Arbeitsmarktökonomik

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Arbeitsmarktökonomik
Arbeitsmarktökonomik
Hanna Wielandt
Lehrstuhl für Angewandte Mikroökonomik
(Prof. Alexandra Spitz-Oener)
Humboldt-Universität zu Berlin
7. Econ Boot Camp
16. Januar 2015
Fragen der Arbeitsmarktökonomik

Welche Faktoren determinieren die Nachfrage nach Arbeit?

Welche Faktoren determinieren das Angebot an Arbeit?

Welche Faktoren bestimmen den Lohn der Arbeitenden?

Lohnt es sich, in Bildung zu investieren?

Wann ist der beste Zeitpunkt, in Bildung zu investieren?

...
Ziel: Erklärung von Fakten und Trends
 Arbeitsmarktökonomie eng verknüpft mit empirischer
Wirtschaftsforschung
Zu erklärende Fakten:

Erwerbsbeteiligung

Geschlechtsspezifische Unterschiede in Niveau und Trend

Länderspezifische Unterschiede

Arbeitslosigkeit

Löhne

Geschlechts- und arbeitsplatzspezifische Lohndifferentiale

Zunehmende Lohnspreizung
Entwicklung der Gesamtbeschäftigung
Entwicklung der abhängig Beschäftigten
(mit Beiträgen zur Sozialversicherung)
Qualifikationsspezifische Arbeitslosenquoten
Lohnverteilung in den USA, 2010
Source: U.S. Bureau of Labor Statistics
Lohnverteilung in den USA, 2010
P15
P50
Source: U.S. Bureau of Labor Statistics
P85
Lohnungleichheit messen
 Lohnunterschiede: Verhältnis von Löhnen an unterschiedlichen
Perzentilen der Lohnverteilung. Beispiele dafür sind:

85-15 Lohnunterschied ist die Differenz zwischen dem 85ten und
dem 15ten Perzentil => Maß für die gesamte Verteilung.

50-15 Lohnunterschied ist die Differenz zwischen dem 50ten und
dem 15ten Perzentil => Maß für Ungleichheit zwischen
“Mittelstand” und Geringverdienern.
 Gini Koeffizient

Steigt, wenn Ungleichheit wächst.

Fasst die gesamte Einkommensverteilung zu einer Zahl
zwischen 0 (perfekte Gleichheit) und 1 (perfekte Ungleichheit)
zusammen.
Lohnungleichheit messen

Lohnungleichheit kann unterteilt werden in:

Lohnunterschiede zwischen Gruppen (in der Regel durch Bildung
oder demografische Kategorien definiert).

Lohnunterschiede innerhalb von Gruppen (residuale
Lohnungleichheit).
 Lohnungleichheit verändert sich, wenn sich die Renditen für
beobachtbare Merkmale oder für nicht beobachtbare
Kompetenzen ändern.
Veränderungen in der Lohnstruktur: Einige Fakten
 Die Lohnungleichheit ist während der letzten 25 Jahre stark
angestiegen.
 Lohndifferentiale sind angestiegen:

zwischen Bildungsgruppen, Erfahrungsgruppen und
Altersgruppen,

innerhalb von Bildungsgruppen und demografischen Kategorien
=> Varianz der Löhne von Arbeitnehmern mit gleichen
Charakteristika (z.B. Ausbildung, Alter, Geschlecht, Beruf oder
Sektorzugehörigkeit) ist im Vergleich zu den 1970er Jahren in
den 1990er Jahren stark angestiegen.
Lohnentwicklung in den USA, 1963-2005
Source: Autor, Katz, Kearney, 2008.
Lohnverhältnis College/High-School Absolventen
USA 1963-2008
Source: Acemoglu, Autor, 2011.
Lohnentwicklung USA 1963-2008
(nach Ausbildungskategorien)
Lohnentwicklung Deutschland 1980-2008
Warum ist die Lohnungleichheit angestiegen?
 Keine einheitliche Erklärung für steigende Ungleichheit und Änderungen
in der Lohnstruktur.
Erklärungsansätze:

Veränderung des Arbeitsangebots (Baby Boomer Generation,
Zuwanderung).

Qualifikationsverzerrter technologischer Fortschritt (Skill-Biased
Technological Change, kurz SBTC).

Internationaler Handel und Outsourcing.

Institutionen (Gewerkschaften, Mindestlöhne).
Bemerkungen zum Mindestlohn
 Wirkungsrichtung eines Mindestlohns theoretisch nicht vorherzusagen.
 Empirische Frage, die nur mit modernen Methoden der empirischen
Arbeitsmarktforschung seriös beantwortet werden kann:
 Insbesondere junge und geringqualifizierte Arbeitnehmer betroffen
(Neumark und Wascher, 2007).
 Deutschland: keine bis negative Beschäftigungseffekte, regionale
Heterogenität (West- vs. Ostdeutschland).
 Schätzergebnisse der Mindestlohnstudien nicht immer seriös.
 “Absence of evidence is not evidence of absence”
Der Flächendeckende Mindestlohn
26
Tabelle 3: Betroffene bei einer Mindestlohneinführung 2015 von 8,50 Euro
Deutschland
absolut,
in Prozent*
(in Tsd.)
Alte Bundesländer
absolut,
in Prozent*
(in Tsd.)
Neue Bundesländer
absolut,
in Prozent*
(in Tsd.)
Alle Beschäftigten
4.981
14,0%
3.643
12,5%
1.338
20,4%
Vollzeit
1.195
5,2%
664
3,6%
531
11,6%
Teilzeit
698
9,5%
429
7,0%
269
22,1%
2.296
67,8%
1.900
65,2%
396
84,3%
M inijobs
Quelle: Berechnungen auf Grundlage der 2012-Welle des SOEP und unterstellten Lohnzuwächsen
von jeweils 2,7 Prozent in den Jahren 2012/13 und 2013/14 (Prognose des SVR, Jahresgutachten
2013/2014, S. 75) sowie von 2,2% für das Jahr 2014/15 (Prognose des BMF, Datensammlung zur
Steuerpolitik 2012, S. 18).
Legende: Vollzeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftige mit mindestens 30 Wochenstunden
regelmäßiger Arbeitszeit; Teilzeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftige mit weniger als 30
Wochenstunden; Minijobs: Geringfügig Beschäftigte ohne Studenten und Rentner und ohne
Zweitjobs; * Betroffene in Prozent der jeweiligen Beschäftigtengruppe.
Unter
denKnabe,
vom Mindestlohn
nur 38 Prozent
in sozialversicherungspflichtiger
Quelle:
Schöb, ThumBetroffenen
(2014): Der sind
flächendeckende
Mindestlohn
Beschäftigung (Vollzeit oder Teilzeit). Bei den Vollzeitbeschäftigten sind rund 1,2 Millionen
Arbeitnehmer betroffen, die sich jeweils zu etwa der Hälfte auf die Alten und Neuen
Der Flächendeckende Mindestlohn
28
Tabelle 5: Von einem Mindestlohn von 8,50 Euro betroffene Aufstocker
Deutschland
Anteil an
Betroffene,
jeweiligen
absolut
Aufstockern
Alle ALG I I Aufstocker
Vollzeit
Teilzeit
M inijobs
Alte Bundesländer
Anteil an
Betroffene,
jeweiligen
absolut
Aufstockern
Neue Bundesländer
Anteil an
Betroffene,
jeweiligen
absolut
Aufstockern
598.096
64,2%
308.904
59,8%
289.192
69,7%
55.617
145.717
396.762
30,3%
53,2%
83,7%
27.272
81.087
200.545
24,0%
50,9%
82,3%
28.345
64.630
196.217
40,4%
56,4%
85,1%
Quelle: Siehe Tabelle 3.
Zwei Drittel aller Beschäftigten, die ergänzendes ALG II beziehen, würden vom Mindestlohn
betroffen sein. Bei den Aufstockern mit Minijob sind über 80 Prozent vom Mindestlohn
Quelle: Knabe, Schöb, Thum (2014): Der flächendeckende Mindestlohn
betroffen; bei den Aufstockern mit Vollzeitbeschäftigung sind es etwa 30 Prozent.
Überproportional stark betroffen sind wiederum die Arbeitnehmer in den Neuen
Bundesländern.
Viel Spaß!