Klappe die Zweite

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Klappe die Zweite
AUSRÜSTUNG
KLAPPHELME IM HÄRTETEST – TEIL 2
BMW
Foto: Christina Güldenring, Grafiken: Rolf Hähle
»Systemhelm 6 Evo«
Klappe die Zweite
Nachdem unsere zwölf Kandidaten im ersten Teil des Klapphelm-Tests
ihre Nehmerqualitäten in Sachen Schlagprüfung unter Beweis stellen
mussten, stehen für den zweiten Teil die Bewertung der Alltagstauglichkeit und eine ausführliche Geräuschmessung an.
G
enug der grauen Theorie, raus
aus dem Labor und rauf auf die
Straße. Was jetzt kommt, kann
in weiten Teilen keinen Anspruch auf
absolute Allgemeingültigkeit erheben.
Schließlich geht es hier überwiegend um
subjektives Erleben. Einen Helm im Fahrbetrieb zu beurteilen ist von vielen Variablen abhängig. Angefangen bei der
Größe des Fahrers, der Bauart des Motorrads bis hin zu den klimatischen Umständen. All diese Faktoren beeinflussen zwar
auch die Geräuschmessung, da wir hier
jedoch für alle Modelle die gleichen
Bedingungen gewählt haben, sind die
Ergebnisse untereinander absolut ver-
gleichbar. Über Sinn oder Unsinn einzelner Bauteile und Mechanismen lässt sich
hingegen sicher streiten, trotz all dieser
stark subjektiven Faktoren haben wir aber
versucht, die einzelnen Probanden möglichst objektiv zu bewerten, haben Alltagssituationen erlebt oder nachgestellt,
um ein möglichst umfassendes Bild der
jeweiligen Modelle abzuliefern. Ob ein
Helm in Sachen Handling und Komfort
taugt, entscheidet letztendlich die Person,
die mit dem Kopfschutz auf der eigenen
Maschine Tausende Kilometer abspulen
möchte. Wer eine Neuanschaffung plant,
kommt also um eine Probefahrt nicht
herum.
Al/SD
Schalldruckpegel in dB(A) auf der Straße
95
92
84
109
107
102
150 km/h 112
114
112
107
114
116
113
112
112
114
115
111
Shoei »Neotec«
92
103
Shark »Evoline S. 3«
95
107
Scorpion »EXO-900«
93
105
Schuberth »C3 Pro«
95
99
Nolan »N104 N-Com«
87
100
Nexo »Touring III C.«
94
99
LS2 »FF 386 Ride«
87
100
Lazer »Monaco PC«
98
110
HJC »RPHA-MAX«
88
Held »CT-1200 C.«
BMW »System 6 Evo«
50 km/h
100 km/h 105
Caberg »Modus«
Geschwindigkeit
Helm
Für jeden Helm
wurde der
Geräuschpegel
in dB(A) im
Fahrversuch auf
einer Suzuki DL
1000 V-Strom bei
jeweils 50, 100
und 150 km/h
ermittelt.66
112
105
88
60
70
80
90
100
110
120
SPL / dB(A)
50 km/h
100 km/h
150 km/h
Komfort
Bedienung
Geräusch
Komfort
Passform: fühlt sich zunächst sehr gut
an, hinterlässt aber Druckstellen an
der Stirn. Für Brillenträger: sehr gut
geeignet, da Aussparungen vorhanden
sind. Foto-Eignung: gut, Gehäuse stößt
leicht an. Belüftung: deutlicher Luftzug,
Helm wird bei geöffneten Klappen aber
subjektiv lauter. Sichtfeld: keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, einfache Bedienung, setzt auf Nasenspitze auf. Klappmechanismus: hochwertige Gelenke,
Entriegelung auch mit Handschuhen
bedienbar. Visier: rastet in fünf Stufen,
beidseitige Öffnungslaschen, die leicht
zu bedienen sind. Belüftung: hervorragende Bedienung mit Handschuhen.
Preis: ab 540 Euro
Bezug: BMW Motorrad
FAZIT:
Zwischen 50 und 100 km/h nimmt die
Lautstärke im Helm deutlich zu. In
Sachen Handling und Komfort weiß der
»Systemhelm« bei geeigneter Kopfform
allerdings zu überzeugen.
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Helmtest-Teil2.indd 74
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CABERG
So wurde getestet
HELD
»Modus«
»CT-1200«
114
112
110
100
98
60
70
80
90
100
87
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
50 km/h
100 km/h
50 km/h
Komfort
Komfort
Bedienung
Bedienung
Geräusch
Geräusch
Komfort
Passform: fällt eher eng aus und drückt
nach einiger Zeit auf den Ohren. Für
Brillenträger: mäßig geeignet, da keine
Aussparungen vorhanden sind. Foto-Eignung: Gehäuse stößt leicht an. Belüftung:
nur leichter Luftzug am Kopf, von der
Visierbelüftung bekommt der Fahrer
nichts mit. Sichtfeld: Pinlock macht mittig einen Knick und liegt somit deutlich
im Sichtfeld.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: oben, vor allem bei hohen
Geschwindigkeiten unpraktisch. Klappmechanismus: gut zu bedienen, rastet
auf dem Kopf ein. Visier: rastet in fünf
Stufen, beidseitige Öffnungslaschen sind
gut bedienbar.Belüftung: obere Öffnung
hakt etwas, Kinnteilbelüftung rastet
nicht, ist aber einfach bedienbar.
Preis: ab 299,90 Euro
Bezug: Germot
FAZIT:
90
100
110
120
SPL / dB(A)
150 km/h
Der »Modus« ist ein über das gesamte
Messspektrum lauter Helm mit mäßigem
Bedien- und Tragekomfort.
100 km/h
150 km/h
Alle unsere Messwerte wurden von einem
1,85 Meter großen Fahrer auf einer fest definierten Strecke eingefahren. Als Fahrzeug
diente eine Suzuki DL 1000 V-Strom, die eine
bekanntermaßen hohe Geräuschentwicklung aufweist. Der Fahrer trug eine speziell
an sein Ohr angepasste Otoplastik, mit der
ein Messmikrofon im Gehörgang platziert
wurde. Mittels eines Audio-Analyzers wurden die Geräusche bei Tempo 50, 100 und
150 km/h aufgezeichnet und ausgewertet.
Die Ergebnisse sind den jeweiligen Helmen
als Balkendiagramm zugeordnet. Zusätzlich
befindet sich auf Seite 74 eine Übersichtstabelle. Detaillierte Informationen zu den
Messergebnissen in den einzelnen Frequenzbereichen haben wir aus Platzgründen auf
unsere Webseite verlagert.
Für die Bewertung von Passform und
Bedienkomfort mussten sich die Helme
im täglichen Einsatz bewähren. Um eine
direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten,
wurden die Probanden zusätzlich auf einer
festgelegten 30-km-Runde auf dem Rücken
einer Triumph Tiger 800 XC bewertet. Mit
Komfort
Passform: fällt sehr weit aus.
Für Brillenträger: sehr gut geeignet, da
Aussparungen vorhanden sind. Foto-Eignung: mäßig, Gehäuse stößt oben an.
Belüftung: nur leichter Luftzug am Visier,
Belüftung am Kopf ist wirkungslos.
Sichtfeld: Sonnenvisier latent im oberen
Gesichtsfeld.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, sehr schwergängig. Klappmechanismus: gut zu bedienen,
rastet geschlossen und offen sauber ein.
Visier: rastet in zwei Stufen, seitliche
Öffnungslasche ist gut bedienbar. Belüftung: oberer Schieber ist sehr klein, aber
mit Handschuhen bedienbar, Kinnteilbelüftung ist einfach zu bedienen.
Preis: ab 329 Euro
Bezug: Held
FAZIT:
Der »CT« überzeugt mit insgesamt niedrigen Geräuschwerten und einer fast
linearen Zunahme des Lärmpegels. In
Sachen Bedienung und Komfort befindet
sich der Helm im unteren Mittelfeld.
Hilfe eines leicht gefütterten Handschuhs
wurden währenddessen sämtliche Funktionen getestet und anschließend nach den
zuvor festgelegten Kriterien bewertet. Zur
Überprüfung der Foto-Eignung diente mit der
Canon EOS 5D Mark II eine professionelle
DSLR-Kamera. Die Bewertung bezieht sich
also nicht auf Kompakt-Kameras, mit deren
verhältnismäßig kleinen Abmessungen keiner unserer Testkandidaten Probleme haben
dürfte.
Zum Test der Brillentauglichkeit wählten
wir eine Sehhilfe mit eher ausladendem
Format und breiten Bügeln.
www.tourenfahrer.de
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AUSRÜSTUNG
KLAPPHELME IM HÄRTETEST – TEIL 2
HJC
LAZER
RPHA-MAX
107
80
90
100 km/h
99
87
100
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
50 km/h
116
100
94
70
»FF386 Ride«
114
99
60
LS2
»Monaco
Pu re Carbon«
90
95
100
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
150 km/h
50 km/h
100 km/h
50 km/h
Komfort
Komfort
Komfort
Bedienung
Bedienung
Bedienung
Geräusch
Geräusch
Geräusch
Komfort
Passform: sitzt sehr eng, ohne zu drücken,
Nase stößt teils an Atemluftabweiser an.
Für Brillenträger: gut geeignet, da Aussparungen vorhanden sind. Foto-Eignung:
gut, Gehäuse stößt kaum an. Belüftung:
deutlicher Luftzug an Kopf und Visier.
Sichtfeld: keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: oben, vor allem bei hohen
Geschwindigkeiten unpraktisch.
Klappmechanismus: sehr gut zu bedienen, muss aber mit etwas Nachdruck
geschlossen werden. Visier: rastet in
drei Stufen, mittige Öffnungslasche ist
gut bedienbar und mit Verriegelung versehen. Belüftung: obere Taste ist sehr
klein, aber mit Handschuhen bedienbar,
Kinnteilbelüftung ist sehr einfach zu
handhaben.
Preis: ab 399 Euro
Bezug: HJC
FAZIT:
Der HJC glänzt mit Topwerten bei der
Geräuschmessung und konnte auch
hinsichtlich Passform und dem Bedienkomfort auf ganzer Linie überzeugen.
Komfort
Passform: eher eng, nach längerer Fahrt
entsteht Druckgefühl an Wangen und
Kiefer. Für Brillenträger: geeignet, da
Aussparungen vorhanden sind, Brille
stößt je nach Bügel im Helm-Inneren an.
Foto-Eignung: gut, Gehäuse stößt kaum
an. Belüftung: deutlicher Luftzug am
Kopf, Kinnteilbelüftung ist wirkungslos.
Sichtfeld: keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: nicht vorhanden. Klappmechanismus: die innen liegende Öffnungstaste ist nicht mit Handschuhen
bedienbar, das Kinnteil rastet nur mit
Gegendruck am Hinterkopf. Visier: rastet
in vier Stufen, seitliche Öffnungslasche
ist gut bedienbar. Belüftung: beide Tasten sind gut mit Handschuhen bedienbar.
Preis: 489 Euro
Bezug: Cima Motorradbekleidung
FAZIT:
90
100
110
120
SPL / dB(A)
150 km/h
Auch wenn der Lazer ein passables
Ergebnis bei der Geräuschmessung
erzielt, bleibt wegen der schlechten
Bedienbarkeit ein negativer Eindruck
hängen.
100 km/h
150 km/h
6
Komfort
Passform: an den Wangen etwas
weit, sonst gut, keine Druckstellen.
Für Brillenträger: mäßig geeignet, da
keine Aussparungen vorhanden sind.
Foto-Eignung: mäßig, Gehäuse stößt
oben an. Belüftung: die Belüftung ist
weitestgehend wirkungslos. Sichtfeld:
keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, sehr schwergängig, setzt auf Nasenspitze auf.
Klappmechanismus: gut zu bedienen,
rastet geschlossen und offen sauber
ein. Visier: rastet in zwei Stufen, seitliche Öffnungslasche ist gut bedienbar.
Belüftung: Bedienknöpfe sind sehr klein
und etwas hakelig.
Preis: 199,95 Euro
Bezug: LS2
FAZIT:
Hinsichtlich des Preises liefert der
LS2 eine insgesamt solide Vorstellung
im unteren Mittelfeld ab. Bei hoher
Geschwindigkeit wird der Helm deutlich
lauter, während die Differenz zwischen
50 und 100 km/h gering ausfällt.
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NOLAN
NEXO
»Touring III Carbon«
»N104 N-COM«
113
80
90
100 km/h
103
95
100
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
50 km/h
112
107
93
70
»C3 PRO«
112
105
60
SCHUBERTH
90
92
100
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
150 km/h
50 km/h
100 km/h
50 km/h
Komfort
Komfort
Komfort
Bedienung
Bedienung
Bedienung
Geräusch
Geräusch
Geräusch
Komfort
Passform: fällt eher weit aus. Für Brillenträger: sehr gut geeignet, da Aussparungen vorhanden sind. Foto-Eignung:
mäßig, Gehäuse stößt oben an. Belüftung: kaum Luftzug am Visier, Belüftung
am Kopf ist wirkungslos. Sichtfeld: Oberkante des Pinlock-Visiers im Gesichtsfeld.
Komfort
Passform: gute Passform, keine Druckstellen. Für Brillenträger: geeignet,
Aussparungen sind nicht vorhanden.
Foto-Eignung: sehr gut geeignet. Belüftung: mittelmäßige Belüftung am Kopf,
die Kinnteilbelüftung ist weitestgehend
wirkungslos. Sichtfeld: keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, sehr schwergängig, setzt auf Nasenspitze auf.
Klappmechanismus: gut zu öffnen, muss
aber beidhändig geschlossen werden.
Visier: rastet in zwei Stufen, seitliche
Öffnungslasche ist gut bedienbar. Belüftung: oberer Bedienknopf ist sehr klein
und hakelig, Kinnteilbelüftung ist einfach
bedienbar.
Preis: 299,95 Euro
Bezug: Polo Motorrad
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, leicht zu bedienen. Klappmechanismus: ungewohnt
zu bedienen, da zwei Hebel betätigt
werden müssen, schwierig mit dicken
Handschuhen, rastet geschlossen und
offen sauber ein. Visier: rastet in drei
Stufen, mittige Öffnungslasche ist gut
bedienbar. Belüftung: Bedienknöpfe sind
hakelig.
Preis: ab 349,95 Euro
Bezug: Nolan Group
FAZIT:
FAZIT:
Der Bedienkomfort kann nicht überzeugen, vor allem das zweihändige Schließen des Kinnteils fällt negativ auf. In
Sachen Lärmentwicklung siedelt sich der
Nexo im unteren Mittelfeld an.
90
100
110
120
SPL / dB(A)
150 km/h
Ein komfortabler Helm mit guter Passform
und Schwächen bei der Handhabung
des Kinnteils. Ein einzelner Bedienknopf
wäre sinnvoller. Bei der Messung fällt
der Nolan als tendenziell lauter Helm auf.
100 km/h
150 km/h
Komfort
Passform: sehr gute Passform, keine
Druckstellen. Für Brillenträger: geeignet, Aussparungen sind nicht vorhanden.
Foto-Eignung: mäßig, Gehäuse stößt an.
Belüftung: insgesamt sehr gute Belüftung an Kopf und Kinnteil. Sichtfeld:
keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, sehr leicht zu
bedienen. Klappmechanismus: mit
Handschuhen etwas fummelig zu öffnen, muss mit Nachdruck geschlossen
werden. Visier: rastet in fünf Stufen, die
zwei seitlichen Öffnungslaschen sind gut
bedienbar. Belüftung: Bedienknopf am
Kinnteil sehr leichtgängig, am Kopf eher
schwergängig.
Preis: ab 595 Euro
Bezug: Schuberth
FAZIT:
Sehr komfortabler Helm, der im Detail
allerdings noch verbessert werden
könnte. Bei der Geräuschmessung kann
sich der »C3 Pro« lediglich im Mittelfeld
platzieren.
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AUSRÜSTUNG
KLAPPHELME IM HÄRTETEST – TEIL 2
SCORPION
SHARK
»EXO-900 AIR«
»Evoline Series 3«
114
80
90
100 km/h
102
92
100
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
50 km/h
111
107
95
70
»Neotec«
115
109
60
SHOEI
90
84
100
110
120
60
70
80
SPL / dB(A)
150 km/h
50 km/h
100 km/h
50 km/h
Komfort
Komfort
Komfort
Bedienung
Bedienung
Bedienung
Geräusch
Geräusch
Geräusch
Komfort
Passform: gute Passform, aufpumpbares Wangenpolster wirkt eher punktuell,
keine Druckstellen. Für Brillenträger:
mäßig geeignet, da keine Aussparungen vorhanden sind, Brille passt nur mit
Nachdruck hinein. Foto-Eignung: geeignet, Gehäuse stößt etwas an. Belüftung:
insgesamt mäßige Belüftung an Kopf
und Kinnteil. Sichtfeld: keine Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, leicht zu bedienen, öffnet und schließt sehr abrupt.
Klappmechanismus: etwas schwergängig, aber gut zu erreichen, muss mit
Nachdruck geschlossen werden. Visier:
rastet in sechs Stufen, die zwei seitlichen
Öffnungslaschen sind gut bedienbar.
Belüftung: Bedienelemente sind groß,
in der Praxis aber etwas hakelig.
Preis: ab 279,95 Euro
Bezug: Scorpion
FAZIT:
Alles funktioniert, wirkt aber etwas
hölzern. Dazu ist der »EXO« vor allem im
Bereich um 100 km/h sehr laut.
Komfort
Passform: mäßig, am Kopf eng und an
den Wangen eher weit. Für Brillenträger:
mäßig geeignet, da keine Aussparungen vorhanden sind, Brille passt nur mit
Nachdruck hinein. Foto-Eignung: gut
geeignet, Gehäuse stößt nur etwas an.
Belüftung: wirkungslose Belüftung an
Kopf und Kinnteil. Sichtfeld: klein, aber
ohne Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: oben, leichtgängig, aber
bei hohen Geschwindigkeiten unpraktisch. Klappmechanismus: rastet am Hinterkopf, muss mit Nachdruck (am besten
beidhändig) geschlossen werden. Visier:
rastet in neun Stufen, die Öffnungslasche
an der Visieroberkante ist sehr unpraktisch. Belüftung: beide Schieber sind
klein, aber mit Handschuhen bedienbar.
Preis: ab 389,95 Euro
Bezug: Shark
FAZIT:
90
100
110
120
SPL / dB(A)
150 km/h
Sharks eigenständiges Konzept überzeugt weder in Sachen Handhabung noch
in der Passform. Bei der Geräuschwertung führt er die Nachzügler an.
100 km/h
150 km/h
Komfort
Passform: hervorragende Passform.
Für Brillenträger: sehr gut geeignet, da
Aussparungen vorhanden sind. Foto-Eignung: gut geeignet, Gehäuse stößt nur
etwas an. Belüftung: an Kopf und Kinnteil
sehr wirkungsvoll. Sichtfeld: ohne Einschränkungen.
Bedienkomfort:
Sonnenblende: seitlich, sehr leichtgängig. Klappmechanismus: rastet satt ein
und ist mit einer Hand hervorragend zu
bedienen. Visier: rastet in sechs Stufen,
eine seitliche Öffnungslasche, gut mit
Handschuhen zu bedienen. Belüftung:
extrem leichtgängig, hervorragend mit
Handschuhen bedienbar.
Preis: ab 539 Euro
Bezug: Shoei
FAZIT:
Shoei setzt die Benchmark für Trageund Bedienkomfort. Dank des extrem
leisen Werts bei 50 km/h schneidet der
»Neotec« auch bei der Geräuschmessung hervorragend ab, obwohl der Helm
im Bereich um 100 km/h deutlich lauter
wird.
70 TOURENFAHRER 7/2013
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Siegerehrung
Unser Testfeld ist mit zwölf Klapphelmen
vom 200 Euro günstigen LS2 bis hin zu den
hochpreisigen Vertretern über 500 Euro breit
aufgestellt. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich bei der Schlagprüfung, bei der
Geräuschmessung, aber auch hinsichtlich
Ausstattung, Komfort und Passform zwischen manchen Kandidaten eine große Kluft
auftut. Tatsächlich liefern die hochpreisigen
Helme größtenteils die besten Ergebnisse.
Unsere TF-Empfehlungen sind im ersten und
zweiten Teil des Klapphelm-Tests beinahe
deckungsgleich geblieben. Nur der Nolan
»N104« bekommt in dieser Ausgabe keine
Empfehlung, die restlichen Top-Probanden
behalten dieses Prädikat, leisten sich aber
auch in Teilbereichen Schwächen. So schneiden erstaunlicherweise der »C3 PRO« von
Schuberth sowie BMWs »System 6« bei der
Geräuschmessung nur mittelmäßig ab, und
damit bleiben beide hinter den Erwartungen
zurück.
Ein ganz klarer Gewinner in diesem Test
ist der »RPHA-MAX« von HJC. Mit knapp
400 Euro zwar im gehobenen Preissegment
angesiedelt, konnte er die Tester schon
im ersten Teil von seinen Qualitäten überzeugen. Bei der Geräuschmessung legt er
noch einmal zu: Bei der 150-km/h-Messung
liefert der Helm mit 107 dB einen Wert, den
einige Mitbewerber schon bei Tempo 100
knacken. Einen Überraschungssieg fährt in
dieser Wertung auch der Held »CT-1200 C«
ein. Dank einem sehr geringen Startwert
bei 50 km/h und einem fast gleichmäßigen
Anstieg des Geräuschpegels bei 100 und 150
km/h liefert der Carbon-Helm zwar in keinem
Bereich einen Topwert, überzeugt aber in
der Summe der Ergebnisse. Ähnlich verhält
es sich mit Shoeis »Neotec«, der in beiden
Teilen des Tests zur Spitzengruppe gehört.
In der Summe können wir dem Helm ein sehr
gutes Geräuschverhalten attestieren. Zu
berücksichtigen ist aber der hohe Anstieg
im landstraßenrelevanten Bereich zwischen
50 und 100 km/h. Der höchste Lärmpegel
bei 50 km/h und 100 km/h wurde im Caberg
»Modus« gemessen. Bei 150 km/h liefert der
LS2 den höchsten Wert.
Bezugsnachweis
Die Adressen der Hersteller
finden Sie im Internet unter:
www.tourenfahrer.de
Beim Bedienkomfort stellte sich während
des Tests manchmal die Frage, wie nah die
Entwicklungsabteilungen der Hersteller an
der Fahrpraxis dran sind. In manchen Fällen
muss man leider sagen: gar nicht! Wenn
man zum Schließen eines Klapphelms beide
Hände braucht oder mit Handschuhen gar
nicht an den innen liegenden Öffnungsmechanismus kommt, ist der Praxisnutzen auf
Tour und im Alltag in weite Ferne gerückt.
Gleiches gilt für die zum Teil sehr kleinen
und hakelig bedienbaren Belüftungsöffnungen. Dabei ist eine geöffnete Luke noch kein
Garant für direkte Luftzufuhr. So manche
Belüftung ist weitestgehend wirkungslos.
Klapphelme werden gerne von Brillenträgern genutzt, eine Aussparung für Brillenbügel sollte gerade bei dieser Helmgattung
also obligatorisch sein. Aber weit gefehlt. Bei
manchen Helmen ist es nur eine Frage der
Zeit, bis ein Brillenbügel nachgibt. Vor dem
Auf- und Abziehen des Helms sollte die Sehhilfe aber so oder so von der Nase genommen
werden. Apropos, Langnasen aufgepasst:
Manch eine Sonnenblende nimmt ausgeklappt sofort Kontakt mit dem Riechorgan
auf. Das ist nicht nur nervig, sondern auf
Dauer auch schmerzhaft und führt im Endeffekt zum Nichtgebrauch des eigentlich sehr
sinnvollen Ausstattungs-Features.
Besonders auffällig waren das aufpumpbare Wangenpolster des Scorpion »EXO-900
Air« sowie die am oberen Rand des Visiers
angebrachte Öffnungslasche des Shark
»Evoline Series 3«. Ersteres funktioniert nur
sehr punktuell, macht aber grundsätzlich
keinen schlechten Eindruck. Zweiteres ist im
Hinblick auf die Konstruktion – das Kinnteil
ist komplett umklappbar – einleuchtend, aber
auch sehr gewöhnungsbedürftig.
And the winner is ... ?
In loser Reihenfolge und direkt beim
Namen genannt: BMW, HJC, Schuberth und
Shoei. Unterm Strich können diese vier in
der Summe ihrer Eigenschaften sowohl bei
den reinen Messkriterien als auch in der
persönlichen Beurteilung überzeugen. Damit
bewegen wir uns in der Preisklasse ab 400
Euro aufwärts. Aber heißt das im Umkehrschluss: Was nichts kostet, ist nichts? Nein,
denn unabhängig davon, was ein Helm kostet,
muss er bequem sitzen und den Ansprüchen
des Trägers gerecht werden. Also auf zur
Probefahrt!
BMW
»Systemhelm 6 Evo«
HJC
»RPHA-MAX«
SCHUBERTH
»C3 PRO«
SHOEI
»Neotec«
7/2013 TOURENFAHRER 71
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