Landschaft im Wandel
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Landschaft im Wandel
Das Weltatlas Magazin • 02 / 2009 • www.diercke.de 360° Landschaft im Wandel 6 Das Rheinische Braunkohlenrevier Unterrichtseinheit Sek I 10 14 19 Gletscherschwund als Touristenattraktion Unterrichtseinheit Sek l Ölsand aus Alberta/Kanada Unterrichtseinheit Sek l 30 Landschaftswandel am Aralsee Unterrichtseinheit Sek lI Neuerscheinung Das Geographische Seminar Diercke 360° INTERVIEW Diercke Weltatlas Magazin Oliver Rohrbeck * 21. März 1965 Hörspielsprecher, Produzent und Veranstalter Im Gespräch mit Oliver Rohrbeck Diercke-Redaktion: Diercke-Redaktion: Was fällt Ihnen spontan zum Diercke Weltatlas ein? Wann und warum haben Sie das letzte Mal in den Diercke geschaut? Oliver Rohrbeck: Der Diercke Weltatlas ist der ultimative Begleiter in der Schule gewesen. Natürlich wog die Schultasche besonders viel, wenn man ihn mit nach Hause nehmen musste, um damit zu arbeiten. Der Diercke Weltatlas hat einem als Kind das erste Empfinden für Karten und somit die Welt an sich gegeben. Diercke-Redaktion: Oliver Rohrbeck: Ich habe erst vor einem Monat mal wieder in ein altes Exemplar gesehen, weil es mir in die Hände geriet und ich blätterte darin herum. In diesem Exemplar war Deutschland noch geteilt. Sofort fängt man an zu überlegen, wie das damals alles war und was sich seitdem geändert hat. Es ist schön, dass es keine Grenzen mehr gibt. Gibt es eine Karte, die Ihnen in Erinnerung geblieben ist? Oliver Rohrbeck: Ich habe mir schon immer gern die Karten der anderen Kontinente angesehen, die von uns aus so unerreichbar weit weg schienen. Australien, Ozeanien, Amerika etc. Die Karten mit den Bodenbeschaffenheiten waren nie so mein Favorit, aber es war natürlich gut, dass es sie gab. Diercke-Redaktion: Besitzen Sie noch Ihren alten Schul-Diercke? Oliver Rohrbeck: Nein, leider nicht mehr. Diercke-Redaktion: Was wünschen Sie dem Diercke für die Zukunft? Diercke-Redaktion: Was macht den Diercke für Sie außergewöhnlich? Oliver Rohrbeck: Oliver Rohrbeck: Ich wünsche Diercke weiterhin alles Gute und ein erfolgreiches Fortbestehen. Möge der Atlas auch weiterhin so sorgfältig verlegt werden. Er ist ausführlich, exakt und gut aufbereitet. Bei mir regt er die Reiselust an. zum Titelbild: Himmelstreppe von Silvio Martin, Oberhausen 2009 – www.solidaridad.de Die Landmarke „Himmelstreppe“ auf der Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen ist eine der vielen ehemaligen Bergbauhalden im Ruhrgebiet. Zur Hochzeit der Montanindustrie prägten die vielen ehemals „nur“ 20 bis 40 m hohen grauen Berge das Bild des Ruhrreviers. Aufgrund der geringen Verdichtung des Bergbauabraums reagierte die zutage geförderte Restkohle mit Sauerstoff und entzündete sich. Zusammen mit den qualmenden Schloten der Industrie entstand das immanente Bild des dreckigen, grauen, stinkenden und rauchenden Ruhrgebietes. Die Halden rauchten und kokelten. Erst mit dem endgültigen Niedergang der Montanindustrie wurden die zahlreichen kleineren Halden zu großen Bergehalden zusammengefügt. Die sogenannten Landschaftsbauwerke sind heute ein deutliches Zeichen des vollzogenen Landschaftswandels und eingebettet in das System der Landmarken im Ruhrgebiet. Im Rahmen der IBA-Emscherpark, der internationalen Bauausstellung im Ruhrgebiet, installierte der Regionalverband Ruhrgebiet auf den größten der bis zu hundert Meter hohen „neuen Berge“ künstlerische Objekte, die weithin sichtbar sind. Die Skulptur „Himmelstreppe“ wurde 1999 von Herman Prigrann fertig gestellt. Die 12 m hohe Skulptur besteht aus 35 Betonquadern und ist bei guter Sicht vom Landschaftspark Duisburg-Nord oder vom Florian-Fernsehturm in Dortmund zu sehen. Sebastian Schlüter 2 Liebe Leserin, lieber Leser, in dieser Ausgabe steht der Landschaftswandel im Blickpunkt. Auch zu diesem vielfältigem Thema bietet der Diercke Weltatlas eine Vielzahl an Kartenmaterial, das Sie zusammen mit den spannenden 360°-Unterrichtseinheiten einsetzen können. Im wissenschaftlichen Einführungsartikel wird das Thema Landschaftswandel mithilfe ausgewählter Atlaskarten verdeutlicht. Das „Rheinische Braunkohlenrevier“ wird in der ersten Unterrichtseinheit thematisiert, welches erheblichen Einfluss auf Menschen und Landschaft im Abbaugebiet hat. Ein ganz anderes Beispiel für Landschaftswandel in Verbindung mit dem Klimawandel ist der zu beobachtende Rückzug der Gletscher. Seit 125 Jahren zieht der Rhonegletscher Touristen in seinen Bann, die in erster Linie seine mächtige Eiszunge bewundern. Die dritte Einheit thematisiert den umstrittenen Ölsandabbau in Kanada als mögliche Lösung für den steigenden Weltenergiebedarf. Der Aralsee war einmal das viertgrößte Binnenmeer der Erde. Bald könnte er von der Erdoberfläche Inhalt 2 4 6 10 Interview – mit Oliver Rohrbeck Prof. Dr. Hansjörg Küster: Landkarten als Belege für Landschaftswandel Dr. Siegfried Schacht: Das Rheinische Braunkohlenrevier (Unterrichtseinheit Sek l) Cecilia Hoppe: Klimawandel und Gletscherschwund als Touristenattraktion? 14 19 (Unterrichtseinheit Sek l) Prof. Dr. Yvonne Schleicher: Ölsand aus Alberta/Kanada (Unterrichtseinheit Sek l, evtl. Sek lI) Knut Heyden: Landschaftswandel am Aralsee verschwunden sein. Warum, das erfahren Sie in der vierten Unterrichtseinheit. Die Lösungen zu diesen 360°-Arbeitsblättern bieten wir Ihnen für 99 Cent im Internet unter www.diercke. de/360Grad zum Download an. Im zweiten Teil des Magazins halten wir für Sie wieder spannende Neuigkeiten rund um den Diercke Weltatlas bereit. Welche ökologischen Spuren hinterlässt eigentlich ein 360°-Magazin? Einstieg in die Kartenarbeit - die neue Diercke Lernkartei. Vorankündigung: Diercke multimediale Methoden. Das neue Lehrermaterial zum Einsatz von verschiedenen Medien im Unterricht. Das neue geographische Seminar – die ersten Bände und vieles mehr. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und viele neue und gute Impulse für ihren Unterricht. Ihre Diercke 360°-Redaktion 24 25 27 28 29 30 31 Gewinnspiel Diercke Lernkartei Diercke multimediale Methoden Diercke digitale Wandkarten im Einsatz Diercke Drei – das Programm für den fächerübergreifenden Unterricht Das neue Geographische Seminar Diercke forscht - Print vs. Online (Unterrichtseinheit Sek lI) 3 Diercke 360° Titelthema Diercke Weltatlas Magazin Landkarten als Belege für Landschaftswandel Landschaft hat Geschichte; sie wandelt sich im Lauf der Zeit. Besonders gut lässt sich das an den vielen Landschaftsveränderungen des Industriezeitalters demonstrieren. Riesige Mengen an Rohstoffen wurden ausgebeutet, die man in großen Industrieanlagen verarbeitete. In anderen Fabriken wurden Maschinen gebaut. In deren Nähe entstanden Wohngebiete. Die Stätten des Wohnens und des Arbeitens, die Orte der Rohstoffgewinnung und der industriellen Produktion wurden durch Verkehrswege verbunden. Später kam eine andere Form des Landschaftswandels hinzu: Ausgebeutete Bergwerke wurden aufgegeben, Fabriken stillgelegt, Verkehrswege abgebaut. Neue Landschaften wurden geformt, wo ehemals graue Industrie vorherrschte. Neue Landschaft aus Menschenhand Im neuen Diercke Weltatlas lassen sich beide Phänomene erkunden: Landschaftswandel durch Etablierung von Bergbau, Industrie und Energiegewinnung einerseits, Landschaftswandel durch Aufgabe der intensiven industriellen Nutzung andererseits. Industrie und Rohstoffausbeutung geben ganzen Landschaften einen neuen Charakter, zwischen Köln und Aachen (Diercke u S. 51, Diercke 2 u S. 39), in Kanada (198.1), Brasilien (243.4, 168.4) sowie auf Borneo und Celebes (180/181, 142/143). Riesige Verkehrsanlagen wurden geschaffen, beispielsweise in den Niederlanden (109, 83) und am neuen Flughafen von Hahn (63.7). Landschaften wurden für die Gewinnung von Energie verändert, durch Stauseen wie am Jangtsekiang (173) oder durch Nutzung der Windkraft in Deutschland (53.4, 39.3). Der Oberrhein wurde seit dem 19. Jahrhundert reguliert (43); die Bedingungen für die Schifffahrt sollten verbessert, die Hochwassergefahr minimiert und neue landwirtschaftliche Nutzfläche gewonnen werden. Später baute man Kraftwerke zur Energiegewinnung. Städte wuchsen und wurden Vom Mensch ausgelöster Landschaftswandel: Industrieanlagen in Rositz (Thüringen) 1994. Die Fabrik im Hintergrund wird abgebrochen; die Eisenbahnlinie ist inzwischen stillgelegt. Zu erkennen ist, dass die Natur Flächen zurückerobert: Kräuter und Büsche breiten sich auf nicht mehr genutzten Bahngleisen aus. 4 zum Autor: Prof. Dr. Hansjörg Küster Leibniz Universität Hannover Arbeitsschwerpunkte: Grundlagen Ökologie, Landschaftswissenschaft, Vegetations- und Landschaftsgeschichte umgebaut, z.B. Hamburg (31, 49.5), Wolfsburg (33.1, 28.1) und Berlin (34/35, 26/27); Dubai entwickelte sich innerhalb weniger Jahrzehnte zu einer Megastadt am Meer mit künstlichen Küstenformen (163, 127). Die großen Industriegebiete des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erfahren einen tief greifenden Strukturwandel. Das ist im Ruhrgebiet (36/37, 30/31) genauso zu beobachten wie bei Halle und Leipzig (38/39, 29), in FrankfurtHöchst (41.2), im grenzüberschreitenden Industriegebiet von Luxemburg, Lothringen und Saarland (42) sowie in Mittelengland (111.4, 85.1). Die Landnutzung veränderte sich, in Afrika (134/135, 104/105) wie in Südamerika (Brasilien: 219.4 und 5, 169.5, Honduras: 208.2,162.2). Nach der Neulandgewinnung an der Küste kann Land anders und intensiver genutzt werden, an der deutschen Nordseeküste (28.1, 24.1) wie vor allem in den Niederlanden (107.1/2). Dort sind die Küstenveränderungen derart umfangreich, dass die Physische Übersichtskarte Europas (78, 62) neu gezeichnet werden musste. Große Mengen an Wasser, die bislang in den Aralsee geströmt sind, wurden zur Bewässerung von Baumwollfeldern abgeleitet. Die Fläche des Sees wird immer kleiner (157.1, 123.1). Physische Karten von Asien mussten neu gezeichnet werden (146.3, 152/153, 114.3, 118/119). Auf Landschaften der ganzen Welt könnte sich der derzeit prognostizierte Klimawandel (232) auswirken – oder bereits ausgewirkt haben: Gletscher schwinden, zum Beispiel der Rhonegletscher (102.2, 78.2). Natürlicher Landschaftswandel Noch vor wenigen Jahren machte man sich über alle diese Phänomene kaum Gedanken. Man lernte die Welt als eine fest gefügte Konstante oder als im Gleichgewicht befindlich kennen. Nun scheint Vieles aus den Fugen geraten zu sein, und das Problem des Wandels beherrscht nicht nur die wissenschaftliche, sondern auch die öffentliche Diskussion. Der neue Diercke Atlas liefert sehr viel Material, die in der Öffentlichkeit präsenten Probleme zu versachlichen. Dazu gehört ein weiterer besonders wichtiger Aspekt, der sich im Diercke erkunden lässt: Landschaftswandel wird keineswegs nur durch Industrialisierung und Deindustrialisierung ausgelöst, sondern ist ein stets präsentes Phänomen. In den letzten Jahrtausenden kam es zu dramatischen Klimaveränderungen ohne jeglichen Zusammenhang zur Tätigkeit des Menschen. Vor 18000 Jahren waren große Teile Europas und der Erde von Eis bedeckt (79.2 und 236.2, 63.2), Laubwälder auf kleine Gebiete begrenzt, der Meeresspiegel um über 100 Meter abgesunken, so dass die Umrisskarte von Europa anders aussah als heute. Mit der Eisbedeckung und -entlastung über Nordeuropa war eine erhebliche Veränderung der Küstenlinien der Ostsee verbunden (29, 25). Das „El Niño“ genannte Witterungsereignis tritt natürlicherweise auf (189.2); man diskutiert aber darüber, ob Stärke und Häufigkeit solcher Ereignisse durch menschliches Handeln auf der Erde gefördert werden. In der Karibik gab es immer schon Hurrikans wie „Katrina“ im Jahr 2005 (197.2, 155.2). Intensität und Häufigkeit solcher Wirbelstürme könnten infolge des prognostizierten Klimawandels zunehmen. Gewaltige Zerstörungen, Deich- und Dammbrüche können mit solchen Witterungsereignis- sen zusammenhängen. Auch in lange zurückliegender Vergangenheit gab es stets das Phänomen Landschaftswandel. Das lässt sich an der Kontinentaldrift (224, 174) oder auch an verlassenen Flussschlingen deutlich machen (15.3); sie sind heute trocken gefallen, während der Fluss eine neue Bahn gefunden hat. Man muss sich mit festen Bildern, zu denen konstante Landkarten gehören, genauso befassen wie mit dem Phänomen des Wandels. Es war sicher falsch, den Wandel so wenig zu beachten wie noch vor wenigen Jahrzehnten. Aber es ist auch falsch, Landschaftswandel als ein grundsätzlich neues Phänomen anzusehen. Natur ist einem beständigen Wandel unterworfen. Wenn man sich mit dem Wandel befasst, wird klar, dass jede Landkarte nur eine Momentaufnahme ist. Man lernt dabei etwas Wesentliches über Landkarten: Sie müssen ständig aktualisiert werden, um der aktuellen Situation gerecht zu werden. Korrekturen werden beispielsweise notwendig, wenn die neuen Schnellbahnen von Hamburg (31.3) und Dubai (163.3, 127.3) fertig gestellt sind, andere Bahnen stillgelegt, Autobahnen eröffnet oder Bergwerke aufgelassen werden. Auch Inseln könnten verschwinden oder neu entstehen (nicht nur durch den Einfluss des Menschen). siert. Doch das ist grundsätzlich nicht möglich: Unsere Erklärungen der Landschaften brauchen eine feste Basis, nämlich die gezeichnete oder gedruckte Karte. Wir benötigen dazu die Erkenntnis, dass alles, was wir erklären, sich weiter entwickelt. ”Alles fließt”, das wussten bereits die alten Griechen, auch alles das, was einer Karte zugrunde liegt. Doch ohne Landkarten können wir auch den Wandel nicht erklären. Der Vergleich von Karten aus unterschiedlichen Zeiten ist die einzige exakte Basis für dessen Erfassung. Literatur: Küster, H.: Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa. C.H. Beck, München, 3. Auflage 1999. Fazit Bei der Aktualisierung von Atlanten kann jeder mithelfen (auch jeder Schüler!), und regelmäßig müssen neue Atlanten in Umlauf gebracht werden. Die Tatsache, dass sich die Öffentlichkeit des Wandels stärker bewusst wurde, fordert die Geographie heraus. Die Aktualisierung von Karten ist besonders kompliziert. Man könnte hier fordern, dass Karten nur noch im Internet verbreitet werden sollten, und zwar stets aktuali- Natürlicher Landschaftswandel: Dieser Berg in Nordschweden war vor 8000 Jahren eine kleine Insel, die fünf Meter hoch aus der Ostsee aufragte. Nach dem Abschmelzen eiszeitlicher Gletscher steigt das Land auf, auch heute noch um mehrere Meter pro Jahrhundert. 5 Diercke 360° Unterrichtseinheit Sekundarstufe I Diercke Weltatlas Magazin zum Autor: Dr. Siegfried Schacht, Aachen Akademischer Oberrat i. R. Arbeitsschwerpunkte: Didaktik der Geographie, Kartographie, Wirtschaftsgeographie Das Rheinische Braunkohlenrevier – ein klassisches Beispiel für Landschaftswandel Die im Diercke Weltatlas (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1) abgedruckte thematische Karte stellt den „aktuellen“ Zustand einer in langjährigem und tiefgreifendem Wandlungsprozess befindlichen Landschaft dar. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich hier die Zahl der Braunkohlentagebaue von 14 auf 3 reduziert, die heute großflächig den Raum prägen. Die Förderung sank von 118,7 Mio. t im Jahr 1976 auf 96,4 Mio. t im Jahr 2008. Mit einer Gesamtförderung von 176,3 Mio. t (2008) ist Deutschland mit Abstand der weltweit größte Braunkohlenproduzent. Der fossile Rohstoff wird auf lange Sicht seine Bedeutung für die Energieversorgung unseres Landes behalten. Abbauflächen, Kippflächen und festgelegte Abbaugrenzen Wesentliche Teile eines Tagebaus sind die eigentliche Abbaufläche, die Kippfläche und die gesetzlich festgelegte Abbaugrenze, die auch geplante Abbau- und Kippflächen (Anschlusstagebaue) umfasst. Tab. 1 zeigt den Umfang von Kohleförderung und Abraum der drei rheinischen Tagebaue. Tagebau Kohle Abraum Garzweiler 37,1 Mio. t 117,3 Mio. m³ Hambach 37,8 Mio. t 250,0 Mio. m³ Inden 21,5 Mio. t 74,5 Mio. m³ Insgesamt 96,4 Mio. t 441,8 Mio. m³ Tab. 1: Förderung von Kohle und Abraum im Rheinischen Braunkohlenrevier (2008) Quelle: www.rwe.com In den frühen Tagebauen der südlichen Ville mussten wegen der günstigen Lagerung der Vorkommen zur Förderung von 1 t Kohle weniger als 1 m³ Abraum bewegt werden. Heute liegt das Abraum-Kohle-Verhältnis im Tagebau Hambach bei 6:1. Mit modernster Fördertechnik (z. B. Schaufelradbagger mit einer maximalen Tagesleistung von 240 000 m³ oder t pro Tag) kann der Abbau dennoch wirtschaftlich betrieben werden. Die Karte spiegelt gewissermaßen nur eine Momentaufnahme des Landschaftswandels wider, der ständig voranschreitet. Dynamik und Ablauf des Bergbaus lassen sich anhand der dargestellten Objekte und Pfeile gut erkennen bzw. erarbeiten. Im Tagebau Garzweiler I sind Abbau- und Kippflächen mit dem Stand von 2007 dargestellt, der Pfeil zeigt die Abbaurichtung hin zu Garzweiler II. Bevor dort mit der Kohleförderung begonnen werden kann, muss das auflagernde Deckgebirge als „Abraum“ entfernt werden. Nach und nach fällt die gesamte Natur- und Kulturlandschaft dem Bergbau zum Opfer. Der Abraum wird über Bandstraßen zur bereits ausgekohlten Seite des Tagebaus (Garzweiler I) befördert und dort über „Absetzer“ verkippt. Verständlich wird so die Aussage: „Die Tagebaue wandern“. Die „Wanderung“ endet an der festgelegten Abbaugrenze. Den bergbaubedingten Grundwasserproblemen wird durch die auf der Karte dargestellten Randbrunnen und den Kölner Randkanal begegnet. Folgeindustrien Wichtigste Folgeindustrie des Braunkohlenabbaus ist die Stromgewinnung, der fünf Wärmekraftwerke (Frimmersdorf, Neurath, Niederaußem, Weisweiler und Goldenberg) mit einer installierten Gesamtleistung von rund 11.000 MW dienen. Auf der Karte ist bei vier Kraftwerken jeweils das Jahr der Entschwefelung in Klammern angegeben. Niederaußem gilt mit seiner optimierten Anlagetechnik (u.a. hohe CO2-Reduzierung) als das modernste Braunkohlenkraftwerk der Welt. Während rund 90 % der geförderten Braunkohle der Stromerzeugung dienen, gelangen rund 10 % in Veredelungsanlagen. Dort werden sie zu Briketts oder Braunkohlenstaub für Großfeuerungsanlagen verarbeitet oder dienen der Kohlevergasung. Letztere bietet u.a. auch die Möglichkeit, mittels eines komplizierten Verfahrens flüssigen Kraftstoff zu gewinnen. Außerdem haben sich energieintensive Industrien wie die Chemische Industrie im Revier angesiedelt. Die „Legierungsmetallhütte“ bei Eschweiler ist ein Stahlveredelungsbetrieb, der weltweit führend in der Herstellung von Ferrochrom ist. Blick in den Tagebau Garzweiler 6 Wegen des hohen Stromverbrauchs hat er sich in unmittelbarer Nähe des Kraftwerks Weisweiler angesiedelt. Rekultivierung und Umsiedlung Das Braunkohleunternehmen RWE Power AG (früher Rheinbraun AG) ist gesetzlich zur Rekultivierung der durch den Tagebau erheblich zerstörten Landschaft und zur Umsiedlung der vom Kohleabbau verdrängten Bevölkerung verpflichtet. Für die landwirtschaftliche Rekultivierung wird auf die planierten Kippflächen eine 2 m starke Lössschicht aufgebracht. Anschließend werden die Gebiete sieben Jahre lang vom Unternehmen zwischenbewirtschaftet, bis sie von umgesiedelten Landwirten übernommen werden. Grundlage der forstwirtschaftlichen Rekultivierung ist der sogenannte Forstkies, ein 4 m mächtiges Gemisch aus pleistozänen Sanden, Kies und Löss. Hierauf werden heimische Bäume wie Buche, Eiche und Nadelbäume gepflanzt. Die meisten Tagebau-Restlöcher werden mit Wasser gefüllt und dienen der Naherholung. Insbesondere im Süden der Ville sind viele derartige Seen auf der Karte zu erkennen. Im Bereich des ehemaligen Tagebaus Zukunft bei Eschweiler hat sich als jüngstes Beispiel das Naherholungsgebiet Blausteinsee entwickelt. Die bergbaubedingte Umsiedlung von Menschen stellt einen tiefen Eingriff in Besitzverhältnisse und nachbarschaftliche Bindungen dar. Sie ist nicht zu umgehen, weil der Sicherung der Energieversorgung Vorrang vor gesetzlich geschützten Eigentumsrechten eingeräumt wird („Gemeinnutz vor Eigennutz“). In der Regel wird eine „geschlossene Umsiedlung“ bevorzugt, weil dadurch die sozialen Bindungen noch am wenigsten gestört werden. Auf der Karte sind die umgesiedelten (neuen) Orte mit roter Flächenfüllung, die ehemaligen Ortslagen mit roter Umrandung dargestellt. Jüngste Beispiele für Umsiedlungen sind die Orte Erkelenz-Immerath sowie Jüchen-Otzenrath im Bereich des Tagebaus Garzweiler II, wo 2006 mit der Förderung von Braunkohle begonnen wurde. Exkursion Krönender Abschluss einer Unterrichtseinheit über den Braunkohlentagebau sollte eine Exkursion in dieses Gebiet sein. Während für die Region Aachen – Düsseldorf – Köln/Bonn derartige Lehrfahrten zum Standard gehören, lohnt der über 450 m tiefe und 85 km² große Tagebau Hambach I auch eine weitere Anreise. Gemäß Stern Nr. 28/2008 zählt „Europas größtes Erdloch“ zu Deutschlands außergewöhnlichen „Nationalen Geotopen“. Hilfreich für die Vorbereitung derartiger Exkursionen sind die von der RWE Power AG herausgegebenen „Wegweiser zu den Aussichtspunkten“, die laufend aktualisiert werden und im Internet abgerufen werden können (vgl. Link). Das Thema im Unterricht Bereits in Klassenstufe 5/6 wird Braunkohle als wichtiger heimischer Energieträger, meist im Zusammenhang mit ihrer Entstehung, behandelt. Mithilfe der Diercke-Atlaskarte und der Materialien sollen hier in Klassenstufe 9/10 insbesondere der tiefgreifende Landschaftswandel und die Rekultivierung herausgearbeitet und problematisiert werden. Als Einstieg in die zwei Stunden umfassende Unterrichtseinheit (UE) könnte ein Foto (z. B. Tagebau, Schaufelradbagger, Kraftwerk) oder ein „virtueller Braunkohlentagebau“ (vgl. Link) genutzt werden. In der ersten Erarbeitungsphase (Arbeitsblatt 1) stehen die Diercke-Atlaskarte und die schematische Darstellung eines Braunkohlentagebaus (M1) im Vordergrund. In einer weiteren Erarbeitungsphase (Arbeitsblatt 2) wird am Beispiel des Blausteinsees schwerpunktmäßig die Rekultivierung problematisiert. Anhand eines Ausschnitts der Topographischen Karte 1 : 50 000 (M6) sollen sich die Schüler an den Planungen für die Gestaltung des Tagebau-Restsees beteiligen. Den Abschluss der UE könnte eine Diskussion über soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte des Braunkohlenbergbaus sowie über Alternativen zur Braunkohle bilden. Literatur: Maas-Rhein Institut für Angewandte Geographie e.V. (Hrsg.): Braunkohlenbergbau und räumlich-struktureller Wandel im westlichen rheinischen Braunkohlenrevier. Aachen 1999 (Beiheft 8 der Informationen und Materialien zur Geographie der Euregio Maas-Rhein) Over, M. und Wolf, A.: Der Braunkohleabbau zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und Landschaftsverbrauch. Geographie und Schule, Nr. 154, 2005, S. 19-25 Schreiber, T.: Braunkohlenbergbau in der Niederrheinischen Bucht. Informationen und Materialien zur Geographie der Euregio MaasRhein, Heft 3, 1978, S. 3-19 Stoll, R. D. u.a. (Hrsg.): Der Braunkohlentagebau – Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Umwelt. Berlin, Heidelberg 2009 Topographische Karten 1 : 50 000 auf CD-ROM. Eine Serie der deutschen Landesvermessungsämter („TOP50 CDs“) Links: www.blausteinsee.de www.braunkohle.de www.braunkohle-wissen.de www.debriv.de www.debriv.de/pages/layout3sp. php?page=47 (Wegweiser zu den Aussichtspunkten) www.debriv.de/pages/layoutflash. php?page=647 (Virtueller Braunkohlentagebau) www.rwe.com Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad 7 Autor: Dr. Siegfried Schacht Diercke 360° 2/2009 COPY Braunkohlentagebau verändert die Landschaft M 1 Schema eines Braunkohlentagebaues im Rheinischen Revier M 3 Wenn der Schaufelradbagger anrollt, müssen ganze Dörfer umziehen Innerhalb des Abbaugebietes des Tagebaus Garzweiler II lebten zu Beginn der 1990er-Jahre rund 7600 Menschen in 13 Ortschaften. Für die rund 2400 Bürger der zur Gemeinde Jüchen gehörenden Ortschaften Otzenrath, Spenrath und Holz wurden bereits zu diesem Zeitpunkt die Umsiedlungsstandorte nördlich von Jüchen-Hochneukirch festgelegt. Der zweite Umsiedlungsabschnitt umfasst im Erkelenzer Stadtgebiet rund 1850 Menschen in vier Ortschaften, die gezwungen sind, Haus und Hof zu verlassen. Quelle: Aachener Nachrichten vom 11.10.2007, S. 12A (verändert) M 2 Arbeitsablauf in einem Braunkohlentagebau M 4 Zuerst werden am Abbaufeld die Deckschichten aus K................., S............... und L.............. durch große S..............................................bagger abgetragen, die täglich bis zu 240 000 m³ Abraum bewegen können. Über Förderbänder wird der Abraum zur K..................... transportiert und durch Absetzer verkippt. Auf einer tieferen Sohle erfolgt der eigentliche Abbau der B...................................... mit S....................................... baggern, die täglich bis zu 240 000 t Kohle gewinnen können. Mit Förderbändern wird die Kohle zum K...................................... transportiert. 45 000 Betroffene in 100 Jahren Nach Angaben des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.) mussten im Rheinland seit Mitte der 1950er-Jahre mehr als 30 000 Menschen wegen des Braunkohlenbergbaus ihre Heimat verlassen. Bis Mitte dieses Jahrhunderts würden es nach den Plänen der RWE Power AG insgesamt etwa 45 000 Menschen sein, prognostiziert der Naturschutzverein. Quelle: Aachener Nachrichten vom 11.10.2007, S. 12A (verändert) Aufgaben 1.Lokalisiere und benenne die gegenwärtigen Tagebaue mithilfe der Karte Rheinisches Braunkohlenrevier – Landschaftswandel (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1) 2.Fülle den Lückentext M2 aus, der den Arbeitsablauf und den sich kurzfristig vollziehenden Landschaftswandel in einem Tagebau beschreibt. Nimm dazu M1 zu Hilfe. 3.Schreibe auf, welche Maßnahmen zum Schutz der am Rande des Tagebaus lebenden Bevölkerung, der Natur (Feuchtgebiete!) und des Tagebaus selbst getroffen werden (M1). 4.Lokalisiere die in M1 dargestellten Randbrunnen auf der bearbeitet von: Atlaskarte (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1) und erläutere ihre Funktion. 5. Versuche, dich in die Lage der Umsiedler zu versetzen und beschreibe ihre Situation (M3, M4). 6.Begründe, warum Menschen in Abbaugebieten der Braunkohle „Opfer“ bringen müssen. 7.Beschreibe den langfristigen Landschaftswandel im Rheinischen Braunkohlenrevier im Hinblick auf Siedlungen und Verkehrswege (z.B. Autobahnen) anhand der Diercke-Karte. Autor: Dr. Siegfried Schacht Diercke 360° 2/2009 COPY Rekultivierung führt zu attraktiven Erholungsräumen M 5 Naherholungsgebiet Ville M 6 Blausteinsee in der ersten Phase der Rekultivierung Südlich von Hürth hat man ehemalige Tagebauflächen forst- und wasserwirtschaftlich rekultiviert. Neue Waldflächen wurden angelegt und Tagebau-Restlöcher füllten sich mit Grundwasser – ideale Voraussetzung für die planmäßige Anlage eines Erholungsgebietes. Parkplätze und ausgeschilderte Wanderwege laden heute zu Familienausflügen ein. Noch attraktiver sind die vielen Seen, die Gelegenheit zum Schwimmen und anderen Formen des Wassersports bieten. In der Gemeinde Bornheim wurde ein kleiner Teil des ehemaligen Abbaugebietes 1984 unter Naturschutz gestellt („Villeseen“). Quelle: nach T. Schreiber 1978, ergänzt M 7 Blausteinsee lockt nicht nur Wassersportler Weißt du, wann genau der Gardasee entstanden ist? Oder ein See in der Umgebung deines Heimatortes? Was das touristische Highlight der Euregio Maas-Rhein angeht, so lässt sich dessen Entstehung auf den Tag genau datieren: der 5. Oktober 1994. Von diesem Tag an schossen pro Sekunde 200 Liter Brunnenwasser in das riesige, vom Tagebau ZukunftWest übriggebliebene Restloch. Rund 10 Jahre dauerte die Befüllung des Sees. Heute ist der ca. 100 ha große See unter Tauchern aus halb Deutschland kein Geheimtipp mehr. Sie schätzen ihn wegen seiner Tiefe (bis zu 40 m), seiner guten Sichtverhältnisse (bis zu 10 m) und seiner Tauchziele (u.a. liegt ein Segelboot auf dem Grund). Hier fahren Segelklubs Regatten, und es trainiert ein Kanuklub. Surfer fühlen sich ebenso wohl wie Schwimmer, die sich seit dem Sommer 2004 in die Fluten stürzen dürfen. Radfahrer, Skater und Wanderer teilen sich kilometerlange Wege rund um den See. Eine Seebühne wurde errichtet, und ein Seehotel ist geplant. Quelle: Eschweiler-Beilage der Aachener Nachrichten/Aachener Zeitung vom 12.4.2008, S.6/7 Blausteinsee bei Eschweiler (ergänzt) Aufgaben 8.Zähle die Seen im Bereich des ehemaligen Tagebaus Ville und vergleiche ihre Größe mit dem neu entstandenen See im Gebiet des ehemaligen Tagebaus Zukunft bei Eschweiler, dem Blausteinsee (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1). 9.Die Karte M6 zeigt den Zustand der Rekultivierung Ende der 1990er-Jahre. Geplant war von Anfang an die Einrichtung eines attraktiven Erholungsgebietes. Übe dich selbst als Landschaftsplaner: a) N otiere in einer Liste Verkehrs- und Erholungseinrichtungen, die du dir an diesem See wünschst. Denke dabei auch an den Schutz von Pflanzen und Tieren (M5, M7). bearbeitet von: b) Erstelle eine Tabelle mit Symbolen (Signaturen) für die gewünschten Einrichtungen. c) Z eichne die Symbole in die Karte M6 ein. d) Ö stlich des Blausteinsees liegt eine zusammengelegte/ -gesetzte Siedlung. Die Karte M6 zeigt den alten Ortskern von Fronhoven und den umgesiedelten Ortsteil NeuLohn. Umrahme den alten Ortskern und vergleiche seine Siedlungsstruktur mit derjenigen von Neu-Lohn. 10.Versuche, die Rekultivierungs- und Umsiedlungsmaßnahmen (M6) zu bewerten. Bedenke dabei soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte. Diercke 360° Unterrichtseinheit Sekundarstufe I Diercke Weltatlas Magazin zur Autorin: Cecilia Hoppe, Humboldt-Universität zu Berlin Arbeitsschwerpunkte: Fachdidaktik Geographie, u. a. Lernen mit digitalen Medien, Differenzierung, Aufgaben Klimawandel und Gletscherschwund als Touristenattraktion? Der Rhonegletscher in den Schweizer Zentralalpen zieht seit über 125 Jahren Touristen an. Die Faszination des mächtigen Eises und des hautnahen Erlebens des Gletschers waren die Hauptgründe für einen Besuch im Kanton Wallis. Heute hat sich das Bewusstsein bei den Besuchern geändert: „Wir könnten die letzten Zeitzeugen sein“, hört man hier immer öfter. Die schmelzenden Gletscher werden überwiegend als Phänomen bestaunt, machen für die Menschen jedoch auch die Auswirkungen des Klimawandels sichtbar. Steckbrief des Rhonegletschers Mit seiner Gesamtlänge von derzeit ca. 8 km und einer Fläche von etwa 17 600 km2 zählt der Rhonegletscher zu den zehn längsten und größten Gletschern der Schweiz. Als typischer Talgletscher ist er durch ein deutlich umgrenztes Einzugsgebiet gekennzeichnet: im Norden vom Winterbergmassiv begrenzt und im Westen die Gerstenhörner sowie im Osten den Galenstock flankierend. Somit ist der Rhonegletscher fast vollständig nach Süden exponiert. Die Gletscherzunge läuft zurzeit etwas oberhalb von 2 200 m aus (Diercke u S. 102.2: 2006, Diercke 2 u S. 78.2: 2006). In dieser niedrigeren und damit wärmeren Höhenstufe schmilzt das Eis der Zunge ab. Hier an der Südspitze des Gletschers entspringt die Rhône als subglazialer Schmelzwasserbach (siehe auch: Diercke online – Kartenerläuterungen). Gletscherrückzug Ein Gletscherrückzug tritt ein, wenn die Akkumulation, der Eiszuwachs im Nährgebiet, geringer als die Ablation (Schmelze) im Zehrgebiet ist. Die Massenbilanz des Eises ist dabei von mehreren Faktoren abhängig: Niederschlagsmengen und Temperaturen im Winter und im Sommer, Wind und Luftfeuchtigkeit. Die ersten glaziologischen Messungen begannen am Rhonegletscher bereits 1874 und werden vom Schweizer Gletschermessnetz* fortgesetzt. Insgesamt ist im Zeitraum von 1879 bis 2008 eine Längenänderung des Gletschers von 1 258 m dokumentiert worden (vgl. M3). Die Gletscherzunge reichte damals noch bis zum Ort Gletsch, der in den 1830er-Jahren als kleine Hotelsiedlung entstand. Das Hotel „Glacier du Rhône“ befand sich damals direkt am Fuß des Gletschers (siehe Bild rechts). Heute erscheint der Gletscher nur noch als flacher, schmal auslaufender Eisstrom, der den Talboden von Gletsch schon lange nicht mehr erreicht (Diercke u S. 102.2: 2006, Diercke 2 u S. 78.2: 2006). Der Rückzug des Eises erfolgte nicht permanent, sondern schwankend. Lange Perioden des Rückgangs wurden durch kurze Phasen des Vorschubs unterbrochen; so stieß der Rhonegletscher in den Jahren von 1912 bis 1921 etwa 137 m ins Tal hinunter. Ein letzter Vorstoß des Eises um 9 m war im Jahr 1986 zu verzeichnen, seither schmilzt das Eis. Rhonegletscher 1906 und 2003 Prognosen zum Gletscherrückzug Schweizer Forscher haben ein Rechenmodell entwickelt, mit dem auf der Basis gegenwärtig zur Verfügung stehender Daten über die Klimaentwicklung der voraussichtliche Zustand des Rhonegletschers bis zum Jahr 2100 simuliert werden kann (vgl. M4). Demnach wird der Gletscher bis 2060 voraussichtlich etwa die Hälfte seines derzeitigen Eisvolumens verlieren. Bei gleichbleibender Entwicklung wird für das Jahr 2100 das endgültige Verschwinden des Rhonegletschers prognostiziert. *Das Schweizer Gletschermessnetz wird gemeinsam von der Expertenkommission für Kryosphärenmessnetze der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (EKK/SCNAT) und Abt. Glaziologie an der Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH Zürich (VAW/ETHZ) betrieben. (Internet: http://glaciology.ethz.ch/ messnetz/index.html) Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad 10 Gletschertourismus Mit der „Kleinen Eiszeit“ gingen in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Höchststand der Alpengletscher und damit auch die Blütezeit des Gletschertourismus einher. Mit steigendem Interesse der Besucher entwickelte sich am Rhonegletscher eine florierende Gebirgshotellerie; die bekanntesten Hotels hier sind das Hotel „Glacier du Rhône“ in Gletsch und das Hotel „Belvédère“ an der Furkapasstraße. Im 20. Jahrhundert vollzog sich eine rasante weitere Entwicklung hin zum Massentourismus: kleine Gletscherdörfer wurden zu Gletscherdestinationen, Alpenstraßen wurden zu Schnellstraßen und die Gletscher wurden als Sommerskigebiete entdeckt und genutzt. Eine Reihe von Skitourenrouten der Sommersaison führt an den Gletschern des Wallis entlang, auch am beliebten Rhonegletscher. Ein weiteres touristisches Highlight am Rhonegletscher ist eine ca. 100 m lange Eisgrotte, die im Sommer täglich zwischen 1 000 und 1 500 Besucher anlockt (vgl. M1). Hier können die Besucher einen Blick in das Innere des Gletschers wagen und den Rückzug des Gletschers hautnah beobachten und miterleben. Diese „Attraktion Gletscherrückzug“ hat jedoch auch ihre Schattenseite: Mit fortschreitendem Schmelzen der Gletscher verlieren viele Touristen- orte ihre Basis, denn das Beobachten der Eisströme ist vielerorts schon heute nicht mehr möglich. Bekannte Ausflugsziele verlieren ihre Anziehungskraft, Hotels und Gasthütten bleiben leer. Mit dem Rückzug des Rhonegletschers verliert die Region im Wallis nicht nur eine landschaftliche Besonderheit! Literatur: Siegrist, D.: Alpentourismus im Treibhaus – verschwinden mit den Gletschern auch die Gäste? In: Zängl, W. und Hamberger, S.: Gletscher im Treibhaus. Tecklenborg Verlag, Steinfurt 2004. Zryd, A.: Eine kleine Geschichte der Gletscher: die Alpengletscher im Klimawandel. Haupt Verlag, Bern: 2008. Gletscher im ständigen Wandel: JubiläumsSymposium der Schweizerichen Gletscherkommission 1993 Verbier (VS) „100 Jahre Gletscherkommission - 100000 Jahre Gletschergeschichte“. Zürich : VDF, Hochschulverl., 1995. - VIII, (Publikationen der Schweizerischen Akademie der Naturwissenschaften; 6) Links: www.uni-mainz.de/presse/27960.php http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers/ (Schweizerisches Gletschermessnetz) http://www.staff.uni-mainz.de/hjfuchs/ Wallis-Homepage-2008/index.html (Projektstudie der Johannes Gutenberg Universität Mainz) http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers/ Tipp Ein Dokumentarfilm zum Projekt – ein Film für Lernende von Lernenden – kann zur Vorführung in der Schule bei der Universität Mainz angefordert werden. Kontaktaufnahme möglich unter folgendem Link: http://www. uni-mainz.de/presse/27960.php. Das Thema im Unterricht Einstieg Die Problematisierung kann mithilfe eines Bildvergleichs vom Rhonegletscher früher und heute erfolgen. Hierbei sollten die Themen Gletscherrückzug und Tourismus in den Fokus gerückt werden. Erarbeitung Drei Schwerpunkte können auf der Basis der Materialien erarbeitet werden: ’ die Entwicklung des Rhonegletschers bis heute (Diercke u S. 102.2: 2006, Diercke 2 u S. 78.2: 2006, Arbeitsblatt M3) ’ die Prognose zur weiteren Entwicklung des Gletschers (Text, Arbeitsblatt M4) und ’ die Bedeutung und der Wandel des Tourismus im Vergleich – früher und heute (Text, Arbeitsblatt M1 und M2) Schluss Abschließend steht eine Diskussion von Chancen und Risiken des Tourismus für die Region des Rhonegletschers im Wallis. In der Auseinandersetzung mit den Zielen und Ergebnissen der Projektsstudie der Universität Mainz kann von den Schülerinnen und Schülern eine Stellungnahme erarbeitet werden. Zentrale Fragestellung: Ist eine „Symptombekämpfung“ über einen klimatischen Eingriff vertretbar und sollte auf diesem Gebiet weiter geforscht werden? (Arbeitsblatt M5) Rhonegletscher, Oberwald (VS) 2005 11 Autorin: Cecilia Hoppe COPY Diercke 360° 2/2009 M 1 Eisgrotte im Rhonegletscher M 2 Einblicke in den Gletscher Seit über 160 Jahren ermöglichen es Grotten im Rhonegletscher jedem, mühelos in den Gletscher hineinzuspazieren. Bereits um 1830 gab es eine natürliche Grotte beim Ausfluss des Gletschers. Später wurden Grotten in den Gletscher getrieben, um den Touristen eine Attraktion zu bieten. (...) Der Gletscher arbeitet und wandert. Im Bereich der Eisgrotte macht die Gletscherbewegung 30 bis 40 m jährlich aus, das sind etwa 10 cm am Tag! Hatte die Grotte bei Saisonbeginn Anfang Juni noch eine Länge von 100 m, so sind es im Oktober meist nur noch 60 bis 80 m. (...) Der Weg zum Gletscher hat seinen besonderen Reiz. Ein eigenartiges Licht leuchtet und schimmert in gläserner Durchsichtigkeit tausendfach. Sind die ersten Schritte in den Gletscher getan, wechselt das Licht und strömt bläulich über den Besucher. Aus fernen Spalten tosen Wasserbächlein, unter dem Fuß knirscht das Eis. (...) Aufgrund der Aktivität des Eises muss die Grotte täglich kontrolliert werden, häufig sind Sicherheitsmaßnahmen notwendig, die überwiegend nachts durchgeführt werden. Gekürzt und verändert nach: Martin W. Carlen: Der Rhonegletscher und seine Eisgrotte. Eigenverlag, Brig 2003. M 3 Längenveränderung des Rhonegletschers zwischen 1879 und 2008 Skalierung linke y-Achse: Längenänderung in Metern pro Jahr. Skalierung rechte y-Achse: aufsummierte Längenänderung in Metern. Die Vorstöße des Gletschers sind mit hellblauer Farbe gekennzeichnet, Rückzüge mit oranger Farbe (dargestellt in m pro Jahr). Die schwarze Summenkurve zeigt die kumulative Längenänderung (in m) seit Beginn der vorhandenen Messungen. Quelle: Schweizerisches Gletschermessnetz M 4 Prognose zum Gletscherrückgang 1874 bearbeitet von: 2008 2050 2075 2100 Autorin: Cecilia Hoppe Diercke 360° 2/2009 COPY M 5 Projektstudie von Geographen der Universität Mainz Bereits 2006 erforschte eine Gruppe Geographen klimaökologische Auswirkungen des Klimawandels sowie aus dem Gletscherrückgang resultierende Landschaftsveränderungen. Im Jahr 2008 baute eine weitere Projektstudie auf den ersten Daten und Ergebnissen auf. Erprobt wurde die Wirkung eines Windfangs, der ein Kaltluftpolster entstehen lassen soll. „Wir haben mit unserem Test-Windfang auf dem Rhonegletscher eine eindeutige Abkühlung der oberflächennahen Lufttemperatur erreicht, die bis zu drei Grad Celsius betragen hat“, sagte Prof. Fuchs, Leiter der Mainzer Forschergruppe. „Wir vermuten auch, dass sich dadurch die Abschmelzrate des Eises bremsen lässt, konnten dies aber aus technischen Gründen nicht eindeutig nachweisen, immerhin aber beobachten.“* Der Geograph betont explizit, dass es sich hierbei um Symptombekämpfung handele und Ursachenforschung nach wie vor oberste Pflicht sei. Doch bieten diese Ergebnisse Impulse zum Weiterdenken und neue Ideen zum Verbessern der Konstruktion, um das Schmelzen des Gletschereises zu bremsen. Neben den klimatischen Messungen im Umfeld des Windfangs ging die Forschergruppe der Wahrnehmung der Landschaftsveränderungen durch Touristen nach. Eine bereits im Jahr 2006 durchgeführte Umfrage zeigte deutlich, dass ein Großteil der Gletschertouristen die in der Landschaft hinterlassenen Spuren nicht wahrnimmt, nicht erkennt oder nicht richtig zuordnet. Aus diesem Grund wurden von den Geographen Materialien für einen Lehrpfad entwickelt, der über die Gletscherspuren und weitere wissenswerte Aspekte über Gletscher informiert. „Gletscher sehen und verstehen“ heißt dabei das Motto. *Aus der Pressemitteilung der Johann-Gutenberg-Universität Mainz vom 5.12.2008 (Internet: http://www.uni-mainz.de/presse/26678.php) Aufgaben 1. Nutze Diercke Globus Online, um dich „vor Ort“ zu orientieren und dir einen Überblick über die topographische Lage zu verschaffen. a) W ähle im Internet aus dem Kartenangebot von Diercke die Karte zum Rhonegletscher aus: http://www.diercke. de/diercke_karten.xtp (Suchbegriff: Rhonegletscher). Klicke in der Menüleiste am rechten Bildschirmrand „Diercke Online Globus“ an, um die Karte in 3D anzeigen zu lassen (Download und Zugang zum Diercke Online Globus mit dem Online-Schlüssel aus dem Atlas). b) Lege folgende Einstellungen fest: „Globen“ (obere Menüleiste) > Satellitenbild; „Optionen“ > 3D-Profil: 200 %. (Tipp: Um festzustellen, wie sich die Geländeansicht verändert, variiere die Zahl von 100 % bis 400 %.) c) V erändere die Perspektive auf die Oberfläche, indem du den Betrachtungswinkel mithilfe des Neigungsreglers am oberen Bildschirmrand veränderst. d) V ergleiche die Karte mit dem darunterliegenden Satellitenbild, indem du den Schieberegler Transparenz veränderst. Welche Unterschiede/Veränderungen stellst du fest? 2. Seit über 100 Jahren ist der Rhonegletscher ein beliebtes touristisches Ziel in den Schweizer Alpen. Entwirf ein Werbeplakat mit einem aussagekräftigen Slogan, das den Besuchern verdeutlicht, dass sie dort Interessantes über Gletscher lernen können (M1, M2). 3. Der Rhonegletscher ist einer der am besten beobachteten Gletscher Europas. Seit fast 130 Jahren werden die jährlichen Veränderungen des Gletschers erfasst. Beschreibe die Längenveränderungen des Rhonegletschers von der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute (M3, Diercke u S. 102.2, Diercke 2 u S. 78.2). bearbeitet von: 4. Das lebendige Diagramm. Trage die Nummern der folgenden Aussagen im Diagramm M3 dort ein, wo sie deiner Meinung nach am besten passen. Vergleicht und diskutiert eure Ergebnisse anschließend in der Gruppe. ① Mattis Raleis nimmt an einer geographischen Exkursion teil. Die Studentengruppe möchte erforschen, wie sich der Klimawandel auf das Schmelzen des Gletschereises auswirkt. ② Josef Seiler eröffnet das Hotel Belvédère. Die Hauptattraktion des Hotels ist der direkt daneben liegende Rhonegletscher. ③ Als Johann Wolfgang von Goethe bei einer seiner Reisen den Furkapass am Rhonegletscher überquert, gibt es dort noch keine Hotels. ④ Das Hotel Belvédère feiert sein 125-jähriges Jubiläum. ⑤ Durch das anhaltende Abschmelzen des Gletschers über Jahre entsteht ein neuer Gletschersee hinter einem Felsriegel. ⑥ Nadja Schreiber verfasst für die Rubrik Reisen einen Artikel über den Rhonegletscher mit dem Titel: „Wir könnten die letzten Zeitzeugen sein.“ ⑦ Familie Seiler stellt zusätzliche Arbeitskräfte ein, denn der Touristenstrom ist enorm, seit der Gletscher wieder vorrückt. ⑧ Ein Eisabsturz an der Steilfront des Gletschers trifft eine Wandergruppe. 5.Schweizer Forscher haben eine Prognose zum weiteren Rückzug des Rhonegletschers erstellt. Beschreibe, wie sich das Landschaftsbild aufgrund des Gletscherrückzugs vermutlich verändern wird. Welche Gefahren birgt der Gletscherrückzug (M4, Diercke u S. 102.2, Diercke 2 u S. 78.2)? 6.Der Gletschertourismus hat über die Jahre einen starken Wandel erfahren: vom faszinierenden Naturschauspiel des vorrückenden Gletschers, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Massentourismus einleitete, bis zum heutigen Besuch in der Eisgrotte, um den Rückzug des Gletschers mitzuerleben. Verfasse einen kurzen Artikel unter dem Titel „Wir könnten die letzten Zeitzeugen sein.“ 7.Aussagen zum Windfang-Projekt der Geographen von der Universität Mainz: „Ein Anfang im Kampf gegen den Gletscherrückzug ist gemacht!“ „Die Symptome werden bekämpft, doch die Ursachen nicht.“ Erläutere diese Aussagen und nimm Stellung dazu. Diskutiert in der Gruppe über das Projekt. Diercke 360° Unterrichtseinheit Sekundarstufe I + evtL. ii Diercke Weltatlas Magazin zur Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher Pädagogische Hochschule Weingarten Arbeitsschwerpunkte: Geographie und ihre Didaktik, Lernen mit digitalen Medien Ölsand aus Alberta/Kanada – eine Lösung für den steigenden Weltenergiebedarf? Vor dem Hintergrund sich verknappender konventioneller Erdölreserven ist heute der Ölsandabbau eine Möglichkeit, die zeitliche Reichweite endlicher Energierohstoffe zu verlängern. Er trägt dazu bei, dass wir auch in 60 Jahren weltweit noch Erdöl nutzen können. Doch für die Natur und die Menschen in Alberta/Kanada ist er nicht nur ein Geschenk, sondern auch eine Gefahr. Greenpeace bezeichnet den Ölsandabbau als das „größte Klimawandel-Verbrechen aller Zeiten“. Eine gigantische Dimension: die kanadischen Lagerstätten für Ölsand Die Ölreserven in der kanadischen Provinz Alberta werden auf 174 Milliarden Barrel geschätzt. Kanada liegt damit auf Platz zwei nach Saudi Arabien, das weltweit die größten Ölreserven von etwa 260 Milliarden Barrel besitzt. Kanadischer Ölsand ist ein Gemisch aus Sand, Lehm und etwa acht bis zwölf Prozent Bitumen. Der Abbau ist teilweise oberirdisch möglich. Dazu müssen aber die borealen Nadelwälder gerodet und die oberste Bodenschicht abgetragen werden. Technik beim Ölsandabbau Auf den Ölsandfeldern werden gigantische Transport- und Abbaufahrzeuge eingesetzt, die auch im Winter bei Ölsandabbau bei Fort McMurray 14 Temperaturen von - 50 °C funktionieren müssen. Die größten hydraulischen Bagger der Welt schaufeln die ölhaltigen Sandschichten ab und laden diese auf Muldenkipper. Die 3500 PS starken Trucks haben die Größe eines Einfamilienhauses und wiegen voll beladen so viel wie ein Jumbo Jet. Sie transportieren die Ladung zu den Zerkleinerungsanlagen, in denen der Crusher Sandklumpen aufbricht und Steine aussortiert (Gerisch, Scheele 2009). Ölgewinnung In den Upgradern der Raffinerien wird Teersand zu höher konzentriertem Bitumen verarbeitet. Der Ölsand wird mit heißem Wasser und Lauge durchmischt. Durch die chemische Behandlung wird das Bitumen von dem ÖlsandGemisch getrennt. Danach bleibt eine zähflüssige schwarze Masse, eine Art Pech übrig, aus der durch Erhitzung die Kohlenwasserstoffe abgespalten werden. Nun kann es in der Raffinerie verdünnt und zu leichterem Öl veredelt werden. Diese Methode ist ökologisch höchst umstritten. Das benutzte Wasser ist am Ende der Prozedur mit so vielen Giftstoffen kontaminiert, dass es mit den anderen Abfallprodukten in große Rückhaltebecken, so genannte "Tailing Ponds", geleitet werden muss (Gerisch, Scheele, 2009). Die Emission von Treibhausgasen bei diesen Prozessen ist doppelt so hoch wie bei der konventionellen Ölförderung. Der CO2-Ausstoß aller Ölsand-Anlagen Kanadas ist so immens, dass das Land mittlerweile einer der größten Umweltverschmutzer weltweit ist. Veränderung einer Region Nicht nur der Landschaftswandel an sich zeigt die dramatischen Veränderungen in der Region Alberta. Der zentrale Ort des Ölsandabbau, Fort McMurray, heißt heute im Volksmund Fort McMoney. Der Ausbau der Ölsandindustrie und der Zuzug von Bevölkerung sind rasant. Wo 1961 noch 1000 Menschen lebten, leben heute 70 000 Menschen. Erwartet werden über 200 000 Einwohner. Die Immobilienpreise in Fort McMurray liegen über denen von Toronto und Vancouver. Campingplatzähnliche Wohnparks oder Containersiedlungen der Ölfirmen dienen als Behausung für die Arbeitskräfte in einer Region, deren Durchschnittstemperatur im Januar - 19,8 °C beträgt. Neben den enormen ökologischen Schäden zeigt das „schnelle Geld“ auch weitere Schattenseiten: die Drogen- und Kriminalitätsrate in Fort McMurray zählt zu den höchsten in Kanada. Forschung zur Verringerung der ökologischen Probleme Kanada wird bei einem anhaltenden Ölboom das Kyoto-Protokoll nicht einhalten können. Damit das Land nicht ins politische Abseits gerät, forschen an der Universität von Alberta Wissenschaftlicher an den drei großen Problemen der Ölsandindustrie: Abgase, Abwässer und Wasserverbrauch. Es wird noch lange dauern, bis Lösungen der Forschung in der Industrie angewendet werden können. Zugleich verspricht die Industrie, dass in 30 Jahren an den gleichen Stellen wieder blühende Landschaften entstehen. Durch den Abbau der Ölsandvorkommen in Kanada reicht das Erdöl voraussichtlich noch 60 Jahre. Der Preis, den wir dafür zahlen, wird insgesamt weitaus höher liegen als der reine Weltmarktpreis für Rohöl. Hinweise zum Unterricht Die vorliegende Unterrichtsstunde betont das Thema Karteninterpretation und integriert dabei das Lernen mit digitalen Medien. Dazu bietet der Onlinebereich zum Diercke Weltatlas über www.diercke.de vielfältige Materialien und Medien an, die über eine Beamerprojektion im Klassenzimmer oder über die Arbeit an PC-Einzelarbeitsplätzen genutzt werden können. Zur Nutzung des Diercke Online Globus und des Diercke Coachs im PremiumBereich von www.diercke.de ist ein Login erforderlich, der für jeden Nutzer verfügbar sein sollte (Benutzername und Passwort). Informationen dazu erhalten Sie über www.diercke.de/premium. Stundensequenz Einstieg/Problematisierung Fragestellung Ölsand – eine Lösung für den steigenden Weltenergiebedarf? Erarbeitung A. Karteninterpretation zur Atlaskarte Diercke u S. 198.1 (siehe M1) B. Vertiefung 1. Hintergrundinformationen zur Karte unter www.diercke.de/diercke_karten.xtp 2. A nsicht der Karte auf dem Diercke Globus Online und Abmessung der aktuellen Abbaufläche. 3. B lick in die Vergangenheit durch einen Luftbildervergleich 1974/2004 und in die Zukunft. 4. A uswertung des Diagramms zur Karte Diercke u S. 198.1 zu den Förderkosten kanadischer Ölsande und Ermittlung des aktuellen Weltmarktpreises für 1 Barrel Rohöl. C. Ergebnissicherung I Lernzielkontrolle durch Karteninterpretation mit dem Diercke Coach (www.diercke.de). Als Beamerprojektion im Klassenzimmer, individuell an Schülerarbeitsplätzen oder als Hausaufgabe zur Vorbereitung auf die nächste Unterrichtsstunde möglich. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für alle 13 Fragen liegt bei etwa 34 Minuten. D. Erstellung einer MindMap Anfertigung unter Berücksichtigung der „betroffenen“ Interessengruppen (M2) und weiterer Hintergrundinformationen. Schluss E. Ergebnissicherung II Durchführung von Pro & Contra-Diskussionen in zwei oder mehr Gruppen zum Thema. Erstellung von abschließenden Stellungnahmen. Berücksichtigung der lokalen Handlungsmöglichkeiten jedes einzelnen Bürgers (Schüler dieser Klasse) im Bezug auf das globale Problem der Energieressourcenförderung und des Energieressourcenverbrauchs. Literatur: Haubrich, H.: Lernbox Geographie – Das Methodenbuch, 2001, S. 95-100 Westermann (Hrsg.): Diercke Handbuch 2008, S. 355-356 Film: Gerisch, C. und Scheele, B.: Öldorado in der Wildnis. Kanada investiert in Ölsandfelder. ZDF, Abenteuer Wissen vom 25.2.2009, http://abenteuerwissen.zdf.de/ZDFde/ inhalt/3/0,1872,7527075,00.html Link: http://www.oilsandswatch.org Hinweis auf Neuerscheinung Zur Bildungsmesse im Frühjahr 2010 erscheint der Band „Diercke multimediale Methoden. Die Welt online entdecken“ (Hrsg. Schleicher, Y.), der noch weitere Unterrichtsvorschläge zum Lernen mit Karten und den Angeboten aus www.diercke.de vorstellt. Darin werden die Bereiche Karten interaktiv, Arbeit mit digitalen Wandkarten und Smartboard, der Diercke Coach, DierckeKarten in Google Maps und Google Earth, der Diercke Globus Online, das Diercke WebGIS, die Rubrik Pro & Contra und weitere Möglichkeiten des Lernens mit digitalen Medien im Geographieunterricht behandelt. Der Diercke Coach - interaktive Lerneinheiten zu Diercke Atlaskarten Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad 15 Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher Diercke 360° 2/2009 COPY M 1 Karteninterpretation Schritte Ergebnis 1. Thema erfassen – Wie lautet das Thema der Karte? 2. Raum begrenzen – Welchen Raumausschnitt der Erde gibt die Karte wieder? 3. Maßstab beachten – Wie groß sind die Flächen/Distanzen in der Realität? 4. Legende lesen – Welche Bedeutung haben die Symbole und Farben in der Karte? 5. Karteninhalt beschreiben – Welche „Geschichte“ erzählt die Karte über den dargestellten Raum? 6. Karteninhalt erklären – Wie verändert sich der Raum? 7. Raumtypen bilden – Sind Erscheinungen in der Karte in Gebieten konzentriert? Lässt sich eine räumliche Gliederung vornehmen? Aufgaben 1. Führe mithilfe von M1 eine Karteninterpretation zur Karte Diercke u S. 198.1 durch. 2. a)Starte unter www.diercke.de in der Rubrik Karten die interaktive Kartensuche und öffne die Erläuterungen zur Karte Diercke u S. 198.1. Informiere dich über die Dimension und Bedeutung des Ölsandabbaus in Alberta/Kanada. b)Neben den Erläuterungen zur Karte findest du die Möglichkeit, die Karte Diercke u S. 198.1 auf dem Diercke Globus Online anzusehen. Wähle die Ansicht im Satellitenbild aus. Zoome auf Fort McMurray in Kanada, die Boomtown des Ölsandabbaus und aktiviere die Transparenzschaltung. Mit der Lineal-Funktion (Messwerkzeug) kannst du die Ausdehnung der aktuellen Abbauflächen und der dortigen oberirdischen Auffangbecken (Tailing Ponds) erfassen. c)Wie sah diese Landschaft vor 15 Jahren aus? Öffne in Google Earth den UNEP-Layer und vergleiche das Luftbild aus dem Jahr 1974 mit dem Luftbild aus dem Jahr 2004. d)Vergleiche den Ist-Zustand der Landschaft in Alberta mit der Zukunft. In der Atlaskarte Diercke u S. 198.1 geben verschiedene Kartensymbole Hinweise darauf, wie das Gebiet in der Zukunft genutzt wird. e)Werte das Diagramm zu den Förderkosten kanadischer Ölsande in der Karte Diercke u S. 198.1 aus: Ermittle den aktuellen Weltmarktpreis für 1 Barrel Rohöl (aktuelle bearbeitet von: Tagespreise unter: http://www.tecson.de/prohoel.htm ) und vergleiche diesen mit den Diagrammwerten. Welche möglichen Folgen lassen sich daraus ableiten? 3. Melde dich unter www.diercke.de mit deinem Diercke-Nutzernamen und Passwort im Premium-Bereich an und öffne den Diercke Coach. Unter der Rubrik „Aufgaben zu Karten – Nord- und Südamerika” findest du das Kartenbeispiel zu Alberta/Kanada. Beginne die Übung zur Karteninterpretation mit der Schwierigkeitsstufe I. 4. Erstelle dir mithilfe von M2 und den Hintergrundinformationen zur Atlaskarte (z.B. aus www.diercke.de ) eine MindMap zum Thema „Ölsandabbau in Alberta/Kanada – ein Lösungsbeitrag zum Weltenergiebedarf?“ 5. Diskutiert in Gruppen die Vor- und Nachteile des Ölsandabbaus in Kanada. Berücksichtigt folgende Diskussionsgruppen: Ölfirma, Arbeiter der Ölfirmen, Stadtverwaltung von Fort McMurray, Umweltexperten, Bewohner von Fort Chipewyan und Erdöl-Konsumenten in Europa. Bestimmt außerdem einen Moderator der Diskussionsrunde. Sammelt dabei auch die in der Diskussion angesprochenen ungelösten Probleme und schreibt sie unter die MindMap. 6. Benenne die lokalen Handlungsmöglichkeiten jedes einzelnen Bürgers (v. a. Schüler in dieser Klasse und ihre Familien) im Bezug auf das globale Problem der Energieressourcenförderung und des Energieressourcenverbrauchs. Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher Diercke 360° 2/2009 COPY M 2 Betroffene aus der Region Alberta erzählen l Jennifer Grant, Mitarbeiterin am kanadischen Umweltinstitut in Calgary „Fauna und Flora werden durch den Abbau von Ölsand komplett zerstört. Es fängt mit dem Kahlschlag der Wälder an. Die Feuchtgebiete werden trockengelegt und danach wird die oberste Erdschicht abgetragen. Die ursprüngliche Natur wird in großflächige Mondlandschaften verwandelt. Hier werden täglich 1,3 Millionen Barrel Öl gewonnen. Für jedes Barrel Öl benötigt man die 3- bis 6-fache Menge an Wasser. Die Hauptwasserquelle dafür ist der Athabasca River – und das ist ein riesiges Problem. Das Land braucht unbedingt eine Alternative für diesen Wasserverbrauch, doch nach neuesten Forschungsergebnissen ist hier keine zeitnahe Lösung in Sicht. Der Ölboom selbst hat aber gerade erst begonnen. Was in den Industrieanlagen geschieht, gleicht einer Hexenküche: heißes Wasser, Chemikalien und Zentrifugen zerlegen den Sand in Teile. Zurück bleiben krebserregende Kohlenwasserstoffe und Schwermetalle. Die Rückstände bei der Gewinnung von synthetischem Rohöl sind so giftig, dass man sie nicht in den Fluss zurückleiten kann, sondern diese Giftbrühe in oberirdisch offenen Auffangbecken sammelt. Die gesamte Fläche der Auffangbecken bildet heute den größten Staudamm der Welt. Dieser Giftmüll ist eine tickende Zeitbombe. Fachleute schätzen, dass täglich 12 Millionen Liter dieser hochbelasteten Abwässer ins Grundwasser und den Athabasca River sickern.“ Umweltberater von Shell Albian Sands (Ölfirma) „Hier in Alberta kennt der Ölrausch keine Pause. An 365 Tagen im Jahr wird rund um die Uhr gearbeitet. Die weltweit größten Vorkommen an Ölsand sind ein großes Geschäft. Mit der Preisexplosion der letzten Jahre werden die Investitionen unserer Firmen rentabel und die Förderung im Tagebau kann weiter ausgebaut werden. Hier lagern 174 Milliarden Barrel Öl – verteilt auf einer Fläche, die doppelt so groß ist wie Bayern. Das Geschäft hat nichts zu tun mit normalen herkömmlichen Ölquellen, aus denen man das Öl abpumpt. Das entstandene Öl versickerte hier im losen Erdreich, deshalb ist die Förderung wesentlich aufwendiger. Das schwarze Gold liegt nicht an der Erdoberfläche sondern es beginnt in rund 30 Meter Tiefe. Zu unseren Abbauplänen gehört auch die Planung der Rekultivierung der Flächen, so dass wir an den gleichen Stellen in ca. 30 Jahren wieder natürliche Landschaften vorfinden können. Die gigantischen Industrieanlagen und die weltweit steigende Nachfrage nach Rohöl zeigen: Wir müssen hier weitermachen und die großen Investitionen kommen erst noch auf uns zu. Natürlich nehmen wir dabei die Sorgen der Menschen sehr ernst.“ bearbeitet von: Melissa Blake, Bürgermeisterin von Fort McMurray „Wir sind hier das Epizentrum des Ölbooms. In den letzten zehn Jahren hat sich die Einwohnerzahl von Fort McMurray verdoppelt. Menschen leben am Rande von Fort McMurray in Wohnwagensiedlungen, und das auch im Winter bei – 50 °C. Mein Job ist hier völlig anders als der von einem Bürgermeister in anderen Städten. Die traumhaften Zuwachsraten und der Ölboom haben aber große Herausforderungen mit sich gebracht: Wir brauchen hier z.B. nicht nur eine neue Straße, sondern gleichzeitig zehn. Wir brauchen auch kein normales Krankenhaus, sondern eines für 100 000 Menschen. Ein riesiges Problem für die Menschen ist die Wohnungsnot: Wir haben nicht genügend Wohnungen für alle Ölarbeiter. In unserem Klima ist das provisorische Leben auf dem Campingplatz im Wohnwagen äußerst belastend. Um die Wohnungsnot zu lindern, werden jährlich 1600 neue Häuser gebaut. Problematisch ist dabei der Anstieg der Immobilienpreise: In 5 Jahren stieg der Wert einer Immobilie von 100 000 auf 600 000 Dollar. Trotzdem findet jedes Haus in Kanadas teuerstem Ort einen Käufer. Wer nicht so viel Geld ausgeben kann, lebt auf dem Campingplatz oder wie derzeit 20 000 Menschen in schuhschachtelgroßen Zimmern in den Container-Camps der Ölfirmen. Und das Wohnungsproblem wird sich noch verschärfen. Wenn der Ölboom anhält, wird die Stadt in den nächsten Jahren auf 200 000 Einwohner anwachsen, denn die Gehälter in der Ölbranche sind astronomisch. Hier verdient man durchschnittlich 100 000 Euro im Jahr. Das ist doppelt so viel wie im übrigen Kanada. Keiner will hier mehr als Kellner, Elektriker oder Arzt arbeiten. Alle wollen schnell zum großen Geld kommen.“ Abholzung der borealen Nadelwälder für den Ölsandabbau Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher Diercke 360° 2/2009 COPY Betroffene aus der Region Alberta erzählen ll Andrew Devow, Mechaniker bei einer Ölfirma in Fort McMurray „Heute bin ich 30 Jahre alt. Wenn mein Job hier so weiter läuft, setze ich mich mit 40 zur Ruhe. Dann gehe ich heim und kaufe mir mein Haus – und das zahle ich „cash“ (in bar). Hier leben wir alle nur um Geld zu machen, dieser Ort wird nie unser Zuhause sein. Viele von uns waren vorher arbeitslos wie Gary Tucker, der als Hochseefischer aus Neufundland kam. Er ist schon zwei Jahre hier und will noch vier Jahre dranhängen, dann ist Schluss.“ Dr. Kevin Timoney, Experte für Umweltgifte Dr. Timoney wurde von Big Ray Ladoucer, Stammesältester der Nachfahren der Cree aus Fort Chipewyan, zu Hilfe gerufen. Der Ort Chipewyan hat heute 1200 Einwohner, die meisten davon sind Nachfahren vom Stamm der Cree. Bei ihnen nimmt die Zahl rätselhafter Krebserkrankungen zu. Normalerweise stirbt von 100 000 Menschen einer an Gallengangskrebs. Hier sind schon fünf Einwohner daran verstorben. Unlängst ein 28-Jähriger. Dr. Timoney informiert sich beim Stammesältesten über die Stimmung in der Gemeinde. Die Natur gilt den Bewohnern als heilig. Auf den ersten Blick ist auch alles intakt: Sie leben vom Fischfang und der Jagd. Seit sich die Industrie am Athabaska angesiedelt hat, ist die Natur aus den Fugen geraten. Die Umweltverschmutzung bereitet den Menschen große Sorgen. Sie haben Angst Fisch zu essen. Um die genauen Zusammenhänge herauszufinden, entnimmt Dr. Timoney bei jedem Besuch Wasserproben aus dem Fluss. Im Mündungsdelta, wo der Athabasca River sehr flach und langsam wird, lagern sich viele Stoffe ab – genau dort, wo die Fischer ihre Netze auslegen. Immer häufiger fangen sie Fische mit den unterschiedlichsten Deformationen: dicke Buckel, große Augen, schiefem Skelett und anderen Anomalien. Dr. Timoney, der Experte für Umweltgifte, vermutet einen Zusammenhang zwischen den Fischen und den Krebsfällen. Die Quecksilbermenge in den Zandern der Athabasca-Region ist seit den 1970er-Jahren angestiegen; eine gute Erklärung dafür ist die Industrie. Das zuständige Gesundheitsamt hat angeordnet, den Verzehr von Zander einzuschränken. Den Ökologen interessieren nicht nur die Statistiken, sondern vor allem die Menschen und deren Beobachtungen: Sie beobachten die Zunahme von Fischen mit großen Köpfen und anderen Anomalien. Was macht die Fische krank? Das Quecksilber oder anderen Gifte? Die Fische sind ein klarer Beweis für die fortgeschrittene Umweltzerstörung. Die Ölindustrie kümmert sich nicht darum, dass in Fort Chipewyan Menschen sterben. Die kanadische Regierung verdient am Ölboom und die meisten Menschen in der Welt ahnen überhaupt nicht, was hier passiert. Dr. Timoney hofft, dass die Weltgemeinschaft ihr Öl woanders kauft, wenn sie merkt, was hier passiert. Wissenschaftler an der Universität Alberta „In unseren Forschungsprojekten beschäftigen sich die Forscher mit drei großen Problemfeldern des Ölsandabbaus in Alberta: dem Wasserverbrauch, den Abwässern und den Abgasen der Industrieanlagen. Statt die Abgase und damit auch die Treibhausgase mehr oder weniger gefiltert über Schornsteine in die Luft entweichen zu lassen, wird versucht, sie unterirdisch in Kohleflözen zu deponieren. In komplizierten Laborversuchen lassen sich Abgase in Kohle pressen. Die Technik zur Lösung der Umweltprobleme wird voraussichtlich erst in 10 bis 20 Jahren für die Ölindustrie in der Praxis anwendbar sein. Die Kosten dafür sind enorm hoch. Die Rückgewinnung von Wasser aus dem Restschlamm soll zur Reduzierung des Frischwasserverbrauchs in der Ölindustrie beitragen. Nach Laborversuchen zeigt sich, dass das nach Filterprozessen extrahierte Wasser sauber genug ist, um es in den Produktionsprozess zurückzuführen. Auch wenn heute schon zwischen 80 und 90 Prozent der Abwässer recycelt werden, sind die Restschlammmengen dennoch enorm: Täglich fließen 200 Millionen Liter in die oberirdischen Auffangbecken. Die Forschung sucht nach einer Antwort auf die Frage: Wie kann das Bitumen mit so wenig Wasser wie möglich aus dem Ölsand rausgewaschen werden? Eine Produktion ohne Wasser wäre revolutionär und würde die Abwasserbecken überflüssig machen. Im Rahmen der Grundlagenforschung im Nanobereich suchen die Wissenschaftler nach Lösungen für verseuchtes Wasser und verseuchte Böden – gefunden sind sie noch nicht.“ Quelle: Gerisch, C. und Scheele, B.: Öldorado in der Wildnis. Kanada investiert in Ölraffinerie in Fort McMurray bearbeitet von: Ölsandfelder. ZDF, Abenteuer Wissen vom 25.2.2009. Diercke 360° Diercke Weltatlas Magazin Unterrichtseinheit Sekundarstufe II zum Autor: Knut Heyden, Ratzeburg Lauenburgische Gelehrtenschule Ratzeburg Fächer: Geographie, Mathematik, Informatik Landschaftswandel am Aralsee Der Aralsee war einst das viertgrößte Binnenmeer der Erde. Ein See solcher Größe ist aufgrund der kontinentalen Lage in einer abflusslosen Senke in Zentralasien in einem Halbwüsten- und Wüstenklima überraschend. Verursacht durch Klimaschwankungen (Eiszeiten) unterlagen der Wasserspiegel und damit die Ausdehnung des Sees in jüngerer erdgeschichtlicher Zeit mehrmals großen natürlichen Schwankungen. Die Menschen griffen infolge der ehrgeizigen Pläne Stalins bzw. der UdSSR in den 1960er- und 70er-Jahren in den natürlichen Wasserhaushalt des Sees ein und veränderten die Landschaft und den See gravierend. Die kommunistischen Machthaber planten eine Umleitung der beiden Zuflüsse Amudarja im Süden und Syrdarja im Nordosten, so dass 95 % des Wassers den See nicht mehr erreichten. Das Wasser wurde dazu genutzt, im Süden und Nordosten des Sees auf riesigen Anbauflächen Baumwolle künstlich zu bewässern. Seit diesem massiven Eingriff in das Wassermanagement verlandet der Aralsee, d.h. die mit Wasser bedeckte Fläche hat sich etwa halbiert, was z. B. dazu führte, dass ehemals in Ufernähe gelegene Orte wie Kasalinsk oder Muinak nun bis zu 150 Kilometer vom Aralsee entfernt liegen. Diese Dimensionen sind kaum vorstellbar. Im Vergleich zu Deutschland hieße dies, dass vor 40 Jahren Hannover an der Nordsee oder Berlin an der Ostsee gelegen hätten. Das Volumen des Meeres ist um über 70 % zurückgegangen. Der See besteht nun aus mehreren Teilen, von denen der größte Großer Aralsee heißt. Gleichzeitig ist der Salzgehalt so stark gestiegen, dass die Flächen ökologisch tot sind. Der Salzgehalt ist in den verschiedenen Teilen des Sees sehr unterschiedlich und soll bei bis zu 150 g/Liter (15 %) im östlichen Becken liegen. Zum Vergleich: Süßwasser weist einen Salzgehalt von unter 0,1 % auf. Der durchschnittliche Salzgehalt der Ozeane liegt bei 3,5 %. Trotz der geringen Niederschläge von 100 mm/a wird der See wohl nicht zur Gänze austrocknen, allerdings wird der östliche Teil des Großen Aralsees aufgrund seiner geringeren Tiefe weiter sehr schnell an Fläche verlieren. Die größte von Menschen verursachte Umweltkatastrophe Die Folgen für die Region sind sehr tief greifend. Zwar boomte anfangs die Wirtschaft durch den Bau der Bewässerungskanäle und die Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche, doch mit dem Zusammenbruch des Ökosystems sind viele negative Effekte zu beobachten: • Fischsterben als Folge der Versalzung und damit der Zusammenbruch der Fischerei. • Generell geringe Artendichte bei Flora und Fauna. • Desertifikation: Ausbreitung der Wüste und Dünen bis zum Ostufer. • Durch die Verlandung und Versalzung verbleiben Salz- und Staubwüsten, die Böden sind durch Reste von Herbiziden, Pestiziden und Kunstdünger gesundheitsgefährdend. U. a. wurde das aus dem Vietnamkrieg berüchtigte Mittel Agent Orange verwendet, das das Erbgut schädigen kann. • Die Insel des Aralsees wurde für Versuche mit biologischen Kampf- stoffen genutzt. Die abnehmende Luftfeuchtigkeit führt nun dazu, dass die Schadstoffe ausgeweht werden und ein zusätzliches Gesundheitsrisiko darstellen. • Durch die Verschmutzung des Wassers und der Luft steigen verschiedene Erkrankungen wie Atemwegserkrankungen, Erbkrankheiten und MagenDarm-Erkrankungen an. • Die Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser und auch Brennmaterial ist ein großes Problem. • Durch den wirtschaftlichen Niedergang in der Region aber auch den Zusammenbruch der Sowjetunion ist die Gesundheitsvorsorge kaum mehr gewährleistet. Lösungsansätze Da es sich bei dem Bewässerungsprojekt um ein Vorzeigeprojekt der Sowjetunion handelte, fühlt sich Russland angeblich in der Verantwortung zur Lösung beizutragen. Erste Ansätze in den 1990er-Jahren gingen aber von Kasachstan aus, als hier ein erster einfacher Sanddamm gebaut wurde, der das Wasser des Kleinen Aralsee im Norden zurückhalten sollte. Dieser Damm wurde 2003-2005 mit Mitteln der Weltbank durch einen höherwertigen Damm, den so genannten Kok-Aral-Damm ersetzt. Während sich die ökologische Situation (Anstieg des Wasserspiegels, geringere Salz- und Schadstoffkonzentration) für den Kleinen Aralsee verbesserte und es somit zur Wiederbelebung der Fischerei kommt, sind die Folgen für den Großen Aralsee, der hauptsächlich in Usbekistan liegt, entsprechend negativ. Hiermit wird deutlich, dass der See im Spannungsfeld mehrerer Staaten steht. Alle Anrainerstaaten möchten von den Zuflüssen 19 Diercke 360° Diercke Weltatlas Magazin möglichst viel abzweigen und dennoch nicht am Tod des Aralsees schuld sein. In der Atlaskarte Diercke u S. 157.1, Diercke 2 u S. 123.1 findet man zudem Hinweise auf Waldschutzstreifen mit salzresistenten Saxaul Bäumen, die die Desertifikation verhindern sollen. Multimediale Anwendungsmöglichkeiten im Unterricht Im Zusammenspiel der unterschiedlichen Materialien (Karten, Satellitenaufnahmen, Texte und Filme) sind die Schüler gefordert, Informationen zu sammeln und zu ordnen. Wegen der schnellen Umschaltmöglichkeit zwischen verschiedenen Karten- und Globusansichten (physische Karte/ Satellitenbild) bietet es sich an, den Diercke Globus Online in den Unterricht einzubinden. Karte auf dem Diercke Globus Online Bei den Erläuterungstexten zu den Atlaskarten unter www.diercke.de können zusätzlich die in M6 und M7 gedruckten Satellitenbilder vom Aralsee heruntergeladen werden (vgl. Link). Mit dem Link wird der Globus – sofern installiert – aufgerufen und dann die Satellitenbilder auf dem Globus gezeigt. Der Einsatz vom Diercke Globus Online in Kombination mit einem Beamer ist als Ergänzung zum gedruckten Atlas dann sinnvoll, wenn Schüler ihre Ergebnisse der Kartenarbeit den Mitschülern präsentieren sollen. Dies kann den Fokus einfacher auf bestimmte Details lenken. Dazu müssen die technischen Voraussetzungen wie ein Internetanschluss im Klassenraum/Geographie-Fachraum gegeben sein. Falls es Ihnen möglich ist, einen Film über den Aralsee zu besorgen (vgl. Filme), sollten Sie Ihre Schüler auffordern, den Film in Kapitel zu unterteilen und sich gezielt Notizen zu Wirkungsgefügen zu machen. Die Filme zeigen meist auch besonders gut und plastisch den Aralsee zu Sowjet-Zeiten. Die anschließende Kombination der gefundenen Informationen können die Schüler gut mit einer Bewertungsmatrix oder einer MindMap umsetzen. 1. Stunde Einstieg: Die Angst des Torwarts vor dem Klimawandel Kartenanalyse: Lage, Klima, Wasserregime, wirtschaftliche Nutzung im Laufe der Jahre 2. Stunde Ökologische Untersuchung, Auswertung der Falschfarbenaufnahmen, Versalzung Vergleich Karte – Satellitenbild 3. Stunde Maßnahmen in den 1960er-Jahren - Film über den Aralsee/Internetrecherche bei www.aralsee.org und Wikipedia Was lernen wir daraus? 4. Stunde Schüler erkennen am Beispiel des Aralsees die Notwendigkeit, komplexe Systeme genau zu untersuchen, bevor es zu einer grundlegenden Änderung im System durch einen Eingriff kommt. Sie lernen im Ansatz vernetztes Denken, indem sie versuchen, Voraussetzungen, Wirkungsgefüge und Wechselwirkungen der Komponenten des Systems zu analysieren. In vielen Fällen denken Menschen zu kurzfristig und achten nur auf einfache „monokausale“ Verkettungen. Da sich solche Fehler in allen politischen Systemen wiederholen, sollten Schüler aber nicht vorschnell urteilen, sie selber hätten das besser gemacht, sondern sich das Ziel setzen, in ihrer beruflichen und privaten Situation sorgsam und nachhaltig zu handeln. Die persönliche Verantwortung des Einzelnen greift auch gut der Einstiegstext über den Fußballer Pfannenstiel auf, der auf den ersten Blick etwas abseits eines üblichen Einstiegs in die Thematik liegt. Am Ende sollte der Lehrer einen Rückblick auf diesen Text fordern. Zukunftschancen des Aralsees Rückblick und Diskussion über die eigene Rolle in Umweltfragen Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad 20 Stundensequenz Literatur: Conrad, C. und Schierer, A.: Wassernutzung in Zentralasien: Bewässerungsfeldbau im Amu Darja Delta. In: Praxis Geographie 11/2008, S. 26 ff. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) (Hrsg): Globaler Wandel. Die Erde aus dem All 2008 Merian „Unsere Erde“ Jubiläumsausgabe 12/2008, S. 80-81 Westermann (Hrsg.): Diercke-Handbuch 2008, S. 289 Filme: Aralsee – ein Meer stirbt. Arte „WunderWelten“, Dokumentation, Frankreich 1999 Das Geheimnis des Aralsees. Dokumentation, Deutschland/Kasachstan/Usbekistan 2005 Links: de.wikipedia.org/wiki/Aralsee www.aralsee.org www.diercke.de/diercke_karten.xtp (Erläuterungstext und Satellitenbilder: bei „Auswahl Seitennummer” 157, bei „Auswahl Kartennummer” 1 eingeben) www.uni-bielefeld.de/biologie/Oekologie/ aralsee.html Autor: Knut Heyden Diercke 360° 2/2009 COPY M 1 Die Angst des Torwarts vor dem Klimawandel Beim Hallenturnier in Riesa hatten sie ihren ersten Auftritt, die Retter des Erdballs. Das Team von Global United repräsentierte auf den ersten Blick eine Ansammlung in die Jahre gekommener Spieler, die quasi von Beruf Ex-Profi sind. (…) Die Mannschaft will auf die Klimaerwärmung aufmerksam machen und Geld sammeln, um gegen deren Folgen anzugehen. Geld, das Institutionen wie dem World Wildlife Fund und Forschungsprojekten zugutekommen soll. Die erstklassige Idee entspringt dem Kopf eines – mit Verlaub – zweitklassigen Torwarts, der es dennoch auf seine individuelle Weise geschafft hat, berühmt zu werden. Lutz Pfannenstiel (35) aus Zwiesel hat als erster Fußballprofi auf allen Kontinenten gespielt, für mittlerweile 27 Vereine, und ist in der ganzen Welt zu Hause. (…) Er war zunächst ein ganz normaler Profi: „Schnelle Autos, am Pool liegen und es krachen lassen“, sagt er, das war sein Motto. Als er 2000 in Singapur für 101 Tage zu Unrecht ins Gefängnis musste – ihm war Spielmanipulation vorgeworfen worden – und durchs Zellenfenster Hinrichtungen mit ansah, begriff er, dass es im Leben Wichtigeres gibt. Nach seiner Freilassung beschloss er, sich sozial zu engagieren. Da er bei seinen zahlreichen Stationen Zeuge des Klimawandels wurde, auf den Malediven Inseln untergehen sah, „wenn es ein bisschen regnete oder stürmte“, und beim Anblick des beinahe ausgetrockneten Aralsees an „eine atomare Wüste“ denken musste, hatte er sein Thema gefunden: globaler Sport gegen das globale Problem. „Mit Fußball kann man die beste Öffentlichkeit erreichen“, ist er überzeugt. Nun plant Pfannenstiel zehn bis zwölf Spiele an besonders vom Klimawandel bedrohten Orten: in der Antarktis, in Australien und Tansania, wo am Kilimandscharo der Schnee schmilzt. Er hat bereits Verträge mit rund 50 früheren Spielern wie den Brasilianern Aldair und Cafu sowie Argentiniens WM-Torwart von 1978, Ubaldo Fillol, geschlossen. Deutsche sind auch dabei: die Ex-Nationalspieler Fredi Bobic, Marko Rehmer und Jörg Heinrich. Sein Ziel sind 70 Spieler „mit hoher Berühmtheit von allen Kontinenten“. In aussichtsreichen Verhandlungen für das erste Spiel zweier Teams von Global United, geplant für den 18. Dezember 2009 auf einem Fluglandeplatz in der Antarktis, steht er mit Zinedine Zidane. Wobei über Geld nicht verhandelt wird – die Weltrettung erfolgt selbstverständlich ehrenamtlich. Pfannenstiel hofft pro Spiel auf Einnahmen von drei bis vier Millionen Euro durch Sponsoring, weniger durch Zuschauereinnahmen. Auf der King-George-Insel in der Antarktis werden mangels Infrastruktur gar keine Fans erwartet, Öffentlichkeit wird dennoch hergestellt. „Jedes Event bekommt einen 90-minütigen Film. Darin wird vor allem über die Klimaprobleme der Region, weniger über das Spiel berichtet“, sagt Pfannenstiel. (…) „Was man in Deutschland nur liest, habe ich selbst gesehen. Die meisten Menschen denken doch immer noch, da muss irgendein Gesetz her, und die Merkel macht das schon mit dem Obama.“ Er macht lieber selbst etwas. Quelle: DIE WELT, 7. 1.2009 (gekürzt) M 2 Klimadiagramm von Cimbaj (50 km nördlich von Nukus, Usbekistan) °C 40 30 20 10 0 –10 –20 –30 –40 Cimbaj (Usbekistan) 66m ü.M. 42°57`N/59°49`E mm 400 300 200 100 80 60 40 20 0 Monatsmittelwerte Temperatur Niederschlag potenzielle Landschaftsverdunstung (maximal mögliche Verdunstung) Jahresmittelwerte 11,0°C Temperatur 145 mm Niederschlag 11,0°C 142 mm 774 mm J FMAMJ J A SOND Landschaftsverdunstung 774 mm potenzielle (maximal mögliche Verdunstung) Gestrandete Schiffe im ausgetrockneten Aralsee Aufgaben 1. Beschreiben Sie kurz Ihre persönliche Einstellung zum Klima- 3. Orden Sie das Klimadiagramm aus M2 in die Klimaklassifika- wandel und vergleichen Sie diese in der Klasse mit der von Lutz Pfannenstiel (M1). tion nach Siegmund/Frankenberg ein (Diercke u S. 226/227, Diercke 2 u S. 176/177). 2. Beschreiben Sie mit der Atlaskarte Nordasien – physisch (Diercke u S. 152/153, Diercke 2 u S. 118/119) die Lage des Aralsees (geographische und politische Lage, Höhe über NN). bearbeitet von: Autor: Knut Heyden Diercke 360° 2/2009 M 3 Der verlandete Aralsee Noch vor 40 Jahren war das Umland des Aralsees eine fruchtbare, wald- und artenreiche Landschaft. Die Bevölkerung lebte überwiegend von Fischfang und Landwirtschaft. Heute prägen riesige Monokulturen das Landschaftsbild. Von Süden her erhält der Aralsee sein Wasser von dem nur noch spärlich einfließenden Fluss Amudarja. Da es sich bei dem zweiten einmündenden Fluss – dem von Norden kommenden Syrdarja – ebenfalls um einen Zufluss handelt, gilt der Aralsee als Endsee ohne Abfluss. Der natürliche Wasserverlust resultierte aus Versickerung und Verdunstung; im Laufe der Erdgeschichte hatte sich ein Gleichgewicht mit dem Schmelzund Regenwasserzufluss eingestellt. Die Störung dieses Gleichgewichts durch den immer geringeren Wasserzufluss führt nicht nur zu einer Wasserspiegelabsenkung, sondern auch zu einem deutlichen Anstieg des Salzgehaltes im Aralsee. Bislang hat das Volumen des Sees um zwei Drittel abgenommen, der Salzgehalt hat sich dagegen fast vervierfacht. Es kommt zu einem verstärkt kontinental geprägten Klima mit heißeren Sommern und kälteren Wintern, da die natürliche Mäßigung des Klimas durch die Wasserfläche immer schwächer wird. Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Globaler Wandel. Die Erde aus dem All 2008, S. 241 (gekürzt) M 4 Entwicklung von Wasserfläche, Volumen und Salzgehalt des Aralsees Jahr Wasserfläche Wasservolumen Salzgehalt 1960 100 % 100 % 0,9 % = 9 g/Liter 1970 90 % 89 % 1,0 % 1980 76 % 59 % 1,7 % 1990 66 % 26 % 3,5 % 2000 40 % 19 % 4,3 % 2003 30 % 12 % Großer Aralsee: > 7,5 % im westlichen Teil > 15 % im östlichen Teil Kleiner Aralsee: 2 % COPY M 5 Das Geheimnis des Aralsees Der Aralsee liegt im Tiefland von Turan und gehört zu Kasachstan und Usbekistan. Um zu verstehen, was in der Region geschehen ist, muss man den Läufen der beiden Zuflüsse des Aralsees – Syrdarja und Amudarja – folgen. Der Aralsee, einst doppelt so groß wie die Niederlande, hat seit 1960 über zwei Drittel seiner Fläche eingebüßt. Stolze, sowjetische Kolchosen meldeten immer größere Ernten an Reis und Baumwolle. Doch unkontrollierte Wasserverschwendung ließ das salzige Grundwasser dicht an die Oberfläche steigen, und Salzkristalle machten den Boden für die Nutzpflanzen unfruchtbar. Eine rapide Verdunstung verwandelte das Süßwasser des Sees in eine Lake, deren Salzgehalt dreimal so hoch ist wie der des Meeres. Alle Fische starben. Durch Wind und Staubstürme gelangt das Salz in die Luft, gefährdet die anliegenden Felder und sogar Gletscher bis nach Skandinavien. Die sowjetische Fangflotte zog einst Netze voll mit Edelfisch an Bord, heute wirken die endlosen Dünenfelder auf dem ehemaligen Seeboden aus der Luft auch fast wie Wellen. Und sie bewegen sich tatsächlich. Einige Häuser im ehemaligen Fischerdorf sind schon zugeschüttet. Eines der größten Probleme der Aralregion ist das Trinkwasser. Die Quellen vor Ort sind nur bedingt genießbar, da ungehindert Herbizide, Pestizide und Dünger aus den Feldern in den Wasserkreislauf fließen. Ärzte in Aralsk beklagen eine der weltweit höchsten Kindersterblichkeit, während die UNO Destillatoren zur Wasseraufbereitung an die Haushalte verteilt. Für die Natur ist das Phänomen des schwindenden Wassers nichts Neues. Auch der Mensch muss lernen, damit fertig zu werden. Doch die kasachische Regierung will den nördlichen Fluss Syrdarja nicht nach Süden zu den Usbeken abfließen lassen und baut für 80 Millionen Dollar einen Damm. Das Projekt ist nicht unumstritten, denn viele Wissenschaftler warnen, dass dadurch der übrige Teil des Sees noch schneller austrocknet. Im Jahr 2010 wird voraussichtlich nur ein Zehntel davon bleiben. Quelle: Paul Pfander: Das Geheimnis des Aralsees, Dokumentation, Deutschland/ Kasachstan/Usbekistan 2005, ZDF (16.11.2006) (verändert) Quelle: Uni Bielefeld Aufgaben 4. Untersuchen Sie das Wasserregime des Aralsees (ZuflussAbfluss) anhand der Atlaskarte Nordasien – physisch (Diercke u S. 152/153, Diercke 2 u S. 118/119), M3 und M4. 5. Vergleichen und erläutern Sie anhand der Karten Nordasien – Wirtschaft (Diercke u S. 154/155, Diercke 2 u S. 120/121) und Aralsee – Landschaftswandel (Diercke u S. 157.1, Diercke 2 u S. 123.1) die wirtschaftliche Nutzung in der Großregion des Aralsees in den Jahren 1960 und 2007. Welche Maßnahmen wurden in sowjetischen Zeiten durchgeführt (M5)? Weitere Informationen finden Sie z.B. unter www.aralsee.org oder bei Wikipedia. bearbeitet von: Autor: Knut Heyden M 6 Der Aralsee 1973 Diercke 360° 2/2009 COPY M 7 Der Aralsee 2007 M 8 Ausbeutung der Armen 1960 war der Aralsee das viertgrößte Binnengewässer der Erde und doppelt so groß wie Baden-Württemberg. In den 1960erJahren wollte die Sowjetunion mit einem gigantischen Bewässerungsprojekt die landwirtschaftliche Produktion in der Region steigern. Neue Devisenquellen sollten durch den Export von Baumwolle erschlossen werden. Die Abbildung aus dem Jahr 1973 ist eine Falschfarbendarstellung und hebt die Anbauflächen im Süden und Nordosten des Sees in Rot hervor. Die Zuflüsse Amudarja (im Süden) und Syrdarja (im Norden) wurden zu 95 Prozent in Landwirtschaftsprojekte umgeleitet, was seither zu einer kontinuierlichen Verlandung des Aralsees führte. Heute ist das Gewässer in den Kleinen und den Großen Aralsee geteilt. Die neue Küstenlinie von 2007 ist im zweiten Aufgaben 6. Werten Sie die Satellitenaufnahmen des Aralsees (M6+M7) und den beschreibenden Text M8 aus. Erörtern Sie dabei die Probleme der Wasserversorgung und den Prozess der Versalzung. Stimmen Sie der Behauptung zu, dass der Aralsee die größte, vom Menschen verursachte Umweltkatastrophe darstellt? Beziehen Sie für Ihre Begründung auch M5 ein. 7. Vergleichen und bewerten Sie die Karten (Diercke u S. 157.1, bearbeitet von: Bild gut entlang der weißen Salzschicht zu sehen. Hochauflösende Satellitenbilder erlauben die Identifizierung gestrandeter Schiffe inmitten der neu entstandenen Wüste. Sie sind stille Zeugen des totalen Zusammenbruchs der Fischerei und des Wegfalls von 60 000 Arbeitsplätzen. Doch nicht nur das Aussterben aller Fischarten ist eine der katastrophalen Folgen dieses Großprojekts. Durch verseuchtes Grundwasser gelangen Entlaubungsmittel und Pestizide in die Nahrungskette der 50 Millionen Anwohner. Überdurchschnittlich häufig kommen Missbildungen bei Neugeborenen sowie Fehlgeburten vor. Die Folgen für Menschen und Natur wurden von den Verantwortlichen nie evaluiert. Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Globaler Wandel. Die Erde aus dem All 2008, S. 241 (gekürzt) Diercke 2 u S. 123.1) und Satellitenbilder: Welche Informationen können Sie auf den Satellitenaufnahmen besser bzw. schlechter erkennen als in der Karte? 8. Erörtern Sie die Zukunftschancen der Region. Welche Maßnahmen werden diskutiert? Welche Chance geben Sie dem russischen Versprechen einer „historischen Verantwortung“? Wird Ihrer Meinung nach der Fußballer Pfannenstiel der Entwicklung neue Impulse geben können? Diercke 360° GEWINNSPIEL Diercke Weltatlas Magazin Diercke 360° Gewinnspiel Eine neue Chance – heben Sie ab und gewinnen Sie eine der begehrten Fahrten im Diercke Heißluftballon. Lösen Sie das Rätsel und senden Sie uns das gesuchte Wort bis zum 31.10.2009. Die Berichte der Gewinnerfahrten finden Sie im Internet unter www.diercke.de/presse ’ Events. ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ ⑦ ⑧ ⑨ Welcher Ort lag früher in Ufernähe des Aralsees? Welchen Rucksack kann man nicht zum Wandern nehmen? Zu welchem Produkt wird Teersand in Kanadischen Raffinerien verarbeitet? Was ist auf dem Titelbild zu sehen? Diercke multimediale Methoden gibt es zum … von 20,-€ ! Was ist eine sog. „Attraktion“ im Schweizer Wallis? Nicht Google EarthTM sondern Diercke ...! Welche vergleichbaren Neubauten werden in Hamburg und Dubai in Kürze fertig gestellt? Der Name eines Rheinischen Tagebaus. ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ ⑦ ⑧ ⑨ Lösungswort Ihre Antwort senden Sie bitte an: Bildungshaus Schulbuchverlage GmbH Diercke Redaktion – 360° Georg-Westermann-Allee 66 38104 Braunschweig oder per E-Mail an: diercke@westermann.de Teilnahmebedingungen: Der Gewinner wird unter allen richtigen Einsendungen per Los ermittelt. Mit dem Gewinner wird ein Starttermin vereinbart, der von den Witterungsbedingungen abhängig ist. Der Rechtsweg und eine Barauszahlung sind ausgeschlossen. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt. Titelfoto: Himmelstreppe von Silvio Martin, Oberhausen 2009 Bildquellen: Archiv VAW / ETH Zürich: 11 u. (M. Funk); DEBRIV – Bundesverband Braunkohle, Köln: 8 o.; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)/Global Landcover Facility (GLCF)/USGS/NASA: 23 o.; Eisgrotte und Bazar Rhonegletscher, CH-Belvédère: 12 o.re. (Carlen); Fuchs, H.-J., Mainz: 12 o.li.; Heyden, Knut, Ratzeburg: 19 o.; Hoppe, Cecilia, Berlin: 10 o.; http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers 12 m.; Küster, Hansjörg, Hannover: 4 o., 4 u., 5; laif, Köln: 21 u. (Welters); Land NRW, Bonn/Geobasisdaten: 9 o.; lauscherlounge records/Oliver Rohrbeck, Berlin: 2 u.; Picasso, Marc, CH-Lausanne: 12 u.; picture-alliance/dpa, Frankfurt/M.: 6 u. (H. Ossinger); pixelio media GmbH, München: Titel (Thomas Max Müller); 24 Sammlung Gesellschaft für ökologische Forschung, München: 10 m.; Schacht, Siegfried, Aachen: 6 o., 9 u.; Schleicher, Yvonne, Weingarten: 14 o.; Visum Foto, Hamburg: 14 u. (Jiri Rezac), 17 u. (Jiri Rezac), 18 u. (Jiri Rezac). Impressum: Herausgeber und Verlag: Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH Georg-Westermann-Allee 66 38104 Braunschweig www.diercke.de diercke@westermann.de Redaktion: Wiebke Gehring, Sebastian Schlüter, Sebastian Lemke, Catharina Vater Layout: GUD, Braunschweig Herstellung: Anna K. Lindner, geschwisterfront Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Einwilligung des Verlages. Die Diercke Lernkartei – Immer gut zu gebrauchen Lernkarteien haben sich in der Unterrichtspraxis als praktisches Arbeitsmittel erwiesen. Als zusätzlicher Arbeitsauftrag für schnell arbeitende Schüler oder fester Bestandteil von Unterrichtswerkstätten ist die Kartei sinnvoll und erprobt. Die neu erschienene Diercke Lernkartei bringt erstmals geographische Themen zu Deutschland, Europa und der Welt in ein handliches Format. Jede Karte vermittelt eine Themeneinheit mit der Einführung auf der Vorderseite und dem Zusatzwissen auf der Rückseite. Grafiken, Fotos, Übungs- und Kniffelaufgaben in drei Schwierigkeitsstufen ermöglichen den Schülern ein selbstständiges (Er)Arbeiten. Natürlich lässt sich aus den 72 Karteikarten auch mal ein Geographie-Quiz improvisieren oder die eine oder andere spontane Vertretungsstunde bestreiten. Die Diercke Lernkartei eröffnet neue Möglichkeiten, geographisches Wissen flexibel und variantenreich zu vermitteln. Diercke Lernkartei ISBN: 978-3-14-110032-7 29,95 € ! Original Lernkarteikarte zum Ausschneiden und Testen. 52 © Braunkohle Schaufelradbagger Braunkohleflöz Illustrationen: Peter Hertzfeldt Braunschweig, Diercke Lernkartei Landschaft vor der Erschließung. Die Braunkohle liegt auch unter Städten und Dörfern. Die Braunkohle wird in einem Tagebau abgebaut. Braunkohle Weil Braunkohle viel „jünger“ ist als Steinkohle, ist sie nicht so tief im Gestein verborgen, wie die Steinkohle ( 46, 53). Deshalb kann sie im Tagebau, also oberirdisch, abgebaut werden. Riesige Schaufelradbagger graben erst den Sand beiseite, um an die darunter liegenden Braunkohleflöze zu gelangen. Der Sand wird mit Förderbändern und Zügen abtransportiert und dort wieder hingefüllt, wo die Kohle bereits abgetragen wurde. Dadurch „wandert“ der ganze Tagebau im Verlauf des Kohleabbaus. Die Braunkohle wird zur Energieerzeugung genutzt. Aufgaben le in deinem Gibt es Braunkoh che in deinem Bundesland? Su ftskarte und Atlas die Wirtscha überprüfe es. t? nkohle verwende Wofür wird Brau ? s Wort„Tagebau“ Was bedeutet da 25 Diercke 360° FÜR KLEINE ENTDECKER Diercke Weltatlas Magazin Durch Kompetenzorientierung zum nachhaltigen Lernen Der Atlasführerschein im Erdkundeunterricht der Orientierungsstufe Atlasführerschein Jürgen Nebel Übungsheft Arbeitsatlas Prüfungsbogen Urkunde Diercke Atlasführerschein ISBN: 978-3-14-100021-4 5,95 € Topographische Kenntnisse und der Umgang mit Karte und Atlas sind die Schwerpunkte des nachhaltigen Lernens in der Orientierungsstufe für den Kompetenzbereich Räumliche Orientierung. Das neu erschienene, farbige Arbeitsheft „Diercke Atlasführerschein“ bietet den Schülern auf 28 Seiten die Möglichkeit, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten einzuüben und dauerhaft zu sichern. Beginnend mit einer Einführung zum Umgang mit Atlas und Karte leitet das Heft die Schüler hin zum nächsten Abschnitt: dem Arbeitsatlas. Er bietet Aufgaben zum topographischen Grundwissen über Deutschland, Europa und die Welt. Alle notwendigen Informationen sind aus den dort eingefügten Atlaskarten zu entnehmen. Mithilfe eines Prüfungsbogens kann jeder abschließend sein Wissen testen. Nach erfolgreicher Prüfung gibt es natürlich eine Urkunde. Der Atlasführerschein kann unabhängig von dem in der Schule verwendeten Atlas erarbeitet werden. Alle notwenigen Karten und Verweise sind ins Heft eingearbeitet. Die Konzeption der Inhalte orientiert sich an den Standards für den Kompetenzbereich Räumliche Orientierung der Deutschen Gesellschaft für Geographie. Es bietet sich an, das Arbeitsheft zu Beginn der 5. Klasse durchzuarbeiten und vor den Osterferien dann die Prüfung zum Atlasführerschein durchzuführen. Nach bestandener Prüfung verfügen die Schüler über eine solide Grundlage zur weiteren Atlas- und Kartenarbeit. Jürgen Nebel 52 © Braunkohle Zusatzwissen Foto: Mompl/Pixelio Schaufelradbagger in einem Braunkohletagebau. 26 Braunschweig, Diercke Lernkartei Schaufelradbagger können über 200 Meter lang und fast 100 Meter hoch sein. Die Menge Sand oder Kohle, die ein Schaufelradbagger an einem Tag bewegt, würde ein Fußballstadion bis zum Rand füllen. örfer n manchmal D Warum müsse ie gerissen und d ab en ng lu ed Si und en, gesiedelt werd Bewohner um au eingerichtet wenn ein Tageb wird? der ichnungen auf Schau dir die Ze . Vorderseite an Diercke digital I Vorankündigung: „Diercke multimediale Methoden mit CD-ROM“ „Moderne, technikgestützte Informationsquellen gewinnen wegen ihrer Aktualität eine zunehmend große Bedeutung. Im heutigen Unterricht geht es dabei nicht nur um die Kenntnis von Quellen und Formen, sondern auch um die Kenntnis von Strategien, der Informationsgewinnung und -auswertung. Schülerinnen und Schüler eignen sich dieses Wissen an, können es routiniert übertragen und geographische/geowissenschaftliche Informationen zielorientiert und kritisch auswerten.“ (Quelle: Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss, 2007, S.19) Passend zu den Bildungsstandards für das Fach Geographie erscheint in Kürze das Lehrerbuch Diercke multimediale Methoden mit CD-ROM für den multimedialen Geographieunterricht. Es stellt Unterrichtsmethoden und Unterrichtskonzeptionen vor, in denen verschiedene Medien wie Atlas, DVD, Internet, Video etc. kombiniert werden. Karteninterpretation und das Methodenlernen mit digitalen Medien stehen dabei im Zentrum der Vorschläge zur innovativen und effektiven Unterrichtsvorbereitung und -durchführung. Konkrete Praxisbeispiele und Arbeitsaufträge zeigen, wie die Vermittlung von multimedialen Kernkompetenzen im Unterricht gestaltet werden kann. Dabei werden sowohl Angebote des Diercke PremiumBereiches (z.B. der Diercke Globus Online, Diercke Coach, WebGIS, Videotutorials, Diercke digitale Wandkarten, interaktive Karten) als auch frei zugängliche Materialien aus dem Internet (z.B. Google EarthTM, Google MapsTM) sinnvoll miteinander kombiniert. Die geographische Fragestellung bzw. die Entwicklung und Bearbeitung einer Leitfrage/Problemstellung sind die Leitlinien für alle Beiträge. Subskriptionspreis 20,00 € statt 25,00 € Jetzt vormerken lassen! Diercke multimediale Methoden mit CD-ROM (u.a. VideoTutorials, Arbeitsblätter) ISBN: 978-3-14-100733-6 25,00 € 27 Diercke 360° Diercke Weltatlas Magazin Diercke digital II zur Autorin: Gundel Döhner Fachbereichsleiterin Medien und Neue Technologien, Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte Oldenburg Praxisbericht: Diercke digitale Wandkarten im Einsatz Seit zwei Jahren arbeite ich, Lehrerin für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte Oldenburg, mit einem SMART-Board. Inzwischen ist unsere Schule mit 24 Boards ausgestattet. Ebenso wie bei den Schülerinnen und Schülern haben die Interaktiven Whiteboards im Kollegium große Akzeptanz erfahren. Schon eine ganze Zeit fragte ich mich, wann Bücher und andere Medien der Schulbuchverlage auf den Markt kommen, die an das Board angepasst sind. Mit Freude erfuhr ich auf der Didakta 09, dass dieses jetzt bei dem Diercke Weltatlas Realität geworden ist. In einigen Klassen haben wir die digitalen Wandkarten im Unterricht eingesetzt. Die Abstimmung der Software auf den Atlas ist gelungen und die Bedienung für jede Lehrerin und jeden Lehrer leicht erlernbar. Auf den Bildern kann man sehen, wie die Einbindung in die Notebook Software am Thema „Niedersachsen“ zu verwirklichen ist. Die Kartenausschnitte sind durch die Fotografiermöglichkeit der Notebook-Software schnell und unkompliziert als Tafelbild einsetzbar und natürlich auch bearbeitbar. Die Möglichkeit, dass die Kinder im Atlas arbeiten und die absolut identischen Karten am Board gemeinsam sehen und bearbeiten können, bringt aufgrund der guten Visualisierung einen deutlichen Gewinn beim Lernerfolg. Die Kinder sind motiviert, am Board mit den Karten zu arbeiten und lernen die Bedienung sehr schnell. 28 Hier einige Schülerzitate: „Man kann sich die Welt durch die digitalen Karten sehr gut vorstellen!“ „Die Fähnchen zu setzen macht Spaß und hilft beim Lernen.“ „Besonderen Spaß macht mir das Messen der Entfernungen!“ Gerade um die Aufmerksamkeit der Kinder immer wieder zu fokussieren, sind die Werkzeuge „Lupe“ und „Taschenlampe“ sehr gut einsetzbar. Bearbeitete Karten zu speichern und auszudrucken eröffnet viele Anwendungsmöglichkeiten. In kürzester Zeit halten die Kinder ein gemeinsam erarbeitetes Kartenbild in der Hand und können es in ihre Mappe übernehmen. Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Lehrerinnen und Lehrer, die dieses Medium erprobt haben, es als eine gute Möglichkeit sehen, den Erdkundeunterricht interessanter und anschaulicher zu gestalten. + Erdkunde + Geschichte + Wirtschaft + Politik + Biologie + Physik + Religion + Sprachen + Der Diercke Drei Universalatlas und seine Materialien – das Programm für den fächerübergreifenden Unterricht TOP Geschichte 1 Frühgeschichte und Antike Peter Kirch · Jörg Manner TOP Geschichte 2 Mittelalter Peter Kirch · Jörg Manner Diercke Drei Universalatlas ISBN: 978-3-14-100770-1 21,95 € Rund um... Diercke Drei digitales Handbuch in Vorb. u Die TOP Geschichte-Arbeitshefte vermitteln die Grundlagen der Geschichte spannend und lebendig. Besonderheiten: • Karten, Grafiken und Illustrationen erklären und ergänzen die Textinhalte • eine thematische Zeitleiste sichert den geschichtlichen Überblick • Piktogramme helfen bei der Orientierung und kennzeichnen Arbeitsaufträge • ein aufwändiges Design und das vierfarbige Layout vermitteln ein facettenreiches Geschichtsbild Diercke Drei Handbuch ISBN: 978-3-14-109770-2 29,00 € u TOP Geschichte Diercke Drei Materialien im Ordner ISBN: 978-3-14-100771-8 48,00 € u TOP Geschichte 1: Frühgeschichte und Antike ISBN: 978-3-14-114640-0 4,95 € TOP Geschichte 2: Mittelalter ISBN: 978-3-14-114641-7 4,95 € TOP Geschichte 3: Renaissance ∙ Reformation ∙ Revolution ISBN: 978-3-14-114642-4 (in Vorb.) TOP Geschichte 4: Nationalismus ∙ Imperialismus ∙ 1. Weltkrieg ISBN: 978-3-14-114643-1 (in Vorb.) TOP Geschichte 5: Von Weimar zum 2. Weltkrieg ∙ Demokratie in Europa ∙ globale Welt ISBN: 978-3-14-114644-8 (in Vorb.) Brief: Staatliche Regelschule 1, Goethestraße 32, 99310 Arnstadt 29 DAS NEUE »GEOGRAPHISCHE SEMINAR« Für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge Hrsg: Prof. Dr. Rainer Duttmann, Prof. Dr. Rainer Glawion, Prof. Dr. Herbert Popp, Prof. Dr. Rita Schneider-Sliwa Renommierte Autoren bereiten den geographischen Lehrstoff nach der neuen Studienordnung in der 20-bändigen Traditionsreihe auf. Die Bände für den Bachelor-Studiengang enthalten Aufgabenkomplexe und Lösungshilfen sowie einen Internetbereich mit zahlreichen neuen Anwendungen. Rainer Glawion, Rüdiger Glaser, Helmut Saurer: Physische Geographie 400 Seiten Broschur 978-3-14-160354-5 27,95 € Heinz Fassmann: Stadtgeographie I Die neue Reihe zeichnet sich aus durch: • ein neues 4-farbiges Lay-out • reichhaltige Ausstattung mit Karten, Skizzen, Tabellen und Diagrammen • ausführlicher wissenschaftlicher Apparat im Anhang • robuster, flexibler Kunststoffeinband zur besseren Nutzung auf Exkursionen Seien Sie gespannt… … auf zahlreiche neue Bände, darunter die Physische Geographie, die Stadtgeographie und die Geomorphologie. www.westermann.de/geo-seminar 256 Seiten Broschur 978-3-14-160364-4 27,95 € Jürgen Bähr, Ulrich Jürgens: Stadtgeographie II 352 Seiten Broschur 978-3-14-160365-1 27,95 € Hartmut Leser: Geomorphologie 400 Seiten Broschur 978-3-14-160369-9 27,95 € Norman Backhaus: Globalisierung 304 Seiten Broschur 978-3-14-160304-0 27,95 € Theodor Rauch: Entwicklungspolitik- und Entwicklungszusammenarbeit 320 Seiten Broschur 978-3-14-160353-8 27,95 € 30 Bildungsmedien Service GmbH Westermann • Postfach 4944 • 38023 Braunschweig Telefon: (0 18 05) 21 31 00 • Telefax: (05 31) 70 85 88 (0,14 € pro Minute aus dem deutschen Festnetz, abweichende Preise aus dem Mobilfunk) bestell@bms-verlage.de • www.westermann.de 1.721 Preise: Stand 01/2009 WEITERE BÄNDE IN VORBEREITUNG! Diercke forscht zur Autorin: Laura Stockmann Diplom-Kauffrau, Universität Göttingen Die Ökobilanz des Diercke 360° Magazins Das Thema Umwelt- und Klimaschutz ist seit einigen Jahren nicht mehr aus dem öffentlichen Bewusstsein wegzudenken. Dabei geht es für den Privatmenschen zuhause nicht mehr nur darum, immer das Licht auszumachen, wenn man den Raum verlässt oder auch mal zu Fuß zu gehen, statt den Wagen zu nehmen. Auch bei den Gütern des täglichen Bedarfs und der Freizeit kann nach umweltfreundlichen Alternativen gesucht werden – dabei sollen Ökobilanzen helfen. Im Rahmen einer vom Westermann Verlag vergebenen Diplomarbeit wurde für das Diercke 360°-Magazin an der Universität Göttingen eine Ökobilanz erstellt (siehe Exkurs) und die Nutzungsalternativen bezüglich des Treibhauspotenzials untersucht. Um auch für Laien die Umweltverträglichkeit eines Produktes sichtbar zu machen, gibt es mittlerweile verschiedene Gütesiegel und Analyseinstrumente – eines davon ist die Ökobilanz. Verglichen wurden die Printausgabe des Magazins und der kostenlose Download eines Heftes unter www.diercke.de. Bei der digitalen Ausgabe wurde zudem unterschieden, ob der Leser das Magazin am Bildschirm nur liest oder auch ausdruckt (mit den Varianten einseitiger und beidseitiger Ausdruck). Die zugrundeliegenden Daten über die verwendeten Materialien und Prozesse wurden bei Westermann Druck, einer weiteren Druckerei und dem Hersteller des für den Druck verwendeten Papiers gesammelt. Unter Zuhilfenahme einer speziellen ÖkoTreibhauspotenzial relativ zur Printausgabe 100% 80% 60% 40% 20% 0% Printaus- Drucken nur Lesen gabe einseitig Drucken beidseitig bilanzierungssoftware wurden die Nutzungsalternativen am PC modelliert und die Treibhauspotenziale errechnet. schlägt der Energiebedarf mit 4 % allerdings am geringsten zu Buche. Außerdem fallen für die Printausgabe Transporte insbesondere des Papiers und des fertigen Heftes zum Leser an, die insgesamt 12 % der Umweltbelastung dieser Nutzungsalternative hervorrufen. Ursachen der Treibhausbelastung 100% 80% 60% Der Vergleich Das Ergebnis der Studie ist, dass die Nutzung des Downloads, egal ob der Text zusätzlich zuhause ausgedruckt wird oder nicht, zu geringeren Belastungen führt als die Herstellung und Nutzung des industriell gedruckten Magazins (siehe Abb. 1). Dabei ruft die Alternative, das digitale Magazin nur am PC zu lesen, 46 % der Belastung der Printausgabe hervor. Wird das Magazin zudem noch ausgedruckt, entstehen bei einem einseitigem Ausdruck 58 % und bei doppelseitigem Ausdruck nur noch gut ein Drittel der Belastung der Printausgabe. Ursachen des Treibhauspotenzials Was die Klimaverträglichkeit des Diercke 360° Magazins anbelangt, ist das Papier, auf dem es in der Druckerei oder zuhause gedruckt wird, der wichtigste Faktor (siehe Abb. 2). Bei der Printausgabe und dem einseitigen, heimischen Ausdruck ist das Papier Auslöser für Dreiviertel der jeweiligen Belastung, beim beidseitigen Ausdruck noch Ursache für 60 % der klimatischen Umweltwirkung. An zweiter Stelle ist der Energiebedarf bzw. dessen Erzeugung Grund für das Treibhauspotenzial der Alternativen. Bei der Printausgabe 40% 20% 0% Print Papier Lesen Energie Drucken einseitig Drucken beidseitig Sonstige Abb. 2 Fazit Die Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass das verwendete Papier – in der Druckerei wie auch zuhause – sorgfältig ausgewählt werden sollte, vorzugsweise Recyclingpapier. Und bei der Neuanschaffung von Ausgabegeräten sollte auf Energieeffizienz geachtet werden. Exkurs: Eine Ökobilanz analysiert systematisch alle potenziellen Umwelteinwirkungen von Produkten oder Prozessen. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit werden dabei alle Schritte „von der Wiege bis zur Bahre“ betrachtet, d. h. von der Rohstoffgewinnung, Herstellung und Nutzung bis zur Entsorgung, und alle Stoffentnahmen aus der Umwelt sowie Emissionen in die Umwelt aufgelistet. Die anfallenden Stoffe werden verschiedenen Wirkungskategorien zugeordnet, z.B. dem Treibhauspotenzial. Nach naturwissenschaftlichen Wirkungszusammenhängen werden die Mengen innerhalb einer Kategorie zu einem Indikatorwert verdichtet, z.B. CO2-Äquivalent. Aus diesen können dann Rückschlüsse auf die Umweltrelevanz des untersuchten Objektes gezogen werden oder Vergleiche zwischen Produkt- oder Nutzungsalternativen angestellt werden. Abb. 1 Ab sofort können Sie unter www.diercke.de das 360°-Onlinemagazin kostenlos abonnieren. 31 Bildungsmedien Service GmbH Westermann Postfach 49 44, 38023 Braunschweig Diercke Drei Universalatlas-Lehrerpaket Paket-Preis 50,00 € + Diercke Drei Materialien im Ordner ISBN: 978-3-14-100771-8 48,00 € u statt 77,00 € Diercke Drei Handbuch ISBN: 978-3-14-109770-2 29,00 € u Diercke Weltatlas-Lehrerpaket Paket-Preis 50,00 € + 938.361 Diercke Handbuch ISBN: 978-3-14-109700-9 29,95 € u + Diercke Handbuch Lösungen ISBN: 978-3-14-109703-0 13,00 € u Bildungsmedien Service GmbH Westermann Postfach 4944 38023 Braunschweig statt 107,95 € Diercke Digitale Wandkarten ISBN: 978-3-14-361090-9 DVD-ROM 65,00 € Telefon: (01805) 213100 Telefax: (0531) 708588 bestell@bms-verlage.de www.diercke.de (14 ct/min aus dem dt. Festnetz, abweichende Preise aus dem Mobilfunk)