsgruppe des Hotel- und Gaststättengewerbes Festzuhalten ist, unsere Tarifverträge lassen nicht nur Spielräume für unterschiedliche Bezahlung im Betrieb zu, sie sind auch vielfach mittelbare Ursache für eine Entgeltungleichheit. Außerdem müssten Bewertungsgruppen mit Merkmalen und Tätigkeitsbeschreibungen aktualisiert, den heutigen Anforderungen angepasst, werden. Festzuhalten ist auch, es besteht Handlungsbedarf! Wir müssen in Zukunft bei Neuverhandlungen und Abschlüssen, nicht nur bei Eingruppierungstarifverträgen, der Arbeitgeberseite verdeutlichen, dass unter Umständen Regelungen getroffen werden, die nicht mit EU-Recht konform sind. Aus dieser Überlegung heraus, haben wir für einige Bereiche Aktivitäten entwickelt: • Im Rahmen zweier Tagungen für Betriebsräte der Zuckerindustrie wurde der „eg-check.de“ genutzt, um den Veränderungsbedarf im Entgeltrahmentarifvertrag Zucker zu identifizieren. Als Referentin stand die Entwicklerin des Prüfinstruments zur Verfügung. • Für die Tarifverhandlungen zum Entgeltrahmentarifvertrag für die Brauindustrie hat NGG eine Überarbeitung des bestehenden Tarifvertrages vorgelegt, der die Kriterien der DiskriGeschäftsbericht 2008–2012 107 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik minierungsfreiheit erfüllt. An der Überarbeitung war das Referat Frauen- und Gleichstellungspolitik der NGG-Hauptverwaltung aktiv beteiligt. Aufgrund der Verweigerungshaltung der Arbeitgeberseite ist hier kein Tarifvertrag mehr zustande gekommen, da die Arbeitgeber nur daran interessiert waren, das Entgeltniveau, insbesondere der unteren Entgeltgruppen, abzusenken. • Für die Süßwarenindustrie und für die Firma Eurest haben die jeweils zuständigen Referate in enger Abstimmung mit dem Referat Frauen- und Gleichstellungspolitik der NGG-Hauptverwaltung moderne Entgeltrahmentarifverträge entwickelt. Diese sind für die jeweilige NGG-Tarifkommission Grundlage der Tarifverhandlungen. Die Tarifverhandlungen waren bis Redaktionsschluss noch nicht beendet. Unsere Tarifpolitik wird zukünftig stärker im Fokus haben müssen, die bestehenden Entgeltrahmentarifverträge weiterzuentwickeln, um unterschiedliche Bezahlung zwischen Frauen und Männern im Betrieb zu verhindern. Es reicht jedoch nicht, mit diesem Anspruch in die Tarifverhandlung zu gehen, wir müssen in der Lage sein, entsprechende Änderungen durchzusetzen. Auch für diese Frage gilt das Motto: Tarif gibt 's nur aktiv! Wenn wir gemeinsam mit unseren Tarifkommissionen den Veränderungsbedarf feststellen, müssen wir anschließend auch die Durchsetzbarkeit sicherstellen. Parallel dazu sind die betriebliche Eingruppierungspraxis und das Zulagenwesen auf den Prüfstand zu stellen. Auch im Rahmen der bestehenden Tarifverträge müssen wir sicherstellen, dass mit der betrieblichen Eingruppierungspraxis keine weiteren Geschlechterbenachteiligungen erfolgen. Die Bedeutung der Eingruppierung für eine gleiche Bezahlung von Frauen und Männern muss immer wieder herausgestellt werden. Dies macht zum einen Schulungen und Bewusstseinsbildung notwendig, und zum anderen geht dies nur gemeinsam mit Betriebsräten und NGG. 1.10 Arbeitgeberverbände Zur Tarifautonomie und zum Flächentarifvertrag gehören auch Arbeitgeberverbände, die sowohl die Bindung ihrer Mitglieder an den Verband als auch die Verbindlichkeit geschlossener Tarifverträge zusichern können. NGG hat deshalb ein grundsätzliches Interesse an starken Arbeitgeberverbänden. Die Struktur und der sozialpolitische Handlungswillen der Arbeitgeberverbände zum Abschluss von Tarifverträgen sind in unserem Organisationsbereich sehr differenziert und in der Regel regionalisiert. Das ist ein Grund dafür, dass Bundestarifverträge die Ausnahme sind. In den Tarifverhandlungen mit den jeweils zuständigen Fachverbänden der Arbeitgeber oder einzelnen Arbeitgebern werden immer wieder die unterschiedlichen Interessenlagen von Arbeitgebern und Beschäftigten deutlich. Gleichwohl gibt es in unregelmäßigen Abständen Gespräche und Veranstaltungen mit den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber zu Themen von gemeinsamem Interesse. Einen Beitrag zur Diskussion mit dem Arbeitgeberverband Nahrung und Genuss (ANG) bilden auch die BZO-Foren, die nach gemeinsamer Absprache zu Themen stattfinden, die von übergreifendem Interesse für die Ernährungsindustrie sind. Im größeren Rahmen von Personalleitern, Betriebsräten und interessierten Experten werden hier Meinungen ausgetauscht. So fand vom 24. bis 25. März 2010 zum fünften Mal ein solches gemeinsames BZO-Forum von 108 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Gemeinsames Forum von NGG und ANG, 2010 ANG und NGG statt. Das Thema der Tagung: „Sozialpolitische Antworten auf den demografischen Wandel“. 120 Teilnehmende diskutierten Lösungsansätze für die Probleme des demografischen Wandels in der Ernährungsindustrie anhand von zwei inhaltlichen Schwerpunkten: 1. Vereinbarkeit von Familie und Beruf 2. Modelle für den Übergang vom Arbeitsleben in die nächste Lebensphase Die Tagung endete mit der gemeinsamen Abschlusserklärung „Demografischer Wandel: Sozialpolitische Herausforderung annehmen!“ Gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) hat NGG im Juni 2012 eine Fachtagung zum demografischen Wandel in der Süßwarenindustrie durchgeführt. Anhand von „Guten-Praxis-Beispielen“ stand ein intensiver Meinungsaustausch zwischen NGG und Betriebsräten einerseits sowie dem BDSI und Personalleitern anderseits im Vordergrund der Tagung. An der Tagung in Kassel haben 70 Personalleiter und Betriebsräte teilgenommen. Regelmäßige Gespräche und Diskussionen zwischen NGG und Arbeitgebern der Fachverbände finden auch im Rahmen unserer vielfältigen Branchentagungen statt. Hierbei geht es insbesondere um spezifische Problemstellungen in den Branchen. 2008 haben NGG und ANG mit einer Rahmenvereinbarung „SozialPartnerInitiative Lebenslanges Lernen“ (SPILL) die Grundlage für eine bundesweite Initiative zur Sicherung zukünftiger Fachkräftebedarfe, Förderung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens in der Ernährungswirtschaft gelegt. Aus SPILL sind zahlreiche Projekte regionaler Arbeitgeberverbände und der NGG entstanden. Hintergrund der Bemühungen der NGG sind die nach wie vor zu geringen Weiterbildungsanstrengungen in vielen Betrieben der Ernährungswirtschaft. Eine bereits 2004 gemeinsam unterzeichnete Empfehlung von NGG und ANG an die tarifpolitischen Parteien haben wir 2009 nochmals bestätigt. Die Empfehlung behandelt die Themen: Geschäftsbericht 2008–2012 109 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 1. Betriebliche Erfolgsbeteiligung 2. Arbeitszeitregelungen 3. Härtefallregelungen bezogen auf Beschäftigungs- und Standortsicherung Hintergrund der 2004 unterzeichneten Empfehlung war eine jahrelange Kampagne gegen die vermeintlich verkrusteten und überkommenen Strukturen von Tarifverträgen. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte von den Tarifvertragsparteien mehr Flexibilität und drohte mit der Einführung gesetzlicher Öffnungsklauseln. CDU/CSU und FDP sowie Teile des Arbeitgeberlagers forderten eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes (Günstigkeitsprinzip) und des Betriebsverfassungsgesetzes (Tarifvorrang). Nach monatelanger politischer Kontroverse, die von Gewerkschaftsseite mit betrieblichen Informationsveranstaltungen und Arbeitsniederlegungen, mit lokalen und regionalen Protestkundgebungen, mit Anzeigenkampagnen, mit Umfragen und breit angelegten Unterschriftensammlungen geführt wurde, konnte ein Verzicht auf ein gesetzliches Eingreifen in die Tarifautonomie erreicht werden. Mit unserer gemeinsamen Empfehlung konnten wir den langen Forderungskatalogen der Arbeitgeber, die auf generelle Absenkung der Tarifstandards abzielten, einheitliche Eckpunkte entgegensetzen. Standort- und Beschäftigungssicherungsvereinbarungen sowie tarifliche Ergänzungsregelungen waren auch im Berichtszeitraum ein weiterhin genutztes Instrument. 2. Die Branchen der NGG Tarif- und Betriebspolitik sowie unsere Branchenarbeit bilden einen Dreiklang unserer alltäglichen Arbeit. Branchenarbeit soll insbesondere die Koordination der Betriebs- und Tarifpolitik sicherstellen. Branchenarbeit ist dort erfolgreich, wo relevante Themen gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben identifiziert werden. Richtig sind die Themen dann, wenn Mitgliederbindung, Mitgliederwerbung und eine Verbesserung der fachlichen und betrieblichen Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte entstehen. Vorraussetzung dafür ist, dass die jeweiligen Themen systematisch in unsere alltägliche Arbeit eingebunden und mittel- bis langfristig angelegt sind. 110 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Bei NGG findet eine umfangreiche Branchenarbeit auf allen drei Ebenen (Hauptverwaltung, Landesbezirke und Regionen) statt. Es gibt viele gute Beispiele erfolgreicher Branchenarbeit. Teilnehmende auf Branchentagungen und Branchenseminare * 2010 Tagungen und Seminare Teilnehmende Kolleginnen und Kollegen 18 davon HoGa 3 ~ 700 davon HoGa ~ 70 2011 17 ~ 710 Die Referate der Hauptverwaltung davon HoGa 2 davon HoGa ~ 80 bieten jährlich Branchentagungen 2012 21 ~ 880 und Branchenseminare an, betreudavon HoGa 4 davon HoGa ~ 170 en Arbeitskreise und Netzwerke, er* ohne Arbeitskreise und Netzwerke; Quelle: NGG, 2012 stellen Branchenberichte und Branchenstudien und initiieren branchenübergreifende Projekte. Die Tagungen und Seminare für die Branchen dienen insbesondere auch zur Verbesserung des gemeinsamen Verständnisses der Betriebsräte und somit des Zusammenhalts, aber auch der Netzwerkbildung. Ihre Inhalte hängen stark von den tarif- und allgemeinpolitischen Anforderungen an die und in der Branche ab. Die Erfahrung mit den Branchentagungen und Branchenseminaren zeigt, der Zusammenhalt, die Netzwerkbildung, das gemeinsame Verständnis und die fachlichen/betrieblichen Handlungsmöglichkeiten der Betriebsräte werden verbessert. Um unsere Branchenarbeit weiterzuentwickeln und stärker zu systematisieren, haben wir 2011 in der Branche Brot- und Backwaren ein Projekt zur Entwicklung einer modellhaften Branchenarbeit gestartet. Dabei geht es insbesondere um den Aufbau einer durchgängigen Branchenstruktur über die einzelnen Organisationsebenen hinweg, um gemeinsam identifizierte Themen und Aufgaben zu verzahnen. Hierzu gehört unter anderem: • • • • • • • Branchendaten sammeln und auswerten Vorbereitung von Tagungen und Seminaren Erstellen von Info-Materialien Koordination von örtlichen und regionalen Aktivitäten Begleitung von Tarifbewegungen Umsetzung tariflicher Vorgaben und Rahmenbedingungen Entwickeln von Branchenkonzepten Unsere Branchenarbeit erfolgt im Rahmen der Entscheidungen der jeweils zuständigen Gremien. 2.1 Getränke Das Referat umfasst die Bereiche Brau- und Malzwirtschaft sowie Alkoholbrennereien, Herstellung von Spirituosen, Herstellung und Verarbeitung von Wein, Mineralbrunnen, Mineralwasser, Erfrischungsgetränke, Limonaden sowie den Getränkefachgroßhandel (GFGH). Im Berichtszeitraum gab es aus strukturellen und organisatorischen Gründen mehrere personelle Wechsel. Geschäftsbericht 2008–2012 111 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Allgemeines zur Getränkebranche Die bestimmenden Größen in der Getränkebranche liegen auch in diesem Berichtszeitraum in der Brauwirtschaft, den alkoholfreien Getränken (AfG) und dem Getränkefachgroßhandel. Hier gab es weitere Konzentrationsprozesse auf nationaler wie internationaler Ebene. Ein Beispiel für internationale Konzentrationsprozesse, die auch Deutschland betreffen, ist die Übernahme 2008 der amerikanischen Brauerei Anheuser-Busch durch die belgisch-brasilianische InBev-Gruppe zur heutigen Anheuser-Busch InBev Brauereigruppe (ABInBev). ABInBev ist – gemessen am Absatzvolumen – die größte Brauereigruppe der Welt. Bei den nationalen Braugruppen scheint auf dem Feld der Konzentration und möglichen Übernahmen zurzeit eher Beobachtung und Abwarten angesagt. Die Unternehmensziele, einen Marktanteil von „20 Prozent Plus“ zu erzielen, sind kaum noch hörbar. Dennoch sind sie nicht von der Agenda. Aber die momentane Situation mit Überkapazitäten, Preisverfall und Anstieg der Rohstoff- und Betriebskosten lässt wenig Spielraum für Zukäufe. Bei Coca-Cola ist durch die One-Bottler-Strategie die Zentralisierung der Geschäftsprozesse weiter voran getrieben worden. Aufgrund der einheitlichen Unternehmenstarifverträge und der darin vereinbarten Beschäftigungssicherung konnte aber insgesamt die Zahl der Beschäftigten gehalten werden. Oberstes Ziel aller Beteiligten im Bereich der Getränkeindustrie ist, mehr Marktvolumen zu erzielen. Deshalb hält der Verdrängungsdruck unvermindert an. Hier sind die ständigen Preisaktionen, viele und aufwendige Marketing- und Werbeaktionen mit großzügigen Gewinnspielund Verschenkaktionen eher nicht zielführende Mittel. Dagegen wären neue Technik, Ressourcen- und Rohstoffeffizienz sowie jegliche Innovation, egal ob bei Produkt, Prozess oder Organisation, die erfolgreicheren Instrumente zur Unternehmenssicherung. Einige Unternehmen setzen in Teilbereichen gezielt auf höhere Margen, da sich seit einiger Zeit abzeichnet, dass eine bestimmte Käuferschicht nicht nur Wert auf Qualität, sondern auch auf Originalität und Identifikation mit dem Produkt setzt. Egal ob von regionalen oder anderen Gründen getrieben. Getränkefachgroßhandel (GFGH) Im Getränkefachfachgroßhandel haben sich Wettbewerb und Verschiebungen in den letzten Jahren zugespitzt und es wird wohl auch in der kommenden Zeit noch weitere Umstrukturierungen, Verkäufe und Neuzuordnungen geben. Besonders die großen Brauer und Braugruppen ohne eigenen Fuhrpark positionieren sich und stellen sich in diesem Bereich neu auf, um eine stabile Logistik für ihre Produkte zu sichern. Andererseits gibt es auch eine Entwicklung, dass GFGH-Betreiber mit eigenen Produkten versuchen, selbst auf dem Getränkemarkt Fuß zu fassen. Für die Betriebsräte des GFGH gibt es dadurch eine Vielzahl von oft schwierigen Umstrukturierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen, durch welche sie die Beschäftigten mit dem Ziel begleiten, Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen weitgehend zu sichern. 112 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauches von Getränken in Deutschland Nach jahrelangem rückläufigem Trend beim Bierkonsum, zeichnet sich eine Stabilisierung ab. Ein Grund hierfür ist vor allem der Ausbau von Produktinnovationen im Bereich der Mischgetränke, seit Neuestem die Wiederbelebung der Fassbrausen und der steigende Absatz bei alkoholfreien Bieren. Der ansteigende Trend bei alkoholfreien Getränken und hier besonders bei Mineralwässern hat im Berichtszeitraum weiter angehalten. Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauches von Getränken 2007 bis 2011 (in Litern) 2007 2008 2009 2010 2011 297,9 292,3 290,4 290,8 295,7 Erfrischungsgetränke 116,50 116,80 117,00 118,20 120,10 Wässer 143,10 138,10 136,40 136,30 140,60 38,30 37,40 37,00 36,30 35,00 Alkoholfreie Getränke Fruchtsäfte und -nektare 141,80 141,20 139,00 137,20 136,60 Bier 111,80 111,10 109,60 107,40 107,20 Wein 20,60 20,70 20,10 20,50 20,20 Sekt 3,80 3,90 3,90 3,90 4,10 Spirituosen 5,60 5,50 5,40 5,40 5,10 221,00 224,70 227,40 229,10 231,30 148,20 150,50 153,30 153,30 157,70 72,80 74,20 74,10 75,80 73,60 660,70 658,20 656,80 657,10 663,60 Alkoholgetränke Heiß- und Hausgetränke Bohnenkaffee Tee (Schwarz/Kräuter/Früchte) Gesamt Quelle: Deutsches Weininstitut, Statistisches Bundesamt, 2012 Verpackungsverordnung Das Dosenpfand gibt es seit zehn Jahren. Das erklärte Ziel, das umweltverträgliche und Arbeitsplatz sichernde Mehrwegsystem zu stärken, ist nicht erreicht. Einwegverpackungen nehmen weiter zu und in jüngster Zeit ist auch die Dose wieder auf dem Weg ins Regal. Verbraucher können häufig Mehrweg- und Einwegflaschen nicht mehr unterscheiden. Seit 2009 haben sich Umweltminister diesem Thema kaum bzw. unzureichend angenommen. Einziges öffentlich wahrnehmbares Zeichen ist der aktuelle Versuch des Bundesumweltministeriums, Einwegverpackungen deutlicher zu kennzeichnen. Dies wird aber für eine Stärkung des Mehrwegsystems nicht ausreichend sein. Gelingt es nicht, den Trend zu stoppen, bedeutet dies einen weiteren Arbeitsplatzabbau in der Getränkeindustrie. Strukturentwicklung im Bereich Getränke Die Strukturveränderungen halten in der Branche weiter an. Der Markt ist weithin gesättigt und abgesehen vom Bereich Mineralwasser sind kaum Wachstumsraten zu erzielen. Somit können Volumensteigerungen nur mit Verdrängung erreicht werden. Von 2008 bis 2011 sind Geschäftsbericht 2008–2012 113 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik mehr als acht Prozent der Betriebe geschlossen worden und es werden mehr als fünf Prozent weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Wirtschaftsdaten Getränkeherstellung 2008 bis 2011 Betriebe von Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten, einschließlich Handwerk 2008 2009 2010 2011 333 314 306 305 Beschäftigte 53.008 51.125 50.384 50.128 Umsatz (in Mio. Euro) 17.844 16.996 16.731 17.256 23,19 23,82 24,03 25,18 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 203 202 201 212 Exportquote (in Prozent) 9,5 9,6 10,4 10,5 Betriebe Gehaltssumme (in Prozent des Umsatzes) Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Kritisch muss angemerkt werden, dass die Bestrebungen der Arbeitgeber, weiter Kosten zu sparen, dazu geführt haben, dass die Instrumente Leiharbeit und Werkverträge verstärkt zum Einsatz kommen. Dies ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich und reicht von Unterstützung bei Saisonspitzen bis zu dauerhaften Auslagerungen von Tätigkeiten, wie Sortierung oder Logistik. 2.2 Brauwirtschaft In den vergangenen Jahren gab es weitere Veränderungen in den Strukturen, allerdings nicht mehr in der Dichte wie im vorangegangenen Berichtszeitraum. Auch wird weiterhin, wo es noch Ressourcen gibt, in die Verbesserung der technologischen Standards investiert. Allerdings rücken auch immer mehr ganzheitliche Betrachtungen der Prozessabläufe und deren Optimierung in den Fokus. Diese werden dann für Rationalisierungspotenziale genutzt. Mit der Folge: Der Arbeitsplatzabbau in der Brauwirtschaft schreitet insgesamt voran und die Zahl der Beschäftigten ist weiter rückläufig. Allerdings nicht mehr in dem Tempo wie in der Vergangenheit. Eine Umkehrung dieses Trends ist derzeit nicht zu erwarten. Vielmehr bleibt zu befürchten, dass sich der Konzentrationsprozess in der Brauwirtschaft noch verschärfen wird. 114 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Wirtschaftsdaten Braugewerbe 2008 bis 2011 Betriebe von Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigte, einschließlich Handwerk 2008 2009 2010 2011 159 149 147 148 25.142 23.614 22.844 22.697 Umsatz (in Mio. Euro) 7.596 7.270 7.149 7.297 Bruttolohn- und Gehaltssumme (in Prozent des Umsatzes) 1.032 992 975 985 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 191 196 199 204 Exportquote (in Prozent) 8,0 8,4 8,3 8,5 Betriebe Beschäftigte Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Internationale Braubranche Auf dem weltweiten Biermarkt spielt Deutschland als Global Player eine untergeordnete Rolle und hat schon vor Jahren den Trend der weltweiten Konsolidierung verpasst. Hier hat sich das Vertrauen allein auf das Reinheitsgebot und einen stabilen Absatzmarkt in Deutschland als falsch erwiesen. So steigt die Exportquote (Auslandsumsatz in Prozent des Gesamtumsatzes) in der Braubranche zwar seit Jahren stetig an, sie liegt aber nach wie vor deutlich hinter der Ernährungswirtschaft zurück. Während die Exportquote im Braugewerbe im Jahr 2011 bei 8,5 Prozent lag, wies das Ernährungsgewerbe einschließlich Tabakherstellung 2011 eine Exportquote von 19,1 Prozent aus. Noch 2010 waren 84,8 Prozent des gesamten Bierabsatzes für den Inlandsverbrauch bestimmt. Damit ist der deutsche Biermarkt immer noch einer der größten in der Welt, aber in einem gesättigten Markt. So gab es auch in jüngster Zeit auf dem internationalen Markt noch weitere Konzentrationen und Brauereiübernahmen, wie zum Beispiel die Übernahme der amerikanischen Brauerei Anheuser-Busch durch die belgisch-brasilianische InBev-Gruppe zur heutigen Anheuser-Busch InBev Brauereigruppe (ABInBev). Die internationalen Braukonzerne haben ihren Fokus seit einiger Zeit aber eher auf den asiatischen und südamerikanischen Markt gelegt. Branchenstruktur In Deutschland hat die Zahl der kleinen Braustätten zugenommen. Der Anstieg ist vor allem auf die Gründung neuer Gasthausbrauereien zurückzuführen. Dagegen hat die Zahl der mittelständischen Brauereien (Jahresausstoß zwischen 50.000 und 500.000 Hektolitern) infolge des Konzentrationsprozesses der letzten Jahre stark abgenommen. In der mittelfristigen Betrachtung gilt dieses auch für Brauereien mit einem Jahresausstoß von 500.000 bis unter einer Million Hektolitern. 1996 waren in dieser Größenklasse noch 23 und 2010 nur noch 15 Brauereien vertreten. Dagegen ist die Zahl der Großbrauereien mit mehr als einer Million Hektoliter Jahresproduktion weiterhin stabil. Geschäftsbericht 2008–2012 115 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Organisations- und Tarifpolitik Die Betriebsräte sind der Garant für gewerkschaftliche Stärke in den Betrieben. Mit ständigen Kostenoptimierungsprozessen, Rationalisierungsplänen und Umstrukturierungen konfrontiert, können Betriebsräte nur gemeinsam mit einer starken NGG die Interessen der Beschäftigten wirkungsvoll vertreten. Dies hat sich besonders deutlich bei der Auseinandersetzung um den Erhalt von Arbeitsplätzen 2009 bei ABInBev gezeigt. In sehr schwierigen Verhandlungen – begleitet von einem Warnstreik bei Beck’s in Bremen und weiteren Protestaktionen – konnte NGG im April 2009 ein Moratorium zur Sicherung der Beschäftigung an allen Standorten des Brauereikonzerns vereinbaren und damit betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2009 verhindern. Außerdem verpflichtete sich das Unternehmen, einen Sozialtarifvertrag abzuschließen. Nach weiteren Verhandlungen konnte dann ein Sozialtarifvertrag zur Beschäftigungssicherung für die rund 3.500 Beschäftigten des Braukonzerns ABInBev abgeschlossen werden. Dieser tarifpolitische Meilenstein sieht unter anderem folgende Regelungen vor: • • • • Altersteilzeit bis zu acht Jahren bei einer Aufstockung bis 85 Prozent Konzernweit gilt ein Anspruch auf Teilzeitarbeit. Die Jahressonderzahlung kann in eine Zeitgutschrift von 200 Stunden umgewandelt werden Regelungen zur Kurzarbeit mit einer deutlichen Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 82,5 Prozent • Einführung eines Qualifizierungs- und Bildungsplans durch Konzernbetriebsvereinbarung • Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen und dauerhafter Arbeitszeitreduzierung 2011 scheiterten die bundesweiten Tarifverhandlungen über den vom Arbeitgeberverband gekündigten einheitlichen Bundesrahmentarifvertrag Brauwirtschaft. Nur mit breiter Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen konnte der einheitliche Bundesrahmentarifvertrag auf der Ebene der Flächentarifverträge in den Ländern wieder in Kraft gesetzt werden. Somit gilt er noch bis Ende 2013. Betriebene Braustätten nach Gesamtjahreserzeugung (in Hektolitern) Betriebsgrößenklasse nach Gesamtjahreserzeugung 2007 2008 2009 2010 Prozent der Braustätten bis 1.000 555 594 627 638 48,2 bis 3.000 222 209 191 191 14,4 bis 5.000 71 76 72 72 5,4 bis 10.000 92 93 92 87 6,6 bis 50.000 185 176 172 171 12,9 bis 100.000 63 66 64 58 4,4 bis 200.000 40 38 36 36 2,7 bis 500.000 33 32 32 29 2,2 bis 1 Mio. 16 15 18 15 1,1 über 1 Mio. 29 29 27 28 2,1 1.306 1.328 1.331 1.325 100 Braustätten insgesamt Quelle: Statistisches Bundesamt, 2010 116 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Es wird für die nächsten Tarifrunden wichtig sein, dass sich die Betriebsräte auch weiterhin überregional vernetzen und eine enge Kommunikation über alle Landesbezirke hinweg zwischen den Tarifkommissionen stattfindet. Um eine solche Vernetzung zu gewährleisten und einen guten Informationsfluss zu ermöglichen, gibt es das jährliche Brauforum im BZO. Weiterhin trifft sich dreimal im Jahr der Arbeitskreis Braunetz, um aktuelle tarifpolitische Entwicklungen und Themen zu diskutieren und zu beraten. In diesem Arbeitskreis sind aus allen Landesbezirken und wichtigen Braustätten Teilnehmerinnen und Teilnehmer vertreten. Betriebene Braustätten und Bierabsatz 2007 2008 2009 2010 2011 Betriebene Braustätten (Anzahl) 1.306 1.328 1.331 1.332 1.341 Bierabsatz (Mio. Hektoliter) 103,9 102,9 100,0 98,3 98,2 15.716 15.210 14.045 14.754 15.360 Anteil am Ausstoß (Prozent) Bierausfuhr (1.000 Hektoliter) 15,0 15,2 14,3 15,8 16,1 Biereinfuhr (1.000 Hektoliter) 6.972 6.445 6.531 7.486 7.471* 7,6 7,1 7,2 8,5 8,5 91.885 91.132 89.853 87.872 87.655 111,8 111,1 109,6 107,4 107,2 30.737 29.637 28.412 27.572 27.048 Anteil am Ausstoß (Prozent) Bierverbrauch (1.000 Hektoliter) Pro-Kopf-Verbrauch (Liter) Beschäftigte (Anzahl) *vorläufiger Wert; **Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten; Quelle: Deutscher Brauerbund, 2012 Gesamtausstoß Brauereigruppen und Privatbrauereien 2011 Inlandsabsatz in 1.000 Hektolitern Export Gesamt InlandsabsatzVeränderung in Prozent 11.635 565 12.200 +0,4 ABInBev Deutschland* 7.900 4.900 12.800 +11,3 Bitburg Holding 7.050 450 7.500 +0,7 Oettinger Brauerei GmbH* 6.820 2.660 9.480 +4,6 Krombacher Brauerei 5.459 149 5.608 -0,2 Brau Holding International AG 4.400 900 5.300 -1,1 Warsteiner Gruppe Haus Cramer* 4.000 600 4.600 0,0 TCB/Frankfurter Brauhaus 2.900 100 3.300 +28,9 C.&A. Veltins GmbH & Co. 2.547 153 2.690 +5,2 Carlsberg Deutschland 2.500 520 3.020 -21,3 55.211 10.997 66.198 +2,3 Radeberger-Gruppe* Summe * geschätzt, Quelle: Lebensmittel Zeitung, 2011 Geschäftsbericht 2008–2012 117 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2.3 Alkoholfreie Getränke Zu dem Bereich alkoholfreie Getränke gehören die Teilbranchen Erfrischungsgetränkeindustrie, die Mineralbrunnenindustrie und die Fruchtsaftindustrie. Die Zahl der Betriebe und die Zahl der Beschäftigten in der alkoholfreien Getränkeindustrie sind rückläufig. Die Zahl der Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten sank in dem Zeitraum von 2009 bis Mitte des Jahres 2011 um elf Betriebe und die Zahl der Beschäftigten um knapp 800. Rückläufig ist auch die Zahl der Beschäftigten in der Fruchtsaftindustrie. In dem Zeitraum von 2008 bis Mitte 2011 hat die Zahl der Beschäftigten um knapp 500 abgenommen. Waren im Jahr 2000 im Bereich Gewinnung, Herstellung Mineralwässer und Erfrischungsgetränke noch gut 25.000 Beschäftigte tätig, so ist diese Zahl bis 2010 um ca. 2.000 Beschäftigte niedriger. Bis zum ersten Halbjahr 2012 hat die Zahl der Beschäftigten erneut abgenommen. Heute sind in diesem Bereich nur noch knapp 23.000 Beschäftigte tätig. Bei der Herstellung von Fruchtsäften ist in der Zeit von 2010 bis zum ersten Halbjahr 2012 nur ein leichter Rückgang der Beschäftigten zu verzeichnen. Unternehmen und Beschäftigte in der Getränkeindustrie und den Teilbranchen Branchen 2010 2011 1. Halbjahr 2012 Betriebe Beschäftigte Betriebe Beschäftigte Betriebe Beschäftigte Gewinnung, Herstellung Mineralwässer und Erfrischungsgetränke 124 23.162 121 22.856 121 22.939 Herstellung Fruchtsäfte 36 5.077 34 5.010 37 5.209 160 28.239 155 27.866 158 28.148 Gesamt Betriebe ab 50 Beschäftigte; Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 Wirtschaftsdaten der Mineral- und Erfrischungsgetränkeindustrie 2008 bis 2011 Betriebe von Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigte einschließlich Handwerk 2008 2009 2010 2011 132 128 124 121 23.232 23.181 23.162 22.856 6.444 6.386 6.207 6.705 Bruttolohn- und Gehaltssumme (in Prozent des Umsatzes) 840 863 873 903 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 161 159 154 173 Exportquote (in Prozent) 7,5 7,8 9,0 8,7 Betriebe Beschäftigte Umsatz (in Mio. Euro) Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 118 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Mineral- und Heilwässer Mineral- und Heilwässer sind ein bedeutender Zweig in der Getränkeindustrie. Der Pro-KopfVerbrauch steigt von Jahr zu Jahr. Lag er in 2008 noch bei 138,10 Litern, so waren es in 2011 140,60 Liter, ein Anstieg um 1,88 Prozent. Diese Entwicklung lässt aber nicht den Rückschluss zu, dass das Wachstum über alle Unternehmen der Branche gleich verteilt wäre. So gibt es verschiedene Marktstrategien. Zum einen gibt es Konzerne, die ganz gezielt auf den Niedrigpreissektor setzen und vor allem die Discounter bedienen bzw. sogar zur Unternehmensgruppe des Handels gehören. Zum anderen gibt es die Premium-Hersteller, die gezielt auf Qualität und Marke setzen. Doch auch hier gilt, dass rechtzeitige Investitionen in moderne Technik und auch gezielte Unternehmensstrategie entscheidende Faktoren für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg sind. Auch in diesem Berichtszeitraum ist NGG mit starken Betriebsratsstrukturen in dieser Teilbranche vertreten. Erfrischungsgetränkeindustrie Die Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG (CCE AG) bleibt das Schwergewicht in der Erfrischungsgetränkeindustrie. Daneben wachsen aber auch die vor allem für den Niedrigpreissektor produzierenden Unternehmensgruppen, wie die Mitteldeutsche Erfrischungsgetränkeindustrie (MEG). Hier werden teilweise neue Betriebe auf die grüne Wiese gestellt, mit modernster Technologie inklusive den dazugehörigen Hochregallagern, mit der Folge weiterer Personaleinsparungen. Unternehmenstarifvertrag CCE AG Das 2010 in Kraft getretene zweite bundesweit geltende Paket von insgesamt fünf Unternehmenstarifverträgen (UTV) bei der CCE AG hat weitreichende Schließungspläne von Produktionsstandorten verhindern können. Die fünf Unternehmenstarifverträge sind: • • • • • UTV Beschäftigungssicherung UTV Arbeitszeit UTV Entgelt UTV Geltung von Manteltarifverträgen UTV Altersteilzeit Insbesondere der UTV Beschäftigungssicherung verhindert für die Laufzeit betriebsbedingte Kündigungen. Die Anzahl der bei der CCE AG Beschäftigten konnte insgesamt durch den Tarifvertrag gehalten werden. Zum 31. Dezember 2012 sind die Unternehmenstarifverträge Entgelt und Arbeitszeit von NGG sowie die Unternehmenstarifverträge Beschäftigungssicherung und Altersteilzeit vom Arbeitgeber gekündigt worden. Somit wird bei den bis Redaktionsschluss noch laufenden Tarifverhandlungen wieder über ein Gesamtpaket gesprochen. Durch die Ankündigung der CCE AG, 450 Stellen in den Bereichen regionales Marketing und Finanzen abzubauen, haben die Verhandlungen an Schärfe gewonnen. Mit einer ersten Warnstreikwelle an 61 Standorten der CCE AG bundesweit machten die Beschäftigten deutlich, was sie von den Tarifverhandlungen 2013 erwarten. Geschäftsbericht 2008–2012 119 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Arbeitskreis Alkoholfreie Getränke (AfG) Analog zum Arbeitskreis Braunetzwerk gibt es einen solchen für den Bereich AfG. Auch hier sind aus allen Landesbezirken und wichtigen Unternehmen Betriebsräte aktiv beteiligt. Schwerpunktthemen sind allgemeine Branchenthemen, wie Umstrukturierungen, Logistik und vor allem die Herausforderung der Gestaltung des demografischen Wandels. Zur Weiterbildung der Betriebsräte aus dem AfG-Bereich findet jährlich ein Getränkeforum im BZO statt. 2.4 Getreide Mühlenwirtschaft Der Umsatz in der Mühlenwirtschaft sank von 3.737 Millionen Euro im Jahre 2008 auf 3.331 Millionen Euro im Jahr 2011 bzw. auf 1.642 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2012. Im Wirtschaftsjahr 2008/2009 haben die deutschen Mühlen mit 7.623.300 Tonnen die dritthöchste Brotgetreidevermahlung der vergangenen 40 Jahre erzielt. Der Umsatz und die Beschäftigung entwickeln sich mit relativ starken Schwankungen. Beispielsweise sank der Umsatz in 2008 um 18,7 Prozent und nahm in 2011 um 14,4 Prozent wieder zu. Diese Schwankungen stehen im engeren Zusammenhang mit der Witterung und den Weltmarktbedingungen. Darauf haben die Mühlen reagiert. Im Wirtschaftsjahr 1970/71 hatten die deutschen Mühlen zwei Drittel des vermahlenden Getreides aus Deutschland bezogen, ein Achtel aus der EU und ein Fünftel aus sogenannten Drittstaaten. 40 Jahre später hat sich das Bild grundlegend gewandelt: Heute werden rund 95 Prozent des in Deutschland vermahlenden Brotgetreides von einheimischen Äckern geerntet. Aus Übersee wird Getreide nur noch in Ausnahmefällen importiert. Obwohl die Mühlen ihr Getreide fast ausschließlich aus Deutschland beziehen, werden die Preise für Weizen allerdings maßgeblich von den internationalen Getreidemärkten bestimmt. Die Zahl der Beschäftigten stieg von 8.350 im Jahr 2008 auf 9.391 im ersten Halbjahr 2012. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigtenzahl pro Kopf gerechnet wird und eine Umrechnung auf Vollzeitkräfte nicht erfolgt. Die Mühlenwirtschaft liegt mit einem Umsatz je Beschäftigtenstunde von 228 Euro (erstes Halbjahr 2012) über dem Ernährungsgewerbe, das einen Umsatz je Beschäftigtenstunde von 209 Euro (erstes Halbjahr 2012) aufwies. Der Exportanteil am Umsatz von Mehl- und Mahlerzeugnissen stieg von 18,2 Prozent im Jahre 2008 auf 20 Prozent im ersten Halbjahr 2012. Im Ernährungsgewerbe lag der Exportanteil im ersten Halbjahr 2012 bei 19,4 Prozent. Der Exportanteil der Mühlenwirtschaft lag damit über dem des Ernährungsgewerbes. Die wirtschaftliche Lage für die Mühlen in Deutschland ist unverändert schwierig, denn die Rohstoffmärkte sind äußerst knapp versorgt und die Getreidepreise befinden sich auf Rekordniveau. Außerdem steigt die globale Nachfrage nach Getreide stetig. Gerade in Jahren mit schlechten Ernten und knappen Versorgungsbilanzen belastet die Nachfrage nach Energiepflanzen die Branche besonders. Die Verbraucherinnnen und Verbraucher sehen zunehmend in Brot- und Backwaren nicht nur Grundnahrungsmittel, sondern teilweise auch Genussmittel. Im Verhältnis von Weizen zu 120 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Roggen hat bei Vollkorn & Co. eine Entwicklung stattgefunden, die dem Bundestrend bei Mahlerzeugnissen insgesamt entspricht – mit allerdings leicht verschobenen Akzenten. Die Mengenzuwächse in der Weizenmüllerei sind bei Vollkorn und Backschrot mit 49 Prozent noch deutlicher als auf dem Gesamtmarkt ausgefallen. Vor allem Vollkornmahlerzeugnisse legten mit einem Plus von zehn Prozentpunkten deutlich zu, während Weizenbackschrote auf niedrigem Niveau stagnierten. Weizenbackschrot wird aus dem ganzen Korn hergestellt, ist jedoch grober als Vollkornmehl, daher nicht so backstark. Die genannten gesundheitsbewussten Verbraucherinnen und Verbraucher bevorzugen Vollkornmahlerzeugnisse. Wirtschaftsdaten Mühlenindustrie 2008 bis 1. Halbjahr 2012 2008 2009 2010 2011 2012 52 55 55 53 55 Beschäftigte 8.350 8.641 9.391 9.224 9.391 Umsatz in Mio. Euro 3.737 2.977 2.913 3.331 1.642 7,4 9,7 10,5 9,0 9,1 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 267 210 196 233 228 Exportquote (in Prozent) 19,9 19,6 21,6 21,4 23,4 Betriebe Entgelt (in Prozent des Umsatzes) Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Tarifverhandlungen werden in der Mühlenwirtschaft regional geführt und waren geprägt durch die wirtschaftlichen Schwankungen in der Branche. Das Tarifniveau ist in den einzelnen Landesbezirken unterschiedlich. Neben einigen Flächentarifverträgen haben wir in der Mühlenwirtschaft viele regionale Haustarifvertragsverhandlungen, teilweise mit Verbandsvertretern, teilweise direkt mit den jeweiligen Unternehmen. Die verhandelte Arbeitszeit beträgt 38 Stunden in der Woche, mit einer Ausnahme in einem regionalen Unternehmenstarifvertrag (Nordgetreide Ost), dort sind noch 40 Stunden vereinbart. Die bundesweit vertretene Kampffmeyer-Gruppe hatte in der Tarifrunde 2011/2012 versucht, eine Null-Runde zu fahren, indem sie die einzelnen Haustarifverträge gegeneinander ausspielten. Koordinierte NGG-Aktionstage vor den Werkstoren der einzelnen Standorte mit Unterschriftenlisten und Betriebsversammlungen führten letztendlich zu einem Tarifabschluss. Das neu organisierte Unternehmen VK-Mühlen AG, mit ihren drei Geschäftsbereichen (Kampffmeyer Milling Group, Kampffmeyer Food Innovation und Müller´s Mühle), strebt für die Tarifrunde 2012/2013 einen bundeseinheitlichen Tarifvertrag mit NGG an. Geschäftsbericht 2008–2012 121 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Futtermittelindustrie Im Berichtszeitraum von 2008 bis 2011 ist der Umsatz von 7,6 Milliarden Euro auf 8,7 Milliarden Euro gestiegen, obwohl die Branche in den Jahren 2010 und 2011 durch Dioxinfunde in Futtermitteln in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wurde. Wirtschaftsdaten Futtermittelindustrie 2008 bis 1. Halbjahr 2012 2008 2009 2010 2011 2012 62 64 67 68 69 Beschäftigte 8.323 8.598 9.059 9.288 9.105 Umsatz in Mio. Euro 5.207 5.027 5.512 6.196 3.016 Betriebe Betriebe ab 50 Beschäftigte; Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Die Anzahl der Beschäftigten in den Betrieben ab 50 Beschäftigte stieg von 8.323 auf 9.105 im 1. Halbjahr 2012. 2011 waren nach den Angaben der Bundesagentur für Arbeit 12.608 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig in Betrieben ab einem Beschäftigten tätig, davon 11.866 in Vollzeit und 740 in Teilzeit. 1.865 Beschäftigte wurden geringfügig entlohnt. Preisentwicklung Nachdem in den Jahren 2008 bis 2010 nur ein moderater Preisanstieg festzustellen war, hat sich die Preissituation 2011 und 2012 nachhaltig verändert. Die Preissteigerung bei Fleischwaren um 5,4 Prozent im Jahr 2012 war hauptsächlich auf gestiegene Futtermittelpreise zurückzuführen. Auch andere Lebensmittel verteuerten sich aus diesem Grund 2012 überproportional. Die Preissteigerungen bei Futtermitteln um rund 21 Prozent in 2012 erklären sich auch durch eine zunehmende Erzeugung von Energie aus Ackerfrüchten. Tarifentwicklung Tarifverträge werden auf Länderebene abgeschlossen. Die Tarifentwicklung bewegt sich im Durchschnitt aller anderen Abschlüsse in der Ernährungsindustrie. So stiegen die Entgelte im Jahre 2011 um etwa drei Prozent und im Jahre 2012 bis zu 2,6 Prozent. Backgewerbe Von allen Betrieben mit 50 und mehr Beschäftigten in der Ernährungswirtschaft entfallen auf das Backgewerbe ca. 40 Prozent der Betriebe und knapp 30 Prozent der Beschäftigten, aber nur knapp neun Prozent des Umsatzes. Das Backgewerbe wird unterteilt in die Bereiche Brotindustrie (auch als Großbäckereien oder Lieferbäckereien bezeichnet) und das Bäckerhandwerk (Handwerksbäckereien). Zum Bäckerhandwerk zählen die Betriebe, bei denen die Backwaren in einer an den Laden angeglieder122 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik ten Backstube gebacken werden und deren Backbetriebe keinen industriellen Charakter aufweisen. Das Bäckerhandwerk hat in der Regel keine oder nur wenige Filialen. Die großen Gewinner des Strukturwandels sind jedoch die Filialisten, die mit einer Backstube ein entsprechendes Filialnetz abdecken. Die 200 größten Backwaren-Filialisten kontrollieren etwa jede dritte Filiale in Deutschland. Im Mittelblock der Filialisten mit 100 bis 300 Filialen hat es die meisten Strukturveränderungen gegeben. Die Insolvenzfälle, wie zum Beispiel der Sondermann-Brot GmbH & Co. KG und der GramssGruppe sowie der Müller-Brot GmbH, führen zu Marktverschiebungen. Ein Großteil der Filialen taucht wieder bei den Wettbewerbern auf. So zum Beispiel bei den Filialisten Landbäckerei Ihle, Ludwig Stocker Hofpfisterei GmbH und Bäcker Bachmeier GmbH & Co. KG. De Mäkelbörger Backwaren GmbH, Neubrandenburg, erhielt den größten Zuwachs durch die Übernahme der Berliner Kamps-Filialen. Insgesamt wächst die Anzahl der Filialen der 200 größten Filialisten ständig, im Jahr 2012 um ca. 1,3 Prozent. Industriebäckereien produzieren in „größeren“ Werken und stellen neben frischen Backwaren auch solche in verschiedenen Garstufen her. Dabei erhält die Tiefkühl-Produktion eine immer größere Bedeutung. Zur Herstellung von frischen Backwaren gehören auch Konditoreien. Der starke Strukturwandel in der Backwarenbranche hält weiter an. Im Vertrieb von Backwaren haben die Discounter mittlerweile einen Marktanteil von 51 Prozent. Verbrauchermärkte haben ca. 33 Prozent des Umsatzes bei Brot- und Backwaren, 15 Prozent werden von Supermärkten erwirtschaftet. Bake-Off-Backwaren werden im Lebensmitteleinzelhandel derzeit stark nachgefragt. Die zunehmende Ausstattung der Verkaufsflächen mit Backstationen im Lebensmitteleinzelhandel und bei den Discountern führt dazu, dass beim Verkauf von BakeOff-Brötchen und -Brot inzwischen der Handel die führende Rolle übernommen hat. Dadurch werden viele Händler und Discounter selbst zu Backwarenproduzenten, wie zum Beispiel Lidl mit einer eigenen Großbäckerei, Edeka mit seinen Backwarentöchtern Schäfer´s Brot- und Kuchenspezialitäten GmbH, K & U Bäckerei GmbH, Backstube Wünsche GmbH, Bäckerei Büsch GmbH und Dallmeyers Backhus GmbH. Die Rewe-Gruppe mit der Glockenbrot Bäckerei GmbH und Bäckerei Rothermel. Die Tiefkühl-Backwarenhersteller, wie zum Beispiel Klemme AG, EDNA Tiefkühlkost GmbH und die Histand-Gruppe, profitieren von dem Backautomatenboom. Auch die Großbäckereien und Filialisten haben Tiefkühl-Linien oder ganze Werke, wie zum Beispiel Harry-Brot GmbH, Lieken AG oder De Mäkelborger Backwaren GmbH. Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass sich die Betriebezahlen im Deutschen Bäckerhandwerk von 19.183 Betrieben im Jahr 2000 auf 14.170 Betriebe im Jahr 2011 reduziert haben. Diese Betriebezahlen, herausgeben vom Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks, erfassen alle Betriebsgrößen, also auch die Betriebe unter 50 Beschäftigte. Bei den Wirtschaftsdaten des Statistischen Bundesamtes werden nur die Betriebe ab 50 Beschäftigten erfasst. Geschäftsbericht 2008–2012 123 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Wirtschaftsdaten Backwaren 2008 bis 1. Halbjahr 2012 Betriebe Beschäftigte Umsatz in Mio. Euro 2008 2009 2010 2011 2012 772 796 821 839 847 110.628 114.033 117.991 121.942 123.848 10.276 10.544 10.984 11.674 5.917 Durchschnittliches Monatseinkommen je Beschäftigten 1.572 1.599 1.618 1.643 1.656 Entgelt (in Prozent des Umsatzes) 20,3 20,8 20,9 20,7 20,8 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 63 62 62 64 64 Exportquote (in Prozent) 5,5 5,2 5,2 5,5 5,6 Betriebe ab 50 Beschäftigte; Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Wir gehen davon aus, dass sich die Gesamtzahl der Bäckereien innerhalb der nächsten acht Jahre auf etwa 8.000, einschließlich der Betriebe unter 50 Beschäftigte, reduzieren wird. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Backwaren ist seit den 1970er Jahren ständig gestiegen. Vor diesem Hintergrund und dem angesprochenen Strukturwandel ist der Kampf um Marktanteile und auch das Interesse der Händler an dieser Branche zu sehen. Die Auswirkungen bekommen die Beschäftigten immer mehr zu spüren. Betriebsräte und NGG haben gegen Werksschließungen und Stellenabbau mit Demonstrationen und Mahnwachen gekämpft. In einigen Fällen konnten Schließungen nicht verhindert, aber die Beendigungsbedingungen deutlich verbessert werden. So hat die Lieken AG im Berichtszeitraum fünf Werke geschlossen. Die Harry-Brot GmbH hat in dieser Zeit drei neue Werke und Glockenbrot und Lidl haben je ein neues Werk gebaut. In allen neuen Werke, mit Ausnahme des Lidl-Werks, konnten die Beschäftigten mit Hilfe von NGG Betriebsräte gründen. Organisationspolitik Die Branchenarbeit im Backgewerbe hat bei NGG eine gute Tradition. Ihre Bedeutung ist wegen des unübersehbaren Veränderungsprozesses wichtiger geworden. Im Bäckerhandwerk und in der Brotindustrie wurden jährliche Branchenseminare durchgeführt. Inhaltliche Schwerpunkte waren unter anderem die Veränderungen der Arbeitszeiten der Beschäftigten (mehr Teilzeit) und die Zunahme der prekären Beschäftigungsverhältnisse (geringfügige Beschäftigung, Leiharbeit, Werkvertrag und Franchise). Aber auch Fragen der Arbeitsbelastung und Arbeitsverdichtung sowie Altersvorsorge spielten ebenso eine Rolle, wie die Frage nach der Qualifizierung von Beschäftigten. Ständiges Thema war der Veränderungsprozess im Bereich der Logistik. Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag hat den Hauptvorstand beauftragt, die Branchenarbeit zu intensivieren und ein Betreuungskonzept zu entwickeln. Das Antragsanliegen wird seit September 2011 in Form eines Pilotprojektes in der Branche Brot- und Backwaren (inklusive Bäckerhandwerk) umgesetzt. Die Pilotphase ist für den Zeitraum von zwei Jahren geplant. Ziel dabei ist es, die Erfahrungsergebnisse der gesamten Organisation in geeigneter Form zugänglich und für andere Betreuungsbereiche übertragbar zu machen. 124 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Das Backwarenforum im BZO mit seiner übergreifenden Veranstaltungsplattform für die gesamte Branche (Handwerk und Industrie) hat sich etabliert. Unter anderem wurden die Themen „gesunde Lebensmittel – gesunde Preise“, „Lebensmittel kontra Energieerzeugung“, „Faktor Mensch – warum das Personal mehr als nur ein Kostenfaktor ist“, „von den Hygiene-Richtlinien bis zum Smiley“, „Ergebnis der Backwarenstudie“, „Gewaltprävention oder wenn Verkäuferinnen und Fahrer überfallen werden“, „demografische Entwicklung in der Backbranche“, „logistische Herausforderungen durch den Handel“ behandelt. 2009 wurde eine im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung und der Gewerkschaft NGG erstellte Studie mit dem Titel „Zukunft des Backgewerbes“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Die bundesweiten Branchenseminare für das Bäckerhandwerk und die Brotindustrie werden jährlich im Frühjahr und Herbst durchgeführt. Im Berichtszeitraum wurde der Service für NGG-Mitglieder und die Ansprache noch Unorganisierter verbessert. Wir haben eine Telefonhotline für die Beschäftigten im Bäckerhandwerk freigeschaltet. Hier können Kolleginnen und Kollegen bei Problemen ihre NGG direkt erreichen. Darüber hinaus wurde im Berichtszeitraum eine Arbeitsrechtsfibel für das Bäckerhandwerk entwickelt. Tarifpolitik Im Bereich der Brotindustrie bestehen in allen Bundesländern Flächentarifverträge, die zwischen den NGG-Landesbezirken und dem Verband Deutscher Großbäckereien abgeschlossen werden. Darüber hinaus bestehen für einige Unternehmen Haus- bzw. Unternehmenstarifverträge. Entgeltentwicklung in der Brotindustrie (Euro pro Stunde) Std./Wo. 2008 2009 2010 2011 2012 Hamburg/Schleswig-Holstein 38 14,49 14,62 14,99 15,36 15,85 Niedersachsen/Bremen 38 14,49 14,69 14,99 15,36 15,85 Nordrhein-Westfalen 38 14,47 14,60 14,97 15,34 15,83 Bayern (Ortsklasse I) 38 13,14 13,25 13,93 14,35 14,82 Hessen 38 14,11 14,24 14,60 14,97 15,45 Rheinland-Pfalz 38 13,42 13,61 13,95 14,30 14,74 Baden-Württemberg 38 13,89 14,02 14,38 14,75 15,26 Ostdeutschland 38 14,10 14,23 14,59 14,95 15,43 Quelle: Eigene Berechnungen, 2012 Im Bäckerhandwerk gab es im Berichtszeitraum eine positive Entwicklung in der Tarifpolitik. 2008 hatten wir von den 14 Tarifgebieten acht Tarifgebiete ohne aktuellen Tarifvertrag. Im Jahr 2012 haben wir noch zwei Tarifgebiete ohne aktuellen Tarifvertrag. In ersten Schritten gab es verschiedene Verbesserungen für die Beschäftigten im Verkauf. So konnten zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen Abendzuschläge für Verkäuferinnen durchgesetzt werden. Im Berichtszeitraum haben wir durchgesetzt, dass die allgemeinverbindlichen Ausbildungsvergütungen im Bäckerhandwerk einheitlich sind und es keinen Unterschied mehr zwischen Geschäftsbericht 2008–2012 125 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Ost und West gibt. Die zukünftige Aufgabe wird es sein, die Ausbildungsvergütungen im Bäckerhandwerk aus dem „Keller“ der Ausbildungsvergütungen zu holen und jährliche Anschlusstarifverträge für bessere Ausbildungsvergütungen durchzusetzen. 2.5 Nährmittel/Stärke Die Stärkeindustrie konnte sich in 2010 mit einem Rekordumsatz aus der Krise erholen, nachdem sie in 2009 noch in Folge der weltweiten Wirtschaftskrise drastische Umsatzeinbrüche hinnehmen musste. Im Jahr 2011 zeigt sich ein Rückgang von minus 6,3 Prozent zum Vorjahr an. Im ersten Halbjahr 2012 zeigt sich eine leichte Erholung im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr. Die größten Abnehmer von Stärkeprodukten im Non-Food-Bereich ist die papier- und wellpappenverarbeitende Industrie, im Bereich Food die Süßwarenindustrie sowie der Bereich aufbereitende Lebensmittel (Fertiggerichte, Nudeln, Babynahrung) und die Getränkeindustrie. Die Beschäftigtenzahlen schwanken zum Teil erheblich im Berichtszeitraum. Im Rekordjahr 2010 waren noch 3.011 Beschäftigte in der Branche tätig. In der ersten Hälfte 2012 fiel die Beschäftigtenzahl auf 2.381 zurück. Dies entspricht in etwa dem Niveau des Jahres 2008. Mit dem Abbau von Arbeitsplätzen in 2011 stellt sich die Branche offensichtlich schon auf zu erwartende Rückgänge in der Produktionsmenge in Folge der Quotenregelung Stärke in der EU ein. In der Tabelle „Wirtschaftsdaten Stärkeindustrie“ sind von 2009 bis 2011 starke Schwankungen bei der Entwicklung der Betriebe und Beschäftigten festzustellen. Das Statistische Bundesamt geht immer von einer Berechnungsgröße ab 50 Beschäftigte aus. Die Schwankungen lassen sich durch Zusammenschlüsse von kleineren, bisher nicht erfassten Betrieben erklären. Hinzu kommen statistische Veränderungen, die den Anstieg der Betriebe in 2010 erklären. Der Umsatz je Beschäftigtenstunde – ein Indikator für Umsatzproduktivität – lag deutlich über dem der Ernährungswirtschaft: Stärkeindustrie 440 Euro (erstes Halbjahr 2012), Ernährungsgewerbe 209 Euro. Entwicklung der Produktionsmengen (in Prozent) Stärke-Produktion 2005 2007 2008 2009 2010 aus Kartoffeln 44 39 42 43 34 aus Mais 27 27 25 23 28 aus Weizen 29 34 33 33 38 Quelle: Fachverband der Stärkeindustrie Berlin e. V., 2011 126 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Wirtschaftsdaten Stärkeindustrie 2008 bis 1. Halbjahr 2012 2008 2009 2010 2011 2012 14 15 19 15 14 Beschäftigte 2.370 2.440 3.011 2.416 2.381 Umsatz (in Mio. Euro) 1.531 1.404 1.787 1.673 853 Monatseinkommen je Beschäftigten (in Euro) 3.769 3.709 3.790 3.725 3.872 Entgelte in Prozent des Umsatzes 7,0 7,7 7,7 6,5 6,5 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 393 354 365 425 440 Exportquote 48,0 52,2 48,2 48,8 54,2 Betriebe Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Nährmittel Zur Nährmittelindustrie gehören laut Statistisches Bundesamt folgende Branchen: • • • • • Herstellung von Kaffee und Tee Würzen und Soßen Herstellung von Teigwaren Diätetische Nährmittel Sonstige Nahrungsmittel Für alle fünf genannten Teilbranchen stieg der Umsatz im Berichtszeitraum kontinuierlich an und beträgt im Jahr 2011 ca. 16 Milliarden Euro. Die Beschäftigtenzahlen stiegen im Berichtszeitraum von 39.627 Beschäftigten im Jahre 2008 auf 50.177 Beschäftigte im Jahr 2011. Wirtschaftsdaten Nährmittel 2008 bis 1. Halbjahr 2012 2008 2009 2010 2011 2012 196 219 234 234 238 Beschäftigte 39.627 43.209 48.946 50.177 50.877 Umsatz (in Mio. Euro) 13.121 13.596 15.062 15.908 8.127 3.110 3.104 3.099 3.164 3.164 Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 206 194 189 197 199 Exportquote 24,7 23,2 22,5 23,8 24,3 Betriebe Monatseinkommen je Beschäftigtem (in Euro) Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Geschäftsbericht 2008–2012 127 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Die Klassifikation der Wirtschaftszweige: Kombinierte Betriebe werden mit ihrem gesamten Betrieb derjenigen Wirtschaftsgruppe zugeordnet, in der gemessen an der Zahl der tätigen Personen der Schwerpunkt liegt. Die Schwerpunktverlagerung von einer Reihe von kombinierten Betrieben führte zum Anstieg der Beschäftigtenzahlen. 2.6 Fleisch Die Entwicklung der Fleischwirtschaft war in den letzten Jahren gekennzeichnet durch ein stetiges Wachstum der Schlachtindustrie, bei einem überproportionalen Anstieg der Exporte der großen Betriebe Tönnies-Gruppe, VION Food Germany, Westfleisch und Danish Crown. Die vier erzielen mehr als 50 Prozent ihres Umsatzes durch weltweiten Export. Besonders im Bereich Schweinefleisch ist Deutschland zu einem global tätigen Exporteur geworden. Die großen Handelsketten produzieren immer mehr Fleischwaren selbst, was den Wurstherstellern das Leben zusehends erschwert. Umsatz der zehn größten Fleischwerke des Lebensmittelhandels (in Millionen Euro) Unternehmen/Gruppe 2010 2011 1 Kaufland 650,0 655,0 2 Brandenburg 562,0 608,0 3 Bauerngut 463,1 510,0 4 Edeka Südwest Fleisch 450,0 453,0 5 Rasting 390,6 409,9 6 Nordfrische Center 238,0 252,0 7 Birkenhof 249,7 250,0 8 Südbayerische Fleischwerke 220,6 238,0 9 Franken-Gut 225,0 228,0 10 Hessengut 192,5 202,5 Quelle: allgemeine fleischerzeitung (afz), 38/2012 (Schätzung) Die Geflügelwirtschaft profitiert – trotz zahlreicher Diskussionen über Tierhaltung und Skandale um den Zusatz von Antibiotika – vom anhaltenden Appetit der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Geflügelfleisch. 128 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Umsatz der zehn größten Unternehmen der Geflügelwirtschaft (in Millionen Euro) Unternehmen/Gruppe 2010 2011 2.095,8 2.227,6 1 PHW-Gruppe 2 Rothkötter-Gruppe 670,0 800,0 3 Sprehe-Gruppe 720,0 730,0 4 Heidemark 500,0 600,0 5 Plukon Food Deutschland n.e. 540,0 6 Velisco 250,0 250,0 7 Nölke-Gruppe 231,0 224,0 8 Vossko Tiefkühlkost 120,0 120,0 9 Borgmeier 92,0 105,0 10 Gut Bergmark 60,0 60,0 Quelle: allgemeine fleischerzeitung (afz), 38/2012 Die Fleischproduktion in Europa teilen sich im wesentlichen Deutschland mit 26 Prozent, Spanien mit elf Prozent, Italien mit elf Prozent, Frankreich mit neun Prozent, Polen mit neun Prozent und Großbritannien mit acht Prozent. Geschäftsbericht 2008–2012 129 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 8,2 Millionen Tonnen Fleisch erzeugt. Daran beteiligt ist Schweinefleisch mit 68 Prozent, Geflügelfleisch folgt mit rund 17 Prozent und Rindfleisch mit 14 Prozent. Die verbleibende Restmenge von unter einem Prozent verteilt sich auf Schaf-, Ziegen- und Pferdefleisch. Im Jahre 2012 wurden in Deutschland 59,3 Millionen Schweine geschlachtet. Damit lag das Schlachtaufkommen im letzten Jahr um 1,5 Prozent über dem Wert des Vorjahres. Die durchschnittlichen Schweineschlachtgewichte (Gewicht je Stück) steigen kontinuierlich. Die Erzeugung von Rindfleisch sank im Berichtszeitraum leicht auf 1,16 Millionen Tonnen im Jahre 2012. Der Fleischsektor hat den größten Anteil am gesamten Wert der Agrarexporte Deutschlands. Insgesamt wurden im Jahre 2011 Fleisch und Fleischwaren im Wert von 8,74 Milliarden Euro ausgeführt. Hinzu kommen noch Exporte von lebenden Tieren im Werte von 1,1 Milliarden Euro. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit waren 2011 in der Schlacht- und Fleischverarbeitungsbranche rund 143.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt. Davon rund 128.000 in Vollzeit und 15.000 Beschäftigte in Teilzeit. Darüber hinaus arbeiten in der Branche ca. 40.000 geringfügig entlohnte Beschäftigte. Die Situation der Werkvertragsbeschäftigten Die Anwerbung der Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer erfolgt überwiegend in Osteuropa über Scheinfirmen im jeweiligen Entsendeland. Während der deutsche Schlachthofbetreiber ein komplettes Gewerk, z. B. das Zerlegen der Schlachtschweine in der sogenannten Grobzerlegung an einen Werkvertragsarbeitgeber (Subunternehmer) vergibt, holt sich dieser Subunternehmer aus Mittel-/Osteuropa über Werkverträge zweite und dritte Subunternehmer in den Schlachthof. Der Schlachthofbetreiber überträgt dann jegliche Verantwortung für die Beschäftigten auf den Werkvertragspartner, er stiehlt sich aus der Verantwortung. Grundsätzlich unterliegen die Werkvertragsbeschäftigten dem Recht des Entsendelandes, in dem sie ihren Arbeitsvertrag formal begründet haben. Die Unterbringung erfolgt – gegen Bezahlung – in Massenunterkünften, die häufig nicht westeuropäischen Standards entsprechen. Die Beschäftigten finden keinen Kontakt zu Einheimischen. Auf großen deutschen Schlachthöfen sind häufig nur noch weniger als ein Drittel der Beschäftigten Stammbeschäftigte, die anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen aus Mittel- und Osteuropa. Gemeinsam mit unserem europäischen Dachverband EFFAT versucht NGG auf europäischer Ebene, die in Europa praktizierten Entsendungen, die Deutschland zu einem Billiglohnland in der Schlachtindustrie gemacht haben, zu bekämpfen. Darüber hinaus arbeitet NGG eng mit europäischen Partnergewerkschaften zusammen, insbesondere vor dem Hintergrund von massiven Arbeitsplatzverlusten in der Schlachtindustrie in Dänemark, Frankreich und Belgien. 130 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Auf nationaler Ebene wird das Projekt des DGB „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit: sozial, gerecht und aktiv“ mit Leben erfüllt. Flugblätter wurden auch in osteuropäischen Sprachen erstellt und stehen zur Verteilung bereit, um so die mittel- und osteuropäischen Werkvertragsbeschäftigten zu erreichen. NGG hat sich im gesamten Berichtszeitraum mit allen Möglichkeiten gegen Outsourcing auf einzelnen Schlachthöfen zur Wehr gesetzt. Besonders hervorzuheben sind hier die Entwicklungen auf dem VION-Schlachthof in Waldkraiburg und die Aktionen an den Schlachtstandorten von Danish Crown in Essen und VION in Emstek im Jahr 2012. Tarifpolitik Nach wie vor gibt es in der Fleischbranche keine Arbeitgeberverbände, die mit NGG Tarifverhandlungen führen könnten. Das bedeutet, dass dort, wo die Belegschaften gut organisiert, NGG und Betriebsräten stark genug sind, Haustarifverhandlungen geführt werden. Allerdings sind viele Betriebe zu schlecht organisiert, um Tarifverhandlungen führen zu können, bzw. sie haben keine Betriebsräte, die gemeinsam mit NGG die Tarifentwicklung vorantreiben. Darüber hinaus erschwert der Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten die Tarifentwicklung. Stammbelegschaften werden gegen Werkvertragsbeschäftigte ausgespielt. So besteht bei den großen Schlachtkonzernen nur bei Westfleisch eine alles umfassende Tarifbindung, bei VION bestehen einige regionale Entgelttarifverträge, bei Tönnies besteht nach wie vor keine Tarifbindung. Auch in der Geflügelindustrie sind die Tarifstrukturen uneinheitlich. Organisationspolitik Einen Schwerpunkt in der Zusammenarbeit zwischen den Betriebsräten der Fleischbranche und der Gewerkschaft NGG bilden die jährlich stattfindenden Branchenkonferenzen und die seit 2009 jährlich veranstalteten Konferenzen der Betriebsräte von VION in Deutschland. Diese Veranstaltungen finden im Bildungszentrum Oberjosbach mit jeweils mehr als 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Zusätzlich zu den Branchenkonferenzen, zu denen Betriebsräte der Schlachtindustrie, der Geflügelindustrie und der wursterzeugenden Industrie sowie Vertreter des Handwerks zusammenkommen, haben sich Treffen der Betriebsräte aus den Teilbranchen (Schlacht- und Geflügelindustrie) bewährt. Diese Treffen fördern darüber hinaus die positive Entwicklung des Gedankenaustauschs über Konzerngrenzen hinweg. Geschäftsbericht 2008–2012 131 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2.7 Fisch Das Produkt Fisch profitierte im Berichtszeitraum 2008 bis 2012 vom allgemeinen Gesundheitstrend und vom guten Image der Branche. Dennoch ist die Situation zwischen dem Weltmarkt für Rohware und dem Lebensmitteleinzelhandel nicht immer einfach. Zu den Gewinnern gehörten die Bereiche Seefischerei und Fischeinzelhandel, während die Fischindustrie Umsatzeinbußen hinnehmen musste. Umsatzentwicklung Fischverarbeitung (in Millionen Euro) 2008 2009 2010 2011 2.159 2.106 2.062 2.067 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 Der Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch pendelt um 15,5 Kilogramm und erreichte in 2010 mit 15,7 Kilogramm einen historischen Höchststand. Damit liegt Deutschland um ca. ein Kilogramm unter dem Weltdurchschnittsverbrauch und ist von Japan mit fast 70 Kilogramm oder Spitzenreiter Island mit fast 90 Kilogramm Verbrauch je Kopf weit entfernt. Hierin liegen andererseits auch Zukunftschancen. Die Umsatzanteile der einzelnen Segmente (in Prozent) Tiefkühlware (inkl. Frostung an Bord) Konserven und Marinaden (davon Thunfisch und Sardinen) Krebse und Weichtiere 34 26 (12) 15 Frischfisch 8 Räucherfisch 8 Sonstige Fischerzeugnisse 7 Fischsalate 2 Quelle: Fischinformationszentrum, Statistisches Bundesamt, 2012 132 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Bei schwankenden Rohstoffpreisen ergibt sich ein Problem am anderen Ende der Kette. Über den Lebensmittel-Discount wird mengenmäßig die Hälfte aller Fischprodukte verkauft. Das ist eine Quote, wie sie sonst nur im Milchsektor erreicht wird. Dem hälftigen Mengenanteil steht allerdings ein unterproportionaler Umsatzanteil bei den Discountern gegenüber. Hieran zeigt sich, dass die Fischprodukte im Discount unter Durchschnittswert verkauft werden. Der Anteil des Discounts beträgt bei Fischkonserven 60 Prozent, bei Fischmarinaden und bei Tiefkühlfisch etwas weniger. Bei Frischfisch dagegen liegt der Anteil bei nur fünf Prozent. Diese Struktur zeigt deutlich, welchem enormen Druck die Fisch verarbeitende Industrie durch die Situation im Lebensmittel-Einzelhandel mit der Vorrangstellung des Discounts in der Fischbranche ausgesetzt ist. Da der große Kostenblock Rohstoff Fisch durch die Situation auf dem Weltmarkt bestimmt wird, entlädt sich dieser zweiseitige Preis- und Kostendruck bei den Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Fischindustrie, wo Fischkonserven, Fischmarinaden und Tiefkühlfisch hergestellt werden. Es sind große organisationspolitische Anstrengungen nötigt, um den notwendigen Gegendruck zu erzeugen. Die Tarifrunden waren dementsprechend nicht immer einfach, obwohl die Relation der Entgelte zum Umsatz mit 7,5 Prozent unter dem Durchschnitt des Ernährungsgewerbes liegt. Die Produktivitätssteigerung und die zunehmende Arbeitsbelastung werden an der Entwicklung der Umsätze je Beschäftigtenstunde deutlich. Lag der Umsatz je Beschäftigtenstunde 2003 noch bei 135 Euro, so stieg dieser bis 2011 auf 206 Euro. Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 2003 2008 2009 2010 2011 135 182 189 198 206 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Die Wettbewerbsfähigkeit der Fischverarbeitung in Deutschland zeigt sich in der Exportquote von 20,5 Prozent in 2011. Dennoch geht die sinkende Anzahl an Betrieben einher mit abnehmenden Beschäftigtenzahlen. 2001 waren in der Fisch verarbeitenden Industrie noch 11.053 Beschäftigte tätig. Zehn Jahre später waren es nur noch 5.886 Beschäftigte. Beschäftigtenzahlen 2001 2008 2009 2010 2011 11.053 6.769 6.480 6.135 5.886 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 NGG organisiert besonders über den Landesbezirk Nord diverse Branchenveranstaltungen, um an der Zukunft der Branche mitzuarbeiten und Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Geschäftsbericht 2008–2012 133 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2.8 Milch und Fett Der Umsatz der Milchwirtschaft stieg von 21,9 Milliarden Euro im Jahre 2008 auf 23,1 Milliarden Euro in 2011. Im 1. Halbjahr 2012 betrug der Umsatz 11,6 Milliarden Euro. Die Betriebszahl blieb im Berichtszeitraum stabil. Die Beschäftigtenzahl stieg leicht an, von 29.224 im Jahr 2008 auf 30.274 im 1. Halbjahr 2012. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Beschäftigtenzahl pro Kopf gerechnet wird und eine Umrechnung auf Vollzeitkräfte nicht erfolgt. Die Milchwirtschaft liegt mit einem Umsatz je Beschäftigtenstunde von 476 Euro (1. Halbjahr 2012) deutlich über dem Ernährungsgewerbe, das einen Umsatz je Beschäftigtenstunde von 209 Euro (1. Halbjahr 2012) aufwies. Protest beim DMK, 2012 Nach starken Umsatzeinbrüchen aufgrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise in 2009 hat sich die Umsatzentwicklung in der Milchverarbeitung nachhaltig erholt. Der Umsatz im Wirtschaftszweig Milchverarbeitung (ohne Herstellung von Speiseeis) nahm 2010 um 9,6 Prozent auf 20,5 Milliarden Euro zu. Dieser Zuwachs wurde im Jahr 2011 noch übertroffen, mit einer Zunahme von 12,7 Prozent auf 23,1 Milliarden Euro. Somit erzielte die Branche im Jahre 2011 ihren höchsten Umsatz seit fünf Jahren. Für das erste Halbjahr 2012 weist das Statistische Bundesamt eine Steigerung des Umsatzes um ein Prozent in Höhe von 11,6 Milliarden Euro aus. Der Strukturwandel in der Milchwirtschaft konnte im Berichtszeitraum anschaulich beobachtet werden. Die Konzentrationsprozesse auf dem bundesdeutschen Milchmarkt nahmen an bisher nicht bekannter Intensität zu. Die Fusion der beiden größten deutschen Milchverarbeiter Nordmilch und Humana wurde im Februar 2012 endgültig beschlossen. Das nun entstandene Deutsche Milchkontor (DMK) wurde somit der sechstgrößte Milchverarbeiter in Europa. Auch mit dieser Fusion auf dem deutschen Milchmarkt sollten wieder einmal Arbeitsplätze vernichtet werden. Nachdem DMK angekündigt hatte, zwei Werke zu schließen und durch Produktionsverlagerungen weitere 238 Arbeitsplätze zu vernichten, demonstrierten im März 2012 rund 300 Beschäftigte gegen das sogenannte Werkstrukturkonzept von Deutschlands größtem Milchverarbeiter. Anfang des Jahres 2011 begann Arla mit seinen Fusionen (Hansa-Milch) in Deutschland und wurde mit weiteren Fusionen (Allgäuland, Milch Union Hocheifel) im Jahr 2012 die drittgrößte Molkerei in Deutschland. Von den 3.400 Milch verarbeitenden Betrieben 1950 sind in 2012 noch 166 (hier sind auch Betriebe unter 50 Beschäftigte miteinbezogen) übrig geblieben. Deutschlands größter Molkereikonzern DMK verarbeitet rund ein Viertel der deutschen Milchmenge, rund sieben Milliarden Kilogramm. Ein weiteres Viertel vereinen die Molkereien Hochwald, Müller, Ammerland und Arla Deutschland (Hansa-Milch, Allgäuland, Milch Union Hocheifel) auf sich. Somit verarbeiten fünf Molkereikonzerne die Hälfte der deutschen Milch. Entsprechend hoch sind auch die Erwartungen der Milcherzeuger an die Großfusionen. Sie sollen endlich einen besseren Milchpreis bringen. Noch bestimmt allerdings der Handel weitgehend die Preise. Wie mächtig der Handel inzwischen ist, untersucht das Bundeskartellamt seit geraumer Zeit mit einer breit angelegten Marktuntersuchung zur Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels. 134 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Zweistellige Zuwachsraten erzielen europäische Molkereien nur noch außerhalb von Europa. Käse und Milchpulver finden weltweit neue Kunden. Auf den heimischen Märkten machen Preiskämpfe mit den Handelsunternehmen den Molkereien das Leben schwer. Die Exportquote stieg im Berichtszeitraum von 21,7 Prozent im Jahre 2008 auf 25,4 Prozent im 1. Halbjahr 2012. Die Exportquote in der Ernährungs- und Tabakwirtschaft lag im ersten Halbjahr 2012 bei 19,4 Prozent. Tarif- und Organisationspolitik Die Tarifverträge für die Milchwirtschaft werden in den NGG-Landesbezirken verhandelt. Darüber hinaus bestehen Haus- und Firmentarifverträge. Der Haustarifvertrag für DMK ist der Haustarifvertrag, der für die größte Mitgliederzahl in der Milchwirtschaft gültig ist. Die Tarifauseinandersetzungen werden in den einzelnen Landesbezirken sowie Regionen vermehrt durch Warnstreiks begleitet, um ein akzeptables Tarifergebnis zu erlangen. Je nach regionaler Bedeutung der Milchwirtschaft in den Landesbezirken wird dort die Branchenarbeit durchgeführt. Ergänzend dazu gibt es jährlich bundesweite Branchenzusammenkünfte im BZO. Im Jahr 2009 wurde ein Update der Milchstudie aus dem Jahr 2005 mit dem Thema „Zukunft der Milchwirtschaft“ – Auswirkung von EU-Agrarreformen, Strukturwandel und Internationalisierung – in Auftrag gegeben und veröffentlicht. Dieses Projekt wurde auf mehreren Milchkonferenzen vorgestellt und diskutiert. Die veränderten europäischen Rahmenbedingungen, internationale Konzentrationsprozesse sowie das Auslaufen der EU-Milchquote verlangen eine verzahnte Zusammenarbeit der europäischen Gewerkschaften. Durch die Gremienmitgliedschaften der NGG, unter anderem in der ständigen Gruppe Milch bei der Europäischen Kommission sowie die Zusammenarbeit auf europäischer Gewerkschaftsebene, wird dies unterstützt. Entgeltentwicklung in der Milchindustrie (Euro pro Stunde) Std./Wo. 2008 2009 2010 2011 2012 Hamburg/Schleswig-Holstein 38 12,55 12,90 13,17 13,57 14,00 Niedersachsen/Bremen 37 13,92 14,31 14,61 15,05 15,53 Nordrhein-Westfalen 37 14,61 15,02 15,34 15,80 16,30 Bayern (Ortsklasse I) 38 13,11 14,17 14,60 15,02 15,55 Hessen 38 14,09 14,37 14,78 15,22 15,71 Rheinland-Pfalz 38 13,86 13,86 14,30 14,73 15,21 Baden-Württemberg 38 13,85 14,27 14,82 15,25 15,71 Ostdeutschland 40 11,76 12,09 12,39 12,79 13,25 Quelle: NGG, 2012 Geschäftsbericht 2008–2012 135 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Wirtschaftsdaten Milchverarbeitung 2008 bis 1. Halbjahr 2012 2008 2009 2010 2011 2012 146 146 145 144 146 Beschäftigte 29.224 29.352 29.268 29.874 30.274 Umsatz (in Mio. Euro) 21.853 18.722 20.515 23.128 11.574 2.946 3.020 3.122 3.188 3.182 4,7 5,7 5,3 4,9 5,0 Umsatz je Beschäftigtenstunde 463 398 436 483 476 Exportquote 21,7 21,9 23,2 25,4 25,4 Betriebe Monatseinkommen je Beschäftigten (in Euro) Entgelte in Prozent des Umsatzes Betriebe ab 50 Beschäftigte; Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 2.9. Zucker Mit der Reform der Zuckermarktordnung im Jahre 2006 wurden in Europa 80 Zuckerfabriken geschlossen und 20.000 Beschäftigte der europäischen Zuckerindustrie verloren ihren Arbeitsplatz. Das Ziel der Reform der Zuckermarktordnung war die Begrenzung auf eine Produktionsmenge in Höhe von 80 Prozent des Eigenbedarfs innerhalb der Europäischen Union. Mit dieser Begrenzung auf 80 Prozent des europäischen Eigenbedarfs sollten Möglichkeiten für außereuropäische Länder eröffnet werden, Zucker in die Europäische Union zu exportieren. Dies führte dazu, dass in landwirtschaftlich für den Zuckerrübenanbau wenig geeigneten Gebieten, insbesondere in Südeuropa, der Zuckerrübenanbau vollkommen eingestellt wurde. In Deutschland betreibt die Nordzucker AG Werke in Clauen, Nordstemmen, Schladen, Uelzen und in Klein Wanzleben. Der holländische Konzern Suiker Unie betreibt eine Zuckerfabrik im mecklenburgischen Anklam. Pfeifer und Langen ist in Appeldorn, Euskirchen, Jülich, Könnern und Lage ansässig und die Südzucker AG ist mit ihren Werken in Brottewitz, Ochsenfurt, Offenau, Offstein, Plattling, Rain, Wabern, Warburg und Zeitz vertreten. 136 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Zuckerfabriken und Raffination in Europa X Schließung seit Ende 2005 (89) Zuckerfabriken 2009 (107) Raffination Quelle: Wirtschaftliche Vereinigung Zucker, 2010 In Deutschland ist die Zahl der Stammbeschäftigten von 9.048 im Jahre 1994 auf 4.500 im Jahr 2012 gesunken. Zuckerindustrie 2008 bis 1. Halbjahr 2012 Betriebe 2008 2009 2010 2011 2012 25 23 22 23 23 Beschäftigte 4.796 4.491 4.084 4.578 4.500 Umsatz (in Mio. Euro) 2.700 2.660 2.455 3.000 1.748 Betriebe ab 50 Beschäftigte; Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 Tarifpolitik Nach einem Zweijahresabschluss im Jahre 2008 gestalteten sich die Tarifverhandlungen 2010 äußerst schwierig. Erst nach massiven Warnstreiks, die ersten in der deutschen Zuckerindustrie, konnte ein Tarifabschluss in Höhe von 2,8 Prozent realisiert werden. In den Jahren 2011 und 2012 waren vor dem Hintergrund einer exzellenten wirtschaftlichen Entwicklung und enorm steigender Zuckerpreise Abschlüsse in Höhe von drei Prozent im Jahre 2011 und 3,6 Prozent im Jahre 2012 realisierbar. Im Jahre 2011 konnte der Manteltarifvertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren nach einer redaktionellen Überarbeitung verlängert werden. Geschäftsbericht 2008–2012 137 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Der einzige Unterschied im Manteltarif zwischen alten und neuen Bundesländern besteht zurzeit noch in der Altersfreizeit, die in den alten Bundesländern im Gegensatz zu den neuen Bundesländern tarifvertraglich geregelt ist. Hier wurde für die Tarifrunde 2012 neben einer Entgelterhöhung auch eine Übernahme der Altersfreizeit in den neuen Bundesländern gefordert. Im Laufe der Tarifverhandlungen konnten zu dieser Thematik weiterführende Gespräche vereinbart werden. Möglich ist hier allerdings auch die Überführung der Altersfreizeit in einen Demografietarifvertrag, der den besonderen Belastungen durch Wechselschichtarbeit in den immer länger werdenden Kampagnen der deutschen Zuckerindustrie Rechnung trägt. Im Jahr 2009 konnte darüber hinaus die betriebliche Altersvorsorge auf einen Arbeitgeberanteil von jährlich 650 Euro angehoben werden. In der Tarifpolitik für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der deutschen Zuckerindustrie wird deutlich, dass bundeseinheitliche Tarifverträge – bei gleichzeitig hohem Organisationsgrad in den Betrieben – eine überdurchschnittliche tarifliche Entwicklung ermöglichen. Obwohl sicherlich auch die wirtschaftliche Situation der deutschen Zuckerindustrie insgesamt zu beachten ist, bleibt die Erkenntnis, dass mit hohen Organisationsgraden und einer engen Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und NGG gute Tarifabschlüsse möglich sind. Organisationspolitik Einen Schwerpunkt der intensiven, engen Zusammenarbeit zwischen NGG und den Betriebsräten bilden die Branchenkonferenzen für die Betriebsräte der Zuckerindustrie im Bildungszentrum Oberjosbach, die jährlich stattfinden. Darüber hinaus werden die Gesamtbetriebsräte und die europäischen Betriebsräte der Nordzucker, von Pfeifer und Langen und Südzucker begleitet und betreut. Einen weiteren Schwerpunkt der Zusammenarbeit bilden die jährlich stattfindenden Betriebsräte-Vollkonferenzen, auf denen NGG vertreten ist. 2.10 Süßwaren und Dauerbackwaren Die Süßwarenindustrie ist in der Beschäftigtenentwicklung, in der Umsatzentwicklung und der Zahl der Unternehmen in den letzten Jahren immer noch eine relativ stabile Branche, in der annähernd 50.000 Beschäftigte tätig sind. Die Süßwarenindustrie wird bei NGG aus tarifpolitischen Gründen weiter gefasst als beim Statistischen Bundesamt. Demzufolge gehören bei NGG zur Süßwarenindustrie die drei Teilbranchen „Herstellung von Süßwaren im engeren Sinne“ (im wesentlichen Schokolade und Bonbons) sowie „Herstellung von Speiseeis“ und „Herstellung von Dauerbackwaren“(Feine Backwaren). Das allerwichtigste Kriterium für die Gewerkschaft NGG sind die Arbeitsplätze. Mitte 2012 stellte die Süßwarenindustrie mit 49.188 Beschäftigten rund elf Prozent der Gesamtbeschäftigten in der Ernährungs- und Tabakwirtschaft (454.773). Das wiederum sind neun Prozent der 5.089.000 Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe. Damit stellt die Süßwarenindustrie ein Prozent der Beschäftigten des Produzierendes Gewerbes. 138 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Ein Blick auf die Entwicklung anstelle dieser Momentaufnahme ist jedoch weniger erfreulich: Beschäftigte Süßwarenindustrie gesamt 2008 2009 2010 2011 53.601 51.692 49.134 49.223 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 Es ergeben sich rund 4.400 Arbeitsplatzverluste. Ein genauerer Blick auf die drei Teilbranchen zeigt allerdings interessante Unterschiede zwischen Süßwaren im engeren Sinne, Eiskrem und Feine Backwaren. Beschäftigte 2008 2009 2010 2011 31.598 31.096 31.335 31.487 4.762 4.782 4.775 4.710 15.814 13.024 13.026 Süßwaren im engeren Sinne Eiskrem Feine Backwaren 17.241 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 Es bleibt festzustellen, dass die Beschäftigung in den Herstellungsbereichen Bonbons, Schokolade und Eiskrem recht stabil ist, während im Bereich Feine Backwaren mehr als 4.000 Arbeitsplätze verloren gingen. Die Hauptursachen hierfür liegen in Rationalisierungen, Restrukturierungen, Automatisierungen sowie bedauerlicherweise auch in Outsourcing (Werkverträge), Offshoring (Verlagerung in das Ausland) und Leiharbeit. Die Gesamtbranche kann immer noch als Frauenbranche bezeichnet werden, denn noch überwiegt der Frauenanteil knapp mit 50,7 Prozent. Auch ausländische Kolleginnen und Kollegen sind mit zwölf Prozent recht stark vertreten. Geschäftsbericht 2008–2012 139 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Während die Beschäftigtenzahl der gesamten Süßwarenindustrie bei elf Prozent der Ernährungs- und Tabakwirtschaft liegt, ist der Umsatz von 13,481 Milliarden Euro mit 8,4 Prozent nur unterproportional. Entsprechend liegt der Umsatz je Beschäftigtenstunde bei nur 178 Euro gegenüber 221 Euro. Dank der tarifpolitischen Anstrengungen und Erfolge liegt das durchschnittliche Monatsentgelt (Jahresbrutto durch zwölf ) mit 2.619 Euro über der Ernährungs- und Tabakwirtschaft mit 2.531 Euro. Dementsprechend beträgt die Lohnquote 11,5 Prozent gegenüber 8,6 Prozent. Das schadet aber überhaupt nicht der Wettbewerbsfähigkeit, denn in der Süßwarenindustrie liegt die Exportquote laut Statistischem Bundesamt bei 30,4 Prozent, wohingegen diese Kennziffer in der Ernährungs- und Tabakwirtschaft bei 19,4 Prozent liegt. Tarifpolitik Neben den regionalen Entgeltrunden lag das tarifpolitische Hauptaugenmerk auf den nationalen Verhandlungen zum Bundes-Entgeltrahmentarifvertrag (BRTV) und zur Altersvorsorge. Die „Tarifkommission Süßwaren” im April 2011 140 Die Verhandlungen zum bereits 1992 gekündigten BRTV gerieten in der Vergangenheit aus unterschiedlichsten Gründen immer mal wieder ins Stocken. So beispielsweise 1995 durch den 17-tägigen Streik zur Entgeltangleichung in Ostdeutschland, 1996 aufgrund des mehrwöchigen Streiks zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, 1998 wegen des ersten großen Tarifvertrages zur Altersteilzeit bei NGG, 2001 ursächlich bedingt durch den Altersvorsorge-Tarifvertrag mit siebzehn Verhandlungen und später nicht zuletzt aufgrund der arbeitgeberseitigen Kündigung des Manteltarifvertrages. Als dann in 2008 die Verhandlungen ernsthaft wieder aufgenommen waren, führten massive Differenzen mit der Arbeitgeberseite im April 2008 zu einer „Denkpause“, die bis 2012 anhielt. Im Februar 2012 verständigten sich NGG und der Arbeitgeberverband auf Kernelemente wie Modernisierung, Handhabbarkeit, Kostenneutralität, summarische Arbeitsbewertung und das Bekenntnis zum nationalen Flächentarifvertrag. Die kleine Verhandlungskommission der NGG hatte von Beginn an, in guter Zusammenarbeit von Tarifpolitik und Frauenpolitik, auch das Ziel, mehr Transparenz, Durchlässigkeit und Gerechtigkeit im Sinne von „equal pay“ durchzusetzen. Um die Ernsthaftigkeit des Vorhabens zu unterstreichen, vereinbarten NGG und Arbeitgeberverband BDSI gleich zu Beginn drei doppeltägige Verhandlungstermine im Winter 2012/2013. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Bereits am 8. Mai 2001, als in der Süßwarenindustrie der erste Altersvorsorgetarifvertrag bei NGG abgeschlossen wurde, war vielen Beteiligten klar, dass der Arbeitgeberbeitrag in Höhe von 0,35 Prozent des individuellen Einkommens nicht ausreichend war. Aber zu jener Zeit war das Ziel der NGG-Tarifkommission nicht erreichbar, die vermögenswirksamen Leistungen völlig der Altersvorsorge zu widmen. Im Rahmen von Gesprächen wurde das Thema „Verbesserung der tariflichen Altersvorsorge“ 2009 wieder konkret aufgegriffen. Nach anderthalbjährigen Verhandlungen stand dann die zweite Generation des Tarifvertrages Altersvorsorge Süßwarenindustrie mit einem ungefähr vervierfachten Arbeitgeberbeitrag. Einen besonderen Vorteil gab es bei diesem Tarifabschluss für die Beschäftigten der ostdeutschen Süßwarenindustrie, wo es niemals tarifliche vermögenswirksame Leistungen gegeben hatte. Der neue nationale Tarifvertrag zur Altersvorsorge stand damit in der guten Tradition der Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen in der gesamten deutschen Süßwarenindustrie. Darüber konnte sich am 18. April 2011 die gesamte Tarifkommission freuen. Organisationspolitik Die Süßwarenindustrie ist gekennzeichnet durch die strukturierte Zusammenarbeit der Gewerkschaft NGG mit den Betriebsräten. Diese Tatsache zeigt sich beispielhaft in alljährlichen Branchenseminaren im BZO oder im Netzwerk Feine Backwaren, das nunmehr auch schon etliche Jahre besteht und das altersbedingte Ausscheiden verdienter Kolleginnen und Kollegen überlebt hat. Das herausragende organisations- und branchenpolitische Vorhaben der NGG in der Süßwarenindustrie war im Berichtszeitraum die Beantragung und Durchführung des durch die Europäische Kommission geförderten Projektes „cocoanet.eu“. Auf einer Startkonferenz im Bildungszentrum Oberjosbach trafen sich im September 2010 mehr als 100 Vertreterinnen und Vertreter von 21 Gewerkschaften aus 14 Ländern, um unter Federführung der NGG und mit Unterstützung der EFFAT ein Netzwerk in der europäischen Kakao- und Schokoladenwirtschaft zu errichten. Der Kommunikation und Kooperation dient auch eine eigene Website. Ein inhaltlicher Schwerpunkt war seit Anbeginn das Engagement für menschenwürdige Arbeit entlang der gesamten Kette von den Bauern in den Herkunftsländern bis zu der verarbeitenden Industrie in Europa, d. h. von der Bohne bis zur Praline oder – anders ausgedrückt – gegen Kinderarbeit und Kindersklaventum in Westafrika und gegen prekäre Arbeit in Europa. Weitere Schwerpunkte sind europäische Betriebsräte, Informationsaustausch oder auch gemeinsame Deklarationen. Das „Kakaonetzwerk“ ist auf Gewerkschafter aus 16 Ländern angewachsen und hat sich strukturell gefestigt. So haben zwischenzeitlich mehrere Konferenzen und Workshops in verschiedenen Ländern stattgefunden. Eine Steuerungsgruppe organisiert diese europäische Arbeit. Geschäftsbericht 2008–2012 141 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2.11 Obst und Gemüse Im Mittelpunkt der Obst- und Gemüsesaison stand im Frühjahr 2011 die EHEC-Krise, die zu nachhaltigen Einbrüchen in der Gemüseproduktion und im Gemüseabsatz führte. In der Hochphase der EHEC-Krise in den Monaten Mai und Juni 2011 verzeichneten allein die Discounter Einbußen bei Salaten von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Krise offenbarte einerseits erhebliche Schwächen in der Verbraucherinformation mit dramatischen Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte in der Branche und andererseits die Bedeutung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln und deren Verarbeitung in Deutschland. In Folge der Krise sank der Gemüse-Umsatz im Juni 2011 um fast 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatz mit konventionell produzierten Gurken war um mehr als 40 Prozent, bei Tomaten und Salaten um mehr als 30 Prozent niedriger. Dagegen ging der Verkauf von BioWare deutlich weniger zurück. Während der Umsatz im Kernsegment Obst und Gemüse in den Jahren 2009 und 2010 eindeutig rückläufig war, setzten die Unternehmen in 2011 wieder mehr als sechs Milliarden Euro um und auch in 2012 ist ein vergleichbares Ergebnis zu erwarten. Durchgängig steigende Umsatzzahlen verzeichnet die kartoffelverarbeitende Industrie. Die obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitende Industrie hat einen Umsatzanteil von 5,3 Prozent an der Gesamtentwicklung in der Ernährungswirtschaft. 142 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Wirtschaftsdaten obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie 2008 2009 2010 161 152 148 147 150 25.793 23.953 23.465 24.160 23.994 Umsatz (in Mio. Euro) 9.044 8.332 8.291 8.695 4.457 Monatseinkommen je Beschäftigten (in Euro) 2.521 2.560 2.626 2.651 2.676 8,6 8,8 8,9 8,8 8,6 210 208 209 215 226 Betriebe Beschäftigte Entgelte in Prozent des Umsatzes Umsatz je Beschäftigtenstunde (in Euro) 2011 1. HJ 2012 Betriebe ab 50 Beschäftigte; Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Die Branche wird stark vom Erntezyklus und von der Witterung geprägt. Der Umsatz kletterte von 1995 bis 2009 um knapp 50 Prozent. Die Obst- und Gemüseverarbeitung profitiert besonders vom Trend zum gesunden Essverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Von daher wird erwartet, dass die Branche mittelfristig gesehen weiterhin auf Wachstumskurs bleibt. Die Exportquoten in der Kartoffelindustrie und in der Verarbeitung von Obst und Gemüse sind seit 2008 kontinuierlich angestiegen. Sie liegen aber nach wie vor deutlich unter der Entwicklung in der Ernährungs- und Tabakwirtschaft (19,4 Prozent in 2012). Anders verlief die Entwicklung in der Herstellung von Obst- und Gemüsesäften. Der Exportanteil am Umsatz lag 2008 über 27 Prozent. Er sank dann aber in den Folgejahren auf unter 24 Prozent und liegt aktuell wieder bei knapp 27 Prozent, also deutlich über der Entwicklung der Ernährungs- und Tabakwirtschaft. Die Unternehmen der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie setzen fast zwei Milliarden Euro im Ausland um. Während der Auslandsumsatzanteil im Bereich der Herstellung von Frucht- und Gemüsesäften an Potenzial verloren hat, steigt der Anteil im Bereich der Verarbeitung von Obst und Gemüse kontinuierlich an. Betriebe und Beschäftigte In der Branche Obst und Gemüse sind aktuell 24.727 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SVB) in 612 Betrieben tätig. Geschäftsbericht 2008–2012 143 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Betriebe und ihre sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (SvB) Wirtschaftszweige der WZ 2008 Kartoffelverarbeitung Insgesamt Betr SvB 1 bis 5 Betr 6 bis 9 SvB Betr 10 bis 19 SvB Betr SvB 20 bis 49 Betr 64 3.355 17 43 10 74 9 127 13 Herstellung Frucht-Gemüsesäfte 272 7.182 133 293 32 230 39 526 Sonstige Verarbeitung Obst und Gemüse 276 14.190 93 219 29 214 33 Gesamt 612 24.727 243 555 71 518 Prozentanteil 100 39,7 2,2 11,6 2,1 100 SvB Betr Betr SvB 10 2.353 34 1.142 16 1.184 18 3.807 487 55 1.824 30 2.148 31 5.351 81 1.140 102 3.385 51 3.671 59 11.511 16,7 8,3 9,6 4,6 13,7 5 SvB 100 bis 499 339 13,2 419 50 bis 99 14,8 46,6 Stichtag 30. Juni 2011; Bundesagentur für Arbeit, 2011 Knapp 40 Prozent aller Betriebe sind Kleinstbetriebe mit einem bis fünf Beschäftigten. Die Mehrzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (46,6 Prozent) arbeitet in Betrieben mit 100 bis 499 Beschäftigten. Angaben für Betriebe ab 500 Beschäftigte werden aus Geheimhaltungsgründen nicht veröffentlicht. 11,9 Prozent der Beschäftigten in der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund. Der höchste Anteil ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (15,5 Prozent) ist in der Unterbranche „sonstige Verarbeitung von Obst und Gemüse“ zu finden. 92,5 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind Vollzeitbeschäftigte. In der Produktion von Frucht- und Gemüsesäften betragen die Anteile Männer zu Frauen 71 zu 29 Prozent und in der Verarbeitung von Obst und Gemüse 60 zu 40 Prozent. In der Gesamtbranche der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie waren am 30. Juni 2011 insgesamt 3.085 Beschäftigte in einem Minijob tätig, davon gut 1.700 Frauen und knapp 1.350 Männer. Organisationspolitik Im Berichtszeitraum hat sich die Branchenarbeit auf die Landesbezirke konzentriert. Einen eindeutigen Schwerpunkt bildete die Tarifpolitik. Beispielhaft ist das Branchenseminar Obst und Gemüse in Nordrhein-Westfalen mit dem Schwerpunkt „Anforderungen an die Weiterentwicklung des ERTV“ zu nennen. Für das Jahr 2013 ist erstmals wieder ein bundesweites Branchenseminar Obst und Gemüse im BZO geplant. Damit soll die Branchenarbeit breiter und systematischer aufgestellt werden. 144 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Tarifpolitik Ein Großteil der tarifgebundenen Unternehmen in der obst- gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie unterliegt einem Flächentarifvertrag. Im Tarifgebiet Niedersachsen/Bremen werden die Branchen Obst, Gemüse und Mineralbrunnen in einem Flächentarifvertrag zusammengefasst. Für die obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitende Industrie gilt ein bundeseinheitlicher Entgeltrahmentarifvertrag aus dem Jahre 1998. Mittlerweile haben sich viele Tätigkeitsbeispiele überholt, entweder sind sie entfallen, haben sich verändert oder sind durch andere Tätigkeiten ersetzt worden. Dennoch ist dieser Tarifvertrag ein tauglicher Rahmen für eine aktive Entgeltpolitik von Betriebsräten und NGG. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zweier Branchenseminare im Landesbezirk Nordrhein-Westfalen haben das Umgehen mit dem Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) besprochen, um das Thema Eingruppierung betrieblich zu aktivieren. Bezogen auf den Änderungsbedarf des bundeseinheitlichen Entgeltrahmentarifvertrages gilt auch für die Eingruppierung: Tarif gibt es nur aktiv. Konkreter Handlungsbedarf muss anhand von konkreten Fällen ermittelt werden. Wenn wir Tarifverträge verändern wollen, dann brauchen wir dazu eine betriebliche Bewegung. 2.12 Tabak Die Tabakbranche ist weiterhin von strukturellen Veränderungen betroffen. Gesundheitskampagnen, insbesondere die Diskussion um die Tabakproduktrichtlinie und die Umsetzung der länderspezifischen Rauchverbote, die Steuerpolitik in Europa sowie die Gewinnsituation in der Branche prägen das Bild. Politisch stehen die Bereiche Cigaretten, Zigarren und Zigarillos in der Öffentlichkeit und bei NGG besonders im Blickpunkt. Derzeitige Gewinner der Steuerpolitik sind Feinschnitt und OTP („Other Tobacco Products“ oder „New Generation Products“, wobei auch E-Cigaretten zu diesen anderen Tabakprodukten gezählt werden können). Geschäftsbericht 2008–2012 145 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Gesamtmarkt Tabakprodukte in Deutschland 2010 in Tonnen Pfeifentabak: 756 Feinschnitt: 25.486 kleine Zigarren/Zigarillos: 3967 Zigaretten: 83.656 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2011 Die Zigarrenindustrie Die deutsche Zigarrenindustrie ist von kleinen und mittleren Unternehmern geprägt. Die Unternehmen befinden sich fast ausnahmslos in Familieneigentum und sind zum großen Teil eigentümergeführt. Gegenwärtig gibt es mehr als 1.200 Zigarrenmarken auf dem deutschen Markt. Der Absatz ist in Deutschland seit den 1950er Jahren rückläufig, allerdings wird immer mehr Umsatz aus einem wachsenden Exportgeschäft geholt. Knapp 17 Prozent aller für den europäischen Markt in Deutschland hergestellten Zigarren werden in Deutschland geraucht. Die größten Abnehmerländer deutscher Zigarren sind Frankreich und Spanien, gefolgt von Belgien/Luxemburg und Großbritannien. Aufgrund der arbeitsintensiven Produktion arbeiten in der deutschen Zigarrenindustrie immer noch 1.300 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der extreme Strukturwandel wird deutlich, wenn man bedenkt, dass es im Bereich der Zigarrenproduktion 1875 noch 110.891 Beschäftigte in 10.583 Betrieben gab. Die Cigarettenindustrie Auch in der Cigarettenindustrie gab und gibt es einen fast unglaublichen Strukturwandel, der nicht zuletzt technologische Ursachen hat. So betrug die Jahresproduktion an Cigaretten, die im Jahre 1897 in Handarbeit hergestellt wurden, 1,1 Millionen Stück. Die gleiche Menge wird von der heutigen Technik (High-Speed-Maschinen mit einer Minutenproduktion von 20.000 Stück) in gerade einmal 55 Minuten erzeugt. Und wenn vor dem Ersten Weltkrieg die Maschinen eine Tagesproduktion von 200.000 Stück erreichten, schaffen die modernen Maschinen die gleiche Menge heute in nur zehn Minuten. Wirtschaftliche Situation und Tarifpolitik An den genannten Zahlen wird deutlich, dass die Personalkosten nur eine untergeordnete Rolle spielen. So liegt die Lohnquote mit 3,8 bis 4,1 Prozent im Berichtszeitraum beispielswei146 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik se bei einem Drittel des Vergleichswertes in der Süßwarenbranche. Dort liegen die Entgelte bei 11,5 Prozent des Umsatzes. Dennoch wird arbeitgeberseitig oftmals unnachgiebig nach Kostensenkungsmöglichkeiten gesucht. So wurde mittels einer vergleichenden Hay-Studie in 2012 versucht, die Entgelte in Relation zur Konsumgüterindustrie als zu hoch erscheinen zu lassen. NGG und Betriebsräte der Cigarettenindustrie sehen hingegen die Gefahr, dass die Branche angesichts von Fachkräftemangel und demografischer Entwicklung ohne gute Entgelte ins Hintertreffen geraten würde. Der Vorsprung der Cigarettenindustrie hat sich im Übrigen bereits binnen zehn Jahren im Index von 140 auf 116 reduziert. Und das bei Gewinnspannen, von denen andere Branchen nicht einmal träumen. So hat Reemtsma im Geschäftsjahr 2011/2012 beim Umsatz von 1,1 Milliarden Euro einen Gewinn von 572 Millionen Euro erwirtschaftet, was einer Umsatzrendite von 52 Prozent entspricht. Dass trotz relativ hoher Entgelte eine hervorragende Wettbewerbsfähigkeit innerhalb der globalisierten Wirtschaft besteht, wird daran deutlich, dass JTI in Trier mit weit mehr als 1.000 Beschäftigten zu 97 Prozent für den Export produziert. Somit ergeben sich trotz schrumpfender Märkte in Westeuropa gute Beschäftigungsmöglichkeiten, denn der Weltmarkt wächst längerfristig durchschnittlich um zwei Prozent. Von Restrukturierungen blieb die Arbeitnehmerseite trotz der glänzenden wirtschaftlichen Lage nicht verschont. So wurden im Berichtszeitraum das Werk von Philip Morris in München und das Reemtsma-Werk in Berlin geschlossen. Politische Einflussgrößen Wesentlich größere Risiken als aus den Personalkosten ergeben sich für die Gesamtbranche existenziell aus der Steuer- und der Gesundheitspolitik. Die unterschiedliche Besteuerung von Cigaretten in Europa führt dazu, dass aufgrund nicht in Deutschland versteuerter Cigaretten (Schmuggel und legale Grenzeinkäufe), in einer Größenordnung von über 20 Prozent, dem deutschen Staat jährlich vier bis fünf Milliarden Euro verloren gehen. Nicht nur die Besteuerung, sondern auch die Verkaufspreise sind höchst unterschiedlich. Verkaufspreise in Europa am Beispiel von 20 Marlboro (in Euro) Norwegen Deutschland Polen Russland Weißrussland 11,57 5,26 2,86 1,14 0,70 Stand Mai 2012; Quelle: Deutscher Zigarettenverband (DZV), 2012 Aus den genannten Gründen sank in wenigen Jahren der Verbrauch versteuerter Cigaretten in Deutschland von mehr als 120 Milliarden auf ca. 85 Milliarden. Dieser Rückgang hat natürlich deutliche Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation. Tabakproduktrichtlinie (TPD) Nicht zuerst und nicht zuletzt beschäftigten sich NGG, Betriebsräte, Arbeitgeber und Politikvertreter auf einer der periodisch durchgeführten Branchenkonferenzen 2012 im Bildungszentrum Oberjosbach mit der TPD, da sie europaweit Arbeitsplätze von mehr als 400.000 Beschäftigten betrifft und bedroht. Das eigentliche Ziel der Europäischen Kommission, nämlich Geschäftsbericht 2008–2012 147 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Gesundheitsförderung, unterstützt NGG nachdrücklich und vorbehaltlos. Allerdings besteht die Gefahr, dass das anerkennenswerte Ziel ins Gegenteil verkehrt wird und außerdem Arbeitsplätze zur Herstellung eines legalen Genussmittels politischen Zielen geopfert werden. Die TPD beinhaltet drei Kernelemente. Erstens geht es um Inhaltsstoffe. So soll Menthol verboten werden. Diese Maßnahme wird absehbar zu einem Ausweichverhalten auf andere Tabakprodukte und auf illegale Ware führen. Zweitens geht es um Ausstellungsverbote am Verkaufspunkt. Hiermit wird das Abdriften in Straßenverkauf und illegale, unkontrollierte und unversteuerte Ware voraussichtlich ausgeweitet werden. Jedenfalls zeigen Erfahrungen in einzelnen Ländern diese Tendenz. Drittens geht es um neutrale Verpackungen. Wenn die Marke kaum noch erkennbar ist, geht es nicht nur um rechtliche Fragen, sondern vor allem darum, ob in so einer Situation nicht vor allem der Preis entscheidet. Damit würde der Jugendschutz konterkariert. Bildungswerk Cigarette (bwc) In einer Zeit, in der die Arbeitgeberseite aufgrund politischer Gegebenheiten mehr denn je auf ihre Beschäftigten und Betriebsräte angewiesen ist, hat der Arbeitgeberverband erklärt, den Tarifvertrag bwc nach 36 Jahren für die Zeit nach dem 31. Dezember 2012 nicht mehr zu verlängern. Das bwc war eine gemeinnützige Sozialeinrichtung, in dem Tausende Beschäftigte der Cigarettenindustrie und auch Außenstehende in etlichen Hundert Lehrgängen gemeinsam politische Bildung und Urlaub erleben konnten. Kurzfristig angelegtes Gewinnstreben hat insbesondere bei den beteiligten Betriebsräten den jahrzehntelangen Glauben an Gemeinsamkeiten und das soziale Gewissen in der Branche ins Wanken gebracht. 2.13 Hotels, Restaurants, Cafés, Gaststätten, Catering Branchenentwicklung 1) Quelle: Statistisches Bundesamt 2) Quelle: DEHOGA Bundesverband, Zahlenspiegel III/2012 Die Entwicklung des Gastgewerbes war in den vergangenen Jahren insbesondere von den strukturellen Veränderungen innerhalb der Teilbranchen und von den Auswirkungen der Finanzmarktkrise geprägt. Die Konjunkturabhängigkeit der Branche hat in 2009 starke Spuren hinterlassen. In allen Segmenten des Gastgewerbes kam es zu deutlichen Umsatzrückgängen; bezogen auf die Gesamtbranche betrugen diese nominal 4,1 Prozent und real 6,1 Prozent1). Entgegen früheren Krisen konnte sich das Gastgewerbe sehr schnell wieder erholen. Bereits 2010 konnte das Beherbergungsgewerbe eine positive Umsatzentwicklung feststellen, das Gaststättengewerbe folgte dieser Entwicklung 2011. Auch für das Jahr 2012 zeichnet sich eine Fortsetzung der positiven Umsatzentwicklung ab. In den ersten drei Quartalen 2012 setzte das Gastgewerbe, getragen von einer stabilen Binnennachfrage und einem stetigen Zuwachs von Übernachtungsgästen aus dem Ausland, nominal 2,7 Prozent2) mehr um. 148 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Nettoumsätze Gastgewerbe (in Milliarden Euro) 70 60 5,9 5,6 5,8 5,9 50 40 30 38,2 36,1 35,5 36,9 21,7 20,3 21,6 22,5 2008 2009 2010 2011 20 10 0 Quelle: DEHOGA, 2012 Beherbergungsgewerbe Gaststättengewerbe Kantinen/Caterer Im Bereich Kantinen und Catering ist im Berichtszeitraum kein signifikanter Umsatzanstieg festzustellen. Mit Ausnahme der krisenbedingten Auswirkungen konnte der Bereich der Gemeinschaftsverpflegung somit kein strukturelles Wachstum erzielen, d. h. der Markt der Gemeinschaftsverpflegung ist in seinem Umfang relativ konstant geblieben. Beschäftigungssituation Die Anzahl der im Gastgewerbe beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist, bezogen auf den Berichtszeitraum, leicht gestiegen. Gegenüber 2008 erhöhte sich die Zahl der Beschäftigten um rund 7.000 auf insgesamt 1.669.000. In den Jahren 2008 bis 2010 ist krisenbedingt ein deutlicher Beschäftigungsrückgang zu verzeichnen gewesen, der durch den Beschäftigungszuwachs in 2011 anscheinend ausgeglichen werden konnte. Geschäftsbericht 2008–2012 149 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Beschäftigte nach Teilbranchen 2000000 1500000 1000000 183.000 188.000 187.000 190.000 1.041.000 1.021.000 1.012.000 1.005.000 1.0026.000 453.000 453.000 440.000 441.000 448.000 2007 2008 2009 2010 2011 195.000 500000 0 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Beherbergungsgewerbe Gaststättengewerbe Kantinen/Caterer Bei näherer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass sich innerhalb der Beschäftigungsformen dramatische Entwicklungen eingestellt haben bzw. fortgeschrieben wurden, die zu einem weiteren Anstieg der prekären Beschäftigungsverhältnisse führten. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Entwicklung der sogenannten Minijobs. Im Zeitraum 2008 bis 2011 erhöhte 2.000.000 Entwicklung geringfügig entlohnte Beschäftigte 1.500.000 249.371 265.459 282.957 223.595 1.000.000 484.626 536.689 544.982 552.689 500.000 708.221 786.060 810.441 835.646 2008 2009 geringfügig Beschäftigte davon ausschließlich geringfügig Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2012 150 2010 2011 davon im Nebenjob geringfügig Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik sich die Zahl der Minijobs um rund 18 Prozent von 708.221 auf 835.646, womit jedes zweite Arbeitsverhältnis im Gastgewerbe ohne soziale Absicherung ist. Mit der Erhöhung der Verdienstgrenze auf 450 Euro ab Januar 2012 ist zu befürchten, dass die Zahl der geringfügig Entlohnten im Gastgewerbe noch weiter ansteigen wird. Der massive Anstieg der Minijobs hat auch Auswirkungen auf die Teilzeitquote in der Branche. Diese lag 2010 bei 41,4 Prozent. Aber auch der Beschäftigungszuwachs bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen fand ausschließlich im Teilzeitbereich statt. Ein Drittel der in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeitete in Teilzeit, obwohl sie gerne mehr bzw. in Vollzeit arbeiten würden bzw. müssten.4) 4) Vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung 049/12, 10. Februar 2012 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigte im Gastgewerbe 1.000.000 800.000 95.309 104.754 106.883 111.678 115.707 602.773 600.000 400.000 537.624 555.832 576.639 590.281 243.454 250.024 251.802 256.092 265.445 2008 2009 2010 2011 200.000 0 2007 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2012 Beherbergungsgewerbe Gaststättengewerbe Kantinen/Caterer Der starke Anstieg der Teilzeit hat natürlich auch Auswirkungen auf die Einkommenssituation der Beschäftigten im Gastgewerbe. Aufgrund der niedrigen Entgelte sowie der geringen Stundenzahlen waren 2010 rund 140.000 Haushalte mit einer gastgewerblichen Erwerbstätigkeit auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. 77,3 Prozent der Beschäftigten im Gaststättengewerbe arbeiten zu einem Niedriglohn unterhalb von 10,36 Euro pro Stunde.5) 5) Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung 308/12, 10. September 2012 Geschäftsbericht 2008–2012 151 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Hartz-IV-Leistungsempfänger im Gastgewerbe in 2010 Haushalte mit sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung Haushalte mit sozialversicherungspflichtiger Teilzeitbeschäftigung 32.372 Haushalte mit Minijobeinkommen 89.282 Quelle: DGB Bundesvorstand 24.964 Diese Entwicklung und das damit verbundene Image der Branche wirken sich auch auf die Bereitschaft von jungen Menschen aus, im Gastgewerbe eine Ausbildung zu beginnen. Seit 2007 nimmt die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in einem der sechs gastgewerblichen Ausbildungsberufe drastisch ab. Innerhalb von vier Jahren hat die Branche 30.000 Ausbildungsplätze verloren, sodass 2011 noch 77.097 Menschen in einem Ausbildungsverhältnis waren. Entwicklung der Berufsausbildung im Gastgewerbe (2001 bis 2011) 100000 91.971 38.503 93.551 40.655 97.152 42.655 100.681 43.346 105.072 45.598 107.041 46.354 103.578 43.073 96.043 39.134 86.887 36.822 77.097 32.611 60000 93.071 39.518 80000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 40000 20000 0 Quelle: Bundesinstitut für berufliche Bildung, 2012 Ausbildungsverhältnisse gesamt Ausbildungsverhältnisse neu abgeschlossen Diese rückläufige Entwicklung wird sich noch stärker fortschreiben, da die Zahl der Schulabgänger, die zukünftig in den Ausbildungsmarkt wechseln, weiter sinken wird. Dem daraus resultierenden Wettbewerb um Ausbildungsbewerber hat das Gastgewerbe aufgrund seines schlechten Images und der problematischen Rahmenbedingungen in vielen Betrieben der Branche kaum etwas entgegenzusetzen. Wie die jährlichen Veröffentlichungen des DGB-Ausbildungsreports verdeutlichen, wird die Ausbildungssituation durch die befragten Auszubil152 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten denden in den Berufen Koch/Köchin, Hotelfachmann/-frau und Restaurantfachmann/-frau im Vergleich zu anderen Berufen deutlich negativer beurteilt. Quelle: DGB-Ausbildungsreport 2012 Tarifpolitik Für das Hotel- und Gaststättengewerbe existieren bundesweit insgesamt achtzehn regionale Tarifgebiete, für die die Gewerkschaft NGG mit den jeweiligen Landesverbänden des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Tarifverträge abschließt. Darüber hinaus bestehen noch zwei Tarifgebiete in der Systemgastronomie, in denen wir zum einen mit dem DEHOGA und zum anderen mit dem Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) verhandeln. Mit den führenden Unternehmen in der Gemeinschaftsverpflegung (AraGeschäftsbericht 2003–2007 153 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik mark GmbH, Eurest Deutschland GmbH und Sodexo Services GmbH) schließen wir nach wie vor Haustarifverträge ab. Mit Ausnahme des Tarifgebiets ostfriesische Nordseeinseln wurden mit dem DEHOGA in allen Tarifgebieten im Berichtszeitraum Entgelttarifverträge abgeschlossen. Entwicklung ausgewählter Tarifentgelte im Hotel- und Gaststättengewerbe (in Euro) 2008 2009 2010 2011 2012 Berlin 1.584 1.584 1.624 1.674 1.724 Hamburg 1.336 1.376 1.397 1.437 1.477 Nordrhein-Westfalen 1.491 1.529 1.560 1.589 1.639 Hessen 1.719 1.719 1.769 1.826 1.826 Baden-Württemberg 1.710 1.710 1.748 1.799 1.842 Bayern 1.600 1.600 1.640 1.681 1.722 Mecklenburg-Vorpommern 1.087 1.109 1.109 1.164 1.164 Brandenburg 1.314 1.360 1.387 1.415 1.415 Thüringen 1.335 1.335 1.364 1.397 1.428 BdS (West) 1.639 1.665 1.690 1.715 1.766 BdS (Ost) 1.457 1.483 1.508 1.534 1.567 Die Werte entsprechen jeweils der Bewertungsgruppe Fachkraft nach der Ausbildung Quelle: NGG, 2012 Die Tarifsteigerungen hatten jedoch nicht die notwendige Höhe, um die Einkommenssituation der Beschäftigten im Gastgewerbe tatsächlich zu verbessern und den Einkommensunterschied zu anderen Branchen zu verringern. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der DEHOGA seinen Mitgliedern inzwischen in zehn von achtzehn Tarifgebieten eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT) ermöglicht, die insbesondere von gastronomischen Betrieben in Anspruch genommen wird. Dadurch sinkt die Zahl der tarifgebundenen Arbeitgeber noch einmal deutlich, so dass die Quote der tarifgebundenen Arbeitgeber in der Regel unter 50 Prozent liegt, in den östlichen Bundesländern sogar nur zehn bis fünfzehn Prozent betragen dürfte. Seit 2012 ist zu beobachten, dass in den Tarifverhandlungen mit dem DEHOGA höhere Entgeltabschlüsse vereinbart werden konnten. Dies ist im Besonderen auf den sich zuspitzenden Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel zurückzuführen, der durch die schlechten Rahmenbedingungen in der Branche hervorgerufen wird, was sich auch an der Ausbildungsentwicklung ablesen lässt. Ein weiterer Faktor, der diese Entwicklung beeinflusst, ist der anhaltende öffentliche Druck auf die Arbeitgeber im Gastgewerbe aufgrund der Auseinandersetzungen um die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro, der seitens des DEHOGA kategorisch abgelehnt wird. 154 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Unterste gezahlte Stundenlöhne (in Euro) 10 9 8,50 8 7 Brandenburg Thüringen Sachsen Sachsen-Anhalt Schleswig-Holstein Saarland Rheinland-Pfalz Nordrhein-Westfalen Weser-Ems Bremen Niedersachsen 0 Hessen 1 Hamburg 2 Berlin 3 Bayern 4 Baden-Württemberg 5 Mecklenburg-Vorpommern 6 geforderter Mindestlohn; Quelle: NGG, 2012 Die Entwicklung der tariflichen Altersvorsorge im Gastgewerbe (hogarente) ist, bezogen auf die Durchdringung in der Gesamtbranche, eher kritisch. Insbesondere in der Kleingastronomie verwehren viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten den Zugang in die Branchenlösung, da sie den Arbeitgeberanteil von jährlich 150 Euro einbehalten. Aber auch durch die hohe Fluktuation aus der Branche heraus steigt die Zahl der ruhend gestellten Verträge kontinuierlich an. Positiv entwickelt sich die hogarente jedoch in einigen Unternehmen der Branche. Für das Unternehmen SSP konnte der tarifliche Arbeitgeberzuschuss auf 200 Euro erhöht werden. Verabredet ist auch, den Betrag im Rahmen zukünftiger Tarifrunden weiter zu erhöhen, um einen nennenswerten Arbeitgeberbeitrag zur tariflichen Altersvorsorge zu erreichen. Auch in einigen Unternehmen der Hotellerie wurde die hogarente gestärkt. Durch die maßgebliche Initiative der Betriebsräte von Accor und Dorint wurde in den jeweiligen Unternehmen der Zuschuss zur Entgeltumwandlung von 16 Prozent auf 23 Prozent bzw. 25 Prozent angehoben. Tarifpolitisch stehen wir in der Systemgastronomie vor der Herausforderung, die vorhandenen Tarifstrukturen an die Entwicklungen innerhalb des BdS anzupassen. Aufgrund der Tradition der Tarifverträge sind diese stark auf die großen Systeme McDonald‘s und Burger King zugeschnitten, sodass neue Systeme/Unternehmen im Verband, wie z. B. Starbucks und Tank & Rast, mit der Anwendung des Entgelttarifvertrages Probleme haben. Diese Neuausrichtung der Entgeltstruktur muss einhergehen mit der Anhebung der untersten Entgeltgruppe auf 8,50 Euro. Dieses wichtige Ziel konnte in der schwierigen Tarifauseinandersetzung 2011 nicht erreicht werden. Besondere Erwähnung muss der Tarifkonflikt um die ZSG Damp mbH im Jahr 2012 finden. Die Tarifauseinandersetzung für die Kliniken und die eigene Servicegesellschaft (ZSG Damp mbH) Geschäftsbericht 2008–2012 155 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik begann im September 2011. Die Forderung der gemeinsamen Tarifkommission von NGG und ver.di war sechs Prozent mehr Entgelt sowie 110 Prozent Jahressonderzuwendung, wobei diese nur Gewerkschaftsmitglieder erhalten sollten. Durch die Übernahme der Aktienmehrheit des Damp-Konzerns im Frühjahr 2012 durch den Fresenius-Konzern spitzte sich die Lage schnell zu. Nach der Durchführung von insgesamt sechs ganztägigen Warnstreiks mit Beteiligungen von ca. 2.000 Kolleginnen und Kollegen unserer NGG und ver.di gab es weder eine Reaktion des alten und dann zwischenzeitlich ausgewechselten neuen Vorstands der Damp AG bzw. der ZSG. Der Tarifkommission blieb somit nur noch die Möglichkeit, einen unbefristeten flexiblen Streik zu beschließen und durchzuführen. Einen Tag nach Beginn der Streikaktivitäten wurde allen Beschäftigten der Servicegesellschaft die Kündigung ausgesprochen. Begründung: Bedingt durch den Arbeitskampf hätte der Klinikkonzern den Dienstleistungsvertrag mit der konzerneigenen Servicegesellschaft gekündigt. Politisch brisant: Bei Kündigungen in einem Arbeitskampf findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Ein bis dahin einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik! Die Reaktion von NGG und ver.di kam schnell. Alle betroffenen Mitglieder wurden darüber informiert, wie sie sich mit Unterstützung der NGG gegen diese Kündigungen zur Wehr setzen konnten. Zusätzlich wurden an allen Standorten Streikversammlungen einberufen und mit großer Unterstützung der DGB Rechtsschutz GmbH Kündigungsschutzklagen aufgenommen und eingereicht. Wesentlich zum erfolgreichen Abschluss dieses Tarifkonflikts beigetragen hat der öffentliche Druck, der durch eine permanente Medienberichtserstattung und durch öffentliche Veranstaltungen erreicht werden konnte. Anlässlich einer Großdemonstration in Kiel mit 4.000 Teilnehmenden machte der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig, gemeinsam mit Franz-Josef Möllenberg und Frank Bsirske deutlich, dass solche Arbeitgeber nicht gebraucht werden – hier nicht und nirgendwo anders. Der Druck zeigte schnell Wirkung. Bereits in der nächsten Verhandlung gab es ein Ergebnis, in dem die Tarifsituation an den Standorten der Damp-Kliniken geregelt wurde. Alle Kündigungen wurden zurückgenommen, und den Beschäftigten der ZSG wurde eine Entgeltsicherheit und Beschäftigungsgarantie von über zwölf Monaten zugesichert. Zum damaligen Zeitpunkt ein großer Erfolg. Großdemonstration in Kiel, am 30. Juni 2012 156 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Teilbranchen des Gastgewerbes Hotellerie In ihrer Gesamtheit ist die deutsche Hotellerie nach wie vor überwiegend von der Privat- und Individualhotellerie geprägt. Lediglich 10,6 Prozent6) der Beherbergungsbetriebe sind der Konzern- und Markenhotellerie zuzuordnen, was im westeuropäischen Vergleich (hier liegt der Anteil der Konzern- und Markenhotellerie bei gut 25 Prozent) sehr gering ist. Diese Hotels stellen jedoch insgesamt knapp 40 Prozent aller Hotelzimmer zur Verfügung. In Stadtlagen ist der Marktanteil der Markenhotellerie deutlich über den genannten 10,6 Prozent und wächst stetig weiter, was zu einer ungünstigen Entwicklung der Zimmerpreise, hervorgerufen durch Überkapazitäten, führt. In 2012 registriert der Hotelverband Deutschland (IHA) insgesamt 498 neue Hotelprojekte, die in den kommenden Jahren insgesamt 66.000 Zimmer hervorbringen werden7). Hier findet aktuell ein starker Verdrängungswettbewerb statt, in dem insbesondere internationale Hotelgesellschaften auf den deutschen Markt drängen. Hotelketten wie z. B. Jumeirah, Grand City und Arcotel interessieren sich zunehmend für deutsche Standorte, sodass die Zahl der in Deutschland agierenden Hotelgesellschaften stark steigt. 6) Hotelmarkt Deutschland, 2012, S. 155 IHA 7) Hotelmarkt Deutschland, 2012, S. 36 IHA Hotelgesellschaften und -gruppen 2007 Anzahl Betriebe 2008 2009 2010 2011 123 128 149 152 175 3.516 3.559 3.902 3.765 3.869 Quelle: Hotelverband Deutschland (IHA), 2012 Die Privathotellerie gerät auch zunehmend unter Druck, da die Kettenhotellerie immer stärker das Segment der Budget/Economyhotellerie (zwei bis drei Sterne) für sich entdeckt und damit in direkter Konkurrenz zur Privathotellerie steht. Marken wie Motel One, Holiday Inn Express oder Ibis drängen verstärkt auf den Markt. Selbst Hilton expandiert mit seiner Marke Hampton by Hilton nach Deutschland. Geschäftsbericht 2008–2012 157 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Inwieweit die von der Bundesregierung von CDU/CSU und FDP beschlossene Mehrwertsteuerreduzierung für die Hotellerie auf sieben Prozent ab dem 1. Januar 2010 den Verdrängungswettbewerb etwas verlangsamt, wird sich zeigen. Was jedoch bereits jetzt deutlich wird, ist, dass sich die Maßnahme nicht beschäftigungspolitisch ausgewirkt hat. Der Branchenverband DEHOGA hat in der kontroversen politischen Diskussion immer wieder betont, dass die Betriebe mit den zusätzlichen Mitteln mehr Menschen eingestellt und mehr Ausbildungsplätze angeboten hätten. Betrachtet man die Zahlen, stellt sich folgendes Bild dar: 2008 waren 453.000 Beschäftigte im Beherbergungsgewerbe tätig. Die Zahl reduzierte sich, bedingt durch die Finanzmarktkrise, auf 440.000 in 2009 und betrug 2011, also zu einer Zeit, in der sich die Branche von den Auswirkungen der Krise bereits erholt hatte, 448.000, d. h. immer noch unter dem Niveau vor der Krise. Gänzlich unberücksichtigt bleibt dabei auch, dass der Beschäftigungsaufbau nach der Krise insbesondere in Teilzeit stattfand. In Zeiten sinkender Ausbildungszahlen eine Steigerung der Ausbildungsplätze als Folge der Mehrwertsteuerreduzierung in Aussicht zu stellen, kann ebenfalls nur als Nebelkerze verstanden werden, die der DEHOGA zur Verteidigung seines Mehrwertsteuerprivilegs gezündet hat. Leider wurde eine Chance verpasst, wichtige Impulse, wie z. B. eine deutlich verbesserte tarifliche Entlohnung, zu setzen, um wirksam dem drohenden Fachkräftemangel entgegenzutreten. Systemgastronomie Innerhalb des Gaststättengewerbes ist die Systemgastronomie die Gewinnerin. Die systemgastronomischen Angebote wachsen ständig; so gewinnen neben den bekannten Marken wie McDonald‘s, Burger King und Nordsee Marken wie Vapiano und Joey‘s, aber auch die Kaffeebars wie z. B. Starbucks oder Balzac immer stärker an Bedeutung. Neben der stärkeren Marktdurchdringung systemgastronomischer Angebote ist auch die Umsatzentwicklung positiv. In 2011 konnten die TOP 60 der Branche laut der Zeitschrift Food Service ein Umsatzplus von 5,1 Prozent erzielen, was sich deutlich von der Gesamtbranche abhob. Aufgrund der großen Anzahl der Betriebe – allein die TOP 5 der Branche betreiben insgesamt über 2.500 Betriebe – ist der Bereich in unserer gewerkschaftlichen Arbeit nicht einfach zu betreuen, zumal viele Arbeitgeber nach wie vor strikt gegen Betriebsratsbildungen vorgehen. Erschwert wird die Bildung von Gesamtbetriebsräten in den großen Systemen durch die Franchisestrukturen. Umso bedeutsamer ist die Bildung des Gesamtbetriebsrates bei Burger King, der inzwischen 43 Betriebsräte umfasst. Resultat dieser Entwicklung ist die Steigerung der Mitgliederzahl bei Burger King um 53 Prozent seit 2008. Betriebsgastronomie/Gemeinschaftsverpflegung Die Situation in den Unternehmen der Betriebsgastronomie ist geprägt von einem hohen Wettbewerbsdruck. Betriebsrestaurants werden von den Kunden in immer kürzeren Zyklen ausgeschrieben, was oftmals vor dem Hintergrund geschieht, Zuschüsse an die Caterer zu kürzen bzw. ganz zu streichen. Erschwert wird die Situation für die großen tarifgebundenen Unternehmen dadurch, dass in dem Markt viele Unternehmen aktiv sind, die keiner Tarifbindung unterliegen und entsprechend niedrige Entgelte zahlen. Diesen Druck versuchen die Unternehmen immer stärker an die Beschäftigten weiterzugeben. So ist die Dussmann Service Deutschland GmbH mit 4.500 Beschäftigten im Catering in 2010 in die OT-Mitgliedschaft des DEHOGA geflüchtet, um zukünftige Entgelterhöhungen nicht mehr zahlen zu müssen. Aufgrund vieler Aktivitäten der Betriebsräte bei Dussmann und von NGG konnte das Unter158 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik nehmen dazu bewegt werden, wieder in die Tarifbindung zu wechseln. In der Folge der Auseinandersetzung konnte die Zahl unserer Mitglieder um mehr als 40 Prozent seit 2010 gesteigert werden. Ein weiteres Beispiel ist die Kündigung des Manteltarifvertrages durch die Eurest Deutschland GmbH. Neben einer Erhöhung des Essengeldzuschusses der Beschäftigten fordert Eurest Verschlechterungen bei der Jahressonderzahlung, beim Urlaub und Urlaubsgeld und vielen anderen Aspekten. Auch hier konnten Betriebsräte und die NGG-Regionen mobilisieren und zahlreiche Aktionen durchführen, was sich auch in der Zahl der Mitglieder niederschlug – plus 49 Prozent in 2012! Organisationspolitik Die Mitgliederentwicklung im Gastgewerbe ist im Berichtszeitraum sehr erfreulich gewesen. Seit 2008 konnten wir die Zahl unserer Mitglieder kontinuierlich um insgesamt 11,17 Prozent steigern. Die größten Mitgliederzuwächse konnten wir bei der Betriebsgastronomie/Kantinen mit 30,65 Prozent, gefolgt von der Hotellerie mit 15,61 Prozent und der Systemgastronomie mit 11,8 Prozent, verzeichnen. Neben den vielen Aktivitäten in den NGG-Regionen wurde diese Entwicklung auch durch die Unterstützung unserer Betriebsräte im Gastgewerbe bei den Themen Mitgliederwerbung und der Beseitigung weißer Flecken in den Betriebsrätenetzwerken erreicht. Betriebsratgremien im Gastgewerbe 2011: 823 2008: 743 0 200 400 600 800 1000 Quelle: NGG, 2012 Neben der Steigerung der Zahl der Betriebsratsgremien im Gastgewerbe konnte auch die Zahl der Mitglieder in den Betrieben mit Betriebsräten erhöht werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die tarifpolitische Handlungsfähigkeit unserer NGG im Gastgewerbe von Bedeutung. Hatten wir in 2008 noch 31 Prozent in Betrieben mit Betriebsrat, waren es 2012 bereits 34 Prozent. Geschäftsbericht 2008–2012 159 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 3. Handlungsfeld Betriebspolitik Zweck und Ziel gewerkschaftlicher Betriebspolitik sind, überbetriebliche Solidarität und Wirkungskraft zu entwickeln, Unterbietungskonkurrenz zu verhindern und für faire Wettbewerbsbedingungen einzutreten. Deshalb ist Tarifpolitik auch Betriebspolitik und Betriebspolitik auch Tarifpolitik. Nicht nur in Großbetrieben und Konzernen des Ernährungsgewerbes, sondern auch in den kleinen- und mittelständischen Betrieben haben sich die Anforderungen an Betriebsräte erhöht. Ihre Aufgaben und Funktionen haben in den letzten fünf Jahren zugenommen. Längst überwacht ein Betriebsrat nicht nur die Einhaltung tariflicher und gesetzlicher Regelungen. Betriebsräte beteiligen sich an der Umorganisation von Unternehmen, der Personalentwicklung und Qualifizierung, sie fördern den betrieblichen Gesundheitsschutz und regeln Eingruppierung und Arbeitszeiten ebenso wie Beschäftigungs- und Ausbildungssicherung. Sie planen zudem Technologieentwicklung, Marktprozesse und Innovationen mit. Durch die zunehmende Verbetrieblichung der Tarifpolitik werden sie auch zu dezentralen Tarifakteuren im Betrieb. Alles Themen, mit denen sich in der NGG organisierte Betriebsräte und NGG in den letzten fünf Jahren gemeinsam auseinandergesetzt haben. Ob NGG handlungs- und durchsetzungsfähig ist, ob sie Konflikte austragen und Kompromisse schließen kann, ob sie für die Durchsetzung, Einhaltung und Umsetzung von Tarifverträgen und Gesetzen sorgen kann, ob ihre Vorschläge zur Unternehmenspolitik aufgegriffen werden, mit einem Wort: Ob sie die Interessen ihrer Mitglieder und der Beschäftigten wirksam vertreten kann, entscheidet sich im Betrieb. Voraussetzung ist ein hoher Organisationsgrad, das Zusammenwirken gewerkschaftlich organisierter Betriebsräte und die intensive Beteiligung der Mitglieder und Beschäftigten. Die Betriebsratsmitglieder in der Ernährungsindustrie sind zu ca. 70 Prozent in der NGG organisiert. Die NGG bietet Information, Beratung und Weiterbildungsmöglichkeiten für Betriebsratsmitglieder. Hinzu kommt: Der Rückhalt einer durchsetzungsfähigen und erfahrenen Gewerkschaft gibt Mut, sich engagiert für die Interessen der Beschäftigten einzusetzen. Der Mensch ist keine Ware Die Antworten auf wachsende Anforderungen und zunehmende Leistungsverdichtung in den Tätigkeits- und Berufsbereichen liegen in der Qualität der Arbeit. Deshalb wird ein fundiertes Wissen um den Stand der Arbeitsbedingungen in den Betrieben immer notwendiger. Im Jahr 2007 hat NGG gemeinsam mit der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) das Instrument „DGB-Index Gute Arbeit“ entwickelt. Dieses Instrument wird zur Bestimmung der Qualität der Arbeitsbedingungen eingesetzt. Anfang 2013 wurde der fünfte „Index Gute Arbeit“ zur Beurteilung der Arbeitsbedingungen in Deutschland vorgelegt. Seit 2010 hat der „Index Gute Arbeit“ jährlich einen thematischen Schwerpunkt: • Folgen der Wirtschaftskrise, Arbeitsintensivierung • Arbeitshetze – Arbeitsintensivierung – Entgrenzung 160 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik • Wachsender Psycho-Stress, wenig Prävention – wie halten die Betriebe es mit dem Arbeitsschutzgesetz? Seit 2008 wird der „DGB-Index Gute Arbeit“ auch in einzelnen Betrieben, Organisationen und Institutionen eingesetzt, um betriebliche und arbeitswissenschaftlich fundierte Mitarbeiterbefragungen durchzuführen. Auf Betreiben der Betriebsräte haben sich auch verschiedene Betriebe der Ernährungsindustrie dieses Instrumentes bedient. Im Zentrum der Befragungen, die mit dem „DGB-Index Gute Arbeit“ umgesetzt werden, steht die Bewertung der Arbeitsbedingungen aus der Sicht der Beschäftigten. Hierbei werden Stärken und Schwächen in den Arbeitsbedingungen in Hinblick auf deren Anforderungs- und Belastungsniveaus untersucht. Mittels dieser Daten kann im Anschluss nicht nur die Qualität der Arbeitsplatzgestaltung gemessen, sondern es können auch konkrete Maßnahmen, beispielsweise zur Gesundheitsförderung, im Betrieb definiert werden. Gute Arbeit ist die Grundlage für die Entwicklungsmöglichkeiten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Ohne Gute Arbeit gibt es kein nachhaltiges Wirtschaften. Diejenigen, die „Hauptsache Arbeit“ und „Arbeit zu jedem Preis“ predigen, die den Anspruch der Beschäftigten auf Gute Arbeit, Arbeit zu fairen Bedingungen, einen zukunftssicheren Arbeitsplatz, respektvollen Umgang – nicht erkannt haben, liegen falsch. Die Betreuung von Gesamt- und Konzernbetriebsräten Insbesondere durch Konzentrationsprozesse haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten im Organisationsbereich der NGG große Unternehmen und Konzerne mit mehreren Betriebsstätten herausgebildet. Dies gilt beispielsweise für die Getränke-, die Brot- und Backwaren-, die Fleischwaren-, die Zucker- und Süßwarenindustrie und die Milchwirtschaft. Aber auch im Hotel- und Gaststättengewerbe prägen internationale Hotelketten das Bild der Branche. Aktuell werden ca. 120 Gesamt- und Konzernbetriebsräte von Hauptamtlichen der NGG beraten. Mehr als 30 der Gremien werden von den Referats-, bzw. Wirtschaftsgruppenleitern der NGGHauptverwaltung betreut. Für die übrigen knapp 90 Gesamt- und Konzernbetriebsräte ist unterhalb der Hauptverwaltungsebene eine neue Betreuungsstruktur entstanden. Das zwingt Betriebsräte und NGG, ihre Betriebspolitik stärker zu koordinieren. Ziele und Strategien müssen innerhalb eines Unternehmens, aber auch mit Betriebsräten in anderen Unternehmen der Branche abgestimmt werden. Und sie müssen eingebettet sein in die Tarifpolitik der NGG. Alle Aktivitäten müssen auf das Erreichen eines Zieles ausgerichtet werden. Betriebsräten und den verantwortlichen Hauptamtlichen der NGG kommt dabei die Aufgabe zu, die Aktivitäten zielorientiert zu steuern. Die Strukturen und Bedingungen der Arbeit der Gesamt- und Konzernbetriebsräte sind genauso unterschiedlich wie die jeweils aktuellen Themenstellungen, mit denen sich die Betriebsratsgremien gerade beschäftigen. So ergibt sich kein einheitliches Bild für die Betreuungstätigkeit. Deshalb hat der Hauptvorstand eine „Handlungsanleitung für Gesamt- und Konzernbetriebsräte sowie Hauptamtliche der NGG“ verabschiedet, die „Mindeststandards, Ziele und Schwerpunktthemen einer koordinierten Betriebspolitik im Organisationsbereich der NGG“ festlegt. Zu den Zielen zählt: 1. Stärkung der gemeinsamen Positionen von NGG und GBRs/KBR in allen Betriebsstätten eines Unternehmens; Geschäftsbericht 2008–2012 161 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 2. Mitbestimmung des Gesamt- oder Konzernbetriebsrates in allen sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten unterstützen; 3. Verhindern, dass Unternehmen die verschiedenen Betriebsratsgremien zum Nachteil der von ihnen vertretenen Beschäftigten gegeneinander ausspielen; 4. Organisieren und Koordinieren von solidarischem Handeln; 5. Unterschiedliche Interessen der Beschäftigten ausgleichen. Mit unserer Betriebspolitik wollen wir eine bestmögliche Betreuung im Betrieb, Mitgliederorientierung und Beteiligung, offensives Aufgreifen von Themen und konfliktorientiertes Handeln gewährleisten. Nur durch eine Stärkung der betriebspolitischen Aktivitäten und damit der Stärkung unserer Organisationsmacht gelingt es uns, tarifpolitisch etwas zu erreichen, gesellschaftliche Debatten zu initiieren und Einfluss auf die Politik zu nehmen. 3.1 Personalbedarfsrechner Für eine qualifizierte Arbeitszeitplanung, insbesondere zur Gestaltung flexibler Arbeitszeiten mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung und -förderung sowie zum Ausbau der Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten, ist eine qualifizierte und nachvollziehbare Personalbemessung und -planung unerlässlich. Eine qualifizierte Planung zum Einsatz des Personals zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass Ankündigungsfristen und Absagefristen klar geregelt sind, damit eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie überhaupt möglich wird. Nachvollziehbar heißt, dass die Fakten, die in die Personalbemessung einfließen, schriftlich fixiert und für alle einsehbar und verständlich sind. Erst auf dieser Grundlage kann eine Personalplanung sowie qualifizierte und flexible Arbeitszeit- und Schichtplanung vorgenommen werden. NGG hat 2009 hierzu einen im Rahmen der Arbeitszeitkampagne 2005 und 2006 angeschafften computergestützten Personal- und Schichtplaner (BASS) in einer erweiterten und verbesserten Nachfolgeversion bereitgestellt. Das mit Unterstützung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin entwickelte Computerprogramm bietet die Möglichkeit, sowohl Personalüber- wie auch Personalunterdeckung zu ermitteln. Mit BASS können gleichzeitig Schichtpläne erstellt werden. Für viele Standardprobleme ist eine umfangreiche Datenbank mit Musterlösungen hinterlegt. Aber: Patentlösungen gibt es bei der Gestaltung von Schichtoder Arbeitszeitsystemen nicht. Denn Betriebe arbeiten mit unterschiedlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, in unterschiedlichen Regionen, mit unterschiedlichen Technologien und unter unterschiedlichen Bedingungen. Es können nur auf die konkreten Bedingungen zugeschnittene Arbeitszeitsysteme entwickelt werden. Zur Einführung des Personal- und Schichtplaners wurden aus allen Landesbezirken Hauptamtliche als Experten und Multiplikatoren geschult. BASS ist über alle Branchen hinweg, insbesondere in klein- und mittelständischen Betrieben, einsetzbar und wird seit seiner Einführung bei NGG umfangreich genutzt. 162 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 3.2 Betriebsratswahlen 2010 Die Zahl der Betriebsratsgremien ist im Vergleich zu den Wahlen 2006 ungefähr konstant geblieben, während die Anzahl der Betriebsratsmitglieder leicht gestiegen ist. Der Organisationsgrad der Betriebsratsmitglieder und Betriebsratsvorsitzenden ist leicht gesunken. Dies ist allerdings erfahrungsgemäß eine Momentaufnahme, da der Organisationsgrad im Laufe der Wahlperiode steigt. Der Anteil weiblicher Betriebsratsmitglieder und Betriebsratsvorsitzender, der nach der Einführung der Minderheitsgeschlechtsquote 2001 stark gestiegen war, hat sich nicht weiter signifikant erhöht. Die Betriebsratswahlen 2010 standen unter dem Motto „ Gute Arbeit kannst Du wählen“. Die Materialien zur Betriebsratswahl wurden zusammen mit den anderen DGB-Gewerkschaften entwickelt und produziert. Ergebnisse Betriebsratswahlen 2006 und 2010 im Organisationsbereich der NGG 2006 absolut Anzahl der Betriebe 2.010 in Prozent absolut 2192 2.187 Beschäftigte 352.414 374.982 Wahlberechtigte 348.496 369.322 3.918 5.660 248.276 257.478 nicht Wahlberechtigte Wähler gesamt Wahlbeteiligung 71,2 in Prozent 69,7 Wahlberechtigte männlich 201.965 58,0 208.570 56,5 Wahlberechtigte weiblich 146.531 42,0 160.752 43,5 Anzahl der BR-Mitglieder 12.537 12.863 davon männlich 8.064 64,3 8.135 63,2 davon weiblich 4.473 35,7 4.728 36,8 erstmals gewählte NGG-Mitglieder 1319 10,5 1.436 11,2 NGG-Mitglied 8.536 68,1 8.570 67,5 Betriebsratsvorsitzende 2.192 davon männlich 1.579 72,0 1.588 72,6 613 28,0 599 27,4 1.926 87,9 1.844 84,3 davon weiblich NGG-Mitglied 2.187 Quelle: NGG, 2011 Geschäftsbericht 2008–2012 163 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 3.3 Unternehmensmitbestimmung Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat bildet neben der Tarifautonomie und der betrieblichen Mitbestimmung eine der drei Säulen für Demokratie und Beteiligung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das Mitbestimmungsgesetz von 1976 ist seit mehr als 35 Jahren nahezu unverändert in Kraft und hat sich aus gewerkschaftlicher Sicht gerade auch in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise bewährt. Angriffe auf die die Unternehmensmitbestimmung Die FDP konnte ihre im Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2009 enthaltene Forderungen nach Abschaffung der quasi-paritätischen Mitbestimmung und der Beteiligung von Gewerkschaftsvertretern in den nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 gebildeten Aufsichtsräten im Koalitionsvertrag nicht durchsetzen. Der Koalitionsvertrag enthält allerdings die Ankündigung, in Gespräche über die Größe der Aufsichtsräte einzutreten und die Kompetenzen der Hauptversammlung in Fragen der Vorstandsvergütung zu stärken. Beides wird von den Gewerkschaften abgelehnt. Es ist nicht zu erwarten, dass bis zum Ende der Legislaturperiode gesetzliche Änderungen erfolgen werden. Eine von gewerkschaftlicher Seite geforderte grundsätzliche Weiterentwicklung und Stärkung der Mitbestimmung konnte allerdings auch nicht erreicht werden. Bessere Unternehmensaufsicht Nachdem die Höhe und der rasante Anstieg der Vorstandsvergütungen in der Diskussion standen, ist im August 2009 das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) in Kraft getreten, mit dem Vergütungssystemen, die teilweise auf falsche Anreize bei der Managervergütung setzten, ein Riegel vorgeschoben werden sollte. Das Gesetz enthält unter anderem eine präzisere gesetzliche Definition der Angemessenheit der Vorstandsvergütung, die Möglichkeit einer nachträglichen Herabsetzung der Vorstandsbezüge und die Regelung, dass die Entscheidung über Vorstandsverträge im Plenum des Aufsichtsrats erfolgen soll und nicht mehr dem Personalausschuss übertragen werden kann. Das VorstAG gilt unmittelbar für Aktiengesellschaften. Die Umsetzung und die Frage der Anwendbarkeit der Neuregelungen auf andere Gesellschaftsformen sorgen nach wie vor für Diskussionen in den Aufsichtsräten. Verantwortlich für die konkrete Umsetzung ist der jeweilige Aufsichtsrat. Mehr Präsenz von Frauen in Aufsichtsräten Nach wie vor sind in der Bundesrepublik Frauen in Spitzenpositionen der Wirtschaft stark unterrepräsentiert. Das gilt auch für die Besetzung der Aufsichtsräte. Insbesondere die Sitze der Kapitalseite sind selten mit Frauen besetzt, während die Bilanz auf der Arbeitnehmerseite besser ausfällt. Im Berichtszeitraum ist dieses Thema noch stärker in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt und es gibt sowohl parlamentarische als auch außerparlamentarische Initiativen für eine gesetzliche Geschlechterquote. Die NGG setzt sich zusammen mit den anderen Einzelgewerkschaften schon seit Langem für eine Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen der Wirtschaft ein und achtet bei der Besetzung der Aufsichtsratspositionen auf die sie unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss hat, 164 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik auf eine stärkere Präsenz von Frauen. Insgesamt sind zwei Drittel der Frauen in den Aufsichtsräten deutscher Unternehmen Vertreterinnen der Arbeitnehmerseite. Im Bereich der NGG beträgt der Frauenanteil an den NGG-Mitgliedern in den nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 gebildeten Aufsichtsräten 28,47 Prozent. Der Anteil der Frauen an den hauptamtlichen Gewerkschaftsvertretern und -vertreterinnen der NGG, auf deren Benennung NGG unmittelbaren Einfluss hat, betrug Ende 2012 30,19 Prozent. Im Vergleich dazu lag nach einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der börsennotierten Unternehmen im Jahr 2011 lediglich bei zehn Prozent, der der Arbeitnehmervertreterinnen in diesen Aufsichtsräten bei 18,4 Prozent. Entwicklungen auf europäischer Ebene Die Unternehmensmitbestimmung wird in der EU durch Harmonisierungsbestrebungen im Gesellschaftsrecht beeinflusst. Seit Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) und der Möglichkeit grenzüberschreitender Verschmelzungen sowie der Regelungen über die Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in europäischen Gesellschaftsformen rückt das Verhandeln von Mitbestimmungsmodellen stärker in den Mittelpunkt. Auch NGG ist mit SE-Umwandlungen und grenzüberschreitenden Verschmelzungen konfrontiert worden, wobei es dort, wo bereits eine Mitbestimmung auf Unternehmensebene bestand, in der Regel gelungen ist, eine Arbeitnehmerbeteiligung zu erhalten. Mitarbeit im DGB-Ausschuss Mitbestimmung NGG ist mit dem Referat Mitbestimmung im DGB-Arbeitskreis Mitbestimmung vertreten. Hier werden die rechtspolitischen Entwicklungen im Bereich der Unternehmensmitbestimmung koordiniert und beraten sowie Stellungnahmen zu gesetzlichen Reformvorhaben erarbeitet. Auch in der Arbeit dieses Arbeitskreises haben europäische Reformvorhaben zunehmende Bedeutung erlangt. Abführung von Aufsichtsratstantiemen NGG-Mitglieder, die ein Aufsichtsratsmandat wahrnehmen, sind nach NGG-Beschlusslage verpflichtet, einen Teil ihrer Aufsichtsratsvergütung an die Hans-Böckler-Stiftung oder an das Bildungszentrum Oberjosbach abzuführen. Die Höhe richtet sich nach der im Jahr 2005 dazu beschlossenen Richtlinie des DGB-Bundesausschusses. Einfache Aufsichtsratsmitglieder haben bei Vergütungen bis zu 3.500 Euro zehn Prozent ihrer Brutto-Tantiemen abzuführen. Von Tantiemeneinnahmen die 3.500 Euro überschreiten, sind zusätzlich 90 Prozent abzuführen. Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende haben bei Vergütungen bis zu 5.200 Euro zehn Prozent des Bruttobetrages abzuführen. Bei Vergütungen über 5.200 Euro sind die über 5.200 Euro liegenden Vergütungsbestandteile ebenfalls zu 90 Prozent zu spenden. Hauptamtliche Gewerkschaftsvertreter in den Aufsichtsräten spenden ihre Tantiemen zu 100 Prozent. Einmal im Jahr veröffentlicht NGG in der „einigkeit“ eine Positivliste von Aufsichtsratsmitgliedern, die Tantiemen an die Hans-Böckler-Stiftung oder an das Bildungszentrum Oberjosbach abgeführt haben. Die Veröffentlichungspraxis ist seit dem auf dem Gewerkschaftstag 1994 getroffenen Beschluss unverändert. Veröffentlicht werden alle Aufsichtsratsmitglieder der NGG, die Aufsichtsratstantiemen abführen, unabhängig davon, ob die Einzelnen ihrer AbfühGeschäftsbericht 2008–2012 165 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik rungsverpflichtung in vollem Umfang nachgekommen sind oder nicht. Die Spender und Spenderinnen werden entsprechend ihrer tatsächlich geleisteten Spendenzahlung einer der sechs der Höhe nach gestaffelten Kategorien zugeordnet. 3.4 Demografie-Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben.“ Im Juni 2012 hat NGG die Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben.“ gestartet, um den demografischen Wandel in der Ernährungsindustrie zu gestalten. Die Initiative hat drei Schwerpunkte, die sich sowohl an jüngere und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wendet: • Die Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet werden, dass unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben während ihres gesamten Berufslebens älter werden und gleichzeitig gesund bleiben können. • Schon gesundheitlich belastete, ältere Kolleginnen und Kollegen müssen ohne Härten vorzeitig in Rente gehen können. • Die Unternehmen der Ernährungswirtschaft müssen sich insbesondere für jüngere Menschen zu einem attraktiven Arbeitgeber entwickeln. In den Betrieben zeigen sich immer mehr die Auswirkungen belastender Arbeitsbedingungen, die sich unter der Entwicklung älter werdender Belegschaften weiter verschärfen. Gleichzeitig klagen immer mehr Unternehmen darüber, dass sie ihre freien Ausbildungsplätze nicht besetzen und gute Fachkräfte nicht gehalten werden können. Mit der Initiative ‚Faire Arbeit. Gutes Leben. – Gestaltung des demografischen Wandels’ legt NGG den Finger in die Wunde, wenn es um Ursachen und Wirkungen geht. In vielen Betrieben sind es aktive NGG-Betriebsräte, die diesen Prozess anstoßen. Sie verschaffen sich zunächst mit einer Demografie-Analyse einen Überblick über die zukünftigen Herausforderungen in den unterschiedlichsten Bereichen ihres Unternehmens. Die Ergebnisse bilden eine gute Grundlage, um darüber zu diskutieren und dann zu entscheiden, was getan werden muss, um den demografischen Wandel im Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens zu gestalten. Zu den wichtigen Stellschrauben einer alters- und alternsgerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen zählen: • • • • • • die Schaffung humaner Arbeitsbedingungen eine lebensphasenorientierte Gestaltung von Lage, Verteilung und Dauer der Arbeitszeit die Förderung der Gesundheitsprävention die Intensivierung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens die Entwicklung einer generationsübergreifenden Führungskultur flexible Übergangsregelungen in den Ruhestand Kernthema unserer zukünftigen Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik wird sein, ganzheitliche Konzepte zur Gestaltung des demografischen Wandels zu entwickeln. Die tarifpolitische Forderung nach einer unbefristeten Übernahme aller Auszubildenden nach der Ausbildung ist auch eine Antwort auf den zunehmenden Fachkräftemangel. Mit dem Nestlé-Konzern wurden für die Maggi-Standorte Singen und Lüdinghausen erste Tarifverträge zur unbefristeten Übernahme vereinbart. 166 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Auf allen Branchenforen und -seminaren in den letzten zwei Jahren hat das Thema demografischer Wandel in der Ernährungsindustrie eine große Rolle gespielt. Erste branchenspezifische Demografie-Initiativen wurden mit Betriebsräten der Branchenforen und -seminare diskutiert. In Vorbereitung ist auch ein Strategie-Workshop für den Hotel- und Gaststättenbereich. INQA-Initiative „Unternehmen der Zukunft“ 2011 ist NGG der Initiative „Neue Qualität der Arbeit“ (INQA) beigetreten, die von Bundesregierung, Sozialparteien und Sozial- und Rentenversicherungsträgern getragen wird. INQA hat sich seit mehr als zehn Jahren eine breite Expertise in der Gestaltung des demografischen Wandels durch Forschungsvorhaben, der Förderung betrieblicher Projekte oder den Aufbau von Kompetenz-Netzwerken erworben. Im Rahmen der INQA-Initiative „Unternehmen der Zukunft“ – hat NGG jetzt die Chance, mit Unterstützung von Experten betriebliche Modellvorhaben in der Ernährungswirtschaft zu entwickeln. Dies umfasst u. a. eine altersgerechte Entwicklung von Schichtsystemen, Übergangs- und Ausstiegsmodelle in Rente oder lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle zur Erhöhung der Zeitsouveränität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Modellvorhaben sollen entwickelt, erprobt und durch Transferprozesse in die Gesamtbranche übertragen werden. Fachtagung „Faire Arbeit. Gutes Leben.“ In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde mit den Programmen zur Humanisierung der Arbeitswelt eine Vielzahl anwendungsnaher Forschungsvorhaben zu aktuellen Herausforderungen in der Arbeitsgestaltung gefördert. Seit mehr als 20 Jahren werden derartige Vorhaben nicht mehr durch die Bundesregierung unterstützt, obwohl sich die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsbelastungen und die Arbeitsgestaltung, aber auch die Personalkonzepte und Qualifikationsanforderungen fundamental verändert haben. NGG fordert die Verstärkung der arbeitswissenschaftlichen Forschung, gerade auch im Kontext der Veränderungen in der Arbeitswelt. Mit der Fachtagung „Faire Arbeit. Gutes Leben.“, an der über 100 Betriebsräte, Wissenschaftler und Experten in acht Foren teilgenommen haben, wurden Herausforderungen und Lösungsoptionen in den nachfolgenden Themenfeldern ausgetauscht: • • • • • • • Arbeitsgestaltung, Arbeitszeit, Arbeitsorganisation Alters- und alternsgerechte Schichtsysteme Betrieblicher Wissens- und Kompetenztransfer Gesundheitsmanagement und Gesundheitsprävention Übergänge und armutssichere Ausstiege in Rente Alters- und alternsgerechte Führungskultur, -verantwortung und -kompetenzen Psychische Belastungen am Arbeitsplatz Gleichzeitig konnte die Grundlage für den Aufbau eines Kompetenznetzwerkes gelegt werden, welches zukünftig für die Bearbeitung forschungsnaher Fragestellungen genutzt werden soll. Beispielsweise, wenn es um die Entwicklung von Personalkonzepten und -strategien eines systematischen Tätigkeits- und Belastungswechsels hoch belasteter Beschäftigtengruppen geht. In diesem Kontext steht auch eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, in der „Ansätze Geschäftsbericht 2008–2012 167 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik zur Lösung demografischer Herausforderungen in der Ernährungsindustrie“ untersucht und in die Branche transferiert werden sollen. Fachtagung „Faire Arbeit. Gutes Leben“ im September 2012 Politische Auseinandersetzung um die Rente mit 67 und armutsfeste Übergänge und Ausstiege Der Gewerkschaftstag 2008 hat sich klar gegen den rentenpolitischen Kahlschlag gestellt, mit dem seit der Jahrtausendwende u. a. die Bedingungen für eine Erwerbsminderungsrente deutlich verschlechtert und Rentenarten (u. a. für Frauen) abgeschafft wurden sowie die Förderung der Altersteilzeit gestrichen wurde. 2009 hat die Bundesregierung gegen den Widerstand der Gewerkschaften die schrittweise Einführung der Rente mit 67 beschlossen. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und die Einführung rentenmathematischer Abschläge in Höhe von 3,6 Prozent pro Jahr eines früheren Renteneintritts, wirken sich für einen Großteil unserer Kolleginnen und Kollegen als ein gigantisches Rentenkürzungsprogramm aus. Davon betroffen sind viele ältere Kolleginnen und Kollegen, die schon jetzt aus gesundheitlichen Gründen das bisherige Renteneintrittsalter mit 65 nicht erreichen, geschweige denn mit 67. Viele sind infolgedessen von einer sich ausbreitenden Altersarmut betroffen. NGG wehrt sich vor diesem Hintergrund entschieden gegen eine Rente mit 67. 3.5 Sozialpartner-Initiative „Lebenslanges Lernen“ (SPILL) NGG und die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss e.V. (ANG) haben 2008 mit einer Rahmenvereinbarung die Grundlage für eine bundesweite Initiative zur Sicherung zukünftiger Fachkräftebedarfe, Förderung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens in der Ernährungswirtschaft gelegt. Hintergrund der Bemühungen der NGG sind die nach wie vor zu geringen Weiterbildungsanstrengungen in vielen Betrieben der Ernährungswirtschaft. Dieses gilt in besonderer Weise für un- und angelernte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Facharbeiterinnen und Facharbeiter. 168 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Aus der SPILL-Initiative sind zahlreiche Projekte regionaler Arbeitgeberverbände und der NGG entstanden, die aus Mitteln der Richtlinie „weiter bilden“ des Bundesarbeitsministeriums gefördert werden. Seit 2009 konnten so in zahlreichen Bundesländern Unternehmen und Betriebsräte durch die Bereitstellung von Beratungsleistungen zum Aufbau und zur Implementierung systematischer Personalentwicklungsstrukturen und -instrumente und Entwicklung betrieblicher Weiterbildungsangebote für unterschiedliche Beschäftigtengruppen unterstützt werden. Hierzu gehören insbesondere: • Entwicklung und Durchführung von Qualifizierungen für Beschäftigte aller Ebenen zur Verbesserung der Kommunikation, Umgang mit Konflikten und in speziellen Fachthemen • Entwicklung von Konzepten zur Einführung von Entwicklungsgesprächen mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und deren Implementierung sowie die Schulung der Vorgesetzten für die Führung und Auswertung der Gespräche • Durchführung von Altersstrukturanalysen und Ableitung betrieblicher Maßnahmen. Unter anderem zum Wissenstransfer, zur Nachfolge- und Laufbahnplanung, zum Erhalt der Gesundheit und zur Belastungsminderung • Entwicklung von Konzepten zur Personalentwicklung von Schicht- und Teamleitern • Analyse der aktuellen und zukünftigen Qualifikationsanforderungen in Form einer Qualifikationsmatrix und Ableitung aktueller betrieblicher Qualifizierungsbedarfe Beispiel: Einführung einer Qualifikationsmatrix In der Qualifikationsmatrix werden sowohl die fachlichen und überfachlichen Kompetenzen der Beschäftigten als auch die aktuellen und zukünftigen Qualifikationsanforderungen (u. a. einzelner Arbeitsplätze, Arbeitsbereiche, Teams) erfasst und bewertet. Dadurch wird der aktuelle Qualifikationsstand der Beschäftigten deutlich und eine zielgerichtete Förderung und Weiterbildung ist genauso möglich wie die gezielte Nachfolge- und Karriereplanung. Parallel fließen auch die Weiterbildungswünsche in die Matrix ein. Mit einer jährlichen Fortschreibung der Qualifikationsmatrix und regelmäßiger Entwicklungsgespräche mit den Kolleginnen und Kollegen können die Weiterbildungsbedarfe systematisch analysiert und die Weiterbildungen geplant werden. SPILL-Initiative fortsetzen Die Initiative soll in den nächsten Jahren fortgeführt werden. In der nächsten Förderperiode des Europäischen Sozialfonds will die Bundesregierung weitere Mittel zur Unterstützung betrieblicher Projekte zur Gestaltung des demografischen Wandels zur Verfügung stellen. Geschäftsbericht 2008–2012 169 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik 3.6 Werkverträge Immer mehr Unternehmen lagern ganze Arbeitsbereiche an Fremdfirmen aus, vergeben zentrale Aufgaben an Werkvertragsbeschäftigte. Denn selbst die unzureichenden Schutzvorschriften und niedrigen Löhne für Leiharbeitnehmer scheinen den Arbeitgebern nicht auszureichen. Das sogenannte Outsourcing senkt kurzfristig Kosten und schönt die Bilanzen. Viel schlimmer, es unterläuft auch den Schutz, den Betriebsräte und Tarifverträge bieten. Die Zeche zahlen die Beschäftigten mit schlechteren Bedingungen und weniger Sicherheit. Outsourcing spaltet Belegschaften in Kernbelegschaften und diejenigen, die am Rand stehen und arbeiten – ohne Tarifvertrag, ohne Sicherheit, ohne Mitbestimmung und mit weniger Geld. Deshalb haben wir das Thema Werkverträge stärker in den Fokus unserer Aktivitäten gestellt. Unser politischer Anspruch ist es, die Interessen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf dem Betriebsgelände zu vertreten. Egal, ob sie als Leiharbeits- oder Werkvertragsbeschäftigte tätig sind. Während in der Vergangenheit in der Regel Bereiche ausgegliedert wurden, die nicht unmittelbar mit dem Betriebszweck in Verbindung standen, z. B. die Gebäudereinigung, Kantine oder Pförtner, sind es heute zunehmend Bereiche, die unmittelbar oder mittelbar zur Erfüllung des originären Produktionszwecks gehören. So finden wir in der Fleischwirtschaft Unternehmen, überwiegend in der Schlachtindustrie, mit nur noch zehn Prozent eigenen Beschäftigten. 90 Prozent der Beschäftigten haben ein Arbeitsverhältnis bei vielen kleinen scheinselbstständigen Firmen. In der Süßwarenindustrie betrifft es die Verpackung, in der Getränkeindustrie die Logistik. Die Werkvertragsbeschäftigten erledigen ihre Aufgaben vor Ort in den Betrieben der auftraggebenden Unternehmen, in zeitlicher Abhängigkeit von deren Produktionsabläufen und in enger Zusammenarbeit mit den Stammbeschäftigten, sodass die klassischen Merkmale der selbstständigen Tätigkeit und damit eines Werkvertrages oft nicht erfüllt sind. Der betriebswirtschaftliche Begriff Outsourcing setzt sich zusammen aus den Worten outside Fremdfirmeneinsatz/Werkvertrag resource using, bezeichnet also die Nutzung externer Quellen: Prozesse und Aufgaben werden durch ein Unternehmen ausgelagert und über Werkverträge an Fremdfirmen übergeben, von denen dann bestimmte Produkte oder Dienstleistungen zurückgekauft werden. Auftraggeber Auftragnehmer Fremdfirma Werkvertrag (Arbeitgeber) (Einzelperson) oder Auftraggeber (Arbeitgeber) Auftragnehmer Fremdfirma Werkvertrag Arbeitsverträge Arbeitnehmer Arbeitnehmer Werkvertrag oder Arbeitnehmerüberlassungsverträge Subunternehmer Darstellung: NGG, 2012 170 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Das unternehmensinterne Outsourcing bezeichnet die Ausgründung ganzer Betriebsteile in eigene Tochterfirmen; das unternehmensexterne Outsourcing vergibt ehemals intern erbrachte Leistungen an externe Fremdfirmen. Inzwischen müssen wir aber feststellen, dass Werkverträge in der gesamten Ernährungswirtschaft zunehmen. Vor allem in der Getränkeindustrie, der Milchwirtschaft sowie der Brot- und Backwarenindustrie. Seit der Missbrauch von Leiharbeit begrenzt werden konnte, haben die Arbeitgeber mit den Werkverträgen für sich ein neues Modell der Ausbeutung gefunden. Nach einer bundesweiten Umfrage der NGG im Jahr 2012 werden in ca. 50 Prozent der Betriebe der Ernährungsindustrie und des Hotel- und Gaststättengewerbes Prozesse und Aufgaben ausgelagert. Somit werden ehemals intern erbrachte Leistungen an externe Fremdfirmen über Werkverträge vergeben. Gut 13 Prozent der Beschäftigten in der Ernährungsindustrie waren im Befragungszeitraum vom 5. Januar bis 29. Februar 2012 Beschäftigte in Leiharbeit und Werkvertragsbeschäftigte. Zentrale Ergebnisse der Umfrage zum Thema Werkverträge: • Der Anteil der Werkvertragsbeschäftigten liegt in der Ernährungsindustrie mit 7,8 Prozent deutlich über dem Anteil der Leiharbeitsbeschäftigten (5,3 Prozent). • Es gibt einen erkennbaren Trend, dass Werkverträge zunehmen und Leiharbeit abnimmt. • Die Anzahl der Werkvertragsbeschäftigten übersteigt seit 2011 die Anzahl der Leiharbeitsbeschäftigten. Wobei neben der Fleischindustrie (Schwerpunkt Schlachten) nun auch in der Getränkeindustrie die Anzahl der Werkvertragsbeschäftigten die der Leiharbeitsbeschäftigten übersteigt. • Werkverträge rücken immer stärker an die Kernprozesse eines Unternehmens heran. • Die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte werden beim Einsatz von Werkverträgen noch stärker missachtet als beim Einsatz von Leiharbeit. Verhältnis Leiharbeitsbeschäftige zu Werksvertragbeschäftigte in der Getränkeindustrie (in Prozent) 55,4 52,8 47,2 52,7 47,3 44,6 2010 Leiharbeitsbeschäftigte 2011 2012 Werkvertragsbeschäftigte Quelle: NGG-Umfrage bei Betriebsräten, 2012 Werkverträge gibt es in der Arbeitswelt schon lange: Werbeagenturen gestalten die Firmenprospekte, Elektriker verlegen die Stromleitungen, Klempner reparieren Sanitäranlagen, Monteure warten Aufzüge und Gärtner kümmern sich um Grünflächen. Sie alle erledigen qualifizierte Aufgaben, die keinen unmittelbaren Bezug zur Produktion haben und in aller Regel keine Arbeitsplätze vernichten. Geschäftsbericht 2008–2012 171 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik In den vergangenen Jahren hat sich jedoch eine neue Form von Werkverträgen in vielen Betrieben ausgebreitet: Kernaufgaben werden an „billigere“ Anbieter vergeben, Unternehmen suchen gezielt Bereiche, die sie auslagern können. Das Spektrum reicht von fairen Werkverträgen über Subunternehmer bis hin zu illegaler Arbeitnehmerüberlassung. Damit gehen Outsourcing-Prozesse meist auf Kosten der Beschäftigten. Die beauftragten Fremdfirmen sind überwiegend nicht tarifgebunden und zahlen oft Niedriglöhne. Noch problematischer wird es, wenn ausländische Fremdfirmen ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu den Bedingungen des Herkunftsstaates beschäftigen. Seit dem 1. Mai 2011 gilt für Arbeitnehmer aus acht der zehn osteuropäischen EU-Beitrittsländern (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn) die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit wird sich das Problem der prekären Beschäftigung über Werkverträge in den Branchen der Ernährungsindustrie, insbesondere in den Bereichen der einfachen Tätigkeiten, weiter verschärfen. Diese Entwicklung übt schon heute enormen Druck auf die Tarifpolitik der betroffenen Branchen aus. NGG wird den missbräuchlichen Einsatz von Werkverträgen auch weiterhin skandalisieren. Mit der Veröffentlichung unserer Umfrageergebnisse 2012 haben wir eine gute Presseresonanz erzielen können. Damit ist uns eine weitere Sensibilisierung in der öffentlichen Debatte gelungen. Im nächsten Schritt werden wir Einzelfälle dokumentieren, konkret benennen und in Form eines Schwarzbuches veröffentlichen. Für Betriebsräte und die politische Arbeit in den Regionen hat NGG eine Handlungshilfe und Handlungsstrategien entwickelt. Derzeit arbeiten wir in Form eines Praxisprojektes, gemeinsam mit der IG Metall und der Hans-Böckler-Stiftung, an der Entwicklung von Werkzeugen für die Betriebsratsarbeit. … und raus bist Du! n u t s a W en geg sourcing Out Gibt es bei Dir im Betrieb Menschen, die wie Du jeden Tag zur Arbeit kommen, vielleic ht sogar die gleiche Aufgabe haben wie Du, aber nicht auf der Gehaltsliste Deines Arbeitgebers stehen? Dann sind das Leiharbeitnehmer – oder Werkvertragsbeschäftigte. Werkverträge gibt es in der Arbeitsw elt schon lange. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch eine neue Form von Werkverträgen in vielen Betrieben ausgebren ur) Kernaufgaben werden an „billigere icht itet: “ Anbieter ilfe (nvergeben. Immer mehr Unternehmen in Deutschl eitshand nutzen Werkverrb A e träge, um Löhne abzusen Ein ken und Tarifverträge zu unterlaufen. Denn Mindestlöhne und Tarifvertr äge gelten für Werkvertragsunternehmen nicht automat isch. Das Problem: Viele Unternehmen missbrauchen Werkverträge dazu, Aufgaben der Stammb elegschaft auszulagern, um Geld zu sparen. Über kurz oder lang werden so reguläre Arbeitsplätze abgebaut. Hinzu kommt: Werkverträge untergraben den Schutz, den Betriebsräte und Tarifverträge bieten. Die Zeche zahlen die Beschäftigten mit schlechteren Arbeitsbedingungen und weniger Sicherheit. Werkverträge spalten Belegschaften: Auf der einen Seite stehen die festangestellten Mitarbei ter des Unternehmens, auf der anderen Seite diejenigen, die „am Rand“ arbeiten – ohne Tarifvertrag, ohne Sicherhe it, ohne Mitbestimmung und mit weniger Lohn. Da dürfen wir nicht weggucken. Wir müssen genau hinschauen! Wir alle sind aufgefordert, dafür zu kämpfen, dass in unseren Betrieben der Satz gilt: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und gleiche Rechte für alle Beschäft igten im Betrieb. te chichte DieräGes eines Werkvertragsbeschäftigten: triebs für Be „Bis 2007 war ich Mitarbeiter des Unterneh mens. Zu der Zeit habe ich noch 1720 Euro monatlic h brutto verdient. Da waren in der Flaschensortierung noch 80 eigene Leute beschäftigt. Dann wurde der Bereich ausgelagert. Ein Jahr vorher hatten wir auf 50 Cent pro Stunde verzichtet, um die Auslagerung zu verhinde rn. Das hat aber nichts genützt. Man hat trotzdem ausgelag ert und uns die Entlassung angedroht. Bei der Werkvertragsfirma anzufangen war für mich besser als arbeitslos zu werden. Meine Arbeit ist immer noch dieselbe. Jetzt bekomme ich keinen Stundenl ohn mehr, sondern Stücklohn. Vergangenes Jahr ist mir der gekürzt worden. Auf meinem Lohnschein steht immer Stundenlohn, das Entgelt ist jedes Mal etwas anders, ich kann das nicht nachrechnen. Von dem Geld, was ich bekomme, kann man eigentlich nicht leben.“ en Hinschau statt ucken: Wegg en ge geh Werkverträn! uns alle a 08.Okt.2012 09:15 _021012.indd 1 RZ_NGG_Booklet_Arbeitsh Gemeinsam mit allen DGB-Gewerkschaften haben wir Forderungen an den Gesetzgeber erarbeitet, um mit gesetzlichen Maßnahmen den Missbrauch von Werkverträgen zu unterbinden. Hierzu gehört insbesondere: 172 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik • Lohndumping durch Werkverträge unterbinden und einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn einführen. • Scheinselbstständigkeit konsequenter verfolgen und unterbinden. • Kettenwerkverträge eingrenzen. • Rechte von Betriebsräten beim Einsatz von Werkverträgen stärken. • Unternehmensmitbestimmung und Transparenz der Unternehmenspolitik verbessern. • Gleiche Standards an allen Arbeitsplätzen durchsetzen. • Entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ausländische (Schein-) Selbstständige schützen • Kontrollen verbessern. 3.7 Industriepolitik Die Ernährungsindustrie ist mit rund 6.000 Betrieben und 560.000 Beschäftigten die viertgrößte Industriebranche in Deutschland. Die Ernährungsindustrie und ihre industriellen Dienstleistungsunternehmen sind in der deutschen Industrielandschaft ein wesentlicher Faktor. Hinter den Fabrikmauern wird in der veröffentlichten Meinung eine „low-tech-Industrie“ oder eine handwerkliche Manufaktur vermutet, in der Lebensmittel produziert werden. Das tatsächliche Bild sieht anders aus: Die Ernährungsindustrie ist ein wichtiges Anwendungsfeld leistungsfähiger Produktionstechnologien, mit der qualitativ hochwertige Lebensmittel hergestellt werden. Der Produktionsprozess wird durch qualifizierte Fachkräfte in der Ernährungsindustrie gesteuert. Braucht es eine aktive Industriepolitik aus gewerkschaftlicher Sicht? Diese Frage wird von NGG eindeutig bejaht. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 waren Hunderttausende Industriearbeitsplätze bedroht. Ohne eine von den Gewerkschaften mit der Bundesregierung vereinbarte weitgehende Kurzarbeiterregelung hätten Hunderttausende ihre Arbeitsplätze verloren. In den Betrieben waren es überwiegend die Betriebsräte, die das Instrument des Kurzarbeitergeldes aufgegriffen haben, um Arbeitsplätze zu erhalten. Die Bundesregierung muss sich daran messen lassen, ob sie eine aktive Industriepolitik zur Förderung des Industriestandortes und Beschäftigung sowie zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte betreibt. Vor allem in aktionärsgeführten Unternehmen werden die Beschäftigten mit unrealistischen Renditeerwartungen gnadenlos unter Druck gesetzt. Betriebe werden wegen angeblicher Vorteile ins Ausland verlagert oder die Beschäftigten werden mit der Androhung einer Verlagerung erpresst. Immer mehr Menschen werden in unsicheren Arbeitsverhältnissen beschäftigt, Betriebsteile werden abgetrennt, um Lohnkosten zu senken und die Mitbestimmung auszuhebeln. Der Leistungsdruck wird bis zum Anschlag erhöht, Betriebe werden aufgekauft und nach kurzer Zeit wieder veräußert. Mitglieder des Management und Führungskräfte treiben immer neue Kostensenkungsprogramme durch die Unternehmen und wechseln in kurzen Zyklen Funktionsbereiche und Standorte. Betriebsräte sind immer öfter gefordert, gegen Kostensenkungs- und Verlagerungsdrohungen alternative Szenarien zu entwickeln, ohne allerdings einen wirksamen Hebel zu deren Durchsetzung zu haben: Investitionen in Anlagen, in Forschung und Entwicklung, in die berufliche Aus- und Weiterbildung, in die Entwicklung neuer Produkte oder in die Erschließung neuer Marktpotenziale. Um den Forderungen tatsächlich Nachdruck verleihen zu können, fordert NGG eine echte Mitsprache bei wesentlichen wirtschaftlichen Fragen. Geschäftsbericht 2008–2012 173 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik In dieser Art von Industriepolitik spielen beschäftigungspolitische Aspekte keine Rolle. Beschäftigte und Gewerkschaften kommen – wenn überhaupt – als Akteure der Industriepolitik nur am Rande vor. Damit wird ein wichtiges Potenzial der Industrie, nämlich die Kompetenzen von Beschäftigten, Betriebsräten und Gewerkschaften für die Erneuerung der Industrie gar nicht bzw. unzureichend genutzt. NGG fordert eine aktive Industriepolitik in der Ernährungswirtschaft in Deutschland, mit der u.a. die Förderung von Forschung und Innovationen, die Förderung der Weiterbildung und des lebenslangen Lernens, die Unterstützung des Strukturwandels und die arbeitnehmerorientierte Gestaltung der Arbeit einen hohen Stellenwert hat. Vorfahrt für eine aktive Industriepolitik NGG will ihren Einfluss auf regionaler und nationaler Ebene, aber auch in der EU nutzen, damit die Weichen für eine arbeitnehmerorientierte Industriepolitik in der Ernährungswirtschaft richtig gestellt werden. Auf regionaler Ebene wurde mit den Landesregierungen und den Arbeitgeberverbänden ein Prozess zur Stärkung der Ernährungswirtschaft in Norddeutschland begonnen. Auf der Grundlage gemeinsamer Eckpunkte sollen mit den norddeutschen Landesregierungen gemeinsame Projekte zur Stärkung der Ernährungswirtschaft auf den Weg gebracht werden. Zu den Eckpunkten gehören: • Bekenntnis der norddeutschen Landesregierungen zur Bedeutung der Ernährungsindustrie und ihrer Teilbranchen. • Gute Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Ernährungsindustrie in Norddeutschland erhalten und sichern. • Die industrielle Produktion von Lebensmitteln unterliegt hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards. • Attraktivität der Branche in der Öffentlichkeit erhöhen. • Die Forschungs- und Innovationspolitik stärken. • Qualitativ gute Lebensmittel bedingen „Gute Arbeit“ und „Gute Arbeit“ braucht Tarife und tarifliche Bindung. • Durch gute Praxis im Umgang mit dem demografischen Wandel, die Aus- und Weiterbildung verstetigen und ausbauen sowie Fachkräftebedarf nachhaltig sichern. • Gründung eines wissenschaftlichen Zentrums für nachhaltige Entwicklung. • Ausländische Potenzialmärkte sollen aktiv erschlossen werden. Eine weitere industriepolitische Initiative wird gegenwärtig mit der Landesregierung SachsenAnhalt und in der Region Oldenburg/Osnabrück/Bielefeld eine Fachkräfteinitiative vorbereitet. In Gesprächen mit der Bundesagentur für Arbeit wird ferner eine gemeinsame bundesweite Qualifizierungsinitiative zum Nachholen beruflicher Abschlüsse für un- und angelernte Kolleginnen und Kollegen in der Ernährungswirtschaft vorbereitet. Im Rahmen der EU-Strukturfonds werden derzeit wichtige Entscheidungen in der Forschungs-, Technologie-, Innovations-, Bildungs-, Struktur- und Beschäftigungspolitik für den Zeitraum von 2014 bis 2020 vorbereitet. Diese breit gefächerten Politikfelder bieten die Möglichkeit, im Rahmen einer Zukunftsinitiative zur nachhaltigen Entwicklung der Ernährungswirtschaft in Deutschland die Belange unserer Kolleginnen und Kollegen in die Diskussion mit einzubringen. 174 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Dabei ist die aktuelle Lage in den Betrieben der Ernährungswirtschaft zu berücksichtigen. Die unterschiedlichen Folgen der strukturellen Veränderungen in den Teilbranchen in den letzten zehn Jahren müssen differenziert betrachtet werden, entsprechend differenziert müssen unsere Zukunftsstrategien sein. Der Strukturwandel passiert nicht losgelöst von Beschäftigung und Beschäftigten. Die Bundes- und Landesregierungen sind in der Pflicht, den Strukturwandel systematisch im Rahmen einer regelmäßigen Strukturberichterstattung (u. a. Beschäftigtenentwicklung, Qualifikationsanforderungen, technologische und arbeitsorganisatorische Veränderungen) zu analysieren und unter Beteiligung der Sozialpartner zu beraten. 4. Recht 4.1 Arbeitsrecht Entwicklungen im Arbeitsrecht Gekennzeichnet war die Entwicklung im Arbeitsrecht zum einen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die Auseinandersetzungen um die Frage des Mindestlohnes und der Leiharbeit. Das Instrument der Kurzarbeit wurde in Folge der Krise ausgebaut und hat dazu beigetragen, dass die Krise in Deutschland, im Vergleich zu anderen EU-Ländern, wesentlich geringere Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hatte. Neben diesem gesetzlichen Instrument sind in zahlreichen Betrieben, die von der Finanzkrise und ihren Folgen stärker betroffen waren als diejenigen in den NGG-Branchen, die Instrumente von Arbeitszeitkonten und geförderten Qualifizierungsmaßnahmen eingesetzt worden, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Dies gelang aufgrund der tariflichen Möglichkeiten und sicher auch wegen der Einflussmöglichkeiten, die über die betriebliche Mitbestimmung bestehen. Die schwarz-gelbe Koalition hat die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes abgelehnt. Im Berichtszeitraum wurden einige Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufgenommen und Mindestlöhne festgelegt. Allerdings keine aus dem Organisationsbereich der NGG, da sich die Arbeitgeberverbände entweder geweigert haben, gemeinsam die Aufnahmen vorzuschlagen bzw. es keine Arbeitgeberverbände mehr gibt, wie in der Schlachtindustrie. Vonseiten des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes gab es die klare Aussage, dass keine Bereitschaft zu einem Bundestarifvertrag mit NGG besteht, der Mindestlöhne regelt. Damit ist die Grundvoraussetzung für die Aufnahme ins Arbeitnehmerentsendegesetz nicht gegeben, sodass dadurch eine Mindestlohnregelung für die gesamte Branche verhindert worden ist. Aufgrund der anhaltenden Kritik an der Arbeitnehmerüberlassung wurde 2011 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert. Dabei wurde u.a. die sogenannte Schlecker-Klausel eingefügt, die eine bestimmte Form des Missbrauches verhindert. Zudem wurde die Möglichkeit der Einführung eines Mindestlohnes für die Leiharbeit eingeführt. Die entsprechenden Tarifverträge wurden vom DGB abgeschlossen und der Mindestlohn in der Leiharbeit vom Bundesministerium für Arbeit per Rechtsverordnung zum 1. Januar 2012 in Kraft gesetzt. Geschäftsbericht 2008–2012 175 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Die Regierung hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, den Arbeitnehmerdatenschutz neu und umfassend zu regeln. Die von der schwarz-gelben Koalition vorgelegten Entwürfe entsprachen nicht den Anforderungen der Gewerkschaften an einen modernen Arbeitnehmerdatenschutz. Die Umsetzung dieses Vorhaben konnte – auch durch den Einsatz der Gewerkschaften – verhindert werden. Die Notwendigkeit zur umfassenden Neuregelung des Arbeitnehmerdatenschutzes im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleibt allerdings bestehen. Weitere wichtige Forderungen der Gewerkschaft NGG, z. B. die Verabschiedung eines Gesetzes zur Gewährleistung von Entgeltgleichheit von Frauen und Männern, die Vereinfachung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung, eine gesetzliche Regelung des Informantenschutzes oder die Regelung zur Verhinderung des Missbrauches von Werkverträgen, hat die schwarzgelbe Koalitionsregierung abgelehnt. Nach dem das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zur Tarifeinheit geändert hat, haben der DGB und die BDA eine Initiative zu einer gesetzlichen Klärung der Wirkung konkurrierender Tarifverträge gestartet. Vonseiten der Bundesregierung ist trotz eindeutiger Zusagen hierzu keine Initiative ergriffen worden. Aufgrund der kritischen Diskussionen innerhalb der Gewerkschaften und der Öffentlichkeit ist dieses Projekt von den Gewerkschaften des DGB nicht weiter verfolgt worden. 4.2 Arbeits- und Sozialrechtsschutz Entwicklungen der Referatsarbeit Aufgabe des Referats ist die Rechtsberatung der ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen sowie der Betriebsräte in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Hinzu kommt die juristische Betreuung der Arbeitskämpfe der NGG. Nach wie vor spielen rechtliche Fragen der Tarifflucht und Fragen zu Sozialtarifverträgen eine erhebliche Rolle. Zunehmend versuchen Arbeitgeber, Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, indem sie die unterschiedlichen Tarifzuständigkeiten von NGG bzw. anderen DGB-Gewerkschaften ausnutzen. In der Folge wird dann von Arbeitgebern ein Feststellungsverfahren geführt, dass nun eine andere DGB-Gewerkschaft zuständig sei, als die, mit der sie Tarifverträge abgeschlossen haben. Dies konnte, in Zusammenarbeit mit den anderen DGB-Gewerkschaften, abgewehrt werden. Dennoch ist auch in der Zukunft zu erwarten, dass Arbeitgeber versuchen, dies zu einem Schlupfloch gegen die Wirkung von Tarifverträgen zu machen. Die NGG hat mit ver.di, dem Berliner Senat und dem Bundesland Nordrhein-Westfalen ein Verfahren gegen den „Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftlicher Berufe (ALEB)“, der Mitglied im Christlichen Gewerkschaftsbund (CGB) ist, eingeleitet. Ziel des Verfahrens ist es, feststellen zu lassen, dass der ALEB nicht tariffähig ist. Dieser Verband hatte allein und im Rahmen der Tarifgemeinschaft der „Christlichen“ Gewerkschaften Dumping-Tarifverträge u.a. im Bereich der Leiharbeit abgeschlossen. In erster Instanz wurde dem Verband vom Arbeitsgericht Bonn die Gewerkschaftseigenschaft 2012 abgesprochen. 176 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Rechtsschutzfälle 2008 bis 2012 2008 2009 2010 2011 2012 Anteil NGG gesamt 9651 9617 9380 9628 9903 davon Arbeitsrecht 6274 6441 6393 6659 6916 davon Sozialrecht 3377 3176 2987 2969 2987 Anteil NGG beim DGB I. Instanz 9355 9360 9172 9439 9741 davon Arbeitsrecht 6064 6264 6238 6510 6756 davon Sozialrecht 3291 3096 2934 2929 2985 Anteil NGG beim DGB II. Instanz 283 232 200 172 188 davon Arbeitsrecht 197 152 148 132 156 davon Sozialrecht 86 80 52 40 32 Revision III. Instanz beim DGB 13 25 8 17 6 davon Arbeitsrecht 13 23 7 17 4 davon Sozialrecht 0 2 1 0 2 Fallaufkommen NGG bei DGB Rechtsschutz GmbH (in Prozent) 6,87 6,52 6,92 7,44 7,78 Mitgliederanteil NGG an DGB allgemein (in Prozent) 3,23 3,27 3,32 3,34 3,35 Quelle: DGB-Rechtschutz GmbH, eigene Berechnungen, 2013 Weitere Entwicklungen im Rechtsschutz Die Zahl der Rechtschutzfälle ist in den Jahren 2008 bis 2012, im Vergleich zu 2003 bis 2007, gestiegen. Der Anstieg der Rechtsschutzfallzahlen betraf sowohl die Arbeitsgerichtsbarkeit als auch die Sozialgerichtsbarkeit. Dabei hatten Rechtsschutzfälle unserer NGG in der Arbeitsgerichtsbarkeit einen relativ kleinen Anteil am erhöhten Fallaufkommen. Dagegen erfuhren die Rechtsschutzfälle in der Sozialgerichtsbarkeit eine stärkere Zunahme. Der Anstieg der Sozialrechtsschutzfälle korrespondiert zum Teil mit den bundesweit gestiegenen Fallzahlen in der Sozialgerichtsbarkeit8), die zwischen 2007 und 2011 um ca. 18 Prozent angestiegen sind. Grund hierfür ist im Wesentlichen die nach wie vor hohe Zahl von Klagen im Zusammenhang mit den Hartz-IV-Gesetzen. Im Berichtszeitraum hat das Referat insgesamt 488 Sozialrechtsfälle, vorwiegend für die II. und III. Instanz und zudem 55 Anfragen zu Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz bearbeitet. Weiterhin bilden im Sozialrechtschutz nach wie vor Verfahren zur Erwerbsunfähigkeits- und Erwerbsminderungsrente (Berufsunfähigkeitsrente) einen Schwerpunkt. 8) vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.7, 2011, S. 15 f. NGG hat weiterhin, gemessen am Mitgliederanteil innerhalb des DGB, ein deutlich höheres Rechtsfallaufkommen in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit als die anderen Gewerkschaften mit Ausnahme der IG BAU. Die Gründe hierfür liegen nach wie vor in der Struktur eines Teiles der von uns betreuten Branchen. Hervorzuheben sind die kleinen betrieblichen Strukturen im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie das Bäcker- und Lebensmittelhandwerk. Aufgrund der geringen Regelungsdichte ist auch die Situation in der Fleisch- und Geflügelwirtschaft für unsere Mitglieder so, dass viele Ansprüche gerichtlich geklärt werden müssen. Geschäftsbericht 2008–2012 177 Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Die Vertretung unserer Mitglieder vor Gericht übernimmt die DGB Rechtschutz GmbH. Mandantenbefragungen, die seit 2003 alle zwei Jahre durch die DGB Rechtschutz GmbH durchgeführt werden, zeigen, dass die Zufriedenheit mit der Arbeit der DGB Rechtschutz GmbH weiterhin konstant hoch ist. Demnach waren mehr als 85 Prozent der befragten Kolleginnen und Kollegen im Jahr 2009 zufrieden oder sehr zufrieden. Zudem ist die Zufriedenheitsrate der NGG-Kolleginnen und Kollegen, die an der Befragung teilgenommen haben, mit einer Durchschnittsbewertung von „gut bis sehr gut“ ebenfalls hoch. Das Referat arbeitet zusammen mit der DGB Rechtsschutz GmbH an der weiteren Verbesserung der Rechtsvertretung für unsere Mitglieder. Ferner wurde das Rechtsschutzmodul unserer NGG fortentwickelt und somit die Nutzungsmöglichkeiten der Rechtsschutzsoftware für die Regionen vor Ort verbessert. Weiter sind Schulungen angeboten worden, sodass die Möglichkeiten der Arbeitsvereinfachung in den Regionen durch das EDV gestützte Rechtsschutzmodul erheblich verbessert worden sind. Dies hat zu einer erheblich besseren Nutzung des Rechtsschutzmoduls geführt. 178 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 3: Tarif-, Branchen- und Betriebspolitik Geschäftsbericht 2008–2012 179 180 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Geschäftsbericht 2008–2012 181 182 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 1. Personal/Personalbericht Die Gewerkschaft NGG ist eine Selbsthilfeorganisation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Die Aktivität und das Engagement der ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben unseres Organisationsbereiches prägen unsere Organisation. Dies soll durch unsere hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen in bestmöglicher Art und Weise unterstützt werden. Dabei liegt das Augenmerk auf der Unterstützung bei betrieblichen Auseinandersetzungen oder aber dem Erzielen besserer tariflicher Arbeitsbedingungen. Dafür unterhalten wir bundesweit unsere 52 Büros in den Regionen, die fünf Landesbezirksbüros, die Hauptverwaltung und das Hauptstadtbüro. Der Personalbericht soll einen Überblick über die Beschäftigtenstrukturen und die Personalkosten und verschiedene Entwicklungen im Personalbereich der NGG geben. Personalstand jeweils am 31. Dezember: Landesbezirke 2008 2009 2010 2011 2012 356 344 341 338 350 16 14 15 11 8 148 157 146 152 148 Altersteilzeit Arbeitsphase 48 47 38 31 8 Altersteilzeit Passivphase 27 20 19 16 31 Altersteilzeit zukünftige 11 2 2 2 1 21.490.073 20.931.394 21.406.007 21.489.039 21.838.594 Anz. Beschäftigte gesamt: davon: in Ausbildung: Teilzeitbeschäftigt Personalkosten in Euro Quelle: NGG, 2013 Die ausgewiesenen Personalkosten umfassen alle Ausgaben für die bei NGG tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie Bruttogehälter, Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, gezahlte Abfindungen, Beiträge an die DGB-Unterstützungskasse inkl. der Zahlungen an die Hamburger Pensionsrückdeckungskasse (HPR) und den Pensionssicherungsverein (PSVaG), Berufsgenossenschaft, Dienstjubiläen und alle Sozialaufwendungen, wie z. B. Fahrgeldzuschüsse, Trennungsentschädigungen etc. Geschäftsbericht 2008–2012 183 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Gliederung der Personalkosten 2012 (in Prozent) 13,4 16,4 Bruttogehälter betrieblicher Personalzusatzaufwand gesetzlicher Personalzusatzaufwand Quelle: NGG, 2013 70,3 Der NGG-Hauptvorstand hat beschlossen, dass maximal 50 Prozent der Beitragseinnahmen für Personal auszugeben sind. Dabei sind die aufgrund vergangener Personalentscheidungen zu zahlenden Aufwendungen an die Unterstützungskasse nicht zu berücksichtigen. Dieser Beschluss konnte seit dem Jahre 2001 nicht mehr eingehalten werden, im Berichtszeitraum haben dafür erhebliche Mehrausgaben für die Ersetzung unserer durch Altersteilzeit ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen einen großen Einfluss gehabt. Im Berichtszeitraum konnten wir 114 Neueinstellungen vornehmen. Dagegen standen 138 Beendigungen von Arbeitsverhältnissen. Gliederung der Personalkosten 2012 (in Prozent) 1,4 0,9 Regionen inkl. Projekte 17,4 Landesbezirke 70,9 9,4 Hauptverwaltung Sekretärinnen und Sekretäre zur Ausbildung Auszubildende Quelle: NGG, 2013 Weiter resultieren Steigerungen der Personalkosten aus den Gehaltsrunden für die Beschäftigten, die sich im Rahmen der tariflichen Lohnsteigerungen bzw. leicht darunter bewegt haben. Weiter spielen Veränderungen in der Sozialversicherung sowie erhöhte Beiträge an den Pensionssicherungsverein eine Rolle. Auf dem 1990er-Kongress wurde der Antrag 134 (Frauenförderung für die Beschäftigten der NGG) verabschiedet. Unser Ziel ist es, den Frauenanteil an der Mitgliedschaft (per 31. Dezember 2012 = 41,35 Prozent) mindestens auch bei den hauptamtlich Beschäftigten in politischen 184 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Funktionen zu erreichen. Bei den Gewerkschaftssekretärinnen und -sekretären sind wir für dieses Ziel auf einem guten Weg, hier ist eine weitere Steigerung erreicht worden. Bei den Referatsleiterinnen und Referatsleitern und den Geschäftsführungsfunktionen gibt es noch zum Teil sehr deutlichen Nachholbedarf. Dies ist auch der Situation geschuldet, dass die Steigerung der Anzahl der politischen Sekretärinnen sich erst mittelfristig bei Bewerbungen für Geschäftsführungsfunktionen stärker auswirken wird. Hierzu im Einzelnen: Der Frauenanteil der Beschäftigten in der NGG beträgt per 31. Dezember 2012 insgesamt: 63,14 Prozent (2007 = 60,70) (2002 = 61,92) (1997 = 62,3). Der Frauenanteil bei den politischen Funktionen beträgt per 31. Dezember 2012 insgesamt: 31,53 Prozent (2007 = 29,65) (2002 = 28,26) (1997 = 25,99). In den einzelnen politischen Funktionen stellt sich der Frauenanteil wie folgt dar: Referats-/Sachbearbeitungsfunktionen: 29,82 Prozent (2007 = 25,00) (2002 = 33,33) Geschäftsführungsfunktionen: 16,67 Prozent (2007 = 16,36) (2002 = 15,00) Gewerkschaftssekretärsfunktionen: 42,04 Prozent (2007 = 47,14) (2002 = 38,50) Sekretäre u. Sekretärinnen zur Ausbildung: 40,00 Prozent (2007 = 47,06) (2002 = 40,00) Personalentwicklung, Aus- und Weiterbildung Neben der traditionellen Ausbildung zu Gewerkschaftssekretärinnen und Gewerkschaftssekretären bilden wir auch Auszubildende im Rahmen der anerkannten Berufe aus dem Berufsbildungsgesetz als Bürokauffrau/Bürokaufmann und Kauffrau/Kaufmann für Bürokommunikation aus. Ebenfalls gibt es zurzeit einen Umschüler zum Fachlageristen, der in einer Verbundumschulung qualifiziert wird. Aufgrund der positiven Erfahrung wollen wir weiterhin in der Ausbildung aktiv sein. Wir sehen die gesellschaftliche Verantwortung für die Ausbildung junger Kolleginnen und Kollegen, wenngleich in der freien Wirtschaft die Ausbildung bei einer Gewerkschaft als Arbeitgeber zum Teil kritisch gesehen wird. Daneben bietet NGG auch Praktika für unterschiedliche Qualifikationsanforderungen an. Die Bedingungen richten sich jeweils nach den Empfehlungen des DGB für Praktika. Für die Sicherung qualifizierten Personals ist es zu einer großen Herausforderung geworden, für die ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen eine ausreichende Zahl an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern als Ersatz zu finden. Aufgrund der hohen Anzahl von Altersteilzeitverträgen ist eine wesentlich höhere Anzahl von Kolleginnen und Kollegen zu Gewerkschaftssekretärinnen und Gewerkschaftssekretären ausgebildet worden bzw. befindet sich in der Ausbildung. So sind zur Gewinnung von Gewerkschaftssekretärinnen und Gewerkschaftssekretären zahlreiche Bewerbungen gesichtet worden. 130 Bewerberinnen und Bewerber nahmen an einem Auswahlverfahren teil. Aus dieser großen Anzahl an interessierten Bewerberinnen und Bewerbern konnten wir dann 34 Sekretärinnen und Sekretäre zur Ausbildung gewinnen. Wir müssen uns aber klar darüber sein, dass in der Zukunft durch die Entwicklung bei anderen Gewerkschaften die Konkurrenz stärker wird. Unsere strukturierte Ausbildung wird uns auch in der Zukunft helfen, qualifizierten Nachwuchs für NGG zu sichern. Geschäftsbericht 2008–2012 185 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Im Rahmen der Weiterbildung wurden inhaltlich durch Seminare folgende Themen angeboten: • Mitgliederberatung, Erste Hilfe • Arbeits- und Büroorganisation • EDV-Anwendungsseminare (MS-Office, Excel, Outlook, Publisher, Lohn- und Gehaltsprogramm, Juris, Photoshop, Buchhaltung-Fibunet, MDB-Rechtsschutzmodul, Discoverer, etc.) • Sprachqualifizierungen • Politische Seminare (Verteilungsgerechtigkeit, Internationales) • Individualarbeitsrecht / Insolvenzrecht • Tarifpraxis, Verhandlungstechniken • Kommunikation – einheitliche Kernprozesse (Ausrichtung auf Mitglieder) • Führungskräfte (für neue Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer) • Umgang mit Stress • Wie wir wurden, was wir sind (für neue Kolleginnen und Kollegen) • Aktuelle Rechtsprechung, Beratung bei Betriebsübergängen Die Ausbildung zur Gewerkschaftssekretärin bzw. zum Gewerkschaftssekretär bei NGG findet in der betrieblichen Praxis (in den Regionen) statt. Zusätzlich werden speziell für die Sekretärinnen und Sekretäre zur Ausbildung Seminare mit folgenden Themen durchgeführt: • • • • • • • • Grundkurs Vorstellung der NGG Grundzüge des Arbeitsrechts Nutzung des Rechtsschutzmoduls BR-Wahlen Kommunikation – Grundlagen und Mitgliederorientierung Presse/Medien Branchenseminare, Altersvorsorge EDV-Qualifizierung – Excel und Publisher Insgesamt wurden im Berichtszeitraum über 360.000 Euro für die Weiterbildung aufgewandt. Im Schnitt haben rund 59 Prozent der aktiv Beschäftigten der Gewerkschaft NGG in den letzten fünf Jahren mindestens einmal an einer Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen. Die Grundlagen der Weiterbildungsmaßnahmen sind in einer Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat der NGG vereinbart worden. Für die Beschäftigten bei NGG machen die gesellschaftlichen Herausforderungen der nächsten Jahre, die bereits erkennbar sind, deutlich, dass weiterer Qualifikationsbedarf besteht und wir dabei nicht nachlassen dürfen. Zusammenarbeit mit dem GBR Für die Gewerkschaft NGG werden Betriebsräte auf Ebene der Landesbezirke und in der Hauptverwaltung gewählt, deren Vertreter den Gesamtbetriebsrat unserer Organisation bilden. Der derzeitige Gesamtbetriebsratsvorsitzende ist Ingolf Fechner aus der Region Berlin-Brandenburg, seine Stellvertreterin ist Marion Brings aus der Region Rhein-Main. Bis zur Betriebsratswahl 2010 war Yvonne Sachtje aus der Region Ruhr die Gesamtbetriebsratsvorsitzende, der Stellvertreter war zu dieser Zeit Ingolf Fechner. 186 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Da es bei NGG einheitliche Anstellungsbedingungen gibt, werden bundesweite Fragen, wie zum Beispiel die der Weiterbildung, mit dem Gesamtbetriebsrat verhandelt. Für verschiedene freiwillige Sozialleistungen von NGG bestehen Gesamtbetriebsvereinbarungen. Neben den üblichen Informationen wird der Gesamtbetriebsrat bei NGG auch immer wieder über den aktuellen Stand und die wirtschaftliche Situation bei NGG informiert. Wir meinen, dass nur eine gut informierte Interessenvertretung verantwortlich ihre Arbeit im Interesse der Beschäftigten wahrnehmen kann. Die Zusammenarbeit mit dem Gesamtbetriebsrat ist von Vertrauen geprägt, die es erlaubt, trotz unterschiedlicher Erwartungen zu gemeinsam getragenen Lösungen zu kommen. Auf diesem Wege möchten wir für die enorme Einsatzfreude sowie für die geleistete Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Funktionen Dank sagen. Durch dieses Engagement ist es uns gelungen, NGG im zurückliegenden Berichtszeitraum zu stabilisieren und damit die Zukunft für unsere Gewerkschaft zu sichern. 2. Das Hauptstadtbüro Aufgabe des NGG-Hauptstadtbüros ist es, die Interessen unserer Mitglieder gegenüber Regierung, Parteien und in Berlin ansässigen Verbänden zu vertreten. Dabei gilt es, proaktiv mit den übrigen Gewerkschaften politische Diskussionen zu Themen zu beginnen, die im Interesse von NGG sind. Derzeit waren und sind die Schwerpunkte der Diskussion u.a. die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, der Missbrauch von Werkverträgen sowie Stellungnahmen zu Themen der Lebensmittel- und Branchenpolitik in der Ernährungswirtschaft. Auch in der Diskussion um eine Reform der Mehrwertsteuer hat NGG gegen eine Abschaffung des reduzierten Steuersatzes auf Lebensmittel Stellung bezogen. Das von uns vorgelegte wissenschaftliche Gutachten „Gesellschaftliche Folgen des Wegfalls des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes“ hat in der Diskussion deutlich gemacht, welche soziale Bedeutung der reduzierte Mehrwertsteuersatz hat und welche Sprengkraft darin liegt, ihn abzuschaffen. Allerdings besteht weiterhin Bedarf, Rechtssicherheit bei kombinierten Lebensmittelverkäufen mit Dienstleistungsanteil zu schaffen. Dies ist beispielsweise beim Verkauf von Essen in Altenheimen der Fall, bei dem es oft Auseinandersetzungen darüber gibt, welcher Mehrwertsteuersatz anzuwenden ist. Eine Entscheidung, dass der normale Mehrwertsteuersatz anzuwenden ist, wenn der Anteil der Dienstleistung unter 50 Prozent liegt, ist aus unserer Sicht sachfremd. Auch vertritt das Hauptstadtbüro die NGG in Anhörungen im Bundestag (so zum Beispiel zur Änderung des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches und zur Tabaksteuererhöhung). Die Teilnahme von NGG an der Kampagne gegen Nahrungsmittelspekulation „Mit Essen spielt man nicht“ sowie bei der „Supermarktmacht-Initiative“ werden durch das Hauptstadtbüro abgesichert. Die Transparenzkampagne, die vom Corporate Accountability-Netzwerk getragen wird, hat stärkere Offenlegungspflichten von Unternehmen im Hinblick auf die sozialen und ökologischen Bedingungen in der eigenen Produktion und bei ihren Zulieferern zum Thema. Geschäftsbericht 2008–2012 187 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Ebenso wird NGG durch das Hauptstadtbüro bei der Kampagne „Umfairteilen“ vertreten. Die Teilnahme an diesen Initiativen, zusammen mit Nichtregierungsorganisationen, ermöglicht es NGG, die Interessen unser Mitglieder umfassend zu vertreten. Auch durch diese Kampagnen findet Einflussnahme auf die Entwicklung in den NGG-Branchen statt, bei denen die Branchengewerkschaft nicht abseits stehen darf. Durch das Hauptstadtbüro ist eine enge Vernetzung mit den Initiativen des DGB und der übrigen Gewerkschaften im politischen Berlin möglich, die sich durch die räumliche Nähe auf dem „kurzen Dienstweg“ bewerkstelligen lässt. Dies wäre ohne eine Vertretung „vor Ort“ nicht möglich. Ebenfalls ist die Teilnahme an Arbeitsgruppen der Gewerkschaften und damit die Berücksichtigung von NGG vereinfacht und verbessert worden. 3. Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation Die verschiedenen Aufgabengebiete der Kommunikation – die Pressestelle, die Print- sowie die Internet- und Intranetredaktion als auch die Werbung – versorgen die externe und die interne Öffentlichkeit kontinuierlich und zuverlässig mit Informationen zu allen für die NGG wichtigen Themen. Das Kommunikationsverhalten in unserer Gesellschaft hat sich rasant geändert: Die Nutzung der Printmedien nimmt weiter ab, die elektronischen Medien, z. B. die Internetangebote von Print, Hörfunk und Fernsehen sind weiter auf dem Vormarsch. Auf diese Entwicklung hat NGG u. a. mit einer Weiterentwicklung und dem Ausbau ihrer Online-Aktivitäten reagiert. Angepasst an das heutige Nutzungsverhalten wurden beispielsweise umfassende Veränderungen am zentralen Internetauftritt von NGG (www.ngg.net) begonnen sowie ein zentraler, von der NGG-Hauptverwaltung betreuter NGG-Facebook-Account eingerichtet. 3.1 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Die veränderte Kommunikation geht mit einer sich schnell verändernden Medienwelt einher. Einerseits ist sie schneller geworden, Reaktionszeiten haben sich verkürzt. Andererseits wurden auch Redaktionen personell ausgedünnt oder Tageszeitungen wie die Financial Times Deutschland und Fachpublikationen ganz eingestellt. Der Qualitätsjournalismus mit seiner umfassenden Recherche bleibt dabei mitunter auf der Strecke. Oft dominieren der „Häppchen-Journalismus“ und die schnelle Schlagzeile. Hinzu kommt, dass insbesondere bei den überregionalen Printmedien liberal-konservative Flaggschiffe dominieren, deren neoliberale Grundrichtung die Verbreitung von gewerkschaftlichem Gedankengut eher verhindert. Gewerkschaftsthemen sind dort oft nur dann gewünscht, wenn sie skandalisieren. Die Pressestelle von NGG, die sowohl Informationsvermittler, als auch Dienstleister für Journalistinnen und Journalisten ist, reagiert auf diese laufenden, grundlegenden Veränderungen, beispielsweise durch das offensive Zugehen auf die Redaktionen und die Bereitstellung qualifizierter, gut aufbereiteter Informationen und konkreter Beispiele. 188 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Instrumente und Aufgaben Ein wichtiges Instrument der Öffentlichkeitsarbeit von NGG sind die Mediendienste bzw. Pressemeldungen. Meist mehrmals wöchentlich werden die Medien mit einer weiten Themenpalette informiert. Sie reicht von sozialpolitischen Themen wie Rente, demografischer Wandel und sozialen Mindeststandards über Verteilungsgerechtigkeit, Minijobs, Mindestlohn und Niedriglohn, über Mitbestimmung, Tarifautonomie und Tarifkämpfe, Branchenpolitik und Standortsicherung (Damp und Coca-Cola) bis hin zum Verbraucherschutz, zur gesunden Ernährung, Nahrungsmittelspekulation, Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelkennzeichnung sowie Genussmitteln und Rauchverboten. Klar und eindeutig setzt sich die NGG auch für ein Verbot der NPD ein. Der Geschäftsführende Hauptvorstand stand in Presse- und Hintergrundgesprächen, Interviews und mit Statements zu all den genannten Fragen und Themen Rede und Antwort und dokumentierte öffentlich das Engagement der NGG für die Interessen der Mitglieder als auch der in der Lebensmittelindustrie und im Gastgewerbe Beschäftigten. In politischen Talkshows wie „Maybrit Illner“ (ZDF), „Klipp & Klar“ (RBB) und der „PHOENIX Runde“ war der NGG-Vorsitzende Franz-Josef Möllenberg als diskussionsfreudiger und kompetenter Vertreter eingeladen. Im Zuge der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise ist die Arbeitswelt stärker in den Fokus der Medien gerückt, insbesondere von Hörfunk und Fernsehen. Vor allem interessieren sich die Journalisten für die Prekarisierung der Arbeit und die Ausweitung des Niedriglohnsektors. In der Folge haben auch die Anfragen von Journalisten aus dem europäischen Ausland vor allem zum deutschen Arbeitsmarkt, zu Deutschland als „Dumpinglohnland“ in der Fleischbranche und dem im Ausland viel gerühmten dualen Ausbildungssystem zugenommen. Geschäftsbericht 2008–2012 189 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Am Rande einer Talkrunde überreicht Franz-Josef Möllenberg der Moderatorin Maybrit Illner und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen das Buch „Leben ohne Mindestlohn. Arm wegen Arbeit“, gemeinsam herausgegeben von Frank Bsirske, Franz-Josef Möllenberg und Günter Wallraff. Grundsätzlich zunehmend gefragt sind ganz konkrete Beispiele: Menschen, die mit Niedriglöhnen, in Minijobs oder als so genannte „Aufstocker“ arbeiten. Die Recherchen dazu und auch zu anderen komplizierten, erklärungsbedürftigen Themen wie die branchenbezogene und differenzierte Tarifpolitik der NGG oder dem Umfang von Werkverträgen und Leiharbeit, sind sehr aufwendig. Vor allem in Magazin-Beiträgen in Hörfunk und Fernsehen konnte NGG thematisieren, dass Menschen, die im Gastgewerbe oder in Schlachthöfen arbeiten, oft zu prekären oder menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigt sind. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema Niedriglohn bis hin zur Verankerung in den politischen Parteien beruht vor allem auf den Aktivitäten von NGG und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Die gemeinsame Initiative Mindestlohn, die Kampagne „Stimmen für den Mindestlohn“ zur Bundestagswahl 2009, die Tour des Mindestlohntrucks und der Dumpinglohnmelder finden immer wieder große Resonanz bei den Medien und haben zur Zustimmung der Bevölkerung für einen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn entscheidend beigetragen. 190 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Homepage: www.ngg.net Die Bedeutung des Internets als Informationsquelle ist weiter gewachsen. Immer öfter wird der zentrale Internetauftritt von NGG (www.ngg.net) zum ersten Kontaktpunkt zwischen NGG und potenziellen Mitgliedern, der interessierten Öffentlichkeit und Journalisten. Seit Ende 2011 wird deshalb die Darstellung der NGG im Internet verstärkt und weiter aktualisiert. Nach einer genauen Analyse des Nutzerverhaltens auf www.ngg.net wird nun die zentrale Homepage überarbeitet. Mit dem neu gestalteten Internetauftritt ist NGG dann für die nächsten Jahre auch mit Hinblick auf die fortschreitende technische Entwicklung gerüstet und präsentiert sich als moderne und starke Interessenvertretung. Nach und nach sollen andere Internetauftritte der NGG an das neue Design und die neuen Funktionen von www.ngg.net angepasst werden. Facebook und Twitter Seit 2011 verfügt NGG über einen eigenen, von der Kommunikationsabteilung erstellten und betreuten zentralen Facebook-Auftritt. Facebook ist in Deutschland außerordentlich beliebt, etwa ein Viertel aller Menschen sind dort aktiv. Bei der Gruppe der unter 30-Jährigen, der zukünftigen Belegschaft in den NGG-Branchen, ist die Quote noch einmal deutlich höher. Für NGG bietet der Account www. facebook/GewerkschaftNGG die Möglichkeit, mit Mitgliedern, möglichen Mitgliedern und der interessierten Öffentlichkeit direkt, preiswert und unkompliziert zu kommunizieren. Für potenzielle Mitglieder ist Facebook ein niedrigschwelliges, einfaches Angebot, mit NGG in Kontakt zu treten. Tägliche Aufgabe ist es, solche dort anlaufenden Anfragen und Kommentare zu beantworten. Geschäftsbericht 2008–2012 191 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Im Gegensatz zu Facebook wird der sogenannte Kurznachrichtendienst Twitter von einer eng begrenzten Zahl von Menschen, vor allem von Journalisten und Politikern, genutzt. Für NGG ist www.twitter.com deshalb bisher kein weiterer Kommunikationsweg zu ihren Mitgliedern, sondern bietet die Möglichkeit, bei Journalisten und in der Politik auf sich aufmerksam zu machen und sich öffentlichkeitswirksam in aktuelle politische Diskussionen einzuschalten. Pressespiegel Die Pressestelle wertet täglich Tageszeitungen, Wochenzeitschriften, Fachmagazine, aber auch punktuell Hörfunk und Fernsehen aus, um die Organisation möglichst umfassend über gewerkschafts-, sozial- und wirtschaftspolitische oder branchenbezogene Themen zu informieren. Wöchentlich wird ein Pressespiegel erstellt. Medientraining Die Sekretärinnen und Sekretäre zur Ausbildung und die Projektsekretärinnen und Projektsekretäre wurden in den Jahren 2010 und 2012 in mehrtägigen Kompakt-Medientrainings fit gemacht für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit vor Ort. Die regionale Pressearbeit konnte somit verbessert und verstärkt werden. „Tue Gutes und rede darüber“ ist und bleibt dabei das Motto. Neben der externen Öffentlichkeitsarbeit unterstützt und berät die Pressestelle auch die Regionen beim Umgang mit den Medien oder übernimmt bei Themen von überregionaler Relevanz die Information und den Kontakt zu den Medien. 3.2 Publikationen Neben themenbezogenen Pressemitteilungen, Broschüren, Flugblättern etc. wendet sich die Gewerkschaft NGG noch mit vier weiteren, regelmäßigen Publikationen/Medien an ihre Mitglieder und Funktionärinnen und Funktionäre bzw. die interessierte Öffentlichkeit und die Medien. Die gedruckte Mitgliederzeitschrift „einigkeit“ erscheint sechs Mal im Jahr und hat einen Umfang von zwölf Seiten. Die Mitglieder erhalten sie je nach Entscheidung der einzelnen NGGRegion im Einzelversand oder per Paket in den Betrieb. Mitglieder, die die „einigkeit“ online abrufen wollen, können dies im geschützten Mitgliederbereich der NGG-Homepage www. ngg.net tun. Der elektronische Newsletter „ngg.aktuell“ informiert die Mitglieder wöchentlich per E-Mail. Weitere Möglichkeiten der Online-Information für Mitglieder und Nichtmitglieder bietet die NGG-Homepage www.ngg.net. Überdies ist NGG seit Ende 2011 auch im sozialen Netzwerk Facebook vertreten: www.facebook.com/GewerkschaftNGG Dank der Unterschiedlichkeit und der Verzahnung der vier genannten NGG-Medien durch Querverweise/Links können die Leserinnen und Leser dieselben Themen/Informationen gegebenenfalls im anderen Medium vertiefen. 192 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben einigkeit Die Inhalte der „einigkeit“ beziehen sich insbesondere auf gewerkschafts- und gesellschaftspolitische Vorgänge mit Bezug auf die Arbeits- und Lebenssituation der NGG-Mitglieder. Während auf Seite 2 engagierte Betriebsräte vorgestellt werden und NGG-Mitglieder oder NGGRegionen, die erfolgreiche Mitgliederwerbung betreiben, widmet sich die mehrere Seiten umfassende Rubrik „Aus den Branchen“ ausführlich dem Geschehen in den Betrieben und stellt konkrete Aktivitäten wie etwa (Warn-)Streiks in den Mittelpunkt. NGG-Kampagnen oder -Initiativen haben auf Seite 6 („NGG aktiv“) ihren festen Platz, die NGG-Personengruppen „Frauen“, „Senioren“ und „jungeNGG“ auf Seite 10. Die Rubriken „Service“ und „Meldungen“ versorgen die LeserInnen mit NGG-spezifischen, aber auch allgemeinen Informationen, die Rubrik „Internes“ informiert über Jubilarehrungen und personelle Veränderungen. Auf der Seite 12 berichtet NGG über „Internationales“. Das Titelthema wird auf der Titelseite angerissen und auf einer Doppelseite in der Heftmitte ausführlich beleuchtet. Durch diese Klammer ergibt sich eine thematische Struktur und die Möglichkeit, einen organisations- oder gesellschaftspolitischen Schwerpunkt zu setzen und hierauf ggf. in anderen Rubriken Bezug zu nehmen. Genannt sei hier für die Jahre 2008 bis 2012 eine Auswahl an Schwerpunkten/Titelgeschichten: • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Ernährung in Bewegung (Prävention von Übergewicht) Mit Mindestlohn gegen Armut Gemeinsam für Toleranz (Initiative von NGG und ANG) Schluss mit den kleinen Brötchen! (Gegen Tarifflucht im Bäckerhandwerk) „Wir sind Teil der Lösung“ (Betriebsräte zur Finanzkrise) DGB-Kapitalismuskongress: Umdenken – Gegenlenken Deutschland wählt den Mindestlohn Auf die eigenen Kräfte besinnen – NGG stärken Ich bin Betriebsrat, weil… (Betriebsratswahlen 2010) Coca-Cola: NGG sichert Beschäftigung Für ein solidarisches Gesundheitssystem Gestalten statt kürzen! (Alternativen zum „Sparpaket“ der Bundesregierung) Gleiche Arbeit – gleiches Recht (Arbeitnehmerfreizügigkeit) Es gärt in der Brauwirtschaft Rechtzeitig neue Wege gehen (Altersvorsorge per Tarifvertrag) Für ein soziales Europa Als das Wünschen noch geholfen hat (Arbeitszeitgestaltung) Werkverträge: Missbrauch stoppen! Faire Arbeit. Gutes Leben (Demografie-Initiative) Betriebsverfassungsgesetz: 60 Jahre gelebte Mitbestimmung Reichtum gerecht verteilen! Geschäftsbericht 2008–2012 193 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben ngg.aktuell Seit September 2005 erhalten NGG-Mitglieder, deren E-Mail-Adresse NGG vorliegt, den elektronischen Newsletter „ngg.aktuell“ jeweils donnerstags per E-Mail. Im „Mitgliedernetz“, dem geschützten Bereich der NGG-Homepage, kann der Newsletter ebenfalls abonniert werden. „ngg.aktuell“ zielt darauf ab, im Umfang einer DIN-A4-Seite wesentliche Themen von NGG kurz anzureißen und so auch Informationen aus vielen NGG-Regionen zu verbreiten. Es gibt mittlerweile zahlreiche Rückmeldungen von Betriebsräten, dass sie den Newsletter nicht nur elektronisch weiterleiten, sondern auch im Betrieb am Schwarzen Brett aushängen. Mit dem Newsletter gelingt es NGG, den Service zu erhöhen und eine größtmögliche Anzahl an Mitgliedern regelmäßig, in kurzen Intervallen über aktuelle politische Ereignisse, NGG-Positionen, Aktionen in den Betrieben etc. zu informieren. Letztlich dient dies auch dazu, sogenannte Best-Practice-Beispiele zu verbreiten, um die Arbeit von NGG zu verbessern. „ngg.aktuell“ wird von den Mitgliedern sehr gut angenommen: Waren es beim Start im Jahre 2005 noch 4.300 Abonnentinnen und Abonnenten und im Jahr 2008 rund 16.400, so belief sich ihre Zahl Ende 2012 auf ca. 45.000. Diese Entwicklung macht deutlich, dass auch NGGMitglieder alle Arten von Informationskanälen nutzen. Hierauf müssen wir reagieren, wenn wir weiterhin mitgliedernah informieren wollen. Die Akzeptanz des Newsletters „ngg.aktuell“ schlägt sich nicht nur in Leserbriefen nieder, sondern auch darin, dass Themen- und Fotovorschläge seitens der NGG-Mitglieder und der NGG-Regionen mittlerweile regelmäßig die Redaktion erreichen. Was den E-Mail-Adressverteiler betrifft, so bleibt die Aquise weiterer E-MailAdressen beständige Aufgabe der Organisation auf allen Ebenen. 194 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 3.3 Werbung Ziel des einheitlichen Erscheinungsbildes ist es, die Gewerkschaft NGG an gleichen Layoutmerkmalen erkennen zu können. So kann es uns gelingen, in den Betrieben auf den ersten Blick zum Beispiel Tarifinformationen als NGG-Informationen erkennbar zu machen. Die Erstellung verschiedener Materialien, besonders auch im fremdsprachlichen Bereich, war ein Schwerpunkt in der weiteren Umsetzung des einheitlichen Erscheinungsbildes. Als Unterstützung öffentlichkeitswirksamer Auftritte wurden Produkte für die verschiedenen Themenschwerpunkte erstellt, wie die Aufsteller/Rollups zum Dumpinglohn-Buch oder die Banner mit politischen Positionen aus der Hauptamtlichen-Tagung. Aktivitäten unserer Regionen im Rahmen von Bündnissen gegen das Auftreten der NPD haben wir durch das Kampagnenlogo „bunt-stattbraun!“ unterstützt, es zeigt sich auch in Aufklebern, Ansteckern und Transparenten. Der Wettbewerb „Mein schönstes Urlaubsfoto“ der Region Krefeld/Neuss konnte zusätzlich genutzt werden für Plakate aus den Fotos der drei Preisträger/innen. Damit wird die Errungenschaft des tariflichen Erholungsurlaubs verdeutlicht. Geschäftsbericht 2008–2012 statt ! t n bu braun 195 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Auch im Zusammenhang mit den politischen Themen wurde die Positionierung der NGG visualisiert, zum Beispiel mit den Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl und Aufrufen zur Europawahl. Die Wirtschaftsgruppenarbeit wurde mit der Gestaltung von Broschüren und anderen Publikationen, zum Beispiel in den Themenfeldern Leiharbeit, Werkverträge, Hotline für das Gastgewerbe und das Backgewerbe, unterstützt. Für die Tarifrunden BRTV Brau, Süßwaren, Lieken, CCE AG wurden Kampagnenlogos in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsgruppenleitern entwickelt und die Materialien von der Flugblatt-Vorlage bis zum Transparent bereitgestellt. 3.4 Veranstaltungen Die Veranstaltungsorganisation ist eine klassische Querschnittsaufgabe in der Hauptverwaltung. Von der Auswahl geeigneter Veranstaltungsorte über die Gestaltung und Beschaffung von Konferenzmaterialien bis hin zur Organisation der Tagungen „im Hintergrund“ wird die Infrastruktur bereitgestellt. Die fachlich verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen werden so von den organisatorischen Arbeiten entlastet. Beispiele für solche Veranstaltungen sind: • Bundeskonferenz jungeNGG 18. bis 20. April 2008 in Gladenbach • Betriebsrätetagung „Finanzkrise und Realwirtschaft“ am 4. Februar 2009 in Göttingen • Hauptamtlichentagung 2009 in Berlin • Kundgebung „Die Krise bekämpfen. Sozialpakt für Europa“ am 16. Mai 2009 in Berlin • Beiratssitzung vom 14. bis 16. Juni 2011 in Oberjosbach • Kundgebung „Hamburg bekennt Farbe“ am 1. Juni 2012 • Bundesfrauenkonferenz im Oktober 2012 in Oberjosbach Dabei bemühen wir uns immer, eigene Veranstaltungen in Hotelbetrieben zu machen, in denen es Betriebsräte gibt. Aufgrund von zeitlichen oder räumlichen Vorgaben gelingt dies nicht immer, wir kommen aber immer wieder aufgrund der Nachfragen mit den jeweiligen Veranstaltungsabteilungen ins Gespräch über die Notwendigkeit einer gewerkschaftlichen Interessenvertretung. Allerdings gibt es auch bestimmte Betriebe, die aufgrund ihrer aktiv gewerkschaftsfeindlichen Haltung von uns als Tagungsorte ausgeschlossen werden. Auch gegenüber den Bruder- und Schwestergewerkschaften machen wir immer wieder die Verantwortung von Gewerkschaften als Nachfrager für die soziale Gestaltung der Arbeitsbedingungen im Hotelgewerbe deutlich. 196 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 3.5 IT und IT-Service bei der NGG Mit der T.I.K. GmbH wurde zum 1. Januar 2011 der Rahmenvertrag über die Zusammenarbeit für weitere vier Jahre neu geschlossen. Die Vertragsdauer wird zukünftig an die Laufzeit der PC- und Notebookmiete gekoppelt, um die Verträge ggf. an den Bedarf einer sich schnell entwickelnden Technik anzupassen. Verbesserung der Ausstattung Als größte Herausforderung im Berichtszeitraum erwies sich 2010 die Erneuerung der PCs und Notebooks mit der Umstellung auf Windows 7 sowie die Stabilisierung eines gut funktionierenden und stabilen Computernetzwerkes. Ende 2010 wurden die veralteten Netzwerk-Computer und -Notebooks in einem gemeinsamen Projekt mit IG Metall und IG BCE ausgetauscht, wobei durch den gemeinsamen Einkauf größerer Mengen an PCs und Notebooks sowie Monitoren hohe Rabatte erzielt werden konnten. Als Betriebssystem für die neuen Computersysteme wurde Windows7 eingeführt. In dem Zuge mussten einige Software-Lösungen aktualisiert werden. Office 2003 wurde beibehalten. Im Zeitraum 2008 bis 2012 wurde die Mitgliederdatenbank kontinuierlich überarbeitet und verbessert. Auch das Rechtsschutzmodul wurde an die neuen Bedürfnisse angepasst und auf ein standortübergreifendes Arbeiten umgestellt. Beim Rechenzentrum unseres IT-Dienstleisters wurde der zentrale Internetzugang erweitert sowie das Spam-, Webfilter- und Firewall-System verbessert. Außerdem erfolgten Investitionen in erhöhte Sicherheitsvorkehrungen und in den Datenschutz, in Administration und Serversysteme, in einheitliche Druck- und Kopiersysteme und einheitliche Telefonanlagen, in integrierbare Smartphone-Lösungen über Blackberry-Geräte sowie in Computer-Fax-Lösungen. Bei allen Investitionen wurde darauf geachtet, Kostenoptimierungen vorzunehmen und insbesondere die Regionen von Folgekosten zu entlasten. Kosteneinsparungen Im Berichtszeitraum konnten an vielen weiteren Stellen Kostenvolumen im IT-Bereich gesenkt werden. Insbesondere hat NGG 2008, 2009 und 2011 jeweils günstigere Mobilfunkkonditionen mit T-Mobile ausgehandelt. Weiterhin wurden 2008 die Standleitungskosten für die Büros soweit abgesenkt, dass alle Regionen entweder günstigere Kosten hatten oder sich schnellere Datenleitungen leisten konnten. 2012 wurden die Standleitungskosten für die Regionen um weitere fünf Prozent reduziert. In 2012 wurde nach Abstimmung zwischen den Organisationseinheiten die interne Kostenverteilung neu geregelt. Die Regionen beteiligen sich seither mit fünf Prozent an den nicht direkt einem Rechner zuordenbaren Kosten. Geschäftsbericht 2008–2012 197 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 4. Mitgliedergruppen 4.1 Politische Arbeit der jungenNGG Die prekäre Situation junger Menschen – und insbesondere ihre Schwierigkeiten auf dem Ausbildungsstellenmarkt – beeinflusst nach wie vor die inhaltliche Arbeit der jungenNGG. In zahlreichen Veranstaltungen und Seminaren der jungenNGG mit verschiedensten Fachreferentinnen und Fachreferenten wurde das politische Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen gestärkt. Bildungsveranstaltungen in unseren Nachbarländern runden das Angebot der jungenNGG ab. Parlamentarischer Abend der DGB-Jugend Seit 2006 findet einmal im Jahr ein von der DGB-Jugend organisierter parlamentarischer Abend in Berlin statt. Auch in der Zeit 2008 bis 2012 konnte die jungeNGG inhaltliche Positionen zur Qualität der Ausbildung und Überwachung der Ausbildung, insbesondere im Hotelund Gaststättengewerbe, als Schwerpunkte der jeweiligen Veranstaltungen zur Sprache bringen und mit den anwesenden Politikerinnen und Politikern diskutieren. Mitgliederentwicklung Die Mitgliederentwicklung der jungenNGG (Mitglieder bis 27 Jahre) ist im Berichtszeitraum positiv: Der Mitgliederanteil jungeNGG im Verhältnis zur Gesamtorganisation steigt stetig an: von 7,14 Prozent in 2008 auf 9,99 Prozent zum Ende 2012. Dies spiegelt sich auch in den absoluten Zahlen wider: Zu Beginn des Berichtszeitraumes waren 19.013 junge Kolleginnen und Kollegen Mitglied in unserer NGG und zum Ende 20.599. Mitgliederentwicklung jungeNGG bis 27 Jahre 2008 2009 2010 2011 2012 Nord 5.296 5.349 5.451 5.509 5.549 NRW 3.629 3.631 3.721 4.090 4.273 Bayern 3.527 3.534 3.656 3.525 3.586 Hessen/RP/Saar 2.192 2.150 2.200 Baden-Württemberg *) 1.721 1.787 1.861 4.031 3.974 Ost Gesamt Mitgliederanteil ( in Prozent) davon Auszubildende 3.417 3.372 3.412 3.313 3.217 19.782 19.823 20.301 20.468 20.599 9,61 9,69 9,87 9,95 9,99 4.638 4.792 4.779 4.706 4.682 *) Fusion LB Hessen/RP/Saar und LB Baden-Württemberg in LB Südwest; Quelle: NGG, 2013 198 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Potenziale Auszubildende sind weiterhin ein großes Mitgliederpotenzial. Trotz gesunkener Ausbildungszahlen konnte die Mitgliederzahl jungeNGG unter den Auszubildenden konstant gehalten werden. Etwa 134.000 Auszubildende werden in den klassischen ernährungstechnischen und gastgewerblichen Berufen ausgebildet. Eingetragene Ausbildungsverhältnisse im Organisationsbereich der NGG 2008 2009 2010 2011 "Differenz 2008–2011“ 14.127 13.188 12.009 10.380 Konditor(in) 4.842 4.785 4.635 Fleischer(in) 7.311 6.657 5.979 Weinküfer(in) 231 207 Brauer(in)/Mälzer(in) 855 Auszubildende Frauenanteil 2008 2011 -3.747 19,7 21,6 4.530 -312 64,4 69,9 5.289 -2.022 4,1 3,9 186 159 -72 13,0 17,0 771 777 777 -78 6,3 6,9 27 33 39 42 15 22,2 14,3 Verfahrenstechnologie Mühlenwirtschaft 303 297 312 282 -21 4,0 7,4 Milchtechnologin/Milchtechnologe 861 825 726 702 -159 18,8 23,1 Milchwirtschaftliche(r) Laborant(in) 507 528 465 471 -36 81,1 81,5 Fachkraft für Süßwarentechnik 270 261 267 285 15 41,1 41,1 Fachkraft für Fruchtsafttechnik 138 135 120 117 -21 6,5 17,9 2.505 2.607 2.631 2.589 84 34,1 34,8 Fachverkäufer(in) im Bäcker-, Konditoren-, Fleischerhandwerk 32.433 31.470 29.445 26.829 -5.604 92,7 91,7 Koch/Köchin 40.809 37.452 33.633 29.226 -11.583 23,6 23,6 Hotelfachmann/-frau 30.597 28.788 26.955 25.059 -5.538 77,8 74,7 Hotelkaufmann/-frau 1.101 1.056 1.014 1.029 -72 70,3 65,9 Restaurantfachmann/-frau 15.516 14.076 12.102 10.029 -5.487 72,6 69,1 Fachkraft im Gastgewerbe 7.968 6.939 6.177 5.538 -2.430 69,2 63,3 Fachkraft für Systemgastronomie 6.954 7.056 6.576 5.832 -1.122 55,1 52,5 Hauswirtschafter(in) 6.159 5.832 5.397 4.788 -1.371 94,3 94,9 173.514 162.963 149.445 133.953 -39.561 56,8 56,9 1.613.343 1.571.457 1.508.328 1.460.658 -152.685 39,6 39,3 Bäcker(in) Brenner(in)/Destillateur(in) Fachkraft für Lebensmitteltechnik Summe Ausbildungen im NGG-Bereich Ausbildungsverhältnisse Gesamt in Prozent (Azubis im NGG-Bereich von Gesamt-Azubi) jungeNGG-Mitglieder unter den Azubis 10,8 10,4 9,9 9,2 -25,9 143,5 4.638 4.792 4.779 4.706 68 42,4 Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung, eigene Berechnungen, 2012 Berufsschularbeit Die Mitgliedergewinnung der Auszubildenden ist jedoch weiter schwierig: Circa 95 Prozent aller Ausbildungsverhältnisse werden im Hotel- und Gaststättengewerbe und dem Lebensmittelhandwerk geschlossen – Branchen mit einer Vielzahl von Kleinbetrieben. Deshalb bleibt Geschäftsbericht 2008–2012 199 43,6 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben die Arbeit an Berufsschulen ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit für und mit jungen Auszubildenden in der NGG. Zur Unterstützung der Landesbezirke und Regionen in diesem wichtigen Feld der Mitgliedergewinnung wurden von der Hauptverwaltung ein Neuanfängerordner sowie Poster und Banner entwickelt. Diese sollen die Durchführung von Berufsschultouren vereinheitlichen und den Kolleginnen und Kollegen vor Ort hilfreiche Unterstützung bei der Erstansprache geben. Dass Berufsschularbeit erfolgreich ist, zeigt sich unter anderem daran, dass Regionen mit regelmäßiger Berufsschularbeit einen wesentlich erhöhten Anteil junger Mitglieder in der Gesamtstatistik haben. Die Berufsschularbeit auszubauen, ist und bleibt wesentliches Zukunftsziel der jungenNGG. Ausbildungsreport Gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften beteiligte sich die jungeNGG an der Erhebung von Daten zur Erstellung eines Ausbildungsreportes der DGB-Jugend. Seit 2006 werden über die Berufsschultouren des DGB und der Einzelgewerkschaften entsprechende Bewertungsbögen von den Auszubildenden ausgefüllt und dann nach entsprechenden Branchen ausgewertet. Insbesondere das Hotel- und Gaststättengewerbe und das Lebensmittelhandwerk schneiden in Bezug auf die Ausbildungsqualität schlecht ab. Die durch die Erhebung gewonnenen Daten werden zu Kampagnenzwecken genutzt. Hier konnte im Berichtszeitraum für viele Regionen auch eine Einzelauswertung für das Hotel- und Gastgewerbe durchgeführt werden. Nach Bekanntmachung dieser Ergebnisse zeigte sich der Dehoga an vielen Stellen diskussionsbereit. Dies ist ein erster guter Schritt in die richtige Richtung für eine bessere Ausbildung im Hotel- und Gastgewerbe. Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretungen Die turnusmäßigen Wahlen zur Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) fanden 2008, 2010 und 2012 statt. Für die Wahlen wurden die entsprechenden Materialien von der Hauptverwaltung in Kooperation mit den anderen Gewerkschaften erstellt und zur Verfügung gestellt. Im Berichtszeitraum konnte eine Steigerung der JAV-Gremien von 409 auf 442 Gremien erreicht werden. Der größte Teil dieser Gremien besteht aufgrund der Struktur unserer Betriebe aus einer Person. Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretungen Die Betreuung der Gesamtjugend- und Auszubildendenvertretungen (G-JAV) durch die jungeNGG wurde im Berichtszeitraum weiter intensiviert. Die wesentlichen Themen der G-JAVen waren die Sicherung und Ausweitung der Qualität der Ausbildung. Hierzu konnten mehrere Betriebsvereinbarungen über „gute Ausbildung“ vereinbart werden, wo unter anderem Regelungen zu Fahrtkostenerstattung zur Berufsschule oder Lehrmittelfreiheit getroffen wurden. G-JAVen gibt es unter anderem bei Maritim, Nordzucker, InBev, DMK, Kraft Foods Deutschland, Neue Dorint GmbH, Nestlé Deutschland, Philip Morris, Westin Grand, Südzucker AG, Radeberger Gruppe, Griesson-de Beukelaer, Ferrero, CCE AG, Schäfers Brot, Nordsee, Pfeifer & Langen KG. 200 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Jugend- und Auszubildendenvertretungen (Stand jeweils Dezember) 450 440 430 420 410 400 0 2008 2009 2010 2011 2012 Quelle: NGG, 2012 Gremienarbeit Bundesausschuss jungeNGG • Die Ergebnisse der 15. Bundeskonferenz der jungenNGG sowie des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages bilden die Grundlagen der Arbeit des Bundesausschusses der jungenNGG. • Der Vorsitz sowie der stellvertretende Vorsitz werden von ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen wahrgenommen. • Der Bundesausschuss hat die Aufgabe, die Arbeit der jungenNGG in Planung, Gestaltung und Organisation weiterzuentwickeln sowie betriebliche und politische Themen (im Berichtszeitraum u.a. Aktionstage für einen gesetzlichen Mindestlohn, Jugendarbeitsschutzgesetz, Globalisierung, Jugendrichtlinie, Gentechnik, Mindestlohn/Mindestausbildungsvergütung, Bundestagswahl und Europawahl 2009, DGB-Bundesjugendkonferenz, Tarifpolitik) zu diskutieren und Positionen zu diesen Themen zu besetzen. Dem Bundesausschuss jungeNGG gehören die Landesjugendsekretärinnen und Landesjugendsekretäre der Landesbezirke und die Referatsleitung jungeNGG/Berufliche Bildung an, ferner jeweils ein ehrenamtliches Mitglied und dessen Vertretung der Landesausschüsse jungeNGG sowie die Vertretungen der jungenNGG im NGG-Hauptvorstand und DGB-Bundesjugendausschuss Bundesteamendenarbeitskreis (BTAK) • Der BTAK hat die Aufgabe, bei der Seminarplanung und Durchführung mitzuwirken. Hierzu gehört insbesondere die Konzeption und Durchführung der Grundlagen- und Aufbauseminare der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Geschäftsbericht 2008–2012 201 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben • Der BTAK setzt sich aus ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen aus allen Landesbezirken zusammen. Die Sitzungen fanden bis 2012 zwei Mal im Jahr statt. Ziel ist es, die Jugendbildungsarbeit weiter zu verstetigen, die Landesteamendenarbeitskreise besser einzubinden und bessere Fortbildungsmöglichkeiten der Teamenden zu ermöglichen. Arbeit in den Tarifkommissionen Es gelingt uns immer häufiger, Tarifkommissionen mit Mitgliedern der jungenNGG zu besetzen, obwohl sich die Tariflandschaft weiter ausdifferenziert und mehr Tarifkommissionen zu bilden sind. Eine Beteiligung in allen Tarifkommissionen mit Mitgliedern der jungenNGG gestaltet sich dadurch schwierig. Durch die seit 2009 verstärkt angebotenen Seminare zur Tarifpolitik und entsprechende Publikationen zeichnet sich jedoch langsam eine Verbesserung dieser Situation ab. Einen Erfolg haben wir für die Auszubildenden im Bäckerhandwerk erzielt: Gemeinsam mit dem zuständigen Referat Bäckerhandwerk und den Mitgliedern der Tarifkommission wurde eine Steigerung der Ausbildungsvergütung für unsere Mitglieder im gesamten Bundesgebiet, eine Angleichung Ost/West und eine Regelung der Überstundenvergütung erreicht. Auch konnte in vielen Tarifverträgen die Übernahme der Auszubildenden geregelt werden. Die Erhöhung der Ausbildungsvergütung fand in den meisten Fällen durch einen Festbetrag und nicht eine prozentuale Anhebung statt. So war auch für die Auszubildenden eine Erhöhung der Ausbildungsvergütung spürbar. Bundesjugendklausurtagung Seit 2002 findet immer am letzten Wochenende im September unsere Bundesjugendklausurtagung der jungenNGG statt. Diese Tagung erweist sich auch im zehnten Jahr ihrer Einführung unter den ehrenamtlichen wie hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen als besonders erfolgreich. Zwischen 60 und 100 ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen kommen jedes Jahr zu dieser Veranstaltung. Ziel ist es, den Teilnehmenden bundesweit die Möglichkeit zum Austausch auch über die Landesgrenzen hinweg zu geben. Zu den verschiedensten Themen 202 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben der jungen Menschen finden Workshops (im Berichtszeitraum u.a. zu Tarifpolitik, Menschenrechten, Bundestagswahl, „Essen gut, alles gut?“, Ausbildungsbedingungen im Hotel- und Gastgewerbe, Antirassismus, Antisexismus, Nachhaltigkeit, prekäre Beschäftigung) statt, deren Ergebnisse dann in die Arbeit der jungenNGG eingehen. Seit 2009 findet diese Veranstaltung im jährlichen Wechsel als Sommercamp statt. Bildungsarbeit Die Bildungsarbeit ist einerseits die Grundlage unserer gewerkschaftlichen Arbeit, andererseits auch unsere gesellschaftspolitische Aufgabe. Sei es um Tarifforderungen aufzustellen, Kampagnen durchzuführen oder Gremienarbeit zu leisten. Das Hauptaugenmerk richtet sich darauf, Spaß an Bildung, Toleranz und gegenseitigem Lernen zu vermitteln und zu ermöglichen. Die Themen sind breit gestreut und richten sich größtenteils nach den Wünschen der aktiven Mitglieder. Neben politischen Schwerpunkten wie Globalisierung erstreckt sich der Themenhorizont über persönliche Qualifikationen wie Prüfungsvorbereitung und Rhetorik bis hin zu branchenspezifischen Veranstaltungen. Speziell für das Hotel- und Gaststättengewerbe finden bereits seit 2007 entgegen unseren anderen Angeboten Seminare unter der Woche statt. Regelmäßig führen wir Sommercamps, Länderseminare und Neuanfängerveranstaltungen durch. Die Bildungsarbeit der jungenNGG hat ein eigenes Gesicht, da wir uns unsere Schwerpunkte selbst setzen. Aktionen/Öffentlichkeitsarbeit/Publikationen/Broschüren Im Berichtszeitraum hat die jungeNGG mit zahlreichen Aktionen (u.a. zum Mindestlohn, Jugendarbeitsschutzgesetz, Ausbildung für alle, prekäre Beschäftigung, Rechtsradikalismus) auf die Lage der jungen Menschen aufmerksam gemacht. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und unterstützender Materialen vor Ort wurden neue Materialien entwickelt und neue Informationswege beschritten. Die Flyerserie der jungenNGG zu relevanten Themen wurde im Berichtszeitraum um Flyer mit vier Themen („Wir öffnen Türen – Action & Politik in der jungenNGG“; Berufsschule; Minusstunden/Mehrarbeit; „Abmahnung? Kündigung? - Die jungeNGG hilft weiter“) weiterentwickelt. Werbeaktion Zur unterstützenden Werbearbeit vor Ort gibt es seit 2005 eine bundeseinheitliche Werbeaktion der jungenNGG. So können sowohl Werbende wie auch Geworbene an einer Verlosung teilnehmen. Die Werbeaktion läuft jeweils von Juni bis Dezember. Konnten in den ersten beiden Jahren auf diesem Weg ca. 300 neue Mitglieder gewonnen werden, waren es in 2009 mehr als 430, 2010 mehr als 560, 2011 mehr als 620 und 2012 genau 646 Kolleginnen und Kollegen. Auch in 2013 wird diese Aktion fortgesetzt. Geschäftsbericht 2008–2012 203 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Berufsstarterkalender Zum Berufsstart entwickelt die jungeNGG in jedem Jahr einen speziellen Berufsstarterkalender zur Unterstützung der Mitgliederwerbearbeit. Der Kalender enthält wichtige Informationen zum Berufsstart und über die NGG. Gerade bei Auszubildenden im Gastgewerbe und im Bäckerhandwerk ist dieser sehr beliebt, um die Ausbildungszeiten genau festhalten zu können. Newsletter Ein fester Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit ist seit 2007 der jungeNGG-Newsletter „youNGGsta“, um unsere jungen Mitglieder besser und zeitnah über politische, betriebliche und gesellschaftliche Themen zu informieren. In diesem wird monatlich über die durchgeführten Seminare und Aktionen der jungenNGG berichtet. Auch besondere Errungenschaften wie Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen über „Gute Ausbildung“ oder „Übernahme nach der Ausbildung“ werden dort zum Thema gemacht. Der Newsletter wird per E-Mail an die bekannten Adressen verschickt. Die Resonanz ist durchweg positiv. Darüber hinaus wird in jeder „einigkeit“ aktuell über die Arbeit der jungenNGG berichtet. 4.2 Frauenpolitik 4.2.1 Gleichstellungspolitik Im Juni 2011 hat das Bundeskabinett das Gutachten „Neue Wege – gleiche Chancen, Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf“ zum 1. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zur Kenntnis genommen und gleichzeitig die Stellungnahme des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) beschlossen. Im Bericht werden erstmals Lebensverläufe von Frauen und Männern systematisch miteinander verglichen. Die Analysen und Empfehlungen der Sachverständigen orientieren sich dabei an einem Leitbild der Wahlfreiheit für Frauen und Männer. In den Empfehlungen der Sachverständigen finden wir viele Forderungen wieder, die bereits Beschlusslage der NGG sind. Im Tätigkeitsbericht zur Bundesfrauenkonferenz 2012 sind wir detaillierter darauf eingegangen. 4.2.2 Arbeit und Einkommen Arbeitsmarkt und Erwerbsbeteiligung Die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat in den letzten Jahren stärker zugenommen als die von Männern. Bei Männern stieg die Vollzeitquote, bei Frauen geht die Steigerung auf mehr Teilzeitbeschäftigung und die Zunahme der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse zurück. 204 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Erwerbsbeteiligung von Frauen (in Prozent) Erwerbsquote Insgesamt 2006 2007 2008 2009 74,8 75,5 75,8 76,2 Männer gesamt 81,1 81,6 81,8 82,0 Frauen gesamt 68,4 69,2 69,6 70,3 Frauen West 67,1 67,9 68,3 68,9 Frauen Ost 73,4 74,4 74,7 75,8 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2010 Die Arbeitslosigkeit von Frauen in Ostdeutschland nahm prozentual stärker ab als in Westdeutschland, der Anteil ist aber noch immer höher. Frauen sind mit durchschnittlich 39,9 Wochen länger arbeitslos als Männer (34,3 Wochen) und mit 37 Prozent der arbeitslosen Frauen auch häufiger langzeitarbeitslos (Männer: 34 Prozent). Die Arbeitslosenquote der Frauen ist seit 2009 etwas niedriger als die der Männer. Arbeitsmarkt Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 2010 2009 2008 2007 2006 Sozialversicherungspfl. gesamt. 27.710.487 27.380.096 27.457.715 26.854.566 26.354.336 davon Frauen 12.734.894 12.550.823 12.394.125 12.084.724 11.930.522 - West 10.090.303 9.939.106 9.811.556 9.552.697 9.434.666 - Ost 2.644.591 2.611.717 2.582.569 2.532.027 2.495.856 Arbeitslose gesamt * 4.060.317 4.376.795 4.381.282 4.860.877 4.487.057 davon Frauen 1.820.912 2.446.215 2.448.719 2.605.655 2.149.118 - West 1.135.947 1.158.759 1.175.011 1.497.020 1.439.639 684.965 771.821 757.552 757.751 709.479 10,8 10,5 10,6 11,7 10,8 Frauen 9,5 10,0 10,1 11,7 11,0 - West 7,4 7,7 7,8 9,9 9,3 - Ost 18,4 18,6 18,4 18,6 17,5 - Ost Arbeitslosenquote gesamt * bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen; Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2011 Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen ist von 26,35 Millionen (davon 11,9 Millionen Frauen) in 2006 auf 27,71 Millionen (12,7 Millionen Frauen) in 2010 gestiegen. Die Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland führte 2011 zu einem weiteren Anstieg: von 28.381 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten waren 13.026 Millionen Frauen (darunter 8,3 Millionen Vollzeit- und 4,7 Millionen Teilzeitbeschäftigte). Geschäftsbericht 2008–2012 205 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Teilzeitbeschäftigung Teilzeitbeschäftigung ist für Frauen und Männer auf dem Vormarsch Quelle: Statistisches Bundesamt, WSI-Tarifarchiv, HBS, 2011 Frauen in Deutschland sind immer häufiger erwerbstätig, allerdings arbeitet fast jede Zweite in Teilzeit. 2010 waren 70 Prozent der 20- bis 64-jährigen Frauen erwerbstätig, 54 Prozent arbeiteten in Vollzeit und 46 Prozent in Teilzeit. Jede zweite Frau (51 Prozent) nannte als Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung die Betreuung von Kindern bzw. Pflegebedürftigen oder andere familiäre und persönliche Verpflichtungen. Geringfügige Beschäftigung Am 31. Dezember 2011 waren laut Minijobzentrale 6.902.376 Menschen geringfügig beschäftigt. Bei Berücksichtigung der Mehrfachbeschäftigungen erhöht sich diese Zahl auf 7.424.966 (davon 260.288 in Privathaushalten). Die Anzahl der geringfügig Beschäftigten ist kontinuierlich gestiegen. Noch immer sind rund zwei Drittel Frauen, aber ihr Anteil sinkt. Grund ist die Zunahme von Minijobs im Nebenjob und bei Rentnerinnen und Rentnern – in beiden Fällen steigt der Anteil der Männer. Geringfügige Beschäftigung (ohne Privathaushaltungen) 2011 2010 2009 2008 Gesamt 6.902.376 6.826.177 6.782.134 6.670.145 davon Frauen 4.274.714 4.264.477 4.273.140 4.234.133 61,9 62,5 63,0 63,5 Frauen in % Quelle: Bundesknappschaft, 2012 206 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Die meisten Minijobs aus unserem Organisationsbereich sind im Gastgewerbe gemeldet. Von 2004 – ein Jahr zuvor waren die Minijobs gesetzlich neu geregelt worden – bis Ende 2010 ist der Anteil dieser Arbeitsverhältnisse in der Branche um 24 Prozent gestiegen. Inzwischen ist im Gastgewerbe fast jeder zweite Job (!) ein Minijob. Prozentual gesehen gibt es in keiner anderen Branche so viele geringfügig Beschäftigte. Das Gastgewerbe ist damit trauriger Spitzenreiter. Minijobs werden von Arbeitgebern häufig genutzt, um (rechtswidrig!) Lohnabschläge vorzunehmen und weitere Ansprüche (z. B. Lohnfortzahlung, bezahlter Urlaub) vorzuenthalten – dies setzt auch die Löhne insgesamt unter Druck. NGG fordert die Abschaffung der Minijobs. Minijobs sind ein Irrweg und führen nicht zu mehr regulärer Beschäftigung. Wir brauchen mehr reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung statt immer mehr Minijobs, denn davon kann niemand leben. Heute nicht und im Rentenalter schon gar nicht. Ausgehend von unserer letzten Bundesfrauenkonferenz über den Gewerkschaftstag 2008 haben wir zur DGB-Bundesfrauenkonferenz 2010 und zum DGB-Kongress 2010 die Initiative zur Abschaffung der Minijobs ergriffen. Aufgrund der Beschlusslage des Kongresses hat eine Arbeitsgruppe unter Mitarbeit der NGG einen Vorschlag zur Neuordnung von Kleinstarbeitsverhältnissen hin zur sozialen Sicherung von Teilzeitarbeit erarbeitet, den der DGB-Bundesvorstandes am 6. März 2012 beschlossen hat. Dazu hat der DGB eine ausführliche Broschüre herausgeben und wird die entsprechende Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit übernehmen. Erwerbseinkommen Jede dritte Frau mit einer Vollzeitstelle bezieht lediglich einen Niedriglohn. Ende 2009 waren in Deutschland 2,4 Millionen weibliche Vollzeitbeschäftigte Geringverdienerinnen. Das entspricht einem Anteil von 33 Prozent. Bei Vollzeit arbeitenden Männern ist der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten mit 13 Prozent deutlich kleiner. Laut Berechnungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) auf der Basis des Sozioökonomischen Panel (SOEP) 2010 haben folgende Beschäftigtengruppen ein besonders hohes Niedriglohnrisiko: • • • • • Beschäftigte im Minijob Jüngere (unter 25 Jahre) Befristet Beschäftigte Gering Qualifizierte Ausländische Beschäftigte 71,1 Prozent 57,5 Prozent 46,6 Prozent 37,9 Prozent 38,9 Prozent Teilzeitbeschäftigte (24,1 Prozent) und insbesondere im Minijob Beschäftigte (71,1 Prozent) sind von Niedriglöhnen überproportional betroffen. In beiden Sektoren ist der Frauenanteil hoch. Außerdem kommen bei Frauen häufig niedrige Stundenlöhne und kurze Arbeitszeiten zusammen. Das hat negative Auswirkungen auch auf die Absicherung im Alter und bei Arbeitslosigkeit. Geschäftsbericht 2008–2012 207 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Spaltung des Arbeitsmarktes nimmt zu Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, HBS, 2011 Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes ist daher für Frauen extrem wichtig. Sie würden besonders von einem gesetzlichen Mindestlohn profitieren, da sie häufig in Branchen mit geringerer Tarifbindung und niedrigeren Tariflöhnen (sog. Frauenbranchen) arbeiten. Laut IAQ hätte ca. jede vierte Frau bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde Anspruch auf eine Lohnerhöhung, bei den Männern nur etwa jeder Siebte. 208 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Die Entgeltlücke Ungleichheit bei den Löhnen Quelle: Eurostat, HBS, 2011 Jedes Jahr zum 8. März veröffentlicht das Statistische Bundesamt die aktuellen Zahlen zur „Entgeltgleichheit von Frauen und Männern“ und stellt immer wieder fest, dass sich der sogenannte „Gender Pay Gap“ für Frauen defacto nicht verändert. Nachdem er über Jahre konstant 23 Prozent betrug, sank er 2011 minimal auf 22 Prozent. Trotz aller verbalen Ankündigungen von Unternehmen und Politik hat sich damit an der Situation für Frauen wenig geändert: Deutschland bleibt in puncto Entgeltdiskriminierung in Europa Spitze! Geschäftsbericht 2008–2012 209 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Dr. Christina Klenner vom WSI hat folgende Ursachen für die Entgeltdifferenzen herausgearbeitet: • Frauen arbeiten häufiger in Branchen mit niedrigen Entgelten, z. B. Gastgewerbe, Bäckerhandwerk, Einzelhandel, sie sind seltener in Führungsfunktionen und arbeiten häufiger in kleinen Betrieben. • Sie wechseln seltener den Betrieb wegen des Einkommens und verfügen über geringere Berufsjahre wegen familienbedingter Unterbrechungen. • Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit, sie erleiden als Wiedereinsteigerinnen Einkommenseinbußen und haben weniger Chancen auf berufliche Förderung und Qualifikation. • Sie verrichten mehr unbezahlte Überstunden und erhalten weniger Zulagen als Männer. • Das Tarifsystem ist vielfach nicht geschlechtsneutral, z. B. werden bei der Arbeitsbewertung häufig Anforderungen an frauendominierten Arbeitsplätzen nicht bewertet oder Kriterien an männerdominierten Arbeitsplätzen werden höher gewichtet und dadurch besser bezahlt. Entgeltungleichheit zwischen den Geschlechtern Quelle: HBS, 2010 Mit dem Antrag B13 zum 15. Gewerkschaftstag in 2008 ist das Thema auch in der NGG auf die Tagesordnung gekommen. Der Bundesfrauenausschuss, aber auch die Genderbeauftragten der Landesbezirke haben sich mit der Frage beschäftigt, ob Entgeltdiskriminierung in den Tarifverträgen der NGG vorkommt und wie konkrete Diskriminierung festgestellt werden kann. 210 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Mit Förderung der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) haben Dr. Karin Tondorf und Dr. Andrea Jochmann-Döll das Prüfinstrument „eg-check. de“ entwickelt, mit dessen Hilfe eine mögliche Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt auf betrieblicher und tariflicher Ebene identifiziert und beseitigt werden kann. In einer gemeinsamen Veranstaltung der Tarifabteilung und des Referates Frauen- und Gleichstellungspolitik stellte Dr. Karin Tondorf 2011 das Prüfinstrument vor. Obwohl die öffentliche Wahrnehmung steigt, der Equal Pay Day immer mehr Resonanz findet, Prüfinstrumente wie Logib D und eg-check.de vorliegen, gibt es wenig bis keine Bewegung – weder betrieblich noch tariflich. Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die „Überwindung der Entgeltungleichheit“ als Anliegen definiert, stellt aber keine gesetzlichen Maßnahmen in Aussicht. Der Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion, die im Herbst 2011 einen Gesetzentwurf für ein „Entgeltgleichheitsgesetz“ in die Diskussion brachte, wurde daher von den Gewerkschaftsfrauen im DGB positiv begleitet, denn wir brauchen in Deutschland eine gesetzliche Regelung, die Unternehmen verpflichtet, ihre Entgeltpraxis systematisch zu überprüfen und geschlechterneutral zu gestalten. Der mehrfach überarbeitete Entwurf wurde im Juni 2011 in den Bundestag eingebracht, jedoch mit der Mehrheit der Regierungsparteien abgelehnt. Gender Pay Gap ist ein Begriff der Volkswirtschaftslehre und der Soziologie, der den durchschnittlichen Unterschied der Stundenlöhne und damit Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen in der gesamten Volkswirtschaft beschreibt. Geschäftsbericht 2008–2012 211 Der Equal Pay Day ist der Tag im Jahr, bis zu dem Frauen über den Jahreswechsel hinaus arbeiten müssen, um das gleiche Jahresentgelt eines Mannes zu bekommen. Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 4.2.3 Frauen in der NGG Mitgliederentwicklung Von 2007 bis 2011 ist die Mitgliederentwicklung insgesamt leicht rückläufig. Die Zahl der weiblichen Mitglieder ist im gleichen Zeitraum um 2.310 gestiegen. Der Frauenanteil an der Gesamtmitgliedschaft ist von 39,8 Prozent Ende 2007 auf 40,94 Prozent am 31. Dezember 2011 kontinuierlich angestiegen. Mitgliederentwicklung 2007 bis 2011 Frauen Frauen (in Prozent) 2007 2008 2009 2010 2011 82.768 82.562 82.447 83.391 84.186 39,8 40,12 40,28 40,55 40,94 Männer 125.179 123.233 122.223 122.255 121.451 Gesamt 207.947 205.795 204.670 205.646 205.637 Quelle: NGG, 2012 In den Wirtschaftsgruppen Gastgewerbe sowie Getreide sind nicht nur die meisten weiblichen Mitglieder organisiert, in beiden Bereichen konnte im Berichtszeitraum der Anteil gesteigert werden: Mitgliederentwicklung Gastgewerbe Frauen Frauen (in Prozent) 2007 2008 2009 2010 2011 20.321 20.746 20.943 21.879 22.413 57,77 57,80 57,85 58,24 58,42 Männer 14.852 15.147 15.258 15.691 15.952 Gesamt 35.173 35.893 36.201 37.570 38.365 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 Im Gastgewerbe ist die Anzahl der weiblichen Mitglieder um 2.092 auf 22.413 gestiegen, der prozentuale Frauenanteil um 0,65 Prozentpunkte. Mitgliederentwicklung Getreide 2007 2008 2009 2010 2011 14.402 15.068 15.255 15.766 16.457 47,56 48,27 48,37 48,32 49,02 Männer 15.881 16.150 16.286 16.862 17.116 Gesamt 30.436 30.125 30.157 29.519 30.283 Frauen Frauen (in Prozent) Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2012 212 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben In der Wirtschaftsgruppe Getreide sind mehr als 49 Prozent der Mitglieder weiblich. Das sind vor allem die Verkäuferinnen aus dem Bäckerhandwerk. Umsetzung der Wahlordnung Bei den Delegierten- und Gremienwahlen in 2008 musste erstmalig die neue Wahlordnung mit der Minderheitengeschlechtsquote berücksichtigt werden. Die entsprechende Satzungsänderung ging auf den Antrag S 11 vom Bundesfrauenausschuss zum 14. Ordentlichen Gewerkschaftstag zurück. Die Organisation hat die Wahlordnung erfolgreich umgesetzt: Der Anteil der weiblichen Delegierten zum 15. Ordentlichen Gewerkschaftstag lag mit 41,01 Prozent leicht über dem Mitgliederfrauenanteil von knapp 40 Prozent. Auch im Hauptvorstand sowie den Landesbezirksvorständen sind mehr Frauen vertreten. Beteiligung von Frauen in den Landesbezirksvorständen (stimmberechtigte Mitglieder) Gesamt Landesbezirk Nord *) Niedersachsen/Bremen Frauen Frauenanteil (in Prozent) Gesamt 23,1 16,7 15 2006 13 12 Frauen Frauenanteil (in Prozent) 2011 3 2 5 33,3 NRW 13 5 38,5 13 6 46,2 Bayern 12 3 25,0 12 4 33,3 Hessen/RP/Saar Baden-Württemberg **) 13 13 4 3 30,8 23,1 23 9 39,1 Ost 13 8 61,5 13 6 46,2 gesamt 89 28 31,5 76 30 39,5 * Fusion LB Niedersachsen/Bremen und Nord in LB Nord; ** Fusion LB Baden-Würtemberg und HRS in LB Südwest; Quelle: NGG, 2012 Beteiligung von Frauen auf Bundesebene Gesamt Frauen Frauenanteil (in Prozent) Frauenanteil in Prozent an der Mitgliedschaft Mitglied im NGG-Hauptvorstand 31.12.2011 30 13 43,33 40,9 Mitglied im NGG-Hauptvorstand 31.12.2006 33 12 36,36 39,7 139 57 41,01 40,0 22 8 36,36 40,3 Funktion Delegierte zum Gewerkschaftstag 2008 NGG-Delegierte zum DGB-Kongress 2010 Quelle: NGG, 2012 Geschäftsbericht 2008–2012 213 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Die neuen Richtlinien für die gewerkschaftliche Frauenarbeit Im Juni 2011 hat der Hauptvorstand die Vorlage des Bundesfrauenausschusses für neue Richtlinien für die gewerkschaftliche Frauenarbeit beschlossen. Anlass für die Überarbeitung der bisherigen Richtlinien waren zum einen der Antrag A 21 des letzten Gewerkschaftstages, zum anderen aber auch die erforderlichen Anpassungen an die geltende Satzung. Frauenkonferenzen Im Frühjahr 2012 wurden in den Landesbezirken die Frauenkonferenzen durchgeführt; im Oktober 2012 fand die zehnte NGG-Bundesfrauenkonferenz statt, erstmals im BZO und mit einem neuen Konzept: Die Delegierten haben sich ihre Anträge am zweiten Konferenztag selbst erarbeitet. Das Referat hat einen ausführlichen Tätigkeitsbericht vorgelegt. Das Motto der Konferenzen „stark.frauen in der NGG“ wurde im Herbst 2011 mit drucktechnik, Hamburg erarbeitet; dazu wurde auch ein neues Logo entwickelt. 214 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Gewerkschaftliche Bildungsarbeit Seminare mit und für Frauen werden vorrangig in den Landesbezirken und einigen Regionen durchgeführt. Traditionell bieten wir auf Bundesebene jährlich ein Wochenseminar in Zusammenarbeit mit Dr. Monika Niebuhr im BZO für Frauen im Betriebsrat an. Die Inhalte waren u. a. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Entgeltungleichheit, Konfliktmanagement, wirtschaftliches Wissen für Betriebsrätinnen, Gesundheitsmanagement, psychische Belastungen im Arbeitsalltag, Fachkräftemangel und lebenslanges Lernen sowie Arbeitszeitsouveränität für Beschäftigte. 4.2.4 Das ILO-Übereinkommen 189 zum Schutz der Hausangestellten Ein Schwerpunkt der Arbeitskonferenz 2010 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), einer Unterorganisation der UNO, war die Situation der Beschäftigten in der privaten Hauswirtschaft. In der Unterarbeitsgruppe Hauswirtschaft ging es u. a. um die Frage, ob es für die Beschäftigten nur eine Entschließung oder ein Übereinkommen (Konvention) geben soll, deren Inhalte auf Grundlage einer Umfrage in den einzelnen Ländern erarbeitet wurden. Die Konferenz hat sich in einer Kampfabstimmung für eine Konvention für die Hauswirtschaft ausgesprochen. In der Folgekonferenz in 2011 wurde dann das Übereinkommen 189 endgültig beschlossen. Damit wurde der Status der Hausangestellten als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer völkerrechtlich anerkannt, sie können somit Rechte aus den jeweiligen nationalen Gesetzgebungen einfordern. Die Verabschiedung ist eine Erfolgsgeschichte der ILO, die es sich zum Auftrag gemacht hat, weltweit menschenwürdige Arbeit zu schaffen. Das Übereinkommen muss jetzt von den nationalen Regierungen ratifiziert werden. Dazu wird es in Deutschland auch vonseiten des DGB Unterstützung geben. Ziel muss sein, auch in privaten Haushalten sozialversicherungspflichtige und Existenz sichernde Arbeitsplätze zu schaffen. Dass auch in diesem Sektor tarifpolitisch etwas zu bewegen ist, beweist die Gewerkschaft NGG seit vielen Jahren. Mit den Tarifverträgen zwischen der NGG und dem DHB-Netzwerk Haushalt haben die betroffenen Beschäftigten – auch die geringfügig Beschäftigten – Ansprüche auf ein faires Einkommen, auf bezahlten Urlaub, Weihnachtsgeld, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall etc. 4.3 Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Wohnbevölkerung Ende 2011 lebten in der Bundesrepublik insgesamt rund 6,9 Millionen Migrantinnen und Migranten, das sind rund 8,47 Prozent der Wohnbevölkerung (81,8 Millionen). EU-Migrantinnen und -Migranten stellen einen Anteil von 37,5 Prozent, der Anteil dieser Gruppe ist mit der Erweiterung der EU auf 27 Staaten stark angestiegen. Die größte Gruppe der Migrantinnen und Migranten kommt aus der Türkei mit einem Anteil von 23,2 Prozent. Bei den EU-Bürgerinnen und -Bürgern stellt Italien die größte Gruppe, ihr Anteil an der Gesamtzahl der ausländischen Geschäftsbericht 2008–2012 215 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Wohnbevölkerung liegt bei 7,5 Prozent. Der Frauenanteil an der gesamten ausländischen Wohnbevölkerung liegt bei 48,8 Prozent. Mehr als 53 Prozent aller Migrantinnen und Migranten leben länger als acht Jahre in Deutschland, knapp 30 Prozent sogar länger als 25 Jahre. Ausländische Wohnbevölkerung im Bundesgebiet (31.12.2011) Staatsangehörigkeit Gesamt männlich weiblich Anteil am Gesamt (in Prozent) alle Nationalitäten 6.930.896 3.547.419 3.383.477 100,0 Türkei 1.607.161 838.985 768.976 23,2 EU 2.599.190 1.381.152 1.218.038 37,5 darunter Italien 520.159 306.564 213.595 7,5 darunter Polen 468.481 235.348 233.133 6,75 Quelle: Statistisches Bundesamt, 2012 Beschäftigung Am 31. Juni 2011 sind etwa 2,06 Millionen Personen ausländischer Herkunft sozialversicherungspflichtig beschäftigt, das sind 7,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Den größten Anteil stellen die Bürgerinnen und Bürger aus den EU-Ländern (EU 27) mit 40,8 Prozent. Die Erwerbsquote ausländischer Frauen ist mit bundesweiten 38,6 Prozent gesunken und beträchtlich niedriger als die der deutschen Frauen mit 70,7 Prozent. Während der Anteil der ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an der Gesamtzahl der versicherungspflichtig Beschäftigten bei 7,3 Prozent liegt, so stellen sie im Gastgewerbe rund 22,4 Prozent aller Beschäftigten. Arbeitslosigkeit Ende Dezember 2011 waren 470.212 Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit arbeitslos, der Frauenanteil lag bei 48,6 Prozent. Die Arbeitslosenquote betrug 15,8 Prozent. Die Anzahl der arbeitslosen Deutschen verringerte sich in 2011 um acht Prozent, die Abnahme bei ausländischen Personen nur um sechs Prozent. Nach wie vor sind Ausländerinnen und Ausländer wesentlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Deutsche. Ihre Arbeitslosenquote (bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen) war im Jahresdurchschnitt mit 14,6 Prozent mehr als doppelt so hoch wie die der Deutschen mit 6,4 Prozent. Die Quoten haben um 1,1 bzw. um 0,6 Prozentpunkte abgenommen (Quelle: BA Jahresbericht 2011). Ausländische Kolleginnen und Kollegen in der NGG Ende 2011 waren 15.829 ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Mitglied in der Gewerkschaft NGG. 216 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Ausländische Mitglieder nach Wirtschaftsgruppen 31.12.2006 31.12.2011 gesamt männlich weiblich gesamt männlich weiblich 16.478 10.840 5.638 15.829 10.207 5.622 Getränke 1.638 1.554 84 1.504 1.429 75 Getreide 2.688 1.919 769 2.796 1.926 870 Fleisch/Fisch 2.209 1.336 873 2.068 1.213 785 Milch/Fett 1.042 872 170 974 807 167 Zucker 1.746 820 926 1.317 658 659 Gastgewerbe 5.457 3.185 2.272 5.546 3.020 2.526 kA kA kA 753 430 323 Summe darin enthalten In Leiharbeit Quelle: NGG, 2012 Der Anteil der ausländischen Mitglieder hat sich vom 31. Dezember 2007 bis zum 31. Dezember 2011 um 649 = 3,94 Prozent verringert (im Vergleich dazu hat sich die Gesamtmitgliederzahl um 2,73 Prozent reduziert). In den Wirtschaftsgruppen Getreide, Zucker und Gastgewerbe ist der Gesamtanteil gestiegen; der Anteil der weiblichen Mitglieder stieg im Gastgewerbe und in der Wirtschaftsgruppe Getreide. Arbeitnehmerfreizügigkeit und Fachkräftemangel Im Mai 2011 ist auch in Deutschland und Österreich die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft getreten: Beschäftigte aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ungarn, Slowenien sowie aus der Slowakischen Republik und der Tschechischen Republik können nun auch in Deutschland arbeiten. Die Prognosen über Zuwanderung aus diesen Ländern waren sehr unterschiedlich. Die Bundesagentur hat im Dezember 2012 dazu folgende Zahlen veröffentlicht: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig und ausschließlich geringfügig Beschäftigten aus den acht neuen Mitgliedstaaten hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Im April 2011 waren 227.000 Beschäftigte mit einer Staatsangehörigkeit aus einem dieser Länder in Deutschland gemeldet. Im Oktober 2012 betrug die Zahl der Beschäftigten schon 372.000 und damit 145.000 oder 64 Prozent mehr als im April 2011 und 88.000 oder 31 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Mit der Zuwanderung aus den EU-8-Ländern steigt das Risiko des Lohndumpings in der Ernährungswirtschaft. Dabei sind die Wanderarbeitenden das stärkste Problem: Durch Verlagerung von Verleihfirmen ins Ausland und durch deren Entsendung von Beschäftigten nach Deutschland wird der Import von Dumpinglöhnen forciert. Gleichzeitig werden dadurch die in Deutschland geltenden Tarifverträge unterlaufen. Die Gewerkschaft NGG setzt sich daher für die konsequente Umsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ ein und fordert einen gesetzlichen Mindestlohn für Deutschland, weil es nicht in allen Branchen Tarifpartner und damit Tarifverträge gibt. Darüber hinaus müssen Schlupflöcher im Werksvertragsrecht beseitigt werden. Geschäftsbericht 2008–2012 217 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Die Situation im Gastgewerbe stellt sich etwas anders dar. Hier ist der Anteil an ausländischen Beschäftigten traditionell höher, insbesondere in der Systemgastronomie. Zugewanderte erhalten erfahrungsgemäß in der Gastronomie leichter eine Arbeitserlaubnis als in anderen Sektoren. In der Zimmerreinigung und in den Spülküchen arbeiten daher überwiegend Migrantinnen und Migranten. Das Gastgewerbe zählt zu den Niedriglohnbereichen und ist stark prekarisiert: Jeder zweite Job ist schon jetzt ein „Minijob“! Die Branche bekommt den demografischen Wandel zu spüren: Die Ausbildungszahlen sind in allen gastronomischen Berufen rückläufig. Der Ruf nach ausländischen Fachkräften ist daher laut, gemeint sind aber billige Beschäftigte, um den Ausbildungsrückgang auszugleichen. Wir warnen davor: Im Gastgewerbe mangelt es nicht an Fachkräften, sondern an „Guter Arbeit“. Nur durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen kann die Branche attraktiv werden. Dazu gehören u. a.: bessere Arbeits(zeit)bedingungen, bessere Bezahlung, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und alternsgerechte Arbeitsbedingungen für eine älter werdende Belegschaft. Im Organisationsbereich der NGG kann es aufgrund eines Arbeitgeberverhaltens, das zunehmend ausländische Kolleginnen und Kollegen missbraucht, um unsere Tarifverträge zu unterlaufen, zu weiteren problematischen und skandalösen Entwicklungen kommen. Lohndumping und Hungerlöhne müssen bekämpft werden. Darum fordern wir u.a. die Einführung eines branchenübergreifenden flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes in Deutschland. DGB-Projekt „Faire Mobilität“ „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“. Unter diesem Titel führt der DGB seit November 2011 ein Projekt zur Information, Beratung und Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus den mittel- und osteuropäischen Staaten durch. Dieses Projekt leistet einen Beitrag zur Herstellung von sozialen und gerechten Arbeitsbedingungen und zur Umsetzung der Forderung nach gleicher Bezahlung am gleichen Ort. Irreguläre Beschäftigung Die soziale, rechtliche und gesellschaftliche Situation von Menschen mit irregulärem Status in Deutschland muss grundlegend verbessert werden. Die Bundesrepublik Deutschland muss hierfür die Rahmenbedingungen schaffen. Der DGB und seine Gewerkschaften haben dazu konkrete Forderungen und Anregungen erarbeitet, die sich zum Teil an den Gesetzgeber richten, um zum einen angemessene rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen und zum anderen Menschen ohne regulären Aufenthalt bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Konzerninterne Entsendung von Drittstaatsangehörigen Im Juli 2010 wurde von der EU-Kommission der Entwurf für eine Richtlinie „über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen einer konzerninternen Entsendung“ (KOM 2010(378) verabschiedet. Grundsätzlich bestehen Zweifel über die Notwendigkeit einer spezifischen Richtlinie über konzerninterne Entsendung. Stattdessen könnte die Entsendung (bzw. Versetzung) von hoch qualifizierten Drittstaatsangehörigen im Rahmen der bereits bestehenden „Blue Card Richtlinie“ geregelt werden, zumal dies die erforderliche Gleichbehandlung von verschiedenen Gruppen von Hochqualifizierten garantieren würde. Unabhängig davon enthält der Entwurf zahlreiche problematische Bestimmungen und wird daher in der vorgelegten Fassung von den Gewerkschaften abgelehnt. 218 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 4.4 Seniorenarbeit Die Seniorenarbeit im Berichtszeitraum hat durch die Verabschiedung einer neuen Arbeitsrichtlinie durch den NGG-Hauptvorstand eine neue Grundlage erfahren. Auf ihrer Basis haben sich in vielen Regionen neue Seniorenarbeitskreise (SAK) gebildet und eines ihrer Mitglieder in den Regionsvorstand entsendet. Auf Bundesebene nahm der Koordinierungs-Ausschuss Seniorenpolitik (KAS) seine Arbeit auf und löste damit die Arbeitsgruppe zur Seniorenpolitik ab. Ihm gehören je eine Vertreterin oder ein Vertreter aus jedem Landesbezirk an: Landesbezirk Nord: Landesbezirk Nordrhein-Westfalen: Landesbezirk Bayern: Landesbezirk Südwest: Landesbezirk Ost: Uwe Westphal Hans-Josef Cremer Gertrud Ziegltrum Lothar Schlömer Waltraud Grabbert An den Sitzungen nimmt auch der von NGG für die Vertretung im DGB-Arbeitskreis Seniorenpolitik benannte Kollege Heinz Pasterny teil. Der KAS hat im Berichtszeitraum zwei bis dreimal im Jahr getagt. Der Koordinierungs-Ausschuss Seniorenpolitik hat im Berichtszeitraum folgende Themen behandelt: Entwicklung einer Handlungshilfe für die Seniorenarbeit auf Basis der neuen Richtlinie Die Arbeit an der Erstellung der Handlungshilfe nahm einen Großteil der Zeit im KAS in Anspruch. Ziel war es, mit kurz gehaltenen Tipps Empfehlungen für verschiedene Aspekte in der Arbeit eines Seniorenarbeitskreises zu geben, ohne einen „Königsweg“ vorzugeben. Dabei spielte auch die Zusammenarbeit zwischen einem SAK und dem Regionsbüro bzw. den Regionsgeschäftsführerinnen und -geschäftsführern eine wichtige Rolle. Vor diesem Hintergrund hat der KAS die im Vorberichtszeitraum erstellten Ansätze für eine Handlungshilfe revidiert und in eigenständiger Arbeit eine neue Broschüre zusammengestellt. Sie wird in 2013 endgültig fertiggestellt und in den Regionen verteilt. Umsetzung der Richtlinie und Bildung von Seniorenarbeitskreisen in den Regionen Der KAS hat sich regelmäßig über den Stand der Seniorenaktivitäten in den Regionen nach der Verabschiedung der Richtlinien Kenntnis verschafft. Erfreulich ist, dass sich im Berichtszeitraum in allen Landesbezirken neue Seniorenarbeitskreise gebildet haben. Die Mitglieder des KAS haben die Neugründung und die ersten Schritte aktiv unterstützt. Koordinierung von Seniorenaktivitäten in Regionen und Landesbezirken Durch die wechselseitigen Berichte haben die Mitglieder des KAS Anregungen für Aktivitäten und Veranstaltungen in den Regionen ihres Landesbezirks erhalten. In fast allen Landesbezirken haben weiterhin Erfahrungstreffen der Seniorenarbeitskreise unter Koordination der Mitglieder des Koordinierungs-Ausschusses Seniorenpolitik stattgefunden. Geschäftsbericht 2008–2012 219 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Mitgliederentwicklung im Bereich der Seniorinnen und Senioren und mögliche Aktivitäten zur Rückgewinnung kündigender Seniorinnen und Senioren Die Mitgliederentwicklung im Bereich der NGG-Seniorinnen und -Senioren ist anders als für die übrigen Mitgliedergruppen im Berichtszeitraum leider keine „Erfolgsgeschichte“. Betrug der Anteil der Seniorinnen und Senioren im Dezember 2007 noch 16,6 Prozent, so sank er zum 31. Dezember 2012 auf 14,8 Prozent. Die absolute Zahl der Mitglieder sank um mehr als 4.000, die Gesamtzahl der Mitglieder lediglich um ca. 1.700. Der KAS hat die Zahlen mehrfach analysiert. Ein entscheidender Grund für den Mitgliederverlust ist die Kündigung vieler Mitglieder insbesondere in den ersten beiden Jahren, nachdem sie aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Um diese Zahl zu verbessern, hat der KAS einen Vorschlag zur frühzeitigen Ansprache von Mitgliedern noch vor dem Wechsel in die Nachberuflichkeit entwickelt und in die Handlungshilfe aufgenommen. Weiterhin sind erste Schritte hin zu einem Projekt „Senioren halten Senioren“ unternommen worden, in dem aktive Seniorinnen und Senioren sich mit Telefonanrufen und persönlichen Gesprächen mit kündigenden Kolleginnen und Kollegen unterhalten und sie von der Fortsetzung ihrer Mitgliedschaft bei NGG und der Mitwirkung in der Seniorenarbeit überzeugen. Zum Ende des Berichtszeitraums stand die Ermittlung einer Pilotregion auf der Tagesordnung. Weiterentwicklung der Öffentlichkeitsarbeit für Seniorinnen und Senioren im Internet und der ‚einigkeit’ Der Koordinierungs-Ausschuss Seniorenpolitik hat für die Präsentation der NGG-Seniorenarbeit auf der NGG-Homepage einige Seiten mit wichtigen Informationen zusammengestellt. Ziel war es, einem auf den Altersübergang zusteuernden Mitglied Informationen über die Vorteile der Mitgliedschaft als Seniorin oder Senior und wichtige Tipps zu geben und auf die Möglichkeit zur Mitwirkung in den Seniorenarbeitskreisen hinzuweisen. Weiterhin hat der KAS regelmäßig Themen für die Berichterstattung über die Seniorenarbeit in der ‚einigkeit’ zusammengetragen. Das selbst gesteckte Ziel, in jeder Ausgabe einen ausführlichen Bericht über Aktivitäten in Regionen oder neue Seniorenarbeitskreise liefern zu können, wurde zwar nicht ganz erreicht, doch ist die Präsenz von „Seniorenthemen“ im gesamten Berichtszeitraum deutlich verbessert worden. 5. Finanzen und Rechnungswesen Im Berichtszeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2012 umfasste die Finanz- und Vermögensverwaltung der Hauptverwaltung folgende Arbeitsbereiche: • Mitgliederbestandsverwaltung (Beitrags- und Leistungswesen, Mahnwesen, Mitgliederstatistik) • Finanz- und Rechnungswesen (Finanzbuchhaltung, Abrechnung mit Landesbezirken und Regionen) • Innere Verwaltung (KFZ- und Versicherungsangelegenheiten, Post- und Telefonstelle, Inventar- und Materialverwaltung, Einkauf ) • Vermögens-, Haus- und Grundstücksverwaltung über die Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mbH 220 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Mitgliederentwicklung Im Berichtszeitraum ist die Mitgliederzahl um 0,8 Prozent auf 206.203 zurückgegangen. Dies ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen Legislatur, in der die Mitgliederzahl um 15,2 Prozent sank. Trotz des Mitgliederverlustes gibt es mehrere erfreuliche Entwicklungen: • Echte Mitgliederverluste hat NGG nur in den ersten beiden Jahren des Berichtszeitraums hinnehmen müssen. Seit 2010 haben wir positive Zahlen zu vermelden: 2010 stieg die Mitgliederzahl um 1,0 Prozent, 2011 wurde die Mitgliederzahl fast auf die letzte Stelle gehalten, in 2012 konnten wir wiederum ein Plus von 0,3 Prozent erzielen. • Die Zahl der Erwerbstätigen Mitglieder ist in jedem Jahr des Berichtszeitraums gestiegen, insgesamt um mehr als 7.000 Mitglieder. Der Anteil der Erwerbstätigen liegt am 31. Dezember 2012 bei 79,2 Prozent gegenüber 75,1 Prozent zum 31. Dezember 2012. • Die Zahl der Abgänge pro Jahr ist im Berichtszeitraum um 15,4 Prozent gesunken. Entwicklung der Wirtschaftsgruppen 2007 Anzahl 2012 in Prozent Anzahl Veränderung in Prozent Anzahl in Prozent Getränke 24.259 15,5 23.167 14,2 -1.092 -1,3 Getreide 30.283 19,4 34.073 20,6 3.290 1,2 Fisch/Fleisch 17.146 11,0 16.385 10,0 -761 -0,9 Milch/Fett 12.592 8,1 13.312 8,2 720 0,1 Zucker 15.005 9,6 13.261 8,1 -1.744 -1,5 Obst/Gemüse 5.508 3,5 5.931 3,6 423 0,1 Tabak 4.147 2,7 3.831 2,3 -316 -0,3 Hotels/Gaststätten 35.173 22,5 39.902 24,4 4.729 1,9 Genossenschaften 1.645 1,1 1.187 0,7 -458 -0,3 Sonstige Erwerbstätige 62.189 24,9 55.154 20,8 -8.843 -4,1 Erwerbstätige gesamt 207.947 100 206.203 100 -1.744 -0,8 *Anteil in Prozent; Quelle: NGG, 2013 Geschäftsbericht 2008–2012 221 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Finanz- und Rechnungswesen Die Finanzpolitik der NGG hat sich im Berichtszeitraum auf verschiedene Schwerpunkte konzentriert: Sicherung und Verbesserung der Beitragseinnahmen Die Entwicklung der Beitragseinnahmen ist im Berichtszeitraum durchweg erfreulich zu werten. Nachdem zwischen 1992 und 2006 die Einnahmen stets rückläufig waren, ist das Beitragsaufkommen von 2008 bis 2012 um fast 3,2 Millionen Euro gestiegen (+9,8 Prozent). Dieses Ergebnis ist zu einem großen Teil das Resultat guter Tarifpolitik, die durch Tariferhöhungen auch die Beitragseinnahmen nachhaltig gesichert hat. Darüber hinaus haben auch die bereits im Berichtszeitraum 2003-07 eingeleiteten aktiven Maßnahmen zur Optimierung des NGG-Mahnwesens, zur Überwachung der Beitragsermäßigungen und zur Verminderung von Rückläufern die positive Beitragsentwicklung gesichert. Kostenmanagement im Personal- und Sachkostenbereich Trotz Stabilisierung der Einnahmenseite galt es, weiterhin die laufenden Aufwendungen durch konsequentes Kostenmanagement zu stabilisieren. • vereinbarung zur Altersteilzeit für die Personalentwicklung und die Stabilisierung der Personalkosten. Dabei galt es aber auch, durch rechtzeitige Ausbildung und Einstellung jüngerer Kolleginnen und Kollegen für eine Kontinuität in der Verfolgung der gewerkschaftlichen Aufgaben zu sorgen. Aus diesem Grund konnten im Berichtszeitraum im Bereich der Personalkosten keine Entlastungen verzeichnet werden, jedoch sind insbesondere im Verwaltungsbereich der Hauptverwaltung einige frei gewordene Stellen nicht erneut besetzt worden. • durch eine Arbeitsgruppe des Hauptvorstands erneut beleuchtet. Die von der Arbeitsgruppe entwickelten Maßnahmen betrafen eine weitere Konsolidierung der EDV-Kosten (bei erheblich höherem Leistungsvolumen der eingesetzten Hard- und Software deutliche Reduzierung der Kostenseite), mit Einsparungen von Druck- und Versandkosten bei Mitgliedsausweisen, Telefon- und Reisekosten sowie bei einigen speziellen Betriebskosten in der Hauptverwaltung konnten im Berichtszeitraum nachhaltige Verbesserungen erzielt werden. Einnahmen/Ausgaben (in Euro) Beitragseinnahmen Ausgaben 2008 32.961.845 38.773.795 2009 33.531.705 41.176.333 2010 34.162.567 39.795.675 2011 35.109.187 38.006.147 2012 35.845.426 38.514.112 Quelle: NGG, 2013 222 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Einnahmen nach Landesbezirken (in Euro) 2008 2009 2010 2011 2012 Nord 8.529.211 8.626.724 8.760.270 8.986.651 9.146.344 Nordrhein-Westfalen 7.239.117 7.305.975 7.468.623 7.680.893 7.937.289 Bayern 5.293.014 5.377.839 5.551.302 5.774.832 5.847.832 Hessen/Rhl.-Pf./Saar 4.443.766 4.435.604 4.458.933 Baden-Württemberg 3.436.319 3.437.466 3.510.346 8.122.764 8.276.935 Südwest Ost Gesamt 4.253.653 4.348.099 4.413.092 4.544.046 4.637.025 33.195.080 33.531.705 34.162.567 35.109.187 35.845.426 Quelle: NGG, 2013 Geschäftsbericht 2008–2012 223 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Ausgabenübersicht (in Euro) 2008 (€) 2009 (€) 2010 (€) 2011 (€) 2012 (€) 33.195.080 33.531.705 34.162.567 35.109.187 35.845.426 Unterstützungen* 642.917 573.553 634.235 573.559 523.860 Rechtsschutz* 256.245 153.877 146.606 129.222 152.595 Leistungen an Mitglieder 899.162 727.430 780.841 702.781 676.455 Wirtschaftsgruppenarbeit* 545.366 548.689 501.433 583.669 632.771 Junge NGG 230.081 252.744 242.464 303.295 347.248 79.947 92.563 77.558 102.057 130.684 110.760 58.016 91.084 84.211 51.926 Internationales (ohne Beiträge) 25.129 59.138 27.609 31.765 61.775 Presse-/Öffentlichkeitsarbeit 93.471 83.079 67.174 89.104 66.307 Mitgliederzeitung 'einigkeit' 309.771 253.748 254.027 249.619 244.933 Politische Kampagnen 150.000 - 300.000 491.244 265.350 Organisationsentwicklung 282.603 259.500 214.323 256.220 246.088 Rückstellungen Organis.wahlen 357.000 312.270 351.000 224.440 460.007 Beratungen/Tagungen* 240.420 381.241 237.743 226.911 259.063 2.424.548 2.300.988 2.364.416 2.642.535 2.766.153 Beiträge DGB/IUL/EFFAT* 4.607.763 4.662.555 4.794.923 4.843.502 4.965.381 Beitragsanteile Regionen 4.979.262 5.029.756 5.124.385 5.266.378 5.376.814 Beiträge gesamt 9.587.025 9.692.310 9.919.308 10.109.880 10.342.195 17.457.885 17.603.929 17.964.143 18.008.198 18.361.632 3.091.190 3.158.196 3.273.642 3.007.564 2.887.749 544.423 502.344 483.004 473.277 561.248 21.093.497 20.931.394 21.496.007 21.489.039 21.810.629 1.468.436 1.347.344 1.182.697 1.061.369 1.060.085 573.248 599.389 614.673 508.373 566.606 EDV-Kosten 1.111.620 1.126.245 1.003.107 939.247 930.098 Rückstellungen 1.616.259 4.451.233 2.434.626 552.922 361.891 Sachkosten gesamt 4.769.563 7.524.210 5.235.103 3.061.911 2.918.680 Ausgaben gesamt 38.773.795 41.176.333 39.795.675 38.006.147 38.514.112 Beitragseinnahmen Leistungen an Mitglieder politische Arbeit Frauenpolitik Betriebspolitik* politische Arbeit gesamt Beiträge Personalkosten Personalkosten Unterstützungskasse HPR Personalkosten gesamt Sachkosten Sachkosten Hauptverwaltung Sachkosten Landesbezirke * Bestandteile s. einzelne Aufstellung; Quelle: NGG, 2013 224 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Ausgabenübersicht der Einzelbereiche (in Euro) Unterstützungen Freizeitunfallversicherung Altersunterstützung Hinterbliebenenunterstützung Notfallunterstützungen Jubilare Unterstützungen gesamt Rechtsschutz Arbeitsrechtsschutz Sozialrechtsschutz Gutachten Rechtsschutz gesamt Wirtschaftsgruppenarbeit Allgemeine Tarifarbeit Getränkewirtschaft Getreidewirtschaft/Handwerk Zucker, Süßwaren, Nestlé, Unilever Milch und Fette Fleisch, Fisch, Kühlhäuser Tabak Obst, Gemüse Gastgewerbe/Hauswirtschaft Handel Wirtschaftsgruppenarbeit Betriebspolitik Betriebspolitik Sozialpolitik Betriebspolitik Beiträge DGB IUL EFFAT Beiträge DGB/IUL/EFFAT 2008 (€) 2009 (€) 2010 (€) 2011 (€) 2012 (€) 163.734 265.063 203.198 500 10.422 642.917 146.053 209.208 201.254 4.906 12.132 573.553 259.693 171.483 184.964 1.200 16.895 634.235 212.147 154.687 183.785 2.600 20.341 573.559 190.685 143.540 168.088 3.350 18.197 523.860 238.992 8.172 9.081 256.245 148.691 5.186 153.877 139.414 3.391 3.800 146.606 117.871 3.857 7.494 129.222 146.155 1.512 4.928 152.595 1.366 157.604 37.440 180.369 27.789 139.098 36.379 107.379 28.712 136.356 93.858 20.425 83.897 33.433 74.983 31.271 101.780 53.593 121.661 35.116 71.380 48.064 28.788 31.928 91.830 126 545.366 63.782 14.419 30.434 35.194 68.254 1.467 548.689 76.188 28.211 21.894 25.931 75.786 282 501.433 78.064 16.651 23.675 37.249 128.899 583.669 72.835 19.999 33.503 53.536 131.053 632.771 76.555 34.205 110.760 27.638 30.378 58.016 59.521 31.563 91.084 40.474 43.737 84.211 29.155 22.771 51.926 4.107.011 308.323 192.429 4.607.763 4.146.516 325.291 190.748 4.662.555 4.222.478 374.440 198.005 4.794.923 4.213.102 423.975 206.425 4.843.502 4.301.451 449.493 214.437 4.965.381 Quelle: NGG, 2013 Geschäftsbericht 2008–2012 225 Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben Vermögens-, Haus- und Grundstücksverwaltung Die Vermögensverwaltungs- und Treuhandgesellschaft der Gewerkschaft Nahrung-GenussGaststätten mbH verwaltet für die NGG Grundstücke und Gebäude, Beteiligungen, Wertpapiere, vergebene Darlehen und das Umlaufvermögen. Vermögensausweis (in Prozent) 2008 2009 2010 2011 2012 10,9% 10,9% 10,1% 10,0% 8,9% 0,3% 0,3% 0,3% 0,3% 0,3% 77,8% 77,0% 78,3% 81,3% 81,1% Langfristige Darlehen 6,8% 6,8% 6,4% 6,3% 5,6% Umlaufvermögen 4,2% 5,1% 4,9% 2,2% 4,1% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% 100,0% Grundstücke und Gebäude Beteiligungen Wertpapiere Quelle: NGG, 2013 Grundstücke und Gebäude: • 2 Geschäftsgebäude in Hamburg • 1 Geschäftsgebäude in Berlin Beteiligungen: • Deutsche Presse-Agentur GmbH (dpa) Bonn • Gewerkschaftliche Immobiliengesellschaft für Restitutionsobjekte mbH (GIRO), Frankfurt/Main • Index „Gute Arbeit“ des DGB mbH, Berlin • Union KIT GmbH Wertpapiere: • Die Wertpapiere wurden überwiegend in einem ausschließlich für die VTG bestehenden geschlossenen Spezialfonds angelegt. Langfristige Darlehen: • Darlehensforderungen bestehen gegenüber dem Bildungszentrum Oberjosbach. Umlaufvermögen: Das Umlaufvermögen umfasst jeweils Bargeldbestände, Bankguthaben und kurzfristige Forderungen. 226 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Abschnitt 4: NGG stärken – organisationspolitische Aufgaben 5.1 Revisionen durch die Hauptverwaltung Die NGG prüft auf allen Ebenen, ob die ihr anvertrauten Mitgliedsbeiträge satzungsgemäß verwendet werden. Dazu gehören die regelmäßig halbjährlich stattfindenden Revisionen der ehrenamtlichen Revisionskommissionen im Rahmen der Abschlüsse direkt in den Regionskassen. Zusätzlich werden Revisionen durch die Hauptverwaltung auf Anforderung oder aus gegebenem Anlass durchgeführt. Insbesondere, wenn in den Regionen ein Wechsel in der Geschäftsführung oder bei den mit den Kassengeschäften beauftragten hauptamtlichen Beschäftigten stattfindet, ist es sinnvoll, eine zusätzliche Revision durchzuführen. Im Berichtszeitraum sind bundesweit 38 Revisionen in den Regionen durchgeführt worden, meist weil Kolleginnen und Kollegen in die Freistellungsphase der Altersteilzeit gegangen sind. Im Ergebnis kann für alle Revisionen mitgeteilt werden, dass die Beitragseinnahmen grundsätzlich verantwortungsvoll für die Durchführung der Geschäfte in den Regionen eingesetzt werden. Dennoch gibt es aus diesen Revisionsberichten auch einzelne, meist technische Hinweise, die das Buchungsverfahren und damit die Nachvollziehbarkeit der Verwendung unserer Mitgliedsbeiträge betreffen. Die aus den Prüfungen entstehenden Revisionsberichte werden vom Geschäftsführenden Hauptvorstand zur Kenntnis genommen, dann dem/der zuständigen Landesbezirksvorsitzenden und der Region zur Verfügung gestellt. Die Regionsgeschäftsführung gibt diesen Bericht dann dem örtlichen Vorstand und der Revisionskommission zur Kenntnis. Schulung der ehrenamtlichen Revisionskommissionen Zu den Aufgaben dieses Arbeitsbereiches gehört auch die Qualifikation der ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen. Dazu wurde ein neues Konzept einer Tagesschulung entwickelt. Diese Tagesschulung wurde erstmalig in 2012 in Düsseldorf durchgeführt. Fünf Regionen aus dem Landesbezirk Nordrhein-Westfalen haben zu diesem Termin Teilnehmende entsandt. Durch diese Qualifikation erhoffen wir uns, die Revision von ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen so zu gestalten, dass kurzfristig vor Ort auf mögliche Fehlentwicklungen schnell reagiert werden kann. Geschäftsbericht 2008–2012 227 228 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Anhang 2: Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien Geschäftsbericht 2008–2012 229 Landesbezirke und Regionen Im Berichtszeitraum hat es verschiedene Veränderungen in den NGG-Regionen gegeben, dies betrifft überwiegend die Geschäftsführenden der Regionen. Nach Anträgen der Landesbezirksvorstände Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar und BadenWürttemberg wurde auf einstimmigen Beschluss des Hauptvorstandes vom 30. November/ 1. Dezember 2010 der neue Landesbezirk Südwest gebildet. Angegeben sind in dieser Übersicht jeweils die Landesbezirksvorsitzenden und die Geschäftsführenden am 31. Dezember 2012. 230 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Landesbezirk Nord Landesbezirksvorsitzender: Dr. Herbert Grimberg Haubachstr. 74, 22765 Hamburg Region Bremen-Weser-Elbe Geschäftsführer: Dieter Nickel Hillmannplatz 6, 28195 Bremen Region Mecklenburg-Vorpommern Geschäftsführer: Mario Klepp Tilly-Schanzen-Str. 17, 17033 Neubrandenburg Region Hamburg-Elmshorn Geschäftsführer: Lutz Tillack Besenbinderhof 60, 20097 Hamburg Region Oldenburg–Ostfriesland Geschäftsführer: Matthias Brümmer Bahnhofsplatz 8, 26122 Oldenburg/Old. Region Hannover Geschäftsführer: Thomas Bernhard Goseriede 8, 30159 Hannover Region Osnabrück Geschäftsführer: Bernhard Hemsing Blumenhaller Weg 148, 49078 Osnabrück Region Lübeck Geschäftsführer: Dirk Himmelmann Holstentorplatz 1-5, 23552 Lübeck Region Schleswig–Holstein Nord Geschäftsführer: Finn Petersen Legienstr. 22, 24103 Kiel Region Lüneburg Geschäftsführerin: Silke Kettner Heiligengeiststr. 28, 21335 Lüneburg Region Süd-Ost-Niedersachsen Geschäftsführer: Manfred Tessmann Wilhelmstr. 5, 38100 Braunschweig Geschäftsbericht 2008–2012 231 Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Landesbezirk Nordrhein-Westfalen Landesbezirksvorsitzender: Thomas Gauger Wiesenstr. 70 A/1, 40549 Düsseldorf Region Aachen Geschäftsführer: Peter Mogga Dennewartstr. 17, 52068 Aachen Region Bielefeld-Herford Geschäftsführerin: Gabriele Böhm Marktstr. 8, 33602 Bielefeld Region Bünde–Lübbecke–Minden Geschäftsführerin: Gabriele Böhm Marktstr. 8, 33602 Bielefeld Region Detmold–Paderborn Geschäftsführer: Armin Wiese Marktstr. 8, 33602 Bielefeld Region Dortmund Geschäftsführer: Manfred Sträter Ostwall 17-21, 44135 Dortmund Region Düsseldorf–Wuppertal Geschäftsführer: Dieter Schormann Wiesenstr. 70 A/1, 40549 Düsseldorf Region Köln Geschäftsführer: Ernst Busch Hans–Böckler–Platz 1, 50672 Köln Region Krefeld–Neuss Geschäftsführerin: Ina Korte–Grimberg Wiesenstr. 70 A/1, 40549 Düsseldorf Region Münsterland Geschäftsführer: Mohamed Boudih Johann-Krane-Weg 16, 48149 Münster Region Nordrhein Geschäftsführer: Hans–Jürgen Hufer Im Lipperfeld 33, 46047 Oberhausen Region Ruhr Geschäftsführerin: Yvonne Sachtje Im Lipperfeld 33, 46047 Oberhausen Region Südwestfalen Geschäftsführer: Helge Adolphs Körnerstr. 43, 58095 Hagen Region Gelsenkirchen-Herten Geschäftsführerin: Yvonne Sachtje Im Lipperfeld 33, 46047 Oberhausen 232 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Landesbezirk Bayern Landesbezirksvorsitzender: Hans Hartl Schwanthaler Str. 64–66, 80336 München Region Allgäu Geschäftsführer: Peter Schmidt Hirnbeinstr. 3, 87435 Kempten Region Oberpfalz Geschäftsführer: Rainer Reißfelder Richard-Wagner-Straße 5, 93055 Regensburg Region München Geschäftsführer: Freddy Adjan Schwanthalerstr. 64-66, 80336 München Region Rosenheim–Oberbayern Geschäftsführer: Georg Schneider Brixstr. 2, 83022 Rosenheim Region Niederbayern Geschäftsführer: Kurt Haberl Am Banngraben 16, 84030 Landshut Region Schwaben Geschäftsführer: Tim Lubecki Am Katzenstadel 34, 86152 Augsburg Region Nürnberg–Fürth Geschäftsführerin: Regina Schleser Kornmarkt 5-7, 90402 Nürnberg Region Unterfranken Geschäftsführer: Ibrahim Ocak Beethovenstr. 1a, 97080 Würzburg Region Oberfranken Geschäftsführer: Michael Grundl Bahnhofstr. 1, 95444 Bayreuth Geschäftsbericht 2008–2012 233 Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Landesbezirk Südwest Landesbezirksvorsitzender: Uwe Hildebrandt Willi–Bleicher–Str. 20, 70174 Stuttgart Region Baden-Württemberg Süd Geschäftsführer: Markus Sonnenschein Schwarzwaldstr. 30, 78224 Singen Region Darmstadt-Mainz Geschäftsführer: Udo Löwenbrück Rheinstr. 50, 64283 Darmstadt Region Heilbronn Geschäftsführer: Burkhard Siebert Gartenstr. 64, 74072 Heilbronn Region Mannheim–Heidelberg Geschäftsführer: Elwis Capece Hans-Böckler-Str. 1, 68161 Mannheim Region Mittelbaden–Nordschwarzwald Geschäftsführer: Elwis Capece Ettlinger Str. 3 A, 76137 Karlsruhe Region Mittelhessen Geschäftsführer: Andreas Kampmann (komm.) Walltorstr. 17, 35390 Gießen Region Mittelrhein Geschäftsführer: Roland Henn Moselring 5, 56068 Koblenz Region Schwarzwald-Hochrhein Geschäftsführer: Claus-Peter Wolf Hebelstr. 10, 79104 Freiburg Region Nordhessen Geschäftsführer: Andreas Kampmann Spohrstr. 6-8, 34117 Kassel Region Stuttgart Geschäftsführer: Dieter Kindler Willi–Bleicher–Str. 20, 70174 Stuttgart Region Pfalz Geschäftsführer: Holger Winkow Friedrichstr. 39, 67433 Neustadt/Weinstr. Region Trier Geschäftsführerin: Christel Martin Herzogenbuscher Str. 52, 54292 Trier Region Rhein-Main Geschäftsführer: Peter-Martin Cox Wilhelm–Leuschner–Str. 69-77, 60329 Frankfurt/Main Region Ulm–Aalen-Göppingen Geschäftsführerin: Karin Brugger (komm.) Weinhof 23, 89073 Ulm Region Saar Geschäftsführer: Mark Baumeister Fritz–Dobisch–Str. 12, 66111 Saarbrücken 234 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Landesbezirk Ost Landesbezirksvorsitzende: Petra Schwalbe Gotzkowskystr. 8, 10555 Berlin Landesbezirk Ost Landesbezirksvorsitzende: Petra Schwalbe Gotzkowskystr. 8, 10555 Berlin Region Magdeburg Geschäftsführer: Holger Willem Otto–von–Guericke–Str. 6, 39104 Magdeburg Region Berlin-Brandenburg Geschäftsführer: Uwe Ledwig Gotzkowskystr. 8, 10555 Berlin Region Thüringen Geschäftsführerin: Christel Semmisch Schmidtstedter Ufer 26, 99084 Erfurt Region Dresden-Chemnitz Geschäftsführer: Volkmar Heinrich Schützenplatz 14, 01067 Dresden Region Leipzig-Halle-Dessau Geschäftsführer: Jörg Most Zinksgartenstr. 14, 06108 Halle Geschäftsbericht 2008–2012 235 Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Die Hauptverwaltung Vorstandsbereich 1 Vorsitzender Sekretärin Franz-Josef Möllenberg Garnet Schnoor Aufgabenbereiche: • Vertretung der NGG nach innen und außen • Grundsatzpolitik • Öffentlichkeitsarbeit/Presse • Redaktion, Homepage, Intranet • Wirtschaft • Lebensmittelpolitik • Internationales/Europa • Organisationspolitik • Organisationsentwicklung • Werbung • Veranstaltungsorganisation • Gewerkschaftspolitische Bildung • Personal Vorstandssekretär Pressesprecherin Klaus Schroeter Karin Vladimirov Referatsleiterinnen und Referatsleiter/Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter: Jonas Bohl (ab September 2011) Bettina Erwin Heidi Floigl Micha Heilmann Holger Kloft (bis Januar 2010) Ulrich Pohl Silvia Tewes 236 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Vorstandsbereich 2 Stellvertretender Vorsitzender Sekretärin Claus-Harald Güster Susanne Birke Aufgabenbereiche: • Tarifpolitik (außer Hotel- und Gaststättengewerbe) • Betriebspolitik/Betriebsräte (außer Hotel- und Gaststättengewerbe) • Betreuung von Gesamt- und Konzernbetriebsräten (außer Hotel- und Gaststättengewerbe) • Europäische Betriebsräte (außer Hotel- und Gaststättengewerbe) • Branchenpolitik • Industrie- und Strukturpolitik • Handwerk • Arbeitsrecht • Rechtsschutz • Fragen der Mitbestimmung • Aufsichtsräte Wirtschaftsgruppen- und Referatsleiterinnen und -leiter: Michael Bergstreser Peter Dunkel (ab 8. August 2011) Wolfgang Endling (bis 13. September 2009) Ulf Henselin (ab 15. August 2011) Bernd Maiweg Clemens Müller (bis 30. Juni 2009) Karsten Rothe Heinz Süßelbeck (bis 31. Juli 2011) Peter Störling Uwe Witt (bis 31. Dezember 2009) Rechtsabteilung: Micha Heilmann Sabine Möller Hakan Ulucay Geschäftsbericht 2008–2012 237 Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Vorstandsbereich 3 Stellvertretende Vorsitzende Sekretärin Michaela Rosenberger Gabriela Muske (bis 30. November 2011) Annette Greffenius (ab 1. Dezember 2011) Aufgabenbereiche: • • • • • • • • • • • • Gastgewerbe Hauswirtschaft jungeNGG Frauen- und Gleichstellungspolitik Senioren Sozialpolitik Berufliche Bildung Finanz- und Vermögensverwaltung Mitgliederbestandsverwaltung Innere Verwaltung EDV und Bürokommunikation Zentraler Service Wirtschaftsgruppen- und Referatsleiterinnen und -leiter: Eduard Bohner (bis 30. April 2009) Nadine Boltersdorf (ab 1. August 2012) Gerd-Joachim Langecker Birgit Pitsch Ernst-Oliver Schulte Andreas Massoud Yasseri Guido Zeitler 238 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 1: Die NGG-Organisationsstrukturen Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) Bundesvorstand Franz-Josef Möllenberg Bundesausschuss Franz-Josef Möllenberg Claus-Harald Güster Michaela Rosenberger Thomas Gauger Petra Schwalbe (seit 05/2011) Delegierte zum 19. DGB-Kongress 16. bis 20. Mai 2010, Berlin Franz-Josef Möllenberg Claus-Harald Güster Michaela Rosenberger Suzann Dräther Manuela Fack Nadine Fink Frank Heine Bernhard Hemsing Friedrich Heuermann Reinhold Hofbauer Annegret Kleine Kerstin Meißner Xaver Merk Markus Schürmeyer Petra Selchow DGB-Bundesausschuss-Mitglieder Thomas Gauger Herbert Grimberg Hans Hartl Petra Schwalbe Gastteilnehmer Uwe Hildebrandt Micha Heilmann Klaus Schroeter Geschäftsbericht 2008–2012 239 Anhang 2: Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien DGB-Kommissionen, -Ausschüsse und -Arbeitskreise: 240 Haushaltskommission Franz-Josef Möllenberg Bundesfrauenausschuss Michaela Rosenberger Bundesjugendausschuss Gerd-Joachim Langecker (bis 31. Juli 2012) Nadine Boltersdorf (ab 1. August 2012) Finanzausschuss Michaela Rosenberger Industrie- und Dienstleistungspolitik Franz-Josef Möllenberg Organisationspolitischer Ausschuss Klaus Schroeter Personalausschuss Ulrich Pohl Sozialpolitischer Ausschuss Michaela Rosenberger Tarifpolitischer Ausschuss Claus-Harald Güster AK Europapolitik Klaus Schroeter AK Arbeitsschutz Ernst-Oliver Schulte AK Betriebsräte Micha Heilmann AK Energiepolitik Micha Heilmann AK Handwerk Joachim Sopha AK Migration Birgit Pitsch AK Mitbestimmung Sabine Möller AK Recht Micha Heilmann AK Umweltpolitik Micha Heilmann AK Schwerbehinderung und Beschäftigung Ernst-Oliver Schulte AK Steuer- und Finanzpolitik Micha Heilmann AK Verbindungsbüros Berlin Micha Heilmann AK Verwaltung Ernst-Oliver Schulte AK Vorstandssekretäre Klaus Schroeter AK Wirtschaftspolitische Koordinierung Micha Heilmann Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 2: Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien IUL Geschäftsführender Ausschuss Franz-Josef Möllenberg Exekutive Franz-Josef Möllenberg Michaela Rosenberger Frauenausschuss Birgit Pitsch IUL-Kongress in Genf, 2012 Delegierte zum 26. IUL-Kongress 12. bis 18. Mai 2012, Genf Franz-Josef Möllenberg Claus-Harald Güster Michaela Rosenberger Herbert Grimberg Johan Botella Cornelia Felten Susanne Ferschl Claudia Huber Martin Schröer Abstimmung beim EFFAT-Kongress in Berlin, 2009 Geschäftsbericht 2008–2012 241 Anhang 2: Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien Harald Wiedenhofer auf dem EFFAT-Kongress, 2009 EFFAT Präsidium Franz-Josef Möllenberg Exekutive Franz-Josef Möllenberg Claus-Harald Güster Michaela Rosenberger Delegierte zum 3. EFFAT-Kongress 20. bis 21. Oktober 2009, Berlin Cornelia Felten Claudia Huber Angelika Kampmann Beatrix Sonnenschein Kerstin Meißner Heike Pohl Klaus Schroeter Franz-Josef Möllenberg Claus-Harald Güster Michaela Rosenberger Werner Jung EFFAT-Branchenausschüsse 242 Hotel und Gaststätten Michaela Rosenberger Milchwirtschaft Peter Störling Tabak Michael Bergstreser Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Anhang 2: Vertretung der NGG in nationalen und internationalen Gremien EU-Kommission – Generaldirektion Landwirtschaft Milch Peter Störling Schweinefleisch Bernd Maiweg Zucker Bernd Maiweg Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) (Legislaturperiode 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 und ab 1. Januar 2011) Verwaltungsrat BLE Micha Heilmann Fachbeirat Nachhaltige Bioenergie Franz-Josef Möllenberg Getreide, Getreideerzeugnisse, Futtermittel, Reis, Ölsaaten, Pflanzenöle und -fette Peter Störling Milch, Milcherzeugnisse Peter Störling Zucker Bernd Maiweg Fischerei und Fischwirtschaft Michael Bergstreser Obst, Gemüse und Kartoffeln einschl. Wein Peter Dunkel Vieh, Fleisch und Fleischerzeugnisse Bernd Maiweg Geschäftsbericht 2008–2012 243 244 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Bericht über die Erledigung der vom 15. Ordentlichen Gewerkschaftstag der NGG vom 20. bis 24. Oktober 2008 in Berlin angenommenen bzw. als Material an den Hauptvorstand überwiesenen Anträge Geschäftsbericht 2008–2012 245 Antragstext A1 Beschluss Erledigung Annahme Der Hauptvorstand hat sich in seiner Sitzung am 31. März/1.April 2009 mit Vorschlägen zur Weiterbearbeitung der Anträge befasst. Dabei ist entschieden worden, einzelne Anträge in Arbeitsgruppen herausgehoben zu bearbeiten, um die Umsetzung des Antragsinhalts zu sichern. Die Anträge A 1, A 2 und A 3 sind zu diesem Zweck zusammengefasst worden. Organisationspolitischer Handlungsrahmen für eine zukunftsfähige NGG Antragsteller: Hauptvorstand Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag begrüßt die vom Hauptvorstand definierten Ziele der „Strategie 2008“ zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen, zur Sicherung der politischen Handlungsfähigkeit und damit zur Eigenständigkeit der NGG. Die eingeleiteten Projekte und Maßnahmen für • eine bessere Kommunikation mit unseren Mitgliedern, potenziellen Mitgliedern und der Öffentlichkeit; • die weitere Intensivierung und Systematisierung der Mitgliederwerbung; • die Weiterentwicklung und Standardisierung der Serviceleistungen für Mitglieder und Funktionäre; • die Formulierung von tarif-, sozial- und gesellschaftspolitischen Zielen als Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen im Ernährungs- und Gastgewerbe und deren Umsetzung im Rahmen unserer Tarif-, Branchen- und Betriebsarbeit, sowie unserer Lobbyarbeit; • die Anpassung der Organisationsstrukturen an die Erfordernisse einer modernen und handlungsfähigen Organisation; • den „schonenden“ und zielgerichteten Einsatz der finanziellen Mittel; • die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Herausforderungen und der Entwicklung mittel- und langfristiger Zukunftsmodelle haben dazu beigetragen, dass die Mitglieder- und Beitragsentwicklung sich weiter stabilisiert haben. Die Finanzstrukturen bieten die Gewähr, dass die Organisation auch weiterhin eigenständig und handlungsfähig bleibt. Der Hauptvorstand wird beauftragt, die im Rahmen der strategischen Handlungsfelder Mit dem Organisationsentwicklungsprojekt „Strategie 2008“ hat NGG Grundlagen für die Weiterentwicklung der Organisation gelegt. Darauf konnte aufgebaut werden. Eine vom Hauptvorstand eingesetzte Arbeitsgruppe hat die Anträge A 1, A 2 und A 3 gemeinsam bearbeitet und Vorschläge zur Umsetzung und Bearbeitung entwickelt. Im Ergebnis hat es eine Arbeitshilfe mit vielen praktischen Vorschlägen gegeben, die der Organisation zur Verfügung gestellt worden ist. Die Themen, die bereits im Antrag genannt sind, standen im Vordergrund, dazu sind konkrete Vorschläge gemacht worden: • Betriebs-, Branchen- und Tarifarbeit • Mitgliederwerbung • strategische Kommunikation Mitgliederservice Organizing • Betriebs-, Branchen- und Tarifpolitik, • • Mitgliederwerbung, • • Strategische Kommunikation, • Service für Mitglieder und Funktionäre, • Finanzstrukturen, • Organisationsstrukturen, Die Vorschläge der Arbeitshilfe sind in unterschiedlichem Umfang in die Arbeit der Regionen, Landesbezirke und Referate der Hauptverwaltung eingeflossen. Sie haben dazu geführt, dass bestimmte technische Vereinfachungen, wie beispielsweise die Information unserer Mitglieder per E-Mail, umgesetzt worden sind, aber auch für bestimmte inhaltliche Fragen (z. B. Sozialrechtsberatung in den Regionen) sind konkrete Vorschläge gemacht worden. begonnenen Projekte weiterzuentwickeln und umzusetzen. Betriebs-, Branchen- und Tarifpolitik Die Betriebs-, Branchen- und Tarifpolitik konzentriert sich weiterhin auf die Verbesserung der allgemeinen Arbeits- und Lebenssituation, eine aktive Einkommenspolitik und auf die Gestaltung der Arbeitszeit für unsere Mitglieder. Einen besonderen Schwerpunkt neben Industrie und Handwerk hat die Verbesserung und Weiterentwicklung der Arbeitsbedingungen im Gastgewerbe sowie Initiativen zur Verbesserung der Ausbildungssituation junger Menschen und die Chancengleichheit von Frauen und Männern. Im Rahmen von abgestimmten Positionen zu einer arbeitnehmer- und verbraucherfreundlichen Lebensmittelpolitik wird die Kampagne „Nahrung gesund genießen“ fortgeführt und weiterentwickelt. Zu wichtigen gesellschafts- und sozialpolitischen Fragen wird öffentlich Stellung bezogen und Standpunkte innerhalb der Organisation und gegenüber Politik und Verbänden werden deutlich gemacht. Vor dem Hintergrund von Globalisierung und EU-Erweiterung wird die internationale Koordination ausgebaut und im Zusammenwirken mit Partnergewerkschaften die Entwicklung einer internationalen Sozialpolitik mit gestaltet. Die Gewinnung von Mitgliedern hat bei der Entwicklung der Vorschläge oberste Priorität gehabt. Hierzu wird in den einzelnen Abschnitten des Geschäftsberichts berichtet, soweit es die Arbeit der Hauptverwaltung betrifft. Die Ergebnisse aller Arbeitsgruppen zur Antragsberatung sind im Februar 2011 in einem Workshop mit den Arbeitsgruppenteilnehmenden sowohl inhaltlich ausgewertet als auch zeitlich festgelegt worden. Das Ergebnis dieses Workshops ist im März 2011 dem Hauptvorstand vorgelegt worden, der den Vorschlägen zur inhaltlichen und zeitlichen Bearbeitung zugestimmt hat. Mitgliederwerbung Tarifauseinandersetzungen und Kampagnen werden noch stärker genutzt, um in ausgewählten Branchen gezielt und koordiniert neue Mitglieder zu werben. Das 246 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Mittel der Zielvereinbarungen wird in diesem Zusammenhang weiterentwickelt. Ehrenamtliche Funktionäre in den Betrieben und Branchen werden dabei verstärkt für die Werbung neuer Mitglieder motiviert und in die organisationspolitische Arbeit einbezogen. Die Werbung von jungen Mitgliedern ist Aufgabe der Gesamtorganisation. Ihr kommt sowohl auf betrieblicher Ebene als auch im Rahmen einer noch intensiveren Berufsschularbeit dabei eine besondere Bedeutung zu. Strategische Kommunikation Politische Grundsätze, das traditionelle Selbstverständnis und die Serviceleistungen für Mitglieder und Funktionäre werden verstärkt und über alle verfügbaren Medien kommuniziert. Zielgruppen- oder themenorientierte Kampagnen und Initiativen sollen die öffentliche Wahrnehmung der Organisation weiter verbessern. Die effiziente und kostengünstige Nutzung moderner elektronischer Medien für die externe wie die interne Kommunikation sowie die Selbstdarstellung im Rahmen politischer Kampagnen und der Information unserer Mitglieder und der Öffentlichkeit wird weiter ausgebaut. Alle Mitglieder und interessierte Beschäftigte aus den verschiedenen Organisationsbereichen haben die Möglichkeit, schnell und unkompliziert Kontakt zu ihrer Organisation aufzunehmen. Die Voraussetzungen für den telefonischen und elektronischen Informationsaustausch sind weiterzuentwickeln. Service für Mitglieder und Funktionäre Rechtsberatungs- und Rechtsschutzleistungen werden weiter systematisiert und qualitativ verbessert. Die zielgruppenorientierte Ansprache durch branchenspezifische Telefon-Hotlines wird fortgeführt und innerhalb der nächsten zwei Jahre einer Prüfung durch den Hauptvorstand unterzogen. Die Effizienz der Angebote eines Zusatznutzens für Gewerkschaftsmitglieder im Rahmen des „NGG-Mitgliedervorteils“ ist zu überprüfen, ggf. weiterzuentwickeln oder den Anforderungen der Mitglieder anzupassen. Um den Erfahrungsaustausch der ehrenamtlichen Funktionsträger in der Organisation und die Bereitstellung und Aufbereitung branchen- und betriebspolitischer Kompetenzen im Rahmen einer koordinierten Branchenpolitik sicherzustellen, wird der Ausbau von Netzwerken weiterentwickelt. Die gewerkschaftliche Bildungsarbeit – insbesondere zur Vermittlung gesellschaftspolitischer Grundlagen – ist weiterhin Aufgabe aller Organisationsgliederungen. Finanzstrukturen Die Grundlage unserer Gewerkschaftsarbeit sind intakte Finanzstrukturen, die unserer Arbeit die nötigen Spielräume verschaffen. Gesunde Finanzstrukturen sollen einen Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben der NGG widerspiegeln. Die Situation für NGG ist schwierig, da wir teilweise in den vergangenen Jahren die Ausgaben nicht durch die Beitragseinnahmen decken konnten. Für die Zukunft müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, um unsere Beitragseinnahmen zu stabilisieren. Dies erfordert eine Sicherung der satzungsgemäßen Beiträge von allen Mitgliedern und gleichzeitig eine stärkere Kontrolle der Ausgaben der Organisation. Eine transparente Kostenplanung kann dazu beitragen, Kostensenkungsmöglichkeiten zu verdeutlichen und uns Spielräume für die politische Arbeit zu verschaffen. Für den Sachkostenbereich sind weitere Möglichkeiten zur Reduzierung der Ausgaben auszuschöpfen. Wir müssen uns auf die Zahlung der DGB-Rechtsschutzkosten einstellen, die für NGG erhebliche Kosten zur Folge haben werden. Wir müssen wegen der Entwicklung der Tarifauseinandersetzungen weiter sicherstellen, dass dem NGG-Streikfonds ausreichende Gelder zugeführt werden. Bei den Personalausgaben ist das Ziel, die Hälfte der Beitragsausgaben für Personalkosten aufzuwenden. Geschäftsbericht 2008–2012 247 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag A 1. Organisationsstrukturen Die drei politischen Ebenen der Organisation bleiben erhalten. Die Definition von standardisierten Kernprozessen bei den administrativen Arbeitsabläufen für eine effektive Betreuung und Verwaltung unserer Mitglieder und Finanzen wird weiterentwickelt und auf alle Organisationsebenen übertragen. Die mittelfristige Personalplanung und -entwicklung sowie die Nachwuchsausbildung orientiert sich an der bestehenden Altersstruktur der NGG-Beschäftigten, den fachlichen Anforderungen an das hauptamtliche Personal und an der Mitglieder- und Beitragsentwicklung. A2 Organisationsentwicklung Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Die politischen Erfolge z.B. bei der Mindestlohnkampagne und auch die Mitgliederentwicklung zeigen: Die Entscheidung von NGG eigenständig zu bleiben, war und ist richtig. Dabei ist die Eigenständigkeit kein Selbstzweck. Der Blick auf die Entwicklung anderer Gewerkschaften zeigt: Fusionen können zwar einen zahlenmäßigen Mitgliederzuwachs bewirken. Sie stellen aber keine wirkliche Lösung von Organisationsproblemen dar. Veränderungsprozesse werden in größeren Organisationen nicht leichter, sondern schwerer. Der OE-Prozess 2000 und die Strategie 2008 haben NGG verändert. Wir sind auch im Bereich der Organisationsentwicklung weiter, als wir es oft wahrnehmen: Wir haben eine moderne EDV eingeführt, mit den Kernprozessen werden Abläufe in den Regionen und damit auch Leistungen für unsere Mitglieder effizienter und einheitlich gestaltet. So nutzt z.B. eine steigende Zahl von Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit des telefonischen oder auch des Online-Beitritts. Die Qualifizierung des hauptamtlichen Personals wird vorangetrieben und auch die Einstellung junger Kolleginnen und Kollegen für die Ausbildung zu GewerkschaftssekretärInnen in 2006 und 2007 zeigt, dass NGG sich auf die Zukunft einstellt. Mit der Schaffung von Projektstellen hat NGG neue Wege beschritten und regionsübergreifende Aktivitäten entwickelt, von denen die Gesamtorganisation profitiert. Dies gilt auch für den Einsatz von WerbesekretärInnen und die Einrichtung des Zentralen Service als Unterstützung für unsere Regionen. Neue Ansätze in der Branchenarbeit wie z.B. das Brauernetzwerk, eine stärkere Kampagnenorientierung in der Tarifpolitik – wie bei den Tarifabschlüssen 2006 bei der CCE AG und 2007 in der Süßwarenindustrie – belegen die Kampf- und Gestaltungsfähigkeit von NGG auch unter sich wandelnden Bedingungen. So konnte der Mitgliederverlust verlangsamt, in einigen Regionen sogar gestoppt werden. Gleichwohl müssen wir uns darauf einstellen, dass eine Trendwende leider noch nicht erreicht ist. Es gibt weiteren Handlungsbedarf. Dabei lassen wir uns davon leiten, dass es nicht eine bestimmte Mitgliederzahl ist, die über die Zukunft unserer NGG entscheidet, sondern die Geschwindigkeit und die Fähigkeit, sich auf wandelnde Bedingungen einzustellen. Dieser Veränderungsprozess muss sich an folgenden Aufgaben orientieren: Nach wie vor gibt es zu wenig erfolgreiche Ansätze, die „weißen Flecken“ in unserem Organisationsbereich zu erschließen. Das betrifft ganze Betriebe, die neu entstanden und/oder (noch) nicht organisiert sind. Viel Potenzial gibt es weiterhin im Hotel- und Gaststättengewerbe und im Bäckerhandwerk, aber auch in den traditionellen Branchen. Wir müssen daran arbeiten, die Bindung unserer Mitglieder und Funktionäre an die Organisation weiter zu vertiefen. Vor dem Hintergrund einer steigenden Arbeitsbelastung vieler Betriebsräte sind Wege auszubauen, wie wir sie bei der Mitgliederwerbung besser unterstützen können (z.B. elektronische und/oder postalische Mitgliederinformationen). Dazu gehört auch, weitere betrieblich Aktive in die Mitgliederwerbung einzubeziehen, wie das z.B. im Süßwarenkonflikt erfolgreich praktiziert wurde. In der Vergangenheit war es für NGG sehr schwierig, Angestellte zu organisieren. Heute müssen wir feststellen, dass der Problemdruck auch im Verwaltungsbereich erheblich angestiegen ist. Die Angst vor Arbeitslosigkeit und in der Folge Verarmung und häufig dramatisch ungeregelte Arbeitszeiten und Überstunden 248 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung sind nur zwei Beispiele. Gleichzeitig wächst der Anteil der Angestellten, was auch Auswirkungen auf unsere Arbeitskampffähigkeit haben kann. NGG wird deshalb exemplarisch ein Projekt in einer Branche entwickeln und durchführen, um gezielt Angestellte zu organisieren. Ergänzend werden Erfahrungen und Strategien des „Organizing“ („Campaigning“) mit hauptamtlich tätigen, hochgradig qualifizierten und spezialisierten Experten, wie es in den angelsächsischen Ländern üblich ist, genutzt und systematisch für NGG ausgewertet. Damit sind Aktionen gemeint, die ausgehend von einem betrieblichen Konflikt unter Einbeziehung der Öffentlichkeit den gewerkschaftlichen Organisationsgrad stärken sollen. Darüber hinaus ist die Kampagnenfähigkeit von NGG gezielt weiterzuentwickeln. Dabei ist darauf zu achten, dass der Aufgabenvielfalt und der Arbeitsbelastung in den Regionen sowie den Schwerpunktsetzungen unserer NGG insgesamt Rechnung getragen wird. Darum sind eine sorgfältige Analyse der Erfolgsbedingungen, Vorbereitung und professionelle Durchführung wichtig. Ergänzend sind projektorientierte Arbeitsweisen in Hinblick auf bestimmte Themen (Werbung, Weiße Flecken) oder auch Zielgruppen (jungeNGG, Frauen) weiterzuführen. Schon jetzt gibt es vielfältige Beispiele, wo offene Netzwerke und Aktiventreffen an die Stelle von formalisierter Gremienarbeit getreten sind. Die Komplexität und Schnelllebigkeit in der Gesellschaft wächst. Die Anforderungen an NGG steigen. Die zu behandelnden Themenfelder nehmen zu. Internationale Aspekte müssen berücksichtigt werden, auch die Geschwindigkeit von Prozessen und Entscheidungen sowie die zu bewältigenden Informationen steigen. Das erfordert ein verändertes Organisationsverständnis. Nicht jedes Anliegen und jede Aktion kann zentral entschieden und gesteuert werden. Gewerkschaftliche Strukturen und Führungsverhalten müssen sich auf allen Ebenen auch daran orientieren, offene und transparente Netzwerkstrukturen und Selbstorganisation zu fördern. Dabei erweist sich die dezentrale Struktur von NGG. Vielfalt statt Einfalt in kollegialem Miteinander, als große Stärke. Grundlage für die Weiterentwicklung und Veränderung von NGG muss deshalb der dreigliedrige Aufbau bleiben. Wir haben in der Vergangenheit Personalkosten einsparen müssen. Je nach Mitgliederentwicklung können auch zukünftig weitere Einsparungen notwendig sein. Dabei gilt es, die Regionen zu erhalten und zu stärken. Wir wollen weiterhin Regionen mit hauptamtlicher Besetzung. Hier muss der Schwerpunkt der hauptamtlichen Präsenz bleiben. Deshalb darf ein Zusammenschluss von Regionen nur behutsam vollzogen werden. Die Arbeitsteilung zwischen den Regionen, Landesbezirken und der Hauptverwaltung ist weiterzuentwickeln, um die Präsenz in der Fläche zu erhalten und auszubauen und unsere Arbeit mitglieder- und betriebsnah zu gestalten. Wir wollen, dass möglichst viel Personal und Kompetenz vor Ort liegt. Dazu brauchen wir eine offene und transparente Informationspolitik und gezieltes Wissensmanagement sowie eine gute Koordination. Hier liegt eine zentrale Aufgabe der Hauptverwaltung. Der Hauptvorstand wird aufgefordert, die systematische Ausrichtung der Hauptverwaltung in diese Richtung zu fördern. Darüber hinaus ist auch für die Hauptverwaltung innerhalb des nächsten Jahres ein Prozess einzuleiten, wie er mit den Kernprozessen für die Regionen umgesetzt wurde. Wir wollen weiter eine starke, aber auch eine schlanke Hauptverwaltung, die die Zukunftsaufgaben unserer NGG erfüllen kann. Weiterhin gilt es, auch die Führungsstruktur von NGG unter sich wandelnden Bedingungen fortlaufend zu überprüfen und ggf. zu verändern. Es war richtig, den GHV von fünf auf drei Personen zu verkleinern, um unsere Ressourcen effizient und vor allem vor Ort einsetzen zu können. Auch die Zahl der Landesbezirke ist von einmal acht auf derzeit sechs (ein weiterer Zusammenschluss wird derzeit geprüft) deutlich reduziert worden. Bereits jetzt werden viele der Aufgaben der Führung von NGG im Team von GHV und LBV bewältigt. Eine weitere Verkleinerung der Führung ist nur möglich, wenn auch die Führungsstruktur und die Aufgabenverteilung von NGG verändert werden. Dies ist insbesondere auch dann notwendig, wenn weitere Personalkosteneinsparungen erforderlich sein sollten. Bei der Weiterentwicklung von NGG mit wachsenden Aufgaben und knapper werdenden Ressourcen sollten wir auch die Erfahrungen anderer Non-ProfitOrganisationen gezielt auswerten und nutzen. Geschäftsbericht 2008–2012 249 Antragstext Beschluss Erledigung Material zu den Anträgen A 1 und A 2 Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag A 1. Annahme Die Branchenarbeit im Gastgewerbe war nach dem Krisenjahr 2009 stark von der Fach- und Arbeitskräftesituation in der Branche geprägt. In Betriebsräteseminaren und Branchenforen haben insbesondere die Ausbildungssituation und die damit verbundenen Handlungsmöglichkeiten eine Rolle gespielt, was auch zu einer Reihe von betrieblichen Regelungen geführt hat. Eine gemeinsame Initiative zur Verbesserung der Ausbildungsqualität in den gastgewerblichen Berufen lehnt der DEHOGA jedoch ab. Der Hauptvorstand wird sich darum regelmäßig mit der Organisationsentwicklung befassen und dem Beirat einen Zwischenbericht vorlegen. A3 Mitgliederaktivierung und -gewinnung durch Organizing Antragsteller: Region Krefeld-Neuss Der 15. Gewerkschaftstag beschließt, dass der Hauptvorstand, die Landesbezirke und die Regionen sich intensiv mit den Handlungsmöglichkeiten im „Organizing“ befassen. Hierbei werden folgende Eckpunkte betrachtet: Prüfung der Umsetzungs- und Anwendungspotenziale US-amerikanischer und deutscher Organizing-Strategien (sowohl als Kampagne als auch in Form des Basis-Organizing), Entwicklung, Umsetzung und Steuerung von Organisierungsprojekten nach den Konzepten des Organizing, Entwicklung und Umsetzung von Qualifizierungen für Haupt- und Ehrenamtliche für das Organizing, Prüfung der Nachhaltigkeit von Organizing-Projekten und dessen Ressourcenverbrauch. A6 Mitglieder gewinnen – Strukturen verbessern – Profil zeigen: NGG im Gastgewerbe 2009-2013 Antragsteller: Hauptvorstand Das Hotel und Gaststättengewerbe ist die mitgliederstärkste Branche der NGG. Trotz der branchenspezifisch schwierigen Bedingungen für die gewerkschaftliche Arbeit ist es uns gelungen, die Mitgliederentwicklung zu stabilisieren. Dies ist ein gutes Signal, denn für die Eigenständigkeit der Gewerkschaft NGG spielen die großen Potenziale zur Mitgliedergewinnung im Gastgewerbe eine zentrale Rolle. Die strukturellen Rahmenbedingungen der Mitgliederbetreuung haben sich jedoch nicht geändert: Die klassische Niedriglohnbranche mit unsicheren Arbeitsverhältnissen birgt einen hohen Aufwand in der individuellen Betreuung. Die betrieblichen Strukturen in den Klein- und Mittelbetrieben bieten wenige Ansätze zur flächendeckenden Organisierung und systematischen Mitgliederbetreuung. Dennoch hat NGG in den vergangenen Jahren an mehreren Beispielen Erfolge im Aufbau von Strukturen und in der systematischen Gewinnung neuer Mitglieder gezeigt. Die dabei gewonnenen Erfahrungen gilt es, für die gesamte Organisation bei differenzierter Betrachtung des Mitgliederpotenzials zu nutzen und auszubauen. Ein Hauptaugenmerk ist dabei auf die in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich verjüngte Struktur der Beschäftigten zu richten. Die Verstärkung der Arbeit auf die Mitgliedergewinnung im Gastgewerbe ist allerdings nicht nur aus organisationspolitischen Gründen wichtig: Auch um die Arbeitsbedingungen für die Mitglieder im Hotel- und Gaststättengewerbe besser gestalten zu können, brauchen wir sowohl mehr Mitglieder aus der Branche als auch Menschen, die sich aktiv engagieren – für bessere Tarifverträge, für die Arbeit in Betriebsratsgremien, für die Verbesserung der Ausbildungsqualität als zentrales Thema für junge Menschen im Gastgewerbe. Für die Außenwirkung der NGG im Gastgewerbe hat sich die Öffentlichkeitskampagne zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 nachhaltig positiv ausgewirkt und die Wichtigkeit gezeigt, dass NGG als aktive und erfolgreiche Gewerkschaft für das Gastgewerbe wahrgenommen wird. Die Mitgliederentwicklung in unserer mitgliederstärksten Branche ist äußerst erfreulich. Hierzu haben viele Aktivitäten in den Regionen z.B. durch Berufsschulaktionen beigetragen. Darüber hinaus konnten anlassbezogene Aktivitäten, wie z.B. Tarifrunden – exemplarisch ist die Tarifrunde Eurest 2012 zu nennen – die Verbandsflucht von Dussmann oder der Eintritt von Starbucks in den BdS erfolgreich zur Mitgliederwerbung genutzt werden. Mit einzelnen Gesamtbetriebsräten der Kettenhotellerie konnten konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Mitgliedersituation verabredet und durchgeführt werden, wie z.B. spezielle unternehmensbezogene Seminare zur Mitgliederwerbung. • die Zahl der Mitglieder im Hotel- und Gaststättengewerbe nachhaltig zu erhöhen, • den Organisationsgrad in Kettenhotellerie und Systemgastronomie zu verbessern, Ebenfalls positiv auf die Mitgliederentwicklung eingewirkt hat auch die Steigerung der Zahl der Betriebe mit Betriebsräten im Gastgewerbe. Diese Entwicklung wurde im Bereich der Kettenhotellerie durch Workshops unterstützt, die mit Vertretern der Gesamtbetriebsräte und insgesamt acht NGGRegionen durchgeführt wurden. Das Thema „betriebsratslose Betriebe – weiße Flecken“ ist auch bei den Gesamtbetriebsräten der Cateringbranche thematisiert und in die Zielvereinbarungen für die Haustarifverhandlungen aufgenommen worden. • die Zahl der Betriebsräte zu erhöhen, In den Teilbranchen Catering und Hotellerie wur- Die Schwerpunkte der Arbeit im Hotel- und Gaststättengewerbe dienen daher folgenden Zielen: 250 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss • die Präsenz in Berufsschulen zu verstärken, • die anhaltend schlechte Qualität der Berufsausbildung zu verbessern, • die Voraussetzungen zu schaffen, Tarifverträge in allen Tarifbereichen durchzusetzen mit dem gleichzeitigen Ziel, keinen Entgelttarifvertrag unter 7,50 Euro abzuschließen, • die Aufklärung und Information über die tarifliche HoGa-Rente. den feste Branchennetzwerke unter Beteiligung der wesentlichen Gesamtbetriebsratsgremien eingerichtet, die gemeinsame betriebs- und branchenpolitische Themen besprechen und entsprechende Schwerpunkte miteinander verabreden. Inhaltliche Anforderungen der Betriebsräte der Kettenhotellerie, wie z.B. die Unterstützung bei der Entwicklung von Betriebsratszeitungen/-newslettern wurden durch spezielle Medienseminare unterstützt. Um diese Ziele zu erreichen werden folgende Aktivitäten entwickelt: • Entwicklung von zielführenden Werbekonzepten für das Gastgewerbe unter Berücksichtigung der Erfahrungen von Organizing-Kampagnen und anderer ähnlicher Ansätze; Entwicklung eines Handlungskonzeptes für die Regionen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen regionalen Bedingungen; • Einrichten eines Branchenarbeitskreises durch den Hauptvorstand mit dem Auftrag, ein Arbeitsprogramm zur Aktivierung, Motivation und Mitgliedergewinnung – insbesondere für den Bereich der Großhotellerie – zu entwickeln; • Weiterentwicklung der bestehenden Flächentarifverträge in der Systemgastronomie und Einrichten einer Expertengruppe für die Erarbeitung der tarif- und branchenpolitischen Ziele und zur Nutzung der Tarifauseinandersetzungen für die Mitgliedergewinnung; • Maßnahmen zur Unterstützung eines positiven Image der NGG in der Öffentlichkeit als der Gewerkschaft des Gastgewerbes nach dem Modell der WM-Kampagne; • Systematischer Ausbau der Berufsschularbeit auf Basis des 2006 erarbeiteten Betreuungskonzeptes; • Initiative zur nachhaltigen Verbesserung der Ausbildungsqualität im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Systemgastronomie: In einer Ausbildungskonferenz erarbeiten möglichst viele Beteiligte (DEHOGA, BdS, Kammern, Betriebsräte und JAV-Gremien, Auszubildende, Berufsschullehrer u.a.) unter Federführung der NGG Lösungsmöglichkeiten für eine bessere Ausbildung. Auf dieser Grundlage werden anschließend Handlungsstrategien und Materialien entwickelt und umgesetzt; • Fortsetzung der Initiativen zur Realisierung eines echten Bündnisses mit DEHOGA und Bundesfinanzverwaltung zur Bekämpfung von Schwarzarbeit als zentrale arbeitsmarktpolitische Herausforderung im Gastgewerbe. Erledigung Auf Grund der Struktur des Gastgewerbes bekommt das Internet eine zunehmende Bedeutung in der Kommunikation mit den Beschäftigten. Bereits heute erfolgt der Großteil der Online-Eintritte aus dem Gastgewerbe. Mit der Neugestaltung des NGG-Internetauftritts soll das inhaltliche Angebot zukünftig ausgebaut werden. Im Rahmen der gemeinsamen Gespräche zwischen den Bundesministerien für Finanzen, Arbeit und Soziales, dem DEHOGA und uns machen wir permanent deutlich, dass mehr gegen die starke Ausprägung der Schwarzarbeit im Gastgewerbe getan werden muss und ein gemeinsames Bündnis aufgelegt werden muss. A 7 Branchenarbeit Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, Ziele, Schwerpunktthemen und entsprechende Konzepte für die Betreuung einzelner Branchen innerhalb des Organisationsbereichs der NGG festzulegen. Hierzu gehört insbesondere: • Bestandsaufnahme der bisherigen Branchenarbeit. • Verbindliche Ziele für die Betreuung der Branchen z. B. zur Mitgliedergewinnung, und / oder zu tarif- oder betriebspolitischen Themen. • Schaffung von Betreuungsstrukturen mit Branchenbeauftragten auf allen Ebenen, wo die Branche relevant vertreten ist, mit jeweils festgelegten Verantwortlichkeiten. • Festlegung der Kommunikationswege und -inhalte zwischen den Branchenbetreuern und der zuständigen Abteilung in der Hauptverwaltung. • Vorbereitung und Durchführung von Tarifrunden durch die Branchenbeauftragten in Abstimmung mit den Verhandlungsführern. • Regelmäßige Branchenzusammenkünfte auf der Landes- und Bundesebene. • Koordinierung der Tarif- mit der Branchenpolitik. • Erstellung von regelmäßigen Branchenberichten für die betreuenden Hauptamtlichen und die Betriebsräte mit u.a. folgenden Inhalten: Annahme Der Hauptvorstand hat für die Branche Brot und Backwaren (inklusive Bäckerhandwerk) ein Pilotprojekt zur Branchenarbeit beschlossen. Dabei sollen die Erfahrungen sowie Ergebnisse dokumentiert und der gesamten Organisation in geeigneter Form zugänglich gemacht werden. Ein hierfür eingerichteter Branchenkoordinierungskreis setzt sich aus ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen zusammen. Für jeden Landesbezirk wurde ein hauptamtlicher Branchenbeauftragter benannt. Der Branchenkoordinierungskreis hat Themen und Inhalte der Branchenarbeit identifiziert, gesammelt und festgelegt. Aktuell wird an einer Strategie zur Umsetzung des Themenfeldes Demografischer Wandel gearbeitet. Aktuelle Entwicklungen in der Branche (z.B. Lieken, Schäfers Brot) und die Diskussionen darüber überlagern oft die systematische Arbeit. Mit wachsender Beteiligung finden die Branchentagungen auf allen Ebenen der NGG statt. - Verbandsstruktur Geschäftsbericht 2008–2012 251 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Die Betreuungskapazitäten für die Fleischwirtschaft in der Hauptverwaltung wurden verstärkt. So konnten verschiedene Aktivitäten initiiert werden, die die besondere Situation in der Fleischwirtschaft im öffentlichen Fokus gehalten haben. - Wirtschaftlichen Daten - Entwicklungstendenzen - Regelmäßige Erfassung der Eingruppierungen • Aufbau von Branchennetzwerken bzw. Arbeitskreisen mit haupt- und ehrenamtlichen Funktionären. • Durchführung von speziellen Kampagnen für einzelne Branchen. A8 Fleischwirtschaft Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Nord Der Hauptvorstand unserer Gewerkschaft NGG wird aufgefordert, sich noch stärker um die deutsche Fleischwirtschaft zu kümmern, damit diese in der innergewerkschaftlichen Arbeit einen größeren Stellenwert bekommt. Dabei sollte insbesondere der Ansatz des „ Organizing“ geprüft werden. Hierzu hat die eigene Umfrage Anfang 2012 über den Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen in der Ernährungsindustrie ebenso beigetragen wie die Herausgabe eines Schwarzbuches Werkverträge mit dem Titel: „Wenig Rechte – Wenig Lohn! Wie Unternehmen Werkverträge (aus)nutzen.“ Voraussetzung für eine erfolgreiche Nutzung des Organizingansatzes in der Fleischwirtschaft sind betriebliche Ansprechpartner/Multiplikatoren, die Ziele und Aktivitäten verlässlich mittragen und umsetzen. Deshalb wurden Tagungen für Betriebsräte im VION-Konzern zur dauerhaften Einrichtung im BZO gemacht und finden seit 2009 jährlich statt. Für die Geflügelbranche sind zwei Branchenkonferenzen durchgeführt worden. NGG beteiligt sich an dem DGB-Projekt „Faire Mobilität“. NGG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgefordert einen „Runden-Tisch-Fleisch“ einzuberufen. Die Vorbereitungen laufen noch. Die internationale Zusammenarbeit der zuständigen Gewerkschaften für die Fleischbranche ist erheblich intensiviert worden. NGG hat im Frühjahr 2011 im Rahmen einer Anhörung vor der sozialistischen Fraktion des EU-Parlamentes in Brüssel auf die besonderen Probleme durch Werkvertragsbeschäftigte in der deutschen Schlachtindustrie aufmerksam gemacht. 252 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext A9 Beschluss Erledigung Annahme Zum Abschluss einer dreitägigen Konferenz der NGG im Oktober 2010 unterzeichneten Betriebsräte und Arbeitgeber aus der Getränkeindustrie gemeinsam eine Erklärung. Hierin wird die Bundesregierung aufgefordert, aus sozialen und ökologischen Gründen das Mehrwegsystem zu stärken. Strukturwandel in der Mineralbrunnenindustrie nicht tatenlos hinnehmen! Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Die NGG ist nicht prinzipiell gegen Einwegverpackungen, aber allein schon aus ökologischen Gründen befürwortet sie eine Stärkung der Mehrwegproduktion. Deshalb registriert sie den sich verschärfenden Strukturwandel in der Mineralbrunnenindustrie nicht nur, sondern begleitet ihn kritisch und politisch im Interesse der Beschäftigten. Dabei ist ihr Ziel, die Vernichtung von Arbeitsplätzen zu verhindern, indem insbesondere den mittelständischen Unternehmen eine Überlebensperspektive erhalten wird. Denn seit der Einführung von Pflichtpfand auf Mehrwegflaschen durch die Novellierung der Verpackungsverordnung im Jahr 2003 sank die Quote von Mehrweg am Absatz der Mineralbrunnen von etwa 74 auf unter 40 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil der Discountlieferanten am Markt von 21 auf über 50 Prozent. Demgegenüber erklärte die Verpackungsverordnung zu ihrer eigenen Orientierungsgröße, den Anteil von Mehrweg- und ökologisch vorteilhaften Einwegverpackungen auf 80 Prozent zu bringen. Die entgegenlaufende Entwicklung beeinflusst den Wettbewerb in der Branche, da sich die Kostenbelastung bei Mehrweg- und Einwegherstellung bei den Mineralbrunnen gravierend unterscheidet: Zum einen liegt der Ausstoß je Arbeitnehmer/in bei der stärker automatisierten Einweg- deutlich höher als bei der personalintensiveren Mehrwegproduktion; das gilt insbesondere für die regionalen Marken. Zweitens resultieren daraus wesentlich geringere Personalkosten je Herstellungseinheit selbst dann, wenn sowohl die Einweg- als auch die Mehrwegfabrikanten tarifvertraglich gebunden sind. In der Folge werden Arbeitsplätze in den Mehrwegbetrieben mittelfristig gefährdet oder vernichtet, da sich deren Produktionsanlagen nicht amortisieren können, die Herstellung von Mehr- auf Einweg aus Wettbewerbsgründen umgestellt wird und/oder Mehrweg- durch Einwegbetriebe gänzlich vom Markt verdrängt werden. Dieser Konkurrenzkampf wird gefördert und beschleunigt durch die zwischenzeitlich monopolisierte Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels, der die Hersteller durch Preisdiktate in existenzielle Schwierigkeiten bringt. Ein aktuelles und wohl typisches Beispiel aus der Zeitschrift „Inside“ vom 22. Februar 2008: Nach deren Bericht schrieb der REWE-Konzern im Internet 430 Millionen Liter Mineralwasser in 0,5- und 1,5-Liter-PET-Einwegflaschen aus. Den Zuschlag für Süddeutschland erhielt ein Anbieter aus Baden-Württemberg, der die 1,5-Liter-PET-Flasche für 11,7 Cent liefern will. Diesen Preis unterbot sofort ein Produzent aus Nordhessen mit 10,2 Cent pro 1,5-Liter-Einwegflasche. Darum titelte die „Inside“: „Horror-Konditionen bei REWE: Mineralwasser säuft ab“. Der Hauptvorstand hat im November 2010 ein Positionspapier „Nachhaltige und zukunftsfähige Verpackungen in der Getränkewirtschaft“ im Sinne dieses Antrages verabschiedet und sich somit in die aktuellen Diskussionen um die Einweg-/Mehrwegdebatte eingebracht. Die Position der NGG wurde der Bundesregierung übermittelt und in wiederkehrenden öffentlichen Stellungnahmen in den verschiedenen Medien verbreitet. Auch diese Aktivitäten haben mit dazu geführt, dass das Absinken der Mehrwegquote in der Politik als Problem gesehen wird. Bereits bei der Einführung des Einwegpfands 2003 hatten wir die Befürchtung geäußert, dass die undifferenzierte Kennzeichnung von Einweg– und Mehrweggefäßen zu einer drastischen Verminderung der Mehrwegquote führen wird. Unsere Befürchtungen sind leider eingetreten. In der Folge hat es im Herbst 2012 erste Überlegungen von Seiten der Bundesregierung gegeben, wie durch besondere Kennzeichnung zu verdeutlichen ist, dass das vermeintliche Pfand tatsächlich keines ist. Hier soll die Kennzeichnung helfen, dem Verbraucher deutlich zu machen, um welche Art von „Pfand“ es sich handelt. Ein solcher Wettbewerb gefährdet und vernichtet nicht nur Arbeitsplätze, sondern erhöht den Druck auf die bestehenden Tarifverträge. Denn nicht selten entziehen sich die Einwegfabrikanten der Tarifbindung, wodurch sie sich den betriebswirtschaftlichen Vorteil untertariflicher Entgelte sichern. Und nicht wenige Mehrweghersteller flüchten in die Tariflosigkeit, um mit „frei Schnauze“ ausgehandelten Entgelten auf den Wettbewerbsdruck zu reagieren. Beide Entwicklungsrichtungen hebeln nicht nur aktuell die bestehenden Branchentarifverträge aus, sondern stellen auf Dauer die Flächentarifverträge grundsätzlich in Frage. NGG und Betriebsräte sind also herausgefordert, sich hinsichtlich des Strukturwandels nicht nur politisch zu positionieren, sondern aktiv in diesen Prozess einzugreifen, damit die Beschäftigten nicht zu Verlierern der Entwicklung werden. Der NGG-Hauptvorstand wird beauftragt, zur Frage des Eingreifens der NGG in den Strukturwandel in der Mineralbrunnenindustrie einen gesellschaftspolitischen Forderungskatalog aufzustellen. Damit soll die innergewerkschaftliche, betriebliche und öffentliche Debatte in folgende Richtung entwickelt und/oder beeinflusst werden: • Die Mehrwegproduzenten sind durch gesetzliche Regelungen vor der Verdrängung durch Einweganbieter zu schützen, da die ökologische Belastung – beispielsweise durch CO2 bei großen Transportstrecken – sowohl bei der Herstellung als auch bei der Entsorgung der Flaschen – Müllvermeidung statt -verbrennung – von Mehrwegverpackungen deutlich geringer ist. • Der im Lebensmitteleinzelhandel entstehende Pfandschlupf (das Pfand der nicht zurückgegebenen Mehrwegflaschen) muss verpflichtend für Geschäftsbericht 2008–2012 253 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme In zwei Workshops mit Gesamt- und Konzernbetriebsräten sowie betreuenden NGG-Sekretärinnen und -Sekretären wurde eine Beschlussempfehlung für den Hauptvorstand erarbeitet. regionale ökologische Projekte und für die Werbung für Mehrweg- und ökologisch vorteilhafte Verpackungen verwendet werden. Dabei soll die Förderung einer regionalen Vermarktung von Mineralwässern und Erfrischungsgetränken (Motto: „aus der Region für die Region“) besonders berücksichtigt werden. • Das Pflichtpfand ist durch eine Entsorgungsabgabe auf alle Einwegverpackungen zu ergänzen, um neben den ökologischen auch wirtschaftliche Effekte – beispielsweise den Erhalt der Produktionsstandorte der mittelständischen Mineralbrunnenindustrie – zu erzielen. Mit dieser Forderung wird sich die NGG an die anderen DGB-Gewerkschaften, Umweltverbände, Politiker demokratischer Parteien sowie weitere potenzielle Bündnispartner/innen wenden, um eine entsprechende Gesetzesinitiative auf den Weg zu bringen. Hierzu erstellt und verteilt die NGG allein oder mit Bündnispartnern/-innen spezielle Informationsmaterialien zu den arbeitsmarktpolitischen und ökologischen Folgen der Produktion und des Konsums von Mineralwässern und Erfrischungsgetränken in Einwegflaschen an die Verbraucher/innen. A 10 Konzernbetreuung Antragssteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, Mindeststandards, Ziele und Schwerpunktthemen für die Betreuung ausgewählter Konzerne durch die NGG festzulegen. Der Hauptvorstand hat in seiner Sitzung am 20./21. März 2012 eine Handlungsanleitung für Gesamtund Konzernbetriebsräte sowie Hauptamtliche der NGG beschlossen. Diese beschreibt Mindeststandards, Ziele und Schwerpunktthemen einer koordinierten Betriebspolitik im Organisationsbereich der NGG. Grundlage für diese Festlegung soll u.a. das Kriterium einer erfolgreichen Mitgliederwerbung sein. Konzernbetreuung muss eingebettet sein in unsere Branchenarbeit und in den Erhalt unserer Flächentarifverträge. Eine Verbesserung der Konzernbetreuung kann über folgende Ansätze erreicht werden, die auch auf ihre Erfolge bei der Mitgliedergewinnung geprüft werden müssen. • Bestandaufnahme der bisherigen Arbeit mit den einzelnen Konzernen. • Klare Regelungen zu den Verantwortlichkeiten der betreuenden Personen der Konzerne durch alle Ebenen. • Festlegung der Kommunikationswege und -inhalte zwischen den Betreuern der Konzerne und deren Betrieben sowie den NGG-Vertretern in den Aufsichtsräten und der zuständigen Abteilung in der Hauptverwaltung. Hierzu gehören auch regelmäßige Informationen an alle Personen, welche den Konzern bzw. einzelne Teile davon und Betriebe betreuen. • Verabredete Ziele und Zeitschienen für einzelne Konzerne, z. B. zur Mitgliedergewinnung, und / oder zu tarif- oder betriebspolitischen Themen unter Einbeziehung der Betreuer des Konzerns auf allen Ebenen. Hierzu ist die Durchführung von Konzern-Funktionärskonferenzen zu prüfen. • Durchführung von speziellen Kampagnen für die einzelnen Konzerne bzw. Einbindung der Konzerne in Kampagnen der jeweiligen Branche. • Ausnützen der Pilotfunktion der Konzerne für politische Schwerpunktthemen der NGG. • Die aufgezählten Punkte müssen auch für die internationalen Verflechtungen der Konzerne und den dortigen gewerkschaftlichen Strukturen gelten. A 11 Standards für die Bildungsarbeit Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Für eine zukunftsorientierte Gewerkschaftsarbeit ist es unerlässlich, politische Bildung zu einer Kernaufgabe unserer NGG zu machen. Der Hauptvorstand wird aufgefordert, zu politischen Schwerpunktthemen organisationseinheitliche Bildungsstandards unter Berücksichtigung von genderpolitischen Aspekten zu entwickeln und über deren Umsetzung zu wachen. Dabei ist darauf zu achten, dass bei der Durchführung von Bildungsveranstaltungen vorrangig das BZO und die DGB-Bildungsstätten genutzt werden. 254 Die Handlungsanleitung wurde allen hauptamtlichen GBR- und KBR-Betreuern der NGG mit der Aufforderung zur Verfügung gestellt, diese mit den entsprechenden Betriebsratsgremien zu diskutieren und zukünftig entsprechend zu verfahren. Sie ist seitdem Grundlage der Betreuung durch unsere hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen. Annahme Zur Bearbeitung dieses Antrags ist eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung aller Landesbezirke eingesetzt worden. In dieser Arbeitsgruppe ist erstmals seit einigen Jahren wieder eine Bestandsaufnahme der Bildungsarbeit bei NGG gemacht worden, die die Vielfalt der unterschiedlichen Arbeitseinsätze und den unterschiedlichen Umfang der Bildungsarbeit verdeutlicht hat. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Seminare zur Betriebsratsausbildung Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss In bundes- bzw. landesweiten Seminaren sollen, insbesondere zur Unterstützung der Mitgliederwerbung, folgende Themenfelder abgedeckt werden: • im BZO sowie branchenbezogene Fachseminare und Tagungen zur Stützung und Vertiefung der örtlichen Arbeit. Die Geschichte der Arbeiterbewegung – wo komme ich her, wo stehen wir heute? • Demokratische Systeme und volkswirtschaftliche Theorien. • Der Aufbau unserer Organisation und die Mitbestimmungsmöglichkeiten als FunktionärIn. • Hilfestellungen bei Mitgliederneugewinnung und Stärkung der NGG-Mitglieder in den Betrieben. • Gesellschafts- und sozialpolitische Themen und unsere Einflüsse. • Moderner Rechtsextremismus • Rechtsextremistisches Menschenbild • Erscheinungsformen • Programmatische Vorstellungen • Auswirkungen auf die Gesellschaft • Widerstandsmöglichkeiten Erledigung Die Arbeitsgruppe hat daraufhin nach einheitlichen Standards aufgebaute, erprobte Seminarkonzepte ins NGG-Intranet zur Nutzung durch alle Regionen und Landesbezirke gestellt, um hier eine Vereinheitlichung zu ermöglichen. Weiter ist vorgeschlagen worden, die Weiterbildung der politischen Sekretärinnen und Sekretäre bei NGG auszubauen und Methoden- und Themenkompetenz zu verbessern. Da es im Jahre 2013 eine erhebliche Belastung durch die Organisationskonferenzen gibt, soll diese Verstärkung der Weiterbildung im Jahre 2014 umgesetzt werden. Weiter ist in der Arbeitsgruppe vorgeschlagen worden, einen „Arbeitskreis Bildung“ unter Beteiligung von Entsandten der Landesbezirke, der Hauptverwaltung und des BZO mit folgenden Zielen zu bilden: Darüber hinaus sollten neue Wege der Bildung und Qualifizierung gefunden werden, z.B. über NGG-Internet, Themenforen, die bundesweit TeilnehmerInnen Bildungszugang gewähren und zeitlich flexibel abrufbar sind. • Diskussion von Bildungsinhalten Zu den o.g. Themen sind Leitfäden, Bildungsbausteine und Materialien zu entwickeln und Qualifizierungen für die jeweils in der Bildungsarbeit tätigen Hauptund Ehrenamtlichen anzubieten. • Aktualisierung von Seminarleitfäden • Austausch/Nutzung von Neuerungen in der Erwachsenenbildung. Hierzu sind auch einheitlich gegenderte Leitfäden, Bildungsbausteine und Materialien zu entwickeln und Qualifizierungen für die jeweils in der Bildungsarbeit tätigen Haupt- und Ehrenamtlichen anzubieten. Aufgrund von personellen Veränderungen wird dieser Arbeitskreis seine Arbeit im Jahre 2014 aufnehmen. A 15 Jugendpolitisches Aktionsprogramm Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Die Gewerkschaft NGG versteht Jugendarbeit als umfassende Gesamtaufgabe der Organisation. In den nächsten Jahren ist die Jugendarbeit weiter auszubauen und zu stärken. Die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen der jungenNGG tragen in ihrem Verantwortungsbereich durch Konzeption, Koordination und Unterstützung in den nachfolgend beschriebenen Handlungsfeldern bei. Die Durchführung regionaler Aktivitäten obliegt den ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen der Regionen vor Ort. Berufsschularbeit Annahme Das jugendpolitische Aktionsprogramm bildete die Grundlage der Arbeit für den Bundesausschuss jungeNGG sowie für die Landesjugendsekretärinnen und Landesjugendsekretäre. Regelmäßig wurde der Umsetzungsstand auf den Zusammenkünften der jungenNGG thematisiert. Berufsschulaktionen Bezüglich der Berufsschulaktionen wurde auf Basis des Berufschulordners eine koordinierte Vorgehensweise verabredet. Die Arbeit an Berufsschulen ist wichtiger Bestandteil der Organisationsarbeit. Hier besteht die Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem Zeitaufwand viele Auszubildende aus den unterschiedlichen Strukturen der NGG (Filialbetriebe, Kleinstbetriebe etc.) anzusprechen, die in der täglichen Praxis nicht zu erreichen sind. In vielen Regionen, in denen regelmäßig Berufsschularbeit stattfindet, hat sich der Anteil junger Mitglieder deutlich erhöht. Der Wiedererkennungswert und die Wahrnehmung der NGG werden gesteigert. Alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass systematische Berufsschularbeit unabdingbar für die erfolgreiche Arbeit der Gesamtorganisation ist und insofern einen wichtigen Bestandteil der Arbeit der Regionen dargestellt. Betriebsräte Hierbei gilt es, nach Möglichkeit an den für NGG relevanten Berufsschulen/ Berufsschulklassen regelmäßig präsent zu sein. Für die Durchführung können auch Kooperationen mit anderen Gewerkschaften oder mit dem DGB gebildet werden. Die Verantwortung, dass Berufsschularbeit stattfindet, liegt jedoch in den Regionen und wird durch den/die Landesjugendsekretär/in koordiniert und nach Möglichkeit begleitet. Mit Hilfe von Zielvereinbarungen in den einzelnen Landesbezirken kann die Arbeit zusätzlich verstetigt werden. Berufsanfängerwerbung Betriebsräte Politik und Gesellschaft Die Betriebsräte sind aufgefordert, verstärkt Jugendarbeit im Betrieb zu fördern und gemeinsam mit Regionen und Jugendsekretär/inn/en entsprechende Maßnahmen für eine aktive betriebliche Jugendstruktur zu entwickeln. Betriebsräte Die jungeNGG hat ihre Anliegen in verschiedenen Aktionen öffentlich gemacht. Beispielsweise wurde im Rahmen der Bundesjugendklausurtagung unter Geschäftsbericht 2008–2012 Ein Flyer zur Betriebsratswahl wurde erstellt. Der Anteil junger Menschen in den BR-Gremien konnte leicht verbessert werden. JAV-Offensive Die Anzahl der JAVen konnte seit 2008 kontinuierlich gesteigert werden. Nach Erprobung in den Pilotregionen ist das Konzept zur Werbung von Berufsanfängern allen Regionen zum Ausbildungsstart 2011 angeboten worden. Die Materialien wurden bisher sehr gut genutzt. 255 Antragstext müssen sich als Multiplikator im Betrieb bezüglich der Weitergabe von Informationen, Angeboten usw. verstehen und sollen motivierend auf die Jugend- und Auszubildendenvertretungen und Auszubildenden einwirken. Aus diesem Grunde sind die Betriebsräte aufgefordert, im Gremium eine Kollegin/einen Kollegen zu bestimmen, die/der als Ansprechpartner und als Unterstützung für die JAV verantwortlich ist. Betriebsrätenachwuchs Für die Betriebsratswahlen 2010 sollen insbesondere auch junge Kolleginnen und Kollegen angesprochen werden. Junge Kolleginnen und Kollegen können die Akzeptanz der Betriebsratsgremien insbesondere bei Auszubildenden und jungen Beschäftigten stärken und mit ihrer Erfahrung aus der Jugend- und Auszubildendenvertretung die Arbeit des Gremiums unterstützen. Ein entsprechendes Konzept wird von der jungenNGG gemeinsam mit dem Referat Betriebspolitik zu den nächsten Betriebsratswahlen im Jahre 2010 entwickelt und soll dann fester Bestandteil unserer Kampagne zu den Betriebsratswahlen werden. JAV-Offensive Die Jugend- und Auszubildendenvertretungen sind unsere betrieblichen Multiplikatoren. Genauso wie die Betriebsräte sind sie das „Gesicht“ der Gewerkschaft NGG im Betrieb. Durch ihre eigene Mitgliedschaft und ihre Multiplikatorenfunktion tragen sie erheblich zur Mitgliedergewinnung bei. In vielen Betrieben haben wir weiterhin ein erhebliches Potenzial an möglichen Neugründungen von Jugend- und Auszubildendenvertretungen. Beschluss Erledigung dem Motto „Gute Ausbildung“ mit Schwerpunkt Gastgewerbe mit einem Flashmob und weiteren Aktionen in der Frankfurter Innenstadt dieses Thema öffentlich gemacht. Weiter gab es betriebliche und öffentliche Aktionen zum Erhalt des Jugendarbeitsschutzgesetzes. In einem Brief an Ministerin von der Leyen zu diesem Thema wurde unserer Forderung noch einmal Nachdruck verliehen. Ähnliche Aktivitäten gab es, oft mit den übrigen DGB-Gewerkschaften zusammen, auch in den Ländern. Zudem wurde eine NGG-eigene Ausstellung zur Ausbildungsqualität („Eine Mutter schreit um Hilfe“) entwickelt, die für diverse Veranstaltungen genutzt wurde. Tarif- und Branchenpolitik für junge Menschen Seit 2009 finden Seminare für die jungen Tarifkommissionsmitglieder statt. Der Hauptvorstand hat die Forderung „Übernahme“ in seinen tarifpolitischen Empfehlungen immer aufgegriffen. Siehe auch Antrag B 17. Es konnte in vielen Tarifkommissionen ein Mandat durch ein jungeNGG-Mitglied besetzt werden. Die Landesjugendsekretärinnen und -sekretäre ermitteln, in welchen Betrieben JAV-Wahlen möglich sind. Gemeinsam mit den Regionen und Betriebsräten wird abgesprochen, wie und mit welchen Mitteln die Gründung von JAVen erfolgen kann. Ziel ist es, in jedem JAV-fähigen Betrieb auch eine zu gründen. Es ist zu prüfen, ob die Einführung einer Zielvereinbarung mit den Landesjugendsekretärinnen und -sekretären sinnvoll sein kann. Diese stellen neben den Regionen auch eine regelmäßige Kontaktaufnahme sicher. Bei Besuchen im Betrieb ist daher neben dem Kontakt mit den jeweiligen Betriebsräten dieser auch mit der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu pflegen. Hierdurch wird auch die Identifikation zur jeweiligen Region, damit zu unserer Organisation, erhöht und Jugendarbeit ohne großen Mehraufwand gefördert. Neuanfängerwerbung Jedes Jahr beginnen in den Monaten August/September viele neue Kolleginnen und Kollegen in den Branchen und Betrieben der NGG ihre Berufsausbildung. Für die meisten von ihnen ist die Arbeit der Gewerkschaft unbekannt, so dass zuerst die Bedeutung und Notwendigkeit von Gewerkschaften erklärt werden muss, um sie für eine Mitgliedschaft zu gewinnen. Die Landesbezirksjugendsekretär/inn/en stimmen mit den Regionen ab, wo in der zweiten Jahreshälfte Neuanfängeraktionen gestartet werden. Die Neuanfängeraktion soll folgende Elemente enthalten: • persönliche Ansprache durch Region/ Betriebsräte/Jugend- und Auszubildendenvertretungen; Begrüßungsmappe für Azubis • Nachfassaktionen nach Ende Probezeit Ein entsprechendes Konzept wird von Seiten der jungenNGG entwickelt. Die Umsetzung erfolgt in den Regionen und Betrieben mit den Akteuren vor Ort unter Beteiligung der Landesjugendsekretäre/innen. Politik und Gesellschaft Die jungeNGG will in den nächsten Jahren verstärkt jugendpolitische Themen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen verbinden. Die Erfahrungen der letzten beiden Jahre, eigenständig Aktionen zur Ausbildungsstellenmarktmisere durchzuführen, waren für die Teilnehmenden, unser Image und die Außenwirkung der jungenNGG positiv. Die jungeNGG will mit Aktionen das Bewusstsein der jungen Menschen für die Mitarbeit bei jungeNGG stärken und sich noch weiter als „Mitmachorganisation“ darstellen. Hierbei ist es insbesondere auch wichtig, Themen der jungen Menschen aufzunehmen und sich als Sprachrohr und Partner für die jungen 256 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Menschen einzusetzen. Folgende Themen sollen vor allem in den nächsten Jahren von jungeNGG besetzt werden: • Ausbildungsqualität/Zahl der Ausbildungsplätze • Bundestagswahl 2009 • Jugendarbeitsschutzgesetz • Keine Verlängerung der Lebensarbeitszeit • Prekäre Beschäftigung und Mindestlohn • Rechtsextremismus entgegenwirken • Umwelt- und Klimaschutz fördern • Verbesserung und Ausweitung von Networkingstrukturen für junge Mitglieder • Weiterentwicklung der Berufsbilder in NGG-Berufen Regionale Jugendarbeit Durch eingeschränkte Zeitressourcen ist es vielen Jugendlichen, die Interesse an einer Mitarbeit in unserer Gewerkschaft NGG haben, nicht möglich, Bildungsveranstaltungen am Wochenende zu besuchen. Zudem ist die Hemmschwelle, ein Wochenendseminar zu besuchen, ungleich höher als der Besuch einer Tages-/ Abendveranstaltung der örtlichen NGG-Region oder des DGB. Die Anbindung junger Kolleginnen und Kollegen an ihre Region kann in vielen Regionen verbessert werden. Regionsjugendausschüsse oder regionale Jugendstrukturen sind in der Regel nicht vorhanden. Über die Landesebene kann dies nicht kompensiert werden, da der Besuch von zentralen Tages- oder Abendveranstaltungen aufgrund langer Anfahrtswege für viele potenzielle Teilnehmende nicht zumutbar ist. Gerade im Hinblick auf die kommenden Herausforderungen durch eine veränderte Organisationsstruktur müssen Strukturen geschaffen werden, die es ermöglichen, auch vor Ort oder im Regionsverbund Angebote für junge Kolleginnen und Kollegen anzubieten. Möglichkeiten hierzu wären u.a. durch Jugendstammtische oder jugendbezogene Themen auf Abendveranstaltungen gegeben. Tarif- und Branchenpolitik für junge Menschen Junge Beschäftigte sind besonders von prekären Arbeitsbedingungen betroffen. Insbesondere die Themen Berufseinstieg, Übernahme, befristete Beschäftigung, Leiharbeit, Arbeitsbedingungen und Entlohnung betreffen verstärkt die junge Generation. Dies geht auch aus dem jüngsten DGB-Index „Gute Arbeit“ der DGBJugend hervor. NGG ist aufgefordert, durch eine entsprechende Branchen- und Tarifpolitik die Chancen der jungen Beschäftigten auf eine berufliche Zukunft auszubauen. Hierbei wird die jungeNGG durch entsprechende Seminare und Schulungen ihre Akteure unterstützen sowie mit vor- und nachgelagerten Aktionen zur Mitgliedergewinnung beitragen. In jedem Jahr wird auf Landesbezirksebene angestrebt, in einem ausgewählten Tarifbereich eines der unten stehenden Themen zum Bestandteil der jeweiligen Tarifauseinandersetzung zu machen. Die jungeNGG wird in die begleitenden Aktionen zur Mitgliedergewinnung und Mitgliedermobilisierung mit einbezogen: Themen der Branchen- und Tarifpolitik könnten sein: • Altersvorsorge • Erhöhung der Entgelte • Kein Lohndumping durch eine überhöhte Zahl Auszubildender • Maßnahmen zum Abbau prekärer Beschäftigung (Leiharbeit, Befristung, Praktika) • Maßnahmen zur Steigerung der Ausbildungsqualität • Qualifizierung • Steigerung der Ausbildungsplatzzahlen • Übernahmemöglichkeiten ausbauen. Geschäftsbericht 2008–2012 257 Antragstext A 18 Beschluss Erledigung Annahme als Material zu A 15 Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag A 15 Annahme Im Rahmen der Zusammenkünfte der Genderbeauftragten der Landesbezirke ist die sprachliche Überarbeitung der Geschäftsordnungen der Tarifkommissionen sowie die Erstellung einer Handlungshilfe für deren Arbeit Schwerpunkt gewesen. In zwei Landesbezirken sind die gegenderten Geschäftsordnungen umgesetzt. JAV-Offensive Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAVen) sind der Hauptansatzpunkt für gewerkschaftliche Jugendarbeit im Betrieb. Daher muss NGG sich verstärkt um die Neugründung sowie die Betreuung von JAVen bemühen. Zu diesem Zweck wird eine JAV-Offensive im Landesbezirk gestartet, mit der Auszubildende und junge Beschäftigte für die Mitgliedschaft und Aktivität bei NGG geworben werden sollen. Für die Umsetzung listen die Regionen alle JAV-fähigen Betriebe auf und sprechen mit den Beteiligten vor Ort – Betriebsräten und Vertrauensleuten – ab, wie die Gründung von JAVen erfolgen soll. Ziel ist es, in jedem JAV-fähigen Betrieb eine solche zu gründen. Die Neuwahl von JAVen wird darüber hinaus in die Zielvereinbarung „Offensive 21“ aufgenommen, ähnlich wie dies auch für die Neugründung von Betriebsratsgremien gilt. Die Förderung der Jugendarbeit wird als wichtiger Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Betriebsräten übernommen, auf Regions-, Landes- und Bundesebene. Ziel der Maßnahmen ist es, die Zahl der JAVen und deren Betreuung nachhaltig zu verbessern. A 20 Gleichstellungspolitisches Aktionsprogramm mit Leben erfüllen Antragsteller: Hauptvorstand Mit dem Gleichstellungspolitischen Aktionsprogramm (GPA), vom Hauptvorstand im Juni 2003 beschlossen, hat die Gewerkschaft NGG die Herstellung der Chancengleichheit von Frauen und Männern zu einer zentralen Aufgabe erhoben. Dafür sollten Handlungsmöglichkeiten für alle Ebenen der gewerkschaftlichen Politik beschrieben und die Umsetzung in praktische Politik gefördert werden. Als wesentliche Handlungsfelder wurden Tarifpolitik und Betriebspolitik festgelegt. Nach fünf Jahren stellen wir selbstkritisch fest, dass die Umsetzung noch nicht optimal ist. In vielen NGG-Gremien wurde das GPA noch nicht thematisiert. Dabei besteht durchaus Handlungsbedarf: Lauf einer Umfrage von Infratest im Auftrage des DGB haben Gewerkschaften ein beträchtliches Potenzial für neue Mitglieder. Demnach haben u. a. „Frauen, Arbeitnehmer in Teilzeit und unsicher Beschäftigte“ eine positive Einstellung zu Gewerkschaften und deren Arbeit. Dennoch zahle es sich für sie nicht aus Mitglied zu werden – so die Umfrage, weil sich Gewerkschaften zu wenig um Themen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen. Um dieses Mitgliederpotenzial zu erschließen, müssen Ehren- und Hauptamtliche für die Themen Gleichstellung und Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sensibilisiert und qualifiziert werden, damit die Themen des GPA auf die Tagesordnung kommen. In der Tarifpolitik Gleichstellungsorientierte und diskriminierungsfreie Tarifverträge durchzusetzen, z. B. Sprache: Tarifverträge gelten für Männer und Frauen. Das muss auch sprachlich deutlich werden. In mehreren Tarifverträgen sind bereits geschlechtsneutrale oder männliche und weibliche Begriffe eingearbeitet. Wo dies noch nicht geschehen ist, wirken die Tarifkommissionen bei Neuabschluss auf die Wandlung in männliche und weibliche Sprache hin. Für die Tarifkommissionen wird dazu ein Leitfaden erstellt. Entgeltgleichheit: In jeder Tarifrunde wird die Entgeltgleichheit in die Forderungen eingebracht. Die Tarifkommissionen erarbeiten für ihren Tarifvertrag einen Fahrplan zur Umsetzung. Arbeitszeit: Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Vorschläge zu erarbeiten und in die Tarifforderungen einzubeziehen. Damit ist auch eine Forderung aus der Arbeitszeitkampagne zu mehr Zeitsouveränität zu erfüllen. Tarifvertrags-Check: Damit sollen – soweit noch vorhanden – mittelbare Diskriminierungen von Geschlechtern, insbesondere von Frauen sowie von anderen Beschäftigtengruppen aufgedeckt werden. Die Beseitigung einer festgestellten Diskriminierung ist als Tarifforderung zu erheben. 258 Das Angebot des Referates Frauen- und Gleichstellungspolitik zur sprachlichen Überarbeitung von Tarifverträgen, Flugblättern etc. wird von Regionen und Landesbezirken genutzt. Die tarifpolitischen Forderungen dieses Antrages wurden in der Broschüre „Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern – Die Tarifpolitik der NGG“ aufgenommen. Diese Broschüre beschreibt einen tarifpolitischen Handlungsrahmen, der allen Betriebsräten und Mitgliedern in Tarifkommissionen zur Verfügung steht. Siehe auch Antrag B 1. Mit Förderung der Hans-Böckler-Stiftung wurde 2010 ein Prüfinstrument entwickelt, mit dessen Hilfe eine mögliche Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt auf betrieblicher und tariflicher Ebene identifiziert und beseitigt werden kann. Über die Anwendungsmöglichkeiten dieses „eg-check“ wurden Schulungen für unsere Hauptamtlichen in den Regionen, Landesbezirken und der Hauptverwaltung durchgeführt. Eine erste Bestandsaufnahme der bundesweiten Tarifverträge wurde vorgenommen. Im Rahmen einer Tagung für Betriebsräte der Zuckerindustrie wurde der „eg-check“ genutzt, um Veränderungsbedarf im ERTV Zucker zu identifizieren. Für die Süßwarenindustrie und Eurest wird ein Entgeltrahmentarifvertrag gerade neu verhandelt. NGG hat hier Forderungen für einen diskriminierungsfreien Rahmentarifvertrag entwickelt. In der Brauindustrie haben die Arbeitgeber sich trotz zweier bundesweiter Warnstreikwellen geweigert, einen „modernen“ und diskriminie- Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung In der Betriebspolitik: rungsfreien Rahmentarifvertrag abzuschließen. Zur Unterstützung der Betriebsräte für die Schwerpunkte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Aus- und Weiterbildung werden Handlungshilfen erarbeitet, z. B. Analysen und Bedarfsermittlung, MitarbeiterInnenbefragung, Netzwerke. Dazu werden insbesondere gute Beispiele gesammelt und regelmäßig veröffentlicht (Intranet und Extranet) sowie Muster-Betriebsvereinbarungen erarbeitet. Die Gestaltung der Arbeitszeit ist ständiges Thema in den Tarifkommissionen. Eine 2008 erschienene Handlungshilfe „Zeit ist mehr als Arbeitszeit“ enthält tarifliche Eckpunkte und eine Muster-Betriebsvereinbarung mit Anregungen für die Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeit mit mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten. Diese Handlungshilfe ist nach wie vor aktuell. In der Mitbestimmung: In den Betrieben ist aus Sicht der NGG das Thema Weiterbildung (Qualifizierungsbedarfsanalyse, Qualifizierungsmatrix) im Rahmen ihrer Demografieinitiative zentral. Die Hans-Böckler-Stiftung bietet u.a. zum Thema „Betriebliche Weiterbildung“ und „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ umfangreiche Formulierungsvorschläge für Betriebsvereinbarungen auf ihrer Internetseite. Zum Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ hat NGG 2009 die Broschüre „Man muss nur wollen, was man alles kann …“ mit einer Sammlung vorhandener Regelungen in Betrieben sowie einer CD-Rom mit Methoden und Instrumenten für die BR-Arbeit herausgebracht. Aufsichtsräte: Frauen sind in einer Vielzahl von Aufsichtsräten deutlich unterrepräsentiert. Hierzu werden Vorschläge für den Hauptvorstand erarbeitet, die eine bessere Repräsentanz von Frauen sicherstellen. Qualifizierung: Für Ehren- und Hauptamtliche werden Qualifizierungen durchgeführt, denn Qualifikation bedeutet, Kompetenzen zu entwickeln und Handlungsfähigkeiten zu erweitern. Das bedeutet: 1. MultiplikatorenInnen müssen in den Grundlagen von Gender Mainstreaming und deren Anwendung in der Praxis geschult werden, um ihre Beraterfunktion für Mitglieder und Betriebsräte wahrnehmen zu können. 2. Die Qualifizierung für Hauptamtliche wird verbindlich geregelt. 3. Die Seminarinhalte werden mit der/dem Genderbeauftragten auf Bundesebene koordiniert. 4. In den Bildungs- und Seminarkonzepten der NGG (auch bei Durchführung durch Dritte) ist sicherzustellen, dass die Gender Mainstreaming Strategie integraler Bestandteil ist. Im ersten Schritt sind die Konzepte der Betriebsratsseminare Stufe 1–3 zu überarbeiten. Die Aufnahme von Rechtsansprüchen als Wahlprüfstein für die Bundestagswahl 2009 ist über den DGB erfolgt. Der Hauptvorstand benennt die Kandidatinnen und Kandidaten für die Gewerkschaftssitze in den nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 gebildeten Aufsichtsräten. Bei der Auswahl der Kandidatinnen und Kandidaten werden sowohl die politischen Notwendigkeiten, insbesondere die Betreuungsstrukturen, als auch die Geschlechterverhältnisse berücksichtigt. Seit dem Gewerkschaftstag 2008 ist es gelungen, den Anteil der Frauen bei den hauptamtlichen Gewerkschaftsvertretern leicht zu steigern. Außendarstellung Bei Veröffentlichungen wie z. B. Informations- und Flugblättern, Broschüren, Flyern etc. ist darauf zu achten, dass Männer wie Frauen gleichermaßen angesprochen werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich Sprache und Bildern. Der Hauptvorstand wird beauftragt, die Verbindlichkeit der Umsetzung sicher zu stellen, z. B. durch Zielvereinbarungen auf den einzelnen Ebenen der NGG. A 21 Frauenarbeit weiterentwickeln und zukunftsfähig gestalten Antragsteller: Region Ruhr Annahme Im Juni 2011 hat der Hauptvorstand die Vorlage des Bundesfrauenausschusses für die neuen „Richtlinien für die gewerkschaftliche Frauenarbeit“ beschlossen. Annahme Auf dem DGB-Bundeskongress vom 15. bis 20. Mai 2010 wurde die neue DGB-Satzung verabschiedet. Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand überarbeitet, berücksichtigt und ergänzt die Richtlinien für die gewerkschaftliche Frauenarbeit vom 19./20. März 1996 im Hinblick auf die Weiterentwicklung aus den Erkenntnissen des Gender Mainstreaming und des Gleichstellungspolitischen Aktionsprogramms. A 23 DGB erhalten und stärken! Vor Ort und in der Fläche! Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern dazu auf, den DGB als Deutschlands stärkste Arbeitnehmerorganisation auch zukünftig handlungsfähig zu erhalten und seine Präsenz vor Ort und in der Fläche zu stärken. Dies ist insbesondere dann von Nöten, wenn aufgrund der regionalen Strukturen die zuständigen Einzelgewerkschaften vor Ort nicht vertreten sein können. Im Vorfeld gab es verschiedene Initiativen anderer Gewerkschaften, die dezentrale Struktur des DGB so zu straffen, dass es erheblich weniger örtliche Büros des DGB geben sollte. Gemeinsam müssen wir die Interessen unserer Kolleginnen und Kollegen in der Öffentlichkeit deutlich machen und Ansprechpartner in der Gesellschafts-, der regionalen Struktur–, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sein. NGG hat ihre Skepsis der geplanten ehrenamtlichen Kreis- und Stadtverbände immer zum Ausdruck gebracht. Wir halten es für dringend erforderlich, dass eine lebendige außerbetriebliche Gewerkschaftsarbeit auf regionaler Ebene in regionalen DGB-Strukturen mit hauptamtlicher Besetzung ausgebaut und weiterentwickelt wird. Die neue Satzung betont die Aufgabe des DGB als Bund der Gewerkschaften. Eine Kernaufgabe ist der Rechtschutz. Sie regelt die Einrichtung von Kreis- und Stadtverbänden als Aufgabe der Bezirksverbände. Damit ist die Entscheidung für die Geschäftsbericht 2008–2012 259 Antragstext Beschluss Einrichtung von hauptamtlich besetzten örtlichen DGB-Büros auf die Bezirksebene delegiert. So ist es möglich, dass eine sachgerechte und ortsnahe Entscheidung über die Vertretung des DGB stattfindet. Notwendig ist, dass die DGB-Regionen als Kristallisationspunkte lebendiger Gewerkschaftsarbeit zum Mitmachen erhalten und gestärkt werden. Unter diesen Voraussetzungen können konzeptionelle Vorschläge für die zukünftige Arbeit in den DGB-Regionen entwickelt werden. Unser Leitgedanke dabei ist, die Konzentration und Optimierung der gewerkschaftlichen Interessenvertretung. Entscheidend dabei ist, die Kampagnenfähigkeit des DGB und seine Unterstützung der Gewerkschaften bei ihrer Mitgliederorientierung. Um diese Ziele zu erreichen, ist eine entsprechend personelle Ausstattung, insbesondere auf regionaler und örtlicher Ebene, notwendig. • Ziel und Aufgaben für die DGB-Regionen sollen insbesondere sein: • Das politische Geschehen vor Ort aktiv zu beeinflussen. • Die Kooperation mit und unter den Gewerkschaften zu fördern. • Anlaufstelle für lebendige Gewerkschaftsarbeit vor Ort zu werden. • Die Gewerkschaften im außerbetrieblichen Bereich zu unterstützen. • Die Arbeit der Personengruppen Frauen und Jugend aktiv zu unterstützen. • Die Durchlässigkeit der Meinungsbildung von der Regions–, zur Bezirks– und zur Bundesebene zu erhalten. Erledigung Die Einheitsgewerkschaft ist ein wichtiges politisches Gut. Wir brauchen das Dach des DGB für eine zukunftsorientierte, starke ArbeitnehmerInnenbewegung. A 24 DGB-Strukturreform „Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen“ Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Baden-Württemberg Annahme Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages unterstützen den im Rahmen der „Initiative Trendwende“ eingeleiteten Diskussionsprozess zur Weiterentwicklung der DGB-Organisationsstruktur, da wir einen politisch starken DGB wollen und brauchen. Der DGB als Dachverband muss auch zukünftig den sozial- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen gewachsen sein. Wie schon im Bearbeitungsvermerk zum Antrag A 23 geschrieben, ist die Entscheidung des DGBBundeskongresses zur Vertretung des DGB vor Ort den Bezirksvorständen überlassen worden. Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse innerhalb des DGB konnten wir keine andere Position durchsetzen. Es gibt eine klare Ablehnung anderer Gewerkschaften, dass der DGB Aufgaben der Mitgliederbetreuung und Mitgliederwerbung unterstützen solle. Deshalb gilt es, die Regionsebene auszubauen und die Einzelgewerkschaften vor Ort bei Mitgliederbetreuung und –werbung zu unterstützen, ein Dachverband wie der DGB darf sich nicht auf zentrale Ebenen beschränken. Deshalb plädieren wir für eine Organisationsreform, die auch zukünftig sicherstellt, dass der DGB vor Ort präsent ist und dies bei der Ressourcenverteilung berücksichtigt wird. A 25 Zusammenarbeit mit attac ausbauen Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die Gewerkschaft NGG verstärkt ihre Kooperation mit dem globalisierungskritischen Netzwerk „attac“. Dazu sind die Gremien aller Ebenen der NGG aufgefordert, die Bündnisarbeit mit „attac“ zu konkretisieren und hinsichtlich gemeinsamer Themen und Forderungen praktisch umzusetzen. Dabei ist die NGG ebenfalls aufgefordert, in das Netzwerk „attac“ hinein, für gewerkschaftliche Globalisierungspolitik Themen und Anliegen der NGG zu sensibilisieren. 260 Annahme Nach der Finanzkrise 2008 ist die von Attac seit Jahren geführte Diskussion zur Globalisierung stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion gerückt. Eine Zusammenarbeit mit Attac hat immer dort stattgefunden, wo Interessen unserer Mitglieder betroffen waren. Aktuell gibt es auf Bundesebene eine Zusammenarbeit mit dem Bündnis „umfairteilen“, das sich mit Themen der Verteilungsgerechtigkeit auseinandersetzt. Es gibt gemeinsame Aktivitäten im Bündnis „Bahn für alle“, oder aber bei den gemeinsamen Aktivitäten gegen Nahrungsmittelspekulation: „Mit Essen spielt man nicht“. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext A 27 Beschluss Erledigung Europa Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Aufgrund der enormen Bedeutung der Europäischen Union und ihres Einflusses auf die Arbeitswelt ist die Tätigkeit der NGG verstärkt in einem europäischen Rahmen zu organisieren. Annahme als Material an den Hauptvorstand Dies erfordert insbesondere: • • • • • • • Integration eines Europamoduls in die Ausbildung der Gewerkschaftssekretär(innen) zur Sensibilisierung und Qualifizierung des zukünftigen hauptamtlichen Personals, Absicherung der Arbeitnehmermobilität und Ausbildungen im Ausland durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, Austausch und Kooperation mit europäischen Schwesterorganisationen, Teilnahme an europäischen Aktionstagen, Aufklärung über EU-Vorhaben, Verbreitung der EFFAT-Aktivitäten, Einbeziehung von europäischen Themen in die Bildungsarbeit. A 28 Aufsichtsratsmandate für hauptamtliche NGG-Funktionäre Antragsteller: Hauptvorstand Annahme Der Gewerkschaftstag bekräftigt den Beschluss des Gewerkschaftstages 1990, nach dem hauptamtliche NGG-Funktionäre Mandate als externe Gewerkschaftsvertreter/innen grundsätzlich in höchstens zwei Aufsichtsräten wahrnehmen dürfen. Siehe auch Antrag A 20. Der Hauptvorstand kann allerdings aus organisationspolitischen Gründen im Wege eines Ausnahmebeschlusses in jedem Einzelfall die Wahrnehmung von mehr Mandaten zulassen. Seit dem Gewerkschaftstag 2008 ist es gelungen, den Anteil der Frauen bei den hauptamtlichen Gewerkschaftsvertretern leicht zu steigern. Bei der Benennung von hauptamtlichen Gewerkschaftsvertretern/innen ist dafür Sorge zu tragen, dass nach Möglichkeit vorrangig Kolleginnen zu berücksichtigen sind. A 29 Referat Sozialrecht/Sozialpolitik erhalten Antragsteller: Region Düsseldorf-Wuppertal Die Delegierten der NGG-Regionsversammlung Düsseldorf-Wuppertal fordern den Hauptvorstand der Gewerkschaft NGG auf, das Referat Sozialrecht/Sozialpolitik der NGG-Hauptverwaltung aufrechtzuerhalten. B1 Der Hauptvorstand verfährt nach dieser Beschlusslage und lässt die Wahrnehmung von mehr als zwei Aufsichtsratsmandaten nur ausnahmsweise in Einzelfällen aus organisationspolitischen Gründen zu. Annahme als Material an den Hauptvorstand Gestaltungsmacht sichern und ausbauen – Tarifverträge schützen und nutzen Antragsteller: Hauptvorstand Ziel der Tarifpolitik der Gewerkschaft NGG ist es, durch Tarifverträge die Arbeitsund Lebensbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen zu verbessern. In den vergangenen Jahren waren die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen für die gewerkschaftliche Tarifpolitik äußerst ungünstig. • Anhaltende Massenarbeitslosigkeit, • eine schwache Binnenkonjunktur, • der Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt mit stärkerer Prekarisierung der Arbeitsbedingungen, • Ausgliederungen, Drohungen mit Standortverlagerungen, • Angriffe von Unternehmensverbänden, Unternehmen und Politikern Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Die grundsätzlichen Positionen des Antrages sind in Form einer Broschüre mit dem Titel „Lebens und Arbeitsbedingungen verbessern – Die Tarifpolitik der NGG“ als tarifpolitischer Handlungsrahmen veröffentlicht worden. Der tarifpolitische Handlungsrahmen wurde mit konkreten tarifpolitischen Forderungen aus anderen Anträgen des Gewerkschaftstages ergänzt. Die Broschüre dient allen Ebenen und den Tarifkommissionen als Richtschnur für eine mittelfristige Tarifpolitik der NGG. Die Geschäftsordnung für die Bundestarifkommissionen wurde überarbeitet und vom Hauptvorstand 2009 beschlossen. Sie sieht nun einen „Mindestorganisationsgrad“ bei der Aufnahme 261 Antragstext auf die Tarifautonomie, den Flächentarifvertrag und die Drohung mit so genannten „betrieblichen Bündnissen“, • • die neoliberale Wirtschaftsideologie und Wirtschaftspolitik der so genannten Deregulierung Tarifflucht und OT-Mitgliedschaft erschwerten die Arbeit unserer Tarifkommissionen und die Durchsetzung unserer tarifpolitischen Ziele. Dennoch und trotz dieser Rahmenbedingungen haben wir eigene Forderungen – auch durch Warnstreiks, Urabstimmungen und unbefristete Streiks – durchgesetzt und Angriffe auf bestehende tarifliche Leistungen abwehren können. Dabei stand besonders die erfolgreiche Verteidigung der tariflichen Wochenarbeitszeit im Zentrum der Tarifpolitik. In den Auseinandersetzungen um die Wochenarbeitszeit und bei den Angriffen auf die Manteltarifverträge hat NGG dazu gelernt und sich auf die veränderten gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen eingestellt und ist Gestaltungskraft geblieben. Wir wissen allerdings auch, dass tarifpolitische Auseinandersetzungen nicht der Vergangenheit angehören, sondern die Logik der Share-Value-Orientierung von Unternehmen und vielen Politikern immer wieder erfordert, dass die Gewerkschaft NGG auch tarifpolitische Antworten auf gesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen gibt. Der Gewerkschaftstag beschließt dazu den nachfolgenden tarifpolitischen Handlungsrahmen: Beschluss Erledigung von Tarifverhandlungen vor. Analoge Regelungen finden sich in fast allen Geschäftsordnungen für die Tarifkommissionen in den Landesbezirken. Das Thema der Arbeitszeit- und Ausstiegsregelungen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist zum Bestandteil der „Demografie-Initiative“ geworden. Für die meisten unserer mehr als 300 Tarifverträge zur tariflichen Altersvorsorge konnten Verbesserungen erzielt werden. Dies gilt insbesondere für den neu abgeschlossenen Altersvorsorgetarifvertrag für die Süßwarenindustrie. Das Instrument der zentralen Branchentagungen wurde mit dem Ziel der weiteren Verzahnung unserer Tarif-, Betriebs- und Branchenpolitik weiterentwickelt. Die Tagungen verzeichnen wachsende Teilnehmerzahlen. Nach den Zahlen des WSI konnten in den Jahren 2009 bis 2012 die NGG-Tarifabschlüsse die jeweilige Inflationsrate mehr als ausgleichen. In den Tarifrunden der Jahre 2009 bis 2012 lagen die Tarifabschlüsse oberhalb des neutralen Verteilungsspielraumes. Realeinkommen sichern und steigern Unternehmen und Staat haben in den letzten Jahren eine dramatische Umverteilung zu Lasten der Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchgesetzt. Diese Umverteilungspolitik hat zu wachsender sozialer Ungerechtigkeit und auch wirtschaftlicher Nachfrageschwäche im Binnenmarkt geführt. Für die Bevölkerung erkennbar gibt es inzwischen erhebliche Ungerechtigkeiten in der Einkommens- und Vermögensverteilung, die durch die Tarifabschlüsse der Gewerkschaften nur begrenzt vermindert werden kann. Die Entgeltabschlüsse der letzten Jahre sind trotz steigender Tendenz oft unter den Preissteigerungsraten geblieben. Ein Ziel der NGG-Tarifpolitik bleibt es, Entgeltabschlüsse deutlich oberhalb des so genannten „neutralen Verteilungsspielraums“ (Produktivitätszuwachs plus Inflationsausgleich) durchzusetzen. Die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen am Produktivkapital ist dazu keine Alternative! Zu offensichtlich ist der Versuch, über diesen Weg niedrige Tarifabschlüsse zu legitimieren und den Beschäftigten neben dem Arbeitsplatzrisiko auch noch das unternehmerische Risiko aufzubürden. Deshalb lehnt NGG diesen Weg ab. Zur Umsetzung dieses Zieles werden in allen Tarifkommissionen Strategiediskussionen geführt. Manteltarifverträge weiter schützen – Arbeitszeit menschengerecht gestalten Unsere erfolgreiche Abwehr der Angriffe der Arbeitgeber auf die erreichten Standards der Manteltarifverträge, besonders auf die tarifliche Wochenarbeitszeit, hat gezeigt, welche Bedeutung die Manteltarifverträge für unsere Kolleginnen und Kollegen haben. Wir wollen unsere Manteltarifverträge weiterhin schützen und weiterentwickeln. Dabei bleibt die Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung im Mittelpunkt. Der Gewerkschaftstag lehnt eine Verlängerung der tariflichen Arbeitszeiten ab. Wir wollen Arbeitszeit gestalten, weiter humanisieren und weiter verkürzen. Konti- und Teilkontiarbeit tarifvertraglich regeln. Die Tendenz ist eindeutig: In einem immer größer werdenden Teil der NGG-Industriebranchen wird samstags und immer häufiger auch sonntags gearbeitet. Es bleibt weiterhin unser Ziel, Samstags- und vor allem Sonntagsarbeit so weit wie möglich zu verhindern. Wenn uns dies nicht gelingt, wollen wir in den Tarifverträgen für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer planbare Arbeitszeiten durchsetzen und dort, wo tatsächlich kontinuierliche oder teilkontinuierliche Arbeit stattfindet, eine Verkürzung der Arbeitszeit z.B. durch 262 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung verbesserte Pausenregelungen, erhöhte Schichtfreizeiten oder eine generelle Verkürzung der Wochenarbeitszeit vereinbaren. Auch hier gilt, dass planbare Arbeit und Freizeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Familien- und Freizeitinteressen sichergestellt werden müssen. Eine ausschließliche Orientierung an der betriebswirtschaftlichen Rationalität lehnen wir ab. Um eine sachgerechte Umsetzung zu ermöglichen, ist dem Hauptvorstand eine Bestandsaufnahme der realen Situation in den NGG-Branchen vorzulegen und daraus ein Konzept für die tarif- und betriebspolitische Umsetzung in den betroffenen Branchen zu entwickeln. Sanierungstarifverträge begrenzen Die Gewerkschaft NGG hat in den letzten Jahren ihre tarifpolitische Verantwortung zur Sicherung von Standorten und Arbeitsplätzen wahrgenommen und Sanierungstarifverträge abgeschlossen. Allerdings versuchen Arbeitgeber immer wieder, diese Tarifverträge zu missbrauchen, um mit der Arbeitsplatzangst der Beschäftigten die tarifvertraglichen Bedingungen zu verschlechtern und so Tarifverträge abzusenken. Für den Abschluss von Sanierungstarifverträgen stellt der Gewerkschaftstag folgende Kriterien auf: 1. Sanierungstarifverträge werden nur abgeschlossen, wenn eine tatsächliche wirtschaftliche Notlage des betroffenen Betriebes oder Unternehmens durch Prüfung von einem externen Sachverständigen bestätigt worden ist. Arbeitgeberaussagen zur wirtschaftlichen Lage sind hierfür nicht ausreichend. 2. Vom Arbeitgeber ist eine sachgerechte Zukunftsstrategie vorzulegen. 3. Ohne Beschäftigungssicherung und Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen werden keine Sanierungstarifverträge abgeschlossen. 4. Die NGG-Mitglieder müssen auf einer Mitgliederversammlung über Abschluss eines Sanierungstarifvertrages informiert werden. 5. Vor Abschluss eines Tarifvertrages und Befragung der Mitglieder sind die Auswirkungen auf andere Betriebe der Branche zu prüfen. 6. Die Regelungen des Sanierungstarifvertrages sind zu befristen. Bei Nichteinhaltung einzelner Regelungen durch den Arbeitgeber ist eine Rückabwicklungsklausel bereits bei Vertragsabschluss zu vereinbaren. 7. Ein Mitgliedervorteil für die NGG-Mitglieder soll in jedem Fall angestrebt werden. Die Tarifkommissionen tragen bei Sanierungstarifverträgen eine besonders hohe Verantwortung, damit Sanierungstarifverträge nicht zu Tarifdumping gegen andere Betriebe der Branche missbraucht werden oder die betroffenen Kolleginnen und Kollegen des Sanierungsbetriebes nicht mit weniger Geld in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Regelungen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – Altersabsicherung verbessern Die Gewerkschaft NGG hält an ihrer grundsätzlichen Kritik an der Rente mit 67 fest. Wir werden uns mit der Verlängerung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre nicht abfinden. Die Politik der letzten Jahre war von einer Kürzung der gesetzlichen Absicherung von Rentnerinnen und Rentnern und von Einschnitten in die Sozialversicherungssysteme beim Übergang vom Arbeitsleben in die Rentenphase gekennzeichnet. Die Gewerkschaft NGG hat mit über 300 Tarifverträgen zur tariflichen Altersvorsorge beispielhafte Regelungen getroffen, um zusätzliche Zahlungen im Alter sicherzustellen. Dennoch reichen diese Vereinbarungen nicht aus, die gesetzlichen Kürzungen auszugleichen. Unser Ziel bleibt, diese Regelungen insbesondere durch eine Steigerung der Arbeitgeberbeiträge auszubauen – auch wenn wir wissen, dass wir mit den Mitteln der Tarifpolitik nicht alles reparieren und korrigieren können, was politisch falsch läuft. Mit unseren Tarifverträgen zur Altersteilzeit haben wir die gesetzlichen Regelungen zur Altersteilzeit verbessert. Geschäftsbericht 2008–2012 263 Antragstext Beschluss Erledigung Wir fordern den Gesetzgeber auf, baldmöglichst einen rechtlichen Rahmen zur Verlängerung der Altersteilzeit und zur verbesserten Neugestaltung der Teilrente ab 2009 in Kraft zu setzen, damit wir tarifpolitisch den gleitenden Übergang in die Rente flankieren können. Es ist die Aufgabe der Unternehmen, für eine altersangemessene Gestaltung der Arbeitsplätze zu sorgen und dem Gesundheitsverschleiß durch unangemessene Arbeitsbedingungen vorzubeugen. Wir wollen dieses mit tarifpolitischen Regelungen für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützen: durch differenzierte Arbeitszeitmodelle und den Ausbau von Arbeitszeitverkürzungen für ältere Beschäftigte. Tarif-, Betriebs- und Branchenpolitik verzahnen Voraussetzung für die Tarifarbeit der Gewerkschaft NGG ist, dass die tarifpolitischen Ziele die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Betrieben aufnehmen. Ohne eine solche tarifpolitische Orientierung wären wichtige tarifpolitische Erfolge nicht möglich gewesen. Die Abwehr der Angriffe auf den Flächentarifvertrag, die Bekämpfung der Tarifflucht durch Anerkennungs- oder Haustarifverträge waren nur erfolgreich, weil wir die Betroffenen in den Betrieben zu Beteiligten unserer Tarifarbeit gemacht haben. Besonders unsere Kampagnen zur Arbeitszeit und „MTV schützen“ haben gezeigt: Tarifverträge müssen oft zweimal durchgesetzt werden – während der Tarifauseinandersetzung und anschließend im Betrieb. Tarifverträge sind das Fundament gewerkschaftlicher Betriebsarbeit und bilden eine wesentliche Grundlage für die Arbeit der Betriebsräte. Gute Tarifverträge und erfolgreiche Betriebsratsarbeit bedingen und ergänzen sich gegenseitig. Der Gewerkschaftstag fordert die zuständigen Gremien und die gewerkschaftlichen Interessenvertreter auf: • Nach Abschluss von Tarifverträgen die Umsetzung von Tarifabschlüssen und einzelne tarifliche Gestaltungsmerkmale (z.B. Arbeitszeiteckwerte, Schichtpläne) verstärkt inhaltlich, zeitlich und organisatorisch zu verzahnen. Zielsetzung ist eine offensive, optimale Ausnutzung tarifvertraglicher Gestaltungsspielräume im Interesse der Beschäftigten und die weitere Stärkung der Gewerkschaft NGG in den einzelnen Betrieben. • Vor Tarifverhandlungen diese rechtzeitig unter Einbeziehung der Beschäftigten und besonders der NGG-Mitglieder vorzubereiten. Zielsetzung ist eine Stärkung der Verhandlungs- und Durchsetzungskraft der Tarifkommissionen bei den Tarifverhandlungen und die Stärkung der Gewerkschaft NGG. In Mitgliederversammlungen, Funktionärs- und Branchenkonferenzen haben wir für unsere Tarifpolitik geworben, mit elektronischen und postalischen Mitgliederinformationen und direkten Anschreiben haben wir unsere Mitglieder in die Tarifarbeit noch stärker einbezogen – diese Instrumente sind auszubauen. Zentrale Branchentagungen sind ein wichtiges Instrument, um die Sachkenntnis von NGG in den unterschiedlichen Branchen darzustellen, überregionale Diskussionen zu ermöglichen und eine Verknüpfung zwischen Tarif- und Betriebspolitik herzustellen. Das Instrument zentraler Branchentagungen ist weiterzuentwickeln. Besonders die Zunahme von Haustarifverträgen stellt uns vor neue Herausforderungen. Sie werden zukünftig stärkere Auswirkungen auf die NGG-Tarifpolitik haben als in der Vergangenheit. Das bedeutet einen erhöhten Abstimmungsund Koordinationsbedarf über Forderungen, Durchsetzungsstrategien, Laufzeiten und Abschlussschwerpunkte. Die tarifpolitisch Verantwortlichen in den Landesbezirken und im Hauptvorstand werden aufgefordert, auch für die Zukunft die Koordination der dezentralen Tarifpolitik bei NGG sicherzustellen. Unorganisierte gewinnen – Mitgliederstärke sicherstellen Die abnehmende Tarifbindung in Deutschland, die Austritte der Arbeitgeber aus den Tarifvertrag schließenden Verbänden machen deutlich: Tarifverträge sind nicht mehr selbstverständlich! Die alte Erfahrung der Arbeiterbewegung bewahrheitet sich in jeder Tarifauseinandersetzung: Nur durch Mitgliederstärke und Durchsetzungsfähigkeit gelingt es, zukunftsgerichtete 264 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Annahme als Material zum Antrag B 1 Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag B 1. Tarifverträge zu vereinbaren. Wir werden in der Zukunft noch stärker als bisher deutlich machen müssen, • dass die Verhandlung von Tarifverträgen, • die Verteidigung und Sicherung unserer tarifpolitischen Errungenschaften • und die Durchsetzung unserer Forderungen für neue, verbesserte Tarifverträge vom Organisationsgrad und der Unterstützung durch die Belegschaften abhängig ist. Das gilt für Flächentarife, das gilt für Haustarife, die keine Absenkungskonkurrenz gegen Flächentarife sein dürfen, und das gilt auch für die erstmalige Durchsetzung von Tarifverträgen in neuen Betrieben. Bei der Stärkung unserer tarifpolitischen Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit hilft uns unsere dezentrale, kleinteilige Tarifstruktur. Die Tarifpolitik der NGG war schon immer betriebs- und branchennah. Das hilft uns, aus den Betroffenen in den Betrieben noch stärker als bisher Beteiligte zu machen, sie aus der „Zuschauerrolle“ herauszuholen. Das bedeutet und erfordert aber auch, den Beschäftigten zu verdeutlichen: Ohne einen entsprechenden Organisationsgrad ist die Durchsetzung akzeptabler Tarifergebnisse nicht möglich und unbefriedigende Tarifabschlüsse sichern langfristig nicht ihre Arbeits- und Lebensbedingungen. Der Gewerkschaftstag fordert • alle Organisationsebenen auf, den Zusammenhang zwischen Organisationsgrad und akzeptablem Abschluss von Tarifverträgen mit den Beschäftigten verstärkt zu thematisieren, • den Hauptvorstand und die Landesbezirksvorstände auf, in den Geschäftsordnungen für Tarifkommissionen Bestimmungen über einen Mindestorganisationsgrad als Voraussetzung für die Aufnahme von Tarifverhandlungen aufzunehmen. Dabei ist gegebenenfalls zu differenzieren nach Branchen-, Flächen- und Haustarifen, Anerkennungstarifen, erstmaligem Abschluss von Tarifverträgen. Die Konkretisierung obliegt den zuständigen Gremien. Arbeitgeberwillkür zurückweisen – weiße Flecken in der Tariflandschaft schließen Verschiedene NGG-Organisationsbereiche, wie das Hotel- und Gaststättengewerbe, das Bäckerhandwerk, wichtige Bereiche der Fleischindustrie, aber auch andere Branchen in der Ernährungsindustrie sind seit längerem oder immer wieder von tariflosen Zuständen gekennzeichnet. Arbeitgeber entziehen sich Tarifverträgen durch Austritte aus den Verbänden bzw. OT(ohne Tarifbindung)Mitgliedschaft oder treten oft gar nicht erst in tarifgebundene Arbeitgeberverbände ein. Eine tarifpolitische Schwerpunktaufgabe für die nächsten Jahre ist es, eine weitere Zersplitterung der Tariflandschaft zu verhindern, die Tarifbindung zu erhalten oder wiederherzustellen und erstmalige Tarifbindungen durchzusetzen. Vorrangiges Ziel bleibt dabei der Flächentarifvertrag. B2 Tarifpolitik Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen In den vergangenen Jahren stand die Tarifpolitik unter einem extremen Druck. Die Angriffe auf die Tarifautonomie, den Flächentarifvertrag und die Forderung nach betrieblichen Bündnissen, Druck auf die Arbeitsplätze und Drohung mit Standortverlagerungen sowie die neoliberale Wirtschaftsideologie und die hohe Arbeitslosigkeit erschwerten die Durchsetzung unserer tarifpolitischen Ziele. Trotz dieser Rahmenbedingungen konnten wir auch durch Warnstreiks, Urabstimmungen und unbefristete Streiks eigene Forderungen durchsetzen und Angriffe auf bestehende tarifliche Leistungen abwehren. Dabei stand insbesondere die Verteidigung der tariflichen Wochenarbeitszeit im Zentrum. Mit der NGG-Arbeitszeitkampagne ist es uns gelungen, die massiven Forderungen der Arbeitgeber nach Verlängerung der Wochenarbeitszeit zurückzuweisen. NGG hat sich auf veränderte Bedingungen eingestellt und dazugelernt. Trotz massiver Angriffe auf tarifliche Leistungen und den Flächentarifvertrag sind wir Gestaltungskraft geblieben! Geschäftsbericht 2008–2012 265 Antragstext Beschluss Erledigung Flächentarifvertrag verteidigen – weiße Flecken in der Tariflandschaft schließen Tarifverträge sind auch im NGG-Bereich keine Selbstverständlichkeit mehr. In einigen Branchen erleben wir seit Jahren tariflose Zustände, nicht nur im Bäckerhandwerk und dem Hotel- und Gaststättengewerbe, sondern auch in der Ernährungsindustrie. In anderen Bereichen entziehen sich Unternehmen der Bindung an den Flächentarifvertrag, gleichzeitig gibt es eine erhebliche Zahl an Unternehmen, die in den vergangenen Jahren neu entstanden oder gewachsen sind, und noch immer keiner Tarifbindung unterliegen. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Zersplitterung der Tariflandschaft sieht NGG es als eine vorrangige Aufgabe für die kommenden Jahre an, die Tarifbindung zu erhalten und für bislang nicht (mehr) tarifgebundene Betriebe Tarifverträge durchzusetzen. Dabei gebührt den Flächentarifverträgen eindeutig der Vorrang vor Haus- und Konzerntarifverträgen. Umverteilung stoppen: für eine offensive Entgeltpolitik Staat und Unternehmen haben in den vergangenen Jahren eine dramatische Umverteilung zu Lasten der Einkommen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durchgesetzt. Es ist ein Gebot wirtschaftspolitischer Vernunft und sozialpolitischer Gerechtigkeit, dieser Umverteilungspolitik eine aktive Tarifpolitik entgegenzusetzen. Unser Ziel ist es, durch offensive Entgeltforderungen mehr Nachfrage zu schaffen. Mit dieser Forderung standen wir jahrelang allein. Heute wird sie von weiten Teilen der Bevölkerung, Vertretern der Politik und auch von Wirtschaftsforschungsinstituten geteilt. Wir halten auch an unserem bisherigen Ziel fest, über den so genannten „neutralen Verteilungsspielraum“, der sich aus der Summe von Inflationsrate und Produktivität ergibt, hinausgehende Umverteilung durchzusetzen. Die Beteiligung der ArbeitnehmerInnen am Produktivkapital ist dazu keine Alternative! Zu offensichtlich ist der Versuch, über diesen Weg niedrige Tarifabschlüsse zu legitimieren und den Beschäftigten neben dem Arbeitsplatzrisiko auch noch das unternehmerische Risiko aufzubürden. Deswegen lehnt NGG diesen Weg ab. MTV schützen – Arbeitszeit gestalten Wir wollen unsere Manteltarifverträge schützen und weiterentwickeln. Die Arbeitszeit bleibt dabei im Mittelpunkt. Wir wollen tarifliche Rahmenbedingungen schaffen, die dazu beitragen, dass die unterschiedlichen Arbeitszeitbedürfnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der betrieblichen Praxis stärker berücksichtigt werden. Deshalb erteilen wir weiterhin allen Bestrebungen eine Absage, die Arbeitszeit zu verlängern. Wir wollen Arbeitszeit gestalten und nach Möglichkeit weiter verkürzen. Von Planungssicherheit und Arbeitszeitsouveränität für Beschäftigte kann in weiten Teilen der Ernährungsindustrie nicht gesprochen werden. Oftmals stehen betriebliche Belange vor persönlichen Zeitinteressen. Im Ergebnis haben sich viele Beschäftigte auf ungeregelte Arbeitszeiten mit einem – teilweise dramatisch hohen – Mehrarbeitsanteil eingestellt. Wir müssen uns tarif- und betriebspolitisch damit auseinandersetzen, dass viele Kolleginnen und Kollegen trotz tarifvertraglich festgelegter Fünf-Tage-Woche einen erheblichen Teil des Jahres an sechs Tagen arbeiten müssen. Diese Entwicklung ist aus gesundheitlichen und beschäftigungspolitischen Gründen nicht akzeptabel. Konti und Teilkonti regeln Ein wichtiges Thema wird in den kommenden Jahren die Regelung von Kontiund Teilkontiarbeit sein. In einem großen Teil unserer Betriebe wird samstags und häufig auch sonntags gearbeitet. Es bleibt unser Ziel, Samstags- und insbesondere Sonntagsarbeit zu verhindern. Wo uns das nicht gelingt, müssen wir für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer planbare Arbeitszeiten durchsetzen. Wo tatsächlich Konti- bzw. Teilkontiarbeit stattfindet bzw. eingeführt wird, wollen 266 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung wir eine Verkürzung der Arbeitszeit z.B. durch Schichtfreizeiten, Pausenregelungen und/oder eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit erreichen. Deshalb brauchen wir eine tarif- und betriebspolitische Offensive zur Gestaltung von Konti- und Teilkontiarbeit. Der Hauptvorstand wird beauftragt, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten. Regelungen für ältere ArbeitnehmerInnen Wir werden uns mit der Verlängerung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre nicht abfinden. Gleichzeitig wollen wir weitere tarifpolitische Regelungen für ältere ArbeitnehmerInnen entwickeln. Dabei geht es sowohl um den Erhalt und ggfs. Ausbau von Arbeitszeitverkürzung für Ältere als auch um die ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze und um die Entwicklung differenzierter Arbeitszeitmodelle. Sanierungstarifverträge NGG hat in den letzten Jahren zahlreiche Sanierungstarifverträge abgeschlossen, um Standorte und Arbeitsplätze zu sichern. Wir tragen bei Sanierungstarifverträgen eine hohe Verantwortung, damit die betroffenen Kolleginnen und Kollegen am Ende nicht nur mit weniger Geld in die Arbeitslosigkeit geschickt werden oder Sanierungstarifverträge zu schlichtem Lohndumping missbraucht werden. Deshalb wird NGG zukünftig nur noch Sanierungstarifverträge abschließen, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: • Prüfung der wirtschaftlichen Notlage durch einen externen Sachverständigen. • Vorliegen einer Potenzialanalyse mit einer Zukunftsstrategie. • Prüfung der Auswirkung des Sanierungstarifvertrages auf andere Betriebe der Branchen. • Zustimmung unserer Mitglieder zum Abschluss des Sanierungstarifvertrages auf einer Mitgliederversammlung. • Beschäftigungssicherung und Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen. • Befristung und Rückabwicklungsklausel bei Nichteinhaltung. Ein Mitgliedervorteil soll in jedem Fall angestrebt werden. Verzahnung von Betriebs-, Branchen- und Tarifpolitik Die Angriffe auf den Flächentarifvertrag, Tarifflucht und eine wachsende Anzahl von Haustarifverträgen erfordern eine bessere Verzahnung von Betriebs-, Branchen- und Tarifpolitik. Wichtige tarifpolitische Erfolge der jüngsten Zeit wären ohne eine solche Verzahnung nicht möglich gewesen. Eine wesentliche Voraussetzung war dabei, dass Menschen in den Betrieben die tariflichen Ziele zu ihren Zielen machten. Betroffene wurden so zu Beteiligten, kurz: zu – zeitlich befristeten – betrieblichen Vertrauensleuten. Gerade die Arbeitszeitkampagne hat offengelegt: Tarifverträge müssen zweimal durchgesetzt werden: im Tarifabschluss und häufig anschließend im Betrieb. Nicht nur in der Auseinandersetzung um die Arbeitszeit wird deutlich: Die Durchsetzung und Verteidigung von Tarifverträgen im Betrieb ist eine fortdauernde Aufgabe. Auch dafür ist eine zielgerichtete Verzahnung von Betriebs- und Tarifpolitik notwendig. Dazu müssen Mitgliederversammlungen, Funktionärs- und Branchenkonferenzen verstärkt genutzt werden. Auch elektronische und/oder postalische Mitgliederinformationen oder direkte Anschreiben unserer Mitglieder können sinnvoll sein, um sie stärker in die tarifpolitische Meinungsbildung einzubinden. Das Instrument der zentralen Branchentagungen ist weiterzuentwickeln und eine stärkere Verknüpfung mit der dezentralen Tarifpolitik herbeizuführen. Die Zunahme von Haustarifverträgen stellt uns vor neue Herausforderungen. Haustarifverträge wirken sich stärker auf die tarifpolitische Landschaft bei NGG aus als in der Vergangenheit. Das erfordert eine sorgfältige Abstimmung und Koordinierung. Beispielsweise können sich (Haus-)Tarifkommissionen einer Branche abstimmen in Bezug auf Laufzeiten, Forderungen und ggf. die Entwicklung eines Tarifkonfliktes. Geschäftsbericht 2008–2012 267 Antragstext Beschluss Erledigung Tarifbindung erhalten und ausbauen – Mitgliederstärke als Voraussetzung für Haustarifverträge Wir stellen fest: Tarifverträge sind nicht mehr selbstverständlich. Vor allem: Immer mehr entscheidet sich die Höhe eines Abschlusses daran, ob im Konfliktfall auch für die Durchsetzung gekämpft werden kann. Deshalb müssen wir deutlich machen, dass die Sicherung tarifpolitischer Errungenschaften und die Durchsetzung unserer Forderungen ohne die Unterstützung durch die Belegschaften und einen entsprechenden Organisationsgrad nicht möglich sind. Wir wollen nicht, dass Haustarifverträge als Billigkonkurrenz zu Flächentarifverträgen missbraucht werden können. Wir wollen für neue Betriebe Tarifbindung durchsetzen. Das erfordert die Stärkung der betrieblichen Handlungs- und Durchsetzungsfähigkeit: Die Tarifpolitik der Zukunft muss mitgliedernah sein und braucht eine Mitgliederbasis zur Durchsetzung unserer Forderungen. NGG hat schon immer eine branchen- und betriebsnahe Tarifpolitik betrieben. Daran können wir anknüpfen. Aber wir müssen deutlich machen, dass die alte Stellvertreterpolitik nicht mehr funktioniert. Wir müssen unsere Mitglieder und die Beschäftigten aus der Zuschauerrolle holen. Wir müssen ihnen die Wahrheit sagen: Ohne einen entsprechenden Organisationsgrad laufen wir Gefahr, keinen neuen Abschluss zu erzielen oder schlechtere Tarifregelungen akzeptieren zu müssen. Deshalb wird in allen Organisationseinheiten ein Mindestorganisationsgrad als Voraussetzung für die Aufnahme von Haustarifverhandlungen festgelegt werden. Dabei sollen Anerkennungstarifverträge – unabhängig vom Organisationsgrad – weiterhin möglich bleiben, um auch für Betriebe mit niedrigem Organisationsgrad die Möglichkeit einer Tarifbindung zu erhalten. Entsprechende Regelungen sind durch die Landesbezirksvorstände in den Geschäftsordnungen zu konkretisieren. Dranbleiben: Gesetzgeber fordern Tarifpolitik kann nicht Reparaturbetrieb der Politik sein. Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn, die Fortsetzung der Förderung der Altersteilzeit, Regelungen zur Berufsunfähigkeit und zur Leiharbeit. Gleichwohl werden wir die Altersvorsorge und Regelungen zur Leiharbeit auch tarifpolitisch weiter vorantreiben. B3 Neuen Ansprüchen in der Tarifarbeit gerecht werden Antragsteller: Landesbezirksvorstand Baden-Württemberg Der Gewerkschaftstag möge beschließen, dass in den tarifpolitischen Entscheidungen der Gewerkschaft NGG die neuen Herausforderungen durch bundes-, europa- und weltweit agierende Unternehmen beim Abschluss von Tarifverträgen aufgenommen werden. B4 Arbeitszeitpolitik Antragsteller: Hauptvorstand Der Gewerkschaftstag 2003 hat eine intensive Diskussion zur Arbeitszeitpolitik der NGG geführt und eine Arbeitszeitkampagne beschlossen. Drei Hauptziele sollten mit der Arbeitszeitkampagne erreicht werden: 1. zu verdeutlichen, dass eine Verlängerung der Arbeitszeiten ein politischer und ökonomischer Irrweg ist, 2. eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit in allen Formen mit Entgeltausgleich durchzusetzen, 3. eine stärkere Gestaltung der Arbeitszeit im Arbeitnehmersinne (z.B. Arbeitszeitsouveränität) durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu erreichen. In allen Landesbezirken und Regionen wurden Diskussionen, Seminare, gewerk- 268 Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag B 1. Material zu B 1 Annahme Eine Arbeitsgruppe bestehend aus hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen aller Landesbezirke und der Hauptverwaltung hat zweimal getagt und den Fokus der Arbeit auf die Personalbedarfsrechnung in Zusammenhang mit flexiblen Arbeitszeiten und der Zeitsouveränität der Beschäftigten gelegt. Für eine gesicherte Zeitabdeckung und ein gesichertes Funktionieren eines flexiblen Arbeitszeitmodells im Rahmen einer tariflichen Arbeitszeit, ohne Mehrarbeit, ist eine verlässliche Personalbedarfsrechnung unerlässlich. Deshalb stand das Thema Personalbedarfsrechnung im Mittelpunkt der Arbeitszeitaktivitäten der letzten fünf Jahre. Hierzu hat NGG einen neuen, auf unsere Verhält- Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung schaftliche Veranstaltungen, Projekte usw. im Rahmen der Arbeitszeitkampagne durchgeführt. nisse zugeschnittenen, Personalbedarfsrechner entwickeln lassen. Die Kompetenz von ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen zum Thema Arbeitszeit wurde verstärkt und es wurden Instrumente zur Arbeitszeitgestaltung entwickelt. Pro Landesbezirk einschließlich der Hauptverwaltung wurden je zwei hauptamtliche Kolleginnen und Kollegen in der Form qualifiziert, dass sie: Allerdings: Obwohl die Hauptziele der Kampagne und alle ihre Themen gleichgewichtig sein sollten, stand die Abwehr von Wochenarbeitszeitverlängerungen im Vordergrund und war eindeutig das wesentliche Thema der Kampagne. Ursache waren die massiven Angriffe der Arbeitgeber und von Teilen der Politik. Die Abwehr der Forderungen nach Arbeitszeitverlängerung gelang in fast allen Bereichen, eine weitere Arbeitszeitverkürzung ist nur in wenigen Fällen durchgesetzt worden. Der angestrebte offene und breite Dialog mit unseren Mitgliedern über die Arbeitszeitgestaltung ist wegen der Konzentration der Kräfte auf die erfolgreiche Abwehr von Arbeitszeitverlängerungen noch nicht überall gelungen. 1. den Personalbedarfsrechner selbst anwenden und 2. weitere ehren- und hauptamtliche Kolleginnen und Kollegen qualifizieren können. Der Gewerkschaftstag bekräftigt: • Die Hauptziele der Arbeitszeitkampagne der Gewerkschaft NGG sind weiterhin richtig und stellen die Handlungsorientierung für die Arbeitszeitpolitik der Gewerkschaft NGG dar. • Die Themen der erfolgreichen Arbeitszeitkampagne werden auf allen Ebenen der NGG vertieft und fortgeführt. Dazu richtet der Hauptvorstand eine Arbeitsgruppe „qualitative Arbeitszeitpolitik“ unter Beteiligung der Hauptverwaltung und Landesbezirke ein. • Aufgabe der Arbeitsgruppe ist es, den Gliederungen und Tarifkommissionen der NGG-Umsetzungsvorschläge zu unterbreiten, um die verschiedenen Themen der Arbeitszeitgestaltung so aufzubereiten, dass diese in den Betrieben und bei gewerkschaftlichen Veranstaltungen vertieft diskutiert werden und als ein zentrales Thema in die betriebliche und tarifliche Praxis von NGG eingehen. • Folgende Themen sind dabei besonders zu berücksichtigen: a) Zusammenführung von tariflichen und betrieblichen Arbeitszeiten b) Zeitsouveränität der Beschäftigten (z.B. Vereinbarkeit von Familie und Beruf, familienfreundliche Schichtmodelle bzw. Schichtgestaltung, planbare Arbeitszeiten) c) Fortentwicklung tariflicher Eckwerte bei Flexibilisierung der Arbeitszeit (z.B. Kontiarbeit, Vermeidung Samstags- und Sonntagsarbeit) d) Personalbemessung, ausreichender Personalbestand e) alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung für alle Altersgruppen („Älter werden im Betrieb“) f ) vorbeugender Gesundheitsschutz bei der Arbeitsgestaltung, Verminderung gesundheitlicher Belastungen, betriebliche Gesundheitsförderung. Der Personalbedarfsrechner ist bei bundesweit tätigen Unternehmen bzw. Konzernen mehrfach zum Einsatz gekommen. Schulungsmaterial und Seminarkonzepte für Seminare in den Landesbezirken und Regionen wurde zur Verfügung gestellt. Personalbedarfsermittlung und Schichtplangestaltung sind ebenso Themen im BZO-Seminarprogramm wie das Thema Arbeitszeit (Flexiarbeit, Schichtpläne, Arbeitszeitkonten, Kontiarbeit). Eine 2008 erschienene NGG-Handlungshilfe „Zeit ist mehr als Arbeitszeit“ enthält tarifliche Eckpunkte und eine Muster-Betriebsvereinbarung mit Anregungen für die Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeit mit mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten. Diese Handlungshilfe ist nach wie vor aktuell. Für NGG sind die Themen Gesundheitsschutz und Weiterbildung zentrale Themen im Zusammenhang mit der Gestaltung der Arbeitszeit. Deshalb sind beide Themenfelder auch zentraler Bestandteil unsere Demografie-Initiative geworden. Gleiches gilt für die Frage der alters- und alternsgerechten Arbeitsgestaltung für alle Altersgruppen. Das DGB Bildungswerk hat einen Handlungsleitfaden für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) herausgegeben. Das BEM ist neben dem gesetzlichen Arbeitsschutz und der betrieblichen Gesundheitsförderung das dritte Handlungsfeld im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Der Handlungsleitfaden soll Betriebsräte dabei unterstützen, ein BEM im Unternehmen zu implementieren. Siehe auch Anträge D 19 und D 30. Die grundsätzlichen Positionen zur Arbeitszeitpolitik der NGG sind in einen tarifpolitischen Handlungsrahmen (Broschüre) mit dem Titel „Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern – Die Tarifpolitik der NGG“ eingeflossen. Siehe auch Antrag B 1. Manteltarifvertragliche Arbeitszeitregelungen standen in den vergangen fünf Jahren nicht im Fokus unserer Tarifpolitik. Dort wo sie verhandelt wurden, waren es Verhandlungen zur Abwehr von Arbeitgeberforderungen. Eine Zusammenführung der betrieblichen und tariflichen Arbeitszeiten ist aufgrund der Vielfalt der tariflichen Regelungen in den Branchen und Landesbezirken auf Bundesebene schwierig umzusetzen. Voraussetzung wäre eine umfassende Bestandsaufnahme der betrieblichen Arbeitszeiten sowie der produkt-, branchen- und betriebsbezogenen Erfordernisse. Diese müssten dann mit den jeweiligen tariflichen Regelungen verglichen werden. Geschäftsbericht 2008–2012 269 Antragstext B5 Beschluss Erledigung Arbeitszeit gestalten! Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Der Hauptvorstand wird aufgefordert, ein Projekt zu entwickeln, um die Gestaltung der Arbeitszeit in den Betrieben zu fördern. Die wesentlichen Themen dabei sind: Arbeitszeit und Gesundheitsschutz, Älterwerden im Betrieb, Zeitsouveränität und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dafür ist die entsprechende Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag B 4. Material zu B 4 Auf dem Gewerkschaftstag 2003 wurde eine offene und intensive Diskussion zur Arbeitszeitpolitik der NGG geführt. Im Ergebnis wurde die Arbeitszeitkampagne beschlossen. Drei Hauptziele, so der Gewerkschaftstagsbeschluss, sollten damit erreicht werden: 1. Zu verdeutlichen, dass die Forderung nach einer Verlängerung der Arbeitszeiten ein Irrweg ist. 2. Eine weitere Verkürzung der Arbeitszeit in allen Formen mit Entgeltausgleich durchzusetzen. 3. Eine stärkere Gestaltung der Arbeitszeit im Arbeitnehmersinne (Arbeitszeitsouveränität) durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zu erreichen. In den Jahren 2005 und 2006 fanden in allen Landesbezirken und allen Regionen intensive Diskussionen, Seminare und Projekte zur Arbeitszeit statt. Es wurden zahlreiche Instrumente zu deren Gestaltung entwickelt. Obwohl alle Themen der Kampagne gleichgewichtig sein sollten, stand die Abwehr der Wochenarbeitszeitverlängerung im Rahmen der Kampagne eindeutig im Vordergrund. Dies war vor allem dadurch bedingt, dass die Angriffe der Arbeitgeber und von Teilen der Politik sehr massiv waren und deshalb dieses Thema besondere Auseinandersetzungen erforderte. Eine Arbeitszeitverkürzung ist nur äußerst selten durchgesetzt worden (z. B. bei der Radeberger-Gruppe / Brau und Brunnen). Darüber hinaus konnten Arbeitszeitverkürzungen im Rahmen der Ausweitung von Betriebsnutzungszeiten vereinbart werden, häufig um den „Preis“, dass der Samstag und/oder Sonntag zum „Regelarbeitstag“ wurde. Insgesamt wurde die Kompetenz von ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen zum Thema Arbeitszeit deutlich erhöht. Das Ziel der Kampagne, in einen offenen Dialog mit unseren Mitgliedern über die Arbeitszeitgestaltung zu treten, ist nur in Ansätzen gelungen. Auch nach Beendigung der Arbeitszeitkampagne muss deshalb nicht nur die Diskussion fortgeführt werden. Ziel muss es darüber hinaus sein, die tarifliche und betriebliche Arbeitszeitrealität stärker zusammenzuführen und die Arbeitszeit als zentrales Thema tarifpolitischer und betrieblicher Gestaltung zu verankern. Deshalb sollen die Möglichkeiten der Zeitsouveränität mit all ihren Aspekten für den und die Einzelne(n) („Älter werden“, Gesundheitsschutz, Vereinbarkeit Familie und Beruf usw.) im Mittelpunkt stehen. Dabei geht es auch darum, dass NGG die individuellen Arbeitszeitbedürfnisse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern stärker erfragt und in unsere politische Strategie integriert. B6 Qualifizierte Arbeitszeitpolitik Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag B 4. Material zu B 4 Der Hauptvorstand wird aufgefordert, eine Kampagne „Qualifizierte Arbeitszeitpolitik“ aufzulegen und damit die erfolgreiche Arbeitszeitkampagne weiterzuentwickeln. Hierzu gehören insbesondere folgende Inhalte: • Stärkung der Kompetenz der ehren- und hauptamtlichen Funktionäre für eine qualifizierte Arbeitszeitgestaltung. • Weitere Qualifizierung der Betriebsräte und ArbeitnehmerInnen zu Fragen der Arbeitszeitgestaltung. • Verbreiterung der arbeitsmedizinischen Kenntnisse zu den gesundheitlichen Auswirkungen von belastender Arbeit bzw. Schichtmodellen. • Einführung und Umsetzung von wenig belastenden und familienfreundlichen Schichtmodellen bzw. Schichtgestaltungen. 270 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext • Weiterentwicklung der Standards für Tarifverträge zur Flexibilisierung der Arbeitszeit. Dazu gehören unter anderem: • Personalbemessungsberechnung um einen ausreichenden Personalbestand sicherzustellen. • Zwingender Freizeitausgleich und Zuschläge in Zeit. • Schichtplangestaltung nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen. • Planbare Arbeits- und Freizeit für ArbeitnehmerInnen mit zuverlässigen Schichtsystemen unter Berücksichtigung der Familien- und Freizeitinteressen. • Einführung von verbindlichen Zeitsouveränitätselementen. • Berücksichtigung von ArbeitnehmerInnen mit gesundheitlichen Einschränkungen. • Vermeidung von Samstags- und Sonntagsarbeit, Öffnung gegen Arbeitszeitverkürzung. Beschluss Erledigung Annahme als Material zu B 4 Siehe C-1 Zur Weiterführung einer Arbeitszeitkampagne werden entsprechende Materialien erstellt, Seminare durchgeführt und eine Umsetzungsstrategie erarbeitet. B8 Zukunftsorientierte Arbeitszeitgestaltung Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: In den letzten Jahren ist es gelungen, durch eine offensive Arbeitszeitkampagne vielfältige Angriffe der Arbeitgeber auf eine Verlängerung der Arbeitszeit erfolgreich abzuwehren. Der NGG-Hauptvorstand wird aufgefordert, weiterhin einen offenen Diskussionsprozess auf allen Ebenen der NGG zu führen, um die gegenwärtigen tariflichen Arbeitszeiten weiterhin zu sichern und Konzepte über neue tarifliche Modelle für künftige Schritte zur Arbeitszeitverkürzung zu entwickeln. Im Fokus stehen dabei u. a. die Verkürzung der Wochenarbeitszeit, mehr Urlaub, Absenkung der Mehrarbeit, mehr Schichtfreizeiten sowie Verkürzung der Lebensarbeitszeit. Arbeitszeitverkürzung darf nicht länger nur der Sicherung von Arbeitsplätzen dienen. Sie muss als ein Mittel gesehen und umgesetzt werden gegen • Massenarbeitslosigkeit; • Verarmung der Gesellschaft; • Abbau von Konkurrenzen zwischen Männern und Frauen; • Verdichtung der Arbeit in den Betrieben; • Lohndumping; • totale Flexibilisierung der Lebens- und Arbeitszeit; • Altersarmut; • Kinderarmut. Arbeitszeitverkürzung muss eingesetzt werden als wirksames Mittel für • Vereinbarkeit von Familie und Beruf; • Umverteilung der Arbeit; • menschen- und zukunftsgerechte Arbeitszeit; • Zukunftsperspektive für junge Menschen; • Zeitsouveränität der abhängig Beschäftigten. B9 Arbeitszeitkampagne Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Baden-Württemberg Der Hauptvorstand der Gewerkschaft NGG wird aufgefordert, die Arbeitszeitkampagne fortzuführen. Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag B 4. Material zu B 4 271 Antragstext Beschluss Erledigung Die Leitthemen der Arbeitszeitkampagne sollten weiter sein: 1. Keine Verlängerung der tariflichen Wochenarbeitszeit 2. Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen durch Arbeitszeitgestaltung 3. Zeitsouveränität 4. Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung 5. Altersgerechtes Arbeiten – altersgerechte Arbeit Insgesamt wurde die Kompetenz von ehren- und hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen zum Thema Arbeitszeit deutlich erhöht. Ein Ziel unserer Kampagne war es, mit unseren Mitgliedern über die Arbeitszeitgestaltung zu einem Dialog zu kommen, dies ist uns bislang nicht überall gelungen. Auch nach Beendigung der Arbeitszeitkampagne muss deshalb nicht nur die Diskussion fortgeführt werden. Ziel muss es darüber hinaus sein, die tarifliche und betriebliche Arbeitszeitrealität stärker zusammenzuführen und die Arbeitszeit als zentrales Thema tarifpolitischer und betrieblicher Gestaltung zu verankern. Deshalb muss die Arbeitszeitkampagne fortgeführt werden. B 10 Arbeitszeitverkürzung in allen Formen Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag B 4. Material zu B 4 Der Hauptvorstand wird aufgefordert, eine Kampagne zur Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit in allen Formen mit Lohnausgleich zu planen und umzusetzen. Ziel dieser Kampagne muss zum einen die Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit und zum anderen die Stärkung der Mobilisierungsfähigkeit unserer Funktionäre in den Tarifkommissionen und Betrieben zur Durch- und Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung sein. Anforderungen an eine tarifliche Arbeitszeitverkürzung: • Die Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit muss nicht in einer klassischen Verringerung der Wochenarbeitszeit erfolgen. • Die Verkürzung kann auch durch zusätzliche Zuschläge in Zeit für erhöhte Belastungen für z.B. Schicht- und Nachtarbeit oder Arbeit an Wochenenden oder Feiertagen oder für erhöhte körperliche, einseitige oder geistige Belastungen erfolgen. • Ebenso kann die Arbeitszeit auch durch die Anrechnung von Pausen auf die Arbeitszeit verkürzt werden. • Ein Lohnausgleich für die Arbeitszeitverkürzung muss erreicht werden. • Es muss durch eine qualifizierte Arbeitszeitgestaltung angestrebt werden, dass die Arbeitszeitverkürzung nicht zu einer Mehrbelastung der einzelnen ArbeitnehmerInnen führt. • Reduzierung von Überstunden und zwingender Freizeitausgleich für Mehrarbeit. • Anforderungen an die Stärkung der Mobilisierungsfähigkeit: • Erarbeiten verschiedenster Formen und Möglichkeiten zur Verkürzung der Arbeitszeit. • Erstellen von Informationsmaterialien zur Begründung von Arbeitszeitverkürzung. • Erstellen von Seminarkonzepten zur Begründung von Arbeitszeitverkürzung. • Schulungen für die Mitglieder der Tarifkommissionen. • Arbeitszeitverkürzung muss integrierter Bestandteil in allen Betriebsratsschulungen werden. Zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung müssen entsprechende Materialien erstellt, Seminare durchgeführt und eine Umsetzungsstrategie erarbeitet werden. Die Umsetzungsstrategie muss klare Ziele, Zeitrahmen und Aufgabenschwerpunkte sowie Verantwortliche für die einzelnen Branchen und Ebenen der NGG enthalten. 272 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext B 11 Beschluss Erledigung Annahme Dank kampfbereiter Belegschaften und einer koordinierten Tarifpolitik konnten die NGG-Tarifabschlüsse in den Jahren 2009 bis 2012 die jeweilige Inflationsrate mehr als ausgleichen. In den Tarifrunden der Jahre 2009 und 2012 lagen die Tarifabschlüsse oberhalb des neutralen Verteilungsspielraumes. Annahme Diese Forderung wurde im tarifpolitischen Handlungsrahmen der NGG „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ aufgenommen. Tarifabschlüsse oberhalb des verteilungsneutralen Spielraums Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, verstärkt Konzepte für eine Tarifarbeit zu entwickeln, die es uns in Zukunft wieder ermöglicht, Entgelterhöhungen zu vereinbaren, die den Lebensstandard unserer Mitglieder nicht nur absichern, sondern wieder deutlich erhöhen. Ziel der Tarifabschlüsse bleibt es, den neutralen Verteilungsspielraum (Produktivitätssteigerung plus Inflationsrate) voll auszuschöpfen und mit einer Umverteilungskomponente zu ergänzen. Dabei haben sich folgende Punkte bewährt: • Längerfristige Planung von offensiven und konfliktorientierten Tarifverhandlungen, insbesondere bei Schwerpunkttarifrunden und Pilotverhandlungen. • Starke konzeptionelle Verknüpfung der Tarifarbeit mit der Branchen- und Betriebspolitik mit einer stärkeren Einbeziehung der betrieblichen Funktionäre in die Tarifarbeit. • Einheitliche Konzepte zur verbindlichen Schulung der Hauptamtlichen für die Führung von Tarifverhandlungen und der Tarifkommissionsmitglieder zur weitergehenden Qualifizierung für ihr Amt. • Schaffung von Verbindlichkeiten durch alle Ebenen der NGG bei der Umsetzung von tarifpolitischen Zielen. Überlegungen zu möglichen Inhalten und Abschluss von Tarifverträgen, die einen Vorteil für NGG-Mitglieder gegenüber von Unorganisierten enthalten. B 13 Entgeltgleichheit Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern alle Tarifkommissionen und Betriebsräte auf, die immer noch bestehende Entgeltdifferenz zwischen Männern und Frauen (22Prozent, Quelle: Hans-Böckler-Stiftung) aufzuheben. 2010 wurde erstmals ein Prüfinstrument vorgestellt, mit dessen Hilfe eine mögliche Ungleichbehandlung beim Arbeitsentgelt auf betrieblicher und tariflicher Ebene identifiziert und beseitigt werden kann. Dieser „eg-check“ ist Grundlage für eine zukünftige systematische Überprüfung unserer Tarifverträge. Siehe auch Antrag A 20. B 15 Tarifverträge für flexiblere Altersübergangsmodelle Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Der NGG-Hauptvorstand soll, neben der weiteren zu führenden politischen Auseinandersetzung um die Rücknahme des auf 67 Jahre erhöhten Regelrenteneintrittsalters, dafür eintreten und politisch fordern, dass auch die tariflichen Gestaltungsmöglichkeiten wie in der Vergangenheit durch gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. • Konkret fordern wir sofortige Schritte der Politik für eine gesetzliche Flankierung zukünftiger Modelle flexibler Altersübergänge. Hierzu gehören im Besonderen: · die Fortführung der Steuer- und Beitragsfreiheit von Aufstockungsbeträgen und zusätzlichen Rentenbeiträgen durch die Arbeitgeber. · die Fortführung der aktiven arbeitsmarktpolitischen Förderung einer Beschäftigungsbrücke zwischen Jung und Alt durch die Bundesagentur für Arbeit. Dies gilt insbesondere für die Einstellung jugendlicher Arbeitsloser und die Übernahme von Auszubildenden. · die Erweiterung der Möglichkeiten der Teilrente; hier sollte ein Teil- Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Die Rücknahme der Rente mit 67 war ständiges Thema der NGG. Die Position der NGG wurde der Bundesregierung und der Politik insgesamt mehrfach deutlich gemacht. NGG hat keine Gelegenheit ausgelassen, um in Gesprächen, Reden und auch medial öffentlich zu machen, dass die Rente mit 67 nicht hinnehmbar ist und lediglich ein Rentenkürzungsprogramm darstellt. Gemeinsam mit allen anderen DGB-Gewerkschaften hat NGG ein neues Rentenkonzept erarbeitet. Dieses wurde vom DGB im Juni 2012 vorgelegt. Das Konzept sieht vor, dass die Sicherung des heutigen Rentenniveaus bis 2030 finanziert und die Erwerbsminderungsrente verbessert sowie die Rente mit 67 ausgesetzt werden können. Gemeinsam mit allen anderen DGB-Gewerkschaften hat NGG den Gesetzgeber in unterschiedlicher Form aufgefordert, die Förderung der Altersteilzeit 273 Antragstext Beschluss fortzuführen. Trotz der fehlenden öffentlichen Förderung der Altersteilzeit konnte NGG in verschiedenen Bereichen Tarifverträge zur Altersteilzeit abschließen. Aber leider nur in den wenigsten Fällen mit einem Rechtsanspruch. rentenbezug ab 60 bei erweiterten Hinzuverdienstmöglichkeiten eröffnet werden. · Die NGG wird sich aktiv für entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen einsetzen. Anknüpfend an bestehende Aktionspläne wird der Hauptvorstand aufgefordert, unmittelbar nach dem Gewerkschaftstag diese zu einer bundesweiten Kampagne zusammenzuführen und zu verbreitern bzw. sich an Kampagnen des DGB bzw. anderer DGB-Gewerkschaften zu beteiligen. B 16 Diskriminierungsfreie Teilzeitarbeit Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Annahme Die Vergütung von Arbeit/Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten ist mit derjenigen von Vollzeitbeschäftigten gleichzustellen. Deshalb ist das Überschreiten der jeweils vereinbarten individuellen Arbeitszeit als Grundlage für die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen in den Tarifverträgen zu vereinbaren. Das erfordert oftmals Änderungen an den bestehenden Tarifvertragsformulierungen. Andere materielle Ansprüche, wie z. B. Urlaubsgeld oder Jahressonderzuwendungen, deren Höhe am Normalarbeitsverhältnis ausgerichtet ist, müssen sich ebenfalls an der tatsächlich geleisteten individuellen Arbeitszeit orientieren. B 17 Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge folgende Punkte zur Tarifpolitik für Auszubildende beschließen: Entgelte Auszubildende sollen grundsätzlich mindestens die gleiche prozentuale Erhöhung ihrer Ausbildungsvergütung erhalten, wie sie für die Entgelte der übrigen Beschäftigten ausgehandelt wird. In Branchen mit traditionell niedrigen Ausbildungsvergütungen wie z.B. Fleischer- und Bäckerhandwerk und dem Hotel- und Gaststättengewerbe sind nach Möglichkeit Festbeträge oberhalb der prozentualen Entgelterhöhung zu vereinbaren. Das Einfrieren der Ausbildungsvergütungen zugunsten einer Erhöhung der Ausbildungsquote wird abgelehnt. 2. Übernahme Übernahmeregelungen für Auszubildende von zwölf Monaten sind nach Möglichkeit zu vereinbaren. 3. Steigerung der Ausbildungsplätze Die Tarifkommissionen sind aufgefordert, in den Verhandlungen die fehlenden Ausbildungsplätze zu thematisieren und wenn möglich entsprechende Regelungen zur Erhöhung vorhandener Ausbildungsplätze in den Tarifverhandlungen zu vereinbaren. Das Hotel- und Gaststättengewerbe ist hiervon ausgenommen. Eine Ausbildungsquote von 7 Prozent ist hierbei für die Zukunft anzustreben. 4. Altersvorsorge Überall dort, wo besondere Regelungen zur Altersvorsorge bestehen oder vereinbart werden, sind insbesondere die Interessen der Auszubildenden mit einzubeziehen. 5. Qualifizierung In den Bundesländern ohne die Möglichkeit der Freistellung nach Bildungsurlaubsgesetz sind nach Möglichkeit entsprechende Freistellungsregelungen zur Weiterbildung für Auszubildende in den Tarifverträgen zu verankern. 274 Diese Forderung ist Bestandteil unseres tarifpolitischen Handlungsrahmens „Teilzeitarbeit gerecht gestalten“. Flächendeckende Verhandlungen über Verbesserungen in Manteltarifverträgen haben seit dem 15. Ordentlichen Gewerkschaftstag 2008 nicht stattgefunden. Wo verhandelt wurde, waren es Auseinandersetzungen zur Abwehr von Arbeitgeberforderungen. Tarifforderungen für Auszubildende Antragsteller: 1. Erledigung Annahme Diese Forderungen sind zum Bestandteil unseres tarifpolitischen Handlungsrahmens „Entlohnung und Chancen von Auszubildenden verbessern“ gemacht worden. Es ist erklärtes Ziel einer jeden Tarifverhandlung, dass die Ausbildungsvergütungen in gleichem Maße erhöht werden wie die prozentuale Steigerung der übrigen Entgelte. Gerade in jüngster Zeit, eines sich ankündigenden Mangels an Auszubildenden, insbesondere in Bereichen mit traditionell niedrigen Ausbildungsvergütungen, gelingt es immer öfter, eine überproportionale Steigerung der Ausbildungsvergütungen zu vereinbaren. In den Jahren 2009 bis einschließlich 2013 war die Forderung nach Übernahme der Auszubildenden jeweils eine Forderungsempfehlung des Hauptvorstandes. Im November 2012 gab es in 22 Tarifgebieten Übernahmeverpflichtungen, in der Regel für sechs bis zwölf Monate. Für die Maggi-Betriebe (Nestlé) in Lüdinghausen und Singen konnte erstmals in der Ernährungsindustrie ein Haustarifvertrag über ein „Demographie-Engagement zur Fachkräfteausbildung“ abgeschlossen werden. Danach erhalten Auszubildende, die ihre Ausbildung in den Jahren 2013 und 2014 in den beiden Betrieben beginnen, bereits mit der Annahme des Ausbildungsplatzes eine Zusage auf ein Einstellungsangebot für eine unbefristete Beschäftigung nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss. Die Tarifverträge zur tariflichen Altersvorsorge sind insbesondere für jüngere Beschäftigte interessant. Eine festgeschriebene Ausbildungsquote und eine gesonderte Freistellung für Auszubildende in den Bundesländern ohne die Möglichkeit der Freistellung nach einem Bildungsurlaubsgesetz konnte tarifvertraglich nicht vereinbart werden. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext B 20 Beschluss Erledigung Annahme Diese Forderung ist Bestandteil unseres tarifpolitischen Handlungsrahmens „Arbeitszeit humaner gestalten“. Mindestens 30 Tage Urlaub für alle Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Hauptvorstand, Landesbezirksvorstand und die einzelnen Tarifkommissionen werden aufgefordert, bei künftigen Manteltarifverhandlungen darauf hinzuwirken, dass für alle Kolleginnen und Kollegen in unseren Organisationsbereichen mindestens 30 Arbeitstage Urlaub tariflich festgeschrieben werden. B 21 Flächendeckende Verhandlungen über Verbesserungen in Manteltarifverträgen haben seit dem 15. Ordentlichen Gewerkschaftstag 2008 nicht stattgefunden. Wo verhandelt wurde, waren es in der Regel Auseinandersetzungen zur Abwehr von Arbeitgeberforderungen nach einer Verringerung des Urlaubsanspruches von 30 Tagen. Bonus für Gewerkschaftsmitglieder Antragsteller: Region Aachen Annahme In verschiedenen Tarifverträgen konnten finanzielle Bonusregelungen vereinbart werden. Aber das Bundesarbeitsgericht hat sog. qualifizierte Differenzierungsklauseln in einem Urteil vom 23. März 2011 (Az.: 4 AZR 366/09) für unzulässig erklärt. Damit ist es nicht möglich, Bonusregelungen für Unorganisierte auszuschließen. Annahme Eine Dokumentation der Arbeitskämpfe seit den 1970er Jahren wurde in Form eines Taschenbuches „Wer kämpft hat schon gewonnen – Lernen aus Arbeitskämpfen“ erstellt und veröffentlicht. Annahme Die Forderung, dass die unterste Lohngruppe in den Tarifverträgen mindestens unserer Mindestlohnforderung (7,50 Euro bzw. 8,50 Euro) entsprechen muss, war in den letzten Jahren ständiger Bestandteil der Tarifempfehlungen des Hauptvorstandes. Der Gewerkschaftstag beschließt, dass alles getan werden muss, in Tarifverträgen einen finanziellen Bonus zu erreichen, der nicht über Einzelvertragsmaßnahmen an Unorganisierte weitergegeben werden kann. B 22 Lernen aus Arbeitskämpfen Antragsteller: Region Hannover Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand unserer Gewerkschaft NGG wird aufgefordert, eine Auswertung der Arbeitskämpfe vorzunehmen mit dem Ziel, die unterschiedlichen Strategien auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Über die Ergebnisse wird eine Diskussion auf allen Ebenen der NGG geführt, deren Ergebnisse bis zum nächsten Gewerkschaftstag in geeigneter Weise dargestellt werden. C1 Für den gesetzlichen Mindestlohn „Kein Lohn unter 7,50 Euro – Arbeit darf nicht arm machen“ Antragsteller: Hauptvorstand Die Forderung nach dem gesetzlichen Mindestlohn steht auf der politischen Tagesordnung. Hierzu hat NGG ihren Teil beigetragen. Bereits 1998 hatte der Hauptvorstand einen gesetzlichen Mindestlohn gefordert. Ziel der Tarifpolitik der Gewerkschaft NGG ist es, flächendeckend Branchentarifverträge für alle Branchen bzw. Haustarifverträge für Betrieb und Unternehmen in unserem Organisationsbereich abzuschließen. Dies ist und bleibt die wichtigste Aufgabe zur Durchsetzung der Interessen unserer Mitglieder. Siehe auch Antrag C 3. Wir haben aber feststellen müssen – und an diesem Befund hat sich nichts geändert –, dass wir nicht in allen Branchen hierzu in der Lage sind. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So muss z.B. die Ausbeutung von Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland, die in Deutschland zu Armutslöhnen im Rahmen von Werkverträgen arbeiten, beendet werden. Aber nicht zuletzt liegt der Grund für das Scheitern des Tarifsystems in einigen Branchen an der Flucht der Arbeitgeber aus ihrer sozialpolitischen Verantwortung. Wenn es Branchen wie die Fleischindustrie gibt, die sich zwar Interessensverbände leisten, aber sich weigern, überhaupt noch Arbeitgeberverbände zu gründen, ist dies ein Skandal. Das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Fleischindustrie, das Fleischer- und das Bäckerhandwerk haben sich geweigert, über Tarifverträge im Rahmen des Entsendegesetzes zu verhandeln. Sie wollen weiterhin Menschen ausnutzen. Dort, wo wegen der Verweigerungshaltung der Arbeitgeber das Tarifsystem an seine Grenzen kommt und die Arbeitgeber die Lage der Menschen ausnutzen, um Armutslöhne zu zahlen, muss der Staat handeln. Es darf nicht sein, dass Menschen, die Vollzeit arbeiten nicht von ihrem Einkommen leben können und die Armutslöhne dann aus Steuergeldern auch noch subventioniert werden. Geschäftsbericht 2008–2012 275 Antragstext Beschluss Erledigung Diese Art von Subventionspolitik zugunsten der Arbeitgeber muss ein Ende haben. Weiter gefährdet diese gezielte Niedriglohnpolitik, die einhergeht mit prekärer Beschäftigung in unterschiedlichster Form, die Grundlagen der Sozialversicherungssysteme in Deutschland und damit wesentliche Grundpfeiler der Absicherung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Persönlich wird mangelnde Absicherung bereits kurzfristig zu wachsender Altersarmut und damit geringerer Absicherung der Betroffenen führen. Daher fordern wir weiterhin einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn als Untergrenze gegen Armutslöhne. Mit einem gesetzlichen Mindestlohn nicht unter 7,50 Euro/Stunde entsteht ein von allen anerkanntes Mindestniveau, dass unwürdige Löhne verhindert. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn ist auch ein Beitrag zur Verminderung der Entgeltdiskriminierung von Frauen. Diese sind am stärksten von den Armutslöhnen betroffen. Gleichzeitig würde eine allgemeine Verschlechterung der Löhne verhindert. Die gesellschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik ist insbesondere nach dem Jahr 2000 davon geprägt, dass der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen kontinuierlich auf einen Stand von jetzt unter 65 Prozent gesunken ist, rund ein Viertel aller Menschen in Deutschland sind ohne staatliche Unterstützung akut vom Armutsrisiko betroffen, so der letzte Armutsbericht der Bundesregierung vom Mai 2008. Einige NGG-Branchen sind in hohem Maße von Niedriglöhnen geprägt, besonders deutlich ist dies im Hotel- und Gaststättengewerbe der Fall. Dort sind die Löhne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so niedrig, dass diese oft trotz Ausbildung immer mit dem Armutsrisiko kämpfen müssen und sich zum Teil nur mit mehreren Jobs oder durch den Bezug von staatlichen Leistungen – zu Lasten der Gemeinschaft – über Wasser halten können. Der gesetzliche Mindestlohn ist trotz des Koalitionskompromisses vom Juni 2007 notwendig. Die Bedingungen zur Aufnahme von Mindestlöhnen in das Entsendegesetz sind so schwierig, dass für die NGG-Branchen keine entsendegesetzfähigen Tarifverträge abgeschlossen werden konnten. Die Arbeitgeber des Hotel- und Gaststättengewerbes, des Bäckerhandwerkes und der Fleischindustrie haben sich tariflichen Lösungen verweigert. Wir fordern die Bundesregierung, die sie tragenden Parteien und den Bundestag auf, einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen. Weiterhin müssen die Bedingungen des Entsendegesetzes so gestaltet werden, dass sie auch in der Praxis umgesetzt werden können. Um den gesetzlichen Mindestlohn durchzusetzen, bedarf es weiterer Anstrengungen. Dazu beschließt der NGG-Gewerkschaftstag: 1. Die Gewerkschaft NGG unterstützt die DGB-Kampagne für den Mindestlohn – kein Lohn in Deutschland darf unter 7,50 Euro/Stunde liegen! 2. Wir werden mit der Gewerkschaft ver.di unsere Bemühungen verstärken, den gesetzlichen Mindestlohn als politische Forderung durchzusetzen. Dazu werden wir für das Jahr des Bundestagswahlkampfes weitere Aktivitäten entwickeln, um die Mindestlohnkampagne mit neuem Druck auszustatten – gegen diejenigen Politiker, die die wirtschaftliche Lage der Wähler ignorieren! 3. Die Gewerkschaft NGG wird innerhalb ihres Organisationsbereiches, besonders im Bäckerhandwerk, Fleischerhandwerk, Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Fleischindustrie diejenigen Betriebe als negative Arbeitgeber herausstellen, die schlechte Arbeitsbedingungen haben und schlechte Bezahlung für ihre Beschäftigten haben. in denen Beschäftigte einen Stundenlohn von unter 7,50 Euro/Stunde erhalten. Dies wird über ein Armutssiegel verdeutlicht, das öffentlichkeitswirksam im Frühjahr 2009 vorgestellt wird und den NGG-Regionen Handlungsmöglichkeiten für die Betriebe gibt, die Löhne unter 7,50 Euro zahlen. 4. Zu Beginn muss der gesetzliche Mindestlohn als untere Grenze 7,50 Euro/ Stunde betragen, der dann dynamisiert werden muss. Der gesetzliche Mindestlohn muss dann schnell auf zumindest 9,00 Euro/Stunde erhöht werden. Wir fordern in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines „Mindestlohnrates“ – bestehend aus Arbeitgebervertretern und Gewerkschaften unter wissenschaftlicher Begleitung. 276 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext 5. In Tarifgebieten, in denen die untersten Tariflöhne unter 7,50 Euro/Stunde liegen, sollen diese Tariflöhne auf zumindest 7,50 Euro/Stunde erhöht werden. 6. Der erfolgreiche Bundestagsabgeordneten-Check aus dem Jahre 2006/2007 wird fortgeführt, damit für die Wählerinnen und Wähler klar ist, welche Position ihre örtlichen Bundestagsabgeordneten zum Thema Mindestlohn haben – NGG steht für die Forderung „Deutschland wählt den Mindestlohn!“. 7. Der Hauptvorstand wird beauftragt, konkrete Aktivitäten zur Durchsetzung des Mindestlohnes für die Fleischwirtschaft, das Bäckerhandwerk und das Hotel- und Gaststättengewerbe zu entwickeln und auf allen drei Ebenen der Organisation zu verankern und durchzuführen, die stärker als bisher unsere Mitglieder in diesen Branchen in diese Aktivitäten einbezieht und zugleich neue Mitglieder wirbt, um so sowohl die NGG insgesamt, als auch die Mindestlohnkampagne zu stärken. C2 Beschluss Erledigung Annahme Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn wurde im Zusammenhang mit der beginnenden europaweiten Arbeitnehmerfreizügigkeit zum 1. Mai 2011 im Rahmen des DGB und der Initiative Mindestlohn durch NGG verstärkt erhoben. Mindestlohn und Arbeitnehmerfreizügigkeit Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG fordert den Gesetzgeber auf, möglichst zügig einen gesetzlichen, branchenübergreifenden Mindestlohn einzuführen, um Lohn- und Sozialdumping zu verhindern. Die Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes soll zu Beginn 7,50 Euro pro Stunde betragen und dann schnellstmöglich auf 9,00 Euro pro Stunde gesteigert werden. Der Gesetzgeber hat die Übergangsfrist bis zum 1. Mai 2011 verlängert. Bis zur Einführung dieser gesetzlich fixierten Lohnuntergrenze muss die Übergangsregelung zur Umsetzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit bis 2011 verlängert werden. C3 Mindestlohn – durch selbstbestimmtes Handeln selbst formulierte Werte glaubwürdig vertreten! Antragsteller: Region Ruhr Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Die politische Entscheidung der Gewerkschaft NGG für einen gesetzlichen Mindestlohn ist richtig und wird in der Bevölkerung von rund 80 Prozent der Bürger quer durch alle politischen Lager unterstützt. Der NGG-Gewerkschaftstag bekräftigt die politische Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen und weist alle politisch durchsichtigen Versuche zurück, über verbesserte Allgemeinverbindlichkeitserklärungen o.ä. den gesetzlichen Mindestlohn überflüssig erscheinen zu lassen. Die Deutschen Gewerkschaften – besonders NGG und ver.di – haben durch die Mindestlohnkampagne und die begleitende Mindestlohntour deutlich an Ansehen gewonnen und werden als gesellschaftliche Kraft der Armutsbekämpfung ernst genommen. Damit konnten wir auch viele Nicht- Gewerkschaftsmitglieder von unserem Anliegen überzeugen. Allerdings sind aktuell noch in verschiedenen Organisationsbereichen von NGG Tarifverträge abgeschlossen, in denen Stundenlöhne vereinbart sind, die zum Teil deutlich unter jener Marke von mindestens 7,50 Euro liegen, die wir als gesetzlichen Mindestlohn fordern. Hier muss die NGG den politischen Willen in praktisches Handeln umwandeln. Die Landesbezirksvorstände und der Hauptvorstand werden deshalb aufgefordert, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen, in welchen Tarifverträgen Tarifentgelte unterhalb von 7,50 Euro je Stunde vereinbart wurden, und eine Strategie festzulegen, um kurz- bzw. mittelfristig Stundenlöhne oberhalb von 7,50 Euro durchzusetzen, die Voraussetzung zu schaffen, Tarifverträge in allen Tarifbereichen durchzusetzen mit dem Ziel, keine Entgelttarifverträge unter 7,50 Euro pro Stunde abzuschließen. Annahme Im März 2012 hat der Hauptvorstand eine Verfahrensregel bezüglich der aktualisierten Mindestlohnforderung von 8,50 Euro für den Abschluss von Tarifverträgen beschlossen, die Folgendes vorsieht: 1. Grundsätzlich gilt: Kein Tarifvertrag darf mehr abgeschlossen werden, der eine Lohngruppe unterhalb von 8,50 Euro beinhaltet. 2. Abweichungen von diesem Grundsatz bedürfen einer Koordinierung und deshalb der Zustimmung des GHV bzw. der Landesbezirksvorstände. 3. Vom Grundsatz darf nur abgewichen werden, wenn 8,50 Euro gegebenenfalls in Stufen vereinbart werden oder aus organisationspolitischen Gründen. 4. Über alle Abweichungen ist die Tarifabteilung schriftlich zu informieren. Von 2010 bis 2012 sind die Tarifverträge mit Entgeltgruppen unter 8,50 Euro von 74 auf 44 zurückgegangen. Hierbei handelt es sich um Flächentarifverträge und bundesweite Haustarifverträge aus den Branchen Getränkefachgroßhandel, Getreidemühlen, Ernährungsindustrie, Brot- und Backwaren, Bäckerhandwerk, Konditorenhandwerk, Fleischerhandwerk und Fleischindustrie, Hotel- und Gaststättengewerbe einschließlich Systemgastronomie, Hauswirtschaft. Im gleichen Zeitraum sind in diesen Tarifverträgen die Entgeltgruppen unter 8,50 Euro von 179 auf 85 zurückgegangen. In den oben genannten 44 Tarifverträgen sind Geschäftsbericht 2008–2012 277 Antragstext Beschluss Erledigung auch zehn Tarifverträge mit 27 Entgeltgruppen unter 8,50 Euro, die seit 2010 aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr verhandelt werden. Nicht berücksichtigt sind Haustarifverträge in den Landesbezirken. Siehe auch Antrag C 1 C4 Für einen europäischen Mindestlohn Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Annahme Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern die EU-Kommission und das Europäische Parlament auf, einen gesetzlichen europäischen Mindestlohn auf den Weg zu bringen. Dieser sollte sich an den unterschiedlichen Lebenshaltungskosten und der wirtschaftlichen Leistungskraft der einzelnen Länder orientieren und sollte mindestens 50 Prozent des nationalen Durchschnittslohnes betragen. C5 Im Rahmen einzelner Treffen mit Kommissionsmitgliedern, beispielsweise zum Thema Fleischwirtschaft, und Europaparlamentsmitgliedern zum Thema Werkverträgen ist der Vorschlag vorgebracht worden. Auch bei der Arbeit des DGBBüros in Brüssel hat dieses Thema eine wichtige Rolle gespielt. Auf Ebene unserer europäischen Regionalorganisationen oder des EGB wird eine derartige Forderung nicht unterstützt. Leiharbeit: Gleiche Arbeit – gleiches Recht Antragsteller: Hauptvorstand Die Formen, die Funktion und der Umfang der Leiharbeit in Deutschland haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Die Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Jahre 2004 haben zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer/innen beigetragen, den Druck auf tarifliche Standards und Betriebsvereinbarungen für Stammbelegschaften erhöht und zu einem Boom der Leiharbeit geführt. Seit 2003 haben sich die Leiharbeitsverhältnisse in Deutschland verdoppelt. In vielen EU-Ländern ist der gesetzliche Schutz vor unternehmerischem Missbrauch der Leiharbeit inzwischen umfassender als in Deutschland. Leiharbeit findet längst nicht mehr nur statt, um Produktionsspitzen abzufangen, sondern wird von vielen Unternehmen als fester Bestandteil ihrer Personalpolitik benutzt, um ihren normalen Personalbedarf zu decken. Dadurch werden Stammbelegschaften reduziert, Betriebsratsfreistellungen verhindert und Druck auf Stammbelegschaften und ihre Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ausgeübt. Für manche Unternehmer, Politiker und so genannte Sachverständige ist Leiharbeit ein strategisches Instrument einer Niedriglohnstrategie in Deutschland und Teil einer weiteren Deregulierung von Arbeitnehmerschutzrechten. Trotz erheblicher (tarif-)politischer Anstrengungen der DGB-Gewerkschaften ist es bisher nicht gelungen, einen Ausgleich für den Fortfall gesetzlicher Schutzbestimmungen zu schaffen. Die von der Tarifgemeinschaft der Einzelgewerkschaften im DGB abgeschlossenen Tarifverträge können den gewerkschaftlichen Anspruch „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und „gleiche Arbeit – gleiches Recht“ bisher nicht einlösen und einen Ausgleich für den Fortfall gesetzlicher Schutzbestimmungen schaffen. Im Organisationsbereich der Gewerkschaft NGG kommt Leiharbeit inzwischen in allen Bereichen verstärkt zur Anwendung und betrifft nicht mehr nur Saisonarbeit. Dabei ist der Verbreitungsgrad (noch) unterschiedlich in den Branchen und Betrieben, vielfach gibt es Überschneidungen mit Werksverträgen. Der Gewerkschaftstag fordert den Hauptvorstand und alle Gliederungen der NGG auf, die zunehmende Leiharbeit verstärkt in den Mittelpunkt der gewerkschafts-, tarif- und betriebspolitischen Arbeit der NGG zu stellen. Der Gewerkschaftstag appelliert an die Betriebsräte, ihre betriebsverfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Eingrenzung/Reduzierung der Leiharbeit auszuschöpfen. 278 Nach den letzten Europawahlen sind die Mehrheiten sowohl in der EU-Kommission als auch dem europäischen Parlament zu Gunsten der konservativ–liberalen Parteien und ihrer Bündnispartner verschoben. Annahme NGG hat eine Bestandsaufnahme des Einsatzes von Leiharbeit und Werkverträgen in ihrem Organisationsbereich vorgenommen und mit großer medialer Aufmerksamkeit veröffentlicht. Die Bestandsaufnahme spielt noch heute in den politischen Debatten eine wichtige Rolle. In 67,4 Prozent der Betriebe werden Leiharbeitnehmer und in 41,8 Prozent der Betriebe Werkvertragsbeschäftigte, mit steigender Tendenz, eingesetzt. Nach der Fleischindustrie werden nun auch in der Getränkeindustrie mehr Werkvertragsarbeitnehmer als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Den Regionen steht ein Mustertarifvertrag bzw. eine Musterbetriebsvereinbarung zum Einsatz von Fremdfirmenbeschäftigten zur Verfügung. Mittlerweile wird der Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen in fast jedem vierten Betrieb (ca. 25 Prozent) mit einer Betriebsvereinbarung oder einem (Haus-)Tarifvertrag geregelt. Regelungen (insbesondere Equal-Pay-Vereinbarungen) über den jeweiligen Branchentarifvertrag konnten nicht abgeschlossen werden. Sie gestalten sich auch äußerst schwierig, da letztendlich immer eine Regelungslücke bleibt (siehe Equal-Pay-Tarifvertrag für die Stahlindustrie). Im April 2011 änderte die Bundesregierung das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Neben der Umsetzung der EU-Leiharbeitsrichtlinie (Richtlinie 2008/104/EG) und der Neuregelung zur Einschränkung des Missbrauchs von Leiharbeit (Schlecker-Klausel) wurde auch die Möglichkeit zur Einführung einer Lohnuntergrenze für die Leiharbeit als Reaktion auf die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit für die Staaten Mittel- und Osteuropas, die bis zum 1. Mai 2004 der EU beigetreten sind, geschaffen. Leider konnten die Gewerkschaften Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Der Gewerkschaftstag fordert alle Tarifkommissionen der NGG auf, bei Tarifverhandlungen den Einsatz von Fremdfirmenbeschäftigten (Leiharbeitnehmer/ innen, Werksverträge usw.) zu regeln und einzuschränken. Wir wollen gesetzliche, tarifliche und betriebliche Bedingungen durchsetzen, die unserem Prinzip „gleiche Arbeit – gleiches Recht“ gerecht werden. Deshalb fordern wir: 1. Begrenzung der Anzahl der Leiharbeitnehmer/innen und Begrenzung der Überlassungsdauer von Leiharbeitern auf höchstens drei Monate. 2. Übernahmeverpflichtung für die Entleiherbetriebe nach drei Monaten. 3. Tarifvertragliche Gleichstellung, Equal Pay ab dem ersten Tag des ersten Einsatzes. 4. Im Streikfalle dürfen Leiharbeitnehmer/innen nicht eingesetzt werden. 5. Das Synchronisationsverbot soll wieder ins Arbeitnehmerüberlassungsgesetz aufgenommen werden. 6. Tarifliche Begrenzung des Einsatzes von Leiharbeitnehmer/innen und Beschäftigten von Fremdfirmen in Form von Werksverträgen, eine eigene Beschäftigtenquote von 95 Prozent muss erreicht werden. 7. Entsprechend der Anträge der Branchenarbeitgeberverbände mit der DGB-Tarifgemeinschaft muss die Leiharbeit in das Entsendegesetz aufgenommen werden. Nur so kann es gelingen, dass auch Leiharbeitnehmer/innen von nicht deutschen Firmen Mindestbedingungen einhalten müssen. 8. Einbeziehung der Leiharbeitnehmer/innen für die Berechnung von Betriebsratsmandaten und der Freistellung von Betriebsräten. 9. Tarifliche Regelungen der Gleichstellung durch NGG-Tarifverträge. Ein erster Schritt kann die Anwendung der Tarifverträge zwischen der DGBTarifgemeinschaft sein. 10. Tarifpolitische Durchsetzung in den Branchentarifverträgen zur Erreichung von „Equal Pay“. 11. Der Einsatz von Fremdfirmen zur Erledigung von bestimmten Aufträgen ist nur mit Zustimmung des Betriebsrates möglich. 12. Übernahme von Auszubildenden hat Vorrang vor der Einstellung von Leiharbeitnehmer/innen. 13. Tarifvertraglich geregelte Mitbestimmung bei der Einstellung von Leiharbeitnehmer/innen gemäß Betriebsverfassungsgesetz, diese sind wie eigene Beschäftigte zu behandeln. C6 Beschluss Erledigung sich in dem Gesetzgebungsverfahren nicht mit all ihren Forderungen durchsetzen. Im März/April 2010 wurde zwischen der Tarifgemeinschaft der DGB-Gewerkschaften und den Leiharbeitgeberverbänden iGZ und BZA ein Tarifvertrag über Mindestarbeitsbedingungen in der Leiharbeit abgeschlossen. Aktuell beträgt die Lohnuntergrenze 7,50 Euro (Ost) bzw. 8,19 Euro (West). Gespräche mit den Arbeitgeberverbänden der Leiharbeit über Branchenzuschläge für den Einsatz in den Betrieben der Ernährungsindustrie wurden aufgrund der unflexiblen Haltung der Arbeitgeber abgebrochen. Im Rahmen eines Monitoring der Bundesregierung setzt NGG sich weiterhin für eine gesetzliche Equal-Pay-Regelung ein. Zur Gestaltung bzw. Verhinderung des Einsatzes von Werkverträgen hat NGG eine Handlungshilfe für Betriebräte und Sekretäre erarbeitet. Gemeinsam mit der IGM beteiligt sich NGG an einem von der HBS geförderten Projekt (oWAN) zur Weiterentwicklung der Handlungshilfe für Betriebsräte. Gemeinsam mit den anderen Gewerkschaften im DGB hat NGG einen Forderungskatalog an den Gesetzgeber erarbeitet. Dieser wurde vom DGB im Oktober 2012 als Positionspapier veröffentlicht. Mit der von NGG herausgegebenen Broschüre „Wenig Rechte – Wenig Lohn. Wie Unternehmen Werkverträge (aus)nutzen“ werden wir den Einsatz von Werkverträgen auch weiterhin in der Öffentlichkeit skandalisieren. Die Themen Werkverträge, Leiharbeit und Outsourcing werden regelmäßig in Betriebsräteschulungen im BZO behandelt. Leiharbeit – Gleiche Arbeit – Gleiches Recht Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Seit 2003 haben sich die Leiharbeitsverhältnisse in Deutschland verdoppelt. Allein von den in 2006 neu entstandenen 624.000 sozialversicherungspflichtigen Stellen geht ein Viertel (150.000) auf das Konto der Leiharbeit. Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag C 5. Material zu C 5 Die Förderung dieser Beschäftigungsform wurde von der Hartz-Kommission zum Herzstück des Abbaus der Arbeitslosigkeit stilisiert. Mit Hinweis darauf wurden zahlreiche der noch verbliebenen Beschränkungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes aufgehoben, darunter auch das so genannte „Synchronisationsverbot“. Dieses untersagte den Leiharbeitsfirmen, die Arbeitsverhältnisse ihrer ArbeitnehmerInnen auf die Dauer des Arbeitseinsatzes in einem Betrieb zu befristen. Im europäischen Vergleich gibt es in Deutschland weniger Beschränkungen zur Leiharbeit als in der Mehrzahl der EU-Länder. Dort wird zwar Leiharbeit ebenfalls gefördert, geht aber zum Teil einher mit einem Ausbau des Missbrauchsschutzes von Leiharbeit. So verwundert es nicht, dass Leiharbeitsverhältnisse in Deutschland in der Regel prekär sind, d.h. schlecht bezahlt, befristet und zudem häufig noch öffentlich subventioniert. Leiharbeit wird von den Unternehmen längst nicht mehr nur dazu genutzt, Produktionsspitzen abzufangen. Trotz erheblicher tarifpolitischer Anstrengungen ist es den DGB-Gewerkschaften nicht gelungen, einen Ausgleich für den Fortfall der gesetzlichen Schutzbestimmungen zu schaffen. Die von der Tarifgemeinschaft der Einzelgewerkschaften im DGB abgeschlossenen Tarifverträge können dem Anspruch nach gleichem Lohn nicht gerecht werden, da die Billigkonkurrenz durch die Tarifverträge des Geschäftsbericht 2008–2012 279 Antragstext Beschluss Erledigung „christlichen Gewerkschaftsbundes“ schon da ist. Eine Bestandsaufnahme in den Unternehmen der Ernährungsindustrie in NRW zeigt, dass die Stundenlöhne der LeiharbeitnehmerInnen in vielen Unternehmen der Ernährungsindustrie unter sieben Euro pro Stunde und damit deutlich unter den mit der Tarifgemeinschaft aller Einzelgewerkschaften beim DGB abgeschlossenen Tarifverträgen liegen. Die Umfrage ergab, dass rund zehn Prozent der Arbeitsplätze in den ausgewerteten Betrieben zwischenzeitlich von LeiharbeitnehmerInnen besetzt werden. Dabei ist der Verbreitungsgrad sehr unterschiedlich. Während es in vielen Betrieben noch gelingt, die Zahl der LeiharbeitnehmerInnen unter drei Prozent zu halten, ist in zahlreichen Betrieben mittlerweile ein Anteil von 20 Prozent zu verzeichnen. Leiharbeit betrifft nicht nur Saisonarbeit, sondern kommt in allen Bereichen der Ernährungsindustrie zur Anwendung. Vielfach gibt es eine Überschneidung mit Werkvertragsarbeit. In der Fleischindustrie wurde die Leiharbeit durch Werkverträge abgelöst. Leiharbeiter werden in Produktion und Verwaltung eingesetzt und zunehmend auch in qualifizierten Bereichen. Leiharbeit wird von vielen Unternehmen zwischenzeitlich genutzt, um ihren normalen Personalbedarf abzudecken. Damit werden Stammbelegschaften reduziert, Betriebsratsfreistellungen verhindert und ein erheblicher Druck auf die Stammbelegschaften und die Tarifverträge ausgeübt. NGG und Betriebsräte müssen ihre Möglichkeiten nutzen, die Arbeitsbedingungen der LeiharbeitnehmerInnen zu verbessern. NGG appelliert an die Betriebsräte, ihre betriebsverfassungsrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Aber NGG wird auch tarifpolitisch aktiv werden. Unter dem Motto „Fair statt prekär“ wollen wir gesetzliche, tarifliche und betriebliche Regelungen durchsetzen, um dem Prinzip „Gleiches Recht für gleiche Arbeit!“ Geltung zu verschaffen. Deshalb fordern wir: • Der Gesetzgeber muss LeiharbeitnehmerInnen den Beschäftigten im Entleihbetrieb gleichstellen. • Wir wollen tarifliche Regelungen, dass LeiharbeiternehmerInnen während der Einsatzdauer im Entleihbetrieb unter die Regelungen der dort geltenden NGG-Tarifverträge fallen. • Als Zwischenschritt ist sicherzustellen, dass LeiharbeitnehmerInnen mindestens nach den Tarifverträgen, die mit der Tarifgemeinschaft der Einzelgewerkschaften im DGB abgeschlossen wurden, bezahlt werden. • Um auch ausländische Leiharbeitsbetriebe an den Mindestlohn zu binden, muss die Branche ins Entsendegesetz aufgenommen werden. • Das so genannte Synchronisationsverbot muss wieder in das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz aufgenommen werden. Danach muss ein Leiharbeitsunternehmen seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dauerhaft beschäftigen. • Wir wollen – wie in Frankreich – das Verbot des Einsatzes von Leiharbeitnehmern in bestreikten Betrieben zum Ersatz eines Streikenden. • Die Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers in einem Betrieb ist auf ein halbes Jahr zu begrenzen, anschließend geht das Arbeitsverhältnis beim Entleiherbetrieb in ein unbefristetes über. • Dem Betriebsrat ist ein Vetorecht einzuräumen, wenn Arbeitsplätze im Unternehmen in Leiharbeitsplätze umgewandelt werden sollen! • Wir wollen Leiharbeit und Fremdfirmeneinsatz tariflich bzw. betrieblich begrenzen. Wir fordern alle Kolleginnen und Kollegen auf, die aus Leiharbeitsfirmen in Unternehmen der Ernährungsindustrie beschäftigt sind, Mitglied der NGG zu werden, damit wir gemeinsam „Gleiches Recht für gleiche Arbeit!“ durchsetzen können. 280 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext C7 Beschluss Erledigung Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Leiharbeitskräften Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Nord Wir fordern: 1. die Gleichstellung von Leiharbeitskräften mit den Stammbeschäftigten des Entleiherbetriebes 2. Anwendung der jeweils geltenden NGG-Tarifverträge, auch für LeiharbeitnehmerInnen 3. zeitliche Begrenzung von Leiharbeit auf maximal drei Monate, Übernahme von LeiharbeitnehmerInnen in ein festes Arbeitsverhältnis beim Entleiher bei Überschreiten dieser Frist 4. Festlegung einer maximalen Anzahl von LeiharbeitnehmerInnen pro Betrieb (maximal fünf Prozent) 5. Komplette Zuständigkeit des Betriebsrates des Entleiherbetriebes für eingesetzte LeiharbeitnehmerInnen Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag C 5. Material zu C 5 Dies wird umgesetzt durch: 1. entsprechende tarifpolitische Vorgaben des Hauptvorstandes. 2. Aufforderung an die politischen Parteien auf allen Ebenen und besonders auch an die KandidatInnen zur kommenden Bundestagswahl zu den obigen Punkten Stellung zu nehmen. 3. Öffentliche Veranstaltungen, in denen klare Stellungnahmen der politischen Parteien eingefordert werden, insbesondere auch eine Veranstaltung mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft NGG und den Vorsitzenden der Bundestagsparteien. 4. Erarbeitung eines bundesweit einheitlichen Fragenkatalogs zur Leiharbeit bis 1. März 2009. Hierzu sollen in den Regionen Vorschläge gemacht werden, die dann umfassend und öffentlich in der Organisation diskutiert werden. 5. Der Fragenkatalog wird auf allen Ebenen der Organisation genutzt, um das Thema Leiharbeit in die politische Auseinandersetzung zu bringen. Das kann bedeuten: 1. Mai, Wahlkampfveranstaltungen aller Art, DGB-Veranstaltungen, Veröffentlichung der Antworten im Rahmen des Bundestagswahlkampfs (lokal und bundesweit). C8 Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Betriebsverfassungsgesetzes Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Annahme Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag C 5. Material zu C 5 Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, dass Arbeitnehmerüberlassungsgesetz wie folgt zu ändern: Des weiteren sollen die gleichen sozialen Vergünstigungen wie im Entleihbetrieb zur Anwendung kommen und diejenigen Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern, die voraussichtlich länger, oder aber schon mehr als drei Monate im Entleihbetrieb sind, bei der Feststellung der Größe des Betriebsrates, beim Geschlechterverhältnis, sowie bei der Freistellung von Betriebsratsmitgliedern im Entleihbetrieb gemäß BetrVG berücksichtigt werden. Außerdem ist eine maximale Entleihdauer im Betrieb von einem Jahr festzulegen, und zwar derart, dass beginnend mit dem ersten Entleihtag, mit möglichen Unterbrechungen, genau nach zwölf Kalendermonaten eine Übernahme in die Stammbelegschaft des Entleihbetriebes erfolgt. Spätere, weitere Einstellungen als Leiharbeitnehmerin oder Leiharbeitnehmer in denselben Entleihbetrieb sollen automatisch zu einer Festeinstellung in diesem führen. Der Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern aufgrund von Streiks soll untersagt werden. Auch auf europäischer Ebene soll darauf hingewirkt werden, dass hinsichtlich Leiharbeit der Grundsatz gilt: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Geschäftsbericht 2008–2012 281 Antragstext C9 Beschluss Erledigung Leiharbeit und prekärer Beschäftigung entgegenwirken! Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Leiharbeit und Werksverträge erzeugen dauerhaft soziale Unsicherheit bei den Betroffenen und Konkurrenz gegenüber den übrigen Beschäftigten. In den letzten Jahren wuchs die Zahl dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse dramatisch und ungebremst an. Parallel entwickelte sich keine systematische und punktuell nur selten eine gezielte betriebliche Gegenwehr. Die ständige Gefährdung der Stammarbeitsplätze durch Leiharbeit und Werksverträge zwingt NGG und Betriebsräte zu größerer Aufmerksamkeit und zum Handeln. Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag C 5. Material zu C 5 Sicher bleibt es die Aufgabe des Gesetzgebers, diesen Formen prekärer Beschäftigung die juristischen Grundlagen gänzlich zu entziehen oder zumindest für eine tarif- und sozialpolitisch vertretbare Ausgestaltung solcher Arbeitsverhältnisse zu sorgen. Dennoch reicht der Ruf nach gesetzgeberischem oder tarifpolitischem Handeln nicht aus. Vielmehr sind NGG und Betriebsräte gleichermaßen gefordert, den durch Leiharbeit und Werksverträge gebundenen Beschäftigten solidarisch zur Seite zu stehen. Die NGG wird die in ihr organisierten Betriebsräte kontinuierlich sowohl politisch als auch juristisch qualifizieren, damit diese in der Lage sind, die in „ihren“ Unternehmen vorhandenen Leiharbeits- und Werksvertragsverhältnisse zu prüfen, weitere Einstellungen nach Möglichkeit zu verhindern sowie in und mit der Belegschaft für eine Umwandlung in Stammarbeitsverhältnisse zu wirken. Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag beschließt folgendes Handlungskonzept: • Als Einstieg in diese betriebliche wie sozialpolitische Auseinandersetzung werden die gewerkschaftsnahen Betriebsräte gebeten, die NGG bei einer Bestandsaufnahme in den von ihr vertretenen Branchen zu unterstützen. • Anschließend wird in jeder NGG-Region ein Pilotprojekt mit dem Ziel gestartet, Leiharbeit und Werksverträge im Unternehmen zu thematisieren und im Betriebsrat einen Maßnahmenplan zu entwerfen, wie diesen Arbeitsverhältnissen konkret entgegengewirkt werden soll. • Die Erfahrungen werden auf Branchentagungen zusammengetragen, ausgewertet und für weitere Betriebe nutzbar gemacht. Bei allen Aktivitäten und Handlungsfeldern zur Abwehr von Leiharbeit und Werksverträgen steht die Sensibilisierung von Betriebsräten und Beschäftigten für die Probleme dieser Beschäftigten sowie die Gefahr für die regulären Arbeitsverhältnisse im Mittelpunkt von Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Denn ohne Verständnis und Solidarität sowie gemeinsames Handeln mit den Betroffenen kann solche prekäre Beschäftigung auf betrieblicher Ebene kaum wirksam bekämpft werden. C 14 Gegen das „System Leiharbeit“ Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, eine bundesweite Kampagne gegen das „System Leiharbeit“ in den Branchen unseres Organisationsbereichs zu entwickeln und umzusetzen. Dem Hauptvorstand ist regelmäßig über den Stand der Kampagne zu berichten. Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag C 5. Material an den Hauptvorstand Ziele der Kampagne: • Verstärkten Druck auf den Gesetzgeber aufbauen, um die Einsatzmöglichkeiten von LeiharbeitnehmerInnen in den Betrieb gesetzlich zu beschränken. • Abschluss von Tarifverträgen mit u.a. folgenden inhaltlichen Zielen: • Gleiche Bezahlung und Arbeitsbedingungen für LeiharbeitnehmerInnen sowie Anwendung sämtlicher Tarifverträge der Entleiher ab dem ersten Tag der Beschäftigung. · Höchstquoten für die Anzahl der eingesetzten LeiharbeitnehmerInnen und deren maximale Einsatzdauer. · Übernahmeverpflichtung des Entleihers nach einer gewissen Einsatzdauer. 282 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Nach zahlreichen Diskussionen des DGB unter Beteiligung der Gewerkschaft NGG sind am 13. Januar 2010, 27. Januar 2010 und am 23. März 2010 Anträge von den Bundestagsfraktionen der Linken, der Grünen und der SPD eingebracht worden, die inhaltlich dem Antrag unseres Gewerkschaftstages entsprechen. · Erweiterte Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von LeiharbeitnehmerInnen. · Hinzurechnung der LeiharbeitnehmerInnen bei der Größe der Betriebsräte und bei der Freistellung sowie bei den Jugend- und Ausbildungsvertretungen und den Schwerbehindertenvertretungen. · Übernahme von Auszubildenden geht vor Einstellung von Leiharbeitnehmern. · Verpflichtung zur Durchführung und Umsetzung einer qualifizierten Personalbemessungsberechnung. · Gewinnung von neuen Mitgliedern, sowohl in den Stammbelegschaften, wie bei den LeiharbeitnehmerInnen. · Betreuung der LeiharbeitnehmerInnen durch die Betriebsräte und die NGG. Anforderungen an die Kampagne gegen das „System Leiharbeit“: • Entwicklung der Leiharbeit in der Branche in den letzten Jahren. • Starke Einbeziehung der betrieblichen Funktionäre. • Sensibilisierung der Betriebsräte, Stammbelegschaften und LeiharbeitnehmerInnen • Einheitliche Materialien und Präsentationen für Flyer, Betriebsratssitzungen und Betriebsversammlungen. • Konzepte und Materialien für Schulungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG • Durchsetzungsstrategien für den Tarifvertrag unter starker Einbindung der Betriebsräte. • Eskalationsstufen bei der Einstellung von LeiharbeitnehmerInnen mit den Möglichkeiten des BetrVG. • Mindeststandards für Tarifverträge. Die Umsetzungsstrategie für die Kampagne muss klare Ziele, Zeitrahmen und Arbeitsschwerpunkte sowie Verantwortlichkeiten für die einzelnen Branchen und Ebenen der NGG enthalten. C 16 Gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Leiharbeiter Antragsteller: Region Rhein-Main Der Gewerkschaftstag möge beschließen, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages vom Hauptvorstand der Gewerkschaft Nahrung-GenussGaststätten aufgefordert werden, eine Gesetzesinitiative zu starten, dass das Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung geändert wird. Leiharbeitern und Leiharbeiterinnen muss der gleiche Lohn wie den Festangestellten gezahlt werden. Gesetzestext (der unterstrichene Teil soll entfallen) § 9 Unwirksamkeit Unwirksam sind: 1. 2. 3. Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat. Vereinbarungen, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen, es sei denn, der Verleiher gewährt dem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchstens sechs Wochen mindestens ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Betrages, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hat. Letzteres gilt nicht, wenn mit demselben Verleiher bereits ein Leiharbeitsverhältnis bestanden hat. Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen; im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. In der folgenden Bundestagsdebatte sind diese Anträge von der schwarz-gelben Koalitionsmehrheit abgelehnt worden. Damit ist deutlich, dass die CDU/FDP-Bundesregierung die Ungleichbehandlung von Beschäftigen in Leiharbeit weiter fortbestehen lassen will. Die im Jahre 2012 vereinbarten Branchenzuschläge in einigen Tarifbereichen von DGB-Gewerkschaften haben dazu geführt, dass von Seiten der zuständigen Ministerien Handlungsbedarf zurückgewiesen wird. Vereinbarungen, die dem Entleiher untersagen, den Leiharbeitnehmer zu einem Zeitpunkt einzustellen, in dem dessen Arbeitsverhältnis zum Verleiher nicht mehr besteht; dies schließt die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die nach vorangegangenem Verleih oder mittels vorangegangenem Verleih erfolgte Geschäftsbericht 2008–2012 283 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Dieses Thema ist in der Arbeit des DGB ständig thematisiert worden. Von Seiten der Bundesregierung gibt es keinerlei Bereitschaft, die entsprechenden Schlechterstellungen zu beseitigen. Annahme Die Gewerkschaft NGG hat das Thema Werkverträge mit zum Gegenstand der politischen Auseinandersetzung gemacht. Zusammen mit den anderen DGB-Gewerkschaften ist ein – vom DGBBundesvorstand am 21. Februar 2012 beschlossenes – Konzept zur Reform der Werkverträge erarbeitet worden. Damit haben die DGB-Gewerkschaften erstmals eine gemeinsame Position dazu entwickelt, die sie der Politik gegenüber vertreten. Vermittlung nicht aus. 4. C 18 Vereinbarungen, die dem Leiharbeitnehmer untersagen, mit dem Entleiher zu einem Zeitpunkt, in dem das Arbeitsverhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nicht mehr besteht, ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Teilzeit- und Befristungsgesetz Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, das Teilzeit- und Befristungsgesetz dahingehend zu verändern, dass die Möglichkeit zur Befristung ohne sachlichen Grund wegfällt und ebenfalls die Befristung ohne sachlichen Grund für Arbeitnehmer, die älter als 52 Jahre sind. C 21 Werkvertrag / Definition eines Gewerkes Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Nord Der Hauptvorstand wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die vorhandenen gesetzlichen Regelungen zur Erstellung eines Gewerkes so geändert werden, dass einzelne Produktionsabschnitte, die mittelbar oder unmittelbar untereinander abhängig sind, nicht Gegenstand von einzelnen Werkverträgen sein dürfen. Alle drei Oppositionsparteien setzen sich mittlerweile für eine Reform des Werkvertragsrechts ein. Gegenstand der Präzisierung des Werkvertrags ist eine bessere Abgrenzung von Werk-, Dienst- und Arbeitsverträgen. Werkverträge sind ein zentrales Thema in den kommenden Auseinandersetzungen über die Beseitigung prekärer Arbeit. C 22 Regionale Aktivitäten bei der Auseinandersetzung mit der Dienstleistungsrichtlinie inkl. der Niederlassungsfreiheit Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Baden-Württemberg Annahme Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Die Regionen der NGG sind weiterhin über den aktuellen Stand bei der Umsetzung der europäischen Dienstleistungsrichtlinie zu informieren. Bezüglich der arbeitsrechtlichen Konsequenzen, etwa durch den Vorrang der EU-Regelungen vor nationalem Tarifrecht u.a. sind umgehend Schulungsinhalte zu entwickeln und in die politische Bildungsarbeit der NGG zu integrieren. Der NGG-Hauptvorstand hat sich aus aktuellem Anlass im November 2012 mit einer geplanten Vereinfachung der Arbeitnehmerentsendung auf europäischer Ebene beschäftigt und daran beispielhaft die möglichen Nachteile eines unkontrollierten europäischen Arbeitsmarktes verdeutlicht. Insgesamt muss der europäische Arbeitsmarkt stärker in den Mittelpunkt der Arbeit der NGG integriert werden. C 23 Abschaffung von Minijobs Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern die Bundesregierung auf, die Sozialversicherungspflicht für alle Beschäftigungsverhältnisse ab dem ersten Euro einzuführen. 284 Die sogenannte „Bolkestein-Richtlinie“ ist am 27. Dezember 2006 in Kraft getreten. Sie steht für die neoliberale Politik der EU-Kommission, die zu einer Abwärtsspirale von Standards und Kontrollen bei Arbeitsverhältnissen führt. Annahme Auf Initiative von NGG mit anderen Gewerkschaften hat es nach dem DGB-Kongress 2010 eine Arbeitsgruppe gegeben, die das Thema Minijobs bearbeitet hat. Im Ergebnis ist die NGG-Position Bestandteil der Forderungen des DGB geworden. Im Jahre 2012 ist dazu eine umfangreiche Broschüre unter Mitarbeit von NGG erschienen, die die Grundlage für weitere Diskussionen mit der Politik ist. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Über diesen Weg ist es gelungen, die Forderung des NGG-Gewerkschaftstages mit den Forderungen anderer Gewerkschaften zu verknüpfen und diese durchsetzungsfähiger zu machen. D1 Sozialpolitik – Reformpolitik muss den Menschen nützen Antragsteller: Hauptvorstand Die Gewerkschaft NGG bekennt sich zu einem demokratischen und solidarischen Sozialstaat, der in aktiver Form Schutz vor Lebensrisiken bietet und Ausgleich bei Marktversagen leistet, sozial schwache Gruppen in die Gesellschaft integriert sowie Chancengleichheit für alle, soziale Teilhabe und gesellschaftlichen Aufstieg ermöglicht. Unter dem Druck der medienwirksam inszenierten Diskussion um Globalisierung und internationale Wettbewerbschancen für die deutsche Wirtschaft in Verbindung mit den durch die prognostizierte demografische Entwicklung veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen hat in den vergangenen zehn Jahren eine Umverteilung der Lasten und ein Abbau von Leistungen in davor nicht gekanntem Ausmaß eingesetzt, der das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit des Sozialstaats auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nachhaltig beeinträchtigt. Die Position der Gewerkschaft NGG in der gesellschaftlichen Diskussion hierzu ist eindeutig: Die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats und das Vertrauen der Menschen in ihn und seine Zukunft sind zu erhalten und zu stärken – fundamentale Angriffe und Versuche, ihn zu einem Wettbewerbsstaat umzubauen, lehnen wir ab. Die Herausforderungen des demografischen Wandels müssen angemessen berücksichtigt werden – man darf sie weder ignorieren noch dramatisieren: Eine alternde und schrumpfende Bevölkerung birgt Herausforderungen nicht nur für die sozialen Sicherungssysteme, sondern auch für die wirtschaftliche Dynamik und die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Statt durch negative PR-Kampagnen den Boden für radikale Abbauprogramme mit dem Ziel der Entkoppelung von Arbeit, Einkommen und Sozialleistungen oder minimalen Grundsicherungsmodellen zu bereiten, setzt sich die Gewerkschaft NGG für die Weiterentwicklung des Sozialstaats ein unter den folgenden Gesichtspunkten: 1. Was sich ändern muss Angesichts der bestehenden Gerechtigkeitslücken, Leistungsschwächen und Finanzierungsproblemen ist zuallererst die paritätisch finanzierte Einnahmebasis des Sozialstaates wiederherzustellen. Notwendig ist eine gerechtere Finanzierung, die alle Personengruppen und Einkommensarten entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zur solidarischen Finanzierung des Sozialstaates heranzieht. Dies beinhaltet auch einen Ausbau des Steueranteils, da die Finanzierung von Gesellschaft notwendigen Leistungen nicht alleine von den bisherigen Beitragszahlern der Sozialversicherung getragen werden kann. Der vom Bundesrechnungshof in seinem Bericht an den Bundestag über die Organisation und Arbeitsweise der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) erwähnte Missstand beim Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrages durch die gesetzlichen Krankenkassen wurde bisher nicht beseitigt. Denn diese griffen im Rahmen von Strafverfahren wegen Schwarzarbeit nur zögerlich auf Vermögensbestände der betroffenen Firmen zu (vermögensabschöpfende Maßnahmen). Die gegen Widerstand und massive Kritik in 2006 durchgesetzte Gesundheitsreform der Bundesregierung löst die strukturellen Probleme nicht. Die immer wieder auftretende unsichere Finanzsituation, die ungerechte Finanzierung sowie das Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung haben auch das Vertrauen in das Gesundheitssystem geschwächt. Viele Versicherte machen die konkrete Erfahrung, dass Beitragssätze und individuelle Zuzahlungen steigen, Leistungen aber eingeschränkt werden. Das Gesundheitssystem leidet weitaus mehr an einer Einnahmeschwäche als an einer Kostenexplosion. Um die Finanzierung des Gesundheitssystems sozial, gerecht, ergiebig und nachhaltig zu gestalten, fordert NGG vom Gesetzgeber die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung. Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Zehn Monate nach dem Gewerkschaftstag fand die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag statt. Die Erfolgsaussichten für die im Antrag enthaltenen Forderungen an die Politik waren daher im Wesentlichen von deren Ausgang abhängig. Die Mehrheitsverhältnisse haben die Bildung einer Koalition der Fraktionen aus CDU/CSU und FDP ergeben. NGG hat die Bundestagswahl zum Anlass genommen, allen vertretenen Fraktionen im Bundestag im Oktober 2009 einen Brief mit den sozialpolitischen Beschlüssen und Forderungen des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages (aus dem Antragsbereich D 1 bis D 30) zu übersenden. Inhaltlich wurde der Brief nicht direkt beantwortet. Die Politik der Bundesregierung hat in vielen Bereichen der Sozialpolitik genau entgegengesetzte Ziele verfolgt. NGG hat deshalb in allen politischen Auseinandersetzungen die Beschlusslage des Gewerkschaftstages in die Diskussionen im DGB eingebracht. Darüber hinaus haben wir in folgenden Themenfeldern aktiv mitgewirkt: Gesundheitspolitik: Das Gesundheitsministerium unter Philip Rösler hat eine Gesundheitsreform mit dem Ziel der Einführung einer Kopfpauschale betrieben. Die DGB-Gewerkschaften haben mit anderen Verbänden daraufhin eine Reformkommission „Für ein solidarisches Gesundheitssystem der Zukunft“ initiiert, die Alternativvorschläge zur Finanzierung des Gesundheitssystems vorgestellt hat. NGG hat in dieser Kommission aktiv durch Michaela Rosenberger mitgewirkt. Die Verhinderung der Kopfpauschale hat Diskussionen und viele Veranstaltungen auf Regionsebene beherrscht. Die Auswirkungen des in der Zwischenzeit abgespeckten Vorschlags des Ministeriums mit einer Kopfpauschale „light“ hat NGG in einem eigens auf unsere Branchen abgestellten Flyer zusammengestellt. Den Gesetzesbeschluss zum Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags und der Belastung ausschließlich der Versicherten mit pauschalierten Zusatzbeiträgen haben die gemeinsamen gewerkschaftlichen Aktivitäten jedoch nicht verhindern können. Rente mit 67 – Altersarmut: Die DGB-Gewerkschaften haben bei der für 2010 nach § 154, Abs. 4 SGB VI erstmalig anstehenden Überprüfung der Einführung der Rente mit 67 durch die Bundesregierung angesichts der veränderten politischen Mehrheitsverhältnisse trotz erdrückender Datenlage gegen die Einführung nicht verhindern können, dass die Bundesregierung die stufenweise Heraufsetzung der Alters- 285 Antragstext Die Ausweitung des Versichertenkreises, die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und das Heranziehen weiterer Einkommensarten sind Stellschrauben auf dem Weg zu einer solidarischen Finanzierung. Dabei ist auch sicherzustellen, dass die Arbeitgeber nicht noch weiter aus der Verantwortung für die Finanzierung des Gesundheitswesens entlassen werden. NGG lehnt sowohl den kassenspezifischen Zusatzbeitrag als auch einseitig von den Versicherten getragene Kopfpauschalen ab. Qualitätsverbesserung im Gesundheitssystem muss nach wie vor auf der Tagesordnung stehen. Die Ansätze der integrierten Versorgung müssen flächendeckend ausgeweitet werden, um insbesondere „teure“ Krankheiten zielgenauer zu therapieren. Die Einführung von medizinischen Versorgungszentren und die weitere Öffnung von Krankenhäusern für ambulante Versorgung können einen Beitrag dazu leisten, kostspielige fachärztliche Doppelstrukturen zu beschränken. Auch die Leistungen zur Prävention, Beratung, Rehabilitation und zum Gesundheitsschutz müssen weiter verbessert werden. Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist zu intensivieren: Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung finden mit Unternehmungsleitung Lösungen zur Rehabilitation und Wiedereingliederung. Die momentane Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik leistet keinen nachhaltigen Beitrag, die immer noch erheblichen Probleme der Arbeitslosigkeit zu überwinden. Was als „fördern und fordern“ angekündigt wurde, entpuppt sich als umfangreiche Liste sozialer Einschnitte und Sanktionen. Dem stehen vergleichsweise bescheidene Förderaktivitäten gegenüber, insbesondere für die Personengruppen mit dem größten Unterstützungsbedarf. Eine Kurskorrektur ist überfällig. Zunächst schafft nur der Erhalt der finanziellen Handlungsfähigkeit der Bundesagentur für Arbeit (BA) die Voraussetzung für eine sachgerechte Weiterentwicklung der aktiven und passiven Arbeitsmarktpolitik. NGG lehnt eine Arbeitsmarktpolitik ab, deren vordringliches Ziel die Erwirtschaftung von Haushaltsüberschüssen ist, und fordert darüber hinaus die Abschaffung des „Aussteuerungsbetrages“, weil er Fehlanreize setzt und Beitragsmittel zweckentfremdet. Das Ziel, Arbeitslose aus einer Hand zu betreuen und zu fördern, ist nicht erreicht. Die Trennung in ALG-I- und ALG-II-Empfänger schafft neue Verschiebebahnhöfe, erschwert Integrationsbemühungen und wirkt sozial selektiv. NGG begrüßt, dass die Bezugszeiten für das Arbeitslosengeld I für ältere Arbeitslose rückwirkend ab 1. Januar 2008 wieder verlängert wurden. NGG fordert weiterhin vom Gesetzgeber, das Arbeitslosengeld II armutsfest auszugestalten. Dies macht eine deutliche Erhöhung des derzeitigen Regelsatzes notwendig. Reformbedarf besteht im Sozialgesetzbuch II bzw. XII in diesem Zusammenhang beim Sozialgeld (frühere Sozialhilfe), bei der Anrechnung von Kindergeld, Nebeneinkünften, Partnereinkommen und der Gewährung von Freibeträgen für die Altersvorsorge. NGG fordert die Abschaffung von ein-Euro-Jobs und die Durchführung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die die Menschen in reguläre, sozialversicherungspflichtige, tariflich geregelte Beschäftigungen bringen. Ein-Euro-Jobs tragen nachweislich zur Verdrängung regulärer Beschäftigung bei und bieten keine Perspektive auf Existenzsicherung. Viele Betriebsräte haben die Erfahrung gemacht, dass beim betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz trotz vordergründig günstiger bis konstanter statistischer Entwicklung der Arbeitsunfälle wenig Bereitschaft der Arbeitgeber besteht, Investitionen in aktuell erforderliche und für die Zukunft innovative Präventions- bzw. Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen zu tätigen. NGG unterstützt deshalb die von Bund, Ländern und Berufsgenossenschaften eingeleitete Erarbeitung einer „Gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie“ unter Einbezug der Sozialpartner. Eine verbindliche Abstimmung auf gemeinsame Ziele und Handlungsfelder kann die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure im Arbeitsschutz wirksamer gestalten. NGG wendet sich dabei entschieden gegen einen weiteren Abbau staatlicher Schutzrechte sowie gegen den Abbau bzw. die wirkungslose Umstrukturierung der Gewerbeaufsicht/Arbeitsschutzämter in den Ländern. NGG kritisiert den Gesetzesentwurf des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG), insbesondere wegen der ungleichgewichtigen Vorgabe zur Reduzierung der Anzahl der Unfallversicherungsträger beim gewerblichen im Vergleich zum öffentlichen Bereich sowie wegen der kurzen Umsetzungsfrist für 286 Beschluss Erledigung grenze als machbar beschieden hat. Für NGG ist dieses Thema ein großer Schwerpunkt in der Medienarbeit gewesen. Viele dezentrale Aktionen und Veranstaltungen haben die Rente mit 67 und die drohende Altersarmut thematisiert. Das in 2012 vom DGB zur Bekämpfung der drohenden Altersarmut entwickelte Konzept zur Rentenpolitik hat NGG aktiv begleitet. In den betriebsnahen Zweigen der Sozialpolitik war NGG im Berichtszeitraum mit den folgenden Aktivitäten tätig. Arbeitsmarktpolitik: Die arbeitsmarktpolitischen Beschlüsse des Gewerkschaftstages hat NGG in den Ausschüssen des DGB vorgetragen. Arbeitsschutz: NGG hat sich an der „Gemeinsamen deutschen Arbeitsschutzstrategie“ (GDA), in der die Arbeitsschutzbehörden der Bundesländer und die Unfallversicherungsträger gemeinsame Arbeitsprogramme zur Verbesserung des Arbeitsschutzes in den Betrieben verabredet haben, durch die Mitwirkung der von der BGN betreuten Arbeitsprogramme Ernährung und Gastgewerbe beteiligt. Die Arbeitsprogramme wurden im Berichtszeitraum entwickelt und dauern noch an. Ein bestimmendes Thema der Aktivitäten war die Begleitung der Fusionsverhandlungen der Berufsgenossenschaften aufgrund der Vorgaben des Unfallversicherungsmodernisierungsgesetzes (UVMG), sich aus 23 gewerblichen Berufsgenossenschaften durch freiwillige Fusionen zu nur noch neun gewerblichen Unfallversicherungsträgern zusammenzuschließen. Dem Wunsch des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages, die Zucker-BG (ZBG), die Fleischerei-BG (FBG) und die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN) mögen sich bei Notwendigkeit für eine gemeinsame Berufsgenossenschaft des Ernährungsgewerbes und des Gastgewerbes verwenden, hat NGG den Versichertenvertretern der drei BG’en übermittelt. Die Fusion von FBG und BGN zu dem vom UVMG als Frist vorgegebenen Datum des 1. Januar 2010 hat sich durch Verhandlungen nicht erzielen lassen. Die Selbstverwaltung der FBG hat gegen die Vorgaben des UVMG politischen Widerstand geleistet. NGG hat im Sommer 2009 allerdings den Kontakt zwischen den Versichertenvertretern beider BG’en vermittelt und die Wiederaufnahme der Verhandlungen unter externer Moderation erreicht. Parallel dazu hat sich die FBG auch um Verhandlungen mit der BG Handel und Warendistribution (BGHW) bemüht. Als sich durch eine Gesetzesinitiative des BMAS eine Zwangsfusion zwischen FBG und BGN zum 1. Januar 2011 abzeichnete und parallel die BGHW der FBG die Ablehnung einer Fusion signalisierte, haben die Verhandlungen rechtzeitig vor Verabschiedung des Gesetzes zu einer freiwilligen Fusion der beiden Berufsgenossenschaften geführt. NGG hat die Versichertenvertreter beider Seiten am Rande der Verhandlungen unparteiisch beraten und auf die Vertragsgestaltung deutlichen Einfluss genommen. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext den Abschluss von Fusionen. Gerade kleineren und effizient arbeitenden Berufsgenossenschaften, wie der Fleischerei-Berufsgenossenschaft und der ZuckerBerufsgenossenschaft, ist diese strenge Vorgabe zur Reduzierung der Trägerzahl kaum vermittelbar. NGG hat sich frühzeitig für eine Organisations- und Strukturreform der gesetzlichen Unfallversicherung ausgesprochen, unter Berücksichtigung der branchenspezifischen Erfordernisse und mit sachlich begründeter Eigenständigkeit lebensfähiger Berufsgenossenschaften wie der Fleischerei-BG (FBG) und der Zucker-BG (ZBG). NGG hat aber auch deutlich gemacht, dass bei einer politisch vorgegebenen Fusion die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten (BGN), FBG und ZBG als gemeinsame Partner bereitstehen müssen. NGG lehnt die angestrebte Fusion der ZBG in einer neuen „BG Rohstoffe und chemische Industrie“ ab, weil dadurch die Beteiligungsmöglichkeiten unserer Kolleginnen und Kollegen aus der Zuckerindustrie in der Selbstverwaltung eingeschränkt werden und die Gefahr besteht, dass sich die Qualität zielgerichteter Präventionskonzepte verschlechtert. Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber die ursprünglich geplante Reform des Leistungsrechts der gesetzlichen Unfallversicherung, auch aufgrund der massiven gewerkschaftlichen Kritik, zunächst zurückgestellt hat. NGG wendet sich entschieden gegen jede Veränderung im Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung, die auf Kosten der Versicherten und der Prävention geht – vor allen Dingen gegen die im Gesetzentwurf von April 2007 vorgesehenen deutlichen Leistungsverschlechterungen für die Versicherten. Dieser Teil des Arbeitsentwurfs wird seinem Ziel nicht gerecht, die Unfallversicherung zielgenauer und zukunftsfest zu machen. Das vom BMAS entwickelte Leistungsmodell mit Aufsplittung der Unfallrente in einen festen Gesundheitsschadensausgleich und eine einkommensabhängige Erwerbsminderungsrente führt in der Praxis nur zu neuen Ungerechtigkeiten und bringt deutliche Verschlechterungen bei der Mehrzahl der berufsgenossenschaftlichen Rentenfälle. Zu begrüßen ist die deutliche Aussage der Bundesregierung, dass an eine Änderung der gesetzlichen Vorschrift zu den Wegeunfällen nicht gedacht ist. Die Große Koalition hat gegen die erheblichen Widerstände der Gewerkschaften und der Sozialverbände die „Rente mit 67“ beschlossen und damit konkret die schrittweise Erhöhung der festen Altersgrenze von bisher 65 auf 67 Jahre im Zeitraum von 2012 bis 2029 vorgenommen. NGG bekräftigt die ablehnende Position, weil die Rente mit 67 kein taugliches Mittel zur Stabilisierung der Rentenfinanzen ist. NGG spricht sich auf mittlere Sicht für die Fortentwicklung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung aus. Damit wird den Veränderungen in der Arbeitswelt Rechnung getragen. Denn nur in einer umlagefinanzierten, breit in der gesamten Erwerbsbevölkerung verankerten Erwerbstätigenversicherung können eine nachhaltige Finanzierung und wichtige Elemente des sozialen Ausgleichs sichergestellt werden. Die gesetzliche Rentenversicherung muss auch weiterhin am Ziel der Sicherung des Lebensstandards ausgerichtet sein. Daher begrüßt NGG das vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften mit den Sozialverbänden vorgelegte gemeinsame Konzept „Erwerbstätigenversicherung: Rente mit Zukunft“. Beschluss Erledigung Im Falle der Zucker-BG hat der Beschluss des Gewerkschaftstages nicht zum Erfolg geführt. Trotz beharrlicher Intervention haben die Versichertenvertreter der ZBG sich gemeinsam mit den Arbeitgebern für eine Fusion mit fünf anderen Berufsgenossenschaften zur BG Rohstoffe und Chemische Industrie (RCI) entschieden und sind als einzige Branche im Zuständigkeitsbereich der NGG nicht bei der neuen BGN versichert. Schwerbehinderung: Die Forderung nach Erhöhung der Schwerbehindertenabgabe von fünf Prozent auf sechs Prozent wurde in die Diskussionen im sozialpolitischen Ausschuss des DGB sowie im Arbeitskreis Schwerbehindertenpolitik eingebracht. Zur Wahl der Schwerbehindertenvertretungen in den Betrieben hat NGG erneut eine Wahlhilfe sowie einen kurzen Flyer zur Beachtung der wichtigsten Hinweise herausgebracht. Die interne Umsetzung der Beschlüsse zur sozialpolitischen Arbeit der NGG unterlag zum einen den generellen Beschlüssen zur Organisationsentwicklung und insbesondere den Maßgaben einer schlanken Ausrichtung der NGG-Hauptverwaltung sowie dem Wettbewerb zu weiteren Beschlüssen des Gewerkschaftstages um die personellen Ressourcen der NGG. Aus diesen Gründen haben sich verschiedene Aspekte der getroffenen Beschlüsse nicht realisieren lassen. Der Hauptvorstand hat nach Prüfung der Beschlusslagen und der daraus resultierenden Kapazitätsgrenzen insbesondere die Verstärkung sozialpolitischer Informationsarbeit für die betrieblichen Funktionäre durch eine Arbeitsgruppe unter Beteiligung aller organisatorischen Ebenen hinter andere Projekte gestellt. Vor den Erfahrungen mit virtuellen Netzwerken auf der NGG-Homepage wurde die Errichtung eines Sozialpolitischen Netzwerks nicht weiter verfolgt. An der Lösung der Frage, wie die verschiedenen handelnden Personen im betrieblichen Arbeitsschutz, den Selbstverwaltungen, den Schwerbehindertenvertretungen sowie ehrenamtliche Sozialrichter/-innen von NGG mit aktuellen sozialpolitischen Informationen und Bewertungen versorgt werden, wird noch gearbeitet. Darüber hinaus fordert NGG den Gesetzgeber auf, die gesetzliche Rentenversicherung als wesentliche Säule der Altersversorgung kurzfristig durch ein Bündel verschiedener Maßnahmen zu stärken und zukunftsfähig zu erhalten: • Damit unverschuldete Langzeitarbeitslosigkeit im Alter nicht in Armut führt, müssen ausreichend Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung durch die Träger für ALG II geleistet werden. Die von den Gewerkschaften und Sozialverbänden erreichte Altersgrenze von 63 Jahren (anstatt wie geplant 60 Jahre) für die sogenannte „Zwangsverrentung“ mit entsprechenden Abschlägen für ALG II-Bezieher ist so zu verändern, dass niemand gegen seinen Willen in eine Rente mit Abschlägen gezwungen werden darf. • Notwendig ist auch ein erleichterter Zugang zur Erwerbsminderungsrente vor allem für ältere Arbeitnehmer. Die Zugangsverschärfungen ab 2001 werden den erhöhten Risiken der Versicherten nicht gerecht und vergrößern das Problem der Altersarmut. • Auch zukünftig muss es flexible Möglichkeiten des Rentenzugangs geben. Die Altersteilzeit (ATZ) mit einer Wiederbesetzungspflicht muss auch über das Jahr 2009 hinaus mit zuverlässigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und einer materiellen Unterstützung durch die Bundesagentur gefördert Geschäftsbericht 2008–2012 287 Antragstext Beschluss Erledigung werden. Menschen mit Behinderung sind besonders von Arbeitslosigkeit betroffen. Viele Arbeitgeber entziehen sich ihrer Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, zu wenige Arbeitsplätze sind behinderten- oder gesundheitsgerecht gestaltet. Besonders unbefriedigend ist die Teilhabe behinderter Jugendlicher am ersten Arbeitsmarkt. Die abgesenkte Beschäftigungspflichtquote hat die Arbeitsmarktsituation behinderter Menschen nicht verbessert. NGG fordert den Gesetzgeber auf, die Beschäftigungspflichtquote zu überprüfen und ggfs. wieder zu erhöhen (von fünf auf sechs Prozent), sowie die Beträge der Ausgleichsabgabe anzuheben und ihre Absetzbarkeit als Betriebskosten zu streichen. 2. NGG – zukünftige sozialpolitische Arbeit Der 15. ordentliche Gewerkschaftstag beauftragt den Hauptvorstand, • mit der Verstärkung der sozialpolitischen Informationsarbeit unter Einbeziehung branchenspezifischer Beispiele zur Unterstützung der betrieblichen Funktionäre in sozialpolitischen Argumentationen. Die Veränderungen des vergangenen Jahrzehnts haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stark getroffen. Das Vertrauen in den Sozialstaat ist nicht zuletzt durch die in den Medien inszenierte Diskussion beeinträchtigt. Um unsere Positionen zu untermauern und unseren Mitgliedern zugänglich zu machen, wird eine Serie von Materialien mit anschaulichen Beispielen aus unseren Branchen zu verschiedenen Themenfeldern der Sozialpolitik erstellt. • mit der Einrichtung einer bundesweiten projektbezogenen Arbeitsgruppe Sozialpolitik, die vom Geschäftsführenden Hauptvorstand eingesetzt wird; • mit dem Aufbau eines sozialpolitischen Netzwerks aus Funktionären in der Selbstverwaltung der Berufsgenossenschaften, der Krankenkassen und der Rentenversicherung sowie aus Sozialrichtern, Betriebsräten und Schwerbehindertenvertretungen Der 15. ordentliche Gewerkschaftstag beschließt für die nächste Legislaturperiode die Durchführung folgender sozialpolitischer Projekte: • Fortführung der Kampagne gegen die Rente mit 67 zusammen mit dem DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften und Einwirken auf Bundesregierung, Bundestagsabgeordnete und Parteien, dass die Regelaltersgrenze im Rahmen der verabredeten Revisionsklausel wieder auf 65 Jahre festgesetzt wird. • Thematisierung der Problematik vermögensabschöpfender Maßnahmen bei Schwarzarbeitgebern über die NGG-Vertreterinnen und -Vertreter in den Verwaltungsräten der gesetzlichen Krankenkassen, • Begleitung des von Bund, Ländern und Berufsgenossenschaften initiierten Programms „Gemeinsame Arbeitsschutzstrategie“ zu Arbeits- und Gesundheitsschutz ggf. mit Informationskampagnen unter Verwendung der Erkenntnisse aus der Kampagne „Arbeit muss auch Spaß machen können“ • Entwicklung sozialpolitischer Materialien zur Unterstützung der tarif-, betriebs- und verteilungspolitischen Aktivitäten der NGG in den Bereichen „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ sowie „Armutsbekämpfung unter Berücksichtigung demographischer Strukturen und Entwicklungen (Kinderarmut, Altersarmut)“ • Begleitung der DGB-Aktion zu den Wahlen der Schwerbehindertenvertretungen 2010 zur Unterstützung der Schwerbehindertenvertretungen bei der Bewältigung ihrer gesetzlichen Aufgaben und der effektiven Verzahnung ihrer Arbeit mit den Betriebsräten. D2 Gesundheitsreform Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Baden-Württemberg Der Gewerkschaftstag der Gewerkschaft NGG fordert den Ausbau der Finanzierung über eine solidarische Bürgerversicherung, die den Spitzenverdienern mehr abverlangt und den Erhalt der paritätischen Finanzierung, also der gleichen Beteiligung der Arbeitgeber an den Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag D 1 Material zu D 1 Würden Beamte, Pensionäre, gut verdienende Angestellte, Selbstständige in den 288 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Kreis der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der Bürgerversicherung aufgenommen, könnte der Beitragssatz in der GKV um ca. 1,1 Prozent sinken. Wir fordern, dass die zusätzlichen Belastungen der Versicherten über Eigenbeteiligungen und Praxisgebühr wieder zurückgenommen werden. Plänen der Politik, Arbeitgeber von den Beitragsanteilen freizustellen, erteilen wir eine Absage. Sollte es bei der Politik der weiteren Belastungen für die Versicherten bleiben, fordern wir den Hauptvorstand auf, gemeinsam mit dem DGB, den Kirchen und Sozialverbänden den Widerstand zu organisieren. D3 Keine Zwangsverrentung! Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern die Bundesregierung auf, das Sozialgesetzbuch II dahingehend zu verändern, dass niemand gegen den eigenen Willen gezwungen werden kann, die Rente zu beantragen. D4 Annahme als Bearbeitet im Zusammenhang mit Antrag D 1 Material zu D 1 Finanzierung der Sozialversicherung Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Annahme Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, sich mit den anderen Einzelgewerkschaften und dem DGB zu koordinieren und sich gegenüber dem Gesetzgeber dafür einzusetzen, dass die Finanzierung der Sozialversicherung verbreitert wird und die hinter den Sozialversicherungsbeiträgen steckenden Leistungen besser erkannt werden. NGG hat die Forderungen aus dem Beschluss in ihrem Schreiben an die neugewählten Fraktionen des Deutschen Bundestages im Herbst 2009 übermittelt. Sie sind nicht in gesetzgeberische Maßnahmen eingeflossen. Dazu gehört insbesondere: 1. Entlastung niedriger Einkommen von Sozialversicherungsbeiträgen. 2. Verhinderung von weiteren einseitigen Belastungen der ArbeitnehmerInnen. 3. Abschaffung der Beitragbemessungsgrenzen in der Arbeitslosen-, Renten-, und Krankenversicherung. 4. Festlegung von maximalen und minimalen Leistungen in der Arbeitslosenund Rentenversicherung. 5. Einbeziehung von Vermögenseinkommen und Einkommen von Selbstständigen und Beamten in die Finanzierung der Sozialversicherung. 6. Langfristige Verschiebung der Finanzierung, weg von den Beiträgen der ArbeitnehmerInnen und Arbeitgeber, hin zu einem höheren Steueranteil. 7. Beginnen einer Diskussion um den Stellenwert der Sozialversicherungsbeiträge, mit dem Ziel, dass diese nicht nur Kosten für die ArbeitnehmerInnen, sondern im Gegenzug auch Leistungen bzw. Absicherung für die Wechselfälle des Lebens der ArbeitnehmerInnen sind und niedrigere Sozialversicherungsbeiträge auch schlechtere Leistungen nach sich ziehen. D5 Sozialversicherungspflicht für Ausbildungsvergütungen Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen, dass die NGG die politische Forderung nach einer Änderung des Gesetzestextes in folgender Form an die Bundesregierung stellt: Annahme Der Antrag wurde an den DGB weitergeleitet. Auf dessen Bundesjugendkonferenz wurde er angenommen. Für die politische Durchsetzung fehlte es an parlamentarischen Mehrheiten. In § 20 (3) SGB IV soll der bestehende Text: „(3) Der Arbeitgeber trägt abweichend von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte für die einzelnen Versicherungszweige den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein, wenn 1. Versicherte, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, ein Arbeitsentgelt erzielen, dass auf den Monat bezogen 325 Euro nicht übersteigt, oder (…)“ Abgeändert werden und wie folgt lauten: Geschäftsbericht 2008–2012 289 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Die Gestaltung der tarifvertraglichen und betrieblichen Arbeitszeitregelungen ist ein ständiges Thema für NGG. Eine 2008 erschienene Handlungshilfe „Zeit ist mehr als Arbeitszeit“ enthält tarifliche Eckpunkte und eine Muster-Betriebsvereinbarung mit Anregungen für die Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeit mit mehr Zeitsouveränität für die Beschäftigten. Diese Handlungshilfe ist nach wie vor aktuell. „(3) Der Arbeitgeber trägt abweichend von den besonderen Vorschriften für Beschäftigte für die einzelnen Versicherungszweige den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein, wenn 1. Versicherte, zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, ein Arbeitsentgelt erzielen, dass auf den Monat bezogen 515 Euro nicht übersteigt, oder (...)“ D6 Vereinbarkeit von Beruf und Familie Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Junge Männer und Frauen wollen beides: Beruf und Karriere ebenso wie Familie und Kinder. Die mangelnden Rahmenbedingungen zwingen aber gerade Frauen noch immer in das alte Rollenbild – Zuständigkeit für Familienarbeit, Kindererziehung und Pflege – und damit häufig zur (vorübergehenden) Aufgabe ihrer Berufstätigkeit. Immer öfter haben aber auch Väter ein Vereinbarkeitsproblem. Wir fordern daher • vom Staat flächendeckende Bildungs- und qualifizierte Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersklassen sowie die notwendige Infrastruktur für Pflegende und deren Angehörige, • von den Tarif- und Betriebsparteien die Schaffung und Gestaltung von familiengerechten Arbeitsbedingungen. 1. Dazu ist es erforderlich, das Thema in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen. Unternehmer und Politiker „verkünden“ zwar die Notwendigkeit für mehr Familienfreundlichkeit, tun aber zu wenig Konkretes. Deshalb muss die Vereinbarkeitsproblematik in den Betrieben thematisiert und Lösungen erarbeitet werden. Eine aktive Gleichstellungspolitik muss mehr als bisher in die tägliche Arbeit der Betriebsräte integriert werden. Dazu sind die Betriebsräte zu sensibilisieren und zu schulen. 2. 3. Verhandlungen über Verbesserungen bei den tarifvertraglichen Arbeitszeitregelungen hat es flächendeckend seit dem 15. Ordentlichen Gewerkschaftstag 2008 nicht gegeben. Wo verhandelt wurde, waren es Auseinandersetzung zur Abwehr von Arbeitgeberforderungen. Die Gestaltung familienfreundlicher Arbeitszeiten wurde als Forderung in den Tarifpolitischen Handlungsrahmen der NGG und in der Broschüre „Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessern – Die Tarifpolitik der NGG“ aufgenommen. Auch die NGG-Demografie-Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben“ hat mit „Arbeitszeiten human und flexibel gestalten“ einen inhaltlichen Schwerpunkt auf die Arbeitszeit gelegt. Arbeitgeber an Kosten für Kinderbetreuung zu beteiligen. Arbeitgeber wollen flexibel einsetzbare Beschäftigte. Das setzt bei Beschäftigten mit Kindern u. a. verlässliche Kinderbetreuung voraus und ist häufig mit hohen Kosten verbunden. Dazu sollen Arbeitgeber ihren Beitrag leisten. In Tarifverträgen und/oder Betriebsvereinbarungen sollen dazu Regelungen vereinbart werden. Mit dem ESF-geförderten Projekt „Gute Arbeit! Chancengleichheit, Beschäftigungssicherung und Aufstiegsförderung von (und für) Frauen im Gastgewerbe“ wollen wir mit den betrieblichen Akteurinnen und Akteuren praxisnahe Lösungen für bessere Arbeitsbedingungen, wie z.B. Vereinbarkeit von Beruf und Familie, erarbeiten. die Arbeitszeiten familiengerecht zu gestalten. Tarifvertragliche und betriebliche Arbeitszeitregelungen sind auf den Prüfstand zu stellen, auf ihre Familientauglichkeit hin zu überprüfen und ggf. zu verändern. Dabei soll auch ausreichend Spielraum für individuelle, auch zeitlich befristete Lösungen geschaffen werden. Das von der Hesselbach-Stiftung geförderte DGBProjekt „Zwischen Beruf und Familie passt kein Oder“ wird von Betrieben aus dem NGG-Bereich gut genutzt, um Fragen der Vereinbarkeit zu klären und Lösungen zu erarbeiten. Siehe auch Anträge A 20, B 1, B 16 und D 19. D7 Kinderarmut bekämpfen – Kinderarmut verhindern Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Alarmierende Zahlen über die enorm anwachsende Kinderarmut in Deutschland erfordern rasch eine konzertierte Kraftanstrengung, um Gerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft wiederherzustellen. Dabei sind die materiellen Fragen eng verknüpft mit Bildung, Gesundheit und Ernährung, Wohnen, Kinderschutz und gesellschaftlicher Teilhabe. Annahme Das Thema Kinderarmut ist im Berichtszeitraum nicht aus den Schlagzeilen gekommen. NGG hat im März 2012 das zuständige Bundesministerium aufgefordert, die Anstrengungen zur Abschaffung von Kinderarmut, aber auch Altersarmut von Frauen, zu verstärken. Die Bundesregierung wird von den Delegierten des Gewerkschaftstages aufgefordert ein Konzept vorzulegen, das diese Aspekte gemeinsam in den Blick nimmt, wirkungsvoll bestehende Armut und zukünftige Armut verhindert. Die Delegierten fordern weiterhin: • den Ausbau der Betreuungsangebote und die Entlastung einkommensschwacher Familien von den Ausgaben für Bildung, Betreuung und Erziehung, • eine Schule für alle – weg mit dem gegliederten System, • Lernmittelfreiheit für alle, 290 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext • kostenloses Mittagessen in Schulen und Kindertageseinrichtungen, • eine Anpassung der Regelsätze für Hartz-IV-EmpfängerInnen an den tatsächlichen Bedarf, • die Einführung einer eigenen Existenzsicherung für Kinder, • verbesserte Schuldnerberatung für Familien und Jugendliche, • den Umbau des Steuersystems, sodass es den Bedürfnissen von Kindern stärker gerecht wird, • Erhöhung des Kinderzuschlages von derzeit 140 Euro und Aufhebung der Befristung der Bezugsdauer des Kinderzuschlages auf höchstens 36 Monate. Beschluss Erledigung Annahme Die Forderung des NGG-Gewerkschaftstages wurde gegenüber der Bundesregierung mehrfach betont. Die Armutsquote liegt bei 18 Prozent und damit deutlich höher als 1998, als sie noch zwölf Prozent betrug. Damit gilt jeder Fünfte in Deutschland als arm. Besonders hoch ist das Armutsrisiko für Kinder aus Familien mit einem Elternteil – zumeist Frauen – und aus Familien mit Migrationshintergrund. Nicht allein Erwerbslosigkeit eines oder beider Elternteile birgt ein Armutsrisiko für Kinder. Trotz deutlich gestiegener Erwerbstätigkeit der Mütter in den letzten zehn Jahren – allerdings überwiegend in Teilzeit – ist die Armut gewachsen. Erwerbstätigkeit sichert nicht mehr unbedingt die materielle Grundlage, um die Kosten für die Erziehung, Betreuung und Bildung der Kinder aufbringen zu können. Armut macht krank und isoliert. Bildung ist der beste Schutz vor Armut; deshalb darf Bildung nicht vom Geldbeutel abhängen. D8 Nein zum Betreuungsgeld Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages begrüßen ausdrücklich den beschlossenen Ausbau der Kinderbetreuungsplätze bis 2013. Dann sollen zumindest für ein Drittel der unter Dreijährigen qualifizierte Betreuungsplätze zur Verfügung stehen. Wie bekannt, ist das Betreuungsgeld innerhalb der Regierungskoalition umstritten, dennoch wurde es als Zugeständnis an die CSU verabschiedet. Die Bundesregierung wird aufgefordert, auf die Einführung eines Betreuungsgeldes ab 2013 für Eltern, die ihre Kinder Zuhause erziehen, zu verzichten. D 10 Die gesellschaftliche Kritik an diesem Vorgehen hält unvermindert an. Gegen die Rente mit 67- Soziale Alternativen sind möglich! Antragsteller: Hauptvorstand Annahme Siehe dazu D 1 / D 11. Die Große Koalition hat gegen erhebliche Widerstände vor allem der Gewerkschaften die „Rente mit 67“ beschlossen. Dies verschärft die sozialen Spannungen in unserer Gesellschaft und schafft eine wachsende Zahl von armen Rentnern. Die Gewerkschaft NGG lehnt diese Erhöhung des Renteneintrittsalters ab, sie ist kein taugliches Mittel zur Stabilisierung der Rentenfinanzen und soll nur dazu dienen, bei früherem Renteneintritt höhere persönliche Abschläge zu rechtfertigen. Auch die in die Rentenanpassungsformel eingebrachten Dämpfungsfaktoren führen zu einer weiteren Senkung des Rentenniveaus. Die geringe Anzahl von Arbeitnehmern über 55 Jahren in den Betrieben zeigt, dass viele Ältere nicht in der Lage sind, den Leistungsanforderungen in den Betrieben standzuhalten. Die Gewerkschaft NGG setzt sich mit den anderen DGB-Gewerkschaften dafür ein, die im Gesetz vorgesehene Überprüfungsklausel 2010 zu nutzen, um den Rentenbeginn auf 65 Jahre zurückzusetzen. Im Gegensatz zur derzeitigen Politik fordert der Gewerkschaftstag der Gewerkschaft NGG: • Beendigung der unterschiedlichen Berechnung der Rentenansprüche in den neuen und alten Bundesländern • Bessere Absicherung von Langzeitarbeitslosigkeit in der Rentenversicherung • Garantierte Dynamisierung der Renten zumindest in Höhe der Preissteige- Geschäftsbericht 2008–2012 291 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Die Forderungen des NGG-Gewerkschaftstages treffen auf breite Zustimmung der DGB-Gewerkschaften. rungsrate • Erleichterter Zugang zur Erwerbsminderungsrente für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer • Abschlagsfreier Renteneintritt nach vollen 40 Rentenversicherungsjahren D 11 Gegen Rente mit 67 Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Die Erhöhung des Renteneintrittsalters (u.a. Rente mit 67) ist rückgängig zu machen. Die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung der Wirksamkeit der Rente mit 67 hat zu einer Verbreiterung der Diskussion über dieses Gesetz geführt. NGG war dabei im Oktober 2010 mit verschiedenen Aktivitäten, zum Beispiel bei der Übergabe von Unterschriften gegen die Rente mit 67 am Bundeskanzleramt, beteiligt. Dazu ist insbesondere nötig: 1. Gewerkschaftsübergreifende Aktivitäten 2. Einbeziehung der Betriebe in die Aktivitäten 3. Durchführung von Großveranstaltungen um Druck auf die Regierenden auszuüben 4. Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung 5. Festlegung von maximalen und minimalen Leistungen in der Rentenversicherung 6. Einbeziehung von Vermögenseinkommen in die Finanzierung der Sozialversicherung 7. Voller Rentenanspruch nach 40 Beitragsjahren 8. Einbeziehung der Sozialverbände In der Folge sind verschiedene Rentenkonzepte in der politischen Diskussion entwickelt worden. Der DGB hat das Netzwerk „Netzwerk gerechte Rente“ unter Beteiligung verschiedener Sozialverbände indiziert. Auch der DGB hat den Schwerpunkt darauf gelegt, dass Rente zum Leben reichen muss. Die Kampagne „Ich will Rente“ hat dieses Thema besonders herausgestellt und die politische Diskussion vorangebracht. Die Forderung der Bundesarbeitsministerin nach einer (fälschlich so genannten) „Lebensleistungsrente“ ist eine Folge der gewerkschaftlichen Diskussion über Altersarmut und Rentenkürzung! D 15 Umsetzung der Rentenanpassung Ost durch einen Stufenplan Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Annahme Die Forderung nach einer Rentenanpassung Ost ist vom DGB-Bundeskongress 2010 übernommen worden. Die Bundesregierung hatte im Koalitionsvertrag 2009 ein einheitliches Rentensystem angekündigt. Sie hat dieses Vorhaben nicht umgesetzt. Die drei Oppositionsparteien im Bundestag haben jeweils (mit inhaltlichen Unterschieden) die Forderung nach einer Rentenanpassung Ost erhoben. Annahme NGG hat bei jeder Gelegenheit ihre Position, dass die Rente mit 67 nicht hinnehmbar ist und lediglich ein Rentenkürzungsprogramm darstellt, öffentlich deutlich gemacht. Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Rentenanpassung Ost bis zum Jahr 2015 umzusetzen. Hierzu soll der aktuelle Rentenwert in jährlichen Stufen an den Rentenwert West angeglichen werden. D 16 Altersübergang / flexible Ausstiegsmodelle „Flexibler Übergang in die Rente – gesund in die Rente“ Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Baden-Württemberg Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages der NGG halten an ihrer grundsätzlichen Kritik zur Rente mit 67 fest. Angesichts der sehr hohen Arbeitslosigkeit Älterer und der Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit verschleißen, ist nicht damit zu rechnen, dass in naher Zukunft alle Menschen bis 67 arbeiten können. Eine grundlegende Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Arbeitnehmer, insbesondere besonders belasteter Gruppen, ist in absehbarer Zeit nicht in Sicht. Damit droht eine zunehmende Altersarmut durch erhöhte Rentenabschläge bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Die Rente mit 67 birgt u.a. die Gefahr, dass die Möglichkeiten der Jüngeren auf Ausbildung und Beruf sinken. Die NGG muss alle Möglichkeiten nutzen, um Druck auf die Politik auszuüben, 292 Gemeinsam mit den anderen DGB-Gewerkschaften hat NGG ein neues Rentenkonzept erarbeitet. Dieses wurde vom DGB im Juni 2012 vorgelegt. Das Konzept sieht vor, dass die Sicherung des heutigen Rentenniveaus bis 2030 finanziert und die Erwerbsminderungsrente verbessert sowie die Rente mit 67 ausgesetzt werden können. Mit einer Demografie-Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben“ reagiert NGG auf zunehmend älter werdende Belegschaften. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung die Rente mit 67 rückgängig zu machen bzw. zeitlich auszusetzen. Siehe auch Antrag D 19. Um Arbeitslosigkeit bzw. Armut im Alter weitgehend zu vermeiden, sind Voraussetzungen in der Politik und seitens der Arbeitgeber zu schaffen, damit möglichst viele ArbeitnehmerInnen gesund in Rente gehen können. Dazu bedarf es neben Initiativen zur alternsgerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen, dem Ausbau der betrieblichen Prävention – auch einer innovativen Qualifizierungspolitik. Wichtig sind sozial verträgliche Optionen für einen flexiblen Ausstieg aus dem Erwerbsleben. Im Sinne des Antrages hat NGG, gemeinsam mit allen anderen DGB-Gewerkschaften, den Gesetzgeber in unterschiedlicher Form aufgefordert, die Förderung der Altersteilzeit fortzuführen. Trotz der fehlenden öffentlichen Förderung der Altersteilzeit konnte NGG in verschiedenen Bereichen Tarifverträge zur Alterteilzeit abschließen. Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages der NGG fordern sachgerechte Anschlussregelungen zur häufig genutzten geförderten Altersteilzeitregelung, die Ende 2009 ausläuft. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen zu sozial akzeptablen Bedingungen in die Rente gehen können, ohne durch die hohen Rentenabschläge mit Altersarmut konfrontiert zu werden. Um den Tarifparteien Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, muss der Gesetzgeber baldmöglichst den rechtlichen Rahmen dazu schaffen. Ziel dieses Beschlusses der Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages der NGG ist es, die Bundesregierung dazu zu bewegen, die Initiative für gesetzliche Anschlussregelungen zu ergreifen und/oder zu unterstützen. Der Gewerkschaftstag favorisiert hierbei zwei Modelle, die wie folgt auszugestalten sind: 1. 2. Neue Altersteilzeit Neugestaltung der Teilrente 1. Die „neue“ Altersteilzeit: arbeitsmarktpolitisch sinnvoll und personalpolitisch zweckmäßig Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden auch weiterhin mittelfristig ein hohes Arbeitsplatzrisiko tragen. Entlassungsentscheidungen fallen häufig zu Lasten Älterer. Die Chancen, einen Arbeitsplatz nach Arbeitslosigkeit zu finden, sind für ältere ArbeitnehmerInnen ausgesprochen schlecht. Aus diesem Grund fällt der Altersteilzeit eine arbeitsmarktpolitische Funktion zu. Beim drohenden Personalabbau stellt die Altersteilzeit eine sozialverträgliche Alternative zur Kündigung dar. Demgegenüber kann in Perioden des Personalaufbaus die Altersteilzeit genutzt werden, ältere ArbeitnehmerInnen gleitend in den Ruhestand wechseln zu lassen und gleichzeitig durch Übernahme oder Neueinstellungen Beschäftigte in die Betriebe zu integrieren. Damit stellt die Altersteilzeit eine nicht zu unterschätzende positive Einflussgröße auf die Beschäftigungsquote von älteren ArbeitnehmernInnen dar. Für die Renten- und Arbeitslosenversicherung ist der Altersteilzeitaufwand neutral. Um dieses für eine neue Altersteilzeit beizubehalten, sollten Altersteilzeitvereinbarungen immer bis zum Rentenalter (ungekürzter Rentenbezug) reichen. Eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit sollte auch weiterhin dann erfolgen, wenn durch den Eintritt in die Altersteilzeit die bestehende Stelle wieder besetzt wird. Der Gewerkschaftstag fordert daher, dass die Altersteilzeit auch künftig gefördert wird und folgende Anforderungen erfüllt werden: 1. Aufstockung des Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber. 2. Aufstockung der Rentenversicherungsbeiträge auf mindestens 80 Prozent des Arbeitsentgelts. 3. Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit für die unter Punkt 1. und 2. aufgeführten Aufstockungsbeträge. 4. Die Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit muss erhalten bleiben, wenn damit die Wiederbesetzung von Stellen gefördert wird durch Arbeitslose unter 25 Jahre und Arbeitslose über 50 Jahre sowie die Einstellung von versicherungspflichtigen Auszubildenden. 5. Der Zugang zur Altersteilzeit soll frühestens ab 55 Jahren möglich sein. Die Dauer der Altersteilzeit sollte bis zu zehn Jahren währen. Dabei muss beachtet werden, dass Altersteilzeit immer bis zum Rentenalter reichen muss. 2. Neugestaltung der Teilrente Die heutigen Regelungen sind nicht attraktiv. Die Neugestaltung der Teilrente muss jedoch sozial akzeptabel sein. Da die versicherungsmathematischen Abschläge für die Beschäftigten eine erhebliche Belastung darstellen, sollen Arbeitgeber Abschläge so kompensieren, dass Altersarmut vermieden und nicht Geschäftsbericht 2008–2012 293 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Mit „Faire Arbeit. Gutes Leben“ hat NGG eine Demografie-Initiative gestartet, die sieben Themenschwerpunkte zum Inhalt hat: nur gut Verdienenden ein Ausstieg über die Teilrente ermöglicht wird. Außerdem darf die Rentenversicherung nicht belastet werden. Kriterien: 1. Die Hinzuverdienstgrenze ist flexibler zu gestalten, beispielsweise bis zum vorherigen Brutto-Entgelt. Bei einer Teilrente von 50 Prozent sollte der Verdienst aus Teilzeitbeschäftigung plus Teilrentenbetrag bis zu 100 Prozent, gemessen am vorherigen Gesamt-Brutto, betragen. Für die Ermittlung der Hinzuverdienstgrenzen sollten jedoch nicht mehr nur die letzten drei Jahre vor Rentenbezug, sondern die drei besten Jahre der vergangenen zehn Jahre berücksichtigt werden. Die Hinzuverdienstgrenze errechnet sich nach dem Jahreseinkommen inklusive den Jahressonderzahlungen (Urlaubsund Weihnachtsgeld). Für Teilrenten mit anderen prozentualen Stufen gilt Entsprechendes. 2. Künftig sollte die Möglichkeit eröffnet werden, bereits ab dem 60. Lebensjahr eine Teilrente zu beziehen. Allerdings muss klargestellt sein, dass bei einer Teilrente vor Vollendung des 63. Lebensjahres die rentenmathematischen Abschläge ab Erreichen der Regelaltersgrenze auf Dauer ausgeglichen werden durch Aufstockungsleistung des Arbeitgebers oder den Zukauf von Rentenentgeltpunkten. Vor Beantragung der Teilrente muss die/der ArbeitnehmerIn in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung stehen. 3. Unabdingbare Voraussetzung für die Öffnung und Stärkung der Möglichkeiten des Teilrentenbezugs ist, dass die SGB II-Träger Arbeitslose nicht über § 5 Abs. 3 SGB II in diese vorgezogenen Teilrenten zwingen können. 4. Die Rentenversicherungsträger sollten zudem verpflichtet werden, bei Teilrenten-Anträgen zwischen dem 60. und 63. Lebensjahr die Antragsteller/ innen vor Bescheiderteilung schriftlich über die finanziellen Folgen, d.h. insbesondere über die Höhe der Abschläge, zu informieren und ihnen ein Beratungsangebot zu unterbreiten. 5. Den Tarifvertragsparteien sollte – ebenso wie bei der Altersteilzeit – durch eine Tariföffnungsklausel ein eigenständiger Gestaltungsspielraum eröffnet werden. 6. Wie bei der Altersteilzeit sollte auch bei vorgezogener Teilrente eine zusätzliche Aufstockung und tarifvertraglich geregelte Aufstockung des Netto-Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber erfolgen können und eine Aufstockung der Rentenbeiträge/Zukauf von Entgeltpunkten ermöglicht werden. Die steuer- und sozialversicherungsfreie Aufstockung dieser Leistungen sollte sichergestellt werden. D 19 Altersgerechte Arbeitsplätze sind ein Muss! Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Die NGG widmet sich tarif- und sozialpolitisch der Frage der altersgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen für ältere Beschäftigte. Dabei nutzt sie Kontakte zu Politikern wie zu Arbeitgebern, um diese für folgende wichtigste Aspekte zu sensibilisieren: 1. Demografie-Analyse sorgt für Transparenz 2. Verkürzung und Gestaltung der Arbeitszeit entsprechend der Bedürfnisse der Beschäftigten Die Arbeitsgestaltung und -organisation müssen alle Altersgruppen verkraften 3. Arbeitszeiten human und flexibel gestalten • Altersspezifische Definition von Leistung und sozial adäquater Bezahlung 4. • Permanente Qualifizierung der Arbeitnehmer/innen im erlernten Beruf oder Fortbildung in angrenzenden Berufsfeldern Gesundheitsförderung systematisch und ganzheitlich ausbauen 5. „Lebenslanges Lernen“ und Motivation • Verbesserung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes unter dem Blickwinkel des Erhalts der Arbeitsfähigkeit 6. Erfahrungs- und Wissenstransfer zwischen Jung und Alt Am Erreichen dieser Ziele müssen die Betriebsräte sowohl im „eigenen“ Unternehmen als auch im politischen Umfeld maßgeblich mitwirken. Hierfür sind sie durch Seminare und Veranstaltungen politisch und juristisch zu qualifizieren. Diese können in den Regionen eigenständig von NGG oder gemeinsam mit anderen DGB-Gewerkschaften angeboten werden. 7. Fachkräfte sichern, Faire Arbeit möglich machen • Dessen ungeachtet engagiert sich die NGG auch weiterhin für einen sozialverträglichen früheren Ausstieg aus dem Erwerbsleben, wozu der volle Anspruch auf eine auskömmliche gesetzliche Rente nach vierzig Beitragsjahren gehört. Deshalb lehnt NGG die so genannte „Rente mit 67“ grundsätzlich ab! 294 Die sieben Themenschwerpunkte wurden in Branchentagungen diskutiert und vorgestellt. Verschiedene Handlungshilfen, z.B. in Form von Präsentationen für haupt- und ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen, wurden zur Verfügung gestellt. Der demografische Wandel in der Ernährungsindustrie war durchgängiges Thema auf allen Bran- Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung chen- und in den meisten Betriebsrätetagungen des Jahres 2012. In Kassel fand am 13. Juni 2012 eine gemeinsame BDSI-/NGG-Tagung zum Thema demografischer Wandel in der Süßwarenindustrie statt. Im September 2012 fand zum Thema demografischer Wandel ein BZO-Forum statt. Auf der NGG-Website steht eine gesonderte Seite zu diesem Thema zur Verfügung. Diese Seite bietet auch praktische Tipps und Hilfestellungen für Betriebsräte. Siehe auch Antrag D 16. D 20 Alters- und alternsgerechte Gestaltung der Arbeitswelt Antragsteller: Region Rhein-Main Annahme Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten soll sich dafür einsetzen, dass die Arbeitswelt zukünftig über alle Altersstufen hinweg eine alters- und alternsgerechte Gestaltung erfährt. Deshalb fordern wir die Erstellung von Konzepten für die Gestaltung guter Arbeit, zu denen neben einem guten Einkommen auch sichere Arbeitsplätze sowie umfassende Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung gehören. Das Thema alters- und alternsgerechtes Arbeiten zieht sich als ein zentrales Querschnittsthema durch die sieben Themenschwerpunkte der Demografie-Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben“ der NGG. Siehe auch Antrag D 19. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass sich neue Ansätze der Arbeitsgestaltung nicht allein an die Älteren richten. Auch den jüngeren Jahrgängen bis hin zu den Berufseinsteigern müssen vielfältige Angebote gemacht werden, mit denen sie Arbeitskraft und Arbeitsfähigkeit bis zur Rente erhalten und weiterentwickeln können und die es ihnen ermöglichen, gesund und leistungsfähig in Rente zu gehen! Schwerpunkte sollten dabei liegen auf • einem vorbeugenden Gesundheitsschutz zum Erhalt der Gesundheit über das Renteneintrittsalter hinaus, unter Nutzung vorhandener innerund außerbetrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutzstrukturen (z.B. Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft, Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung, Berufsgenossenschaft, Gewerbeaufsicht, Integrationsamt) • einer beteiligungsorientierten Arbeitskultur, die Erwerbstätige aller Altersgruppen integriert und jede Form von Altersdiskriminierung ablehnt. D 21 Alters- und alternsgerechte Arbeitswelt Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Der NGG-Hauptvorstand wird beauftragt, Aktivitäten für eine alters- und alternsgerechte Gestaltung der Arbeitswelt über alle Altersstufen hinweg auf den Weg zu bringen. Diese Kampagne soll für die Notwendigkeit einer alters- und alternsgerechten Arbeitswelt sensibilisieren, politische Forderungen und Gestaltungsvorschläge von NGG zusammenfassen, und Betriebsräten Handlungsmöglichkeiten aufzeigen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass sich neue Ansätze der Arbeitsgestaltung nicht allein an die Älteren richten: Auch den jüngeren Jahrgängen bis hin zu den Berufseinsteigern müssen vielfältige Angebote gemacht werden, mit denen sie Arbeitskraft und Arbeitsfähigkeit bis zur Rente erhalten und weiterentwickeln können und die es ihnen ermöglichen, gesund und leistungsfähig in Rente zu gehen! Annahme Das Thema alters- und alternsgerechtes Arbeiten zieht sich als ein zentrales Querschnittsthema durch die sieben Themenschwerpunkte der Demografie-Initiative „Faire Arbeit. Gutes Leben“ der NGG. Siehe auch Antrag D 19. Deshalb fordern wir Konzepte für die Gestaltung guter Arbeit, zu denen neben einem guten Einkommen und sicheren Arbeitsplätzen auch umfassende Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau des Qualifikationsniveaus, Lernmöglichkeiten bei der Arbeit und vielfältige Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung gehören. Eine alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung muss nicht zuletzt darauf setzen, die Anforderungen von Beruf und Privatleben besser in Einklang zu bringen und dadurch Stress zu reduzieren: Gute Arbeit erfordert ein Bündel Geschäftsbericht 2008–2012 295 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Die Demografie-Initiative der NGG „Faire Arbeit. Gutes Leben“ (siehe auch Anträge D 19 und D 20) ist seit 2011 ein wichtiges Thema der Arbeit in der NGG-Hauptverwaltung. von Instrumenten und Maßnahmen, mit denen ein neues Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben etabliert werden kann! Unser Focus liegt dabei auf • einer Beschäftigungs-, Personal-, Tarif- und Bildungspolitik, die allen Altersgruppen gute Entwicklungschancen eröffnet, • vorbeugendem Gesundheitsschutz zum Erhalt der Gesundheit über das Renteneintrittsalter hinaus, • lebensbegleitenden Lernchancen über die gesamte Erwerbsphase hinweg, Einer beteiligungsorientierten Arbeitskultur, die Erwerbstätige aller Altersgruppen integriert und jede Form von Altersdiskriminierung ablehnt. Handlungsstrategien von Betrieben, Unternehmen und Branchen in den Feldern Weiterbildung, betriebliche Gesundheitspolitik, Beteiligungskultur und betriebliche Personalpolitik müssen durch förderliche politische Rahmenbedingungen unterstützt werden. Dazu gehört insbesondere eine Beschäftigungspolitik, die älteren Arbeitslosen einen Wiedereinstieg ins Erwerbsleben erleichtert, ein Weiterbildungsgesetz, das allen ein Recht auf Weiterbildung sichert und sowohl finanzielle als auch altersbedingte Zugangsbarrieren abbaut und wirksame Kontrollen im Arbeits- und Gesundheitsschutz, um schlechte Arbeitsbedingungen und in der Folge arbeitsbedingte Erkrankungen und Frühverrentungen zu bekämpfen. D 22 Alter(n)sgerechtes Arbeiten Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern den Gesetzgeber auf, das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) um Aufgaben des Gesundheitsschutzes zu erweitern. Tarifvertragliche Empfehlungen sind im Rahmen der Demografie-Initiative in der Diskussion. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass Arbeitsplätze alternsgerecht zu gestalten sind. Das gilt ebenso für die Organisation von Arbeitsabläufen. Der Ausschuss gem. § 11 ASiG ist in einen Arbeits- und Gesundheitsschutzausschuss zu ändern. Der Arbeitgeber wird verpflichtet, die Themen Gesundheitsschutz und demografische Entwicklung der Beschäftigten des Betriebes in jeder Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass die Sicherheitsfachkräfte seines Unternehmens zeitnah und umfassend in diesen zusätzlichen Aufgabenbereichen geschult werden. Die Gefährdungsanalyse in § 5 Arbeitsschutzgesetz ist um den Faktor Alter zu ergänzen. Die geschlechterspezifische Analyse von Arbeitsbedingungen, Arbeitsabläufen und Arbeitsorganisation ist zwingend vorzuschreiben. Die Delegierten fordern die NGG auf, das Thema „Älter werden im Betrieb“ zu einem ihrer Arbeitsschwerpunkte zu machen und dazu die entsprechenden Zuständigkeiten zu schaffen. Deshalb werden für Haupt- und Ehrenamtliche Schulungen angeboten und eine Handlungsanleitung erarbeitet. Der Hauptvorstand wird Empfehlungen für tarifliche Regelungen erarbeiten. D 23 Altersarmut verhindern Antragsteller: Bundesfrauenausschuss In der öffentlichen Diskussion wird vielfach ein geschöntes Bild über die tatsächlichen Rentenhöhen bzw. die tatsächliche Gesamteinkommenslage der Rentnerinnen und Rentner vermittelt. Tatsache ist jedoch, dass rund die Hälfte der west- und ostdeutschen Männer und etwa 95 Prozent der Frauen Renten von weniger als 1.000 Euro im Monat erhalten. Wenngleich ältere Menschen im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen, wie beispielsweise den Alleinerziehenden und Kindern, heute noch unterdurchschnittlich von Armut betroffen sind, lassen die Entwicklungen der vergangenen Jahre für die Zukunft einen erheblichen Anstieg der Altersarmut befürchten. Die Kürzung der Rentenleistungen hat dazu geführt, dass die gesetzliche Rente selbst bei Durchschnittsverdienenden kaum für eine auskömmliche Alterssicherung ausreicht. So müssen NeurentnerInnen im Jahre 2030 ca. 35 Versicherungsjahre vorweisen, nur um eine Rente über der Grundsicherungsschwelle (z. Z. 660 Euro) zu bekommen. Gründe sind zum einen die gravierenden Rentenkürzungen 296 Annahme Die Forderung wurde zusammen mit den anderen sozialpolitischen Forderungen des Gewerkschaftstages den neugewählten Bundestagsfraktionen im Schreiben der NGG vorgetragen (siehe auch D 1). Die Forderungen wurden ebenfalls in den rentenpolitischen Diskussionen im DGB eingebracht und mündeten im rentenpolitischen Konzept des DGB. Darin wurde nachgewiesen, dass mit einer geringen Beitragserhöhung Zahlungsstabilität erreicht werden kann und die politisch gewollte Rentenkürzung nicht nötig ist. Weiter wurde die Forderung zur Absicherung von Berufsunfähigkeit bekräftigt. Die DGB-Kampagne “Ich will Rente“ hat das Thema stärker ins Bewusstsein gerückt. Daran hat sich Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung und zum anderen die massive Ausweitung des Niedriglohnsektors. NGG mit verschiedenen Aktivitäten beteiligt. Die Delegierten des Gewerkschaftstages wollen, dass Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, im Alter menschenwürdig leben können. Deshalb fordern sie die Bundesregierung auf: In der Folge dieser Kampagne hat es 2012 eine umfassende Diskussion über Altersabsicherung und Altersarmut gegeben, die das gesellschaftliche Problem verdeutlicht hat. 1. eine Mindestsicherung für langjährig Versicherte einzuführen. Wer mindestens 25 Jahre gearbeitet hat, muss eine deutlich über der Armutsgrenze liegende Altersrente erhalten. Beschäftigte mit niedrigem Einkommen sollen eine Rente nach Mindesteinkommen erhalten, wie dies bis 1972 möglich war; 2. flexible Übergänge in die Altersrente zu ermöglichen. Derzeit gehen nur 20 Prozent der Beschäftigten mit Erreichen der Altersgrenze nach einer normalen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in die Altersrente. Der Rest geht entweder früher oder aus Arbeitslosigkeit in Rente. Deshalb muss die Altersteilzeit weiter gefördert werden; 3. eine Erwerbstätigenversicherung einzuführen. Die gesetzliche Rentenversicherung muss zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickelt werden. Das heißt, auch Selbstständige, BeamtInnen und PolitikerInnen müssen einbezogen werden; 4. die Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente abzuschaffen. Gerade ErwerbsminderungsrentnerInnen sind einem verstärkten Armutsrisiko ausgesetzt; 5. die Rentenversicherungsbeiträge bei Arbeitslosigkeit zu erhöhen Die Kürzungen bei den Rentenversicherungsbeiträgen für Hartz IV-EmpfängerInnen müssen rückgängig gemacht werden; 6. Freibeträge bei der Grundsicherung einzuführen. Wer privat vorsorgt, muss mehr haben als jemand, der nicht vorsorgt; deshalb muss es Rentenfreibeträge bei der Grundsicherung geben. D 24 Gemeinsam gegen Altersarmut Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, koordiniert mit den anderen Einzelgewerkschaften und dem DGB, vom Gesetzgeber Maßnahmen zur Bekämpfung der zunehmenden Altersarmut zu fordern. Annahme als Material zu D 23 Die Forderung wurde, zusammen mit den anderen sozialpolitischen Forderungen des Gewerkschaftstages, den 2009 neugewählten Bundestagsfraktionen im Schreiben der NGG vorgetragen (siehe auch D 1). Annahme als Material zu D 23 Die Forderung wurde, zusammen mit den anderen sozialpolitischen Forderungen des Gewerkschaftstages, den 2009 neugewählten Bundestagsfraktionen im Schreiben der NGG vorgetragen (siehe Um unsere Mitglieder und die Beschäftigten in den Betrieben zu sensibilisieren und mobilisieren, soll in Diskussionen, Publikationen, Veranstaltungen und Bildungsveranstaltungen aufgezeigt werden, dass Altersarmut nicht durch den demografischen Wandel und das Umlageverfahren in der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht. Es muss deutlich werden, dass die verfehlte Arbeitsmarktpolitik, der Ausbau des Niedriglohnsektors und die „Reformpolitik“ der letzten Jahre für die Zunahme von Altersarmut verantwortlich sind. Forderungen nach Systemwechsel in ein Kapital gedecktes System der Alterssicherung müssen entlarvt und die weitere Diskreditierung der gesetzlichen Rentenversicherung bekämpft werden. D 25 Schutz der ALG-II-Betroffenen vor Altersarmut Antragsteller: Region Ruhr Der Gewerkschaftstag möge beschließen: Der GHV soll seinen Einfluss in und auf allen gewerkschaftlichen und politischen Ebenen und Gremien einbringen, um die drohende Altersarmut von ALG-IIBetroffenen bei der derzeitigen Bewertung der Rentenpunkte durch den Gesetzgeber abzuwenden bzw. abzumildern. Geschäftsbericht 2008–2012 297 Antragstext D 26 Beschluss Erledigung Annahme Das Antragsthema ist immer wieder bei Treffen mit der Regierung und den Parteien vorgebracht worden. Es gibt bei den Regierungsparteien keinerlei Bereitschaft, eine entsprechende Nichtanrechnung zu regeln. Annahme Die Forderung wurde, zusammen mit den anderen sozialpolitischen Forderungen des Gewerkschaftstages, den 2009 neugewählten Bundestagsfraktionen im Schreiben der NGG vorgetragen (siehe auch D 1). Das Antragsthema ist immer wieder bei Treffen mit der Regierung und den Parteien vorgebracht worden. Annahme Der Antrag wurde an den DGB weitergeleitet. Auf dessen Bundesjugendkonferenz wurde der Antrag angenommen. Für die politische Durchsetzung fehlte es an parlamentarischen Mehrheiten. Annahme Das Anliegen dieses Antrags ist an verschiedenen Stellen in Diskussionen mit der sozialpolitischen Abteilung der DGB-Gewerkschaften eingeflossen. Keine Anrechnung privater und betrieblicher Altersvorsorge bei Leistungen nach SGB II Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag beauftragt den Hauptvorstand, bei der Bundesregierung und bei den im Bundestag vertretenen Parteien initiativ zu werden, um dass Sozialgesetzbuch (SGB) II dahin gehend zu ändern, dass Leistungen für die private und betriebliche Altersvorsorge nicht bei der Berechnung und Gewährung von Arbeitslosengeld II angerechnet werden. D 27 Regelleistung ALG II erhöhen Antragsteller: Region Berlin-Brandenburg Die Regelleistung für ALG-II-Bezieher ist auf mindestens 420 Euro monatlich zu erhöhen. D 28 Freie Wahl des Wohnorts für junge Erwerbslose Antragsteller: Bundesausschuss jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag stellt fest, dass die sozialen Transferleistungen wie Sozialgeld, Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II so bemessen sein müssen, dass Armut und Ausgrenzung verhindert werden. Dies betrifft insbesondere Kinder und Jugendliche, da sie immer noch zu den am stärksten von Armut betroffenen Teilen unserer Gesellschaft gehören. In der Gesetzgebung zum SGB II § 20 und § 22 sind jedoch junge Erwerbslose bis zum Alter von 25 Jahren unangemessen stark benachteiligt. Der Gewerkschaftstag der NGG fordert die Bundesregierung auf, diese gesetzliche Regelung dahin gehend zu ändern, dass junge Menschen bis 25 Jahre ohne Einschränkungen das Recht auf eigene Wohnortswahl haben. D 29 Kostenfreier Zugang zu Verhütungsmitteln Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern eine Kostenübernahme für den Zugang zu der jeweils individuell geeignetsten und verträglichsten Verhütungsmethode für Sozialgeld- und Arbeitslosengeld-II-EmpfängerInnen. Das Sozialgesetzbuch II ist entsprechend zu ändern. D 30 „Ganzheitliches Gesundheitsmanagement“ fördern Antragsteller: Region Aachen Der Gewerkschaftstag beschließt: Die NGG setzt sich auf betrieblicher, überbetrieblicher und tariflicher Ebene für die Erlangung eines „ganzheitlichen Gesundheitsmanagementsystems“ ein, um Voraussetzungen zu schaffen, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine größere Zufriedenheit und gesündere Bedingungen am Arbeitsplatz zu erlangen. Einleitend und diesem Ziel dienlich kann auch eine gemeinsame Kampagne von ANG und NGG sein. Annahme als Ganzheitliches Gesundheitsmanagement ist ein Material zu D 1 Handlungsfeld der Demografie-Initiative der NGG. Zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement werden regelmäßig Betriebsräteschulungen im BZO angeboten. Das DGB Bildungswerk hat einen Handlungsleitfaden für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) herausgegeben. Das BEM ist neben dem gesetzlichen Arbeitsschutz und der betrieblichen Gesundheitsförderung das dritte Handlungsfeld im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Der Handlungsleitfaden soll Betriebsräte dabei unterstützen, ein BEM im Unternehmen zu implementieren. Er wurde allen Regionen zur Verfügung gestellt. Die überarbeitete zweite Fassung kann 298 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung kostenlos von der Internetseite des Bildungswerkes heruntergeladen werden. D 31 Mammografie-Screening Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Annahme Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern den Gesetzgeber auf, das Mammografie-Screening auf Frauen ab dem 40. Lebensjahr auszudehnen. In Deutschland ist seit 2005 ein nationales Mammographie-Screeningprogramm etabliert worden, dass die entsprechenden Untersuchungen für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren zur Krankenkassenleistung macht. Bei verschiedenen Kontakten mit dem zuständigen Gesundheitsministerium haben wir die Herabsetzung des Lebensalters für die Untersuchung gefordert. Dem ist entgegnet worden, dass die Anzahl von Fehldiagnosen bei Frauen unter 50 Jahren unverhältnismäßig höher ist. Es bestand keine Bereitschaft, hier eine Änderung der Regelungen des Sozialgesetzbuchs durchzuführen. D 32 Für ein sozial gerechteres Steuersystem Antragsteller: Region Heilbronn Annahme Der Hauptvorstand der Gewerkschaft NGG wird aufgefordert, sich aktiv für ein sozial gerechteres Steuersystem in Deutschland einzusetzen, mit dem insbesondere ArbeitnehmerInnen mit kleinen und mittleren Einkommen sowie Familien mit Kindern deutlich entlastet werden. Der Antrag setzt sich mit verschiedenen Schwerpunkten für ein gerechtes Steuersystem ein. Nach dem Gewerkschaftstag hat das Bundesverfassungsgericht die „Karenzkilometer“ bei der Pendlerpauschale für verfassungswidrig erklärt. Der Gewerkschaftstag möge dazu folgendes steuerpolitisches Forderungspaket als einen wesentlichen Baustein zur Herstellung sozialer Gerechtigkeit beschließen: Gemeinsam mit den übrigen DGB-Gewerkschaften haben wir auch die Beseitigung der kalten Progression gefordert. • Die Wiedereinführung der sog. „Pendlerpauschale“ ab dem 1. Kilometer für Fahrten zur Arbeit • Eine Reform des Einkommenssteuertarifes: Im Rahmen der Diskussion um eine europäische Steuerverfassung nach den Beschlüssen zum Fiskalpakt haben die DGB-Gewerkschaften ein wirtschaftspolitisches Programm beschlossen, in das wesentliche Teile des Antragsinhalts eingeflossen sind. · Erhöhung des Grundfreibetrages · Abschaffung der sog. „kalten Progression“ durch automatische und regelmäßige Anpassung der Einkommenssteuertarife an die Kaufkraftentwicklung Als besonderer Erfolg ist zu werten, dass auch durch die Diskussionen der Gewerkschaft NGG die Einführung einer Börsentransaktionssteuer in weiten Teilen der EU erfolgen wird. · späteres Greifen des Spitzensteuersatzes. Gleichzeitig muss der Staat seine Handlungsfähigkeit behalten. Dies bedeutet eine Gegenfinanzierung der o.g. Steuerentlastungen durch zum Beispiel • Erhöhung des Spitzensteuersatzes • Erhöhung der Unternehmenssteuern • Reform der Erbschaftssteuer • Wiedereinführung der Vermögensteuer • Einführung einer Börsenumsatzsteuer • Anhebung der Einkommenssteuer für besonders hohe Einkommen (Reichensteuer) • wirksame Bekämpfung von Steuerhinterziehung durch mehr Steuerprüfungen und von Steuerflucht ins Ausland. Die Forderung nach einer gerechteren Besteuerung ist neben dem der Beseitigung prekärer Arbeit ein wichtiges Thema der Gewerkschaften im Bundestagswahlkampf 2013. Das steuerpolitische Forderungspaket ist im Vorfeld der Bundestagswahlen öffentlichkeitswirksam darzustellen und als ein Schwerpunktthema zu behandeln. D 33 Finanzierung der staatlichen Aufgaben Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Der Hauptvorstand wird aufgefordert, sich mit den anderen Einzelgewerkschaften und dem DGB zu koordinieren und sich gegenüber den Parteien und dem Gesetzgeber dafür einzusetzen, dass sich an der Finanzierung der staatlichen Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Der Antrag beinhaltet verschiedene Einzelmaßnahmen zu einer leistungsgerechten Finanzierung staatlicher Aufgaben. Die Antragsinhalte, die zu mehr Steuergerechtigkeit führen würden, haben wir ständig in die 299 Antragstext Beschluss Diskussion um ein Steuerkonzept des DGB eingebracht. Aufgaben alle gesellschaftlichen Gruppen, entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit, beteiligen. Insbesondere muss der Steueranteil der Unternehmen und Vermögenden am Gesamtsteueraufkommen wieder deutlich steigen. Seit dem Wahlsieg der schwarz-gelben Koalition am 27. September 2009 gibt es für eine verteilungsgerechtere Finanzierung der staatlichen Auf-gaben keine Mehrheit. Im Gegenteil, die ersten Maßnahmen der Bundesregierung wie beispielsweise das milliardenschwere Steuergeschenk an die Hotelbranche hat deutlich gemacht, dass die Regierung keine gerechtere Besteuerung will. Zu einer leistungsgerechteren Finanzierung der staatlichen Aufgaben gehört insbesondere: 1. Erhöhung der realen Steuersätze auf Unternehmensgewinne unter der gleichzeitigen deutlichen Reduzierung von steuermindernden Abschreibungsmöglichkeiten, unter anderen durch: a) Höhere Besteuerung von ausländischen Beteiligungsgewinnen. b) Besteuerung von Lizenzgebühren. c) Keine Steuerminderung für Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. d) Keine Abschreibemöglichkeiten für Fremdkapitalzinsen. 2. Rückzahlung von Steuersubventionen bei Arbeitsplatzabbau. 3. Keine Verringerung der Erbschaftsteuer bei der Vererbung von Unternehmen und Erhöhung der Erbschaftssteuern für große Vermögen über 500.000 Euro. 4. Wiedereinführung der Vermögenssteuer. 5. Versteuerung von Kapitalerträgen mit dem persönlichen Steuersatz unter Berücksichtigung höherer Steuerfreibeträge. 6. Deutliche Erhöhung der Anzahl von Betriebssteuerprüfern. 7. Erhöhung des Spitzensteuersatzes, bei einem späteren Einsetzen desselben und eines flacheren Progressionsverlaufs. 8. Das Ehegattensplitting ist abzuschaffen und durch eine individuelle Besteuerung der Ehegatten zu ersetzen. 9. Eine Übertragung des Grundfreibetrages im Einkommenssteuerrecht ist zu ermöglichen. 10. Wiedereinführung der Pendlerpauschale und Eigenheimzulage. 11. Wiedereinführung von Steuerfreigrenzen für Arbeitnehmerabfindungen. D 36 Andere Forderungen wie die Erhöhung der Anzahl von Betriebssteuerprüfern werden rundheraus abgelehnt. Einige der genannten Vorschläge sind in die Forderung eines europäischen „Marshallplans“ zur Fortentwicklung des europäischen Wirtschaftsraums eingeflossen, die der DGB im Herbst 2012 auf den Weg gebracht hat. Die von der Bundesregierung auf europäischer Ebene durchgesetzten Regelungen des Fiskalpaktes gehen jedoch in eine ganz andere Richtung. Nichtraucherschutz im Gastgewerbe Antragsteller: Region Krefeld-Neuss Der 15. Gewerkschaftstag wird aufgefordert: Annahme als Material NGG hat sich in die Gesetzgebungsverfahren der Länder zu den Nichtraucherschutzgesetzen eingebracht und hierbei Maßnahmen für einen wirksamen Schutz der Beschäftigten im Gastgewerbe vor den Belastungen des Passivrauchens eingefordert. Auch die Schlechterstellung der Beschäftigten im Gastgewerbe in der Arbeitsstättenverordnung wurde durch uns kritisiert. Annahme als Material Der Trägerverein des BZO hat dafür gesorgt, dass ein luftiger Raucherraum eingerichtet wurde und die übrigen öffentlichen Flächen Nichtraucherbereiche sind. Ebenso sind die überwiegende Anzahl der Zimmer jetzt Nichtraucherzimmer. Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages • bekräftigen, dass der Gesundheitsschutz der Beschäftigten in der Gastronomie im Vordergrund vor den Krankheitsrisiken durch Passivrauch steht, • beauftragen den Hauptvorstand, die Beschäftigten des Gastgewerbes über die momentan uneinheitlichen Länderregelungen bzgl. des Nichtraucherschutzes, aber auch detailliert über die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Krankheitsrisiken durch Berauchung zu informieren und aufzuklären • beauftragen den Hauptvorstand, in Kooperation mit dem DGB ggf. alle Rechtsmittel zu prüfen und auszuschöpfen, um eine Verfassungsklage o.ä. gegen die diskriminierende Rechtslage der Beschäftigten in der Gastronomie (ArbStättVO, § 5, Gaststättenrecht) anzustrengen. D 37 Nichtraucherschutz im BZO Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die NGG setzt sich dafür ein, dass im Bildungszentrum Oberjosbach Maßnahmen getroffen werden, um den Schutz der Nichtraucher(innen) wesentlich zu verbessern. 300 Erledigung Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext E1 Beschluss Erledigung Annahme Der Beschluss des NGG Gewerkschaftstages hat deutlich gemacht, welche Anforderungen NGG an eine gerechte Gesellschaftspolitik stellt. Gesellschaftspolitik Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Die letzte Bundestagswahl hat gezeigt: Für eine neoliberale Politik gibt es in Deutschland keine Mehrheit. Auch die SPD bekam – nicht nur bei den Bundestagswahlen – die Quittung für die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze. „Fördern und Fordern“ war eine der Kernaussagen der Agenda 2010. Sie mündete in Leistungskürzungen und Gängelei der Empfänger von Arbeitslosengeld. Gleichzeitig wurden großzügig Steuergeschenke an Konzerne verteilt und der Spitzensteuersatz deutlich abgesenkt. Allein im Jahr 2007 wurden den Unternehmen auf diese Weise 25 Milliarden Euro geschenkt. Die neoliberale Wirtschaftspolitik mit der Forderung nach Lohnzurückhaltung, der Senkung von Lohnnebenkosten und dem Abbau von staatlichen Einnahmen und Leistungen (mit Ausnahme der Rüstungsausgaben) erweist sich als Fehler: In der Folge sinkt die Binnenmarktnachfrage, und der Sozialstaat wird weiter ausgehöhlt. Allen Jubelreden zum Trotz: Der Aufschwung in Deutschland wird weiterhin überwiegend vom Export getragen; ein großer Teil der Menschen profitiert nicht davon und empfindet das auch deutlich. Die viel zitierten Erfolge am Arbeitsmarkt sind tatsächlich auf eine Ausweitung von geringfügiger Beschäftigung, von öffentlich subventionierten und prekären Beschäftigungsverhältnissen zurückzuführen. Befristete Beschäftigung, Niedriglohnbereiche und Leiharbeit haben sich ausgeweitet. Die Statistik hat sich verändert, die Situation der Betroffenen nicht! Seit Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 hat sich die Kinderarmut in Deutschland verdoppelt. Das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal. Die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes (z.B. Ausweitung geringfügiger und prekärer Beschäftigung) führt zu einer weiteren Plünderung der Staatskassen (weniger Steuereinnahmen, fehlende Sozialbeiträge, mehr Sozialausgaben). Finanzierungsschwierigkeiten werden dann als Argument für weiteren Sozialabbau angeführt. Diese Politik führt dazu, dass viele Menschen – auch aktive Gewerkschafter – von den traditionellen Parteien enttäuscht sind. Die Gewerkschaftsbewegung hat Fehler gemacht und sich mit ihrer Kritik an der neoliberalen Politik in die Defensive drängen lassen. Die Diskussion über angeblich zu hohe Lohnnebenkosten ist das deutlichste Beispiel dafür. Der Arbeitgeberanteil an der Finanzierung der Sozialsysteme ist EU-weit in 15 Ländern höher als in Deutschland. Demgegenüber werden die ArbeitnehmerInnen in Europa nur in Slowenien und den Niederlanden noch stärker mit der Finanzierung der Sozialsysteme belastet als in Deutschland. Eine Abkehr von der Politik ist keine Lösung! Eine andere Wirtschaftspolitik ist nötig und möglich. Mit der Herbstkampagne 2006 haben wir gemeinsam mit dem DGB unsere Alternativen deutlich gemacht. Die Diskussionen um die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für Ältere, die Verlängerung der Steuer- und Sozialversicherungsfreiheit für die Entgeltumwandlung in der Altersvorsorge und die Diskussion um die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes sind Beispiele dafür, dass Gewerkschaften mit aktivem Widerstand etwas bewegen können. NGG fordert ihre Mitglieder auf, sich aktiv für eine soziale Politik einzusetzen und die politischen Parteien zu unterstützen, die dafür eintreten. Dazu gehört insbesondere: • Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, der regelmäßig angepasst wird. Dabei ist unsere Einstiegsforderung aus dem Jahre 2004 von mindestens 7,50 Euro pro Stunde im ersten Schritt zu aktualisieren. Der Mindestlohn muss gewährleisten, dass Menschen von einer Vollzeitstelle ein Einkommen erhalten, das oberhalb der Armutsschwelle liegt. Dabei gilt weniger als die Hälfte des Brutto-Durchschnittlohns als Armutslohn. • Rücknahme der Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre; unabhängig vom Alter muss nach 40 Versicherungsjahren der Rententeintritt ohne Abstriche möglich sein; darüber hinaus sind differenzierte und gleitende Übergänge in die Rente zu schaffen (z.B. Verlängerung der Finanzierung der Altersteilzeit über 2009 hinaus). • Weitere Korrektur der Hartz-Gesetzgebung: Das ALG II muss erhöht werden; die Anspruchsvoraussetzung des ALG I für Ältere muss deutlich früher Geschäftsbericht 2008–2012 Die Bundestagswahl 2009 hat in ihrem Ergebnis verdeutlicht, dass einerseits mit der FDP die Partei besonders stark gewählt worden ist, die Steuersenkungen wahllos versprochen hat, und andererseits die CDU/CSU mit fast 34 Prozent einen deutlich breiteren Rückhalt in der Wahlbevölkerung hat als andere. Daraus ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass für neoliberale Politik in Deutschland eine Mehrheit vorhanden ist, die CDU/CSU ist mit Sicherheit mit breiter Zustimmung auch deshalb gewählt worden, weil sie sich vom neoliberalen Leipziger Programm verabschiedet hat. In der Folge der Finanzkrise hat es breite Unterstützungsmaßnahmen der EU-Regierungen zur Sicherung des Euroraums gegeben, der auch für die exportorientierten Firmen aus den NGG-Branchen von enormer Bedeutung ist. Mit dieser Diskussion ist davon abgelenkt worden, dass die Verantwortung für die vermeintliche Eurokrise bei den Banken liegt, die im Interesse ihrer privaten Profite auch ungesicherte Kredite vergeben haben. Die Eurokrise ist also eine Bankenkrise, die mit Steuergeldern bezahlt wird! Die vielfältigen Forderungen des Antrags haben in der Diskussion mit Verbänden und Politikern, mit anderen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden eine Rolle gespielt und mit dazu geführt, dass NGG als politisch handlungsfähige Organisation wahrgenommen worden ist. Dies hat in den Diskussionen des NGG-Hauptvorstandes und in unseren internen Veröffentlichungen eine besondere Rolle gespielt und wird auch zukünftig herausgestellt werden. Mit dem Abschluss des Fiskalpaktes haben sich jedoch die Koordinaten verschoben. Eingriffe in die Tarifautonomie sind jetzt auf europäischer Ebene möglich und im Defizitfall vorgeschrieben. Weiter ist vorgeschrieben das Staatsdefizit schneller abzubauen, sofern bestimmte Größenordnungen überschritten sind. Auch dies unterliegt nicht mehr nationalen Entscheidungen. Hiergegen haben wir, wie die übrigen DGB-Gewerkschaften, massiv Front gemacht, eine breite Mehrheit im Bundestag hat diesen Regelungen zugestimmt. 301 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Nach der Bundestagswahl im September 2009 haben die DGB-Gewerkschaften übereinstimmend festgestellt, dass von der CDU/CSU–FDP-Koalition in den Kernbereichen gewerkschaftlichen Interesses – sei es bei der Arbeitszeitgestaltung oder aber auch beim Bundesurlaubsgesetz – keine gesetzlichen Verbesserungen zu erwarten sind. einsetzen, die Deregulierung von Leiharbeit zurückgenommen werden. • Rückkehr zur vollständig paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung. Steigende Sozialversicherungsbeiträge müssen zunächst ausschließlich die Arbeitgeber tragen; Absenkungen zugunsten der Arbeitnehmer erfolgen. • Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung zur Sicherstellung bzw. Wiederherstellung eines sozialen Gesundheitssystems. • Eine Korrektur der Steuerpolitik, damit die Unternehmen und Reichen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben wieder stärker beteiligt werden. • Eine Reform des Bildungssystems, das die dramatische Chancenungleichheit in Deutschland korrigiert, die Studiengebühren streicht und mit Ganztagsschulen auch der Vereinbarkeit von Familie und Beruf Rechnung trägt. Der Hauptvorstand wird aufgefordert, oben genannte Schwerpunkte durch geeignete kontinuierliche Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit in der Diskussion zu halten und weiter zu verankern. Die politische Landschaft in Deutschland hat sich verändert. Das Parteiensystem ist vielfältiger geworden. Als Einheitsgewerkschaft fordern wir alle demokratischen Parteien auf, dafür Sorge zu tragen, dass o.g. Ziele auch politisch durchgesetzt werden können. E2 Arbeitszeitverkürzung – Gestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Arbeitszeitverkürzung in allen Formen muss weiter im Fokus der NGG-Politik bleiben. Der NGG-Hauptvorstand wird beauftragt, sich beim Gesetzgeber für eine – im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegende – Verbesserung der Gesetze zu Arbeitszeit, Urlaub und Renteneintritt einzusetzen. Im Gegenteil waren sich die DGB-Gewerkschaften einig, dass entsprechende Vorstöße von Arbeitgeberseite und den ihnen verbundenen Parteien mit Forderungen nach Kompensation für mögliche Veränderungen begleitet werden würden. Der Gesetzgeber hat weder beim Arbeitszeitgesetz (ArbZG) noch beim Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (BUrlG) die arbeitszeitpolitischen Erfolge der deutschen Gewerkschaftsbewegung nachvollzogen. Stattdessen spiegeln diese Gesetze die Aufbauleistung der 50er Jahre wieder. Mit der 48-Stunden-Woche, einem Urlaubsanspruch von vier Wochen und der kürzlich beschlossenen Verlängerung der Lebensarbeitszeit verliert die Fürsorgepflicht des Sozialstaates nachhaltig an Glaubwürdigkeit. Dies gilt besonders für tarifpolitisch ungeregelte Bereiche. Ob Beschäftigte „gesund in Rente“ gehen können, wird über viele Jahre sowohl von den Arbeitsbedingungen und der Intensität der Arbeitsabläufe als auch von der Arbeitszeit entscheidend beeinflusst. Deshalb ist dieses Thema nicht offensiv angegangen worden. Die NGG setzt sich beim Gesetzgeber dafür ein, dass: • die gesetzliche Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden und inklusive Mehrarbeit auf 48 Stunden begrenzt wird, • der gesetzliche Urlaubsanspruch auf mindestens fünf Wochen erhöht, und • das Renteneintrittsalter wieder auf 65 Jahre reduziert wird. E3 Sanktionen gegen gesetzes- und tarifbrechende Unternehmen Antragsteller: Region Aachen Der Gewerkschaftstag beschließt: Der Staat hat die Verpflichtung darüber zu wachen, dass die gültigen Gesetze eingehalten werden. Wenn nicht Sanktionen greifen, nützt das wunderbarste Gesetz nichts. Alles, was gegen die Gesetze verstößt, muss geahndet werden, ob das über empfindliche Bußgelder zu regeln ist oder anders, muss überdacht werden. Annahme Die Forderung nach einem Verbandsklagerecht der Gewerkschaften ist in den DGB eingebracht worden und vom DGB-Bundeskongress 2010 bekräftigt worden. Die Bundesregierung steht dem ablehnend gegenüber. Die Bußgelder für Arbeitszeitverstöße und Schwarzarbeit sind nicht erhöht worden. Bisher kann nur der einzelne Betroffene sein Recht individuell einklagen mit den bekannten daraus resultierenden Nachteilen. Daher muss auch den Gewerkschaften erlaubt werden, für ihre Mitglieder im Wege einer Verbandsklage stellvertretend Gerichtsverfahren zu führen. 302 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Das Antragsbegehren fordert insbesondere wirksamere Kontrollen von Mindestlöhnen. Mindestlöhne gibt es derzeit in der Bundesrepublik Deutschland nur nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz und dem AÜG. Die NGG hat sich zusammen mit dem DGB und der IG BAU für eine personelle Aufstockung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit eingesetzt. Die NGG hat im Rahmen der Diskussion um Werkverträge die Ausweitung der Generalunternehmerhaftung auf alle Branchen gefordert. Bei Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes wären auch illegale Arbeitnehmer besser geschützt. Die Bundesregierung hat die Einführung bisher abgelehnt. Darüber hinaus müssen die staatlichen Stellen wie bei Schwarzarbeit oder Arbeitszeitverstößen die Betriebe stärker kontrollieren können. Damit dies greift, bedarf es einer dringenden Gesetzesnovellierung im Bereich des Arbeits- und Sozialrechtes. E4 Wirksame Kontrollen bei Schwarzarbeitgebern und Mindestlöhnen Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG fordert den Hauptvorstand auf, sich dafür einzusetzen, dass bei Umsetzung von Mindestlöhnen wirksame Kontrollen und Sanktionen erfolgen. Dies erfordert u. a. die alleinige Haftung von Arbeitgebern für Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, die sich mit der Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohnes ergeben. Weiterhin ist eine Verschärfung des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung erforderlich. Dies muss insbesondere darauf zielen, dass auch ausländischen KollegInnen, die ohne Genehmigung oder Aufenthaltstitel arbeiten, die gleichen Arbeits- und Entgeltbedingungen zustehen wie vergleichbaren deutschen Arbeitnehmern. Ferner ist eine gesetzliche Regelung zum Schutz von Informanten notwendig. Weiterhin hat sich NGG zusammen mit dem DGB und dem EGB für eine Verbesserung der Entsende-Richtlinie der EU eingesetzt, um so wirksamere Kontrollen und eine umfassende Generalunternehmerhaftung zu erreichen. NGG hat im Januar 2013 eine Demonstration des EGB zu diesem Thema unterstützt. Die NGG hat sich weiterhin für einen umfassenden Informantenschutz eingesetzt. Sie hat dies bei verschiedenen Bundestagsanhörungen, z.B. bei der Reform des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches 2011, gemacht. E5 Gesetzlicher Anspruch auf Bildungsfreistellung Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Annahme Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen, dass die Gewerkschaft NGG in Kooperation mit den anderen Einzelgewerkschaften und dem DGB den gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub in den Bundesländern Bayern und BadenWürttemberg vorantreibt und entsprechende Aktionen und Veranstaltungen in den betroffenen Landesbezirken durchführt. Derzeit gibt es keine Gesetze zur Bildungsfreistellung in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen. Die Gesetzgebung dazu findet auf Landesebene statt. Nach der Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011 hat NGG gemeinsam mit den übrigen DGB-Gewerkschaften gegenüber der Landesregierung die Initiative ergriffen, um Bildungsfreistellungsmöglichkeiten gesetzlich zu verankern. Derzeit befindet sich dort ein Gesetz zur „Bildungsfreistellung“ im parlamentarischen Verfahren. Auch in der Koalitionsvereinbarung in Thüringen ist ein Gesetz zur Bildungsfreistellung bis 2014 auf Initiative der DGB-Gewerkschaften aufgenommen worden. Die Beratungen sind nicht abgeschlossen. E6 Politische Bildung stärken Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Der Gewerkschaftstag der NGG fordert die öffentliche Hand auf, den Bereich der politischen Bildung zu stärken. Politische Bildung hat das Ziel, ethische, demokratische, wirtschaftliche und kulturelle Grundlagen zu vermitteln und gesellschaftliche Prozesse nachvollziehbar zu machen. Politische Bildung leistet einen Beitrag zur demokratischen Meinungs- und Willensbildung und zur Übernahme Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme An den Finanzierungsgrundlagen der politischen Bildung hat sich wenig geändert, wie in den letzten Jahren sind überwiegend mittelfristige Projekte finanziert worden. Allerdings ist die Förderung von antifaschistischen Bildungsthemen seit der Entdeckung der NSUMörder auf Landesebene gestärkt worden. 303 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme NGG hat sich – zusammen mit den anderen DGB-Gewerkschaften – für die Einführung eines eigenen Arbeitnehmer-Datenschutzgesetzes eingesetzt. Diese Vorstellungen sind allerdings von der Bundesregierung nicht aufgegriffen worden. Zusammen mit dem DGB und den anderen Einzelgewerkschaften hat sich NGG gegen den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf einer Reform des Bundesdatenschutzgesetzes ausgesprochen, der wesentliche Verschlechterungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gebracht hätte. Die Bundesregierung verfolgt aufgrund der Proteste gegen ihren Entwurf das Vorhaben bis zum Ende der Legislaturperiode nicht weiter. von Verantwortung. Die Gewerkschaft fordert deshalb für alle Bundesländer Bildungsurlaubsgesetze, die politische Bildung in gleicher Weise wie berufliche Bildung anerkennen. Die Finanzierung der politischen Bildung muss durch Bund und Länder dauerhaft gesichert werden. Dabei soll in Zukunft die langfristig angelegte Regelfinanzierung wieder gestärkt werden. E7 Arbeitnehmer(innen)-Datenschutz Antragsteller: Bundesausschuss jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen, dass die Gewerkschaft NGG sich für die Einführung eines Arbeitnehmer(innen)-Datenschutzgesetzes einsetzt. Das Gesetz muss auch die Belange (z.B. Schutz vor Datenmissbrauch und Überwachung, Auskunfts- und Einsichtsrechte) der Kolleginnen und Kollegen berücksichtigen, wenn keine betriebliche Mitbestimmung vorhanden ist. Der Arbeitnehmerdatenschutz hat in den entsprechenden Seminaren der NGG für Betriebsräte die ihm zukommende Rolle gespielt. NGG hat sich an den Kampagne des DGB für einen besseren Arbeitnehmerdatenschutz beteiligt. E8 Geistiges Eigentum der Beschäftigten Antragsteller: Region Krefeld-Neuss Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen, dass die NGG die Themen „Arbeitnehmerdatenschutz und das geistiges Eigentum der Arbeitnehmer“ thematisch platziert. Die drohenden, häufig indirekten und versteckten Angriffe auf unsere Grundrechte müssen geschützt werden. Hier muss NGG politisch über den DGB und den EGB sowie über Bildungsmaßnahmen aufklärend tätig werden. In den NGG-Strukturen und bei den Betriebsräten soll der Arbeitnehmerdatenschutz sowie das Thema geistiges Eigentum der ArbeitnehmerInnen stärker sensibilisiert werden. Annahme Die Forderungen des Antrages zum Arbeitnehmerfindungsrecht sind in den DGB eingebracht worden. Der Bundeskongress 2010 des DGB hat die Forderung nach einer grundlegenden Überarbeitung des Arbeitnehmererfindungsrechts erhoben. Siehe dazu auch Berarbeitungsvermerk zu Antrag E7 Für die Betriebsräte ergibt sich daraus insgesamt betrachtet ein altes bzw. neues Handlungsfeld. Die Rechte bezüglich dieser Thematik müssen spezifiziert und wesentlich gestärkt werden. Dazu gehört insbesondere die Fragestellung, was in Bezug auf das Arbeitsverhältnis und den ArbeitnehmerInnen an Datenerfassung und Verarbeitung in der Innen- wie Außenwirkung legal ist. Weitere und intensive Qualifizierung ist notwendig. Für ArbeitnehmerInnen muss ein Grundrecht eingeräumt werden, das ihnen die Möglichkeit bietet zu erfahren, zu welchem Zweck welche Daten wo gesammelt und ausgewertet werden und was damit dann letztendlich geschieht. 304 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext E9 Beschluss Erledigung Annahme Das Antragsbegehren ist vom DGB-Bundeskongress 2010 (Antrag D 003) aufgegriffen worden und als Forderung beschlossen worden. Auf EU-Ebene und in Deutschland hat die Bundesregierung hierzu keine Initiativen ergriffen. Annahme Die Bedeutung von Hedgefonds und Private Equity Firmen in der Lebensmittelwirtschaft hat zugenommen. Eine Branche mit sicheren Profiten und dauerhaft nachgefragten Produkten ist nach der Bankenkrise attraktiver und scheint zukunftsträchtiger. Gerechte Subventionspolitik Antragsteller: Hauptvorstand Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag fordert die Bundesregierung und die Landesregierungen auf, einheitliche Eckpunkte und Kriterien für die staatliche Strukturförderpolitik zu entwickeln und darüber hinaus die Initiative zur Schaffung einer entsprechenden EU-weiten Regelung zu starten. Vorrangiges Ziel muss es dabei sein, die Vergabe von Fördermitteln und Steuervorteilen von der Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen mit fairen, tariflich abgesicherten Arbeitsbedingungen, sowie – bei der Verlagerung von Unternehmen und Betrieben – von insgesamt positiven Arbeitsmarkteffekten abhängig zu machen. Im Falle der Schließung geförderter Unternehmensstandorte sind Fördermittel und Steuerförderungen in voller Höhe zurückzuzahlen. E 11 „Heuschrecken“ Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Hedgefonds und Private Equity Fonds sind spätestens nach Franz Münteferings Klassifizierung als „Heuschrecken“ ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Während Hedgefonds insbesondere in Währungen und Wertpapieren investieren, engagieren sich Private Equity Firmen überwiegend in nicht börsennotierten Unternehmen. Damit geraten auch Betriebe aus der Ernährungsindustrie verstärkt in den Fokus. In der Regel sind diese Fonds ausschließlich darauf ausgerichtet, Maximalrenditen von bis zu 40 Prozent zu erzielen. Sie investieren nicht in die Zukunft des gekauften Unternehmens. Im Gegenteil: Der Kaufpreis wird in erster Linie über Kredite finanziert, die dann die erworbene Firma selber zurückzahlen muss. Die so gekaufte Firma wird anschließend häufig veranlasst, das Stammkapital zu reduzieren, Vermögen zu veräußern und u. U. zusätzliche Kredite aufzunehmen. Dieses Geld fließt über eine einmalige Sonderausschüttung an die neuen Erwerber, die damit ihre geringe Eigenkapitalbeteiligung am Kaufpreis möglichst schnell zurückerhalten. Bei diesem Geschäftsmodell kauft sich ein Unternehmen quasi selbst, gehört aber einem Fonds. Die Folgen für die Unternehmen sind fatal: eine erhebliche Verschuldung durch die Kredite, hohe Zinslasten, fehlende finanzielle Mittel für Investitionen in zukunftsfähige Produkte und Prozesse, eine geringe Eigenkapitaldecke, keine Rücklagen. Und: Am Ende zahlen die Zeche die Beschäftigten. Denn auch sie sollen im Regelfall ihren Beitrag leisten, sei es durch Einkommensverzicht, Arbeitszeitverlängerung oder Arbeitsplatzverluste. So hatte es die Texas Pacific Group bei Gate Gourmet am Flughafen Düsseldorf versucht. Nur mit einem sechsmonatigen Streik konnten die Forderungen des Unternehmens zurückgewiesen werden. Einem solchen Werte vernichtenden Geschäftsmodell muss der Gesetzgeber auf vielen Politikfeldern Einhalt gebieten: 1. Um einem Kapitalmangel, gerade bei KMU-Betrieben zu begegnen, sind die öffentlichen Finanzierungsmöglichkeiten auszubauen. Die öffentlichen Sparkassen – Landesbank – die KfW-Gruppe sollte ausgebaut und gestärkt und keinesfalls privatisiert werden. 2. Besonders problematisch bei Unternehmensübernahmen ist die fehlende Transparenz für die Betriebsräte. Das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, das für börsennotierte Unternehmen gilt, enthält eine Reihe von Informations- und Stellungnahmerechten für Betriebsräte und Aufsichtsräte, die im Risikobeteiligungsgesetz analog für nicht börsennotierte Unternehmen aufgenommen werden sollten. Unternehmensübernahmen und Beteiligungen sind in den § 111 BetrVG aufzunehmen. 3. Kredite, die zum Kauf von Unternehmen aufgewendet werden, dürfen nicht oder erst nach einigen Jahren auf dieses übertragen werden. In der Zwischenzeit müssen sie vom investierenden Fonds verzinst und getilgt werden. 4. Im Rahmen des Regelwerks von Basel 2 muss die Vergabe von Krediten an Fonds an eine deutlich höhere Eigenkapitalquote der Fonds gekoppelt werden. Die geplante steuerliche Einschränkung der steuerlichen Abzugs- Geschäftsbericht 2008–2012 Aus diesem Grund steigen die Investitionen in der Branche. Die Forderungen des Antrages sind aktuell wie zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung. Die geforderten Restriktionen für Kapitalinvestitionen sind bisher nicht umgesetzt. Bezüglich der geforderten Übersicht zu den Aktivitäten von Privat Equity Firmen und Hedgefonds in der Lebensmittelwirtschaft ist es nach Rücksprache mit der Hans-Böckler-Stiftung nicht möglich, eine hinreichend aktuelle Übersicht zur Verfügung zu stellen. Hierfür sind die öffentlich zugänglichen Informationen nicht ausreichend. Auf Initiative der NGG hin hat die Hans-Böckler-Stiftung allerdings beispielhaft eine Untersuchung vorgelegt, bei der es um die Investorengruppe IFR Capital geht, die nach Nordsee, Homann, Hamker und Nadler weitere Lebensmittelunternehmen in dem Firmenverbund aufgekauft hat. Hieran wird exemplarisch deutlich, welche Folgen das Engagement derartiger Investoren für die Betriebe und in diesem Fall für die Branche haben kann. 305 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme NGG ist dem Bündnis „Bahn für alle“ beigetreten. Annahme Zusammen mit dem DGB und den anderen Gewerkschaften sind Forderungen für die Weiterentwicklung der Betriebsverfassung entwickelt worden, die dem Antragsbegehren Rechnung tragen. Darüber hinaus wurden gemeinsam Forderungen nach einer Verstärkung der Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte bei Outsourcing bzw. Werkverträgen entwickelt. fähigkeit von Zinsen muss auch umgesetzt werden. 5. Zur Finanzierung von Käufen muss mindestens 1/3 des erforderlichen Kapitals als Eigenkapital eingebracht werden. 6. Pensionsfonds und Versicherungen dürfen keine Gelder in Private Equity Firmen oder Hedgefonds einzahlen. Das Investmentförderungsgesetz ist dahingehend zu verändern, dass wie bis 2004 der Vertrieb von Hedgefonds untersagt ist. 7. In börsennotierten Unternehmen wird per Gesetz festgelegt, dass erst ab der zweiten Hauptversammlung das Stimmrecht als Aktionär gilt. 8. Entnahmen aus gekauften Unternehmen in Form von Sonderdividenden, Boni, etc. werden verboten, wenn sie zu einer Bonitätsminderung führen. 9. Veräußerungsgewinne unterliegen wie Fondsgewinne wieder der vollen Steuerpflicht. NGG wird sich dafür einsetzen, dass die Hans-Böckler-Stiftung eine aktuelle nationale Übersicht über die Beteiligung bzw. den Erwerb von Unternehmen durch Private Equity Firmen bzw. Hedgefonds, unterteilt nach einzelnen Teilbranchen, erstellt. Dort sollten darüber hinaus die in diesen Unternehmen eventuell vereinbarten Sanierungstarifverträge ausgewertet und dokumentiert werden. Daran angegliedert sollte ggf. eine Internetplattform für betroffene Betriebsräte eingerichtet werden, um einen Informationsaustausch zu ermöglichen. Durch Verlinkung mit der IUL-Seite zur Überwachung von Private Equity Unternehmen können auch die internationalen Erfahrungen zugänglich gemacht werden. E 13 Gegen Privatisierung der Deutschen Bahn Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen: Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern den Hauptvorstand auf, sich weiterhin kategorisch gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn AG in allen Formen auszusprechen und dem Bündnis „BAHN FÜR ALLE“ beizutreten. F1 Betriebliche und Unternehmensmitbestimmung erhalten und ausbauen, die Europäischen Betriebsräte (EBR) stärken Antragsteller: Hauptvorstand Die Mitbestimmung im Betrieb, auf Unternehmensebene und im Rahmen von europäischen Betriebsräten ist für die Gewerkschaft NGG unverzichtbarer Teil einer demokratischen Gesellschaft. Nach wie vor gilt: Die Demokratie darf vor den Werks- und Bürotüren nicht Halt machen. Der Organisationsbereich unserer NGG ist durch eine große Bandbreite gekennzeichnet: hier der inhabergeführte Klein- oder Mittelbetrieb, dort der Standort eines zentral geführten Weltkonzerns. Zentral für die Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen sind dabei die Arbeitsmöglichkeiten von Betriebsräten. Während es in vielen Betrieben um die Durchsetzung der einfachsten Rechte der Betriebsräte geht, wird in anderen Betrieben über weitreichende Entlohnungssysteme oder über wegweisende Vereinbarungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie verhandelt. Dieser Spannbreite muss sich nicht nur die NGG weiterhin stellen und ihr gerecht werden, sondern auch die gesetzlichen Grundlagen müssen dem gerecht werden. Die Reform der Betriebsverfassung 2001 hat in vielen Bereichen Verbesserungen gebracht. Allerdings ist die Betriebsverfassung weiterzuentwickeln. Gründung von Betriebsräten erleichtern – Schutz verbessern Auch in unserem Organisationsbereich wird die Gründung von Betriebsräten sowohl von Arbeitgebern in Klein- und Mittelbetrieben, wie auch von manchen Großbetrieben mit allen Mitteln bekämpft. Der Gewerkschaftstag fordert daher den Hauptvorstand auf, sich dafür einzusetzen, dass 306 Die Forderungen sind nicht von der Bundesregierung aufgegriffen worden. Im BZO finden Seminare für Mitglieder in Europäischen Betriebsräten statt. Anhand von Praxisbeispielen wird hier ein umfangreicher Erfahrungsaustausch geführt. Thema ist auch die EBR-Richtlinie. Zur EBR-Richtlinie siehe Antrag F 2. Siehe auch Antrag H3, „Cocoanet.EU“. Während des Berichtszeitraums sind Angriffe auf die Unternehmensmitbestimmung in Zusammenarbeit mit den anderen Einzelgewerkschaften, dem DGB und der Hans-Böckler-Stiftung abgewehrt worden, so dass keine gesetzlichen Verschlechterungen stattgefunden haben. Die Rechte der Aufsichtsratsmitglieder bei der Festsetzung der Vorstandsvergütung sind durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung gestärkt Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext • Initiatoren einer Betriebsratswahl einen besseren Kündigungsschutz genießen, • Arbeitgeber, die eine Betriebsratswahl behindern, härter bestraft werden, und die Gerichte die Behinderung von Betriebsratswahlen auch tatsächlich ahnden. • die weitere Vereinfachung des Wahlverfahrens durch eine Erweiterung der zwingenden Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens auf Betriebe mit einschließlich 100 wahlberechtigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Arbeit der Betriebsräte stärken Die Reform der Betriebsverfassung 2001 hat zwar viele Verbesserungen gebracht, aber in einer sich immer schneller wandelnden Welt müssen auch die Arbeitsbedingungen der Betriebsräte mit den Veränderungen Schritt halten. Beschluss Erledigung worden. Den NGG-Mitgliedern werden im Mitglieder- und im Funktionärsnetz Informationen über rechtliche und politische Entwicklungen der Unternehmensmitbestimmung sowie Arbeitshilfen zu praktischen Problemen der Unternehmensmitbestimmung zur Verfügung gestellt. Die Forderung nach einer Änderung der Mitbestimmungsgesetze, um eine Beteiligung von Kolleginnen und Kollegen im Ausland an Aufsichtsratswahlen in Deutschland erreichen zu können, ist nicht realisiert worden. Angesichts der politischen Verhältnisse im Berichtszeitraum sind Änderungen der Mitbestimmungsgesetze nicht forciert worden. Die Gewerkschaft NGG fordert daher: • ein umfassendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Sicherung und Förderung der Beschäftigung; • die betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung von überlassenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, arbeitnehmerähnlichen Personen bzw. Fremdfirmenarbeitnehmerinnen und Fremdfirmenarbeitnehmern mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebs nebst Ausweitung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats des Einsatzbetriebs für diesen Personenkreis; • Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern bei der Größe des Betriebsrats und bei den Freistellungsregelungen • die Schaffung von effektiven Mitbestimmungsrechten beim Einsatz von Leiharbeitnehmern und Fremdfirmenbeschäftigten (Recht, durch Betriebsvereinbarung Höchstzahl festzulegen) • die Fortentwicklung der Betriebsratsstrukturen i.S. einer effektiven Interessenvertretung auf der Entscheidungsebene von Konzernen und Ermöglichung des Aufbaus und der Nutzung transnationaler Kontakte unter globalisierten Rahmenbedingungen; • die weitergehende Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Betriebsräte in Klein- und Mittelbetrieben durch anteilige Freistellungen und die generelle Möglichkeit auf eine schnelle Beiziehung von Sachverständigen; • eine beteiligungsorientierte Stärkung der Individualrechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen der repräsentativen Betriebsverfassung (z.B. § 28a BetrVG); • die Schaffung eines effektiven Rechtschutzes für den Betriebsrat zur Gewährleistung seiner Rechte durch die Verankerung eines Unterlassungsanspruches sowie durch die vorläufige Vollstreckbarkeit von Beschlüssen. Rechte der europäischen Betriebsräte stärken Die Rolle der europäischen Betriebsräte muss gestärkt werden. Die Revision der Richtlinie über die europäischen Betriebsräte ist überfällig. Der Gewerkschaftstag beauftragt den Hauptvorstand, sich mit Nachdruck für eine verbesserte Richtlinie über europäische Betriebsräte einzusetzen und die Aktionen des EGB zu unterstützen. Dabei sind bei der Revision der Richtlinie folgende Punkte von besonderer Bedeutung: • Gleich definierte Informations- und Konsultationsrechte für EBR, wie diese für Betriebsräte in Europäischen Aktiengesellschaften bestehen. • Anerkennung der Rolle der europäischen Gewerkschaftsverbände im besonderen Verhandlungsgremium und in den europäischen Betriebsräten. • Möglichkeit der Neuverhandlung von „Alt“-Vereinbarungen, damit alle EBR die Möglichkeit haben, von einer Verbesserung der Richtlinie zu profitieren. • Verbesserung der Arbeitsbedingungen von EBR (u.a. mindestens zwei Sitzungen pro Jahr, Anspruch auf Weiterbildung, Zugang zu Betrieben und Einbeziehung von externen Sachverständigen, Schutz von EBR-Mitgliedern wo nationaler Schutz nicht ausreichend). Geschäftsbericht 2008–2012 307 Antragstext • Beschluss Erledigung Annahme Die EU hat 2009 eine neue Richtlinie über Europäische Betriebsräte in Kraft gesetzt. Diese wurde in Deutschland durch die entsprechende Änderung des EBRG 2011 umgesetzt. Das Recht, verbindliche Rahmenabkommen zu schließen. Zusammenarbeit im EBR stärken – Netzwerke schaffen Darüber hinaus muss die Zusammenarbeit in den europäischen Betriebsräten gestärkt werden. Dies ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer gemeinsamen – wirkungsvolleren – Interessenvertretung der ArbeitnehmerInnen gegenüber den europaweit agierenden Unternehmen. Wir müssen unsere Arbeit in den europäischen Betriebsräten verbessern. Das Konzept der Koordinatoren – nach dem für jeden EBR ein/eine Koordinatorin aus den Reihen der EFFAT (Europäische Vereinigung der Gewerkschaften…) Mitgliedsgewerkschaften verantwortlich ist – hat sich bewährt. Notwendig ist allerdings die Arbeit der KoordinatorInnen stärker als bisher mit der Arbeit der EFFAT-Mitgliedschaftsgewerkschaften zu verzahnen. Zu diesem Zweck muss im Rahmen der EFFAT für die einzelnen EBRe ein Netzwerk der national bzw. lokal verantwortlichen GewerkschaftssekretärInnen aufgebaut werden. Nur ein solches konzernbezogenes Netzwerk ermöglicht uns, bei EU-weiten Konzernentscheidungen schneller und effektiver zu handeln. Der Hauptvorstand wird beauftragt, hierzu im Rahmen der EFFAT ein entsprechendes Konzept vorzulegen und sich für seine Umsetzung im Rahmen der EFFAT einzusetzen. Weiterhin wird der Hauptvorstand beauftragt, ein Konzept vorzulegen und umzusetzen, dass dafür sorgt, dass die Rolle der EBRe für die ArbeitnehmerInnen in den Betrieben stärker sichtbar wird. Dies erfordert auch im Rahmen der EFFAT, abgestimmte gemeinsame Themen in die Arbeit der EBRen einzubringen (z.B. Arbeitszeit). Wir müssen in den EBRen mehr als bisher Themen setzen. Innerhalb der NGG ist der Austausch zwischen den EBRe zu verstärken. Dadurch wird es möglich, schneller und besser als bisher auf die Trends in den Unternehmen zu reagieren. Unternehmensmitbestimmung stärken Die deutsche Unternehmensmitbestimmung hat sich bewährt. Sie hat den Arbeitnehmerinnen zusätzliche Einflussmöglichkeiten gebracht. Trotzdem versuchen große Teile des Arbeitgeberlagers, die Mitbestimmung in Frage zu stellen bzw. sie im Gewand einer angeblichen Modernisierung so umzugestalten, dass sie ihre Wirkung verliert. Der Hauptvorstand wird beauftragt, zur Sicherung und zum Ausbau der Unternehmensmitbestimmung verstärkt Aufklärung zu betreiben, um den Wert der Mitbestimmung zu unterstreichen. Im Rahmen der Internationalisierung ist es notwendig, dass die Mitbestimmungsgesetze dahin gehend geändert werden, dass durch Vereinbarung zwischen Konzernleitung und Gewerkschaft den ausländischen Kolleginnen und Kollegen das aktive und passive Wahlrecht bei Aufsichtsratswahlen eingeräumt werden kann. F2 Novellierung der EU-Betriebsratsrichtlinie Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages fordern die Bundesregierung wie auch die EU-Kommission auf, die seit 1994 gültige EU-Betriebsräterichtlinie auf der Basis der von EFFAT und EGB (Europäischen Gewerkschaftsbund) aufgestellten Kriterien den heutigen Erfordernissen anzupassen. 308 Die neue Richtlinie hat Forderungen der Gewerkschaften z. T. aufgegriffen. Verbesserungen gab es u.a. durch die standardmäßige Einrichtung eines engeren Ausschusses im Hinblick auf die Rolle der Gewerkschaften im „Besonderen Verhandlungsgremium“. Nicht ausreichend sind z.B. die Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinie. Auch gibt es keine regelmäßige zweite Sitzung im Kalenderjahr. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext G1 Beschluss Erledigung Annahme Der Antrag der jungenNGG wurde auf der DGBBundesjugendkonferenz angenommen. Auf mehreren Ebenen fanden hierzu Gespräche mit Politik und Wirtschaft statt. Annahme NGG hat in den politischen Debatten immer wieder ihre Position nach einer gesetzlichen Umlagefinanzierung zur Absicherung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes deutlich gemacht und dieses auch in öffentlichen Stellungnahmen in den Medien verbreitet. Siehe auch Antrag B 17. Annahme Die Ausbildereignungsverordnung ist zum 1. August 2009 wieder in Kraft gesetzt worden. Eine Erweiterung um regelmäßige Weiterbildungen war derzeit nicht durchsetzbar. NGG war in der DGB-Arbeitsgruppe vertreten. Annahme Auf Initiative der NGG hat es ein gemeinsames Gespräch im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) über mögliche Vorgehensweisen zur Neuordnung im Sinne des Antrags gegeben. Die Arbeitgeber blieben bei ihrer ablehnenden Haltung unserer Vorschläge. Für eine gerechte Finanzierung der Berufsausbildung Antragsteller: Bundesausschuss jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die Gewerkschaft NGG setzt sich für eine solidarische Finanzierung der Berufsausbildung ein. Durch die Umlagefinanzierung in der Berufsausbildung sollen die Betriebe, die nicht ausbilden, obwohl sie es könnten, in einen Fonds einzahlen, aus dem wiederum Betriebe, die ausbilden, Gelder erhalten. Um Mitnahmeeffekte zu verhindern, muss bei der Einführung einer Ausbildungsquote neben einer Untergrenze auch eine Obergrenze von zu fördernder Ausbildung eingesetzt werden. G4 Ausbildungsquote Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Die NGG setzt sich in den Tarifverhandlungen und politischen Auseinandersetzungen für eine Erhöhung der Ausbildungsplätze ein. Ausgenommen hiervon ist das Hotel- und Gaststättengewerbe. Betriebe, die nicht ausbilden, haben sich finanziell an den Ausbildungskosten zu beteiligen. G5 Ausbildereignungsverordnung Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die jungeNGG fordert die umgehende Wiederinkraftsetzung der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) ergänzt mit einer Regelung, die besagen soll, dass die Ausbildereignung in regelmäßigen Abständen aufgefrischt bzw. erweitert werden soll. Die jungeNGG wird entsprechende Maßnahmen und Aktionen durchführen, um die Politik zum Einlenken zu bewegen. G7 Ausbildung in der Ernährungsindustrie Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Die Gewerkschaft NGG wird aufgefordert, die Sinnhaftigkeit einer Zusammenlegung der verfahrenstechnischen Ausbildungsberufe in der Ernährungsindustrie zu prüfen. Aufgabe ist eine Zusammenführung auf wenige drei-jährige Ausbildungsberufe, die jeweils eine gemeinsame Grundausbildung haben, jedoch in differenzierenden Fachrichtungen enden. Bei der Neuordnung wird eine Modulausbildung abgelehnt. Die Neuordnung ist bis auf Weiteres zurückgestellt. Eine Arbeitsgruppe soll sich spezifisch damit auseinandersetzen, welche Berufe zusammengelegt werden können. Dabei sollen Fachleute (z.B. Vertreter des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) oder der Arbeitgeber) und Vertreter der jungenNGG mit einbezogen werden, die eine Berufsausbildung im Ernährungsbereich absolviert haben. Die Arbeitsgruppe soll eine Modellausbildungsordnung entwickeln. Dabei ist zu prüfen, inwieweit mit dem Abschluss ein Zugang zu einem weiterführenden Fachhochschulstudium ermöglicht werden kann. G9 Umgang mit Praktikanten Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die NGG setzt sich in den Tarifverhandlungen und politischen Auseinandersetzungen dafür ein, dass Praktika und ähnliche Lernverhältnisse eindeutig von Arbeitsverhältnissen abgegrenzt werden. Praktika dürfen keine regulären Stellen ersetzen. Praktika müssen auf drei Monate begrenzt sein (Ausnahmen bei Prak- Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme NGG hat den tarifpolitischen Schwerpunkt in den vergangenen fünf Jahren auf die Übernahme der Auszubildenden und eine Erhöhung der Ausbildungsvergütungen im gleichen Maße wie die prozentuale Steigerung der übrigen Entgelte gelegt. Die unterschiedliche Ausgangsposition für Praktika 309 Antragstext Beschluss Erledigung erschwert eine einheitliche Lösung, diverse tarifvertragliche Regelungen liegen vor. tika im Rahmen von schulischer und wissenschaftlicher Ausbildung oder staatlichen Programmen). Sie müssen mit mindestens 300 Euro pro Monat vergütet werden. Volontariate und Berufseinstiegsprogramme müssen auf 24 Monate begrenzt und mit mindestens 7,50 Euro pro Stunde vergütet werden. Das gesellschaftliche Problem ist von NGG immer wieder thematisiert worden. Siehe auch Antrag B 17. G 11 Kontrolle der Ausbildung verbessern Antragsteller: Bundesausschuss jungeNGG Annahme Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die Gewerkschaft NGG setzt sich öffentlich und im DGB für eine stärkere und umfassende Kontrolle und Überwachung der Pflichten der Ausbildenden nach Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Handwerksordnung (HwO) in der betrieblichen Ausbildung ein. Auf Antrag der jungenNGG hat die DGB-Bundesjugendkonferenz einen gleichlautenden Beschluss gefasst. Im Rahmen des jährlichen DGB-Ausbildungsreportes wird auf die fehlende Kontrolle hingewiesen. Hierbei ist zu prüfen, inwieweit wir politisch durchsetzen können, dass die Überwachung der Einhaltung des Berufsbildungsgesetzes nicht mehr den zuständigen Stellen (Kammern) unterliegt, sondern von einer öffentlichen Institution unter paritätischer Beteiligung und Mitbestimmung der Gewerkschaften übernommen wird. Verstöße müssen wirksam sanktioniert werden. G 14 Lernmittelfreiheit Antragsteller: Bundesausschuss jungeNGG Annahme Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die NGG setzt sich für die Lernmittelfreiheit an allen öffentlichen Bildungseinrichtungen in allen Bundesländern ein. Die Beschneidung der Lernmittelfreiheit ist für uns nicht tragbar. G 15 Auch diese Problematik wird jährlich im Ausbildungsreport thematisiert. Gegen Studiengebühren Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Annahme Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Für ein offenes öffentliches und soziales Hochschulsystem, gegen Studiengebühren Die NGG tritt für ein sozial gerechtes, öffentlich organisiertes Hochschulsystem ein. Wir lehnen jede Form von direkten oder indirekten Studiengebühren zur Finanzierung der Hochschulen ab. Bestehende Gebührenpflichten sind abzuschaffen. Dasselbe gilt für Rückmelde- und Verwaltungsgebühren aller Art, die lediglich versteckte Studiengebühren bedeuten. Dies betrifft auch die Berufsakademien. H1 Das Antragsbegehren ist im Leitantrag der DGBJugend zur Bundesjugendkonferenz enthalten. Die Abschaffung der Studiengebühren wird beständig durch den DGB thematisiert. Die jungeNGG unterstützt die jeweiligen Aktionen und Kampagnen der DGB-Jugend aktiv. Nur in Bayern und Niedersachsen werden Ende 2012 noch Studiengebühren erhoben. Lebensmittelkennzeichnung Antragsteller: Hauptvorstand Sichere Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen in der Ernährungswirtschaft sind nicht zuletzt davon abhängig, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unseren Branchen qualitativ hochwertige, gesunde und sichere Lebensmittel produzieren, die zu fairen Preisen vermarktet werden können. Das Vertrauen der Verbraucher in unsere Lebensmittel kann langfristig nur durch eine nachvollziehbare Nährwert- und Herkunftskennzeichnung gesichert werden, die mit einem Gütesiegel für faire Arbeitsbedingungen verbunden sein muss. Verbraucherinnen und Verbraucher benötigen eine für sie verständliche Information über Nährwerte und die Zusammensetzung von Lebensmitteln – verbunden mit Angaben und Empfehlungen für einen gesundheitsförderlichen Ernährungsstil. 310 Das Antragsbegehren ist Inhalt im Leitantrag „Bildung“ der Bundesjugendkonferenz des DGB. Derzeit gibt es Änderungen der verschiedenen Regelungen in den Bundesländern. Annahme Die Diskussion um die Lebensmittelkennzeichnung ist seit dem letzten Gewerkschaftstag fortgeführt worden, auf europäischer Ebene ist allerdings die Forderung nach einer Ampelkennzeichnung zurückgewiesen worden. Nichtsdestotrotz ist es im Interesse der Beschäftigten in der Lebensmittelwirtschaft, dass keine Vorbehalte gegen Inhaltsstoffe bestehen und die tatsächliche Verteilung von Nährstoffen erkennbar ist. Die von NGG geforderte Herkunftskennzeichnung wird weiter von den Arbeitgebern der Industrie abgelehnt, genauso wie die nötige Kennzeichnung der Produktionsbedingungen. Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Das von NGG in vielfältiger Weise in die Diskussion gebrachte Nährwertkennzeichnungsgesetz wird von der zuständigen Ministerin abgelehnt; ihre Aktivitäten in diesem Bereich beschränken sich auf öffentlichkeitswirksame Aktivitäten ohne nachhaltige Wirkung auf eine verbesserungsfähige Situation. Die aktuell in die Diskussion gebrachte „Ampelkennzeichnung“ ist in dieser Form nicht ausreichend, um dem Informationsbedarf für eine ausgewogene und gesunde Ernährung gerecht zu werden und die Vergleichbarkeit der Lebensmittel zu gewährleisten. Um Informationen für eine sachgerechte und eigenverantwortliche Entscheidung vermitteln zu können, die zur notwendigen Akzeptanz der Verbraucherinnen und Verbraucher führen, ist ein visualisiertes Kennzeichnungssystem daher deutlich zu ergänzen. Mit der freiwilligen Visualisierung von Nährwerten im Zusammenhang mit empfohlenen Tageswerten hat die Lebensmittelindustrie einen Schritt in die richtige Richtung getan. Allerdings reicht eine Kennzeichnung auf freiwilliger Basis nicht aus, – die Angabe von Tageswerten bei Nährwerten ist unbestimmt und damit fragwürdig. Darüber hinaus haben die Verbraucherinnen und Verbraucher einen Anspruch auf Informationen über Herkunft und Produktionsbedingungen. In diesem Sinne halten wir eine gesetzliche, EU-weite Kennzeichnungspflicht für dringend erforderlich. In Bezug auf die Nährwerte muss sie sich an ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren, wie sie z.B. von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) systematisiert wurden. Die Bundesregierung wird aufgefordert, entsprechend den beschriebenen Anforderungen ein „Nährwertkennzeichnungsgesetz“ auf den Weg zu bringen und auf europäischer Ebene in gleicher Weise initiativ zu werden. H2 Für eine nachhaltige Sicherung der Ernährungsgrundlagen Antragsteller: Hauptvorstand Nach Untersuchungen der UNO hungern rund 850 Millionen Menschen auf der Welt. Ca. zwei Drittel davon versuchen in Asien und der Pazifikregion zu überleben, rund 25 Prozent sind in Afrika zu Hause. Es ist eine moralische Verpflichtung, die Ernährungsgrundlagen in der Welt dauerhaft zu sichern und den Hunger zu beseitigen. Mit Hilfe verschiedener Maßnahmen könnten Hunger und Not in der Welt zurückgedrängt werden, z.B.: • Unterstützung traditioneller Produktionsmethoden, die den regionalen Gegebenheiten angepasst sind • Vermeidung der Verschwendung von Ressourcen durch Beendigung unangepasster industrieller Landwirtschaft • Stärkung der Agrarforschung, die insbesondere den sich entwickelnden Ländern nutzt • Entwicklung eines globalen Beobachtungssystems, mit dem Nahrungsmittelkrisen rechtzeitig vorhergesagt werden können, um zielgerichtet helfen zu können. Das Ausbaupotenzial für Ackerflächen in der Welt beträgt nach verschiedenen Studien nur sieben Prozent. Mit einer Ausweitung sind weder die aktuellen noch die mittel- und langfristigen Versorgungsprobleme in den Griff zu bekommen. Auch aus diesem Grund wendet sich unsere Gewerkschaft NGG grundsätzlich gegen die Verwendung von Flächen und Pflanzen, die zur Nahrungsmittelproduktion benutzt werden können, als Grundlage für die Rohstofflieferung zur Kraftstoffgewinnung. Die Preiserhöhungen für Nahrungsmittel, die einer Verknappung des Angebotes folgen, machen noch mehr arme Menschen zu hungernden Menschen. Dennoch ist dies nicht der Hauptgrund für Hunger und Not. Es gibt nicht nur eine Ursache, sondern ein ganzes Bündel von Gründen, wie z.B.: • Ungerechte wirtschaftliche und politische Systeme in vielen Ländern behindern den Aufbau einer effektiven Landwirtschaft und Wirtschaft und so die Bekämpfung des Hungers. • Soziale Ungerechtigkeit und fehlende politische Freiheiten, z.B. zur Bildung von freien Gewerkschaften, verhindern jede nachhaltige Entwicklung. • Ein ungerechtes Welthandelssystem, das nicht an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet ist. Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Im Sinne des Antragsinhalts hat NGG sowohl für den EFFAT-Kongress entsprechende Anträge auf den Weg gebracht, als auch zum IUL-Kongress im Jahre 2012. Dabei sind die Ziele des Antrages aufgenommen worden und so auf internationaler Ebene diskutiert worden. Auf nationaler Ebene engagiert sich NGG in der „Supermarktmacht Initiative“ gemeinsam mit Oxfam, Attac, Miserior, Brot für die Welt u.a. Mit dieser Initiative hat NGG das Thema der globalisierten Nahrungsmittel und Rohstoffproduktion und deren Folgen für die Produktionsländer thematisiert und dies auch zum Thema bei den Verkäufern der Produkte, den Supermarktketten, gemacht. NGG hat diese Frage mit einer Diskussion über die sozialen Folgen der Produktion verknüpft. Die zahlreichen Ansprechpartner innerhalb dieses Bündnisses helfen uns, die Diskussion um Arbeitsbedingungen auch mit Verbraucherorganisationen zu führen und gleichzeitig mit Unternehmen in die Diskussion zu kommen. Die Auseinandersetzung mit dieser Frage ist nicht beendet, sondern wird fortzuführen sein. Zur Verbreiterung der internen Diskussionen war dieses Thema Teil der Diskussion auf der Beiratsitzung im Sommer 2011. Auch hier sind die unterschiedlichen Betrachtungsweisen in den Käuferländern in der sich entwickelnden Welt und der exportorientierten Betriebe in Deutschland deutlich geworden. Dennoch ist ein Fazit, dass nur die Berücksichtigung beider Interessen zu einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion in Deutschland und zu einer nachhaltigen Verbesserung der Lebenssituation in den sich entwickelnden Ländern führen kann. 311 Antragstext • Beschluss Erledigung Annahme Auf Branchen- und Betriebsrätetagungen wurde „Nachhaltigkeit als Innovations- und Kostenthema in den Unternehmen“ durch NGG thematisiert und Handlungsmöglichkeiten für die Betriebsräte angesprochen. Der Einfluss des Klimawandels führt nicht nur zu einem Anstieg der Durchschnittstemperaturen, sondern auch zu mehr Klimaextremen mit großen Hitze- und Dürrewellen einerseits und Überschwemmungen andererseits. Dies verstärkt den Hunger in vielen Ländern. Der zunehmende Handel mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen an Börsen macht diese stärker zu Spekulationsobjekten und führt zu einer Aufwärtsspirale der Nahrungsmittelpreise. Der von Menschen gemachte Klimawandel wird mit seinen Folgen das zentrale politische Thema in der Welt werden. Mit der Anforderung nach mehr Ackerflächen und stärkerer Bewirtschaftung (sowohl für die Nahrungsmittelproduktion als auch für Biokraftstoffe) aber auch durch den Klimawandel wird nach verschieden Prognosen der Wasser- und Düngemittelbedarf weltweit ansteigen. Auch dies macht deutlich, dass Produkte zur Biokraftstoffproduktion nur mit einem deutlich höheren Energie- und Wasseraufwand produziert werden können. Für die NGG hat die Versorgung der Weltbevölkerung mit Lebensmitteln Vorrang. Deshalb sind die folgenden Voraussetzungen mit Nachdruck umzusetzen: • Alle Anstrengungen für einen nachhaltigen Klimaschutz sind unverzüglich zu verstärken. Klimaschutz erfordert im Kern Energieeinsparung und Effizienzsteigerung und die nachhaltige Energiegewinnung mit möglichst geringer Nutzung fossiler Brennstoffe. Aus der Nahrungsmittelproduktion sollen möglichst ausschließlich Abfallstoffe für die Energieerzeugung verwendet werden. Die Weiterentwicklung entsprechender Technologien mit dem Ziel einer ökologisch und ökonomisch sinnvollen Verwertung ist zu fördern. • Die Förderung der ländlichen Entwicklung und nachhaltige Weiterentwicklung von Ackerflächen. • Eine weltweite Regulierung der Kapitalmärkte: Rohstoffe zur Nahrungsmittelproduktion dürfen kein Spekulationsgut sein. Dies ist durch entsprechende Regelungen für die Finanzmärkte sicherzustellen. Gute, qualitativ hochwertige, unter guten sozialen Bedingungen hergestellte und nachhaltig produzierte Lebensmittel haben ihren Preis. Sie sind die einzige Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung in den sich entwickelnden Ländern. Der Gewerkschaftstag beauftragt den Hauptvorstand der NGG, sich aktiv an der politischen Diskussion zu beteiligen und dabei insbesondere die Frage der sozialen Gerechtigkeit gemeinsam mit unserer Gewerkschaftsinternationale IUL in den Mittelpunkt der Argumentation zu stellen. H3 Umwelt und Qualität – nachhaltiges Wirtschaften Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Der-Uno Klimabericht hat erneut deutlich gemacht, dass die Industriestaaten gefordert sind, einschneidende Veränderungen einzuleiten, um den dramatisch fortschreitenden Klimawandel zu verlangsamen. Gleichzeitig zwingen steigende Energiepreise die Unternehmen, aber auch die Verbraucher, verstärkt Energie einzusparen und weitere Möglichkeiten dazu zu erschließen. Gewerkschaften haben bereits im DGB-Grundsatzprogramm 1996 die Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung zu einer wichtigen Aufgabe erklärt. Im Zuge der Zuspitzung der sozialen Auseinandersetzungen rückte die Verbindung von sozialer und ökologischer Gestaltung in den Hintergrund. NGG war immer schon die „Umweltgewerkschaft“ im DGB. Wir haben z.B. klare Positionen zur Gentechnik, zur Atomenergie und zur Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung. Nachhaltigkeit wurde 1987 von der UNO wie folgt definiert: „Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können.“ Anders ausgedrückt geht es darum, bei begrenzten Ressourcen dafür Sorge zu tragen, dass das, was entnommen wird, sich auch erneuern kann. Dabei helfen technische Möglichkeiten, keine Verzichts-, sondern eine Entwicklungsdiskussion zu führen. Die Notwendigkeit nachhaltiger Entwicklung wird auch dadurch verstärkt, dass der Energie- und Ressourcenverbrauch in den Entwicklungsländern überproportional steigt. Das ist auch richtig so, denn gerade wir als Gewerkschaftsbewe- 312 NGG hat beispielsweise maßgeblich das Netzwerkprojekt „Cocoanet.EU“ von EFFAT mit initiiert. Dieses Projekt hat zum Ziel, Konzepte, Grundideen und Referenzen für Good Practice in einer nachhaltigen Kakaowirtschaft in Europa und weltweit zu entwickeln. Außerdem soll es einen Informationsaustausch zwischen Arbeitnehmervertretungen und Organisationen in der europäischen Schokoladen- und Kakaoindustrie schaffen. Die Frage der Umwandlung von vorher agrarisch genutzten Flächen für die Produktion von Energiepflanzen hat sich seitdem Gewerkschaftstag 2008 weiter zugespitzt. Der Anbau dieser Pflanzen verschärft den Hunger in den betroffenen Gebieten und verschlechtert die Arbeitsplatzsituation der Beschäftigten. Auf internationaler Ebene unterstützen wir die Initiativen unserer Internationale, mit einzelnen Großunternehmen der Nahrungsmittelwirtschaft Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung gung wollen, dass weltweit gleiche Chancen und gleich gute Lebensbedingungen herrschen. Wir können der „Dritten Welt“ nicht vorenthalten, was wir für uns beanspruchen! zu einem sogenannten Framework Agreement zu kommen, mit dem Gewerkschaften als Verhandlungspartner anerkannt werden. Eine nachhaltige Entwicklung ist auch deshalb erforderlich, damit Umwelt nicht zu einem Gut der Reichen wird und wirtschaftlich geboten, um die Arbeitsplätze in der Ernährungsindustrie zukunftssicher zu machen. Die Unterstützung der NGG-Betriebsräte z. B. bei Nestlé, Unilever oder Coca-Cola hat sicherlich wesentlich mit dazu beigetragen, mit den Unternehmensführungen in einen Dialog über die Umsetzung der genannten Forderungen zukommen. NGG wendet sich grundsätzlich gegen die Produktion von Biokraftstoffen aus hochwertigen Rohstoffen, die normalerweise zur Produktion von Nahrungsmitteln genutzt werden. Dadurch werden Grundnahrungsmittel teurer, wichtige Rohstoffe für die Ernährungsindustrie werden knapp, Monokulturen werden gefördert, Arbeitsplätze gefährdet und immer mehr Menschen müssen hungern. Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler, bezeichnet deshalb die Umwandlung von fruchtbarem Ackerland zur Herstellung von Biokraftstoffen als ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ und fordert ein fünfjähriges Moratorium für die Produktion von Biokraftstoffen. Bestehende Anlagen zur Produktion von Bio-Kraftstoffen sind oftmals bereits selbst von den Herstellern auf die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen umgestellt worden, da sie sich der Diskussion „Teller oder Tank“ nicht aussetzen wollen. NGG unterstützt diesen Vorschlag grundsätzlich, allerdings müssen Lösungen für bereits entstandene Anlagen gefunden werden. Gleichzeitig müssen Forschungsanstrengungen verstärkt werden, um die Produktion von Biokraftstoffen aus Rest- bzw. Abfallstoffen zu ermöglichen. Erfolgreiche Kampagnen wie z.B. „Aus der Region, für die Region“ und „Nahrung gesund genießen“ sollen weiterentwickelt werden. Dabei werden wir verstärkt Bündnispartner suchen und mit anderen Nicht-Regierungsorganisationen zusammenarbeiten. Ein Schlüsselfaktor nachhaltiger Entwicklung sind auch die Arbeitsbedingungen, d.h. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Qualifizierung und soziale Absicherung. Denn ohne diese Bedingungen können keine guten und hochwertigen Produkte erzeugt werden. Ein wichtiger Ansatz ist deshalb unsere Initiative, die Qualität von Arbeit als Kriterium von Gütesiegeln aufzunehmen. NGG begrüßt das wachsende Interesse der Verbraucher an Güte- und Nachhaltigkeitssiegeln und wird ihre Anstrengungen fortsetzen, dass auch die Qualität der Arbeit als Kriterium aufgenommen wird. Diese Zielstellung muss auch international verfolgt werden. NGG wird gemeinsam mit den Betriebsräten Nachhaltigkeit als Innovations- und Kostenthema in den Unternehmen verankern. Der Hauptvorstand wird aufgefordert, dazu einen Leitfaden für Betriebsräte zu entwickeln. NGG fordert die Betriebsräte in internationalen Konzernen auf, die Initiativen unserer IUL zu unterstützen, weltweit soziale Arbeitsbedingungen und Rechte für die Beschäftigten durchzusetzen. Unser Ziel ist ein Kodex für soziales und ökologisches Handeln. Wir wollen aber auch als Organisation ökologisch und sozial verantwortlich handeln. Wir wollen Energiesparprogramme und umweltschonende Verfahren (Büromaterial) in den Betrieben, aber auch bei NGG. H5 Klimawandel stoppen Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen: Die NGG sieht den weltweiten Klimawandel als Bedrohung und wird daher vorbildliche Beiträge zum Klimaschutz leisten. Dies betrifft insbesondere • einen Wechsel von herkömmlichen zu klimafreundlichen (erneuerbare Energiequellen nutzende) Energieanbietern, • Einbeziehung von Umweltgesichtspunkten bei technischen Anschaffungen und dem Kauf von Verbrauchsgütern, • aufklären und anhalten der NGG-Beschäftigten zu klimaverträglichem Arbeiten, • stärkere Bevorzugung von öffentlichen Verkehrsmitteln Annahme Die Annahme dieses Antrages hat NGG dazu geführt, in den Regionen und in der Hauptverwaltung über die Energieanbieter nachzudenken und in der Hauptverwaltung beispielsweise auf ökologisch produzierten Strom zu setzen. Beim Einkauf von Computern und Druckern haben energetische Gesichtspunkte schon aus Einspargründen einen besonderen Stellenwert. Auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und die Bildung von Fahrgemeinschaften für Sitzungen und NGG-Termine haben zweifellos zugenommen. Die NGG wird beauftragt, weitere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt umzusetzen. Geschäftsbericht 2008–2012 313 Antragstext H6 Erledigung Annahme Nach einer umfassenden Analyse beinhaltet der Antrag verschiedene Anforderungen an die Bildungsarbeit und die Arbeit von Betriebsräten. Klimawandel Antragsteller: Bundesfrauenausschuss Mit dem Weltklimabericht des IPCC (Intergovernmental Panel of Climate Change), der Anfang 2007 veröffentlicht wurde, sind erstmals die Konsequenzen des wirtschaftlichen Handelns des Menschen breit diskutiert worden. Der britische Ökonom Nicholas Stern hat im Oktober 2006 in seinem Bericht an die britische Regierung zudem den wirtschaftlichen Schaden eindrucksvoll beziffert. Vor diesem Hintergrund sind die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages der Ansicht, dass der Klimawandel jetzt schon sehr konkrete Auswirkungen auf die betrieblichen Realitäten hat: • Beschluss Das Jahr 2007/2008 hat gezeigt, dass eine immense Verteuerung der Rohstoffe durch Ernteausfälle weltweit stattgefunden hat. Dadurch entstanden unseren Branchen Beschaffungsprobleme auf dem Weltmarkt. Durch die stark angestiegenen Preise sind die Kostengefüge in den Betrieben immens unter Druck geraten. • Der Anstieg der Energiekosten ist teilweise als Resultat des Klimawandels anzusehen. Es muss immer mehr Energie dafür aufgewendet werden, dass eine der Folgen des Klimawandels, die Erderwärmung, abgefedert wird. • Mit der zunehmenden Erwärmung sind die Menschen zusätzlich gesundheitlich belastet. Auch sind weitere Auswirkungen auf den Menschen ablesbar: Durch die starken Klimaeffekte, wie z. B. Wirbelstürme, Überschwemmungen und die Erwärmung generell häufen sich Infektionsgefahren. Dieses Thema ist unter dem Gesichtspunkt der Rohstoffpreisentwicklung und der Folgen für die Produktion in Deutschland behandelt worden. Dies ist für den Antrag nur ein eingeschränkter Blickwinkel. Wir haben diese Diskussionen auch im NGG-Beirat unter dem Gesichtspunkt der Folgen der Rohstoffproduktion und der Exporte der deutschen Industrie geführt. Im Rahmen des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat sich NGG an den Diskussionen für einen sozialverträglichen Energieumstieg beteiligt. Dabei ging es darum, Kriterien für eine nachhaltige Energiepolitik zu entwickeln und die Voraussetzungen dafür zu benennen. Der DGB-Bundesvorstand hat dieses Programm im Juni 2011 beschlossen, mit dem die Gewerkschaften ihre Anforderungen an eine soziale Ausgestaltung der zukünftigen Energiepolitik formuliert haben. • Die Einwanderung von Schadinsekten aus den Tropen in die gemäßigten Breiten Europas stellt immer häufiger eine Belastung des Immunsystems der Menschen dar. Da allerdings auf internationaler Ebene weiterhin keine nachhaltigen Schritte zur Reduzierung der Erderwärmung und in dessen Folge des Klimawandels stattgefunden haben, besteht zu Pessimismus aller Anlass. • Für unsere Betriebe ist eine Erhöhung allgemeiner Betriebskosten, wie z. B. Versicherungen, Gebäudeschutz, Unwetter- und Hochwasserprophylaxe zu erwarten. Bislang ist noch nicht in nennenswertem Umfang damit begonnen worden, die klimatisch induzierten Kosten zu beurteilen. Es steht zu erwarten, dass sich die ganzen Berechnungsgrundlagen ändern werden, wenn Klimaschutzziele Teil der Unternehmenskosten werden. Die auch von NGG unterstützten Fördermaßnahmen und Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes zur energetischen Gebäudesanierung zur Verminderung des Energieverbrauchs sind im Angesicht der beschriebenen Größe des globalen Problems nicht ausreichend. • Es wird in Zukunft politische Entscheidungen geben, die nicht mehr nach den klassischen Interessensmustern gefällt werden, sondern mehr und mehr das Ziel haben, klimaneutral zu sein (z. B. Verordnungen für Gebäude hinsichtlich der Energiegewinnung durch Photovoltaik und Solarzellen oder Verschmutzungsrechte für CO2-Ausstoß, Änderung der Hygieneanforderungen). Die Folgen des Klimawandels haben unter dem Stichwort Rohstoffspekulation in den Branchentagungen eine wichtige Rolle gespielt, aufgrund der fehlenden personellen Ressourcen haben wir kein dauerhaftes Forum zur Diskussion dieser Fragen mit Betriebsräten etablieren können. • Letztendlich wird es eine Umorganisation der Nahrungsmittelprodukte generell geben. Produkte und Produktion werden teurer; es werden etliche Produkte vom Markt verschwinden, da z. B. die Rohstoffe nicht mehr erschwinglich sind oder sich durch die Erderwärmung so verändert haben, dass sie nicht mehr gefahrlos konsumiert werden können. Die Aufzählung ist nicht vollständig; viele Konsequenzen des Klimawandels sind aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar. Täglich werden immer neue Einflussgrößen auf das Erdklima bekannt und der Einfluss des wirtschaftenden Menschen auf die Änderung des Klimas ist nicht mehr abzustreiten. Die Delegierten des 15. Ordentlichen Gewerkschaftstages beschließen: • Wir sind die PraktikerInnen in den Betrieben, die sehr schnell abwägen können, wie sich ansteigende Kosten auf die Arbeitsverhältnisse auswirken werden. Darum wollen wir sehr frühzeitig einen Diskussionsprozess zum Themenkreis Klimawandel in Gang setzen. Die Beschäftigten in der Ernährungswirtschaft und ihre Gewerkschaft, die NGG sind in besonderer Weise von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. • Wir wollen ein beständiges Forum initiieren, das sich in regelmäßigen Abständen zusammenfindet, um über die neuesten Fakten zu diskutieren und Ausblicke zu formulieren. • Wir stellen jetzt schon fest, wie der Druck auf die Beschäftigten in unseren Betrieben wächst. Deshalb werden wir über geänderte Arbeitszeitmodelle nachdenken müssen, werden Energiebilanzen bewerten müssen, Kostenvergleiche anstellen. 314 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext • I1 Beschluss Erledigung Annahme Auch wenn es in Europa in weiten Teilen seit vielen Jahrzehnten friedlich zugeht, so ist dies doch nur ein kleiner Teil der Erde. Unsere Betriebsräte sollen kompetente Ansprechpartner der Unternehmen sein, wenn es darum geht, die Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. Dazu ist viel Know-how notwendig. Dies soll in speziellen Schulungen, Seminaren und Diskussionsrunden vermittelt werden. Frieden und Sicherheit Antragsteller: Hauptvorstand Die Sicherung des Friedens, die Eindämmung des internationalen Terrorismus, die Beachtung demokratischer Grundrechte sowie die Abwehr von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus sind unabdingbare Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunftsentwicklung in der Welt. Unsere Aktivitäten auf internationaler Ebene und mit den verschiedenen Bündnispartnern sollen dem Ziel einer gerechteren Welt dienen, in der es nicht zu kriegerischen Handlungen kommen muss, um an Wohlstand und besserem Leben beteiligt zu sein. Frieden und Sicherheit können dauerhaft nur auf der Grundlage nachhaltiger Entwicklung und gerechter Verteilung gesichert werden. Die Gewerkschaft NGG strebt gemeinsam mit ihren internationalen Schwestergewerkschaften eine Weltwirtschaftsordnung an, die die Lebens- und Arbeitsbedingungen insbesondere der Menschen in den sich entwickelnden Staaten verbessert. Die Staatengemeinschaft muss sich zum Ziel setzen, Hunger, Wassermangel und Armut weltweit zu überwinden und die Menschenrechte auf Arbeit, Nahrung, Wohnung, Kleidung und Bildung für alle zu verwirklichen. Staatliche Verantwortung zur Daseinsvorsorge für Menschen in Armut, Alter und bei Krankheit durch sozialstaatliche Strukturen zu organisieren, ist kein Relikt der Vergangenheit, sondern ein Zukunftsprojekt, das in den meisten Teilen der Welt erst verwirklicht werden muss. Diese Position haben wir in den internationalen Organisationen, in denen wir vertreten sind, immer wieder eingebracht und thematisiert. Allerdings macht die aktuelle Entwicklung z.B. am südlichen Rand des Mittelmeers deutlich, dass dieses Ziel nicht erreicht ist. Die internationalen Finanz- und Handelsorganisationen müssen auf nachhaltige Ziele verpflichtet werden, die eine faire Entwicklung ermöglichen, zu demokratischen Strukturen führen und bessere Beteiligungsrechte für die sich entwickelnden Länder sicherstellen. Nur auf dieser Grundlage kann überhaupt der Nährboden für internationalen Terrorismus, kriegerische Auseinandersetzungen und zwischenstaatliche Konflikte ausgetrocknet werden. In Spannungs- und Krisenfällen muss die zivile Konfliktlösung vor jeder Form von militärischem Vorgehen Vorrang haben. Programme zur Abrüstung müssen fortgeführt werden. Beim Vorgehen gegen terroristische Gruppen oder aggressive Staaten hat das Gewaltmonopol bei der UNO zu liegen. Dies verlangt u.a. die politische Stärkung und eine bessere finanzielle Ausstattung der UNO. Einsätze der Bundeswehr dürfen folglich nur aufgrund eines UNO-Mandats und auf der Basis des Grundgesetzes erfolgen. J1 Gemeinsam gegen Rechtsextremismus Antragsteller: Hauptvorstand Rechtsextreme, fremdenfeindliche und antisemitische Einstellungen und Verhaltensweisen sind mittlerweile kein Randphänomen mehr, sondern bis weit in die Mitte unserer Gesellschaft verbreitet. Gewalttätige Übergriffe von Rechtsextremisten sind keine Einzelfälle mehr, sondern leider alltäglich geworden. Parteien wie die NPD und andere rechtsradikale Gruppierungen versuchen, die demokratischen Strukturen in unserem Lande zu nutzen, um ihre menschenverachtenden Ideologien zu verbreiten. An Schulen wird rechtsextreme und ausländerfeindliche Propaganda verteilt, um junge Menschen für rechtsextreme Gruppierungen und Interessen zu gewinnen. Es darf nicht länger ignoriert oder verharmlost werden, dass Menschen Angst haben, sich zu bestimmten Tageszeiten in manchen Wohnvierteln oder Orten aufzuhalten. Das entschiedene Vorgehen gegen Rechtsextremismus, die nachhaltige Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen, der Kampf gegen Rechtsextremismus erfordern das breite Engagement der gesamten Organisation sowie das klare Bekenntnis, dass in unserer NGG kein Platz für Menschen mit rechtsextremen Ansichten und Handlungen ist. Unsere Mitglieder stehen für ein freundschaftliches Miteinander in Solidarität ein. – Ziel bleibt es, die Bereitschaft zur Zivilcourage zu stärken. In diesem Sinne wird der Hauptvorstand beauftragt, weiterhin Materialien, Initiativen und Aktionsprogramme zu entwickeln, um in der Öffentlichkeit, in gewerkschaftlichen Veranstaltungen, in Betriebsversammlungen und bei der Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Für uns alle ist der Kampf gegen Rechtsextremismus eine der Lehren aus der Zeit des deutschen Faschismus. Deshalb engagieren sich unsere Regionen bei Aktivitäten gegen Naziaufmärsche und vermeintlichen „Heldengedenktagen“. Die Bedeutung dieses Engagements ist in besonderer Weise durch die Entdeckung der terroristischen Organisation NSU verstärkt worden. Bis heute ist nicht aufgeklärt, welche weiteren Unterstützer diese Mörderbande hatte. Die unglaublichen Fahndungspannen, das unkoordinierte Aktenvernichten und gezielte Vertuschung der Mängel der Polizeiarbeit machen die Bedeutung des zivilgesellschaftlichen Engagements von NGG und Anderen gegen die Nazis deutlich. Als sichtbares Zeichen haben wir das Logo “Bunt statt Braun“ für NGG umgesetzt und informieren stetig über Aktivitäten gegen Rechts. In der Bildungsarbeit der jungenNGG wird das Thema immer wieder aufgegriffen. Sofern dies bekannt ist, werden Mitglieder mit rechtsextremen Ansichten ausgeschlossen bzw. nicht aufgenommen. 315 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Die Gewerkschaft NGG ist eine der Gewerkschaften, die die “gelbe Hand“ besonders unterstützen. So war der NGG-Vorsitzende 2011/2012 Schirmherr des Preises der gelben Hand. Die Auszeichnung wird für besonderes Engagement für Gleichbehandlung, gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Rechtsextremismus in der Arbeitswelt an Berufsschülerinnen, Berufsschüler und an alle Jugendlichen, die sich in einer beruflichen Ausbildung befinden, vergeben. Berufsschularbeit weiter aktiv gegen Intoleranz, Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus in unserem Land – ggf. auch in Zusammenarbeit mit Arbeitgeberverbänden und anderen Organisationen – vorzugehen. Der Gewerkschaftstag fordert die Verantwortlichen in der Politik auf, endlich ein Verbotsverfahren für die NPD einzuleiten und durchzusetzen. J2 Rechtsextremismus Antragsteller: Landesbezirksvorstand Nordrhein-Westfalen Der Hauptvorstand wird aufgefordert, eine Kampagne „Für Menschenrechte, Toleranz und Gewaltfreiheit – gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ zu entwickeln. Dabei soll angeknüpft werden an die Kampagne „Mach meinen Kumpel nicht an“. NGG ist gefordert, im betrieblichen Alltag, in der Bildungsarbeit und im politischen Raum aktiv gegen Rechtsextremismus aufzutreten. Ziel ist dabei auch die Aufklärung über Rechtsextremismus und die modernen Propagandaformen der „Erlebniswelt Rechtsextremismus“. Bestandteil der Kampagne sollte sein: • Die Entwicklung von Plakaten, Argumentationen und Logos gegen Rechtsextremismus. • Die Nutzung moderner Kommunikationsformen wie SMS und E-Mails. • Die Aufklärung im Internet, möglichst in Zusammenarbeit mit dem DGB und Stärkung und Ausbau der „gelben Hand“. (www.gelbehand.de). • Die Durchführung von Seminaren für ehrenamtliche und hauptamtliche Kolleginnen und Kollegen gegen Stammtischparolen. • Die Entwicklung eines Flyers für die Gastronomie: In diesem sollen die MitarbeiterInnen informiert und Möglichkeiten für gemeinsames Handeln aufgezeigt werden, wenn freie Kameradschaften in Gaststätten tagen, oder Rechtsextreme in Hotels Kongresse veranstalten. • Die Entwicklung einer Muster-BV gegen Diskriminierung im Betrieb; NGG arbeitet aktiv bei der Ausgestaltung und Entwicklung der Strategie der „gelben Hand“ mit. In verschiedenen Organisationseinheiten hat es Seminare für ehrenamtliche und hauptamtliche Kolleginnen und Kollegen gegen Stammtischparolen gegeben, die die Auseinandersetzung damit erleichtert haben. Zu Diskriminierung im Betrieb gibt es verschiedene Betriebsvereinbarungen, die insbesondere darauf abzielen, Diskriminierung aus rassistischen Gründen zu verhindern. NGG wird sich politisch dafür einsetzen, dass im Bundeshaushalt und den Haushalten der Bundesländer verstärkt finanzielle Ressourcen für präventive Maßnahmen gegen Rechts zur Verfügung gestellt werden. Es gilt aufzuklären, abzugrenzen, aber auch dafür zu sorgen, dass rechtsextreme Positionen und Verhaltensweisen in der Gesellschaft stigmatisiert und isoliert werden. Dazu gehört auch die Nutzung rechtsstaatlicher Mittel. NGG unterstützt deshalb die Forderung nach dem Verbot der NPD. Denn: „Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen!“ Das Bundesinnenministerium wird aufgefordert, unverzüglich die Nachfolgeorganisationen der Wiking Jugend – wie z.B. die Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) zu verbieten. Solche Organisationen werben Kinder und Jugendliche mit eindeutig rechtsextremen Inhalten. Anders als beim Verbot von Parteien, für die das Bundesverfassungsgericht zuständig ist, kann hier das Ministerium ein Verbot aussprechen, da die Wiking Jugend bereits seit 1994 verboten ist. Die bisherige Untätigkeit an diesem Punkt ist ein Skandal. J3 Verbot aller Parteien und Organisationen mit rechtsextremem und rassistischem Hintergrund – Rechtsextremismus den Boden entziehen Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Ost Der 15. Gewerkschaftstag der NGG möge beschließen: Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten setzt sich ein für ein Verbot aller Parteien und Organisationen mit rechtsextremen, neofaschistischen, rassistischen und antisemitischen Hintergründen. Sie fordert Bundestag und Bundesrat auf, einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen, der inhaltlich, organisatorisch und verwaltungstechnisch so gut vorbereitet ist, dass er begründete Aussicht auf Erfolg hat. Parallel zu dem Verbot müssen alle Wege genutzt werden, Vereinigungen und Einrichtungen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes agieren, die 316 Annahme Nach dem ersten gescheiterten NPD-Verbotsverfahren (2001-2003) haben sich viele gesellschaftliche Akteure mit der Existenz der NPD abgefunden. Unser Gewerkschaftstag 2008 hat nochmals verdeutlicht, dass sich NGG nicht mit der Existenz der Rassisten abfindet und weiter ein Verbot der menschenverachtenden NPD anstrebt. Erst mit der Aufdeckung der NSU-Morde hat es wieder stärkere Unterstützung für diese Forderung gegeben. Im Dezember 2012 haben sich sowohl die Innenminister wie auch die Ministerpräsiden- Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss ten der Länder für ein neues NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen. Die Bundesregierung kündigte eine Entscheidung darüber im ersten Quartal 2013 an. Gemeinnützigkeit und alle damit verbundenen Steuervorteile abzuerkennen. Rechtsextremistische Tendenzen verschwinden nicht allein durch ein Verbot einer Partei oder Organisation. Deshalb muss dem Rechtsextremismus neben dem organisatorischen auch der soziale Boden entzogen werden. Deshalb fordert NGG Regierung und Parlamente auf, sofort und in Zukunft wieder ihrer im Grundgesetz Artikel 20 festgelegten Verpflichtung nach einer sozialen Gesetzgebung nachzukommen, denn steigende Armut und die soziale Spaltung der Gesellschaft fördern rassistische, neofaschistische und rechtsradikale Tendenzen. Mit unserer Berichterstattung in den Medien und den wiederkehrenden Forderungen für ein Verbot der NPD haben wir sicher mit dazu beigetragen, die Diskussion darüber weiterhin öffentlich zu führen. An diese Debatten werden letztlich die Verbotsanträge anknüpfen. Begleitend startet NGG eine Aufklärungskampagne zum Thema „Rechtsextremismus“, die sich an unsere Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben richtet. Die Kampagne soll die Ergebnisse der Studie „Gewerkschaften und Rechtsextremismus“ berücksichtigen (FU Berlin 2005 im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung). J4 Gewerkschaftsarbeit gegen Rassismus Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Annahme Die Bundeskonferenz jungeNGG fordert die Gewerkschaft dazu auf, „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ stärker entgegenzuwirken. Dazu müssen folgende Arbeitsschritte geschehen: • Unsere NGG wird sich in allen Gremien noch stärker mit den Themen „Rassismus und Rechtsradikalismus“ auseinandersetzen. • Auf Regions-, Landes- und Bundesebene wird mehr Öffentlichkeitsarbeit gegen Rassismus und Rechtsradikalismus praktiziert. Dies soll in Form von Demos vor Wahlen und mit Informationsständen zum Beispiel in den Innenstädten, Schulen und Jugendklubs geschehen. Weiter werden verstärkt Seminare zum Thema „Rassismus“, „Rechtsradikalismus“ und den „Wahlprogrammen“ der einzelnen Parteien angeboten. Dies soll insbesondere für Betriebsräte und Jugend- und Auszubildendenvertretungen, als auch für NGG-Mitglieder angeboten werden. • Unsere NGG erstellt ein Leitbild in Form von Infomaterial über die politische Ausrichtung der NGG. In diesem Leitbild soll unter anderem festgehalten werden, dass die NGG sich gegen Rassismus und rechtsorientierte Parteien, wie die NPD, stellt, sich für die Gleichberechtigung aller Menschen und immer für einen demokratischen Weg einsetzt. Dieses Grundsatzpapier enthält die Grundwerte, die sich aus unserer Satzung ergeben. Es bietet den Mitgliedern und denen, die es werden wollen, einen kompakten Überblick ausschließlich über unsere Werte und nicht über unseren Aufbau. Des Weiteren soll ein bundesweiter Arbeitskreis gebildet und mit der Erstellung von weiterem Infomaterial gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus beauftragt werden. • Unsere NGG arbeitet aktiv mit den Verbänden IUL und EFFAT zusammen. Durch regelmäßige Teilnahme an den Treffen der europäischen Dachverbände, durch den bestimmte Vertreter und eine schriftliche Rückkopplung in die einzelnen Gremien erfolgt, wird ein besserer Austausch und Informationsfluss über rassistische Vorgänge an die Mitglieder sichergestellt. Vorgehensweisen gegen Rassismus werden ausgetauscht und aufgegriffen. Ebenso soll eine aktivere Zusammenarbeit und Austausch mit den Gewerkschaften der anderen Länder stattfinden, um Ausländerfeindlichkeit, die durch länderübergreifende Arbeitsverhältnisse und das damit verbundene Lohndumping entsteht, abzubauen. Dies kann in Form von länderübergreifenden Seminaren und Austauschveranstaltungen geschehen. J6 Erledigung In den Bearbeitungshinweisen zu den Anträgen J 1 bis J 3 sind verschiedene in diesem Antrag genannte Themen aufgenommen worden. NGG beteiligt sich sowohl an Demonstrationen wie auch an Aktivitäten gegen Naziaufmärsche. In Berufsschulen treten wir auf und bieten entsprechenden Unterricht an, um den Naziparolen etwas entgegenzusetzen. Das NGG-Leitbild steht für die Werte Gerechtigkeit und Solidarität. Unsere Zusammenarbeit mit unseren Bruder- und Schwesterorganisationen bei IUL und EFFAT ist davon geprägt, dass Rassismus nicht als nationales Problem gesehen wird. Mit unseren französischen Kollegen haben wir ein gemeinsames Papier gegen Lohndumping in der Fleischbranche entwickelt, das ausdrücklich nicht gegen diejenigen gerichtet ist, die als Bürger anderer Staaten zu Dumping-Preisen arbeiten, sondern gegen diejenigen, die die Not dieser Menschen ausnutzen! Nazis und Rassismus nicht dulden, sondern bekämpfen! Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Hessen/Rheinland-Pfalz/Saar Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag fordert die Vorstände der NGG-Regionen auf, mit Betriebsräten und NGG-Mitgliedern konkrete Schritte zu entwickeln, rassistische, fremdenfeindliche und faschistische Äußerungen und gleiches Verhalten im Betrieb nicht zu dulden, sondern aktiv zu bekämpfen. Dazu gehört bei allen religiösen, nationalen und ethnischen Besonderheiten in den Beleg- Geschäftsbericht 2008–2012 Annahme Siehe hierzu die Bearbeitungsvermerke zu den Anträgen J 1 bis J 5. 317 Antragstext Beschluss Erledigung Annahme Wie oben beschrieben, ist die Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Rechtsextremismus weiter verstärkt worden. Die Zusammenarbeit mit dem Bildungsträger „Netzwerk für Demokratie und Courage“ hat nach den jeweiligen örtlichen Bedingungen stattgefunden. Ein entsprechender Button ist erstellt worden. Annahme Der Trägerverein des Bildungszentrums Oberjosbach hat sich mit diesem Antrag auseinandergesetzt und empfohlen, dies umzusetzen. Annahme Der Initiativantrag wurde auf dem Gewerkschaftstag 2008 zu einer Zeit angenommen, als die ganzen Folgen der vermeintlichen Finanzkrise für den EU-Raum noch nicht ersichtlich waren. schaften das offene Bekenntnis gegen Nazis und Rassisten sowie der Einsatz aller politischen wie betriebsverfassungsrechtlichen Mittel, deren menschenverachtende Politik in den Betrieben wirkungsvoll zu unterbinden. Keine Toleranz den Intoleranten! J7 Öffentlichkeitsarbeit über Rechtsextremismus Antragsteller: Landesbezirkskonferenz Bayern Der 15. Gewerkschaftstag möge beschließen, dass zukünftig verstärkt Öffentlichkeitsarbeit gegen Rechtsextremismus initiiert und durchgeführt werden muss. Hierzu fordern wir Bildungsseminare und auch die Aufklärung an Schulen, Berufsschulen und Hochschulen. Im Besondern fordern wir eine intensivere Zusammenarbeit mit dem Netzwerk für Demokratie und Courage, bei dem der DGB einer der Hauptträger ist. Beteiligungen an deren Aktionen wie z.B. „Kein Sex mit Nazis“. J9 Aufklärungsarbeit Rechtsextremismus im BZO Antragsteller: Bundeskonferenz jungeNGG Der 15. Ordentliche Gewerkschaftstag möge beschließen, zukünftig das Thema Rechtsextremismus und Erscheinungsformen verstärkt zu behandeln. Hierzu empfiehlt der Gewerkschaftstag, dass im Bildungszentrum Oberjosbach regelmäßig Abendveranstaltungen zu diesem Thema durchgeführt werden. Diese Veranstaltungen sollen für alle Jugend- und Auszubildendenvertretungen, Betriebsrätinnen und Betriebsräte und weitere Interessenten zugänglich sein und beworben werden. I1 Finanzmärkte regulieren, kontrollieren und sichern – Konjunkturprogramm auflegen Antragsteller: Hauptvorstand Wir erleben mit der aktuellen Finanzmarktkrise eine tief greifende Erschütterung des Weltfinanzsystems, die Ausmaße der großen Depression 1929 erreichen kann. Nach dem Schwarzen Freitag 1929 in den USA ist dort ein Bündel wichtiger Wirtschafts- und Sozialreformen auf den Weg gebracht worden. Die Finanzmarktkrise bietet die Chance, endlich Kriterien für die globalisierte Finanzwelt zu schaffen, die die Notwendigkeiten einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung berücksichtigen. Der Gewerkschaftstag der Gewerkschaft NGG stellt fest: Wir erleben mit dieser Krise die Folgen des Kasinokapitalismus. Derivate, Zertifikate, Leerverkäufe, die sich als Luftbuchungen der Bankenwelt erweisen, sind keine wirklichen Werte. Im Gegenteil: Das Angebot dieser Produkte war wie Spielgeld für die unseriösen Zocker in Nadelstreifen! In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die Geschäftsstrategie der Banken von ihrem Kerngeschäft weit entfernt. Heute wie früher werden Werte in der Realwirtschaft von Menschen geschaffen. Die eigentliche Aufgabe der Banken ist, den Unternehmen Geld zu leihen, damit diese investieren und wachsen können. Dieser Bezug zur Realwirtschaft ist verloren gegangen, die Banken haben die Freiräume ihres Handelns nur genutzt, um durch Spekulation Geld in mehr Geld zu verwandeln. Millionenfaches Elend und Verunsicherung sind die Folge. Über die europäischen Mechanismen zur Schuldenkontrolle sind Elemente einer europäischen Wirtschaftregierung entwickelt worden, die keinerlei demokratischen Kontrollen unterliegen. Die Entwicklung hat seitdem sowohl die Forderungen des Antrags bestätigt, als auch neue Anforderungen gewerkschaftlicher Politik verdeutlicht. In den Diskussionen mit den deutschen und europäischen Gewerkschaften haben wir unsere Forderungen eingebracht, auf Ebene der deutschen Gewerkschaften sind diese im „Marshallplan für Europa“ enthalten. Auch die Forderungen des europäischen Gewerkschaftsbundes EGB nehmen die auch von NGG geforderten Veränderungen auf. Die Gewerkschaft NGG fordert: Die Regeln für die Finanzmärkte müssen deutlich verschärft werden. Für die Stabilisierung der Realwirtschaft ist ein umfangreiches Konjunktur- und Investitionsprogramm nötig! Nach unserem Grundgesetz sind auch die Banken verpflichtet, dem „Wohle der Allgemeinheit“ zu dienen. Festzustellen ist jedoch, dass die dramatischen Verluste auch der deutschen Banken in den USA zu einer Vertrauenskrise der weltweiten Finanzwirtschaft untereinander geführt haben, die sich dramatisch auf die Realwirtschaft auswirkt! 318 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Beschluss Erledigung Die nötigen Vereinbarungen für die Regulierung des Finanzsektors müssen in jedem Fall eine stärkere Kontrolle von Finanzinvestitionen, bessere Eigenkapitalausstattung der Banken beinhalten sowie in gleicher Weise die persönliche Haftung der verantwortlichen Finanzmarktakteure national und international sichern. Die Banken haben in den letzten Jahren gigantische Gewinne gemacht, die in die Taschen der Aktionäre und Manager geflossen sind. Jetzt besteht die Gefahr, dass für die Verluste die Steuerzahler/innen aufkommen sollen. Klar ist daher: Öffentliche Unterstützung des Finanzsektors darf es nur gegen Eigentumsrechte (Verstaatlichung) und direkte Einflussnahme auf die Geschäftspolitik geben. Für die Zukunft müssen die Banken aus eigenen Mitteln einen europäischen Sicherungsfonds finanzieren. Wenn eine Bank sich verzockt, müssen die Banken die Zeche zahlen und nicht die Steuerzahler/innen. Die Finanzwelt muss den aktuellen Rettungseinsatz refinanzieren. Wir fordern eine Veränderung und Beschränkung der Vergütung von Bankvorständen, die durch ihre unsozialen Geschäfte unmoralisch verdienen. Dies muss gesetzlich vorgegeben werden. Auf internationaler Ebene müssen die Frühwarnsysteme beim internationalen Währungsfonds handlungsfähig ausgestaltet werden. Die Austrocknung der Steueroasen sowie eine Kontrolle des internationalen Kapitalverkehrs sind Ziele, die faires Wirtschaften im Finanzsektor sicherstellen helfen. Eine europäische Rating-Agentur unter öffentlicher Kontrolle z. B. im Rahmen der EZB soll bei der Bewertung von Unternehmen sicherstellen, dass nicht nur Verwertungsinteressen berücksichtigt werden, sondern auch nachhaltige und soziale Unternehmenspolitik berücksichtigt wird. Gleichzeitig müssen die nationalen Aufsichtsbehörden eine Kontrolle über alle Anbieter ausüben, die Finanzprodukte anbieten. So muss zum Beispiel ein Verbot von „Luftverkäufen“ Gesetz werden und definierte Regelungen zum Verhältnis von Eigenkapital und Verschuldung festgelegt werden. Alle Bankrisiken müssen aus den Bilanzen erkennbar sein. Bei den jetzt nötigen Rettungsmaßnahmen darf nicht nur die Finanzwirtschaft Unterstützung erfahren. Das rund 500 Mrd. Euro schwere Rettungsprogramm in den USA wird dazu nicht ausreichen, genau so wenig wie das fast 500 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm der Bundesregierung. Die Finanzierung dieses Hilfsprogramms soll von den Verursachern getragen werden. Dazu kann zum Beispiel eine „Finanztransaktionssteuer“ dienen, die Börsenumsätze und weitere Finanzbewegungen besteuert. Weiter fordern wir eine „Millionärssteuer“. Die geforderten Maßnahmen werden jedoch nicht ausreichen, um das nach der Herbstprognose der Wirtschaftsforschungsinstitute auf 0,2 Prozent sinkende Wachstum in Deutschland für 2009 zu sichern. Wer Arbeitsplätze sichern und weiteren Arbeitsplatzabbau verhindern will, muss mit dafür sorgen, dass der private Konsum und öffentliche Investitionen in unserem Land gesteigert werden. Wirtschaftspolitisch gegensteuern heißt: Unterstützung für nachhaltiges und langfristiges Wirtschaften sichern! Hierzu unterstützen wir die Forderung der deutschen Gewerkschaften nach einem Investitionsprogramm in Höhe von mindestens 25 Milliarden Euro, ein Programm, das Investitionen für Bildung, Gesundheit, öffentliche Infrastruktur sowie einen ökologischen und energieeffizienten Umbau unserer Wirtschaft unterstützt. Weiterhin muss die Bundesregierung ihre unsozialen gesetzlichen Verschlechterungen zurücknehmen, wie z. B. die Streichung der Pendlerpauschale (Kosten: drei Milliarden Euro = 0,6 Prozent der bereitgestellten Gelder für das Finanzmarktstabilisierungsgesetz). Deshalb fordert der Gewerkschaftstag, nach der Zustimmung zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz ein mindestens 25 Milliarden Euro umfassendes Investitions- und Konjunkturprogramm zu verabschieden. Gleichzeitig müssen der Bankwirtschaft die genannten Kontrollregeln auferlegt werden. Das bewährte deutsche Banken- und Sparkassensystem mit öffentlichen und privaten Banken und Sparkassen muss erhalten bleiben. Es erweist sich trotz Geschäftsbericht 2008–2012 319 Antragstext Beschluss Erledigung einiger Probleme als deutlich stabiler als die privatwirtschaftlichen Bankensysteme in den USA oder Großbritannien! Wir fordern vom Bundestag weiter, sofort ein Gesetz für einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von mindestens 7,50 Euro zu verabschieden, um ein längst überfälliges soziales Zeichen zu setzen und den Menschen ein Stück Sicherheit für ihr Leben zu geben. Die Unionsfraktion im Bundestag fordern wir auf, sofort ihre Blockade gegen mehr Sicherheit für die Menschen zu beenden. Die Gewerkschaft NGG wird mit ihrer Tarifpolitik im kommenden Jahr ihren Beitrag zur Verbesserung des Binnenkonsums durch höhere Entgeltabschlüsse leisten und fordert die Bundesregierung auf, steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schaffen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen besser gestellt werden als die Luftbuchungen der Finanzjongleure! 320 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Antragstext Geschäftsbericht 2008–2012 Beschluss Erledigung 321 Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten