Terra Preta – Entstehungsgeschichte, Nutzungsmöglichkeiten und
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Terra Preta – Entstehungsgeschichte, Nutzungsmöglichkeiten und
Terra Preta – Entstehungsgeschichte, Nutzungsmöglichkeiten und Perspektiven Dr. Ines Vogel, Dr. Robert Wagner, Florian Worzyk, Freie Universität Berlin Dr. Haiko Pieplow Biokohle und Terra Preta – Betrachtungen aus Sicht des Naturschutzes - BfN Leipzig, 03.11.2011 Was ist Terra Preta? Terra Preta do(s) Indio(s) - schwarze Böden mit sehr hoher Fruchtbarkeit - außergewöhnlichem Nährstoff- und Wasserbindungsvermögen - bis zu mehrere Meter mächtig - Entstehungsalter der Terra Preta ist von 500 bis auf mehrere 1.000 a - hohe Stabilität gegenüber natürlichen und anthropogenen Einflüssen „…roughly defined as a soil characterized by a several decimeter-thick topsoil horizon with high levels of SOM, biochar, and nutrients (especially phosphorus) and which contains archaeological artefacts of pre-Columbian origin.“* Abb.1: Böden im Amazonasbecken. Links: ein typischer nährstoffarmer Boden; Rechts: eine holzkohlereiche Terra Preta do Indio (Glaser & Birk 2011*) *Glaser B. and Birk J. J. State of the scientific knowledge on properties and genesis of Anthropogenic Dark Earths in Central Amazonia (terra preta de I´ndio). Geochim. Cosmochim. Acta (2011), doi:10.1016/j.gca.2010.11.029 Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Terra Preta als Modell für nachhaltige Landwirtschaft mit CO2-Speicherung Zusammensetzung: Holzkohle, Asche Pflanzenrückstände, Knochen, Fischgräten, menschliche Exkremente, Tonscherben (ca. 8.000 - 12.000 Gefäße/ha) Nährstoffreiche organische Abfälle Mikrobielle Umsetzung und Stabilisierung durch Humifizierung und Bildung von organomineralischen Komplexen (besondere Rolle von Pilzen) Biokohle/Pflanzenkohle als zentraler Bestandteil Biochar (multifunktionelle Matrix) Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Was ist Terra Preta? Kenndaten, Eigenschaften und Besonderheiten der Terra Preta dos Indios - 1 • Flächenausdehnung: ca. 10 % des Amazonasgebiets (Terra Preta Gebiete zwischen 0,1 und 300 ha) • Hohe Stabilität gegenüber äußeren Einflüssen und mikrobiellem Abbau • Böden sind „ohne Mineraldüngung“ außerordentlich fruchtbar (mehrfacher Ertrag) • Hohe Dauerhumusgehalte – hoher Anteil an stabiler organischer Substanz neben einem Anteil leicht abbaubarer organischer Bodensubstanz (OS) - 3x höhere Gehalte an stabiler OS als umliegende Böden (Glaser 2007) - Höhere Qualität der OS: enthält höhere Mengen an CarboxylGruppen und aromatischen Strukturen (Zech et al., 1990; Cunha et al., 2009) Was ist Terra Preta? Kenndaten, Eigenschaften und Besonderheiten der Terra Preta dos Indios - 2 • hohe Kationenaustauschkapazität (CEC of 13–25 cmolc/kg) (Sombroek, 1966; Zech et al., 1990; Glaser et al., 2001; Glaser et al., 2003; Lehmann et al., 2003; Glaser, 2007; Falca˜o et al., 2009) • hohe Nährstoffgehalte als in umliegenden Böden: hohe Gehalte an P, N, K, Ca, Mg, K, Zn (Sombroek, 1966; Zech et al., 1990; Costa and Kern, 1999; Woods and McCann, 1999; Glaser et al., 2001; Lehmann et al., 2003; Glaser, 2007; Falca˜o et al., 2009) • hohes Wasserspeichervermögen • günstige Porenstruktur – besserer Lufthaushalt • hohe pH-Werte (5,2…6,4) gegenüber den umliegenden, oft sehr sauren Böden (Glaser und Birk 2011) Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Biochar (multifunktionelle Matrix) Biokohle/Pflanzenkohle = verkohltes organisches Material, Herstellung durch Verkohlung bei Temperaturen < 700°C und O2-Abwesenheit Eigenschaften abhängig von: - Verkohlungstemperaturen sowie -drücken - Ausgangssubstanzen Stabilität und Nährstoffspeichervermögen von Biokohle sind sehr viel effektiver als das der organischen Bodensubstanz (Lehmann u. Joseph, 2009) „Schwamm im Boden“ Notwendigkeit der Aktivierung/Aufladung vor Einbringung in Böden Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Biochar (multifunktionelle Matrix) Physikalische Eigenschaften (Downie et al. 2009) - hohe Porösität - hohe spezifische Oberfläche - Poren unterschiedlicher Größe Ausgangsstoffe Herstellungsprozess Chemische Eigenschaften (Amonette & Joseph 2009, Krull et al. 2009) - Biokohle, die bei Temperaturen > 350°C hergestellt wird, wird durch aromatische C-Strukturen mit geringem H/C-Verhältnis dominiert - funktionelle Gruppen an der Oberfläche (Oberflächenoxidation, Reaktionen im sauren und basischen Milieu), die Ionen und organische Moleküle adsorbieren können Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Biochar (multifunktionelle Matrix) Biologische Eigenschaften (Thies & Rillig 2009) - Poren der Biokohle dienen als Habitat für diverse Bodenorganismen (spezielle Milieuprägung in Mikroporen, Versorgung mit C, Energie, Nährstoffen, Schutz vor Konkurrenten) - Biokohle stimuliert die Aktivität diverser Bodenmikroorganismen - Besiedlung insbesondere durch Pilze - Biokohle selbst bietet keine Nahrung für Mikroorganismen, jedoch die Bioöle (Kondensate – Reste der Pyrolyse) an der Oberfläche sowie die dort adsorbierten Verbindungen Mykorrhiza-Pilzhyphe aus einer keimenden Spore in BiokohlePoren wachsend (Ogawa, 1994) Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie SM Tsai et al.: The Microbial World of Terra Preta, S. 302 in WI Woods et al., Amazonian Dark Earths: Wim Sombroek’s Vision, Springer Science + Business Media B.V. 2009 Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Biochar (multifunktionelle Matrix) Nährstoffeigenschaften (Chan und Xu 2009) - Biokohle kann Nährstoffe enthalten, Nährstoffe speichern oder durch verbesserte Bodenreaktion verfügbar machen - Obwohl Biokohle meist ein weites C/NVerhältnis aufweist (60…70:1) erfolgt keine N-Immobilisierung da der enthaltene C sehr abbaustabil ist. - teilweise hoher Karbonatgehalt Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Biochar (multifunktionelle Matrix) Funktionen - Erhöhung der Wasserhaltekapazität – Speicherung von Wasser bis zum 5fachen des Eigengewichts (Schmidt 2011) - Beeinflussung der Nährstoffauswaschung durch Rückhaltung von positiv geladenen Nährstoffionen durch die negativ geladene Oberfläche der Biokohle - Beeinflussung der Nährstofftransformationsprozesse im Boden über die Beeinflussung der Bodenreaktion, Adsorptionsprozesse,… - Verbesserung der Nährstoffspeicherung und Erhöhung der Düngeeffizienz - Reduktion von Treibhausgasemmissionen, u. a. durch bessere Bodendurchlüftung und Bodenreaktion - Biokohle verringert die Verfügbarkeit/Bioverfügbarkeit, Toxizität und Mobilität organischer Schadstoffe - Förderung von Biomasse, Aktivität und Diversität der Bodenorganismen - Förderung von Wurzelmykorrhizen Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Terra Preta die neue Wundererde? Biochar (multifunktionelle Matrix) Nährstoffreiche organische Abfälle Düngeeffizienz Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Ziel: Aufbau einer nachhaltigen Humuswirtschaft Anreicherung und langfristige Speicherung von Kohlenstoff in biologisch aktiven Böden Terra Preta Substrat Potenzial zur C-Sequestrierung - Klimawirkung von Biokohle / Terra Preta 8% des atmosphärischen CO2 werden jedes Jahr durch Pflanzen absorbiert. (Flannery 2009) Durch die Konversion von 1 % Pflanzen-Netto-Masse der Erde zu Biokohle sind 10 % der anthropogenen CO2 -Emissionen auffangbar. (Lehmann & Joseph, 2009) Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Fotos: www.laterra‐forschung.de Forschung für Klima und Nachhaltigkeit Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie „Schließung von Kreisläufen durch Energie- und Stoffstrommanagement bei Nutzung der Terra-PretaTechnologie im Botanischen Garten im Hinblick auf Ressourceneffizienz und Klimaschutz – Modellprojekt Urban farming“ Laufzeit: 10.2010 – 08.2013 Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Hintergrund: Stoffflüsse im Botanischen Garten Berlin-Dahlem (1) Tab.: Jährliche Menge an Pflanzenresten Stoff m³/a Grünschnitt 750 Langgras 230 Gehölzschnitt 350 Stammholz 150 Tab.: Bedarf an Kompost und Fertigerden (2008 – 2010) Material m³ Torf/ Torfsubstrat 177 Kompost 306 Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Hintergrund: Stoffflüsse im Botanischen Garten Berlin-Dahlem (2) Zusätzlich großes Potenzial an Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Kalium Tab.: Nährstoffdargebot Besucher Stoff kg/a Organischer Trockenrückstand (oTR) 5.600 Stickstoff 1.041 Phosphor 119 Urin (m³) 47 Tab.: Bedarf an Dünger (2008 – 2010) Material kg bzw. l Dünger fest 8000 Dünger flüssig 430 Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie 260.000 Besucher pro Jahr Zielstellung: Schließung betriebsinterner, kleinräumiger Stoffkreisläufe • effektive Verwertung von Rest- und Abfallstoffen • Herstellung von hochwertigen Pflanzsubstraten • Vermeidung von Nährstoffverlusten erwartete Effekte: • Verbesserte CO2-Bilanz • Kostensenkung bei Einkauf und Entsorgung • Verringerung des Wasserverbrauchs Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Abb.: Angestrebter Stoffkreislauf im Botanischen Garten Vorgehen: Herstellung von Pflanzenkohlesubstraten (Terra Preta – Substrate) Untersuchung von 2 Herstellungsprozessen auf Qualität und Stabilität des Endproduktes Untersuchung des Einflusses der Biokohle (0%, 5%, 10%, 15%) Untersuchung des Einflusses verschiedenster Biomassezusammensetzungen und Erdanteile Impfkulturen (z.B. EM) + Melasse Abb.: Inputmaterialien Anlieferung und Aufbereitung der Biomassen und Vermengen mit gewässerter Pflanzenkohle 1 Milchsäuregärung Vererdung 2 Aufbereitung/ Siebung 10 mm Pflanzenkohlesubstrate Kompostierung Zeit in Wochen 1 2 6 …bis zu 30 Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie 31 Vorgehen: Nährstofferschließung - Trennung der Stoffströme Einbau eines dezentralen Sannitärsystems 1) Feststoffe werden aus dem Abwasser ausgeleitet 2) Urin der männlichen Besucher aufgefangen (waterless urinal) Abb.: Wasserspartoilette mit max. 3,5 Liter Spülwassermenge Abb.: Lageplan dezentrales Sannitärsystem Frage: Können Fäkalien zur Herstellung von Substraten genutzt werden? Hygienisierungsproblematik Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Kleinversuchsanlage – Variation verschiedener Parameter • Biomassezusammensetzungen (Gras, Stauden, Laub…) • Kohleanteile (0%, 5%, 10%, 15%) • Erdanteile (0% - 50%) • Feuchte • Anteil Effektive Mikroorganismen für Fermentation • Anteil Melasse für Fermentation • Zeit •… Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Großversuch – Herstellung von Substraten für Parzellenversuche • 2 Mieten Kompostierung, 2 Mieten Fermentierung • jeweils 0% und 15% Pflanzenkohle • ca. jeweils 15 m³ • 4 Wochen Rotte bzw. Fermentation • 6 27.10.2011 Monate Vererdung Verbundprojekt LaTerra „Nachhaltige Landnutzung durch regionales Energie- und Stoffstrommanagement bei der Nutzung der Terra Preta Technologie auf militärischen Konversionsflächen und ertragsschwachen Standorten“ www.laterra-forschung.de Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Projektstruktur Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Projektziele Scha d stoffa b g der Erhöhun rkeit a b t h c u r Bodenf bau Inwertsetzung und Steigerung des ökologischen und ökonomischen Potentials von kontaminierten Böden und devastierten Flächen mit Terra Preta Substrat auf Grundlage einer regionalen Verwertung von biogenen Abfallstoffen (und NawaRo) N nbau A o awaR Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Sch von K ließen reislä ufen Regionalprojekt 1 - Schadstoffabbau Im Regionalprojekt 1 (Brandenburg Landkreis Teltow Fläming) soll das TPS auf militärischen Konversionsflächen eingesetzt werden, die vor allem mit PAK und MKW kontaminiert sind. Hier soll überprüft werden, ob durch den Einsatz von TPS der Schadstoffabbau beschleunigt wird und ggf. die Flächen für die Produktion von nachwachsenden Rohstoffen zur Verfügung stehen. Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Bodenentnahme MKW‐Bodenkontamination Kontaminationsgehalte nach Homogenisierung MKWBoden PAK Boden MKW Gehalt mg/kg 5900 90 PAK – Gehalt mg/kg 0,7 277 PAK‐Bodenkontamination Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Regionalprojekt 2 – Rekultivierung von Kippflächen Im Regionalprojekt 2 (Westlausitz Landkreis Oberspreewald-Lausitz) steht die Rekultivierung von Kippböden (Neulandböden) des Braunkohlebergbaus im Vordergrund. In diesem Zusammenhang wird die pflanzenbauliche Aufwertung devastierter Böden angestrebt – die Wiederherstellung von Bodenfunktionen sowie der Aufbau organischer Bodensubstanz. Kippböden/Neulandböden Welzow Flächige Einarbeitung der TPS Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Regionalprojekt 3 – Wiederaufforstung Windwurfflächen Im Regionalprojekt 3 (NRW Stadt Schmallenberg) soll durch den Einsatz von TPS die Wiederaufforstung von großflächigen Windwurfflächen unterstützt werden. Die Böden sollen stabilisiert, die Anzuchtleistung verbessert sowie Nährstoffverluste verringert werden. Punktuelle Einarbeitung der TPS Flächige Einarbeitung der TPS Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Perspektiven Bodenschutz Klima Nachhaltigkeit Vielfältige Einsatzmöglichkeiten um mit Düngeeffizienz Biokohlesubstraten die Qualität und Funktionalität von Böden zu verbessern, die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, Kohlenstoff in Böden zu speichern, regionale Kreisläufe zu schließen. Düngeeffizienz Torfersatz Biodiversität Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Dr. Ines Vogel, Freie Universität Berlin, AG Geoökologie