Fall 03 Lösungshinweise GK ÖR II Teil 1 SS 2007

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Fall 03 Lösungshinweise GK ÖR II Teil 1 SS 2007
Fallbesprechungen zum Grundkurs Öffentliches Recht II (Teil 1)
– Lösungshinweise zu Fall 3 –
Stand: SS 2007
Frage 1: Zulässigkeit des Widerspruchs des S
A. Zulässigkeit des Widerspruchs
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, §§ 68, 40 VwGO analog
Es muss gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art vorliegen, die nicht einem anderen Gericht gesetzlich ausdrücklich
zugewiesen ist.
1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
Ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, kann im Wesentlichen nach drei Abgrenzungstheorien beurteilt werden: der Interessentheorie (weitgehend überholt), der Subordinationstheorie (bzw. Subjektstheorie) und der Zuordnungstheorie (bzw. modifizierte Subjektstheorie oder Sonderrechtstheorie)1.
a) Subordinationstheorie
Die Subordinationstheorie stellt auf das Verhältnis der am Rechtsstreit Beteiligten ab. Besteht
ein Über-Unterordnungsverhältnis, liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, besteht ein
Gleichordnungsverhältnis, handelt es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit. Diese
Theorie greift jedoch nur im Bereich der Eingriffsverwaltung (bei der Leistungsverwaltung
wird idR ein Gleichordnungsverhältnis vorliegen). Das hier einschlägige Straßenverkehrsrecht (StVO) stellt allgemeine Verkehrsregeln auf, die mit Bußgeld bewehrt sind. Die diesbezüglichen Normen sind damit dem Eingriffsrecht (Sicherheitsrecht)2 zuzurechnen, womit
gleichzeitig gegenüber dem Bürger ein Über-Unterordnungsverhältnis besteht.
b) Zuordnungstheorie
Nach der Zuordnungstheorie sind die Zuordnungssubjekte der entscheidungsrelevanten
Rechtssätze ausschlaggebend. Es kommt darauf an, ob dem Rechtsstreit eine Norm zugrunde
liegt, deren Rechte und Pflichten sich ausschließlich an den Staat oder einen sonstigen Träger
hoheitlicher Gewalt gerade in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger richten. Dies ist hier der
Fall, da Streitgegenstand die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Halteverbots ist. Hierzu sind
ausschließlich die Straßenverkehrsbehörden in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger berechtigt.
2. Nicht-verfassungsrechtlicher Art
Eine verfassungsrechtliche Streitigkeit liegt nur dann vor, wenn sowohl die der Streitigkeit
zugrunde liegende Norm als auch die beteiligten Parteien unmittelbar am Verfassungsleben
beteiligte Organe sind (sog. doppelte Verfassungsunmittelbarkeit)3.
3. Keine abdrängende Sonderzuweisung
Eine abdrängende Sonderzuweisung liegt im vorliegenden Fall nicht vor.
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Vgl. hierzu Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht, 15. Auflage 2000, RN 44 ff.
Vgl. hierzu Janiszewski/Jagow/Burmann, StVO, 16. Auflage 2000, Einführung RN 163.
Vgl. Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht, 15. Auflage 2000, RN 56.
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II. Statthaftigkeit des Widerspruchs, § 68 VwGO
Es muss sich bei dem Widerspruch des S um einen statthaften Rechtsbehelf handeln. Ein solcher ist nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur vor Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage statthaft. S möchte das angeordnete Halteverbot aus der Welt schaffen, was er
durch einen Anfechtungswiderspruch gemäß § 68 Abs. 1 VwGO erreichen könnte. Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei dem Verkehrszeichen, das das Halteverbot anordnet, um
einen den S belastenden Verwaltungsakt iSd. Art. 35 BayVwVfG handelt. Ob Verkehrszeichen allerdings Verwaltungsakte sind oder den Charakter von Rechtsverordnungen besitzen,
ist seit langem umstritten4.
1. Verwaltungsakt versus Rechtsverordnung
Formell ist ein Verwaltungsakt iSd. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG durch seine konkretindividuelle Regelung gekennzeichnet, wogegen eine Rechtsverordnung abstrakt-generelle
Anordnungen enthält. Verkehrszeichen regeln eine Vielzahl von Verkehrssituationen für einen unbestimmten Kreis von Verkehrsteilnehmern (Adressaten) und könnten deshalb als abstrakt-generelle Regelungen zu qualifizieren sein mit der Folge, dass sie nur im Wege der
Normenkontrolle nach § 47 VwGO5 angreifbar sind, die kein Widerspruchsverfahren voraussetzt.
2. Die Allgemeinverfügung, Art. 35 Satz 2 BayVwVfG
Bei der Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG handelt es sich um den Sonderfall eines Verwaltungsaktes, da der Adressat der Regelung – im Gegensatz zum „normalen“
Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG – nicht eine bestimmte Person ist6. Folgende
Erscheinungsformen der Allgemeinverfügung sind nach dem Gesetz zu unterscheiden7:
a) Die adressatenbezogene Allgemeinverfügung, Art. 35 Satz 2 Alt. 1 BayVwVfG
Adressatenbezogene Allgemeinverfügungen sind Verwaltungsakte, die sich an einen nach
allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richten – dieser muss
bei Erlass objektiv noch nicht feststehen. Wer also Adressat ist, wird demnach nicht individuell, sondern gattungsmäßig bestimmt (zB „Gemüsehändler“). Damit vereinigt die adressatenbezogene Allgemeinverfügung eine Vielzahl gleichartiger Einzelverfügungen, die lediglich an
eine Vielzahl von Adressaten gerichtet sind (generell-konkrete Regelung).
b) Die dingliche Allgemeinverfügung, Art. 35 Satz 2 Alt. 2 und 3 BayVwVfG
Eine Allgemeinverfügung kann daneben die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache
regeln: Sie richtet sich damit nicht unmittelbar an Personen sondern bezieht sich vielmehr auf
bestimmte Sachen – das personale Element kommt jedoch dadurch zum Ausdruck, dass der
Rechtszustand einer Sache mittelbar Rechte und Pflichten der Personen begründet, die diese
Sache benutzen und dadurch von der dinglichen Allgemeinverfügung betroffen sind (zB
Widmung einer Gemeindehalle, Benutzungsregeln einer Bibliothek).
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Vgl. hierzu ausführlich Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage 1998, RN 135.
Vgl. zum Normenkontrollverfahren Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht, 15. Auflage 2000, RN 402 ff.
Vgl. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage 1998, RN 134.
Vgl. zur Abgrenzung Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 35 RN 102 ff.
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3. Qualifikation eines Verkehrszeichens
Die Rechtsprechung stellt für die Qualifikation eines Verkehrszeichens auf den örtlichen Bezug des jeweiligen Verkehrszeichens ab8. Ein Gebots- oder Verbotszeichen trifft danach eine
konkrete Anordnung, weil es eine konkrete Verkehrssituation an einer ganz bestimmten Örtlichkeit regelt und den Autofahrern eine konkrete Verhaltensanweisung gibt. Der Adressatenkreis des Verkehrszeichens bleibt allerdings unbestimmt, da die Straße von ständig wechselnden und beliebig vielen Verkehrsteilnehmern benutzt wird. Mithin liegt eine konkretgenerelle Anordnung vor.
Da die Konkretheit eines Verkehrszeichens für dessen Verwaltungsaktsqualität, der unbestimmte Adressatenkreis dagegen für das Vorliegen einer Rechtsnorm spricht, stellt sich die
Frage, auf welchen Bezugspunkt (konkreter Fall oder genereller Adressatenkreis) entscheidend abzustellen ist. Die gesetzliche Definition des Verwaltungsaktes nach Art. 35
BayVwVfG spricht dafür, dass das Merkmal der Konkretheit des geregelten Falles ausschlaggebend ist9. Im Gesetz ist nur vom Einzelfall, nicht dagegen von Einzelperson die Rede. Zudem handelt es sich bei der Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG per definitionem um einen Verwaltungsakt, obwohl ein individuell bestimmter Adressatenkreis dafür
nicht erforderlich ist. Der sog. dingliche Verwaltungsakt (Art. 35 Satz 2 Alt. 2 und 3
BayVwVfG) ist überhaupt nicht adressaten-, sondern unmittelbar nur sachbezogen. Nach der
heute ganz hM handelt es sich bei Verkehrszeichen, die Gebote oder Verbote enthalten, um
Dauerverwaltungsakte in Form von benutzungsregelnden Allgemeinverfügungen nach Art. 35
Satz 2 Alt. 3 BayVwVfG.
Dieses Ergebnis entspricht auch praktischen Bedürfnissen. Wenn Verkehrszeichen als Rechtsverordnungen qualifiziert würden, wären sie für den Fall, dass bei ihrem Erlass Rechtsfehler
begangen wurden, unwirksam und nichtig. Eine formelle Rechtswidrigkeit würde sich bei
einer Qualifikation als Rechtsverordnung stets bereits daraus ergeben, dass Verkehrszeichen
nach gängiger Praxis nicht in Gesetz- und Verordnungsblättern verkündet werden. Dies hätte
die für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs untragbare Konsequenz zur Folge,
dass sämtliche Verkehrszeichen auf öffentlichen Straßen unwirksam wären.
Da es sich bei dem Verkehrszeichen um einen Verwaltungsakt handelt, ist folglich ein Anfechtungswiderspruch statthaft. Die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens ist hier auch
nicht nach § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO obsolet.
III. Widerspruchsbefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO analog
Um Popularwidersprüche auszusondern, muss der Widerspruchsführer in Analogie zu § 42
Abs. 2 VwGO auch in diesem Verfahren widerspruchsbefugt sein, dh. nach seinem Sachvortrag muss eine Rechtsverletzung zumindest als möglich erscheinen (Möglichkeitstheorie)10.
Ist der Widerspruchsführer Adressat eines ihn belastenden Verwaltungsaktes, ergibt sich die
Widerspruchsbefugnis auch ohne plausiblen Vortrag bereits aus Art. 2 Abs. 1 GG (Adressatentheorie): In diesem Fall besteht per se die Möglichkeit eines unberechtigten Eingriffs in
seine allgemeine Handlungsfreiheit. Bei rein dinglichen Allgemeinverfügungen (zB Umbenennung einer Straße) ist die Adressatentheorie nach einhelliger Meinung jedoch nicht an8
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Vgl. BVerwG vom 9.6.1967, BVerwGE 27, S. 181 (183); vom 13.12.1979, BVerwGE 59, S. 221 (224 ff.); vom
27.1.1993, BVerwGE 92, S. 32 (34).
Vgl. BVerwG vom 13.12.1979, BVerwGE 59, S. 221 (225).
Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage 2000, § 69 RN 6.
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wendbar, weil es sich um einen adressatenlosen Verwaltungsakt handelt. Bei einem Verkehrszeichen lässt sich jedoch die Auffassung vertreten, dass dessen Adressat jeweils derjenige ist, der in den Einwirkungsbereich des Halteverbots gerät und erstmalig mit dieser Regelung konfrontiert ist11. S ist demnach nach der Adressatentheorie widerspruchsbefugt.
IV. Form, § 70 Abs. 1 VwGO
Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der
zuständigen Behörde (Ausgangsbehörde oder Widerspruchsbehörde) einzulegen. Schriftlichkeit bedeutet, dass das entsprechende Schriftstück eigenhändig zu unterschreiben ist, um eine
verlässliche Zurechenbarkeit sicherzustellen12.
V. Frist, § 70 Abs. 1 VwGO
Die Widerspruchsfrist beträgt nach § 70 Abs. 1 VwGO grundsätzlich einen Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes an den Beschwerten. Sofern keine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung (ein Musterabdruck findet sich in Ziegler/Tremel, Verwaltungsgesetze des
Freistaates Bayern, Nr. 904) vorliegt, gilt nach §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO eine Jahresfrist.
Die Bekanntgabe des Halteverbots erfolgte hier öffentlich nach Art. 41 Abs. 3 Satz 2
BayVwVfG durch die Aufstellung des Verkehrszeichens gem. § 45 Abs. 3, § 39 StVO. Der
Verwaltungsakt wurde mithin am 1.3.2007 bekannt gegeben und erlangte so seine äußere
Wirksamkeit. Gegenüber dem einzelnen Verkehrsteilnehmer wird die Anordnung nach der
hM jedoch erst in dem Moment wirksam, in dem er erstmals in den Wirkungskreis des Verkehrszeichens gelangt (sog. innere Wirksamkeit)13. Dies geschah im Falle des S am
11.4.2007. Da einem Verkehrszeichen jedoch keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist, gilt
für den Widerspruch die Jahresfrist nach §§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 2 VwGO. S hat bereits am
9.5.2007 Widerspruch eingelegt und die Frist somit eingehalten.
VI. Beteiligten- und Handlungsfähigkeit
S ist nach Art. 79, 11 Nr. 1, 12 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG beteiligten- und handlungsfähig.
B. Ergebnis
Der Widerspruch des S ist zulässig.
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Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 35 RN 107.
Vgl. GmSOGB vom 30.4.1979, NJW 1980, S. 172 ff.; BVerwG vom 6.12.1988, NJW 1989, S. 1175 ff.
Vgl. näher dazu BVerwG vom 21.6.1961, BVerwGE 13, S. 1 (7); Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 35 RN
107; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage 2003, § 70 RN 6; Bitter/Konow, NJW 2001, S. 1386; Abweichender Ansicht
VGH Kassel vom 5.3.1999, NJW 1999, S. 1651 und vom 31.3.1999, NJW 1999, S. 2057 unter Bezugnahme auf BVerwG
vom 11.12.1996, NJW 1997, S. 1021 – „Die (in der Regel einjährige) Frist für die Anfechtung eines Verkehrszeichens
wird für alle Verkehrsteilnehmer durch das Aufstellen des Verkehrszeichens in Gang gesetzt, so dass es nicht (mehr) auf
den Zeitpunkt ankommt, in dem der Verkehrsteilnehmer das Verkehrszeichen erstmals zur Kenntnis nimmt oder in den
Sichtbereich des Verkehrszeichens gelangt.“
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Frage 2: Zulässigkeit der von der KUFI einzulegenden Klage
A. Verwaltungsrechtsweg und zuständiges Gericht
Bei den §§ 40, 45, 52 VwGO handelt es sich nicht um echte Zulässigkeitsvoraussetzungen, da
ihr Fehlen nicht zur Abweisung der Klage als unzulässig, sondern zu einer obligatorischen
Verweisung an das zuständige Gericht führt (so für den Rechtsweg nach § 173 VwGO iVm.
§ 17a Abs. 2 Satz 1 GVG, für die sachliche und örtliche Zuständigkeit nach § 83 Satz 1
VwGO iVm. § 17a Abs. 2 GVG). Mithin handelt es sich nicht um Zulässigkeitsvoraussetzungen, sondern um Sachentscheidungsvoraussetzungen14.
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, § 40 Abs. 1 VwGO
Zu prüfen ist, ob eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit iSd. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorliegt. Dies ist der Fall, wenn die streitentscheidenden Normen dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Als Rechtsgrundlage des Bescheides vom 19.3.2007 kommen die Art. 48, 49
BayVwVfG in Betracht (Rücknahme/Widerruf). Dies sind Normen, die ausschließlich einen
Träger hoheitlicher Gewalt berechtigen oder verpflichten, und sind damit nach der Sonderrechtstheorie dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Die Streitigkeit ist auch nicht verfassungsrechtlicher Art, da keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit gegeben ist. Eine abdrängende Sonderzuweisung ist vorliegend ebenfalls nicht
ersichtlich.
II. Sachliche und örtliche Zuständigkeit, §§ 45, 52 VwGO
Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 45 VwGO, die örtliche
Zuständigkeit bestimmt sich nach § 52 VwGO.
B. Zulässigkeit der Klage
I. Statthafte Klageart
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Rechtsschutzbegehren des Klägers. Die KUFI
möchte gegen die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vorgehen. Die Aufhebung erfolgte
durch das Schreiben vom 19.3.2007. Es handelt sich hierbei um eine hoheitliche Maßnahme,
die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen hat und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist, also um einen
Verwaltungsakt gemäß Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (actus contrarius). Seine Aufhebung kann
im Wege der Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO erreicht werden.
II. Klagebefugnis, § 42 Abs. 2 VwGO
Die KUFI ist als Adressatin des belastenden Aufhebungsbescheides unproblematisch klagebefugt, da bei Rechtswidrigkeit der hoheitlichen Maßnahme eine Verletzung ihrer subjektivöffentlichen Rechte aus Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit) nicht ausgeschlossen werden kann (Adressatentheorie).
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Vgl. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 3. Auflage 1998, § 11 RN 6.
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III. Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO
Für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage ist die vorherige erfolglose Durchführung eines
Widerspruchsverfahrens erforderlich (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Einordnung des Schreibens vom 18.4.2005
Die KUFI hat mit Telefax vom 23.4.2007 „Einspruch“ gegen die Aufhebung des Bewilligungsbescheides eingelegt. Dieses Telefax ist als Widerspruch zu qualifizieren. Die Bezeichnung als „Einspruch“ schadet nicht, vielmehr ist ausreichend, wenn sich aus dem Gesamtinhalt des Schreibens einschließlich der Begleitumstände der Wille des Absenders ergibt, gegen
einen belastenden Verwaltungsakt vorgehen zu wollen15. Dies ist hier der Fall.
2. Form, § 70 Abs. 1 VwGO
Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen. Vorliegend hat die KUFI den Widerspruch per Telefax eingelegt. Schriftlichkeit bedeutet, dass der Rechtsbehelf in schriftlich abgefasster Form bei Gericht (oder einer Behörde)
eingereicht wird, wobei der Rechtsbehelf vom Kläger unterschrieben sein muss. Auch die
Einlegung per Telefax genügt dem Schriftformerfordernis, wenn die Unterschrift auch auf der
Kopie wiedergegeben ist. Dies ist vorliegend der Fall, damit wurde der Schriftlichkeit Genüge
getan.
3. Frist, § 70 Abs. 1 VwGO
Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten
bekannt gegeben worden ist, bei der Ausgangsbehörde zu erheben. Der Aufhebungsbescheid
der KUFI wurde am 19.3.2007 zur Post gegeben, der Widerspruch ging aber der Stadt Augsburg erst am 23.4.2007 zu. Er könnte somit verfristet sein.
Die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes richtet sich nach Art. 41 Abs. 2 BayVwVfG, da eine
Zustellung weder gesetzlich vorgeschrieben ist noch behördlich angeordnet war (vgl. Art. 41
Abs. 5 BayVwVfG iVm. Art. 1 Abs. 5 BayVwZVG). Der Verwaltungsakt gilt danach mit
dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, also am 22.3.2007. Die
Widerspruchsfrist berechnet sich nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187 Abs. 1,
188 Abs. 2 BGB (aA Art. 79, 31 BayVwVfG, §§ 187, 188 BGB).
– Die Frist beginnt nach § 187 Abs. 1 BGB am Tag nach der Bekanntgabe zu laufen, also am
23.3.2007, 0.00 Uhr.
– Die Frist endet gemäß § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB eigentlich am 22.4.2007, 24.00 Uhr. Da es
sich hierbei um einen Sonntag handelt, endet die Frist gemäß § 193 BGB erst am darauffolgenden Werktag, also am 23.4.2007, 24.00 Uhr. Die andere Ansicht kommt über Art.
79, 31 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG zu dem gleichen Ergebnis.
Die KUFI hat demnach noch fristgerecht Widerspruch eingelegt, der im Übrigen erfolglos
war.
IV. Klagefrist, § 74 Abs. 1 VwGO
Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Anfechtungsklage grundsätzlich innerhalb eines
Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheides erhoben werden. Vorliegend wurde der
15
Vgl. Kopp/Schenke, VwVfG, 12. Auflage 2000, § 69 RN 5.
Fallbesprechungen zum Grundkurs Öffentliches Recht II (Teil 1) – SS 2007 – Fall 3 – Lösungshinweise
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KUFI der Widerspruchsbescheid am 31.5.2007 zugestellt (§ 73 Abs. 3 S. 2 VwGO iVm. § 3
VwZG). Fristbeginn ist somit gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB der
1.6.2007, Fristende könnte damit der 30.6.2006 sein. Damit wäre eine Klage möglicherweise
verfristet. Allerdings war dem Widerspruchsbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Damit ist die Erhebung der Anfechtungsklage gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres möglich. Somit kann die KUFI noch fristwahrend Klage erheben.
V. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
Die KUFI ist als juristische Person (§ 13 Abs. 1 GmbHG) gemäß § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähig. Sie muss sich im Prozess gemäß § 62 Abs. 3 VwGO durch ihren Geschäftsführer D
(§ 35 Abs. 1 GmbHG) vertreten lassen.
Die Stadt Augsburg ist als juristische Person des öffentlichen Rechts gemäß § 61 Nr. 1
VwGO beteiligtenfähig. Sie wird im Prozess gemäß § 62 Abs. 3 VwGO durch den Oberbürgermeister (Art. 38 Abs. 1 iVm. 34 Abs. 1 Satz 2 GO) vertreten.
C. Ergebnis
Eine von der KUFI einzulegende Anfechtungsklage wäre zulässig.