Kultur Korea - Koreanisches Kulturzentrum
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Kultur Korea - Koreanisches Kulturzentrum
한국 문화 Kultur Korea Naturparadies Entmilitarisierte Zone Korea 1963 „Jazz ist kein Stil, sondern Seele” Ausgabe 3/2013 Mitteilung an die Leser: Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass unser Magazin ab sofort nicht mehr im Quartalsrhythmus, sondern nur noch zwei bis drei Mal jährlich erscheinen wird. Die nächste Ausgabe von Kultur Korea ist für Anfang 2014 geplant. Titelbild: 1. Reihe (links, v. oben n. unten): Cheongsanghwa / © The National Dance Company of Korea Koreanisch-deutsche Gemeinschaftsbriefmarken 2013: Grafische Gestaltung Briefmarke Jae-Yong Shin, Korea Post Gyeongbokgung Palast Hyangwonjeong Pavillon Foto / © Korea Tourism Organization Minenwarnung entlang der DMZ / © Malte E. Kollenberg 2. Reihe (Mitte, v. oben n. unten): Jeju-do, Tintenfisch an der Leine / © Kerstin Jana Kater Autorenlesung Jo Kyung Ran / © Koreanisches Kulturzentrum Bushaltestelle Boseong Girl‘s Middle & High School in Seoul, 2012 / Foto: Dieter Leistner / © Museum Angewandte Kunst 3. Reihe (rechts, v. oben n. unten): Straßenszene, Innenstadt Seoul (Sechzigerjahre) / Foto: privat Koreanisch-deutsche Gemeinschaftsbriefmarken 2013: Grafische Gestaltung Briefmarke Jae-Yong Shin, Korea Post Bayreuth Sonnentempel Foto / © Thomas Köhler, Bayreuth, mit freundlicher Genehmigung der Bayerischen Schlösserverwaltung Jazzsängerin Youn Sun Nah / © Sung Yull Nah Hanok-Dorf Jeonju Editorial © Setbyol Oh Liebe Leserinnen und Leser, „es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen!“ Wer würde sie nicht kennen, diese heitere Passage aus dem Musical My Fair Lady? Die Farbe Grün steht für Leben, Wachstum, Neuanfang und Frohsinn. Ein Überleben in der kargen Wüste ist ohne die grünen Oasen nicht möglich - weshalb diese Farbe in die Nationalflaggen fast aller Wüstenstaaten aufgenommen wurde. Darüber hinaus kommt der Farbe therapeutische Wirkung zu: Sie wirkt harmonisierend und entspannend und soll Hilfsbereitschaft und Toleranz fördern. In dieser Ausgabe widmen wir uns grünen Landschaften, dem Umweltschutz und allerlei Dingen, die mit dieser Farbe zu tun haben. Wir stellen das Naturparadies in der weitgehend menschenleeren Entmilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Süd- und Nordkorea vor, berichten über staatliche Aufforstungsinitiativen, nachhaltiges Design und das Energy Dream Center - ein Nullenergiegebäude mitten in der koreanischen Hauptstadt. Wer Gemüseanbau zwischen Hochhausfassaden zum Gegensatz erklärt, möge über das Urban Farming („Städtische Landwirtschaft“) in Seoul lesen. Sie erfahren auch über die Suncheon Bay Garden Expo, der als erster internationaler Gartenexpo in Korea eine besondere Bedeutung zukommt. Wir informieren Sie über koreanisches Bikesharing und den aufwendigen Herstellungsprozess von Grünem Tee. Darüber hinaus finden Sie die unterhaltsamen Schilderungen eines ehemaligen DAAD-Lektors über seinen Koreaaufenthalt in den 1960er Jahren, ein Interview mit der berühmten koreanischen Jazzsängerin Youn Sun Nah und ein Gespräch mit dem Autor des Fettnäpfchenführer Korea über die Tücken und Freuden der interkulturellen Kommunikation. Falls Sie in diesem Jahr eine Reise nach Korea planen, haben wir ein paar Tipps über lohnenswerte Reiseziele für Sie zusammengestellt. Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer und erholsame Mußestunden beim Lesen – dieses Mal eventuell im Grünen? Ihre Redaktion Kultur Korea 1 KULTUR KOREA INHALTSVERZEICHNIS 1 EDITORIAL 2 INHALTSVERZEICHNIS LANDSCHAFT & UMWELT 4 Schrebergarten auf Koreanisch von Sebastian Ratzer 6 Die Suncheon Bay Garden Expo 2013 Interview mit Frau Dr. Jeong-Hi Go von Gesine Stoyke 10 Naturparadies Entmilitarisierte Zone von Malte E. Kollenberg 12 Bikesharing in Korea von Jon Dunbar 14 „Baut uns ein Nullenergiegebäude!“ von Anne Schneppen 16 Forst-Wirtschaftsaufschwung von Malte E. Kollenberg 18 Nachhaltiges Design in Südkorea von Sven Schelwach 2 KULTUR KOREA REISE 20 Südkorea. Vom Bärenland zum Tigerstaat – Unterwegs zwischen Seoul und Jeju 21 Das Jeonju International Sori Festival vom Organisationskomitee des Jeonju International Sori Festival 22 Der Byeonsanbando-Nationalpark: grüne Berge, blaues Meer und goldene Sonnenuntergänge aus dem „KOREA Magazine“ 24 130 Jahre koranisch-deutsche Beziehungen 30 Festakt in der Kaiserpfalz Das XII. Deutsch-Koreanische Forum in Goslar am 21.06.2013 von Dr. Sylvia Bräsel KALEIDOSKOP 33 Korea 1963 von Georg Neumann 36 Korail - neue Züge werden Ihre Reise zu einem Erlebnis machen von Ji-ae Sohn Geomantik in Korea von Hans-Jürgen Zaborowski 25 „Es hat mich überrascht, dass meine Musik so tanzbar sein kann“. Interview mit dem Pianisten, Musiker und Komponisten Yiruma von Gesine Stoyke Touristische Ziele im Umland der Suncheon Bay Garden Expo von Seung-ah Lee BILDERBUCH KOREA 26 Fotostrecke von Kerstin Jana Kater 38 40 Wilder Tee aus dem Jirisan-Gebirge. Selbst gepflückt und eigenhändig geröstet von Rainer Rippe 42 Zu Ehren der Ahnen von Hyun-Ock Ryoo LITERATUR 43 44 Leseprobe Jo Kyung Fettnäpfchenführer Ran: Feine KostKorea Lesung im Rückblick von Dr. Stefanie 45 Grote „Es geht nicht darum, alles richtig zu machen, sondern 46 Koreanern und ihrer KulturFettnäpfchenführer offen zu begegnen“. InLeseprobe Korea terview mit Jan Janowski, Autor vom Fettnäpfchenführer Korea 48 vonund Gesine Stoyke sein, das „Weitgereist weltoffen sind leider ganz verschiedene Dinge“ Interview mit Jan 47Janowski, Autor vom Fettnäpfchenführer Korea im Jo Kyung Ran: Feine Kost. Lesung von Rückblick Gesine Stoyke von Dr. Stefanie Grote POLITISCHE KULTUR POLITISCHE KULTUR 50 Eindrücke von der 48Amtseinführung von Präsidentin Geun-hye Eindrücke von der Park Amtseinführung Namensartikel von PSt Hartmut von Präsidentin Park Geun-hye NaMdB mensartikel Koschyk von PSt Hartmut Koschyk MdB PORTRÄT PORTRÄT 52 „Jazz ist kein Stil, 50sondern Seele“, mit der Seele“, „Jazz istInterview kein Stil, sondern Jazzsängerin Sun NahYoun Interview mit der Youn Jazzsängerin von Dr. GroteGrote Sun Nah vonStefanie Dr. Stefanie KOREA IM ALLTAG 52 54 Koreanisches Kulturzentrum Vorschau 59 62 SamgyetangSamgyetang - Koreanische GinsengKoreanische Hühnersuppe Ginseng-Hühnersuppe Kurse VERANSTALTUNGEN Veranstaltungen Koreanisches Kulturzentrum Rückblick 61 Bundesweite Veranstaltungen Bundesweite Veranstaltungen Vorschau Vorschau 60 63 64 53 55 Kampagne: 63Feel Korea Gelebte koreanische Geschichte Kampagne: „Feel Korea “– Gelebte koin Deutschland reanische Geschichte in Deutschland von Eun-Seok Han 55 57 ProjectMuseumsuferfest K – The Korean Film 2013 Festival in Frankfurt Korea Pavillon am Main von vonHouyem Jessica Alexander Ben Amor Korean Fantasy Korean Fantasy – der getanzte Freundschaftsgruß Der getanzte Freundschaftsgruß Koreas an die Koreas Deutschen an die Deutschen von Matthias R. Entreß Relocating of Passion. Zum Vortrag von Geon-Yong Lee über seine Passion on Jesu Christi Christi am am 18. 18. März März 2013 2013 von Dr. Shin-Hyang Yun Bundesweite Veranstaltungen 57 Rückblick Die „PASSION JESU CHRISTI“ von Geonyong Lee in deutscher Sprache. Wie es dazu kam und59 was sich gestaltete Cord Meijering Die von PASSION JESU CHRISTI von Geonyong Lee in deutscher Sprache. Wie es dazu kam und was sich gestaltete von Cord Meijering 65 66 67 68 Project Museumsuferfest K – The Korean 2013 Film– Festival Korea von Jessica Pavillon Alexander von Houyem Ben Amor 70 Juli - Dezember 69 2013 IMPRESSUM 72 IMPRESSUM 61 Verleihung des Mirok-Li-Preises Presseerklärung, Botschafter a.D. Michael Geier 3 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT Schrebergarten auf Koreanisch Von Sebastian Ratzer Die Wochenendfarm Sinchon Park Young-shin mit ihren Kindern 600 Parzellen auf mehr als 19.000 Quadratmetern. Noch regieren hier Ende April die Farben braun und grau. Einen Farbtupfer bilden die Stiefmütterchen am Eingang. Wer dort steht, blickt unweigerlich auf das große Geschäftsgebäude mit seiner blauen Glasfassade auf der gegenüberliegenden Seite. „Nicht gießen!”, ruft Lee Hyoun-jin. Für einen Moment sieht es so aus, als wolle sie die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Dann holt sie tief Luft und erklärt. Lee ist Mentorin auf der Wochenendfarm Sinchon und hat nach der Eröffnung viel zu tun. Seit Anfang April wird hier gegärtnert. Die Kleingartenkolonie befindet sich in einem Neubaugebiet im Viertel Soha-dong von Gwangmyeong. Die 355.000 Einwohner zählende Stadt in der Provinz Gyeonggi 4 KULTUR KOREA grenzt im Nordosten an Seoul. Letztes Jahr startete die Stadtverwaltung mit der Soha-Wochenendfarm nahe dem Berg Gurumsan ihr Projekt für Urban Farming und stieß damit bei den Bürgern auf große Resonanz. Viele Bewerber Aufgrund der hohen Nachfrage kamen dieses Jahr zwei weitere Areale für Landbau in der Stadt hinzu, neben dem in Sinchon die Okgil-Wochenendfarm. Die drei Farmen zusammen haben eine Fläche von 28.784 Quadratmetern. „Auf die insgesamt 1300 Parzellen kamen 5000 Bewerber”, weiß Ko Jeong-min von der Stadt Gwangmyeong zu berichten. Er ist zuständig für das Projekt der Stadt, die aus einer Not eine Tugend macht. Sie stellt brachliegende Flächen Hobby-Gärtnern zur Verfügung. So werden freie Grundstücke inmitten neu errichteter Hochhäuser einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Außerdem profitiert das Stadtbild, wenn es dort grünt. „Die Bürger wiederum erhalten die Gelegenheit, sich als Gärtner zu versuchen und ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten”, sagt Ko. Fotos: Sebastian Ratzer S eit zwei Jahren betreibt die Stadt Gwangmyeong nahe Seoul ihr Projekt für „Urban Farming“ [Städtische Landwirtschaft]. Bei den Bürgern stößt das Gärtnern in einem Wohngebiet auf großen Anklang. Auch die Stadt profitiert, wenn Brachflächen grün werden. Das benachbarte Seoul fördert den Landbau in der Stadt ebenfalls. Bürgermeister Park Won-soon hatte 2012 zum Jahr des Beginns von Urban Farming erklärt. Auch in der Hauptstadt werden ungenutzte Flächen zur Agrarfläche umgewidmet. Mehr Grünflächen und der Verzehr von selbst angebautem Obst und Gemüse sollen die Lebensqualität der Hauptstädter steigern. Darüber hinaus werden Dächer öffentlicher Gebäude für den Anbau genutzt. Hilfe vom Profi Auf der Sinchon-Wochenendfarm hat sich Mentorin Lee eine Gartenkralle geben lassen und zeigt, wie die Erde rund um die Setzlinge aufgelockert wird. Denn das sei jetzt im Frühling wichtiger als das Gießen. Auch rät sie, in den ersten Wochen immer wieder Gartenerde zu verstreuen. Park Young-shin schaut interessiert zu und stellt weitere Fragen. Die Hausfrau wohnt ganz in der Nähe und kommt am liebsten unter der Woche auf die Farm, wenn ihre Sprösslinge im Kindergarten sind. Weil heute Sonntag ist, hat sie die Kinder mitgebracht. Sie erzählt, dass sie letztes Jahr auf dem Balkon ihrer Wohnung Gemüse gezogen hatte. Weil ihr das gut gelang, wollte sie gerne im Freien ihr Glück versuchen. erste Überraschung wartete beim Umgraben. Denn dabei wurde viel Abbruchmaterial zu Tage gefördert. Früher standen dort Reisfelder, ehe diese als Neubaugebiet ausgewiesen wurden. Im Zuge der Bauarbeiten ringsum gelangte auch viel Unrat in den Boden, auf dem ursprünglich ein Krankenhaus entstehen sollte. „Mehrere Stunden dauerte es, bis der Boden von Steinen und Metallresten befreit war”, erzählt Kim. Doch sobald es ans Pflanzen geht, ist die schweißtreibende Arbeit vergessen. Auch die Kinder können dann mit anpacken und langweilen sich nicht. Projekt wird ausgebaut Der Stadtbeamte Ko ist mit dem Projekt bislang zufrieden und möchte weitere Flächen erschließen. Auch ein Agrarfest und Führungen für Schulklassen wünscht er sich. „Ich möchte, dass alle zufrieden sind und das MentorenProgramm ausbauen”, erklärt er. „Ich bin nächstes Wochenende wieder hier”, sagt Mentorin Lee und verabschiedet sich. Kim und ihre Parzellennachbarin Lee sind zuversichtlich, dass sie dank ihrer Tipps später ernten werden. Wenn sie ihre Sache gut machen, dürfen sie im nächsten Jahr das kleine Stück Land an ihrem Wohnort erneut bewirtschaften. Ein preiswertes Hobby Teuer ist das neue Hobby nicht. „Die Nutzungsgebühr beträgt für knapp ein Jahr 30.000 Won (rund 21 Euro). Setzlinge, Samen und Gartenerde werden im Internet bestellt und kosten ähnlich viel”, rechnet Kim vor. Ein schöner Nebeneffekt angesichts ständig steigender Preise für Obst und Gemüse. Sie baut von allem etwas an, vor allem aber Salat. Auch Chili, Bohnen, Tomaten, Gurken und Erdbeeren sollen auf ihrer Parzelle gedeihen. Ihre Sesampflanzen sind nach einer Woche schon eingegangen. Daher ist sie froh, auf Mentorin Lee zu treffen. „Es ist doch schwieriger, als ich dachte”, räumt Kim ein. Bevor geerntet werden kann, muss jeder viel Arbeit in seinen 17 Quadratmeter großen Abschnitt investieren. Die Foto: Klaus Ratzer Auf der benachbarten Parzelle hat Kim Hyun-ju aufmerksam den Ausführungen der Expertin gelauscht und macht sich daran, deren Tipps umzusetzen. „Ich mache das vor allem wegen der Kinder”, sagt die berufstätige Mutter von zwei Töchtern. „Die sollen lernen, wo das Gemüse herkommt.” Auch habe sie mehr Vertrauen in das selbst angebaute Obst und Gemüse, erzählt sie noch. Sebastian Ratzer arbeitet seit Februar 2000 als Redakteur für den südkoreanischen Auslandsrundfunk KBS WORLD Radio in Seoul. Davor studierte er Öffentliches Bibliothekswesen an der FH Köln. 5 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT Die Suncheon Bay Garden Expo 2013 (20. April – 20. Oktober) Interview mit Frau Dr. Jeong-Hi Go, Mitorganisatorin der Gartenexpo und Gestalterin des Deutschen Gartens Von 2004 bis 2006 hatte ich in Korea eine Anstellung bei Samsung Everland. Das ist die Tochtergesellschaft des koreanischen Konzerns Samsung für Garten- und Landschaftsbau. Während dieser Zeit, d. h. im Jahr 2005, fand in München die BUGA statt. Von der koreanischen Fachzeitschrift „Landscape & Environment“, bei der ich einen Artikel zur BUGA 2005 veröffentlichte, kam der Vorschlag, ob ich nicht ein Buch über die deutsche BUGA schreiben wolle. Viele koreanischen Garten- und Landschaftsarchitekten haben schon einmal Gartenschauen in Deutschland besucht. Aber aufgrund der Sprachbarriere war ihnen der Zugang zu detaillierten Informationen verschlossen. Mein Buch „Streifzüge durch die deutschen Städte der Bundesgartenschau“ kam dann 2006 heraus. Nach ein paar Monaten klingelte mein Telefon. Der Bürgermeister von Suncheon war am Apparat. Er hatte das Buch gelesen und bat mich zu einem Gespräch nach Suncheon. Er fragte, wie ich die Chance einschätze, eine Gartenbauausstellung in Suncheon nach dem ‚deutschen Modell‘ zu entwickeln. Ich merkte, dass es für ihn und seinen Stab schon längst beschlossene Sache war. Das deutsche Modell hat ihn überzeugt. 6 KULTUR KOREA Suncheon war damals eine von der Allgemeinheit wenig beachtete Provinzstadt am Ende der Welt. Eine Kulturstadt mit sehr beschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten. Der damalige Bürgermeister sah in der Gartenschau eine Chance zur Zukunftsorientierung, eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Zentralregierung auf sich zu lenken. Er träumte von einer Stadt, die sich der Ökologie und dem Umweltschutz verschrieben hat. Der Garten und die nachhaltigen Wirtschaftszweige, die mit Garten und Umwelt zu tun haben, würden besser zu dem Bild Suncheons passen als die Industrialisierung. Luftbild der Gartenschau in Suncheon Auf Ihre Empfehlung hin wurde der Deutsche Garten in Suncheon als Hommage an den großen deutschen Staudenzüchter Karl Foerster gestaltet. Warum haben Sie gerade diesen Gartentypus für die Teilnahme an der Suncheon Bay Garden Expo vorgeschlagen? Aufgrund der vorgegebenen Fläche und des andersartigen Klimas war es nicht möglich, den Karl-Foerster-Garten 1:1 umzusetzen. Welche Änderungen mussten Sie vornehmen? Was den Typus anbetrifft, musste ich nicht lange überlegen. Das lag auf der Hand: In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstand ein neuer Gartenstil, dessen Entwicklung Karl Foerster maßgeblich beeinflusste. Er nannte diesen Gartenstil „den Blütengarten der Zukunft“. Es handelt sich um den blühenden, natürlich aussehenden Staudengarten, den man heute überall sieht. In unserer Zeit ist ein blühender Staudengarten ein Selbstverständnis. Aber vor hundert Jahren war er etwas ganz Neues. Zum Glück ist der Original-Garten in Bornim in sechs Teilbereiche gegliedert. Der Hauptbereich ist der Senkgarten, der durchaus als eigenständiger Garten betrachtet werden kann. Ich habe die Idee des Senkgartens konzeptionell umgesetzt. Das Problem waren weniger die Größe des Gartens oder das Klima, sondern das Material. Im Original hat man sich z. B. des Sandsteins für den Bodenbelag, die Beeteinfassungen und die Stufen bedient. In Korea gibt es aber kein Sandsteinvorkommen. Granit wäre Fotos: © Suncheon Es ist sicher nicht übertrieben, zu sagen, dass Sie eine zentrale Rolle für das Zustandekommen der Suncheon Bay Garden Expo gespielt haben. Können Sie das einmal näher ausführen? zu teuer geworden. Also habe ich stattdessen rote Ziegelsteine verwendet. Genauso habe ich auf die Stauden zurückgegriffen, die in Korea verfügbar sind. Das eigentliche Problem waren Gehölze. In Korea gibt es noch keine Baumschulen, in denen Bäume und Sträucher art- und zweckgerecht gezogen werden. Die Gehölze sind im Staudengarten sehr wichtig, weil sie die Kulisse darstellen und Räume bilden, auch wenn man sie nicht wahrnimmt. Der Garten wird erst frühestens in zehn Jahren wirklich fertig sein,1 aber ich bin trotzdem froh, dass ein erster Schritt gemacht wurde. Die Suncheon Bay Garden Expo ist die erste Gartenexpo, die in Korea durchgeführt wird. Inwieweit stellte diese Situation eine besondere Herausforderung für Ihre Arbeit dar? Ich war natürlich überfordert, weil weder ich noch irgendjemand sonst in Korea praktische Erfahrungen in der Anlage von Gartenschauen hatte. Am Anfang erstellten wir mehrere Machbarkeitsstudien und unternahmen Exkursionen durch Deutschland. Wir waren auch im französischen Nantes, der Partnerstadt Suncheons, und haben dort an dem „Floralies internationales“ teilgenommen, um Erfahrung zu sammeln. Der damalige Bürgermeister von Suncheon ist mindestens zwei Mal rund um die Welt gereist, hat sich sämtliche Gartenschauen angesehen und mit den Zuständigen vor Ort gesprochen. Schließlich haben wir aus Deutschland, Holland und Frankreich Experten eingeladen und ein Symposium veranstaltet. Danach folgte die Ausschreibung des internationalen Wettbewerbs, um ein Gesamtkonzept zu erstellen. So ging es dann Schritt für Schritt seinen Gang über „learning by doing“. Mein aktives Mitwirken als Vermittlerin, Beraterin, Reiseführerin - also als „Frau für alles“ - war zu diesem Zeitpunkt beendet. Suncheon hat 2009 eine eigene Abteilung zur Umsetzung des Vorhabens eingerichtet. 2010 erhielt ich den Auftrag, das Ingenieurbüro als Supervisor zu beraten. Danach kam der Auftrag, u. a. den deutschen Garten zu entwerfen. Das war die „Gegenleistung“ für mein jahrelanges 7 KULTUR KOREA Tradition beispielsweise in Europa? Was die Zielsetzung betrifft, erinnert die Gartenexpo Suncheon an die Gartenschauen der Neuen Bundesländer nach der Wiedervereinigung. Potsdam hat 2001 mit der Gartenschau einen Schub für die Stadterneuerung erhalten. Suncheon brauchte genau einen solchen Impuls. Schon in der Vorbereitungsphase hat die Stadt das Selbstbewusstsein entwickelt, „Wir werden bald im Mittelpunkt stehen.“ Der Unterschied aber liegt meiner Meinung nach in der ernsthaften Auseinandersetzung mit der Gartenkultur an sich. Leider vermisse ich diese in Suncheon. Salzmeldenfelder, Suncheon ehrenamtliches Mitwirken. Wie ist es in Korea um den Gartenbau bestellt? Die koreanische Gartenkultur hat viel nachzuholen, weil sie eine jahrhundertelange Stagnation erfahren hatte. In der ideologischen Welt des Joseon-Reiches (13921910) hatte die Gartenkunst kaum Raum zur Entfaltung. Der Garten hat die Eigenart, sich zwischen zwei extremen Polen zu bewegen. Einerseits ist er das Ergebnis soliden Handwerks, andererseits ist er prädestiniert, den Urtraum der Menschheit nach dem Paradies aufzufangen. Wie Sie vielleicht wissen, führte die Annahme des Neokonfuzianismus als politische Ideologie dazu, dass spätestens ab dem 15. Jahrhundert Handwerk und Technik nicht nur vernachlässigt, sondern geradezu verachtet wurden. Wenn man vom Wesen des Gartens das Handwerkliche eliminiert, bleibt nur der Traum, der keine reale Ausgestaltung besitzt. Darum hat 8 KULTUR KOREA der koreanische Garten lange Zeit keine echte Gestalt gehabt. Das ist der Grund, warum es in Korea keine ordentliche Baumschule gibt. Es gibt zwar Baumlieferanten, die auf ihren Grundstücken Bäume züchten, sie werden aber nicht fachgerecht für den Gartenbau aufbereitet. Deshalb gab es unter den Organisatoren keinen einzigen ausgebildeten Gärtner bzw. Gartengestalter. Das hundertköpfige Team bestand aus Bauingenieuren und Verwaltungsbeamten. Später sind dann die Nutzpflanzenforscher aus der landwirtschaftlichen Abteilung dazugekommen. Es war unglaublich schwierig, mit ihnen über die Gartenkonzeption oder den Staudengarten zu reden. Das ist aber typisch für Korea, wo das Prinzip herrscht, „Jeder kann alles lernen“. Die Behörden mussten in den letzten fünf Jahren alles lernen. Das hat seine Vor- und Nachteile. Was unterscheidet Ihrer Ansicht nach diese Gartenexpo von Gartenausstellungen mit langer Inwieweit wird Ihrer Einschätzung nach die Suncheon Bay Garden Expo einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Gartenbaukunst in Korea leisten? Man muss zunächst das Ende der Gartenschau abwarten, um eine umfassende Bewertung abgeben zu können. Auch wenn sie jetzt einen großen Zulauf hat, bewegt sie sich, aus fachlicher Sicht, auf schmalem Grat. Aufgrund des für Korea so charakteristischen Ehrgeizes haben sich die Veranstalter vom ursprünglichen Konzept weit entfernt. Neue Elemente wurden noch während der Bauphase immer wieder hinzugefügt. Vom ursprünglichen Konzept ist nur ein Torso übriggeblieben, was ich persönlich sehr bedauerlich finde. Daraus ist mehr eine Art Patchwork entstanden, als eine klar ablesbare Gartenlandschaft. Eine kritische Auseinandersetzung sowohl auf fachlicher Ebene als auch in der breiten Öffentlichkeit ist noch zu leisten. Erst dann wird man beurteilen können, ob die Gartenschau einen Beitrag zur Gartenkultur geleistet hat. Das Gelände wird auf jeden Fall als Erholungspark bestehen bleiben. Der Nachnutzungsplan mit dem integrierten Parkpflegekonzept liegt im Entwurf vor. Eine eigenständige Abteilung zur weiteren Pflege und Organisation des Parks wird bald gegründet werden. Bei der Größenordnung des Parks und der Investitionssumme ist es unabdingbar, ein nachhaltiges Parkpflegewerk zu erarbeiten. Der Park soll in erster Linie die Erholungssuchenden auffangen, die zurzeit das Wattenmeer überfluten. Für diesen Zweck hat man z. B. auf dem Expogelände einen großflächigen Schilfgürtel angelegt, der zwar nicht so beeindruckend aussieht wie das Original am Wattenmeer, aber als Ersatz ausreichen muss. Wie bewerten Sie die Suncheon Bay Garden Expo im Hinblick auf den Umweltschutz? Bei der Standortwahl des Expogeländes spielte der Schutz des Küstenfeuchtgebietes eine entscheidende Rolle. Jährlich strömen über eine Million Besucher dorthin, um das berühmt gewordene Wattenmeer zu bewundern. Dort haben sich mit der Zeit beeindruckende, riesige, kreisförmige Schilfinseln herausgebildet, die in dieser Form einmalig sind. Eine echte Touristenattraktion. Die Besucherzahl stieg in den letzten 6-7 Jahren stetig. Es musste schnell gehandelt werden. Da kam die Idee einer Gartenschau gerade recht. Das Expogelände befindet sich zwischen der Stadt und dem Wattenmeer-Feuchtgebiet. Man hat Bauplänen oberhalb des Feuchtgebietes sozusagen einen Riegel vorgeschoben, sodass die städtische Entwicklung nicht weiter nach Süden, d. h. in Richtung der Bucht, voranschreitet. Es soll der Versuch unternommen werden, die Besucher weg vom Wattenmeer hin zum neu angelegten Park zu lenken. Bei dem Gelände der Garden Expo handelte es sich um ehemalige Reisfelder. Seit ca. 20 Jahren ging der Reisanbau stark zurück, sodass die Fläche brachlag. Die Reisfelder mögen romantische Empfindungen hervorrufen, aber sie sind alles andere als ökologisch unbedenklich. Außerdem waren die Bauinvestoren schon dicht vorgerückt und liebäugelten damit, auf dieser Brachfläche neue Stadtteile zu errichten. Durch die Ausrichtung der Gartenschau auf dem Boden sind die Wohnungsbauinvestoren leer ausgegangen. Ich freue mich aufrichtig über diesen klugen Schachzug. Die Stadt Suncheon hat den Flächennutzungsplan angepasst und das Gelände als Grün- und Erholungsfläche ausgewiesen. Man brauchte eine stichhaltige Begründung, um die Bevölkerung zu überzeugen. Die internationale Gartenschau hat die Leute überzeugt. Ob eine Parknutzung eine bessere ökologische Chance bedeutet, muss im gesamten Kontext der Stadt- und Umweltentwicklung bewertet werden. Die Suncheon Bay Garden Expo begann am 20. April. Welche Bilanz ziehen Sie heute, rund vier Wochen nach Eröffnung der Veranstaltung? 2 Nun, die Gartenexpo konnte schon vier Wochen nach der Eröffnung eine Million Besucher verzeichnen. Sie ist ein sensationeller Erfolg. Mit so viel Aufmerksamkeit hat man nicht gerechnet. Es gibt zwar in Korea bereits seit 20 Jahren Tulpenschauen, Schmetterlingsund Baumblütenfeste etc. - aber eine Gartenschau, in der nicht nur einzelne Blumen, sondern ganze Gärten gezeigt werden, erweckt viel Neugierde. Das Interview führte Gesine Stoyke 1 Ein Staudengarten braucht mindestens drei Jahre zum Anwachsen und vielleicht noch weitere zehn Jahre guter Pflege, um als KarlFoerster-Garten anerkannt zu werden. 2 Das Interview wurde Ende Mai geführt. Foto: Hyunjung Chung Welche langfristigen Pläne liegen für die Nutzung des Geländes nach Beendigung der Gartenexpo vor? Die freischaffende Landschaftsarchitektin und Gartenhistorikerin Dr. Jeong-Hi Go wurde in Seoul geboren, studierte an der Seoul National University Agrarwissenschaft und anschließend Landschaftsplanung an der TU Berlin. Nach ihrer Promotion ging sie nach Korea zurück. Sie arbeitete dort als freie Landschaftsarchitektin und publizierte mehrere Bücher über die Europäische Gartenkunstgeschichte in koreanischer Sprache. Seit 2011 lebt Jeong-Hi Go wieder ständig in Berlin. Ihre Hauptarbeitsgebiete sind neben Pflanzensymbolik Herta Hammerbacher und der Bornimer-Kreis um Karl Foerster. Sie ist Kuratoriumsmitglied der Karl-FoersterStiftung und Mitglied der Architektenkammer Berlin. 9 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT Naturparadies Entmilitarisierte Zone Von M a l te E. Ko l l en b erg C ho Bong-yeon verzieht keine Miene. Alle paar Minuten durchschneidet eine Explosion den Vogelgesang in seinem Garten. Der 57-jährige hat sich an das Panzerfeuer gewöhnt. „Ein Panzergeschoss knallt und macht einen Pfeifton, eine Personen- oder Panzermine macht nur einmal wumm“, erklärt der kleine, braun gebrannte Mann und macht dabei erst mit den Armen die Flugbahn des Geschosses und dann die kegelförmige Explosion einer Landmine nach. Doch Cho macht sich Sorgen. Nicht darum, dass Nordkorea angreifen könnte. Auch wenn er nur wenige hundert Meter von nordkoreanischem Territorium entfernt lebt und sein Leben von Stacheldraht und Personenkontrollen im Sperrgebiet bestimmt wird. Sorgen macht sich Cho um die Natur in der Entmilitarisierten Zone (DMZ) zwischen Süd- und Nordkorea. Seit 60 Jahren hat sich in dem rund 250 Kilometer langen und vier Kilometer breiten Streifen die Natur entwickeln können. Nahezu unberührt von Menschenhand. Die destruktive Kraft von rund einer Million Minen, die in der DMZ verlegt sind, hat aus dem hochmilitarisierten „Todesstreifen“ ein geradezu friedliches Naturparadies gemacht. „Ab und zu tritt mal eine Sau auf eine Mine“, sagt Cho. Für kleine Besuchergruppen sind weite Teile des Landstreifens am 38. Breitengrad zugänglich. Touristengruppen, Schulklassen und interessierte Naturliebhaber seien es, die er immer mal wieder durch seine Heimat führe, erzählt Cho. Bis zu 40 Personen in einem Reisebus und ohne viel Interesse oft. Ihm seien die Leute lieber, die mit einem genuinen Interesse an der Natur in die DMZ kämen. Einen Massentourismus wie nach Panmunjom, dem mit blauen UN-Baracken bestückten Touristenspot ein paar Kilometer weiter westlich, will Cho rund um sein kleines Dorf Haemaru auf keinen Fall sehen. Er ist so etwas wie der Gemeindesprecher für die nur 156 Einwohner zählende Ansiedlung. Seit sich Cho 2001 wieder in der DMZ angesiedelt hat, ist er als Touristenführer tätig. Früher war er Schweinezüchter. In der DMZ war er trotzdem immer wieder. Seine Familie hat vor dem Krieg [1950-53] dort gelebt. Viele Ahnengräber befinden sich im Sperrgebiet. 10 KULTUR KOREA Sein Vater habe sein Leben lang zurückkommen wollen; ihm habe die Heimat gefehlt. Nach dem Koreakrieg habe die Regierung die Menschen aus dem Gebiet, das kurz darauf als DMZ bekannt wurde, zwangsumgesiedelt. Die Dörfer seien einfach niedergebrannt worden. „Damit niemand auf die Idee kommt, zurückzukehren,“ erinnert er sich an Erzählungen seines Vaters. 1997 starb der Vater. Und 1998 erhielten 60 Familien die Erlaubnis, sich wieder innerhalb des Sperrgebiets anzusiedeln. Auch Cho. Nachdem 2001 sein Haus fertig war, begann er mit seinen Führungen. Zehn Jahre lang lief alles perfekt. Seit rund zwei Jahren lebt er nun von seinen Ersparnissen. Mit Touristen lässt sich in letzter Zeit nicht mehr viel Geld verdienen. Die Regierung tue zu wenig, um den Menschen die Angst vor dem Gebiet zu nehmen. Die aktuellen Pläne im Blauen Haus [Präsidialamt Cheong Wa Dae] in Seoul allerdings und auch die der Provinzregierungen an der Grenze, schießen über das Ziel hinaus, glaubt Cho. Bei ihrem Besuch in den USA Anfang Mai 2013 hatte die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye ihre Idee für einen Internationalen Friedenspark in der DMZ vorgestellt. Aber das Vorhaben wird so schnell nicht umgesetzt werden. Die Beziehungen zwischen Seoul und Pjöngjang sind momentan [April/Mai 2013, Anm. d. Red.] auf einem Tiefpunkt angelangt. Doch auch in den Provinzen haben lokale Behörden Pläne für die touristische Entwicklung der DMZ, und das erfordert nicht unbedingt die Zustimmung aus Pjöngjang. Diese Vorhaben rufen oftmals Naturschützer auf den Plan. In der Provinz Gangwon-do, an der DMZ in Richtung Ostküste, soll eine Seilbahn gebaut werden. Bei Green Korea, einer Umweltschutzorganisation, sieht man diese Pläne sehr skeptisch und versucht, so lange wie möglich zu intervenieren. „Wir gehen davon aus, dass dort Moschushirsche leben“, erklärt Jung Kyu-surk. Mit der verantwortlichen Behörde hat der Umweltschützer ein Abkommen ausgehandelt, Kameras zur Überwachung des Areals für 50 Tage aufstellen zu dürfen. Filmt er einen Moschushirsch, kann über den Seilbahnplan neu verhandelt werden, ist er sich sicher. Von der Existenz bereits verschwundener Tier- und Pflanzenarten im Rest des Landes kann auch Cho Bong-yeon berichten. Während er den 2011 angelegten neuen Pfad rund © Malte E. Kollenberg Warnung vor Minen entlang der DMZ. Hinter dem Schild wird es gefährlich. um die Deokjin-Festung herumgeht, fällt ihm alle zwei bis drei Meter eine Pflanze auf, die erwähnenswert ist. Cho ist Hobbygärtner. Er habe nicht so viel Ahnung von Pflanzen gehabt, dann habe er angefangen, in seinem Garten zu arbeiten und Bücher über Pflanzen zu lesen. Nun kennt er sie fast alle. Schöllkraut zum Beispiel. Die Pflanze zählt zu den Mohngewächsen, hat einen gelblichen Saft und soll bei kleineren Verletzungen Wunder wirken, sagt Cho. Rechts neben ihm, hinter einer Bergkuppe, veranstaltet die südkoreanische Armee ihr 90-Tage-Manöver. Im Rücken liegt Nordkorea. Cho bückt sich zu einer Pflanze herunter. Foto: privat Während er immer wieder vom Thema abschweift und wieder eine Pflanze und wieder ein Tier erwähnt oder plötzlich zum Himmel schaut und ruft, „dort, ein Hüttensänger“, erklärt er die Gegend. Sagt, dass auf der kleinen Insel im Tal seit 60 Jahren wirklich kaum ein Mensch gewesen sei und dass das Röhren, das man hören könne, von einer Elchkuh stamme, die ihre Jungen rufe. Laute, die viele Städter in Südkorea wahrscheinlich höchstens aus dem Fernseher kennen. Auch in weiten Teilen der koreanischen Halbinsel gäbe es viele Pflanzenarten nicht mehr, sagt Cho. Der Grund sei, dass sie eingeschleppten Samen anderer Pflanzen nicht gewachsen gewesen wären. Dass auch Touristen an ihren Schuhsohlen Samen in die unberührte Natur in der DMZ tragen, macht ihm Sorgen. Ökologisch solle der Tourismus ganz behutsam entwickelt werden. Die Variante „höher, schneller, weiter“, die in Südkorea oft vorherrscht, möchte er nicht mitverantworten. Sichtlich genießt Herr Cho die Ruhe in seinem Paradies, die nur von den Schützenpanzern des südkoreanischen Militärs alle zwei Minuten gestört wird. Bevor er in die DMZ gezogen sei, habe er immer Kopfschmerzen gehabt. Seit er in Haemaru wohne, seien die verschwunden. Nur wenn er die DMZ verlasse, dann kämen sie wieder. Im Hintergrund wieder ein Pfeifen, ein Knall: „Pfffffffff, wumm.“ Cho bückt sich zu einer Pflanze und beginnt erneut: „Schauen Sie mal hier.“ Malte E. Kollenberg, aufgewachsen in Bonn und Gummersbach, hat in Bamberg und Seoul Politik- und Kommunikationswissenschaften studiert. 2007 hat er zusammen mit einem Partner das Journalistenbüro KOLLENBECKER gegründet. Jetzt lebt und arbeitet er als Korrespondent in Seoul. 11 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT Bikesharing in Korea Von Jon Dunbar K Fotos: Jon Dunbar orea wird zum Land auf zwei Rädern, da Fahrradstationen und –wege in den Städten und im ländlichen Raum des ganzen Landes ausgebaut werden. Oben: Fahrradweg entlang des Flusses Hongje in Seoul Unten: Bikesharing-Station in Seoul, Seodaemun Bikesharing-Programme wurden koreaweit in sämtlichen Städten eingeführt und ermöglichen allen Bewohnern die Nutzung von Fahrrädern zu erschwinglichen Preisen. Der Vorteil des Bikesharings gegenüber dem Verleih besteht darin, dass die Nutzer an jeder Station innerhalb des Systems ein Fahrrad entnehmen und an jeder anderen Station wieder zurückgeben können. Viele Bikesharing-Systeme funktionieren über die Nutzung von Mobiltelefonen oder Geldkarten. Der in Seoul wohnhafte Franzose Stephane Mot betreibt den Blog „Seoul Village“ und hat das als Vélib’ bekannte Bikesharing-System in Paris sowie Koreas Bikesharing-Systeme getestet. Seine ersten Erfahrungen mit dem Radsharing in Paris „veränderten die Art, die Stadt zu entdecken“, sagt er. „Hier ist es das Gleiche. Es verändert tatsächlich das Image der Stadt und die Erfahrung für Touristen.“ Da es seitens der Einwohner von Seoul weniger Bedenken in Bezug auf Diebstahl oder Vandalismus gibt, sind die Räder leichter und tendenziell in einem besseren Zustand. Die erste koreanische Stadt, die 2008 ein solches Bikesharing-Programm einführte, war Changwon in der Provinz Gyeongsangnam-do. Das Programm nennt sich „Nubija“ („Nearby Useful Bike, Interesting Joyful Attraction“/ ‚Nützliches Fahrrad in der Nähe, 12 KULTUR KOREA interessante, freudige Attraktion‘). 2012 gab es bereits 230 BikesharingStationen mit über 4600 Fahrrädern, die im Umlauf waren. Nutzer können einen Jahres- oder einen Tagespass erwerben. Bewohner von Changwon können sich online, in Regierungsbehörden und Gemeindezentren anmelden oder bei Homeplus, im Warenkaufhaus Daedong, in der Kyongnam-Bank oder im Verwaltungsbüro Nubija. Goyang, eine Vorstadt nordwestlich von Seoul, führte 2010 das „Fifteen“ genannte RadsharingSystem ein. Der Name geht auf die beim Radfahren ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 Stundenkilometern zurück. Seit März 2013 verfügt die Stadt über 125 Bikesharing-Stationen mit etwa 3000 Rädern, die außerhalb jeder U-Bahn-Station, vor Bürogebäuden, Regierungsbüros sowie Mittel- und Oberschulen zu finden sind, um Fahrradpendler zu ermutigen. Nutzer können ein Rad leihen, indem sie ihre Mobiltelefone nutzen. Die Kosten werden auf der nächsten Telefonrechnung aufgelistet. Alternativ können Tagespässe oder LangzeitMitgliedschaften erworben werden. Bikesharing-Programme sind auch in Daejeon, Busan und in Suncheon, Provinz Jeollanam-do, verfügbar. Seoul hat seit Jahren mit dem Gedanken an Radsharing-Programme gespielt und Pläne zur Einführung eines eigenen Systems 2007 angekündigt. Allerdings erfolgte die Umsetzung aufgrund der enormen Größe der Stadt, dem unebenen Gelände und dem Mangel an einer entsprechenden Infrastruktur nur langsam. „Paris ist ein Kinderspiel verglichen mit dem, was Sie hier vorfinden“, sagt Mot. „Die Stadt ist durch Berge geteilt und die Radwege sind in kleine, sternförmige Teile eines Netzwerkes separiert.“ Gegenwärtig werden im Rahmen der Radsharing-Programme in 17 Bezirken Seouls 3200 Fahrräder zur Verfügung gestellt. Sie werden mit Ausnahme der Bikeshares in Yeouido und am World Cup-Park in Sangam von den Bezirksregierungen instandgehalten und betrieben. Die Insel Yeouido in Seoul ist ein beliebtes Ziel für Radfahrer. Es gibt hier viele Radwege und eine Verbindung entlang des Parks am Han-Fluss. Bikesharing-Systeme im Bezirk Seocho befinden sich insbesondere im Umfeld von Yangjae, das sich entlang des Flusses Yangjaecheon erstreckt. Sangam-dong verfügt über 120 Räder und fünf Bikesharing-Stationen, hauptsächlich im Umfeld des World Cup Stadium, des Sky Park und entlang der Flüsse Hongjecheon und Bulgwangcheon. Sie ermöglichen den Zugang zum Nordufer des Han-Flusses. Stetig werden die Radwege in Seoul, insbesondere entlang der Flüsse und Parklandschaften, erweitert, aber sie sind immer noch nicht miteinander verbunden. „Die meisten Nutzer leihen Fahrräder aus, um den Han-Fluss entlangzufahren, zu trainieren und sich am Wochenende zu erholen“, sagte Lee Han-chul, Manager des BikesharingProgramms Seodaemun. „Am Wochenende kommen viele Studenten, um den Service zu nutzen, während Frauen eher wochentags unterwegs sind.“ Da die Radwege innerhalb der Stadt nicht miteinander verbunden sind, fokussieren die Bikesharing-Systeme in Seoul vornehmlich auf das Radfahren zur Erholung oder zu Trainingszwecken und weniger auf das tägliche Pendeln zur Arbeit. Insbesondere im Zentrum der Stadt mangelt es an Radwegen, was die Nutzung des Fahrrads als Fortbewegungsmittel einschränkt. „Die Leute haben nicht den Mut, auf Straßen ohne Radwege zu fahren, weil es zu gefährlich ist“, sagt Lee. Um den Kern im Zentrum fahrradfreundlicher zu gestalten, wurde entlang des Flusses Cheonggyecheon ein provisorischer Radweg angelegt, der sich vom Cheonggyecheon-Platz bis nach Cheonggye 7-ga erstreckt, wo er mit bestehenden Radwegen verbunden wird. Die 1,1 Meter breite Radspur wurde seit April jeden Sonntag freigegeben. Auszug: www.korea.net Übersetzung: Dr. Stefanie Grote 13 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT „Baut uns ein Nullenergiegebäude!“ Von Anne Schneppen So einen Auftrag bekommen selbst die größten Experten nicht alle Tage. „Baut uns ein Nullenergiegebäude!“ Mit diesen Worten wandte sich der damalige Oberbürgermeister von Seoul, Oh Sehoon, vor fünf Jahren an das FraunhoferInstitut für Solare Energiesysteme ISE, das für seine Erfahrung bei der Planung energieeffizienter Bauten weltweit anerkannt ist. „Das war schon außergewöhnlich für uns, etwas Besonderes“, erinnert sich Projektleiter Dr. Jan Wienold. Denn es ging diesmal nicht „nur“ um Know How, Wissenstransfer und Beratung, um spezielle Fragen wie Tageslichtoptimierung oder messtechnische Begleitung. Der Seouler Stadtregierung schwebte Großes vor: Ein Zentrum für erneuerbare Energien als Modell für die Zukunft. Ein Haus, das genauso viel Energie erzeugt wie es verbraucht, aber nicht nur von der Funktion, sondern auch von der Form her überzeugt. Das erste öffentliche Nullenergiegebäude für Korea, das der „grünen Stadt“ Seoul als Visitenkarte dienen würde. Die Wissenschaftler in Freiburg reizte die Herausforderung: „Es ging um ein wichtiges Gebäude mit großer Öffentlichkeitswirksamkeit – keine Spielwiese“, resümiert der promovierte ISE-Ingenieur Wienold. „Es sollte funktionieren. Und es musste möglichst wenig kompliziert sein, Stichwort: Low Tech ist High Tech.“ Fest stand: Der jährliche Gesamtenergiebedarf muss durch den Einsatz erneuerbarer Energien in und am Gebäude gedeckt werden. Ein Grundstück an prominenter Stelle war schon gefunden: im sogenannten Friedenspark in Sangam-dong, Mapogu, wo gestresste Hauptstädter wochenends ihr Energiereservoir auftanken. 14 KULTUR KOREA Fünf Jahre später ist der Traum der Seouler Stadtregierung, das sogenannte Energy Dream Center, weithin sichtbar. Im vergangenen Dezember wurde der auffällige Bau - unter Ohs Nachfolger Park Won-soon - feierlich seiner Bestimmung übergeben. Seither können sich die Besucher dort auf drei Stockwerken - und rund 3500 Quadratmetern - in Ausstellungen informieren und vor Ort davon überzeugen, wie sich im Alltagsleben Energie sparen lässt und was ein „Nullenergiegebäude“ ausmacht. In Deutschland wird energieeffizientes Bauen seit Jahren erprobt und gefördert, doch in Korea sind Passiv- und Nullenergiehäuser, von Fachkreisen abgesehen, so gut wie unbekannt, das Wissen über Energieeffizienz ist gering. „Als würde man im Vergleich zu Deutschland 20 oder 25 Jahre zurückgehen“, sagt Wienold. Die Seouler Stadtregierung gab den Freiburger Forschern weitgehend freie Hand, sich ihr interdisziplinäres Team aus Wissenschaftlern, Ingenieuren, Architekten, zusammenzustellen. Gebaut wurde das Energy Dream Center von einheimischen Firmen, in Kooperation mit koreanischen Architekten und anderen Experten. Die Koordination lag bei den deutschen Partnern. Wienold schätzt, dass er in den vergangenen vier Jahren wohl elf Mal in Südkorea war. Eine „Spielwiese“ fanden die Wissenschaftler des Fraunhofer ISE im Friedenspark von Seoul tatsächlich nicht vor; wie erwartet stellte das ambitionierte „bikulturelle“ Projekt die Beteiligten vor neue Herausforderungen. „Es fehlte den ausführenden Handwerkern die Erfahrung“, erklärt Jan Wienold, die Kenntnis über das komplexe, ganzheitliche Konzept eines Nullenergiegebäudes, das perfekte Technik voraussetzt. „Außerdem funktionieren Planungsund Bauprozesse in Deutschland und Südkorea unterschiedlich.“ So gelten andere Vorschriften und Bestimmungen auf dem Bau, zum Beispiel beim Brandschutz. Manche deutsche Planung habe zunächst „koreanisiert“ werden müssen. Dazu kamen Verständigungsschwierigkeiten, musste zeitaufwendig hin und her übersetzt werden. Die Arbeitsweise unterschied sich fundamental: „In Deutschland macht das Architekturbüro die ausführende Planung, alles wird bis ins Detail vorher durchgeplant. In Korea ist die Planungsphase nicht so lang, es wird häufig erst kurzfristig auf der Baustelle entschieden und noch zu einem recht späten Zeitpunkt wieder umgeplant.“ Auch das Klima musste berücksichtigt, das Energiekonzept an die natürlichen und technischen Bedingungen am Ort angepasst werden. Zwar gibt es in Korea wie in Deutschland Jahreszeiten, warme Sommer und kalte Winter, aber der koreanische Sommer ist ausgesprochen schwül und feucht. Die deutschen Experten hätten deshalb gern eine solarunterstützte, thermisch angetriebene Entfeuchtung eingesetzt, doch im Juli und August, wenn viel entfeuchtet werden muss, scheint die Sonne zu wenig, es fehlt die direkte Strahlung. „Man hätte die Kollektorfläche riesig ausrichten müssen, und sie wäre die meiste Zeit des Jahres ungenutzt geblieben. Daher wird konventionell entfeuchtet über einen hocheffizienten Turbo-Kompressor.“ Optisch erinnert das Nullenergiegebäude mit etwas Fantasie an eine auf dem Kopf stehende Pyramide, deren Spitze in der Erde verschwunden ist. Andere beschreiben seine Form als eine Angaben des Fraunhofer ISE bei 12 Millionen Dollar. © Fraunhofer ISE Windmühle. Das ISE hatte den Berliner Architekten Thomas Winkelbauer beauftragt. Drei Entwürfe wurden dem Oberbürgermeister von Seoul vorgelegt, keiner entsprach seinen architektonischen Vorstellungen. Der vierte Entwurf – eine Mischung aus zwei der ersten drei Entwürfe – stieß schließlich beim Auftraggeber auf Wohlgefallen. Der realisierte Kompromiss baut auf einem quadratischen Grundriss auf. Der dreigeschossige Baukörper weitet sich durch eine 45-Grad-Drehung nach oben konisch aus und wird von einem ebenfalls quadratischen Flachdach nach oben abgeschlossen. Schräg über die Geschosse verlaufen keilförmige Vordächer, die wie Flügel an der Fassade angebracht sind. Sie sind als Witterungsschutz für die Eingänge und als Sonnenschutz für die Verglasungen gedacht. Auch die Fassade setzt sich aus streng geometrischen spitzwinkligen Flächen zusammen. Da der Baugrund nicht tragfähig ist, steht das Gebäude auf einer von Pfählen unterstützten Stahlbetonbodenplatte. Um den Energiebedarf zu senken, wurde die Gebäudehülle nach Passivhausstandard konzipiert. Die massiven Geschossdecken werden als thermische Speichermassen genutzt. Die Architektur sorgt für eine gute Tageslichtversorgung. Dies wird durch einen quadratischen Lichthof begünstigt, der in der Mitte des Gebäudes angelegt wurde. Neben der Lüftungsanlage, die neben Wärme im Winter auch Feuchte und Kühle im Sommer reguliert, gibt es weitere energieeinsparende Elemente. Kernstück ist eine Erdsondenanlage, die im Sommer das Flächenkühlsystem mit Kälte versorgt und ganzjährig als Wärmepumpe für eine Wärmequelle dient. Durch die verschiedenen Maßnahmen wurde erreicht, dass das Energy Dream Center 70 Prozent weniger Energie benötigt, um das Gebäude zu heizen und zu kühlen, als der übliche Standard in Südkorea. Neben geothermischer Energie für Heizung und Kühlung erzeugen Photovoltaikanlagen auf Dächern und Freiflächen elektrische Energie. 624 Solarmodule sind auf dem Dach installiert, 240 weitere an anderer Stelle. Die Baukosten für das Nullenergiegebäude lagen nach Foto: privat Seoul Energy Dream Center Auch wenn nicht alles perfekt sei und einige „Abstriche“ gemacht werden mussten, zeigt sich Wienold insgesamt zufrieden mit dem Ergebnis von vier Jahren Arbeit. „Das große Ziel wird auf jeden Fall erreicht.“ Jetzt sei es wichtig, dass der Kontakt nicht abbreche und das Fraunhofer-ISE das Gebäude in Zukunft messtechnisch evaluieren und die Nutzung begleiten und weiter optimieren könne. Auch wenn das Gros der Häuser in Südkorea nach wie vor konventionell errichtet wird, glaubt der ISE-Ingenieur, dass das „Energy Dream Center“ ein Wendepunkt sein könnte: „Der Wille ist auf jeden Fall da!“ Anne Schneppen lebte von 2005 bis 2007 mit ihrer Familie in Seoul und arbeitete von dort - wie schon zuvor aus Tokio - als FernostKorrespondentin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In Korea beschäftigte sie sich vor allem mit politischen, aber auch gesellschaftlichen Themen. 15 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT Forst-Wirtschaftsaufschwung Von Malte E. Kollenberg G enau 60 Jahre ist es her, dass die koreanische Halbinsel einem Trümmerhaufen glich. Kaum ein Stein lag in den Städten mehr auf dem anderen, und auch die koreanischen Wälder waren nicht viel besser dran. Dort, wo vor einigen Jahren noch kahler Erdboden die Hügel bedeckte, steht nun ein Baum neben dem anderen. Heute sind wieder rund 64 Prozent der südkoreanischen Landfläche bewaldet. Die meisten Wälder des Landes, abgesehen von einem Fleckchen im Norden und dem südlichsten Streifen der Halbinsel, sind überwiegend Kiefernwälder. Doch Südkoreas Wald ist noch vergleichsweise jung. In 60 Jahren hat sich kein „erwachsener“ Wald entwickeln können. Erst in den letzten Jahren hat der Baumbestand im Süden der Halbinsel einen Entwicklungsstand erreicht, der die Regierung in Seoul nun zum nationalen Forstmanagement treibt. 22. Oktober 2012: Eine Delegation aus Österreich im Bus auf dem Weg aus dem Beton-Dschungel in den südkoreanischen Wald. Die Beamten und Unternehmer aus Österreich sind in Seoul, um sich über die Waldmanagement- und Aufforstungsvorhaben der Südkoreaner zu informieren, Geschäftskontakte zu knüpfen und um ein „Memorandum of Understanding“, eine Absichtserklärung über eine zukünftige Zusammenarbeit, zu unterschreiben. „Südkorea hat sich an Österreich gewandt und eine Kooperation angeregt“, erklärt Martin Nöbauer vom österreichischen Lebensministerium. Dort ist Nöbauer unter anderem zuständig für die forstwirtschaftliche Weiterbildung. 16 KULTUR KOREA Chunpyungnyeong-Plantage (1973) Seitdem der Wald wächst und gedeiht, wird auch das Management in diesem Bereich umso bedeutsamer. Know-how und große Forstmaschinen aus Österreich sollen daher die koreanischen Arbeiter unterstützen. Der Forst in Südkorea ist integraler Bestandteil der grünen Wachstumsstrategie des Landes. Südkorea hat die zu 41 Prozent aus Koniferen (die „Gemeine Kiefer“ ist Teil dieser Baumgruppe) bestehende Waldfläche zu einem „Lebensbegleiter“ gemacht. Von der Wiege bis ins Grab soll der südkoreanische Wald die Bürger bald begleiten. Geburtsvorbereitungsstätten, Kindergärten, Camping, Erholungsparks, Altenheime und selbst Friedhöfe sollen in die Wälder sozusagen integriert werden. Der momentane öffentliche Wert des südkoreanischen Waldes wird von der Regierung in Seoul auf gut 60 Milliarden US-Dollar beziffert. Der größte Teil der bewaldeten Landmasse ist jedoch gar nicht in öffentlicher Hand. 68 Prozent sind in privatem Besitz. Nichtsdestotrotz ist das Management der südkoreanischen Waldflächen essenziell. Besonders mit Blick über den Zaun, Richtung Norden: Für die Vorbereitung auf eine Wiedervereinigung oder auch nur eine wieder aufflammende Kooperation auf der koreanischen © Korea Forest Service Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte für den Baumbestand auf der Halbinsel katastrophale Auswirkungen. Extensive Abholzung während der japanischen Besatzungszeit und enorme Kriegsschäden während des Koreakrieges zwischen 1950 und 1953 zwangen die junge Republik Korea zu groß angelegter Aufforstung. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung unter Park Chung-hee kam auch der forstwirtschaftliche Aufschwung. Halbinsel ist Waldmanagement notwendig, könnte man sagen. Nordkorea gilt als eines der Länder weltweit, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Im Jahr 2007 hatte die Nichtregierungsorganisation (NGO) Germanwatch dem Land den zweiten Platz auf dem KlimaRisiko-Index zugewiesen - direkt hinter den Philippinen. Ausflug österreichischer Unternehmer und Beamter sowie koreanischer Arbeiter. Österreich leistet Unterstützung bei der Arbeit an den aus der Alpenrepublik stammenden Forstmaschinen. Auch auf dem Index für 2013 steht Nordkorea nicht besonders gut da. Auf der Liste der Länder, die zwischen 1992 und 2011 am stärksten vom Klimawandel betroffen waren, rangiert der Nordteil der koreanischen Halbinsel auf dem siebten Platz. Seit 2007 erstellt die in der UN-Stadt Bonn ansässige NGO Germanwatch einen Risiko-Index, der angibt, wie stark ein Land vom Klimawandel bzw. von damit zusammenhängenden Phänomenen betroffen ist. Die wetterabhängigen Ereignisse, die nach Angaben von Germanwatch mit in den Index einfließen, sind Überflutungen, Hitzewellen und Stürme. haben viele hungernde Menschen über manchen Tag gerettet. Die Folgen manifestieren sich nun im RisikoIndex von Germanwatch. In Südkorea kommt der enorme Baumbestand dagegen den Menschen zugute, wirbt die Regierung in Seoul. Er speichert Wasser, verbessert die Luftqualität oder verhindert die Erosion des Bodens und damit direkt zusammenhängend das Abrutschen von Oberflächen. Und auch die CO2-Bilanz von Brennholz aus dafür in der jüngsten Vergangenheit angepflanzten Bäumen wird als CO2-neutral eingestuft. „Ob es verfault oder verbrannt wird, ist im Prinzip egal“, erläutert Nöbauer. Perfekte Bedingungen für Südkoreas grüne bzw. nachhaltige Wachstumsstrategie. Für Nöbauer ist daher klar: „Steigende Energiepreise und Verknappung der Energie rücken den Wald in den Vordergrund bei der alternativen Energiegewinnung.“ Der Forstexperte erklärt: „Natürlich sind wir in Österreich sehr darauf bedacht, dass auch eine stoffliche Nutzung stattfindet.“ Kurz gesagt bedeutet das, dass das Holz vor dem Verbrennen in anderer Form, beispielsweise als Baumaterial, verwendet wird. Und diese stoffliche Nutzung strebt Südkorea an, glaubt man Nöbauer. Bald könnte der Holzexport großflächig losgehen. „Korea ist immer sehr stark interessiert, Märkte zu dominieren“, erklärt er. Das Land strebe die Vormachtstellung in der asiatischen Holzindustrie an. Lediglich ein wenig technische Hilfe braucht es noch beim Forstmanagement. Und dann wird mit der nachhaltigen Holzwirtschaft nachhaltig gewirtschaftet. © Advantage Austria Alle drei Faktoren können direkt auch mit dem Waldmanagement in Verbindung gebracht werden. Die wenig nachhaltige Abholzung des lokalen Baumbestandes, die mit dem Ende des Koreakrieges in Südkorea vorerst ein Ende fand, hat im Norden der Halbinsel vor allem seit Mitte der 1990er Jahre eine neue Qualität erreicht. Die Hungersnot in Nordkorea, die Schätzungen zufolge Millionen Menschen das Leben kostete, hatte auch schreckliche Folgen für die Bewaldung im Land. Nordkorea ist kahlgeschoren. Baumstämme sind völlig unreguliert in Rauch aufgegangen; Baumrinden 17 KULTUR KOREA LANDSCHAFT & UMWELT Nachhaltiges Design in Südkorea Von Sven Schelwach Während Korea in den 1960er Jahren noch als Dritte-Welt-Land angesehen wurde - nicht nur in Bezug auf das Design - hat sich die Nation mittlerweile zum Designpionier und Innovator auf breiter Basis entwickelt. Kyung-Won Chung, Professor am KAIST (Korea Advanced Institute of Science and Technology), beschreibt den strategischen Prozess vom Nachahmer zum Vorreiter als eine stetige Transformation, die im Designbereich seit 1999 durch drei sogenannte Design-Promotion-Pläne und mehrere Design-Kongresse vorangetrieben wird. In deren Folge soll sich Korea nicht nur als Designpionier weiterentwickeln, sondern auch Designforschung fördern, Investitionen im Privatsektor stimulieren und das generelle Designbewusstsein stärken. Das koreanische Designcenter und das Institut für Designförderung unterstützen diese Entwicklung durch den Ausbau akademischer Kernkompetenzen, Designveranstaltungen und Netzwerke auf Weltniveau.1 Foto: privat In den Jahren 2005 bis 2009 ist die Brutto-Wirtschaftskraft der Designindustrie auf 148 Milliarden Won (ca. 102 Millionen Euro) gestiegen und damit um über 55 Prozent gewachsen. 2011 wurde Seoul zur UNESCO City of Design ernannt und hat bis heute über 170.000 Stellen in der Designindustrie geschaffen. Zudem zählen die Designfakultät der Hongik-Universität und das Industriedesign-Institut des KAIST zu den weltweit besten Schulen.2 Sven Schelwach hat Wirtschaftsinformatik in Mannheim und Design in Newcastle studiert. Er lebt seit 2009 in Korea und arbeitet als Designer und Fachberater für Grünes Produktdesign und nachhaltige Architektur. 18 KULTUR KOREA Die politischen Initiativen und Investitionen im Rahmen der geschilderten strategischen Pläne wirken sich ausgesprochen positiv auf die Wirtschaft und die Designindustrie aus. Gleichzeitig hat sich auch ein Bewusstsein für Grünes Design und nachhaltige Entwicklung herausgebildet. 2008 postulierte Richtlinien zum Grünen Wachstum zielen auf nachhaltiges Wirtschaftswachstum bei gleichzeitiger Verringerung der Umweltzerstörung und Kohlenstoffdioxidemissionen ab. Sie dienen einem präsidialen Komitee als Rahmenwerk, um sowohl die öffentliche Hand als auch den privaten Sektor über Grüne Entwicklungsstrategien zu beraten. Korea soll so bis 2020 zu den Top Sieben aufsteigen und bis 2050 zu den Top Fünf der Grünen Volkswirtschaften gehören.3 Wesentliche Bestandteile der Richtlinien zum Grünen Wachstum sind: • die Reduzierung von Treibhausgasemissionen • die Generierung von Wachstumsimpulsen für Grünes Wachstum • die Förderung eines Grünen Lebensstils • der Aufstieg zu einem internationalen Vorbild für Grünes Wachstum. Außerdem sieht ein Fünfjahresplan vor, zwei Prozent des jährlichen Bruttoinlandprodukts für „Grünes Investment” aufzuwenden. Viele Bereiche erhielten bereits Mittel, so zum Beispiel ein Stadtentwicklungsprojekt in der Nähe von Incheon (Sangdo) und ein kontrovers diskutiertes Flussrestaurierungsprogramm (VierFlüsse-Projekt). Das Projekt im Songdo International Business District in Incheon gilt als eines der größten und ambitioniertesten Projekte für „Green Design“ in Asien überhaupt. Es umfasst ein Gesamt-Investitionsvolumen von 35 Milliarden US-Dollar (ca. 27 Milliarden Euro) und eine LEED (Leadership in Energy and Environmental Design)zertifizierte Fläche von 1,27 Millionen Quadratmetern. Von 2008 bis 2010 flossen rund 13 Milliarden US-Dollar (ca. 10 Milliarden Euro) in erneuerbare Energien und in das Transportwesen, und es entstand unter anderem der weltweit erste elektrisch betriebene Nahverkehrsbus. Entwickelt in einer Kooperation zwischen Hyundai Heavy Industries und Hankuk Fiber, konnte ihn die Stadt Seoul Ende 2010 präsentieren.4 Korea hat eine mit LEED vergleichbare eigene Gebäudebewertungsmethode entwickelt und fördert Bildungs- und Trainingsprogramme zum Thema nachhaltiges Bauen. Dr. Sung-Woo Shin, Professor an der Fakultät für Architectural Engineering an der HanyangUniversität und Direktor des Sustainable Building Research Center (SUSB, Forschungszentrum für nachhaltiges Bauen in Korea), sieht im CO2-neutralen Städtebau einen Zukunftstrend und fordert eine stärkere internationale Zusammenarbeit bei Technik und Forschung im Hinblick auf nachhaltiges Design.5 Foto: Sven Schelwach Neben den Entwicklungen im Bau- und Energiesektor sowie im Verkehrswesen ist die Etablierung des koreanischen Global Green Growth Institute (GGGI) ein weiterer Eckpfeiler der Nachhaltigkeitsentwicklung Koreas. Das GGGI wurde 2010 als internationale Non-ProfitOrganisation gegründet mit dem Ziel, „eine Plattform für evidentes Lernen und Innovation zu bieten”. Das Institut fungiert als Brücke zwischen Industrienationen und sogenannten Entwicklungsländern, verbindet Privatsektor und Hochschulforschung und fördert Grünes Wachstum und eine nachhaltige umweltpolitische Entwicklung.6 Zusätzlich zu strategischen Plänen, politischen Initiativen und industriellen Innovationen verwirklicht Korea auch im sozialen Bereich eine Vielzahl nachhaltiger Projekte. Der ehemalige Industriedesigner Lee Jaewoo gründete 2011 auf der Insel Jeju vor der Südküste Koreas das Ökodorf Irang. Jeju zählt zum Weltnaturerbe der UNESCO und seit kurzem auch zu den neuen sieben Weltnaturwundern. Die Gemeinschaft des Ökodorfs Irang engagiert sich für Grünes Design und Permakultur.7 Das Projekt verbindet nachhaltige Landwirtschaft, zukunftsweisendes Design, traditionellen Hausbau und moderne Technik, um ein Modell für soziales und ökologisches Wohlbefinden zu erschaffen. Herr Lee hat 24 bis 30 Einfamilienhäuser, vier Besucherwohnungen sowie ein Gemeinschaftshaus mit Permakultur-Informationszentrum geplant. Alle Gebäude werden im Lehmbauverfahren mit natürlichen Materialien (Holz, Sand, Stroh, Lehm) erbaut und - so weit möglich - über erneuerbare Energien wie Solar, Kompostheizung und Biogas versorgt. Alle Agrarprodukte des Dorfes wachsen rein biologisch ohne Verwendung von Kunstdünger, Pestiziden oder Herbiziden. Das Ökodorf Irang möchte lokale Produzenten zusammenbringen, Architekten und Entwickler inspirieren und die lokale Wirtschaft unterstützen. Es hat eine Kooperative und ein Ökodorf-Netzwerk zum Ziel und motiviert die Menschen, ein nachhaltigeres Leben zu führen. Irang ist allerdings nicht das einzige Projekt dieser Art. Überall in Korea existieren Vereine, gesellschaftliche Ökodorf Irang: der Außenküchenbereich in der Bauphase Gruppen und Initiativen, die ökologisch sinnvolle Lebensmittel produzieren, über nachhaltige Lebensweisen informieren, Schulungen anbieten und dadurch die Grüne Entwicklung Koreas auf breiter Basis voranbringen. Quellenauswahl: Ahn, K.H., Kim, J.Y., Kim, J.S. & Kang, D.O. (2012). The Economic Contribution of Copyright-Based Industries in the Republic of Korea. Retrieved, February 7, 2013, from http://www.wipo.int/copyright/en/performance/pdf/econ_contribution_ cr_kr.pdf Businessweek (2013). D-Schools: The Global List. In Bloomberg Businessweek Special Report. Retrieved, February 7, 2013, from http://www.businessweek. com/innovate/di_special/20071005d-schools.html Chung, K.W. (2004). Strategic Advancement in Korean Design Promotion. Expert Exchange Conference in Pretoria, South Africa, 14 June. Retrieved, February 7, 2013, from http://www.defsa.org.za/?q=node/257 GGGI (2012). Overview. In Global Green Growth Institute. Retrieved, February 7, 2013, from http://www.gggi.org/about/overview Shin, S.W. (2008). Current Work & Future Trends for Sustainable Buildings in South Korea. Retrieved February 7, 2013, from http://www.iisbe.org/sbconferences/Korea_ SB_Report_SB08.pdf Singh, T. (2010). South Korea Unveils World‘s First Commercial Electric Bus. In inhabitat. Retrieved February 7, 2013, from http://inhabitat.com/south-koreaunveils-worlds-first-commerical-electric-bus/ UNESCO (2011). Seoul UNESCO City of Design. Retrieved February 7, 2013 from http://unesdoc.unesco.org/images/0021/002144/214437e.pdf USGBC (2012). Korea’s Songdo International Business District. Retrieved, February 7, 2013, from http://www.usgbc.org/Docs/News/LEED%20Release%20 Final.pdf Young, S. (2012). Building the architecture for green growth. In MakingItMagazine. Retrieved, February 7, 2013, from http://www. makingitmagazine.net/?p=4510 1 Chung (2004) 2 UNESCO (2011), Ahn, Kim, Kim & Kang (2012), Businessweek (2013) 3 Young (2012) 4 Young (2010), Singh (2010), USGBC (2012) 5 Shin (2008) GGGI (2012) 7 Permakultur: ein zyklisches Systemdesign oder auch ein biomimetisches Designprinzip, bei dem versucht wird, natürliche Kreisläufe zu imitieren und Symbiosen oder Synergien zu finden, um so eine nachhaltige (Lebens-) Gemeinschaft aufzubauen. Dies bezieht sich sowohl auf die pflanzlichen Systeme (im Garten), als auch auf die sozialen (in der Gemeinschaft). 6 19 KULTUR KOREA REISE Klaus A. Dietsch: Südkorea Vom Bärenland zum Tigerstaat – Unterwegs zwischen Seoul und Jeju Trescher Verlag Berlin; 1. Auflage 2013, 432 Seiten, 253 Farbfotos und historische Abbildungen, komplett in Farbe, 32 Stadtpläne und Übersichtskarten, farbige Klappkarten ISBN 978-3-89794-244-8 19,95 Euro. Informationen und Onlineshop: www.trescher-verlag.de Südkorea Vom Bärenland zum Tigerstaat – Unterwegs zwischen Seoul und Jeju Südkorea fasziniert vor allem durch seine Gegensätze. Das ›Land der Morgenstille‹ hat sich vielerorts seine Traditionen bewahrt. Das kulturelle Erbe können Besucher in schön gelegenen, weitläufigen Tempelanlagen, in Volkskundedörfern und vor allem im ›offenen Museum‹ erkunden, der zum Weltkulturerbe erklärten Stadt Gyeongju mit ihren zahlreichen Pagoden, Tempeln und Palästen. In der hippen Metropole Seoul und in anderen Großstädten lässt sich hingegen das moderne Korea bestaunen, das sich in kürzester Zeit zu einer wichtigen Wirtschaftsnation entwickelt hat. Auch landschaftlich zeichnet sich Korea durch seine Vielschichtigkeit aus: Vom Seoraksan-Nationalpark mit seinen bizarren Felsformationen bis zur Inselwelt des Südens und der subtropischen Landschaft der Insel Jeju reicht die Palette. Südkorea verfügt über eine hervorragende touristische Infrastruktur, dank schneller und zuverlässiger Verkehrsverbindungen lassen sich Reiserouten gut planen. Unterkünfte gibt es für jeden Geldbeutel, vom Fünf-Sterne-Hotel bis zum Hostel. Der Reiseführer ›Südkorea‹ aus dem Berliner Trescher Verlag macht ausführlich mit den Menschen, der Geschichte und der Kultur Südkoreas bekannt und gibt viele praktische Tipps zu Verkehrsverbindungen, Unterkünften, regionalen Spezialitäten, Museen und Festivals. Ein Extra-Kapitel mit vielen Tipps widmet sich dem Reisen mit Kindern. Essays zu asiatischer Baukunst, zur Bedeutung des Feng Shui oder zum Allheilmittel Ginseng vertiefen landeskundliche Themen. 20 KULTUR KOREA REISE Das Jeonju International Sori Festival 2013 Vom 2. bis zum 6. Oktober sind das Jeonju Hanok Village und das Sori Arts Center der Provinz Nord-Jeolla Schauplatz des Jeonju International Sori Festival. der „Makgeolli Talk“ mit einem Spezialthema, der Amateurwettbewerb „I am the Singer“ und das Children’s Sori Festival. Künstliches Licht, das an Mondschein erinnert, beleuchtet die Dächer der traditionellen koreanischen Häuser (한옥, Hanok), während sich das Publikum, welches sich um ein Podest in einem rustikalen Vorgarten versammelt hat, mitreißen lässt von Musik aus aller Welt. Die Vorträge des Pansori - präsentiert von jungen, eher unbekannten Künstlern vor der Szenerie traditioneller Häuser - haben einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt; Tickets sind jedes Mal bereits frühzeitig ausverkauft. Die Aufführungen sind in englischer Sprache untertitelt, sodass sie leicht zu verstehen sind. Deshalb erfreuen sie sich auch bei ausländischen Besuchern großer Beliebtheit. Das Sori Festival bietet nicht nur eine Bühne für traditionelle koreanische Genres wie den epischen Gesang Pansori (판소리), sondern auch für Fusionsmusik, traditionelle und zeitgenössische Weltmusik. Einer der erklärten Fans des Sori Festival ist Simon Broughton, Herausgeber des renommierten britischen Musikmagazins „Songlines“. Seit er das koreanische Musikfest erstmals vor zwei Jahren besuchte, nimmt er regelmäßig daran teil. Auch in diesem Jahr werden viele Attraktionen geboten. In „Meisterklassen“ können die Festivalteilnehmer mit professionellen Musikern in Kontakt treten und von ihnen lernen. Unter anderem besteht die Gelegenheit, den Komponisten Hyeongseok Kim kennenzulernen und seine Performance zu hören. Es wird verschiedene Aufführungsstätten geben, die ein breitgefächertes Programm für traditionelle koreanische Musik anbieten, darunter ein Auftritt des Komponisten Hyeongseok Kim und seiner Musikerkollegen, die „VS stage“, eine Plattform für Koreas bedeutendste Interpreten, In diesem Jahr werden am Jeonju International Sori Festival weltberühmte Künstler wie Kudsi Erguner (Türkei), Waed Bouhassoun (Syrien), Fatoumata Diawara (Mali) und Masara (Japan) teilnehmen. Darüber hinaus werden Workshops zum Thema „Austausch und Kooperation im Bereich der internationalen Weltmusik“ stattfinden. In der „Sori-Taverne“ genießen die Besucher bei einer Schale Reiswein unterhaltsame Darbietungen. In ganz Jeonju finden „Sori Club“-Partys statt, und in den Straßenperformances können sich Besucher an der ganzen Bandbreite von Genres wie Rock, Pantomime, Tanz und traditionelle koreanische Musik erfreuen. Weitere Informationen zum Jeonju International Sori Festival 2013: www.sorifestival.com Auszug: Pressetext, Organisationskomitee des „Jeonju International Sori Festival“ Übersetzung: Gesine Stoyke 21 KULTUR KOREA REISE Der Byeonsanbando-Nationalpark: grüne Berge, blaues Meer und goldene Sonnenuntergänge Chaeseokgang-Felsen D er Byeonsanbando-Nationalpark vereint eine landschaftlich schöne Küstenlinie mit einer schroffen, alpinen Szenerie. In dieser Hinsicht ist er tatsächlich ein Mikrokosmos des Besten, was Korea zu bieten hat. Eineinhalb Millionen Menschen besuchen diesen Park jedes Jahr, um die spektakulären Ausblicke und Sonnenuntergänge zu sehen, die zu den romantischsten in Korea gehören. Im Byeonsanbando-Nationalpark befinden sich zudem zwei buddhistische Tempel, darunter der Naesosa-Tempel mit seiner bedeutenden Architektur. Man findet auch einen einzigartigen schamanistischen Schrein. Die Dorfbewohner beten eine lokale Gottheit an, um Sicherheit und Wohlstand für die Fischer des Dorfes zu erbitten. Naebyeonsan Der Nationalpark Byeonsanbando liegt auf einer Halbinsel an der Südwestküste Koreas und besteht tatsächlich aus zwei Parks in einem. Im inneren Teil des Parks, Naebyeonsan („Innerer Byeonsan”), treffen 22 KULTUR KOREA Besucher auf felsige Gipfel, Wasserfälle und bedeutende buddhistische Tempel. Im äußeren Bereich, Oebyeonsan („Äußerer Byeonsan”), erstreckt sich ein wunderschöner Meeresküstenabschnitt. Hier befinden sich auch die Chaeseokgang-Felsen, die zu den Höhepunkten des Parks zählen. Im Naebyeonsan gibt es zahlreiche Wanderwege. Der beliebteste beginnt am Naebyeonsan-Ticket-Büro und endet an den Jikso-Wasserfällen, wo das Wasser 30 Meter in einen jadegrünen Pool hinunterstürzt. Viele Besucher folgen dem Weg in das bergige Herz des Parks. Auf dieser Strecke trifft man auf den Gipfel des Gwaneumbong (425 Meter), der einen eindrucksvollen Ausblick über den gesamten Park gewährt. Vom Gwaneumbong wandern Sie hinunter zum NaesosaTempel, der 633 gegründet wurde und als Meisterwerk der koreanischen Architektur gilt. Seine charmanten, rustikalen Gebäude harmonieren perfekt mit der eindrucksvollen Lage in den Bergen. Besonders erwähnenswert ist seine schöne Haupthalle aus dem 17. Jahrhundert mit ihren hölzernen Türen mit Blumenmustern und einem imposanten Gemälde, das eine weißgekleidete Avalokitesvara hinter dem Hauptbild von Buddha darstellt. Versäumen Sie nicht, auch die Teestube zu besuchen. Der andere bedeutende buddhistische Tempel Gaeamsa ist ebenfalls einen Besuch wert. Aufgrund der geringeren Touristenzahl strahlt er eine Ruhe aus, die Naesosa in der Hochsaison fehlen mag. Wie Naesosa rühmt er sich einer wunderschönen Haupthalle aus dem 17. Jahrhundert, die eine Harmonie mit den felsigen Gipfeln bilden sollte, die sich im Hintergrund erheben. Oebyeonsan Oebyeonsan besteht zum Großteil aus einem wunderschönen Küstenstreifen. Dieser Teil des Parks ist ideal für Touristen – die Nationalstraße Nr. 30 führt Sie an einem schönen Teil der inspirierenden Küstenlinie vorbei. Entlang der südlichen Strecke finden Sie den ländlichen Hafen von Gomsohang. Der Hafen ist sehr bekannt für seine gesalzenen Meeresfrüchte. Von historischer Bedeutung sind die alten Salzfarmen, wo Salz durch Verdunstung aus gigantischen Meerwasser-Pools gewonnen wird. jeweils einer Provinz Koreas verheiratet, während sie selbst mit ihrer jüngsten Tochter in dem Schrein lebt, wo Besucher ein Familiengemälde vorfinden. Die „Old Lady of Suseong“ beruhigt die Meere, um die einheimischen Fischer zu beschützen. In früheren Zeiten hat sie die nahegelegenen Dörfer auch vor Tigern beschützt. Die Dorfbewohner kommen immer noch im ersten Monat nach dem Mondkalender jedes Jahres hierhin, um der Göttin Opfer zu bringen. Überall im Byeonsanbando-Nationalpark sind wunderschöne Sonnenuntergänge zu sehen, aber der eindrucksvollste Sonnenuntergang ist über Solseom oder „Pine Island” („Kieferninsel“) zu beobachten. Die untergehende Sonne stellt die einsame Kiefernansammlung vor dem goldfarbenen Hintergrund als Schattenbild dar. Auszug: „KOREA Magazine“ (April 2013) Übersetzung: Dr. Stefanie Grote Die berühmtesten Sehenswürdigkeiten an der Küste Oebyeonsans sind die Chaeseokgang-Felsen. Die Basis dieser geschichteten Felsen besteht aus Granit und Gneis aus der Kambrium-Zeit – Meereswellen haben ihnen in unzähligen Jahren ihre heutige Form gegeben. Am Fuß der Felsen gibt es verschiedene Höhlen, die bei Ebbe begehbar sind. Die Sonnenuntergänge sind von den Höhlen aus besonders schön zu betrachten. Etwa einen Kilometer nördlich der Chaeseokgang-Felsen befindet sich ähnlich geschichtetes Gestein. In dessen Nähe steht ein hölzerner Schrein, von dem man auf das Meer schauen kann. Dieser Schrein namens Suseondang ist Gaeyanghalmi oder der „Old Lady of Suseong” (‚Alte Dame von Suseong‘) gewidmet. Von der Meereshüterin wird gesagt, dass sie neun Töchter habe – acht sind mit Blick aus einer Höhle der Chaeseokgang-Felsen auf das Meer 23 KULTUR KOREA REISE Korail Neue Züge werden Ihre Reise zu einem Erlebnis machen Von Ji-ae Sohn Der V-Zug macht eine Rundreise nahe der Bergkette Baekdudaegan, die größtenteils entlang der koreanischen Halbinsel verläuft – vom Berg Baekdusan zum Jirisan im Süden. Der Zug passiert die Stationen Buncheon in Gyeongsangbuk-do und Cheolam in Gangwon-do. Beide Züge sind die ersten ihrer Art in Korea und haben bereits vor ihrem Einsatz viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der O-Zug hält an 13 Stationen, darunter in Jaecheon (Chungcheongbuk-do), Taebaek (Gangwon-do) und Yeongju (Gyeongsangbuk-do). Der V-Zug fährt die fünfstündige Strecke über 257,2 Kilometer vier Mal täglich. Die Bezeichnung O-Zug geht auf die runde Form und den Buchstaben „O“ zurück, der „Zirkulation“ andeutet. Der Zug besteht aus vier Wagons und verfügt über Monitore, die Passagieren einen Blick nach vorn erlauben. Der Zug hält für zehn Minuten an der 855 Meter hoch gelegenen Station Chujeon in Gangwon-do. In dieser Zeit können die Passagiere Fotos von der beeindruckenden Landschaft machen. Passagiere des O-Zuges können an der Station Buncheon (Gyeongsangbuk-do) auch in den V-Zug umsteigen. Das „V“ bezieht sich auf V-förmig gestaltete Felsschluchten und auf das Wort „Valley“ (‚Tal‘). Dieser Zug fährt zwischen den 24 KULTUR KOREA Stationen Buncheon und Chulam (Gangwon-do). Diese 70-minütige Rundreise wird drei Mal täglich angeboten. Von der Station Buncheon bis zur Station Seokpo wird der Zug sein Tempo auf 30 Stundenkilometer verlangsamen, sodass die Passagiere die bezaubernde Landschaft des Tales von Bonghwa, Gyeongsangbuk-do, genießen können. Dieser Zug verfügt über ein umweltfreundliches Design, reduziert Kohlenstoffemissionen durch Solarzellen auf dem Dach. Holzsitze, Ventilatoren und der Ofen erzeugen eine Atmosphäre, die an Zugfahrten in früheren Zeiten erinnert, als sich die Leute unterhielten, gekochte Eier und Süßkartoffeln aßen. Die Passagiere werden großen Gefallen daran finden, Süßkartoffeln auf der Feuerstelle zu rösten. Fahrkarten für die Rundreise mit dem O-Zug kosten bei Abfahrt von der Seoul Station 62.900 KRW und von der Station Jaecheon 27.700 KRW. Die Ticketpreise für die Rundreise mit dem V-Zug liegen bei 16.800 KRW. Fahrkarten sind auf der englischsprachigen Website von Korail (http://www.korail.com/) oder an Ticketschaltern der Seoul Station erhältlich. Ab 1. Juli können Passagiere eine Tageskarte, ein FünfTage-Ticket oder ein Sieben-Tage-Ticket kaufen, das 54.700 KRW, 100.300 KRW bzw. 123.100 KRW kostet. Diese Fahrkarten sind nur am Ticketschalter der Seoul Station erhältlich. Auszug: www.korea.net Übersetzung: Dr. Stefanie Grote Fotos: Korail Zugreisen bieten etwas, was Auto- oder Busfahrten nicht bieten. Der O-Zug und der V-Zug sind Sonderzüge von Korail, die seit dem Frühling im zentralen Inland Koreas sowie entlang der Bergkette Baekdudaegan eingesetzt werden. Der O-Zug ist ein Pendelzug, der sich an den Attraktionen des zentralen Inlands Koreas vorbeischlängelt und Gelegenheit zur Besichtigung der wunderschönen Landschaft der Provinzen Gangwon-do, Gyeongsangbukdo und Chungcheongbuk-do gibt. REISE Touristische Ziele im Umland der Suncheon Bay Garden Expo Von Seung-ah Lee Das Expogelände mit seinen aufwendig gestalteten Gärten bietet viel Sehenswertes, aber eine Reise nach Suncheon ist nicht vollständig ohne einen Besuch der angrenzenden Regionen mit ihren einzigartigen Landschaften und kulturellen Sehenswürdigkeiten. zu ärmlichen Unterkünften - wecken bei älteren Koreanern Nostalgie und bei jüngeren Koreanern und ausländischen Touristen Neugier. Nakan Eupseong Folk Village Westlich von Suncheon, nicht weit von der Stadt entfernt, liegt die Region Gokseong, die unter anderem für ihr Eisenbahnwesen bekannt ist. Der Bahnhof Gokseong verband 60 Jahre lang Iksan und Yeosu – von 1933 bis zu der Zeit, als auf der Route ein zweigleisiger Schienenverkehr eingeführt wurde. Durch den Ausbau der Eisenbahnlinie wurde der alte Bahnhof in eine historische Touristenattraktion umgewandelt und bietet nun Kurzstreckenfahrten auf einem historischen Dampfzug an. Von Anfang Mai bis Ende Juli veranstaltet der Landkreis Gokseong ein dreimonatiges Zugfestival. Das Nakan Eupseong Folk Village, das von eindrucksvollen Festungsmauern umgeben ist, präsentiert eine faszinierende Mischung aus Alt und Neu. Das Dorf, das zur Historischen Stätte Nr. 302 erklärt wurde, zieht jedes Jahr rund 1,2 Millionen Touristen an. Selbst der Nachrichtensender CNN entdeckte den Reiz des Ortes und erklärte ihn zu einem der sehenswertesten touristischen Ziele Koreas. ,,Nakan Eupseong ist eine von Koreas besterhaltenen befestigten Städten aus der Joseon-Zeit“, erklärte die Cultural Heritage Administration (Behörde für kulturelles Erbe, CHA). „Es handelt sich um eine Festung aus Erdreich, die in den frühen Tagen des Reiches errichtet wurde, um die Region vor ausländischen Invasoren zu schützen“. In den rustikalen, strohgedeckten Häusern leben aktuell rund 300 Menschen in 108 Haushalten. Als besonders empfehlenswert für Touristen gilt die Umwanderung der Stadtmauern. Auf den Steintreppen vom West- zum Südtor soll die Aussicht auf das Umland am besten sein. Gokseong, Region der Züge Auszug: www.korea.net Übersetzung: Gesine Stoyke Foto: Stadt Suncheon Spannende Erlebnisse an Koreas größtem Filmset Das Filmstudio in Joryedong bietet den Besuchern einen realistischen Blick auf das Leben der koreanischen Bevölkerung zwischen den 1960er und 1980er Jahren. Viele erfolgreiche Serien wurden hier gedreht, darunter auch „King of Baking Kim Tak Goo“ (‚Kim Tak Goo, König des Backens‘), „East of Eden“ (‚Östlich von Eden‘), „Giant“ (‚Riese‘) und „Lights and Shadows“ (‚Lichter und Schatten‘). Die Filmkulissen - von einem Geschäft für Gummischuhe mit historischem Ziegeldach bis 25 KULTUR KOREA Jeju-do – Tintenfisch an der Leine 26 KULTUR KOREA Fotos: © Kerstin Jana Kater BILDERBUCH KOREA Seoraksan-Nationalpark – Flusslauf im Morgennebel 27 KULTUR KOREA Suncheonman-Ökopark – Angler im Schilfgras 28 KULTUR KOREA Foto: privat Berg Hallasan auf Jeju-do – im Höhennebel versunken Kerstin Jana Kater lebt in Berlin und arbeitet deutschlandweit als Grafikerin, Fotografin und Videografin. Besonders Asien weckt immer wieder eine Faszination in ihr - für das Land, die Menschen und seine Kultur, die sie in ihren Reisereportagen stets festzuhalten versucht. Im Sommer 2012 bereiste sie für anderthalb Monate Südkorea und konnte sich diesem so besonderen asiatischen Land ein wenig mehr widmen und sich davon begeistern lassen. 29 KULTUR KOREA 130 J a h r e k o r e a n i sch - d eu t sche Bez i ehun g en Festakt in der Kaiserpfalz Das XII. Deutsch-Koreanische Forum in Goslar am 21.06.2013 Von Dr. Sylvia Bräsel „Wenn zwei Nationen ein Jubiläum ihrer Beziehungen feiern, tun sie das meistens im Glanze ihrer Hauptstädte. Wir aber begehen diesen Festakt nicht nur sehr gern, sondern auch ganz bewusst und aus guten Gründen in Goslar. Denn hier, nicht weit vom ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen, sind wir ganz nahe bei der Erfahrung, die unsere Länder in besonderer Weise verbindet: die Erfahrung der Teilung. Den Ort dieses XII. Deutsch-Koreanischen Forums verstehe ich also als ein Zeichen der Ermutigung: Menschen können sich ermächtigen und Grenzen überwinden!“ Mit diesen Worten leitete Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck seine Rede im Rahmen des XII. Deutsch-Koreanischen Forums am 21. Juni 2013 in Goslar ein. Damit traf der bürgernahe Bundespräsident zum Festakt anlässlich der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Korea vor 130 Jahren und der damit verbundenen symbolträchtigen Präsentation der deutschkoreanischen Briefmarken-Gemeinschaftsausgabe genau den „richtigen Ton“. Etwa 220 geladene Gäste aus Korea und Deutschland, darunter der Parlamentarische Staatssekretär beim 30 KULTUR KOREA Bundesminister der Finanzen und Ko-Vorsitzende des Deutsch-Koreanischen Forums, Hartmut Koschyk MdB, der Botschafter der Republik Korea in Deutschland, S.E. Jae-shin Kim, und die koreanische Ko-Vorsitzende des DeutschKoreanischen Forums, Frau Prof. Sun-Uk Kim, nahmen an dem beeindruckenden Ereignis in der Kaiserpfalz Goslar teil. Die am Fuße des Rammelsbergs in Goslar gelegene geschichtsträchtige Kaiserpfalz, die seit 1992 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört, präsentierte sich im wahrsten Sinne des Wortes „bei Kaiserwetter“. So sollte es Botschafter Kim wenig später treffend in seiner engagierten Rede formulieren. Die stilvolle und würdige Atmosphäre dieser bilateralen Veranstaltung wurde durch das musikalische Rahmenprogramm (gesponsert von der Korea-Foundation) nachdrücklich unterstrichen. Die Teilnehmer erlebten zur Eröffnung das international agierende Opus Ensemble (SoOck Kim, Na Young Baek, Grace Yeo und Avri Levitan) mit einer faszinierenden Interpretation von J. Brahms‘ „Werther“. Der Oberbürgermeister der Stadt Goslar, Dr. Oliver Junk, begrüßte als Gastgeber die Teilnehmer des Festaktes in Fotos: Büro Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk MdB Präsentation der deutsch-koreanischen Gemeinschaftsbriefmarken: Dr. Oliver Junk, Oberbürgermeister der Stadt Goslar, Hartmut Koschyk MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, Deutscher Ko-Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen Forums, Bundespräsident Joachim Gauck, Jae-shin Kim, Botschafter der Republik Korea, Frau Prof. Sun-Uk Kim, Ko-Vorsitzende des Deutsch-Koreanischen Forums, Generaldirektor Chonghee Hahn, Leiter der Kulturabteilung im koreanischen Außenministerium, Birgit Honé, Staatssekretärin in der Staatskanzlei der Niedersächsischen Landesregierung (v. li. n. re.). Bundespräsident Joachim Gauck (Mitte li.), Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk MdB (Mitte re.) und Frau Prof. Dr. Eun-Jeung Lee (Vierte v. re., 1. Reihe), Leiterin der Koreastudien der Freien Universität Berlin, mit StudentInnen beim XII. Deutsch-Koreanischen Forum. der Kaiserpfalz. Er dankte dem Bundespräsidenten für sein Engagement für die „ehemalige Grenzregion“ und sein Interesse an den aktuellen Fragen der deutsch-koreanischen Beziehungen. „Kommen Sie wieder nach Goslar, Sie sind immer herzlich willkommen“, rief er den Forumsteilnehmern, den zahlreichen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und den vierzig Teilnehmern des Deutsch-Koreanischen Jugendforums in der bis zum letzten Platz gefüllten Kaiserpfalz zu. Der Bundespräsident erinnerte dann an die langjährigen deutsch-koreanischen Beziehungen und das verdienstvolle Wirken von deutschen Experten vor mehr als 100 Jahren, das zu einem regen Erfahrungsaustausch der beiden Kulturen führte und auch in der für Korea „so schrecklichen und traumatischen japanischen Kolonialzeit“ nicht gänzlich abbrach. Er würdigte zudem die Arbeit des DeutschKoreanischen Forums als eines der „wichtigsten Bindeglieder zwischen unseren Ländern“. In bewegenden Worten sprach Joachim Gauck in diesem historischen Kontext die Verdienste der Bergarbeiter und Krankenschwestern aus Südkorea an, die im Rahmen eines Abkommens vor einem halben Jahrhundert als Arbeitskräfte in die Bundesrepublik Deutschland kamen. Der Bundespräsident ehrte die Lebensleistung dieser Menschen mit den Worten: „Ein Gewinn für unser Land! Und ein Gewinn auch für Korea. Denn das Kapital aus dem Ausland half mit beim sogenannten ,Wunder am Han-Fluss‘ – der poetischen Version des schlichten westdeutschen ,Wirtschaftswunders‘“. Die Rede von Joachim Gauck, die immer wieder durch Beifall unterbrochen wurde, gipfelte in dem Satz: „Sie spüren: Korea bewegt mich“. Die Ausführungen des Bundespräsidenten zur gemeinsamen Teilungserfahrung ließen persönliche Betroffenheit spüren und kulminierten in einem leidenschaftlichen Appell für Freiheit und Menschenrechte mit Sicht auf das abgeschottete Nordkorea. Joachim Gauck verwies in diesem Kontext auf die verdienstvolle Arbeit der Stiftungen und humanitären Organisationen und beschwor die gemeinsame globale Verantwortung unserer Länder als G-20-Mitglieder über eine wirtschaftliche Kooperation hinaus. Der Bundespräsident schloss seine Rede mit den 31 KULTUR KOREA 32 KULTUR KOREA Amt, und des Botschafters a.D. Michael Geier bzw. der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft, denen Hartmut Koschyk in seiner Rede ausdrücklich dankte. Hartmut Koschyk bündelte die kulturübergreifende und zutiefst menschliche Botschaft in einem Zitat von Friedensreich Hundertwasser: „Die Briefmarke kennt keine Grenzen“. Die Sondermarken zeigen die im 18. Jahrhundert angelegte Parkanlage Eremitage in Bayreuth mit dem Sonnentempel sowie den Gyeongbokgung-Park in Seoul mit dem Hyangwonjeong-Pavillon, der 1873 errichtet wurde. Der Leiter der Kulturabteilung im koreanischen Außenministerium, Generaldirektor Chonghee Han, hob in seiner nachfolgenden poetischen Würdigung insbesondere den Harmoniegedanken hervor, der das koreanische Motiv trägt. Denn der Hyangwonjeong-Pavillon ist Teil des bereits 1395 errichteten Gyeongbokung-Palastes in Seoul, der auf Deutsch „Wunsch nach Glück“ heißt. Der auf der Briefmarke abgebildete „Pavillon des weitreichenden Duftes“ – inmitten eines 1456 angelegten künstlichen Teiches – zeigt zugleich die „Brücke der berauschenden Düfte“ (Chwihyanggyo). All das sei – so Chonghee Han - wie dieser harmonischlebendige Garten insgesamt - „Symbol einer tiefen, in die Zukunft reichenden Freundschaft zwischen Korea und Deutschland“. Die feierliche Übergabe der Gemeinschaftsbriefmarken durch Staatssekretär Hartmut Koschyk an Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck und Botschafter Jae-shin Kim bildeten den Höhepunkt des zweiten Teils der Veranstaltung. Das Opus Ensemble leitete musikalisch zum Empfang über, der nochmals Raum für Gespräche und Begegnungen mit dem Bundespräsidenten bot – ganz im Sinne des von Finanzstaatssekretär Koschyk zitierten Friedensreich Hundertwasser: „Das winzige rechteckige Stück Papier verbindet die Herzen (…). Es ist eine Brücke zwischen Völkern und Ländern“. Dr. Sylvia Bräsel lehrt als Literaturwissenschaftlerin an der Universität Erfurt und hat sich durch zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zur koreanischen Literatur und Kultur sowie literarische Übersetzungen (Ko Un; Hwang Tong-gyu, Oh Tae-Suk, Kim Youngha etc.) ausgewiesen. 1996 erhielt sie den Übersetzerpreis der Daesan-Foundation in Seoul. Von 1992 bis 1996 war sie im Auftrag des DAAD an der Yonsei Universität in Seoul tätig. Sie ist Fachberaterin für moderne koreanische Literatur an Kindlers Literatur Lexikon und wurde 2009 von der DKG e.V. mit dem Mirok Li–Preis ausgezeichnet. Foto: privat visionären Worten „Ein Land, das wie Korea in seiner langen Geschichte überaus erfolgreich vermochte, seine kulturelle und nationale Eigenständigkeit trotz aller Widrigkeiten zu bewahren, wird auch seine Einheit wiederherstellen. Davon bin ich fest überzeugt“. Die nachfolgende Rede des Botschafters der Republik Korea, S.E. Jae-shin Kim, nahm auf diese Ausführungen aus koreanischer Sicht Bezug und ordnete das Wirtschaftswachstum Südkoreas in die bilaterale Beziehungsgeschichte ein. Mit berechtigtem Stolz konnte der Botschafter ausführen, dass, auf der Basis von Wirtschaftsentwicklung und Demokratisierungsprozess, Südkorea heute zu den zehn stärksten Wirtschaftsnationen zählt. Dabei hob er das „deutsche Modell“ und die Unterstützung der Bundesrepublik auf diesem Wege nachdrücklich hervor. Doch auch die Alltagskultur von Pop bis Fußball spiele eine wichtige, vertrauensbildende Rolle im Kennenlernen der Menschen. Der Austausch über die Teilungserfahrungen verbinde zudem beide Länder auf spezifische Weise. In diesem Sinne dankte S.E. Jae-shin Kim dem Bundespräsidenten für sein Engagement zur Überwindung der deutschen Teilung und Deutschland für seine Unterstützung in Fragen der Nordkoreapolitik zur Beförderung des Vertrauensprozesses auf der koreanischen Halbinsel. Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk MdB schloss in seiner Rede anlässlich der Präsentation der deutsch-koreanischen Briefmarken-Gemeinschaftsausgabe an diese Gedanken an. Überzeugend und mit der ihm eigenen Nachdrücklichkeit machte der Ko-Vorsitzende des Deutsch-Koreanischen Forums deutlich, dass mit der „deutsch-koreanischen Gemeinschaftsbriefmarke 2013 (…) die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Korea sichtbar zum Ausdruck gebracht“ werden. Die in beiden Ländern vertriebenen Briefmarken (in Deutschland zu 75 und 150 Cent), die von dem Grafiker Jae-Yong Shin aus Seoul entworfen wurden, symbolisieren – so Hartmut Koschyk mit der Motivwahl „,Traditionelle Gärten‘ besonders gut die deutsch-koreanischen Beziehungen: So haben sich diese auf historisch gewachsener Grundlage stets dynamisch fortentwickelt, so wie sich in einem traditionellen Garten Flora und Fauna ständig im neuen Lichte zeigen und sich kontinuierlich immer wieder neues Leben regt. So wie traditionelle Gärten immerwährende Zuwendung und Pflege benötigen, so benötigen auch die traditionellen deutsch-koreanischen Beziehungen beständige Aufmerksamkeit beider Seiten sowie neue und lebendige Impulse“. Nur auf diese Weise kann eine fundierte Brücke zwischen unseren Kulturen und Menschen geschlagen werden. Das war zugleich die Intention der Unterstützer dieser Briefmarken-Gemeinschaftsausgabe - des Ministerialdirektors Dr.Dr.h.c.mult. Hans-Ulrich Seidt, Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation im Auswärtigen K ALEIDOSKOP drei Studienjahre innehatte. Es war meine erste Tätigkeit nach Abschluss des Studiums, die dann mein ganzes Berufsleben, das im Wesentlichen auf Asien ausgerichtet war, entscheidend mitgeprägt hat. Korea 1963 Von Georg Neumann Straßenszene, Innenstadt Seoul (Sechzigerjahre) E Foto: privat s gibt Daten, die man in seinem Leben nicht vergisst, und ein solches ist für mich der 9. September 1963, als ich zum ersten Mal koreanischen Boden betrat. Zu damaliger Zeit gab es lediglich zwei internationale Flüge pro Woche, die Seoul mit der Außenwelt verbanden, und mit einem dieser Flüge landete ich vor 50 Jahren am Kimpo Airport. Das war mit der neu in Dienst gestellten Boeing 707 der Northwest Airlines, einer heute nicht mehr existierenden amerikanischen Luftlinie, die als einzige die Strecke von Seoul nach Tokio bediente, meistens mit halbleeren Maschinen, wie auch in meinem Fall. Daneben gab es von und nach Korea nur noch eine internationale Verbindung, und zwar mit der Fähre zwischen Busan und Shimonoseki, bei deren Benutzung man sich allerdings auf eine umständliche Prozedur einzustellen hatte. Grund meiner Reise nach Korea war die Übernahme eines vom DAAD geförderten Lektorats an der Seoul National University (SNU), das ich dann Wurde ich bei den Vorbereitungen auf meinen Korea-Aufenthalt auch schon über die Aufgeschlossenheit der Koreaner uns Deutschen gegenüber informiert, so war ich doch von der Herzlichkeit, mit der ich an der SNU empfangen wurde, geradezu überwältigt. Die Gastfreundschaft, die mir von Seiten der Kollegen, der Professoren und Studenten entgegengebracht wurde, ist in meiner Erinnerung noch heute lebendig. Dabei war es unverkennbar, dass Korea ein armes Land war. Die damaligen Einkommensverhältnisse meiner Partner waren alles anderes als üppig, eher dürftig. Ich erhielt für eine Unterrichtsstunde an der SNU eine Vergütung von 200 Won (eine Deutsche Mark entsprach 30 Won), wofür ich mir 2 Flaschen Bier (im Lokal eine Flasche) leisten konnte. Durch Unterstützung des DAAD und der Deutschen Botschaft hatte ich aber einige Privilegien, an denen ich, wenn auch am Rande der Legalität, aber immer guten Gewissens, meine koreanischen Freunde, Kollegen und Partner habe teilnehmen lassen können. Noch eine Bemerkung zum Bier, das neu auch als Fassbier auf den Markt kam, allerdings nicht gezapft, sondern aus Fässern geschöpft. Nach einem Versuch habe ich auf weitere verzichtet. Für mich war es immer ein Wunder, wie die koreanischen Professoren angesichts der - jedenfalls an der staatlichen SNU - kümmerlichen Gehälter ein durchaus munteres Leben führen und dabei ihre meist vielköpfigen Familien haben ernähren können. Weitere Zusatzverdienste 33 KULTUR KOREA waren daher unerlässlich. Für den Lehrkörper an der SNU bot sich zusätzlicher Unterricht an einer privaten Universität an. Schon 1963 war die SNU die unangefochten erste Hochschule im Lande, und finanziell besser gestellte private Hochschulen schmückten sich gerne mit klangvollen Namen von Professoren der SNU, um ihre Reputation und somit die Anziehungskraft auf Studienbewerber, die dort beträchtliche Gebühren zahlen mussten, zu erhöhen. Da sie die gesetzlichen Vorgaben, die eine Art von numerus clausus bei der Vergabe von Studienplätzen vorsahen, nicht allzu ernst nahmen, erschloss sich für die privaten Hochschulen eine weitere Geldquelle, die sie dann in die Lage versetzte, sich bei der Vergütung von Unterrichtsstunden diesen Professoren gegenüber großzügiger zu zeigen als es einer staatlichen Hochschule wie der SNU möglich war. Das Verfassen eigener Lehrbücher, die die Studenten notgedrungen kaufen mussten, war ein zusätzlicher Nebenerwerb. Allerdings konnte es dabei nicht ausbleiben, dass diese in eigener Regie erarbeiteten Lehrmaterialien von unterschiedlicher Qualität waren. Dennoch hielt ich die häufig von deutscher Seite in zum Teil herablassender Form zum Ausdruck gebrachte Kritik für unangebracht. Ich habe noch in lebhafter Erinnerung, mit welcher Hingabe sich die koreanischen Dozenten für die deutsche Sprache, die Germanistik und alles, was mit Deutsch in Verbindung gebracht werden konnte, engagierten, und es ist ihnen zu verdanken, dass sich die deutsche Sprache neben Englisch eines großen Zulaufs auch unter Vertretern anderer Fachbereiche erfreuen konnte. Weit abgeschlagen folgten Französisch und Spanisch. Bis zu 90 Prozent der Oberschüler sollen sich für Deutsch als zweite Fremdsprache entschieden 34 KULTUR KOREA haben, denen allerdings, wie ich immer wieder feststellen konnte bzw. musste, ein recht verklärtes Bild von Deutschland vermittelt wurde. So konnten einige meiner Studenten ihre Enttäuschung darüber nicht verbergen, dass ihr eingereister Deutsch-Lektor nicht aus Heidelberg kam. In diesem Zusammenhang sind auch die teilweise romantischen Vorstellungen zu verstehen, mit denen die angeworbenen koreanischen Krankenschwestern und Bergleute ihrem bevorstehenden Aufenthalt in Deutschland entgegensahen. Besuche bekannter Persönlichkeiten aus Deutschland waren selten. Sie zeigten sich dann aber stets beeindruckt von dem in Korea herrschenden Interesse an Deutschland und erwiesen sich im Nachhinein als wichtige Multiplikatoren. So erinnere ich mich lebhaft an den Besuch des Präsidenten des Deutschen Bundestags, Eugen Gerstenmaier, der als Dank für die Verleihung der Ehrendoktorwürde der SNU einen Betrag über 50.000 DM für die Bibliotheken der Deutschen Abteilung und der Juristischen Fakultät spendete, eine Summe, mit der man damals schon etwas anfangen konnte. Besonders deutsche Politik wurde in Korea mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Aber was wusste man in Deutschland über Korea? Den vor 10 Jahren zu Ende gegangenen Koreakrieg [1950-53] hatte man zwar noch im Gedächtnis, zumal er auch für die deutsche Politik nicht folgenlos blieb, doch ein tiefergehendes Interesse an Korea war kaum vorhanden. Hingegen gab es in Korea bereits eine rührige Koreanisch-Deutsche Gesellschaft, deren Präsident der fließend Deutsch sprechende Ministerpräsident Choi Doo Sun war. Er hatte in den 1920er Jahren an den Universitäten Marburg, Jena und Berlin studiert. Zum Vorstand der KDG gehörten auch der erste Erziehungsminister der Republik Korea, An Hosang, ebenfalls ein Alumnus der Universität Jena zu Zeiten der Weimarer Republik, und der Präsident des Parlaments, der Germanist Rhee Hjoe Sang. Als Sekretär der KDG war ich mehrfach Gast in ihren Familien und wurde somit auch vertraut mit dem privaten Umfeld führender Politiker des Landes. Viele meiner Studenten konnte ich für die Mitgliedschaft in der KDG gewinnen, sodass diese Gesellschaft einen jugendlichen Anstrich bekam. Unterrichtet habe ich nicht nur an der SNU, sondern auch an der konfuzianisch geprägten Sung Kyun Kwan Universität und auf Bitten des zuständigen Ministeriums auch an der Air Force Academy (AFA). Ca. 30 Offiziersanwärter lernten hier äußerst fleißig Deutsch, wobei es mir nie klar war, ob sie es aus Interesse an dieser Sprache taten, sich davon einen Karrieresprung versprachen oder einfach zum Unterricht abkommandiert wurden. Es war schon eine ungewöhnliche Erfahrung, in einem Militärjeep mit Blaulicht durch die immer verstopften Straßen Seouls zur AFA chauffiert zu werden und von allen Polizisten und Soldaten, von denen es in der Stadt nur so wimmelte, militärisch stramm gegrüßt zu werden, und ich als Angehöriger des „weißen Jahrgangs“, der also nie eine Uniform zu tragen brauchte, nicht wusste, wie ein solcher Gruß zu erwidern sei. Zu einer Reihe meiner ehemaligen Studenten ist der Kontakt nie abgebrochen, einige haben sich als Wissenschaftler einen Namen oder im öffentlichen Dienst als Botschafter und Minister Karriere gemacht. Zu ihnen zählte auch Herr Straßenszene, Seouler Stadtteil Jongno-gu (Sechzigerjahre) Foto: privat Ein Erlebnis der ganz besonderen Art war eine Begegnung mit einem ehemaligen Studenten am Flughafen Kimpo. Bei einem meiner späteren Aufenthalte in Korea kam ein uniformierter Herr auf mich zu, stellte sich als Mr. Kim, meinen ehemaligen Studenten (an den ich mich allerdings nicht erinnern konnte) und nunmehr stellvertretenden Flughafendirektor vor. Nach einem kurzen netten Gespräch bat er mich um meine Bordkarte, die mich als Reisenden in der Economy-Klasse auswies. Nach wenigen Minuten Wartezeit hatte ich einen First-Class- Boarding-Pass in der Hand und erreichte so zum ersten Mal völlig ausgeruht und entspannt meinen Zielort Frankfurt. Leider ist mir dieser Mr. Kim bei meinen folgenden Besuchen in Seoul nie mehr begegnet. Die erste Hälfte der 1960er Jahre war eine unruhige Zeit, in jeder Hinsicht. Soziale Probleme waren offensichtlich. So musste eine Mensa der SNU geschlossen werden, da sich viele Studenten das tägliche Mittagessen nicht leisten konnten, und Jobangebote für Studenten gab es kaum. Verordnete Sparmaßnahmen wirkten sich auf fast alle Lebensbereiche aus. Angehörigen des öffentlichen Dienstes wurde der Besuch teurer Restaurants untersagt, Reis durfte nur vermengt mit Sojabohnenerzeugnissen serviert werden und die Herstellung von reinem Makkoli wurde untersagt. Unter solchen Umständen ist es kein Wunder, dass der Schwarzmarkt seine Blütezeit erlebte. Die Lebensfreude der Menschen schienen alle diese Maßnahmen aber nicht zu beeinträchtigen. Die Cafés (tabang) waren weiterhin gut besucht, in den Kneipen (taepojip) konnte man kaum einen Platz finden, und (Life)-Musik schallte bereits am Nachmittag aus den vielen Arubaito-Salons. Bezeichnet „arubaito“ (koreanische Wiedergabe des deutschen Worts „Arbeit“) heute einen Nebenjob, so verstand man damals darunter ein Tanzvergnügen. Schon 1970, als ich Korea vier Jahre nach meinem Weggang zum ersten Mal wieder besuchte, war ich beeindruckt von dem neuen Anblick, der sich mir bot. Der Fortschritt war so rasant, dass einige Seouler Stadtteile nicht wiederzuerkennen waren. Wenn ich auch innerlich bedauerte, dass einige mir so vertraute Ecken mit ihrem traditionellen Umfeld nunmehr Opfer dieser Entwicklung geworden waren und Platz für moderne Siedlungen machen mussten, so war es aber doch ein beruhigendes Gefühl, erleben zu können, dass die Liebenswürdigkeit und Freundlichkeit der Menschen auch unter dieser Entwicklung nicht gelitten hatte, und das gilt bis heute. Foto: privat Kwon Youngmin, der als koreanischer Botschafter in Berlin 2005 das Koreajahr in Deutschland initiierte und Herr Professor Ahn Sam Huan, der im vergangenen Jahr vom DAAD mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde. Georg Neumann war von 1963 bis 1966 DAAD-Lektor an der Seoul National University (SNU). Danach war er Leiter der DAAD-Außenstellen in Neu Delhi und Tokio. Bis zu seinem Ruhestand bekleidete er das Amt des für Asien zuständigen Gruppenleiters in der DAAD-Zentrale, Bonn. 35 KULTUR KOREA K ALEIDOSKOP Geomantik in Korea Von Hans-Jürgen Zaborowski Ü berall auf unserer Erde, in unserer Welt sind die Menschen gezwungen, sich an ihre Umgebung anzupassen, um dort leben überleben zu können. Sie versuchen, die Wechselwirkungen mit den natürlichen Gegebenheiten zu erkennen, zu verstehen, um daraus Möglichkeiten zu entwickeln, die eigene Existenz in Übereinstimmung mit der Umwelt weiterzuentwickeln. Wenn dann aber der Versuch unternommen wird, die Umwelt, die Erde nach den eigenen Notwendigkeiten der Menschen umzugestalten – was wird dann? Eine Steigerung ist denkbar: dass nicht mehr die Notwendigkeit, sondern die vorhandenen Möglichkeiten den Anstoß geben, die Welt zu verändern. Bis zu welcher Grenze? Da ist Mutter Erde: die Erde als Lebensspenderin, als Bewahrerin des Lebens. Soll man ihren Weisungen folgen? Soll man ihr Dankbarkeit entgegenbringen? Im ostasiatischen Kulturerdteil hat man darauf früh eine Antwort gefunden. Nur wenn die Menschen die Gesetze der Natur, die Gesetze von Himmel und Erde erkennen und achten, werden sie ihr Leben positiv gestalten, entwickeln können. Das hat man bezeichnet als „Weg des Himmels und der Erde“. Archäologische Ausgrabungen in China machen wahrscheinlich, dass die Anwendungen dieses Weges schon für das 4. vorchristliche Jahrtausend anzusetzen sind. Sie bestimmten die Planung von Anwesen für die Lebenden und für die Verstorbenen: für Häuser, ganze Siedlungen, besonders die Palastanlagen – und für Gräber. Es galt, für sie alle im Raum und in der Zeit die optimalen Stellen zu finden, an denen sich Energie (Koreanisch „Ki“) konzentriert hat, was als Lebenskraft zu verstehen ist, die durch die rechte Ortswahl nutzbar gemacht werden konnte. Der Nachweis dafür in Texten ist schon um 1000 v.Chr. zu finden – mit dem Namen „Wind- und Wasserwissenschaft“; in einem frühen Text heißt es: „Energie reitet auf dem Wind und wird verstreut, aber sie wird bewahrt, wenn sie auf Wasser trifft.“ Energie, das ist die Wechselwirkung der beiden Urkräfte Yin und Yang (음양), die wiederum die fünf Elemente (Feuer, Wasser, Holz, Metall und Erde) hervorbringen und durch deren unterschiedliche Vermischung die Gesamtheit aller Phänomene (traditionell „Zehntausend Phänomene“, mit der Zehntausend als der höchsten vorstellbaren Zahl) schaffen. Um einen optimalen Ort zu finden, werden die Formen der Landschaft auf die unterschiedliche Wirkung 36 KULTUR KOREA von Yin und Yang, auf die Zusammensetzung ihrer Elemente untersucht. Ein komplexes System, das für seine Anwendung nicht nur die natürlichen Gegebenheiten sowie deren Einordnung in die Achse Nord - Süd, sondern auch den oder die betroffenen Menschen einbezieht, hilft dem Fachmann, dem Geomanten bei seinen Betrachtungen, bei seinen Entscheidungen. Er versucht, durch die Analyse eines komplexen, ja universellen Bildes das Bestmögliche für die Menschen zu bewirken. In Korea wurde die Geomantik schon zur Zeit der Drei Reiche Goguryeo, Baekje und Silla verbreitet. In japanischen historischen Quellen ist mehrfach die Rede von Meistern der Wind- und Wasserlehre, die von der Halbinsel nach Japan gekommen sind und ihre Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt haben. Im 10. Jahrhundert ist es der buddhistische Mönch Tosôn, der als Meister der Lehre ausgewiesen ist und der ihr für Korea eine „orthodoxe“ Form gegeben hat. Er spielt auch sowohl im Buddhismus wie im Schamanismus im weiteren Verlauf der Geschichte eine große Rolle. Als 1392 das langlebige letzte koreanische Königshaus, die Yi-Dynastie,1 die Macht in einem Staatsstreich übernommen hat, sucht ein buddhistischer Mönch namens Muhak im Auftrag des ersten Herrschers einen Platz für den Bau einer neuen Hauptstadt. Man hatte geplant, das neue Zentrum in der Gegend der heutigen Millionenstadt Taejôn zu errichten. Aber für diese Region gab es eine alte Prophezeiung, dass dort einmal eine Familie Wang die Königswürde übernehmen solle. Nicht eine Familie Yi, wie die neuen Herrscher heißen. Also wandert der Mönch durch das Land – mit offenen Augen und den Hilfsmitteln eines Geomanten ausgestattet. Südöstlich von Seoul glaubte er am Ziel zu sein, nickte vom langen Weg ermattet ein. Im Traum sah er den Meister Tosôn, wie er einen Wasserbüffel vor sich hertrieb in nordwestliche Richtung und das Tier aufforderte: „Du dummes Vieh – geh noch zehn Meilen weiter!“. Die Anrede „Dummes Vieh“ bezog Muhak („Der ohne Wissen ist“) auf sich selbst - wegen seines Mönchnamens. Den ganzen Satz verstand er als Befehl des Meisters aus der früheren Zeit, er möge seine Aufgabe nach den Vorgaben der geomantischen Tradition sorgfältig erledigen. Er machte sich auf den Weg - und nach weiteren zehn Meilen erreichte er den Ort, wo dann der erste Palast der noch Dort, wo man den ersten Königspalast baute, den Gyeongbokgung-„Palast des Leuchtenden Glücks“, bietet sich tatsächlich dem Kundigen noch heute trotz der vielen Hochhäuser wenigstens eine Ahnung, dass hier ein geomantisch optimaler Standort gefunden worden war. Glückverheißend, der Name sagt es. Nördlich umschließt halbkreisförmig eine Bergkette mit steilen Hängen den Palast und die Stadt, die sich südlich anschließt. Der höchste Gipfel ist Endpunkt einer Gebirgskette, die sich nordöstlich erstreckt bis hin zu dem Gebirge an der Ostküste Koreas, das von den Geomanten als wichtigster Weg für den Energiefluss gedeutet wurde. Der Palast liegt gleichsam im Brennpunkt eines Hohlspiegels, wo die Energie sich sammelt und ihre positiven Kräfte entfalten kann: für die Königsfamilie, für das Volk, für das ganze Land. Ja, das scheint Wirkung gehabt zu haben - die Yi-Dynastie gehört zu den langlebigsten Königshäusern der Weltgeschichte, bis 1910, bis zur Machtübernahme der japanischen Fremdherrscher, hat sie das Land regiert. Im Süden schließt der Namsan, der „Südberg“, die Residenzstadt ab. Der Han-Fluss weiter im Süden ist das Wasser, das die Energie aufhält und bewahrt. Zwei Berge auf dem anderen Ufer liegen nicht ganz korrekt in der Achse, die das geomantische System gerne gehabt hätte. Das wurde gedeutet als Gefahr durch Feuer. Tatsächlich: zweihundert Jahre später, im siebenjährigen Invasionskrieg [Imjin-Krieg] der Japaner (1592 – 1598), ist der Palast in Brand geraten und bis auf die Grundmauer niedergebrannt. Nicht jeden Tag wird eine Hauptstadt gesucht, gegründet. Wichtigste einträglichste Aufgabe der Geomanten war die Suche nach bestmöglichen Orten für Gräber der Verstorbenen. Ein günstiger Grabplatz soll positive Auswirkungen für die Geschicke der Familie haben, die einen guten Geomanten mit der Suche beauftragte – und dann auch keinen hohen Preis scheute, um den ausgewählten Platz zu erstehen. Die Gräber sollten – wie Seoul von halbkreisförmig gelegenen Bergen – wenigstens von einer bescheidenen Hügelkette geschützt sein. Auf den modernen Friedhöfen muss eine ebensolche Mauer ausreichen. Sowohl in den überlieferten Texten gebildeter Hofbeamter wie auch in der Volksliteratur, in Märchen und Sagen, spielt die Geomantik in Korea eine große Rolle. Dort ist auch zu lesen oder zu hören, dass besonders bei der Grabsuche Geomanten korrupt gewesen sind, um ihre Einnahmen zu erhöhen. Beißende, bittere Kritik ist vor allem in Volkserzählungen festzustellen. Aber dieser Kritik gegenübergestellt werden die segensreichen Auswirkungen einer guten Platzwahl. Wohlstand, Reichtum einer Familie hat meist auch seine Begründung in der Investition für Geomant und Grabplatz. Nicht nur Grabstätten, die Familienriten insgesamt waren kostspielig. Dies ist schon den Westmenschen aufgefallen, die im späten 19. Jahrhundert nach Korea kamen, dort gelebt haben. Ein Missionspfarrer schrieb 1898 über einen ihm merkwürdig erscheinenden Brauch: „Als besonders pietätvoll galt es, wenn ein Sohn seinen Eltern zum 60. Geburtstag einen schönen Holzsarg kaufte, in dem irgendwann die sterbliche Überreste beigesetzt werden sollten. Der wurde dann im Haus aufgestellt. Für Gäste der Familie war es sicherlich ein wenig bedrückend, vielleicht in dem Raum mit dem Sarg übernachten zu müssen.“ In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde durch ein Gesetz zur Vereinfachung der Familienriten der Versuch unternommen, solche Dinge zu unterbinden. Aber: Bräuche, die sich über lange Jahrhunderte gehalten haben, sind nur bedingt durch Gesetze und Verordnungen zu verhindern … 1 Gebräuchlicher als der Begriff „Yi-Dynastie“ ist „Joseon-Dynastie“ (Anm. d. Red.). Foto: privat jungen Yi-Dynastie errichtet werden sollte, in Hanyang, dem heutigen Seoul. Sein Ausgangspunkt heißt heute noch Wangsimni („Geh noch zehn Meilen“), ein eigener Stadtteil der modernen Großstadt, ein Bahnhof des S-Bahn-Systems der Metropolen-Region. Hans-Jürgen Zaborowski hat an den Ostasienabteilungen der Universitäten in Berlin (FU), Bonn, Frankfurt und an der Hankuk University in Seoul unterrichtet. Er ist Übersetzer von Texten aus allen Gattungen der koreanischen Literatur. 37 KULTUR KOREA K ALEIDOSKOP „Es hat mich überrascht, dass meine Musik so tanzbar sein kann“ Interview mit dem Pianisten, Musiker und Komponisten Yiruma Sie haben eine formale Ausbildung in westlicher klassischer Musik erhalten. Warum haben Sie sich nach Ihrem Studium der leichteren Musik zugewandt? Ich war immer der Ansicht, dass Musik möglichst viele Menschen erreichen sollte. Deshalb war es mein Wunsch, eingängige Melodien zu komponieren, die einfach nachzuvollziehen sind. Vor allem deshalb habe ich mich für die leichtere Musik entschieden. Ihre Musik wird allgemein dem „Easy listening“ oder der „populären Klassik“ zugeordnet. Welche Definition würden Sie selber wählen, und woher rühren Ihre Inspirationen? 38 KULTUR KOREA Sie treten in Asien, Nordamerika und Europa in vollbesetzten Konzertsälen auf, und Ihre Titel erreichen Höchstplatzierungen in internationalen MusikCharts. Worin liegt Ihr Erfolg beim internationalen Publikum begründet? Mein Titel „River Flows in You“ war ein ziemlich großer Hit in Korea und Europa. Besondere Erfolge feierte er in Deutschland, wo er 2010 von Alex Christensen (Jasper Forks) als Dance-Version herausgebracht wurde. Daraufhin wurde er in Clubs in ganz Europa aufgelegt. Es hat mich überrascht, dass meine Musik so tanzbar sein kann. © Ho Geun Kim Yiruma ist in seiner Heimat Südkorea ein Megastar. Der Pianist, Musiker und Komponist, der 1978 unter dem Namen Lee Ru-Ma in Seoul geboren wurde, begann im Alter von fünf Jahren mit dem Klavierspiel. Ende der 1980er Jahre zog er mit seiner Familie nach Großbritannien, wo er die Purcell School of Music und das King’s College London besuchte. Heute lebt er wieder in Korea und komponiert Soundtracks für Musicals, Filme und Theaterstücke. Er gibt Konzerte im Ausland und veröffentlichte zwischen 2001 bis heute diverse Alben, darunter sein erstes Album „Love Scene“, das während des Studiums am King’s College entstand. Zu seinen größten Erfolgen zählen die Titel „River Flows in You“, „Kiss the Rain“ und „May Be“. Gegenwärtig bin ich noch dabei, meinen musikalischen Stil herauszufinden. Sollte ich meine Musik mit einem Begriff umschreiben, würde ich sie als „Poem Music“ [‚Gedichtmusik‘] bezeichnen, denn sie ist sehr poetisch, nostalgisch und lyrisch. Auch wenn sie keine Lyrics [Texte] hat, kann der Zuhörer die Art, wie ich komponiere, intuitiv erfassen. Die Inspirationen für meine Arbeit ziehe ich aus meiner Umgebung: dem Kontakt zu Freunden, dem Alltag mit meiner Familie und den Filmen, die ich schaue. Jeder Tag meines Lebens gleicht einem Tagebuch. Immer, wenn ich etwas im Studio aufzeichne, ist es wie ein Teil von mir – ich könnte sagen, dass meine Musik ein Spiegel meines Lebens ist. Meine Kompositionen sind auch für nichtprofessionelle Instrumentalisten sehr leicht umzusetzen. Viele Amateurmusiker haben sie auf dem Klavier nachgespielt und die Videos ins Internet gestellt. Dies hat mir wirklich sehr geholfen, meine Musik in Deutschland, in ganz Europa und den USA vorzustellen – eigentlich überall auf der Welt. Gerade erwähnten Sie, inwiefern die Neuen Medien Ihre internationale Karriere beflügelt haben. Dies trifft insbesondere auf den von Ihnen erwähnten Titel „River Flows in You“ zu, der 2001 herauskam. Richtig erfolgreich wurde er erst, nachdem private Internetnutzer Jahre später Bilder aus dem Film „Twilight“ im Netz veröffentlichten, die mit Ihrem Song unterlegt waren. Wie kam es dazu? Der Film „Twilight“ war auch in Deutschland ein riesiger Erfolg. In der Romanvorlage der US-amerikanischen Jugendbuchautorin Stephenie Meyer findet ein Schlaflied namens „Bella’s Lullaby“ Erwähnung, und ein Fan meiner Musik - ich weiß nicht, ob es sich um einen männlichen oder weiblichen Fan handelte - fand, dass sich „River Flows in You“ gut für die Vertonung dieses Lieds eigne. Also unterlegte er oder sie eine Filmszene mit meiner Musik und stellte sie ins Internet. Das Echo war enorm. Viele Internetnutzer, die den Clip sahen, glaubten tatsächlich, dass mein Song im Film auftaucht. Obwohl auch die Buchautorin Meyer davon angetan war, wurde „River Flows in You“ nie als Soundtrack für „Twilight“ verwendet. Dennoch bringen viele Leute das Lied immer noch mit dem Film in Verbindung. Dies war der Moment, in dem meine Karriere wirklich abhob. Ich habe den Neuen Medien viel zu verdanken. Sie produzieren unter anderem Soundtracks für Filme und Fernsehserien. Manche Vertreter der „ernsten“ Musik sehen auf die Filmmusik herab. Was würden Sie diesen Kritikern entgegnen? Süd und Nord. Dass in Deutschland die Wiedervereinigung gelungen ist, betrachte ich als eine enorme Leistung; ich habe die Menschen in Deutschland immer bewundert. Das sind die Gedanken, die mich jedes Mal überkommen, wenn ich nach Deutschland und insbesondere nach Berlin reise. Nie werde ich den Moment vergessen, als die Mauer fiel. Er gab mir und vielleicht allen Koreanern das Gefühl, dass es auch für unsere Nation Hoffnung gibt. Welche Musik hören Sie in Ihrer Freizeit, und welche Komponisten bewundern Sie am meisten? In meiner Freizeit höre ich sehr viele unterschiedliche Arten von Musik. Besonders liebe ich britische Popmusik von Oasis, Travis oder Alan Parsons Project, da ich meine Jugend in Großbritannien verbracht habe. Ich habe immer Ennio Morricone bewundert – für mich einer der bedeutendsten Komponisten für Filmmusik aller Zeiten. Auf asiatischer Seite ist Ryūichi Sakamoto bereits seit Beginn meiner professionellen Musikerkarriere mein absolutes Idol. Er ist Mitbegründer der bekannten japanischen Elektropop-Band Yellow Magic Orchestra (Y.M.O.), experimentiert mit vielen Musikgenres wie Bossa Nova und hat unter anderem die Filmmusik für „Der letzte Kaiser“1 geschrieben. Ich verehre ihn und möchte so sein wie er. Und woran arbeiten Sie gegenwärtig? Zurzeit komponiere ich Soundtracks für viele verschiedene koreanische Filme und Fernsehserien. Auf diese Weise kann ich mit den unterschiedlichsten Musikgenres experimentieren, was mir viel Freude bereitet. Interview und Übersetzung: Gesine Stoyke Es stimmt, dass manche Vertreter der „ernsten“ Musik auf meine Musik herabsehen, aber es stört mich nicht besonders. Ich habe meinen eigenen, unverkennbaren Stil. Denjenigen, die meine Musik abwerten, entgegne ich, dass sie selbst einmal versuchen sollten, etwas Vergleichbares zu schreiben. Dann wird sich herausstellen, ob es wirklich so leicht ist, wie es aussehen mag. Im April 2013 hatten Sie Ihr erstes Konzert in Deutschland, ein Auftritt, dem Sie sehr positiv entgegensahen. Hat Deutschland eine besondere Bedeutung für Sie? Deutschlands Hauptstadt Berlin ist für mich eine der großartigsten Städte überhaupt. Wie Sie wissen, steht Korea immer noch im Spannungsfeld der Teilung zwischen 1 Der Komponist David Byrne schrieb die asiatisch klingenden Stücke des Soundtracks, während Sakamoto die Titel im Stil der europäischen Klassik verfasste (Quelle: wikipedia) (Anm. d. Red.). 39 KULTUR KOREA K ALEIDOSKOP Wilder Tee aus dem Jirisan-Gebirge Selbst gepflückt und eigenhändig geröstet Von Rainer Rippe Rainer Rippe lebt mit einjähriger Unterbrechung seit 2008 in Korea. Er ist seit Dezember 2012 Mitarbeiter der Friedrich-NaumannStiftung für die Freiheit. Mehr Bilder zu diesem Artikel unter: rainerrippe.weebly.com Chinesischer Tee ist Duft; japanischer Tee, Farbe; der koreanische Tee: Geschmack. – Park Hijin Am Tag nach Buddhas Geburtstag, einem sonnigen Samstagmorgen im Mai, schwärmte ich mit einer Schar „Hippies“ in grauen Mönchsgewändern mit Kunststoffschürzen und breitkrempigen Strohhüten in den Wald oberhalb der Gucheungam-Einsiedelei (구층암) aus, um wilden Tee zu pflücken. Hinter den „Hippies“ verbargen sich keine Aussteiger, sondern überwiegend Samsung-Mitarbeiter aus einem Dutzend verschiedener Länder. Sie hatten durch die von ihrer Kollegin Sonja Gläser betreute Freizeitgruppe-Gruppe „Hippie-Korea“ von deren Teeleidenschaft gehört. Sonja ist Absolventin des renommierten Banyaro-Instituts (반야로) der Teemeisterin Chae Won Hwa (채원화) und organisiert jedes Jahr eine Reise für Teeliebhaber und solche, die es werden wollen. Tee kam Mitte des ersten Jahrtausends von China nach Korea und wurde im Süden der Halbinsel angepflanzt, wo die Böden sauer und die Winter nicht zu kalt sind. Eines der 40 KULTUR KOREA Bergauf hinter dem Tempel befindet sich die kleine Einsiedelei, die uns für zwei Nächte beherbergte. Dort lebt Deokje (덕제), ein freundlicher und humorvoller Mönch, der sich ganz der Herstellung von organischem Tee verschrieben hat. Anders als die meisten Teeanbauer hat er keine Plantagen angelegt, sondern pflückt die Blätter von den Sträuchern, die wild in der Umgebung wachsen. Wilder Tee heißt auf Koreanisch „Yasaeng-cha“ (야생차). Wir folgten Deokje den Hang hinauf in den Wald. Auf einer von Bambus gesäumten Lichtung wuchsen die dunkelgrünen Teesträucher kreuz und quer den Hang hoch. Wenn der Tau von Bäumen und Bambus auf den wilden Tee tropft, nennt man ihn „Jungno-cha“ (죽로차), das bedeutet „Bambus-TauTee“ und zeugt von hervorragender Qualität. Außerdem gilt: je kleiner die Blätter, desto besser der Tee. Behutsam brachen wir nach Anleitung des Mönchs den Stengel stets unterhalb des dritten Blattes ab, weil die nachfolgenden Blätter zu groß sind und den Geschmack verderben. In Korea ist die traditionelle Bezeichnung für Foto links: Rainer Rippe Foto rechts: privat 중국차가 향기라면 일본차는 빛깔이고 한국차는 맛이나라. ersten Anbaugebiete war Jirisan (지리산), das höchste Gebirge auf dem südkoreanischen Festland. In seinen westlichen Ausläufern liegt Hwaeomsa (화엄사), der größte Tempel der Region. Er wurde im Vereinigten Silla-Reich (645 – 935 n. Chr.) zum Zentrum der nach der Avatamsaka-Sutra benannten Blütengirlanden-Schule des Buddhismus (chinesisch: Huayen; koreanisch: Hwaeom). Danach gibt es eine harmonische, universelle Ordnung, durch deren Erkenntnis sich Konflikte und Spannungen vermeiden lassen. Grünen Tee „Jakseol-cha“ (작설차), wörtlich „SpatzenzungenTee“, und die winzigen Knospen sehen tatsächlich so aus. Während wir pflückten, zwitscherten übrigens keine Spatzen; stattdessen riefen Kuckucke (검은둥뻐꾸기). gab es eine Pause mit Bananen und Wassermelonen, die in der Hitze besonders köstlich schmeckten. Der ganze Raum war erfüllt von dem bitter-herben Geruch des Tees, und aus dem Radio erklang klassische Musik. Die Qualität des Tees wird auch durch die Erntezeit beeinflusst – je früher, desto besser. Am teuersten ist der vor dem 20. April geerntete Ujeon (우전), gefolgt vom Sejak (세작) und dem Jungjak (중작) ab dem 6. Mai. Wir befanden uns also schon am Ende der nur etwa einen Monat dauernden Ernteperiode und konnten daher keinen Schaden mehr anrichten. Noch sechs Mal mussten wir den Tee bei nach und nach niedrigerer Temperatur rösten, und obwohl wir ihn dann nicht mehr zu rollen brauchten, kamen wir gehörig ins Schwitzen. Den neunten und letzten Durchgang nahmen der Mönch und seine erfahrenen Helfer persönlich vor. Dieser dauerte zwei Stunden, und sie pickten die ganze Zeit mit bloßen Händen akribisch Blätter, die nicht ihren hohen Qualitätsansprüchen entsprachen, aus dem nun nur noch 90 Grad heißen Kessel. Am Ende waren die einstmals saftig grünen Blätter zu dunklen, krumpeligen geschrumpft. Normalerweise wird der Tee von Frauen aus den umliegenden Dörfern gepflückt. Sie dürfen sich am Morgen von Erntetagen nicht mit parfümierter Seife waschen, weil der Tee deren Geruch annehmen würde. Am Ende dieses Vormittags trugen wir zwar nicht langhaarigen, aber beinahe ungewaschenen „Hippies“ und der kahlgeschorene Mönch unsere Ernte hinab zum abgedunkelten Gewächshaus neben der Küche. Dort wurden die Kängurubeutel unserer Schürzen entleert und die Teeblätter in einer großen, flachen Schale gesammelt. Der Vorgang des Trocknens muss rasch vonstattengehen, bevor der Tee oxidiert, daher ging es gleich nach dem Mittagessen weiter. Wir bekamen jeder eine Stoffschürze, ein Kopftuch, zwei Unterarmschoner und vier Paar Handschuhe, eines davon aus Plastik, damit der Schweiß von den Händen nicht in den Tee tropft. Wozu wir mehrere Lagen Handschuhe brauchten und warum wir schwitzen würden, wurde schnell klar: Auf der einen Seite des Gewächshauses standen drei gasbetriebene, stählerne Kessel zum Rösten des Tees, die bereits auf 350 Grad Celsius vorgeheizt waren. Durch die Hitze ziehen sich die Blätter zusammen und verlieren ihre Feuchtigkeit. Wir bildeten Gruppen von vier Personen, die sich um die Kessel gruppierten und die heutige und gestrige Ernte hineinschütteten. Es zischte und knisterte leicht, als die Blätter das heiße Metall berührten; darum mussten sofort die sich gegenüberstehenden Personen mit ihren dick behandschuhten Händen die Blätter wenden, bevor sie anbrannten. Trotzdem wurden unsere Finger sehr schnell heiß! Laut zählten wir: „Drei, zwei, eins!“ – dann übernahmen die anderen beiden. Sieben Minuten lang wirbelten wir so die Blätter umher, dann entnahmen wir sie dem Kessel. Auf der anderen Seite stand ein langer, mit einem Stofftuch bespannter Tisch, auf den wir die bereits etwas geschrumpelten Blätter schütteten. Danach rollten wir die Blätter mit unseren Händen wie Pizzateig, um die Feuchtigkeit herauszudrücken. Klumpen beseitigten wir zwischendurch durch sachtes Reiben zwischen den Händen. Harte Stengel sowie zu große oder angebrannte Blätter warfen wir vom Tisch. In dieser Zeit kühlte der Tee wieder etwas ab. Derselbe Prozess wiederholte sich dann bei 280 Grad. Anschließend Man sagt, dass ein Kilo frische Blätter ca. 100 Gramm getrockneten Tee ergeben. Am Abend bekamen wir jeder einen Beutel mit 20 Gramm selbst hergestelltem Tee überreicht und konnten ihn probieren. Wir saßen in dem hölzernen Teehaus neben dem kleinen Tempel der Einsiedelei im Schneidersitz an niedrigen, hufeisenförmig angeordneten Tischen. An den Wänden hingen Kalligrafien, buddhistische Zeichnungen und ein paar Postkarten von früheren Gästen. Am Kopfende des Saals saß Deokje, hinter sich allerlei Utensilien, und bereitete unseren Tee zu. Draußen plätscherte der Bergbach, drinnen brodelte der Wasserkocher. In der gläsernen Kanne leuchtete der Tee noch goldfarben, aber nachdem er in die kleinen Schälchen vor uns gegossen wurde, war seine Farbe klar und hell. Er schmeckte wunderbar mild und gar nicht bitter. Am darauffolgenden Tag führten wir beim Wildteefestival im nahegelegenen Hadong unter fachgerechter Anleitung eine koreanische Teezeremonie durch und kosteten so manche Teesorte der zahlreichen Aussteller aus der Region. Unser selbstgemachter Tee brauchte den Vergleich nicht zu scheuen. Weitere Informationen: Aus Platzgründen konnte nur ein Ausschnitt der Reise wiedergegeben werden. Wer eine Teereise mit Sonja Gläser machen möchte, erreicht sie unter sonja_vivelafrance@yahoo.de oder über ihre Facebook-Gruppen Korean Tea Lovers http://on.fb.me/11Rl8Nj und Hippie-Korea http://on.fb.me/16JAmVt Die Einsiedelei findet man auf Koreanisch unter http://www.hwaeomsa.org/9 und die E-Mail-Adresse des Mönchs lautet dukjae620@empal.com Reisetipps zum Hadong Wildteefestival auf Deutsch unter http://bit.ly/YUqinR Englische Bücher zum Thema: „The Korean Way of Tea“ von Brother Antony of Taizé und Hong Kyeong-Hee, erschienen bei http://www.seoulselection.com „Temples of Korea“ von Yoo Myeong-jong und Jeon Sung-young, 2009 von Discovery Media mit Unterstützung der Korea Foundation herausgegeben. 41 KULTUR KOREA K ALEIDOSKOP Zu Ehren der Ahnen Von Hyun-Ock Ryoo N un saß ich mit Jan im Flugzeug, das uns in meine Heimat bringen sollte. All die Jahre war er sich nicht sicher gewesen, ob er sich in Korea wohlfühlen würde. „Ich kann kein Koreanisch, und ich kenne deine Familie nicht“, das war immer seine Ausrede gewesen. Als er allerdings einmal halbherzig angedeutet hatte, mitzukommen, habe ich den Rest seiner Zweifel durch Überzeugungsarbeit aus dem Weg geräumt. „Du wirst sehen – es ist ein wunderschönes Land!“ Das war vor vier Jahren. Meine Geschwister trafen sich bei meinem ältesten Bruder, der das Familienoberhaupt ist, seit dem Tod unseres Vaters. Es war am Todestag meiner Großmutter. Mein Bruder, ein Unternehmer im modernen Korea, hält die Zeremonie zum Totengedenken genau so wie vor fünfzig Jahren ab, so, wie es ihm einst mein Vater vorgelebt hat. Viele koreanische Familien haben inzwischen das Ritual zeitgemäß reformiert, indem sie es am Tage durchführen. Aber mein Bruder kann, nachdem er von klein auf miterlebt hat, wie mein verstorbener Vater es gehalten hat, offenbar einen solchen Bruch mit der Tradition nicht begehen. Es wäre ein Verrat, nicht nur dem verstorbenen Vater, sondern auch sich selbst gegenüber. Daher findet die Gedenkfeier zu der Stunde statt, zu der sich der Geist frei bewegen kann: um Mitternacht. Mein Bruder setzte sich an seinen schrägen Tisch an der Wand, der extra zu dem Zweck angebracht worden ist, um schwarze Tusche herzustellen. Er tropfte etwas Wasser auf den Byuru [벼루], den Tusch-Reibestein, und rieb mit regelmäßigen Handbewegungen mit Meok [먹, Tusche], welche das Wasser dunkel werden ließ. Diese Handlung bezeichnet den Beginn des Rituals. Dieses Bild versetzte mich in meine Kindheit zurück. Ich erinnerte mich daran, wie mein Vater im weißen Leinengewand dasaß und meiner Mutter zurief: ,,Meokmul deuryeora!“ (먹물 드려라‚ Bring Wasser für die Tusche!‘) Meine Mutter brachte ihm ein kleines Porzellangefäß, in dem sich klares Wasser frisch aus dem Brunnen befand. Anschließend sagte sie zu ihrem ältesten Sohn, dem Stammhalter: „Setz dich hin und sieh genau zu, wie dein Vater Meokmul herstellt, damit du es später allein kannst!“ Der Geruch von unbekannten Baumwurzeln von Meok erfüllte das frisch geputzte Haus. Auf dem Byuru entwickelte sich das dickflüssige, cremige Meok. 42 KULTUR KOREA Mein Vater holte einen feinen Pinsel aus dem Holzkasten und schrieb auf dem Seidenpapier auf Chinesisch die Namen der verstorbenen Vorfahren. Irgendwann erhob meine Mutter die Stimme: „Beim nächsten Mal lässt du deinen Sohn schreiben, damit er es lernt.“ Daraufhin erwiderte er: „So lange ich lebe, werde ich schreiben. Er wird es schon können, wenn ich nicht mehr da bin. Er ist schließlich ein kluger Junge. Du solltest dich lieber um die Tafel für das Festmahl kümmern und dir genau merken, wie man sie herrichtet, damit du es deiner Schwiegertochter beibringen kannst.“ „Keine Sorge, keine Frau wird meine Schwiegertochter, wenn sie kein Gedenkfestmahl für die Toten ordentlich herrichten kann.“ Meine Mutter bekam später - genau wie sie es sich gewünscht hatte - eine Schwiegertochter, die von ihren Eltern das Herrichten von Totengedenkfestmahlen gelernt hatte. Meine Schwägerin stand nun in der Küche und bereitete die Tafel genau den Vorschriften entsprechend zu. Es ist genau festgelegt, wo der Reiskuchen liegen soll, welchen Platz der Körper des Fisches einnimmt und in welche Richtung der Fischkopf zeigen soll. Meine Mutter saß ein wenig abseits und beobachtete, wie ihr Sohn den Pinsel führte. Jan saß ebenfalls ganz still auf der Couch und beobachtete meinen Bruder mit seinem fotografischen Blick. Neben seiner Haupttätigkeit als Arzt hat Jan noch zwei weitere Berufe - einer davon ist Fotograf. Dazu hat er ein fotografisches Gedächtnis, sodass er später seinen Freunden in Berlin haargenau alle Vorgänge berichten konnte. „Wer macht das, wenn dein Bruder nicht mehr da ist?“, flüstert Jan mir leise zu. Das ist eine Frage, die in unserer Familie häufig gestellt wird. Mein Bruder hat nur einen einzigen Sohn, der sich seit dem Studium in England in der Weltgeschichte herumtreibt. Er wird es schwer haben, dieser Aufgabe nachzugehen. Nach alter Tradition werden die Ahnen von vier vorangegangenen Generationen zum Totengedenken geehrt, allerdings nur die väterliche Linie. Da aber an jeden Vorfahren an seinem Todestag gedacht wird, findet das Fest acht Mal im Jahr statt. Nach meinem Vater hat bis jetzt sein ältester Sohn diese Aufgabe übernommen - wie schon gesagt. Meine Mutter hatte mehrere Jahre gebraucht, diese ehrenvolle Aufgabe ihrer berufstätigen Schwiegertochter zu übergeben. Mein Bruder heftete die fertig geschriebenen Namensschilder an die vorbereitete kleine schwarze Setzwand. Damit sind die Vorbereitungen beendet und auch Mitternacht war nicht mehr fern. Mein Bruder, als Oberhaupt der Zeremonie, überprüfte noch einmal alles und dann sagte er mit gewichtigem Ton: „Bittet die Großmutter herein!“ Mein Schwager ging an die Tür, öffnete sie mit gebückter Haltung und bat den Geist meiner Großmutter, hereinzukommen. Ganz so, als hätte dieser lange vor der Tür gestanden und darauf gewartet. Jan meinte später in Berlin, dass sein Schwager, der exzellentes Englisch spricht und normalerweise in Anzug und Krawatte herumläuft, durch diese Handlung wieder zu einem Teil der alten Zeit geworden sei. Wir alle waren sehr leise und in uns gekehrt, als der Geist der Großmutter anwesend war. Zart verbreiteten sich Düfte von Räucherstäbchen im ganzen Haus. Mein Bruder kniete vor der Tafel und sagte mit der gleichen gewichtigen Stimmlage, die auch mein Vater zu diesen Anlässen immer angeschlagen hatte: „Bring den Wein für den Altar!“ Danach verbeugten wir uns der Reihe nach vor der Großmutter. Zuerst die männlichen Nachkommen, dann die Frauen. „Ock, komm her mit Jan. Ihr solltet unsere Großmutter grüßen!“ Ich nahm Jan bei der Hand mit zum Altar und wir machten zwei tiefe Verbeugungen. „Hoffentlich verwirrt das Großmutter nicht“, sagte mein Neffe leise. Er hat eine etwas distanzierte Haltung zu den Zeremonien. Sein Vater, der Zeremonienmeister, sagte daraufhin in lockerem Ton: „Sie wusste schon vorher, wer alles anwesend ist. Sie freut sich sehr über den Schwiegerenkel aus Europa. Jan wird ihr sehr gefallen.“ Nachdem die Zeremonie beendet war, rief mein Bruder alle zu Tisch. Es war bereits nach 1 Uhr nachts. An der Tafel gemeinsam zu sitzen und zu essen ist ein wichtiger Teil des Rituals. Die Schwiegertöchter kamen eher widerwillig. „Die überflüssigen Kalorien mitten in der Nacht!“ Auch Jan wehrte sich gegen das Essen. Mein Bruder erhob wieder die Stimme in seiner Funktion als oberster Gastgeber: ,,Großmutter wird ganz traurig sein, wenn du am Festmahl zu ihren Ehren nicht teilnimmst. Außerdem ist es doch bei euch zuhause gerade Zeit fürs Abendbrot!“ Und so saßen wir alle am Tisch und machten uns über das leckere Essen her. ,,Jan! Ich werde dir jetzt die zweite Lektion beibringen, die du für das Leben in Korea brauchst“, sagte mein Schwager und setzte sich neben Jan. Seine erste Lektion, die er ihm in Seoul schon beigebracht hatte, war die Kunst, mit Stäbchen getrocknete Bohnen zu greifen. Seitdem kann Jan sehr gut Reis mit Stäbchen essen. Seine zweite Lektion beinhaltete Folgendes: Man muss laut ,,Mul“ rufen, wenn langsam die Tafel abgetragen werden soll. Mul bedeutet „Wasser“. In diesem Fall handelte es sich jedoch um ein anderes Getränk und zwar um Wein. Auf diesen Zuruf hin stehen die Frauen auf und gehen in die Küche, um die Weintafel herzurichten. In Korea trinkt man Wein zu verschiedenen Leckerbissen. Es war früher so und wird auch immer so bleiben. Auch in Zukunft wird immer der Herr des Hauses „Mul!“ rufen. Im Herbst letzten Jahres waren wir zu fünft im Flugzeug, weil drei Freunde aus Berlin mitkommen wollten. Wir reisten gemeinsam zwei Wochen durch das ganze Land. Für mich war diese Reise sehr anstrengend, weil ich ständig übersetzen, erklären und vermitteln musste. Nachdem unsere Freunde wieder nach Deutschland zurückgeflogen waren, fuhren Jan und ich nach Jelranamdo, zum bekanntesten Tempel Koreas, Bekyangsa, auf den Nesangberg, einem buddhistischen Kloster, um zu innerer Ruhe zu finden. Jan meinte zwar später, er hätte dort - wie überall in Korea - nicht schlafen können, doch für mich war der Schlaf Nebensache. Um 3 Uhr früh war die erste Meditationszeremonie. Es waren beeindruckende Gesänge von Mönchen, nur begleitet von zwei gigantischen Gongs. In der Stille der tiefen Berge schallten die lange nachhallenden Stimmen der Geistlichen. Um 6 Uhr folgte die zweite Zeremonie, die dritte um 10 Uhr, die vierte um 16 Uhr und die letzte um 20 Uhr. Wir tauchten regelrecht ein in den Meditationsgesang. Wir konnten alles um uns geschehen lassen. Ich hatte den Wunsch, statt der vorgesehenen drei Tage lieber drei Monate oder drei Jahre dort unterzutauchen. Das Kloster lag eingebettet in einem Tal, umgeben von Nesang, Bergketten. Aus verschiedenen Richtungen flossen die Bäche ins Tal, um sich schließlich tief in der Schlucht zu sammeln; das kalte, klare Bergwasser bewegte sich leise. Und obwohl der Winter noch fern war, fühlte sich die frische Luft kalt an. 43 KULTUR KOREA Wir bekamen drei Mahlzeiten am Tag: Zu dem frisch gekochten Reis gab es vegetarische Beilagen. Ich fühlte mich seelisch und körperlich leichter. Ein paar Tage später war das Erntedankfest. Jan war diesmal mit dabei. Am 15. August des Mondkalenders feiern Koreaner ihren größten Feiertag. An dem Tag werden all ihre verstorbenen Vorfahren durch das Ritual geehrt. Anschließend suchen alle Nachkommen gemeinsam die Grabstelle ihrer Vorfahren auf und verbeugen sich tief vor ihnen. Dieser Besuch wird traditionsgemäß nur den männlichen Nachkommen gestattet. Nun durfte auch ich mitkommen, weil einem Europäer (Jan) zum ersten Mal die Tradition des Grabbesuchs erklärt werden sollte. Meine Großmutter starb, als ich sieben Jahre alt war. Ihr Grab liegt direkt an einem Bergbach. Obwohl das Grab ein halbes Jahrhundert lang der Witterung ausgesetzt war, ist es noch da. Ich als Lieblingsenkelin trat als Letzte allein an das Grab und machte die Verbeugung. Dann goss ich den Reiswein über das Grab. Ich hörte ihre Stimme – oder ob es nur der vorbeiziehende Wind war? Jan erzählt unseren Freunden oft von diesem Erlebnis. Er meint nun, dass er in Zukunft auch allein meine Familie in Korea besuchen könne. Er wurde schließlich nicht nur von meiner lebenden Familie, sondern auch von allen Vorfahren akzeptiert. Foto: Hyun-Ju Park Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte Fassung. 44 KULTUR KOREA Hyun-Ock Ryoo kam 1970 als Krankenschwester nach Berlin. Sie ist Mitglied des Koreanischen Literaturverbands in Deutschland, veröffentlicht in koreanischen Magazinen und wurde bereits mit diversen Preisen ausgezeichnet: Internationaler Krankenschwesternpreis (Nachtigallenpreis) für die Biografie über eine Koreanerin (1988), Literaturpreis beim Wettbewerb für koreanische Migranten für die Kurzgeschichte „Zu Ehren der Ahnen“ (2010), Essayistenpreis des Koreaverbands (2011). 2013 publizierte sie den Erzählband „베를린의 하늘“ (Jeonmang-Verlag). Deutsche Erstausgabe. Luchterhand Taschenbuch. 288 Seiten. ISBN: 978-3-630-62185-2. € 9,00. Originaltitel: Tongue Originalverlag: Munhakdongne Publishing Corp. Aus dem Koreanischen von Kyong-Hae Flügel Erschienen am 15. November 2010. Zum Roman: Die koreanische Autorin Jo Kyung Ran erzählt von der Gourmet-Köchin Ji-won, die seit Kurzem allein in ihrer Traumküche ist. Denn der Mann, den sie liebt, ist anderweitig auf den Geschmack gekommen – ausgerechnet bei einer Schülerin aus Ji-wons Kochkurs. Ji-won kann sich mit diesem Verlust nur schwer abfinden. Ihr Leben, das bisher voller sinnlicher Gerüche, Geschmäcker, Liebe und Lust war, ist plötzlich grau und leer. Nur die Liebe zum Kochen und ihre Arbeit in dem italienischen Restaurant „Nove“ geben ihr noch Halt. Als der Frühling kommt, erwachen ihre Sinne, und sie empfindet wieder Freude am Kochen. Mit ihrer wiedergewonnenen Energie und Kreativität keimen in ihr ganz neue, unaussprechliche Ideen, und sie beginnt, ein meisterhaftes, alles übertreffendes Menü zu planen, mit dem sie ihren Geliebten wieder für sich zurückgewinnen will. Zur Autorin: Jo Kyung Ran wurde 1969 in Seoul geboren. In ihrer Heimat ist die südkoreanische Autorin ein Star; sie zählt zu den wichtigsten neuen literarischen Stimmen des Landes. Ihre Romane und Erzählungen wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, für „Feine Kost“ erhielt sie 2008 den renommierten Dong-in Literary Award. Der Roman wurde in zehn Länder verkauft. LITERATUR Jo Kyung Ran: „Feine Kost“ Lesung im Rückblick Auf den ersten Blick ist „Feine Kost“ ein Roman über das Essen. Auf den zweiten Blick ist er viel mehr als das. Vor dem Hintergrund einer gescheiterten Liebe wird die gesamte Bandbreite der Emotionen, werden Leidenschaft, Verzweiflung, Hoffnung, Gewalt und Rache verhandelt. Die Autorin jongliert mit Worten und schafft eine literarische Präzision, die im Höchstmaß fasziniert - kurzweilig, spannend, zuweilen bizarr, abgründig. In dieser Ausprägung übersteigt die Geschichte vermutlich die Erwartungen zahlreicher LeserInnen, die sie mit dem nüchtern anmutenden Thema Essen verbunden haben. Bei Jo Kyung Ran wird dieses Grundbedürfnis zum Lebenserhalt jedoch zur Metapher für die vielfältigen Ausprägungen menschlicher Begegnung. Wenn zwei Menschen aufeinandertreffen und eine gute Beziehung aufbauen wollen, sollten sie teilen, was sie gemeinsam haben, statt zu unterstreichen, was sie unterscheidet, antwortet die Autorin auf die Frage, wieso sie dieses Thema gewählt habe und bezieht sich mit dieser Empfehlung auf Tolstoi. Essen ist eine Gemeinsamkeit und gehört zum alltäglichen Leben. Im Essen drücke sich aus, was Menschen ausmacht. „Ich habe das Essen als Medium gewählt, um psychische Abläufe zwischen zwei Menschen darzustellen“, wird sie von der Dolmetscherin zitiert. „Eigentlich wollte ich in diesem Roman über die Lust und über Ängste schreiben…“. Überzeugend gelingt, was sie zur Absicht erklärt. - Warum eigentlich „eigentlich“? Foto: Koreanisches Kulturzentrum Es duftet nach Cappuccino. Das Licht ist weich, die Atmosphäre gediegen, modern, weitläufig. Die Rede ist von der Berliner Buchhandlung ocelot – „not just another bookstore“, wie auf der Website zu lesen ist. Nein, nicht irgendein weiterer Buchladen ist das hier. Wer eintritt, möchte bleiben, verweilen, Café trinken, in Geschichten versinken. Bunte Bücherwände mit erlesenen Werken laden ein, auf der Sitzbank Platz zu nehmen, die sich um eine tragende Säule schlingt, wie üblicherweise um einen Baum – und zu lesen. Oder zu hören, wie an diesem Abend. Nach und nach finden sich die Gäste zu der Lesung der südkoreanischen Autorin Jo Kyung Ran ein, die in ihrer Heimat große Popularität genießt. Auf dem Tisch stehen Tulpen. Autorin, Dolmetscherin, Schauspielerin und Moderator bilden ein kompetentes Quartett auf dem Podium neben der komplett verglasten Schaufensterfront mitten im Geschehen, mitten in Berlin. Jo Kyung Ran trägt eine kurze Passage in ihrer Muttersprache vor. Sie wirkt anmutig, die Stimme ist zart. „Feine Kost“ erschien 2010 in deutschsprachiger Übersetzung, aus der die Schauspielerin Dorothee Krüger mit beeindruckender Intensität vorliest. Es gelingt ihr, das Publikum ‚mitzunehmen‘, in die Geschichte einzubinden, als wäre es Teil des Geschehens. Von Dr. Stefanie Grote Von links: Dorothee Krüger (Sprecherin),Yuna Cho (Dolmetscherin), Jo Kyung Ran (Autorin), Dr. Thomas Wörtche (Moderator) 45 KULTUR KOREA LITERATUR Leseprobe: Fettnäpfchenführer Korea 18. Der Ausflug Ankommen ist das Ziel des Wegfahrens Auch das Geumgang-Gebirge besichtigt man nicht auf leeren Magen Dann ist es so weit. In aller Herrgottsfrühe trifft man sich am Campus, wo bereits ein vom Studentenkomitee gemieteter Reisebus wartet. Julia hofft, im Bus etwas Schlaf nachholen zu können, denn das Seminar wird sicher anstrengend. Doch dann staunt sie nicht schlecht, als sie sieht, wie ihre koreanischen Studienkollegen am verabredeten Treffpunkt ankommen: Strohhut, Sandalen, eine leichte Tasche. Die Organisatoren des Ganzen sind dafür umso schwerer bepackt. Doch statt Seminarmaterialien sieht Julia nur Kühlboxen, Grills, riesige Plastikschläuche mit Knabberzeug und ganze Paletten soju. »Ich dachte, wir machen Membership Training?«, fragt Julia auf die Fresspakete schauend. »Ja klar, ist das nicht genug Alkohol? Wenn es nicht reicht, können wir in einen convenience store gehen.« Immer in der Nähe: der convenience store (pyeonuijeom) Eigentlich überall anzutreffen und dann meist auch noch 24 Stunden geöffnet. In etwa von der Funktion gleichbedeutend mit Tankstellenshops im deutschsprachigen Raum, nur nicht so teuer. In Seoul gibt es eigentlich an jeder Ecke mindestens zwei oder drei. Scherzhaft sagt man, dass jede Gemeinde in Korea mindestens einen Coffeeshop, einen convenience store und ein PC-bang habe. Polizei, Arzt und Feuerwehr hingegen sind optionale Infrastruktur. »Oder magst du die Marke nicht? Wir haben jetzt zwar Cheoumcheoreom gekauft, aber wenn du lieber Chamiseul magst, auch kein Problem, können wir kaufen!« »Wir haben für euch Mädchen auch extra Fresh gekauft!«, wirft ein anderer ein. »Aha. Völlig egal. Ich habe noch nie soju getrunken.« 46 KULTUR KOREA Text und Coverbild © 2013 Conbook Medien GmbH Jan Janowski Fettnäpfchenführer Korea Auch ein Affe fällt mal vom Baum ISBN 978-3-943176-38-4 € 12,95 CONBOOK Verlag Meerbusch, 2013 © 2013 Conbook Medien GmbH Julia fährt mit ihren Studienkollegen zu einem zweitägigen Ausflug aufs Land. Ein bisschen Bammel hat sie schon. Weder Sewon dabei noch jemand anderes, den sie gut kennt, alles neue Gesichter, denn bislang hat sie an der Uni wenig echte Bekanntschaften machen können. Das wird jetzt wohl die Feuerprobe. Eigentlich wollte sie gar nicht mit, aber Sewon hat sie mit Engelszungen davon überzeugt, dass sie sich nicht wegen ein paar negativer Erfahrungen am Anfang ausschließen darf. Über den Trip selbst weiß sie ansonsten bislang nur, dass es ein »MT« sei. Im Internet hat sie gelesen, dass dies die Abkürzung für Membership Training ist, und jetzt zittert sie vor lauter Angst, dass sie zwei Tage lang ein stinklangweiliges Seminar über sich ergehen lassen muss, in dem man sich gegenseitig zu Höchstleistungen motiviert. Für den Fall der Fälle, dass es etwas Freizeit gibt, hat sie sich aber trotzdem vorbereitet, sich über alle Sehenswürdigkeiten der Umgebung informiert, Busfahrpläne bis ins letzte Dorf ausgedruckt und schließlich ihre Kamera-Ausrüstung fachgerecht gepackt. Betretenes Schweigen. Dann Lachen. Dann wieder Schweigen, als klar wird, dass Julia es ernst meint. Ein Prosit auf den soju Soju ist das soziale Schmiermittel der Wahl in allen Lagen, vom ersten Treffen in der Universität über das Berufsleben und im wahrsten Sinne des Wortes bis zur Bahre. In vielen Supermärkten ist soju preiswerter zu haben als Mineralwasser, vor allem aber günstiger als jeder andere Schnaps. Es gibt ihn in zahlreichen Varianten. Kenner schätzen den wirklich hochwertigen (und hochprozentigen) traditionellen soju aus der Region Andong. Die Wahl der Marke ist tatsächlich eine wichtige Glaubensfrage für viele. Chamiseul (»Echter Tau«) und Cheoumcheoreom (»Wie beim ersten Mal«) haben beide um die 20 Prozent Alkohol und sind die beliebtesten Marken. Fresh ist eine Variante, die Werbestrategen erfunden haben, um Frauen zu ködern. Er schmeckt genauso, Auf geht es, der Bus ruckelt los. Kaum hat man das Mauttor am Stadtrand Seouls passiert, erschallt plötzlich eine Fanfare durch den ganzen Bus. Der Studentensprecher holt ein Mikrofon hervor; dies ist ab sofort ein echter Partybus. Aus der Decke kommen Bildschirme gefahren und die Karaokemaschine dudelt ein Lied der bekannten Gruppe DJ Doc. Nach Freiwilligen suchend, wandert das Mikrofon nun durch die Reihen. Da haben wohl die Partykönige das Ruder in die Hand genommen. Der ganze Bus ist begeistert und schon ertönen die ersten schrägen Stimmen. Julia ist um diese Zeit noch nicht nach feiern zumute. Und überhaupt, so ganz ohne angetüdelt zu sein, kann sie nicht singen. Sie lässt lieber den anderen den Vortritt. Die machen denn auch fleißig Gebrauch von der Chance und geben einen nach dem anderen zum Besten. Selbst die stillsten Mäuschen trällern tapfer mit. So vergeht die Fahrt wie im Flug – für die anderen. Julia versucht krampfhaft ein paar Minuten Schlaf zu bekommen, was aber natürlich unmöglich ist bei einer Horde tanzender Mittzwanziger in einem fahrenden Bus. Zum Autor: Jan Janowski bereiste Korea das erste Mal 2002, direkt nach der Fußball-WM. 2007 absolvierte er ein Austauschjahr an der Korea-Universität in Seoul, studierte dann von 2008 bis 2009 an der Übersetzerakademie KLTI und schloss anschließend seinen Master in Politikwissenschaften an der Korea-Universität ab. Während seines Studiums arbeitete er für verschiedene Medien und die Tourismuszentrale KTO, übersetzte erste Bücher. 2012 folgte sein erstes eigenes Buch, ein Reiseführer über Korea, und 2013 schließlich der Fettnäpfchenführer Korea. Heute ist er im Auswärtigen Dienst für die Bundesrepublik Deutschland tätig. Als sie schließlich in einem netten kleinen Dorf, in einem Tal gelegen, ankommen, ist Julia wieder in ihrem Element: Sie steht inmitten wunderschöner Natur, vor der Herberge fließt sogar ein kleiner Bach entlang des Wanderwegs. Sie legt nur kurz ihre Sachen ab und fragt den Studentenvertreter, wie das Programm nun aussehe. »Jetzt wird erst einmal das Essen vorbereitet. Die Jungs spielen da drüben eine Runde Fußball auf dem Platz. Und heute Abend trinken wir dann auf unsere Gemeinschaft.« »Gut, Fußball kann ich ohnehin nicht. Dann komme ich gleich wieder.« Während die anderen Mädchen in dem großen Schlafsaal sich umziehen und für den Abend schick machen, geht Julia schnurstracks zum Bergbach hinunter und setzt sich auf einen großen Felsen, der mitten im Wasser thront. Sie lässt die zauberhafte Szenerie auf sich wirken. Das Plätschern, die Wolken, die vorbeiziehen, die Vögel, die im Tal hin und her fliegen. Auf dem Berg drüben ein traditioneller Pavillon, und sogar einen kleinen Wasserfall meint sie auszumachen. Jetzt versteht sie, warum die Mutter ihrer koreanischen Freundin in Deutschland von ihrer Heimat immer als geumsugangsan, »Berge und Wasser wie Gold und Seide«, sprach. Etwas geschwollen poetisch, aber absolut zutreffend, wie Julia findet. Ab und an kommen ein paar Wanderer auf dem Weg vorbei, heben ihre Wanderstöcke und grüßen freundlich mit einem kurzen »Hello«. Hier endet der Auszug. 47 KULTUR KOREA LITERATUR „ Weitgereist und weltoffen sein, das sind leider ganz verschiedene Dinge “ Interview mit Jan Janowski, Autor vom Fettnäpfchenführer Korea diverse Fettnäpfchen zu tappen. Wie groß ist die koreanische Toleranz, Ausländern diverse Fauxpas zu verzeihen? Kein Koreaner erwartet, dass ein Ausländer alles richtig macht und erst recht nicht, dass er alles versteht. Einem Gast gegenüber werden große Geduld und viel Verständnis entgegengebracht. Das Maß der Geduld hängt aber auch mit der Haltung des Gastes zusammen: Wer versucht, zu lernen und zu verstehen, der erfährt sicher ein größeres Entgegenkommen. Das deutsche Sprichwort „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“ gibt es nicht umsonst sinngemäß auch im Koreanischen. Welche Rolle spielt die Beherrschung der Sprache zum Verständnis der koreanischen Kultur? Ich bin fest davon überzeugt, dass, wer Korea wirklich verstehen will, die Sprache zu einem gewissen Grad beherrschen muss. Die wirklich guten Erläuterungen zur koreanischen Kultur habe ich allesamt auf Koreanisch erhalten; muss man sich hingegen auf Englisch verständigen, erschöpfen sich Erklärungen meist notgedrungen auf „It is Korean culture“ [‚Das ist die koreanische Kultur‘] oder „This is our tradition“ [‚Das ist unsere Tradition‘]. Was sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche interkulturelle Kommunikation? Ihre Freunde sagen von Ihnen, Sie müssten in einem früheren Leben Koreaner gewesen sein. Woher rühren Ihr Interesse und Ihre große Sympathie für das Land? Erstmals in Kontakt mit Korea gekommen bin ich über einen Taekwondo-Kurs bereits in der Grundschule, aber verstetigt hat sich das Interesse über meinen besten Freund im Gymnasium, der Koreaner war. Er und seine Familie, insbesondere sein Vater, haben mir über Jahre die koreanische Kultur in allen Facetten nähergebracht. Das hat sich dann über Urlaubsreisen und Austauschsemester bis hin zu Auslandsstudium und Arbeit in Korea weiterentwickelt. In Ihrem Buch zeigen Sie, dass es für Ausländer, die nicht mit der koreanischen Kultur vertraut sind, relativ leicht ist, in 48 KULTUR KOREA Grundsätzlich gilt es also zunächst einmal, sich von Mensch zu Mensch zu begegnen, d.h. offen und vorurteilsfrei an einen Kontakt heranzugehen. In dem Zusammenhang halte ich es auch für entscheidend, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen und vom eigenen hohen Ross herabzusteigen: Wer schon gegenüber anderen Lebensentwürfen oder Andersdenkenden im eigenen Land keine Offenheit zeigt, sich also über „diese Schwaben“ aufregt oder sich über den sächsischen Dialekt lustig macht, der wird auch in Korea auf Probleme stoßen. Weitgereist und weltoffen sein, das sind leider ganz verschiedene Dinge. Foto: privat Jan Janowski Wie schon gesagt, es geht nicht darum, alles richtig zu machen, sondern Koreanern und ihrer Kultur offen zu begegnen. Das fängt damit an, koreanische Gesprächspartner nicht gleich als typische Vertreter ihres Volkes zu analysieren. Ich treffe immer wieder Menschen, die in schlauen Büchlein gelesen haben, dass die koreanische Kultur kollektivistisch geprägt sei. Das mag zwar durchaus stimmen, aber dadurch werden Individuen noch lange nicht zu einer uniformen Masse. Das Kunststück besteht im Endeffekt darin, auch nicht gleich ins andere Extrem zu verfallen, d.h. übervorsichtig und hyperkorrekt aufzutreten. Ich habe erlebt, dass Tabubrüche oder bewusst etwas ketzerisch gestellte Fragen durch Ausländer von Koreanern oft sogar als frische Denkansätze geschätzt werden, wenn sie nicht belehrend oder überheblich daherkommen. Inwiefern lohnt sich die Begegnung mit Menschen anderer Kulturen, auch wenn vielleicht zunächst einmal diverse Hürden zu überwinden sind, um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen? Wenn man langfristig in einem Land leben möchte, ist das Überwinden von Hürden der einzige Weg, sich vor täglichen Enttäuschungen und einem Spießrutenlauf zu schützen: Immer rein ins Dornenfeld, irgendwann ist die Rose ihrer Dornen beraubt, und es bleibt nur noch die Blüte übrig. Für die eigene Person ist die Begegnung mit anderen Kulturen auf alle Fälle wertvoll. Im Idealfall wird man sehr viel bescheidener in Bezug auf die Eigenkultur und eingefahrene Verhaltensmuster und entspannter im Umgang mit anderen. Die eigene Kultur ist dann nicht mehr das Maß aller Dinge, sondern nur mehr gewohnter als andere Kulturen, die dann nicht als falsch oder eigenartig, sondern schlicht als anders wahrgenommen werden. Der Fettnäpfchenführer zeigt, dass Sie einen sehr intensiven Einblick in die koreanische Gesellschaft gewinnen konnten. War es schwierig für Sie als Nichtkoreaner, diesen Zugang zu erhalten? Korea gilt ja als besonders „exklusive“ Kultur, in dem Sinne, dass man nicht wirklich eintauchen kann, wenn man nicht zu bestimmten „inklusiven“ Gruppen Zugang findet. Das mag auch stimmen. Aber zumindest mir wurde – nachdem ich die richtigen Zugangskarten zur Gesellschaft hatte (Universität, verschiedene Firmen) und mich fließend auf Koreanisch verständigen konnte - kaum noch Diskriminierung zuteil. Im Gegenteil, der Eintritt des Gefühls, z.B. an der Uni als gleichberechtigtes Mitglied mit allen Rechten und Pflichten eines koreanischen Studenten akzeptiert zu werden, das war der Moment, von dem an ich mir mein Leben ohne Korea nicht mehr vorstellen konnte. Wie lange haben Sie gebraucht, um sich einigermaßen „stilsicher“ auf koreanischem Parkett bewegen zu können? vor wenigen Monaten war ich das letzte Mal in Seoul, und mir fallen spontan schon wieder einige Dinge ein, die ich „falsch“ gemacht habe. Mir persönlich hat sicher geholfen, dass ich viele verschiedene Umfelder (deutsch geprägte Koreaner, koreanische Unternehmenswelt, koreanische Medien, koreanische Uni) kennenlernen und dabei mit Menschen unterschiedlichsten Hintergrundes, tatsächlich vom Präsidenten bis zum betrunkenen Bettler, Gespräche führen konnte. Ich erlebe aber auch, dass mit zunehmenden Sprach- und Kulturkenntnissen die Erwartungen der Umgebung steigen. Manchmal sind Koreaner wirklich erstaunt, wenn ich in einer Mail einmal einen Rechtschreibfehler mache oder eine Fachvokabel nicht kenne. Es heißt, dass man seine eigene Kultur nur richtig kennenlernen könne, wenn man sich mit fremden Kulturen auseinandersetze. Inwieweit wurde Ihnen durch Ihre Beschäftigung mit der koreanischen Kultur ein Spiegel vorgehalten? Erscheinen Ihnen heute Dinge, die vielleicht früher selbstverständlich für Sie waren, in einem anderen Licht? In welche Richtung man den Wasserhahn aufdreht, um an warmes Wasser zu kommen, ob steigende Kurse in Rot oder Blau oder auf andere Weise angezeigt werden - das sind in erster Linie Konventionen, die irgendwann einmal festgelegt wurden. Es ist zunächst anders als gewohnt; man ist unweigerlich irritiert und fühlt sich irgendwie unwohl, obwohl es dafür objektiv gar keinen Grund gibt. Andererseits haben viele andere Konventionen wirklich einen konkreten Wert, den wir manchmal noch kennen, oft aber schon nicht mehr. Das hat mir geholfen, auch in der eigenen Kultur zu unterscheiden, welche Dinge es wert sind, bewahrt zu werden, und welche Dinge entbehrlich sind. Und natürlich versuche ich täglich, in mein Leben das Beste beider Kulturen zu integrieren: Die relative Unkompliziertheit der zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb der deutschen und den großen Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl innerhalb der koreanischen Kultur. Manch einer wird da sagen: „Der pickt sich ja nur die Rosinen heraus“. Demjenigen antworte ich: „Na und? Probieren Sie diese süßen Leckereien selbst einmal, auf die man stößt, wenn man gewohnte Pfade verlässt.“ Das Interview führte Gesine Stoyke Es stellt sich die Frage, ob ich das überhaupt tue. Erst 49 KULTUR KOREA POLITISCHE KULTUR Eindrücke von der Amtseinführung von Präsidentin Park Geun-hye Namensartikel von PSt Hartmut Koschyk MdB Präsidentin Park Geun-hye (re) und PSt Hartmut Koschyk MdB 50 KULTUR KOREA D a Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel an der Amtseinführung von Frau Park Geun-hye zur Staatspräsidentin der Republik Korea am 25. Februar 2013 nicht teilnehmen konnte, hat sie mich als „ausgewiesenen Freund“ Südkoreas beauftragt, sie zu vertreten und Staatspräsidentin Park Geun-hye ihre herzlichen Glückwünsche zu übermitteln. In ihrem von mir überbrachten Schreiben hob Bundeskanzlerin Merkel die besondere Bedeutung des Jahres 2013 für die Freundschaft zwischen der Republik Korea und der Bundesrepublik Deutschland hervor und lud Staatspräsidentin Park Geun-hye ein, noch in diesem Jahr Deutschland zu besuchen. Es war mir eine große Freude, stellvertretend für Bundeskanzlerin Merkel an der Amtseinführung von Staatspräsidentin Park Geun-hye teilzunehmen. Gerne denke ich an die zahlreichen gemeinsamen Begegnungen mit ihr in Deutschland und Korea zurück und weiß um ihre tiefe Verbundenheit zu Deutschland. Insbesondere vor dem Hintergrund der leidvollen Erfahrung der deutschen Teilung und dem Glück der deutschen Wiedervereinigung war es ihr stets ein besonderes Anliegen, für eine nachhaltige innerkoreanische Annäherung einzutreten. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die künftige Staatspräsidentin Park Geun-hye haben sich bereits 2006 in Deutschland auf meine Vermittlung hin erstmals getroffen, und ich bin überzeugt, dass die deutsch-koreanischen Beziehungen unter der Präsidentschaft von Frau Park Geun-hye nachhaltig weiter vertieft werden. © Präsidialamt Cheong Wa Dae, Republik Korea Finanzstaatssekretär Hartmut Koschyk war von 1998 bis 2009 Vorsitzender der Deutsch-Koreanischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages und hat in dieser Eigenschaft zahlreiche Reisen nach Südkorea, aber auch nach Nordkorea unternommen. Er begleitete u.a. den damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau bei dessen Staatsbesuch im Juli 2002 und den Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker nach Seoul, um dort an den Feierlichkeiten zur Amtseinführung des damaligen koreanischen Staatspräsidenten Roh Moo-hyun teilzunehmen. Seit 2003 ist Koschyk Präsident und seit 2012 Ehrenpräsident der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft in Deutschland. Seit 2007 ist er deutscher Ko-Vorsitzender des DeutschKoreanischen Forums, das die Regierungen Deutschlands und Koreas 2002 ins Leben gerufen haben. 2012 erhielt er die höchste koreanische Auszeichnung, die Ausländern verliehen wird, den Erste-Klasse-Orden für besondere diplomatische Verdienste, die „Gwanghwa-Medaille“. In ihrer beeindruckenden Rede zur Amtseinführung nannte Präsidentin Park Geun-hye als eine ihrer vordringlichsten Aufgaben die Wiederbelebung der Wirtschaft. Dies will sie durch eine „kreative Wirtschaft und wirtschaftliche Demokratisierung“ bewerkstelligen. Im Zentrum einer kreativen Wirtschaft stünden Wissenschaft, Technologie und die IT-Industrie. Präsidentin Park Geunhye kann hierbei auf die Unterstützung von und die Zusammenarbeit mit Deutschland zählen. Regierung und Wirtschaft setzen unter dem neuen Staatsoberhaupt zunehmend auf das „Modell Deutschland“. Als exemplarisch gilt für die neue Regierung Südkoreas beispielsweise der global agierende deutsche Mittelstand mit seinen „hidden champions“1 [‚heimlichen Gewinnern‘]. Die Soziale Marktwirtschaft deutscher Prägung mit einer starken mittelständischen Wirtschaft hat Vorbildcharakter, und ich bin überzeugt, dass Präsidentin Park Geun-hye erfolgreich die Weichen stellen wird, in den kommenden fünf Jahren die sogenannte „Demokratisierung der Wirtschaft“ in der Republik Korea erfolgreich umzusetzen. Auch gilt das deutsche duale System der Berufsausbildung als wegweisend, und der Umgang der Bundesregierung mit der Energiewende und dem Wachstumspotenzial erneuerbarer Energien stoßen auf starkes Interesse. Im Verhältnis zu Nordkorea zeigte die Antrittsrede von Präsidentin Park, dass sie besonnen und mit Weitsicht reagieren wird. Überschattet von schweren Spannungen wegen des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms warnte sie davor, dass „Nordkoreas Atomtest eine Herausforderung für das Überleben und die Zukunft des koreanischen Volkes“ sei. Zugleich versprach sie aber, in ihrer fünfjährigen Amtszeit durch eine Politik des gegenseitigen Vertrauens die Grundlage für die Vereinigung mit dem kommunistischen Nachbarland schaffen zu wollen. Auch trotz der jüngsten militärischen Drohungen aus Nordkorea hält sie an ihrem Plan fest, die Linie ihres konservativen Vorgängers Lee Myung Bak aufzugeben und sich um eine Wiederaufnahme des Dialogs mit Nordkorea zu bemühen. Gerade aufgrund unserer eigenen Geschichte bedeuten zwei Jahrzehnte Deutsche und Europäische Einheit auch, dass wir Deutsche und Europäer zu unserer Verantwortung stehen, dass die Stabilität in Nordostasien gewahrt bleibt und die gesamte koreanische Halbinsel wieder Teil unserer freiheitlichen, demokratischen Staatengemeinschaft wird und die Menschen dort dauerhaft in Frieden, unter rechtsstaatlichen, die unveräußerlichen Menschenrechte wahrenden Verhältnissen in Freiheit und Sicherheit leben können. Daher wird Deutschland Präsidentin Park Geun- hye bei ihren Bemühungen zur Überwindung der Teilung Koreas gerne unterstützen und den innerkoreanischen Annäherungsprozess mit großer Anteilnahme und tatkräftigem Engagement auch weiterhin begleiten. In einem persönlichen Gespräch am Rande der Amtseinführung stimmte Präsidentin Park Geun-hye mit mir überein, dass dieses Jahr von großer symbolischer Bedeutung für die Beziehungen unserer beider Länder ist. Es markiert den 130. Jahrestag der offiziellen Aufnahme deutsch-koreanischer diplomatischer Beziehungen sowie das 50. Jubiläum des Vertrags über die Entsendung koreanischer Krankenschwestern und Bergarbeiter nach Deutschland. Präsidentin Park freute sich sehr, von mir zu erfahren, dass Bundespräsident Joachim Gauck die Bedeutung dieser beiden Jubiläen symbolhaft unterstreicht, indem er seine Teilnahme am kommenden XII. Deutsch-Koreanischen Forum in Goslar zugesagt hatte. Im Rahmen des bilateralen Deutsch-Koreanischen Forums habe ich gemeinsam mit Herrn Bundespräsidenten Gauck in der Kaiserpfalz zu Goslar am 21. Juni 2013 die deutsch-koreanischen Gemeinschaftsbriefmarken der Öffentlichkeit vorgestellt.2 Ich freue mich sehr, dass Präsidentin Park Geun-hye noch in diesem Jahr die Bundesrepublik Deutschland besuchen wird. Südkorea genießt ein hohes Ansehen bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Sicherlich wird das Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel auch dazu beitragen, die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern noch weiter zu vertiefen und nachhaltig auszubauen. 1 Relativ unbekannte, kleine oder mittelständische Unternehmen, die in ihrem Bereich jedoch Marktführer sind (Quelle: www.wikipedia.de, Anm. d. Red.) 2 Siehe dazu auch: „Festakt in der Kaiserpfalz. Das XII. DeutschKoreanische Forum in Goslar am 21.06.2013“ von Dr. Sylvia Bräsel in dieser Ausgabe. 51 KULTUR KOREA PORTRÄT „Jazz ist kein Stil, sondern Seele“ Interview mit der Jazzsängerin Youn Sun Nah Die beiden Länder sind völlig unterschiedlich. 1989 habe ich in Korea an einem Chanson-Wettbewerb teilgenommen und gewonnen, woraufhin ich ein Stipendium bekam. Ich ging dann für mehrere Monate nach Lyon, sodass ich schon einige Erfahrungen über das Leben in Frankreich sammeln konnte. Außerdem hatte ich koreanische Freunde, die auch in Frankreich lebten und mir von ihren Eindrücken erzählt hatten. Als ich später zum Studium nach Paris kam, war es, als hätte ich dort schon seit langem gelebt. Der Kulturschock war deshalb nicht allzu groß. Was die Musikszene betrifft, war ich allerdings geschockt. Die Jazz-Geschichte in Korea ist sehr kurz. In Frankreich entdeckte ich all die Jazzschulen, traf viele Jazzmusiker aus der ganzen Welt, für mich war das wie ein Paradies. Hier konnten die Musiker von ihrer Musik leben. In Korea ist das sehr schwer, dort muss man einen anderen Job haben, 52 KULTUR KOREA weil es nur eine kleine Jazz-Szene gibt. Warum haben Sie sich für Frankreich entschieden? Ich war und bin immer noch sehr interessiert an französischen Chansons, und ich wollte Jazz und Chanson studieren, weshalb ich nach Frankreich gegangen bin. Außerdem gibt es in Paris eine der ältesten Jazz-Schulen Europas. Was war der Auslöser für Ihre Entscheidung, Jazz zu studieren? Ich bekam die Gelegenheit, in Korea in dem Musical „Linie 1“ mitzuwirken. Das hat mich mit der Frage konfrontiert, ob ich Sängerin werden wollte. Außerdem komme ich aus einer Musikerfamilie. Ein Freund riet mir zu Jazz, und ich fragte ihn, was denn „Jazz“ sei, weil ich niemals zuvor Jazz gehört hatte. Er sagte, das sei originäre Popmusik. Wenn ich mich also damit beschäftigen würde, könne ich jede Art von Musik singen. Das schien mir sehr interessant zu sein, und ich traute mich, weil ich keine Ahnung von Jazz hatte. Zu Beginn meines Studiums habe ich dann gedacht, dass es eine falsche Entscheidung war. Als ich Ella Jane © Sung Yull Nah Ihr Heimatland ist Korea. 1995 sind Sie nach Paris gegangen, um Jazz und Chanson zu studieren. Welches waren ihre ersten Eindrücke von dieser westlichen Metropole? Inwiefern unterscheiden sich die beiden Welten aus Ihrer Sicht als Musikerin am meisten voneinander? Fitzgerald, Billy Holiday und Miles Davis hörte, war das für mich eine völlig neue Erfahrung. Es war nicht etwas, was man ‚einfach so‘ lernen konnte. Im Laufe der Zeit fühlte ich mich allerdings immer besser. - Im Grunde bin ich also per Zufall bei der Jazz-Musik gelandet. eines der größten Jazz-Festivals Asiens, das Jarasum International Jazz Festival. Die Menschen richten ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf dieses Land, sie mögen die enthusiastische Reaktion des koreanischen Publikums. Was bedeutet Jazz für Sie persönlich? Ihre Musik ist eine Melange aus sämtlichen Genres – Jazz, Chanson, Pop, Metallica, koreanische Volksmusik, Klassik. Worin begründet sich Ihre Vorliebe für diese Vielfalt? Als ich im Studium mit Freunden und anderen Studenten eine Gruppe gründete, haben wir uns an den JazzStandards orientiert. Schließlich haben wir aber unser Repertoire erweitert – das Gute war, dass der Bassist aus Israel, der Pianist aus Deutschland, der Violinist aus Irland und ich aus Korea kam, sodass wir den verschiedensten musikalischen Einflüssen unterlagen und in unsere Musik integrieren konnten. Ich habe immer noch das Gefühl, so viel wie möglich lernen und ausprobieren zu müssen, sodass jede Musik für mich interessant ist. Ich bin sehr neugierig und arbeite noch daran, meinen Stil zu finden. Ihr Werdegang ist eine Erfolgsgeschichte. Sie haben zahlreiche renommierte Auszeichnungen erhalten und werden von Kritikern und Medien euphorisch gefeiert – „Ganz große Kunst“, „Bezaubernd“, „Weltklasse-Gesang“. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs? Ich kann das gar nicht genau sagen. Ich bin glücklich, dass ich vielen wundervollen Menschen begegnet bin, die mir geholfen haben. Auf jeden Fall versuche ich nicht, Menschen zu imitieren, sondern bemühe mich, etwas Eigenes zu machen, mit meiner eigenen Stimme zu singen. Musik ist etwas sehr Individuelles. Vielleicht mögen die Leute meine Musik, weil ich immer versuche, ich selbst zu sein. Auch in Korea erfreut sich Jazz mittlerweile zunehmender Beliebtheit. Welche Resonanz gibt es dort auf Ihre Musik? Koreaner sind mit Jazz nicht besonders vertraut. Es gibt nicht allzu viele Orte, an denen Jazz gespielt wird. Gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass die Koreaner meine Musik mögen - das überrascht mich. Ich hätte nie gedacht, dass meine Konzerte in Korea einmal ausverkauft sein würden, weil es nicht viele Jazz-Fans gibt. Als ich 2002 mein erstes Konzert in Korea gegeben habe, waren die Besucher sehr neugierig, weil ich eine Art französischen Jazz verkörperte. Mittlerweile treten auch immer mehr ausländische Jazz-Musiker in Korea auf. Keith Jarrett ist so ein Beispiel. Er hat vor drei Jahren sein erstes Konzert in Korea gegeben und ist bis heute bereits drei Mal aufgetreten. Der Musikmarkt verändert sich und wird immer größer, es gibt immer mehr Musikfestivals, darunter Jazz ist kein Stil, sondern Seele. Jazz erlaubt es Menschen, etwas Eigenes in die Musik hineinzugeben. Jazz bedeutet für mich hundertprozentige Freiheit, hier gibt es keine Grenzen, keinen Unterschied, kein Alter. Ich habe den Eindruck, dass Jazz niemals altert – das gibt mir Mut und Freude und das Gefühl von Freiheit. Gibt es ein musikalisches Vorbild? Ich habe so viele Vorbilder, dass ich gar nicht nur eines nennen kann. Gewiss mag ich all die legendären JazzMusikerInnen wie Miles Davis oder Charles Parker. Ich denke, dass ich von all diesen großartigen MusikerInnen beeinflusst bin. Heute leben Sie wieder in Korea. Vermissen Sie Frankreich? Es mag sich vielleicht erstaunlich anhören, aber ich fühle mich zu Hause, wo immer ich bin. Wenn ich in Korea bin, denke ich überhaupt nicht an Frankreich, und wenn ich in Frankreich bin, denke ich überhaupt nicht an Korea. Ich fühle mich überall so, als sei ich dort geboren. Ich weiß, es klingt komisch, aber ich kenne kein Heimweh. Gibt es einen großen Wunsch für die Zukunft? Ich habe mein musikalisches Leben niemals geplant. Ich habe nur zufällig damit begonnen. Jeder Tag ist ein Geschenk. Mein Plan und mein Wunsch für die Zukunft sind es, fortzusetzen, was ich gerade tue. Ich träume nicht von etwas Großem, ich bin so glücklich und schätze die Gegenwart, dass ich einfach nur weitergehen will. Das Interview führte Dr. Stefanie Grote 53 KULTUR KOREA KOREA IM ALLTAG Samgyetang / 삼계탕 Koreanische Ginseng-Hühnersuppe Samgyetang wird in Korea in den Sommermonaten, traditionell an den „Sambok“-Tagen – den drei heißesten Sommertagen – gegessen. Die Zutaten sollen die Nährstoffe ersetzen, die durch das Schwitzen im Sommer verloren gehen. Samgyetang stärkt den geschwächten Körper und führt ihm Energie zu. Zutaten (für 1-2 Personen): 1 küchenfertiges Stubenküken (ca. 600g) 50 g Klebreis 1 getrocknete Ginsengwurzel 3 getrocknete koreanische Datteln 3 große Knoblauchzehen 1,5 l Wasser Salz, Pfeffer ¼ Frühlingszwiebel 1. Klebreis waschen, 3 Stunden in kaltem Wasser einlegen, in ein Sieb geben und ca. 15 Minuten abtropfen lassen. 2. Stubenküken unter fließendem Wasser ab- und ausspülen und mit einem Küchentuch trocken tupfen. 3. Ginseng und Datteln waschen und abtrocknen, Knoblauchzehen schälen. 4. Stubenküken mit zuvor gekochtem Klebreis, Ginsengwurzel, Datteln und Knoblauch füllen und die Beine so ineinander verschränken, dass die Füllung nicht herausfallen kann. 5. Stubenküken vorsichtig in einen großen Topf legen, mit Wasser übergießen und bei geschlossenem Deckel zum Kochen bringen und ggf. abschäumen. 6. Die Suppe 15 Minuten bei hoher Temperatur kochen, dann die Hitze reduzieren und weitere 45 Minuten köcheln lassen. 7. Frühlingszwiebel waschen, in Ringe schneiden und über die Suppe streuen. 8. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. 54 KULTUR KOREA Foto: Korean Culture and Information Service Zubereitung: Veranstaltungen Koreanisches kulturzentrum - Rückblick Korean Fantasy Der getanzte Freundschaftsgruß Koreas an die Deutschen Foto: The National Dance Company of Korea Von Matthias R. Entreß Tanz ist, unter vielem anderen, ritualisierte Selbstdarstellung, ästhetisierte Veräußerlichung von inneren Regungen oder auch Repräsentation des Herrschers durch seine Untergebenen. An der Tanzkultur, wie an den anderen Künsten auch, lässt sich der Charakter der Kultur eines Volkes ablesen. Die Korean Fantasy der National Dance Company of Korea ist seit über 15 Jahren in vielen Fassungen und Programmen der Botschafter koreanischer Wesensart und war im Mai 2013 zum zweiten Mal in Berlin zu Gast, diesmal aus Anlass des 130-jährigen Bestehens diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Korea und des Beginns der koreanischen Arbeitsimmigration durch koreanische Bergleute vor 50 Jahren. Seit der Premiere der ersten Version von Korean Fantasy in den 1990er Jahren hat sich das Verhältnis der zeitgenössischen Kultur zur koreanischen Tradition stark gewandelt, insbesondere durch die Art und Weise der Präsentation von traditionellen Aufführungskünsten im Ausland. Heute werden nicht mehr Musikbeispiele und Ausschnitte, sondern große Werke auf der Höhe westlicher Hochkultur vorgestellt: komplette Pansori-Aufführungen oder Konzerte, die sich auf ein einziges kulturelles Segment konzentrieren, und sie werden vom kunstinteressierten Publikum mit Begeisterung begrüßt. Doch koreanische Musik und Aufführungskünste sind kein Gegenstand von Massenkultur, und so ist der Unterschied zwischen um Authentizität ringende Aufführungen traditioneller Musik und der Korean Fantasy der Unterschied zwischen „was wir besitzen“ und „wie wir uns euch zeigen wollen“. Und doch ist Korean Fantasy auch der kontinuierlich sich entwickelnde Versuch, die Tradition – „was wir besitzen“ – mit dem Stolz, in der Gegenwart zu bestehen, zu versöhnen. Die beiden Hälften des Abends im Stage Theater am Potsdamer Platz, nach der Deutschen Oper Berlin das zweitgrößte Theater der Stadt, unterschieden sich substanziell: während im ersten Teil ein moderner Blick auf die nationalen Tanzkünste gerichtet wurde, gab es im zweiten Teil, als wäre ein Schleier entfernt worden, die unbekümmerte Fröhlichkeit und Emotionalität der unsterblichen koreanischen Volksseele. Was heißt modern? Im Programmheft war von „Erneuerung Ganggangsullae Cheongsanghwa des koreanischen Tanzes“ die Rede, doch nicht die Tänze wurden geändert, sondern der künstlerische Blick darauf. Wieso wirkte der zum Auftakt gezeigte Taepyeongmu – in Korea als Unantastbares Kulturerbe Nr. 92 gelistet – so „modern“? Da bewegten sich Tänzer in Königstrachten zu schamanistischen Rhythmen – ein Stilbruch? Keineswegs, denn Taepyeongmu ist kein Hoftanz, sondern ein Tanz, bei dem sich die Darsteller, die mit dem Tanz um friedvolle Herrschaft und reiche Ernte baten, als Könige verkleideten. Nein, modern wirkte es durch die ästhetische Verfeinerung, und durch das selbstbewusste Auftreten der professionellen Tänzer, mit dem der Tanz aus dem ursprünglichen Zusammenhang heraus zur Bühnenkunst erhoben wurde. Es signalisierte, dass die Zeiten der Unterwürfigkeit vorm König vorbei seien. Die alte Gesellschaftsordnung ist überwunden, übrig geblieben sind die Kunstwerke. 55 KULTUR KOREA 56 KULTUR KOREA alltäglichen Schwächen und Schwachheiten lustig. Bei Maskentänzen, die weniger Tanz als Schauspiel waren, und bei dem der durch die Maskierung bedingte Mangel an Mimik durch exaltierte Gestik ausgeglichen wurde, konnte man sich auch nach Herzenslust über die hochmütige Gelehrtenschaft wie über gesellschaftliche Missstände mokieren. Der Maskentanz im Programm der Korean Fantasy war gewiss die befremdlichste Darbietung, erinnerte aber überaus wirksam daran, welch interessante Ausdrucksformen sich unter der Landbevölkerung im alten Korea entwickelt hatten und warf ein ganz neues Licht auf die Frage, was „typisch koreanisch“ ist. Und wirklich, neben der Liebe zur Anmut gibt es auch den speziellen koreanischen Humor, der Lust am Grotesken und an greller Situationskomik hat. Mit den Paradestücken aller reisenden koreanischen Tanzensembles, dem Fächertanz und dem Trommeltanz, wurde der Kreis geschlossen. Als traditionell angesehen, sind sie in Wahrheit Choreografien aus den 1960er Jahren, also „modern“ aus einer etwas früheren Epoche. Anders als der erwähnte Volkstanz Ganggangsullae sind dies ganz ausdrücklich Bühnentänze, die auf große Wirkung hin gearbeitet sind. Im Fächertanz schlägt die Anmut der einzelnen Tänzerinnen in die durch die aneinandergelegten Fächer erzeugten bühnenfüllenden Bilder um – eine einfache und liebenswerte Zauberei und doch spektakulär. Der dröhnende Trommeltanz, mit dem die Kompagnie das Publikum in den begeisterten Schlussapplaus geleitete, war noch einmal eine Kategorie für sich. In einem zigfach wiederholten Aufbau von mit Wänden aus Trommeln gebildeten Séparées bewegten sich die Tänzer in perfekter Synchronizität und führten Trommelrhythmen buddhistischer und bäuerischer Herkunft aus, und hier zeigte sich der Stolz der Nation, die corporate identity fröhlicher Menschen in einem prosperierenden Staat. Matthias R. Entreß, geb.1957 in Hamburg, lebt und arbeitet in Berlin als freier Autor, Musikjournalist und -kurator. Er studierte Theaterwissenschaft, Germanistik und Kunstgeschichte an der FU Berlin. Darüber hinaus kuratierte er 2004 in Berlin und 2007 in Italien Festivals mit koreanischer Musik, Konzerttourneen mit Pansori 2009 und Volksmusik 2011. Er initiierte 2005 die ersten deutschen Übersetzungen von Pansori, an denen er auch mitarbeitete. Musikjournalistische Schwerpunkte sind Neue Musik und Außereuropäische Musik für DLR, HR, WDR. Foto: © M.R.Entreß Der Reiz der alten Kunst wirkt nach, und in der Korean Fantasy zeigte sich das Bemühen, diesen Reiz mit heutiger Kreativität zu neuem Leben zu erwecken – und zu erforschen, wie das Neue aus dem Alten geboren werden kann. Die Liebe der Koreaner zu Anmut und Schönheit wird jedem bewusst, der in Korea einmal ein HochzeitsfotoShooting in schöner Umgebung beobachten konnte, oder im Seouler Kulturzentrum am Verdi-Brunnen stand und die zutiefst gerührten Menschen sah, die den hochsprühenden farbigen Fontänen zuschauten. Vielleicht ist dies eine von westlicher Kultur befeuerte Leidenschaft, und doch ist sie typisch koreanisch. Hier wird der Wunsch verständlich, die oft als spröde betrachteten künstlerischen Traditionen dem ästhetischen Gefühl des Großteils der heutigen Koreaner anzunähern. Die Korean Fantasy als „work in progress“ experimentiert in diese Richtung: z.B. mit dem Tanz Cheonsanghwa, der auf die Legende von den fünf Himmelsdamen zurückgreift. Die Tanzbewegungen sind fließend, ohne die Würde des traditionellen Tanzes sowohl der schamanistischen als auch der höfischen Tradition zu verlieren, und die Kostüme, nicht hochgegürtet, sondern von der Hüfte herab sich bauschend, zitieren doch den Faltenwurf des Hanbok, der traditionellen koreanischen Kleidung: Traditionell anmutend, und doch einer Modenschau würdig. Dieser modernen, durchaus modebewussten Selbstbestimmung koreanischer Tanzkunst des ersten Teils des Abends standen in starkem Kontrast die eher traditionellen Tänze des zweiten Teils gegenüber. Dass diese Tänze nicht am Anfang, wo sie als museal hätten angesehen werden können, sondern als Antwort der Vergangenheit aufs Heute erst zum Schluss gegeben wurden, war ein sinnreicher Kunstgriff. Wirklich eindrucksvoll und vielleicht unvergesslich war das Arrangement des wunderbaren Frauen-Volkstanzes Ganggangsullae, der dem heung, der koreanischen Lebensfreude, in einem großen Reigen kollektiven Ausdruck verleiht. Dafür, dass die National Dance Company hier nicht versuchte, die berührende naive Kunstlosigkeit des Volkstanzes künstlerisch aufzurüsten, sondern das deutsche Publikum an dem zur Freude wie zur Trauer hochbegabten koreanischen Wesen teilhaben ließ, gebührt ihr höchstes Lob. Kulturvermittlung ist nicht nur Kunstvermittlung! Aber auch die echte Volkskunst wurde nicht vergessen: Der „Tanz der alten Dame Miyal“ ist ein Maskentanz, koreanisch Talchum, aus der Provinz Hwanghae, das heute in Nordkorea liegt. Den nationalen Kulturinstituten Südkoreas liegt die Pflege von Kulturschätzen aus ganz Korea am Herzen. Der Maskentanz ist das Medium, mit dem den normalen Menschen der Spiegel vorgehalten wurde und macht sich natürlich vor allem über die Veranstaltungen KOREANISCHES KULTURZENTRUM - Rückblick Relocating of Passion Zum Vortrag von Geon-Yong Lee über seine Passion Jesu Christi am 18. März 2013 Von Dr. Shin-Hyang Yun Vortrag von Prof. Geon-Yong Lee im Koreanischen Kulturzentrum Foto: Tobias Liefert A m diesjährigen Palmsonntag, dem 24. März 2013, wurde in der Paulus-Gemeinde in Darmstadt ein besonderes Konzert veranstaltet: Dort erklang die Passion Jesu Christi (Texte aus vier Evangelien, diverser Lyrik, 2007) des koreanischen Komponisten Geon-Yong Lee1, und nach dem Wunsch des Veranstalters sollte der ursprüngliche koreanische Text in deutscher Übersetzung gesungen werden. Es war das erste Mal, dass die Passion eines asiatischen Komponisten von einem deutschen Chor in dieser Form aufgeführt wurde. Ein historisches Ereignis also in den koreanisch-deutschen Musikbeziehungen, noch dazu im 130. Jubiläumsjahr der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Korea und Deutschland. Geon-Yong Lee (geb. 1947) legte im März dieses Jahres nach 33 Jahren Lehrtätigkeit seine Professur nieder, die er im Jahr 1979 unmittelbar nach seinem Studium an der Hochschule für Musik in Frankfurt am Main an verschiedenen Universitäten in Korea erhalten hatte, und reiste nach Deutschland, um die deutsche Uraufführung seiner Passion zu erleben. Anlässlich dieser Aufführung lud das Koreanische Kulturzentrum Berlin den Komponisten am 18. März 2013 zu einem Vortrag ein, um einen Einblick in das Passionswerk zu geben. Im Jahr 2006, als Lee ein einjähriges Sabbatical in New York verbrachte, erhielt er vom Chor der koreanischen anglikanischen Gemeinde Seoul, deren Mitglied er seit langer Zeit ist, einen Kompositionsauftrag. Dieser Auftrag erinnerte ihn an Notizen, die er als Andenken an seinen nach langer Krankheit verstorbenen Vater vor rund 20 Jahren niedergeschrieben hatte. In Gedenken an seinen Vater, der von Beruf Pastor war, schreibt er: „In den letzten drei, vier Jahren war er krank, […] Ihm wurde nicht die Wohltat einer guten medizinischen Behandlung zuteil, und so ging er im Alter von 57 Jahren von uns. Seit dieser Zeit hatte ich immer das Gefühl, dass ich ihm, von dem ich die Gläubigkeit und die Musikalität geerbt hatte, etwas schuldig bin. Ich hatte immer den Wunsch, ein Werk für ihn zu schreiben. So habe ich mir ohne einen konkreten Plan Notizen zu ,14 Stationen der Passion’ gemacht.” Im Vortrag ging es um diese Konzeption, den Entstehungsprozess und den Aspekt der Übersetzung des koreanischen Textes. Da die Passion nicht für professionelle Musiker, sondern für den Amateurchor seiner Gemeinde konzipiert war, sollte sie keinen hohen künstlerischen Anspruch haben. Diesbezüglich zeigte er am Beispiel von „Ave verum corpus” aus der letzten Station, wie unterschiedlich die Texte je nach musikalischem Niveau vertont werden können. Über seine Musikvokabulare, die er für sein Werk verwendete, äußert er sich folgendermaßen: „Mein Musikvokabular lässt sich gerade zwischen dem Hörer und mir lokalisieren. Deshalb verwende ich sehr diverse Vokabulare: zuweilen die koreanische traditionelle Musik, zuweilen die Technik der westlichen Tradition oder Moderne, zuweilen das Vokabular anderer Regionen, die außerhalb dieser Kultur liegen.“ Gut nachzuvollziehen war auch, in welchem Umfang die originäre Musikstruktur durch die Übersetzung des Textes vom Koreanischen ins Deutsche verändert wurde. Die unterschiedliche Silbenzahl der koreanischen und der deutschen Sprache und deren Akzentstellen waren wichtige Faktoren bei der musikalischen Umstrukturierung. Nicht nur für den Kulturaustausch zwischen Deutschland und Korea, sondern auch für den Komponisten selbst war diese Aufführung sicher anregend. Er teilte nach dem Konzert 57 KULTUR KOREA Wer komponiert heute noch eine Passion? Die Passion, die musikalische Darstellung der Leidensgeschichte Jesu Christi, hat ihre Wurzeln in westlichen kirchenmusikalischen Gattungen des 17. Jahrhunderts. Speziell in Deutschland ist es bis heute ein übliches Ritual, die Passionswerke von Heinrich Schütz oder J. S. Bach in der vorösterlichen Passionszeit aufzuführen. Dass in Korea auch meist die Passionen von J. S. Bach und seltener die von H. Schütz aufgeführt werden, ist seit dem Aufbruch der westlichen Musik in Korea ein selbstverständlicher Brauch. Es gab zwar viel Chor- und Kirchenmusik von koreanischen Komponisten vor Lee oder von ihm selbst, indes ist mit seiner Passion die erste integrale Passion im asiatischen Raum entstanden. Die Water Passion (2000) des chinesisch-amerikanischen Komponisten Tan Dun stand in puncto Entstehungsgeschichte und Konzept in einem völlig anderen Kontext. Im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Musik und Text steht die Passion von Lee der von H. Schütz näher als der von J. S. Bach. Denn das Musikalische überlagert selbst an den Stellen wie „Lass ihn kreuzigen!“, wo sich das Dramatische steigert, das Wort nicht gänzlich. Und die Tendenz, bestimmte Wörter wie ein musikalisches Ostinato [sich stetig wiederholende musikalische Figur] zu verwenden, ist in allen Vokalwerken Lees enthalten. Das DramatischMusikalische und die Narrativ-Textur existieren bei ihm quasi parallel. So gesehen kann die Quintessenz seines vokalidiomatischen Gesamtwerkes - unabhängig von seiner Haltung gegenüber dem Niveau der Auftraggeber - als ,Vom Wort zur Musik, von der Musik zum Wort‘ 58 KULTUR KOREA bezeichnet werden. Andererseits trifft die Aussage von Lee, „meine rechte Körperhälfte ist Schamane, meine linke ist Schubert, mein Kopf ist Christ”, nicht nur auf seine Kirchenmusik, sondern auch größtenteils auf seine anderen Werke zu, da das Idiom der Trauer im abendländischen Sinne mit dem der Klage im Sinne der schamanistischen Gefühlslage verschwistert ist. Laut seinem Bekenntnis ist nicht zu verkennen, dass die nachträgliche Trauerarbeit über den Tod von Lees Vater in der Passion untergründig ebenfalls Thema ist. Auch dass in seiner Novelle Sok Ki Ssi Dae [Steinzeit] (1967), die während der Krankheit seines Vaters entstanden war, das Motiv des Grabes auftaucht, ist sicherlich kein Zufall. In der deutschen Uraufführung der Passion von Geon-Yong Lee in Darmstadt am 24. März 2013 vollzog sich so etwas wie ein Gattungstransfer der Passion im doppelten Sinne: Das Rückprojizieren der im deutschen Kirchenraum verankerten Passion von Korea ins Ursprungsland bedeutet, dass eine Passion aus dem asiatischen Raum fähig ist, sich hierzulande wieder zu lokalisieren, einen Raum zu finden. Die Wiederverortung der koreanischen Passion in Deutschland stellt zweifellos eine Reaktion auf die westliche Missionsgeschichte und zugleich ein Echo der abendländischen Musiktradition dar. Das Echo filtert jedoch das Original und trägt sein akustisches Umfeld mit sich: Wurden in der Passion von Lee die kompositionstechnischen wie die ästhetischen Merkmale der abendländischen Musiktradition – vom Generalbasszeitalter bis ins 19. Jahrhundert - ins Gedächtnis der koreanischen Gegenwart gerufen, so sind das Pansori-Vokabular in der zweiten Szene der Fußwaschung der Jünger durch Jesus, der koreanische Chang Dan [sich wiederholender, spezifischer Rhythmustypus] im Choral der letzten Station und der wie ein Basso Continuo verwendete koreanische Grabgesang in der letzten Szene als Kennzeichen des akustischen Umfeldes der koreanischen Tradition bzw. Gegenwart zu verstehen. 1 Der Name existiert in zwei unterschiedlichen Schreibungen: Geonyong Lee und Geon-Yong Lee. Foto: privat mit, dass viele Teile des Textes für ihn wie Koreanisch und bestimmte Stellen wie ein Fremdklang - nicht wie seine eigene Musik - geklungen hätten. Dr. Shin-Hyang Yun Die Musikwissenschaftlerin war Stipendiatin der nationalen Forschungsstiftung Koreas (20032004, 2008-2010), PostDoktorandin am Korean Art Institute der National University of Arts in Seoul (2003-2004) und Gastprofessorin an der Fakultät für Musik und Darstellende Kunst an der Kyemyung-Universität in Daegu (2006-2008). Seit 2006 ist sie Mitglied des Redaktionsausschusses der Zeitschrift Umakhak [‚Musikwissenschaft‘] sowie wissenschaftlicher Beirat der Korean Musicological Society. Seit 2011 ist sie Lehrbeauftragte an verschiedenen Hochschulen Deutschlands (derzeit an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart). BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN - Rückblick Die PASSION JESU CHRISTI von Geonyong Lee in deutscher Sprache Wie es dazu kam und was sich gestaltete Von Cord Meijering Wenn man dem Leben sein Herz weit öffnet, strömt das erstaunliche Leben herein und gestaltet die Sprache des Herzens... (Cord Meijering) Geonyong Lee1 und ich trafen uns erstmals am 28. November 2011 in Seoul. Gemeinsam mit seiner Ehefrau holte er mich in meinem Hotel nahe der Gyodae-Station ab, und wir begannen unser Kennenlernen und unsere sich außergewöhnlich rasch entwickelnde Freundschaft - wie immer in Korea - mit einem gemeinsamen Mittagessen. Wir besuchten ein Restaurant nahe der Korean National University of Arts. Mit Geonyong Lee traf ich einen Menschen, der mir sehr offen und herzlich entgegentrat. Er gehört zu den ganz wenigen wirklichen Gentlemen, denen ich in meinem bisherigen Leben begegnet bin. Seine klare, sanft auffordernde Art zieht mich an, lässt mich erwartungsvoll gespannt sein auf all das, was folgen wird. Wir trafen uns während meines dreiwöchigen Aufenthalts in Seoul sehr oft, sprachen über Musik, über menschliche und musikalische Kultur zwischen den Kulturen in dieser sich selbst bekämpfenden und sich selbst umarmenden Welt. Geonyong Lee überreichte mir eine DVD mit der Aufnahme seiner PASSION OF JESUS CHRIST 2. Ich hörte diese Musik, und sie zog mich in ihren Bann. Sie ist mir Sinnbild eben dieses Kampfes in dieser Umarmung. Ich war dabei, als seine Lieder für Bariton und Klavier für eine CD produziert wurden. Ich las die Musik. Sie sah im Notenbild aus wie Schubert. Ich hörte die Musik, und ich hörte schamanische Gesänge. Das verwirrte mich. Später, in diesem Gasthaus, fragte Geonyong Lee: „Hast du [in meiner Musik] meine große Liebe [zu] Schubert gehört?” Ich antwortete: „Ich habe sie gelesen. Gehört habe ich schamanische Gesänge”. Sichtlich erfreut entgegnete er mir (er strich dabei mit der rechten Hand über seine rechte Körperhälfte): „Diese Seite ist Schamane”. Dann strich er über die linke Körperhälfte und sagte: „Diese Seite ist Schubert”. Dann wies er auf seinen Kopf und sagte: „Und mein Kopf ist Christ”. Bei anderer Gelegenheit fragte ich ihn, ob er eine Übersetzung seiner PASSION ins Deutsche für möglich halte. Er gab die richtige Antwort: „Ich denke, dass das nicht möglich ist”. Hätte er die Frage mit „Ja” beantwortet, wäre es vielleicht nicht so schnell zu einer Übersetzung dieser wunderbaren Musik gekommen. So aber provozierte Geonyong Lee mich, ihm das Gegenteil zu beweisen. Im Sommer 2012, während eines siebenwöchigen Aufenthalts in Seoul, begann ich mit der Übersetzung. Es dauerte sieben Monate, bis alles geschafft war. Die Bibel-Texte der Passion existieren in deutscher Version. Daher sehen Geonyong Lee und ich sie als unveränderlich an. Aus diesem Grund veränderte er seine Musik, richtete sie auf den deutschen Bibeltext aus. Ich revidierte die Deklamation und hatte nichts zu revidieren, da Geonyong Lee dem Charakter der deutschen Sprache vollkommen entsprochen hatte. Meine Aufgabe war es, die poetischen Texte der PASSION ins Deutsche zu übersetzen. Das war eine große Aufgabe, bei der ich ebenso viel über die koreanische wie über die deutsche Sprache erfuhr. Der amerikanische Dichter Ezra Pound benannte Melopoeia, Phanopoeia und Logopoeia als die wesentlichen Koordinaten der Dichtung. Die Melopoeia betrifft den Rhythmus und den Klang und die Melodie des Textes, die Phanopoeia das Imago, das vor dem inneren Auge entsteht, wenn ein Wort ausgesprochen wird. Logopoeia bezeichnet den Sinn der Worte, den extravaganten Zusammenhang. Der Weg, einen Prosa-Text zu übersetzen, ist nicht mit Steinen zum Stolpern belegt, da es nur um die Übersetzung der Logopoeia, die Sinn-Übertragung, geht. Der Weg, einen poetischen Text zu übersetzen, ist so lange nicht schwierig, wie es um die Übertragung der Phanopoeia geht. „Eine Rose” ist „a rose”, ist „una rosa”, ist „djangmi” [장미]. 59 KULTUR KOREA Die Melodie jedoch ist die höchste Abstraktion der musikalischen Welt. Daher ist die Übersetzung der Melopoeia von einer in eine andere Sprache unmöglich. Die deutsche Sprache ist eine Auftakt-Sprache, da sie der Artikel bedarf: Das Haus, des Hauses, im Haus... Die koreanische Sprache befolgt diese Regeln nicht. Sie hat keine Artikel, bezeichnet alles über Endungs-Partikel, ist somit eine Volltakt-Sprache: Djib [집], Djibi [집이], Djibeul [집을], Djibe [집에] etc. Wenn man die Worte einer koreanischen Musik ins Deutsche übersetzen möchte, ist man immer mit dieser unterschiedlichen Art, den Puls der Erde und die Herausforderung des Himmels zu bezeichnen, konfrontiert. Ich habe aufgrund dieser Herausforderung und aufgrund meiner Liebe zu Geonyong Lees Musik mein Bestes gegeben, um diese Aufgabe zu erfüllen. Am Ende kam alles zusammen wie im Traum: Volker Jung, Präsident der Evangelischen Kirche Hessen Nassau, erklärte sich bereit, die Finanzierung der Uraufführung zu gewährleisten. Wolfgang Kleber dirigierte die Uraufführung mit seinem Paulus-Chor. Es ergab sich, dass im Jahr 2013 das 130-jährige Jubiläum der Koreanisch-Deutschen Beziehungen gefeiert wird. Am Anfang war eine Begegnung. Daraus ergab sich eine Freundschaft. Diese bewirkte schöne Dinge für unsere Welt. Es geht um das Zusammenspiel. In diesem Fall spielten Geonyong Lee (Komponist), Cord Meijering (Komponist), Volker Jung (Präsident der Evangelischen Kirche Hessen Nassau), Wolfgang Kleber (Dirigent), die Solistin Barbara Meszaros und die Solisten Hwan-Cheol Ahn, Johannes Hill, Richard Logiewa und Andreas Wagner, der Paulus-Chor der PaulusKirche Darmstadt, die Instrumentalistinnen Friederike Richter, Mysty Schaffert und Julia Sauter sowie der Instrumentalist Marcel Sartor, der Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Jochen Partsch, und der Generalkonsul der Republik Korea, Won-Jung Han. Es war ein gutes Spiel, gespielt von Menschen verschiedener Nationen. 1 Der Name existiert in zwei unterschiedlichen Schreibungen: Geonyong Lee und Geon-Yong Lee. 2 Koreanischer Originaltitel: 예수 그리스도의 수난 Der Generalkonsul der Republik Korea, Won-Jung Han, und der Oberbürgermeister der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Jochen Partsch, übernahmen für das Konzert die Schirmherrschaft. Die Anforderungen, die Geonyong Lees PASSION OF JESUS CHRIST an einen Laien-Chor stellt, sind immens. Es war bewegend, zu sehen und zu hören, wie der Chor der Paulus-Gemeinde, der überwiegend aus älteren Menschen besteht, sich leidenschaftlich dieser Aufgabe angenommen hat. Der Dirigent Wolfgang Kleber begeistert die Sängerinnen und Sänger des Paulus-Chors, weil er selbst begeistert ist. Die Gesangssolisten und die Instrumentalisten musizierten auf hohem Niveau und leisteten so ihren hervorragenden Beitrag zum Gelingen dieser außergewöhnlichen Uraufführung. 60 KULTUR KOREA Cord Meijering ist Komponist und Direktor der Akademie für Tonkunst in Darmstadt. Er studierte bei Hans-Werner Henze in Köln und Hans Jürgen Wenzel an der Akademie der Künste in Ost-Berlin. Sein umfangreiches Werkverzeichnis umfasst Orchester-, Kammer,Opern-, Ballett- und Film-Musiken. Meijering ist Autor zahlreicher Vorträge und Essays. Weitere Informationen: www.meijering.de Foto: © Barbara Aumüller Es sangen der Paulus-Chor, verstärkt durch Sängerinnen und Sänger der Akademie für Tonkunst in Darmstadt, sowie die Solistin Barbara Meszaros und die Solisten HwanCheol Ahn, Johannes Hill, Richard Logiewa und Andreas Wagner. Begleitet wurden sie von Friederike Richter (Klavier), Mysty Schaffert (Orgel) sowie Julia Sauter und Marcel Sartor (Schlagzeug). BUNDESWEITE VERANSTALTUNGEN - Rückblick Foto: Andreas David Gunderlach Verleihung des Mirok-Li-Preises Professorin Dr. Eun-Jeung Lee, Leiterin der Koreastudien an der Freien Universität Berlin, wurde von der DeutschKoreanischen Gesellschaft am 17. Mai 2013 mit dem MirokLi-Preis geehrt. Vor einer großen Zahl von Mitgliedern der DeutschKoreanischen Gesellschaft (DKG) und Freunden erhielt Professorin Eun-Jeung Lee den diesjährigen Mirok-LiPreis durch den Präsidenten der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft, Botschafter a.D. Michael Geier, überreicht. Das frühklassizistische Wrangelschlösschen in Steglitz verlieh dieser Feierstunde einen eindrucksvollen Rahmen. In seiner Laudatio hob der Ehrenpräsident der DKG, Herr Hartmut Koschyk, MdB und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF), die besonderen Verdienste von Professorin Lee für die kulturellen und politischen Beziehungen zwischen den beiden befreundeten Ländern im deutsch-koreanischen Jubiläumsjahr hervor. Vor 130 Jahren wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern aufgenommen; das Abkommen über die Anwerbung koreanischer Bergleute ist 50 Jahre alt. Professorin Lee sei in beiden Welten zu Hause, der koreanischen und der deutschen. Ihre Habilitationsschrift an der Universität Halle beschreibe den Einfluss des chinesischen Staatsdenkers Konfuzius auf Philosophen der deutschen Aufklärung wie Christian Wolff, Gottfried Wilhelm Leibnitz und Immanuel Kant. Professorin Lee beschäftige sich mit Leidenschaft auch mit aktuellen politischen Fragen wie Wahlen in beiden Ländern und der Persönlichkeit der koreanischen Staatspräsidentin Park Geun-hye. Sie leite eine Arbeitsgruppe unter Dr. Werner Pfennig zur Dokumentation der Deutschen Einheit. Diese sei eine wichtige Grundlage für eine hochrangige deutschkoreanische Expertenkommission, die die koreanische Regierung in Fragen der Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel berät und der sie ebenfalls angehöre. Professorin Lee sei eine begeisterungsfähige und begeisternde Lehrerin für 130 Studenten der Koreanistik an der FU und eine wichtige Beraterin des jährlichen Deutsch-Koreanischen Forums, das in diesem Jahr im Juli in Goslar stattfand. Das „Jugendforum“ beruhe wesentlich auf ihren Ideen. Professorin Eun-Jeung Lee bedankte sich mit einem mitreißenden Vortrag über Paul Georg von Möllendorff, von 1882 bis 1885 wichtigster außenpolitischer Berater von König Gojong. Der polyglotte, ehemalige Diplomat musste Korea als Opfer von Intrigen verschiedener Presseerklärung, Botschafter a.D. Michael Geier Verleihung des Mirok-Lee-Preises an Professorin Dr. Eun-Jeung Lee (re.) durch Botschafter a.D. Michael Geier (li.). interessierter Großmächte wieder verlassen. Das tragische Ende der Yi-Dynastie [1392-1910] erlebte er nicht mehr. Zu Beginn begrüßte der Hausherr Norbert Knopp, Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf und Vater einer beginnenden Städtepartnerschaft zwischen Steglitz und einem Stadtteil (구, Gu) von Seoul, die Festversammlung. Gesandter Eon Wook Heo, Geschäftsträger a.i. der Botschaft der Republik Korea, hob in einer Gratulationsrede ebenfalls die Verdienste von Professorin Eun-jeung Lee hervor. Mirok Lee, Namensgeber des Preises, wurde 1899 in Korea geboren und floh 1920 als Aktivist der Unabhängigkeitsbewegung vor den japanischen Truppen über Schanghai nach Deutschland. 1928 promovierte er in Biologie und lehrte Chinesisch und Kalligrafie an der Universität München. Berühmt wurde er als Schriftsteller, vor allem mit dem autobiographischen Roman „Der Yalu fließt“. 1950 starb er und ist in einem Ehrengrab in Gräfelfing begraben. Der 1999 gestiftete Preis wird jährlich abwechselnd von der Deutsch-Koreanischen Gesellschaft in Berlin und der Koreanisch-Deutschen Gesellschaft in Seoul vergeben. 61 KULTUR KOREA VERANSTALTUNGEN Koreanisches Kulturzentrum / ab Juli 2013 KURSE Veranstaltungsort für alle Kurse: Koreanisches Kulturzentrum, Leipziger Platz 3, 10117 Berlin, Kontakt: Tel. 030/ 269 52-0 Sprachkurse Koreanisch Grundstufe 1A (1. Quartal: neuer absoluter Anfängerkurs) DozentIn: N.N. Dienstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 09.07.-10.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 1A (1. Quartal: neuer absoluter Anfängerkurs) DozentIn: N.N. Mittwoch, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 10.07.-11.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 1A (2. Quartal: Fortsetzungskurs des absoluten Anfängerkurses) DozentIn: N.N. Dienstag, 10.30-13.00 Uhr Zeit: 09.07.-10.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 1A (3. Quartal: Fortsetzungskurs der Grundstufe 1A des 2. Quartals) DozentIn: N.N. Montag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 08.07.-09.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1A (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 1B a (1. Quartal) DozentIn: N.N. Donnerstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 11.07.-12.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 1B b (1. Quartal) DozentIn: N.N. Samstag, 10.30-13.00 Uhr Zeit: 13.07.-14.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 1B (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 2A (1. Quartal) DozentIn: N.N. Dienstag, 18.00-20.30 Uhr Zeit: 09.07.-10.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 2A (Student‘s Book + Workbook) 62 KULTUR KOREA Kalligrafie-Kurs Grundstufe 2A (2. Quartal) DozentIn: N.N. Freitag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 12.07.-13.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 2A (Student‘s Book + Workbook) Grundstufe 2B (3. Quartal) DozentIn: N.N. Montag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 08.07.-09.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 2B (Student‘s Book + Workbook) Mittelstufe 3A (3. Quartal) DozentIn: N.N. Donnerstag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 11.07.-12.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 3A (Student‘s Book + Workbook) Mittelstufe 4A (3. Quartal) DozentIn: N.N. Freitag, 17.30-20.00 Uhr Zeit: 12.07.-13.09.13 Kursbuch: Sogang Korean New Series 4A (Student‘s Book + Workbook) Lehrmaterial: Die Lehrbücher können die Kursteilnehmer bei www.seoulselection.com oder www.koreanbook.de erwerben (Die Lehrbücher sind NICHT im Koreanischen Kulturzentrum erhältlich). Dozent: Zen-Meister Byong Oh Sunnim Mittwochs, 10.00 – 12.00 Uhr Mittwochs, 18.00 – 20.00 Uhr Unterrichtssprache: Koreanisch/ Deutsch *Der Einstieg in beide Kurse ist jederzeit möglich. Gayageum (zwölfsaitige Zither) Dozentin: Frau Yi Seul Park (Kontakt: 0179/ 3759509) Anfänger: Mittwochs, 16.00 – 17.30 Uhr Mittelstufe: Montags, 17.00 – 18.30 Uhr Unterrichtssprache: Koreanisch Danso (kleine Bambusflöte) und Daegeum (große Bambusflöte) Dozent: Herr Hong Yoo Danso: Dienstag, 17.00-18.30 Uhr Daegeum: Dienstag, 18.30-20.00 Uhr 3. Quartal (zehn Wochen): 30.07.–01.10.13 4. Quartal (zehn Wochen): 08.10.-17.12.13 Die Instrumente können im Koreanischen Kulturzentrum käuflich erworben werden. Unterrichtssprache: Koreanisch/ Englisch Koreanische Bewegungsmeditation Dozentin: Hanna (Seohee) Jang Mittwochs: 18.00 – 19.00 Uhr, Figur 19.10 – 20.10 Uhr, Yin/Yang Samstags: 11.00 - 12.00 Uhr, Yin/Yang 12.15 – 13.15 Uhr, Figur 13.30 – 14.30 Uhr, Power Programm 1. Figur-Yoga: figurformend/ Stärkung der Muskulatur 2. Yin/Yang-Yoga: natürliche Bewegungsmeditation *Der Einstieg in alle Kurse ist jederzeit möglich. Mitzubringen: eine Matte und bequeme Kleidung Leitung: Tel. 030/ 7680-4759 (Hanna) Hinweis: Im Juli und August pausiert der Kurs. Wiederbeginn: 04.09.13 (Mi) Änderungen vorbehalten VERANSTALTUNGEN Koreanisches Kulturzentrum / ab Juli 2013 VERANSTALTUNGEN KONZERTE Geomungo Sanjo der Han Gabdeuk-Schule Donnerstag, 05.09.13, 19.00 Uhr Veranstaltungsraum, Koreanisches Kulturzentrum Kim Joon-Young (Geomungo), Yoo Hong (Janggu), Chung Il-Ryun (Moderation) Momentum (2012) für Daegeum, Violine, Viola und Violoncello von Chung Il-Ryun Donnerstag, 21.11.13, 19.00 Uhr Veranstaltungsraum, Koreanisches Kulturzentrum AsianArt Ensemble (Yoo Hong, Daegeum; Matthias Leupold, Violine; Yoo Chang-Yun, Viola; Gabriella Strümpel, Violoncello; Chung Il-Ryun, Moderation) JazzKorea 29.11. - 08.12.13 München, Berlin, Frankfurt, Pfaffenhofen, Reutlingen, Diessen, Pforzheim, Grafing Weitere Informationen finden Sie auf S. 72. FILM FILM FOKUS KOREA 2013* 14.11.13, 19.00 Uhr Dance of Time (시간의 춤) 26.09.13, 19.00 Uhr Agada (수녀 아가다) Diaspora in koreanischen Filmen Dokumentation, 2009 (92 min) Regie: Song Il-gon Drama, 1984 (97 min) Regie: Kim Hyun-myung 12.12.13, 19.00 Uhr Hanaan (하나안) 24.10.13, 19.00 Uhr Red Gate of Tragedy (비련의 홍살문) 11.07.13, 19.00 Uhr Go (고) Drama/Aktion/Komödie, 2001 (122 min) Regie: Yukisada Isao 08.08.13, 19.00 Uhr Dooman River (두만강) Drama, 2009 (93 min) Regie: Zhang Lu 12.09.13, 19.00 Uhr Let The Blue River Run (푸른 강을 흘러라) Drama/Romanze, 2008 (85 min) Regie: Kang Mi-ja 10.10.13, 19.00 Uhr In Between Days (방황의 날들) Drama, 2006 (80 min) Regie: Kim So-young Drama/ Krimi, 2011 (88 min) Regie: Ruslan Park Kleine Im Kwon-taek Retrospektive 25.07.13, 19.00 Uhr Prince Yeon-san’s Life (연산일기) Drama, 1987 (118 min) Regie: Im Kwon-taek Drama, 1978 (100 min) Regie: Byun Jang-ho 28.11.13, 19.00 Uhr Man On Top of a Roof (지붕위의 남자) Drama, 1978 (105 min) Regie: Park Nam-soo Das Leid der Frauen 22.08.13, 19.00 Uhr Only because you are a woman (단지 그대가 여자라는 이유만으로) Drama, 1990 (105 min) Regie: Kim Yu-jin *Alle Filme haben englische Untertitel 63 KULTUR KOREA bundesweiTE VERANSTALTUNGEN - vorschau Kampagne: Feel Korea Gelebte koreanische Geschichte in Deutschland Von Eun-Seok Han Feel Korea beinhaltet sechs Videoclips, in denen in Deutschland lebende Koreaner/innen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen jeweils ihre persönliche Geschichte erzählen. Jede/r Erzähler/in schildert seine/ihre Erfahrungen und Eindrücke aus dem Leben und Wirken in Deutschland. Jede Erzählung ist für sich einzigartig und geformt von dem individuellen Charakter. Zugleich wird aber deutlich, dass das „Koreanische“ sich – bewusst oder unbewusst – in dem jeweiligen Leben und Wirken widerspiegelt. Die Darsteller der Reihe Feel Korea prägen auf ihre Art und Weise das gesellschaftliche Bild Deutschlands und geben der fünfzigjährigen Geschichte der Koreaner/ innen in Deutschland ein sympathisches und gleichzeitig authentisches Gesicht. Gelebte koreanische Geschichte in Deutschland. © Sangkun Yoo Der historische Hintergrund von Feel Korea Deutschland und Korea verbindet seit vielen Jahren eine tiefe Freundschaft. Die Grundlagen hierfür wurden bereits 1883 mit dem Abschluss des Handels-, Freundschafts- und Schifffahrtsvertrages zwischen Deutschland und Korea geschaffen. Seither entwickeln sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern kontinuierlich weiter. Ein Meilenstein in diesem Verhältnis bildet vor 50 Jahren die Unterzeichnung des Gastarbeitervertrages zwischen Deutschland und Korea. Im Zuge dieser Vereinbarung reisen koreanische Bergarbeiter und Krankenschwestern in die Bundesrepublik ein, um in den hiesigen Kohlebergwerken und Krankenhäusern zu arbeiten. Ankunft der ersten Krankenschwestern in Deutschland 64 KULTUR KOREA Diese erste Generation koreanischer Einwanderer bildete das Fundament für die heute so intensive Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Korea. Auf politischer, wirtschaftlicher und kultureller Ebene herrscht ein reger Austausch zwischen beiden Ländern. Für mehr als 30.000 Koreaner ist Deutschland inzwischen zur zweiten Heimat geworden, sodass koreanisches Leben aus Deutschland nicht mehr wegzudenken ist. Viele hochqualifizierte Koreaner arbeiten in deutschen Unternehmen. Umgekehrt bieten zahlreiche koreanische Unternehmen vielen Deutschen einen sicheren Arbeitsplatz. Wie alles begann… Die Idee für einen Beitrag über Koreaner in Deutschland schwebte meinem Freund Myong-Hun Oh und mir schon seit geraumer Zeit vor. Aus unserer Sicht war die Wahrnehmung von Korea und insbesondere der koreanischen Gemeinde und ihrem gesellschaftlichen Beitrag in Deutschland vergleichsweise gering. Immer wieder tauschten wir uns darüber aus, wie die Sichtbarkeit der Verdienste von in Deutschland lebenden Koreanern erhöht werden könnte. Bei all den Überlegungen spielte auch die tiefe Dankbarkeit unseren eigenen Eltern gegenüber eine tragende Rolle, die uns stets unterstützend zur Seite standen. Sie hatten selbst vor vielen Jahren den Weg aus Korea nach Deutschland gefunden und sind seitdem ein Teil der gelebten koreanischen Geschichte in Deutschland. Diese Geschichte galt es zu würdigen. Im Spätsommer 2012 nahm die Idee konkrete Form an. Wir waren uns schnell einig, dass das Format modern und authentisch sein sollte. Die Authentizität sollte vor allem durch die Anwendung des „emotional storytelling“ (‚emotionales Geschichtenerzählen‘) in den Videoclips zum Tragen kommen. Im Kern wurde eine Reihe von kurzen Videoclips angedacht, in der in Deutschland lebende Koreaner der 1. und 2. Generation ihre ganz persönliche Geschichte erzählen. Einen großen Schub erhielt das Projekt schließlich durch die Unterstützung des koreanischen Generalkonsulats in Frankfurt a.M. Die Zusammenarbeit mit Feel Korea war dabei eher einem Zufall zu verdanken. MyongHun Oh hatte gemeinsam mit seiner Frau Adi am vom koreanischen Außenministerium initiierten Filmwettbewerb „I love Korea because…“ mit einem Videobeitrag teilgenommen und unter 1400 weltweit eingereichten Filmbeiträgen den Golden Prize gewonnen. Bei einem Treffen mit dem Botschafter aus Seoul, der für Public Diplomacy verantwortlich ist, präsentierte er die Idee und erhielt sofort dessen Zusage, das Projekt zu unterstützen. Während der Dreharbeiten, die sich über einen Zeitraum von etwa zwei Monaten erstreckten, wurden wir uns immer mehr des Privilegs bewusst, die in Deutschland lebenden Koreaner filmisch begleiten zu dürfen. „Wir waren beeindruckt von jeder einzelnen Geschichte, die stets etwas ‚Koreanisches‘ in sich trug“, so Myong-Hun Oh. Nach den Gesprächen mit den Darstellern hatten viele mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen, die aber oftmals als ‚typisch koreanisch‘ erachteten Verhaltensweisen wie z.B. Disziplin oder Fleiß zugeordnet wurden. „In ein fremdes Land zu migrieren, hat für mich viel mit Mut, Aufopferung, aber auch mit einem unbedingten Willen, es schaffen zu wollen, zu tun. Ob als Arbeiter oder Akademiker, die Menschen dachten nie ans Aufgeben, sondern immer nur ans Weitermachen. Dieser unbedingte Wille ist meines Erachtens eng mit einem Anpassungswillen verknüpft. Somit sind wir bei dem Thema Integration angekommen“, so Oh. Des Weiteren erinnert sich Oh an die vielen Begegnungen und interessanten Gespräche, auch wenn die Kamera mal nicht lief. „Jeder Darsteller hat uns herzlich empfangen und uns tiefe Einblicke in sein Leben gewährt. Ich habe nie irgendwelche Hemmungen gespürt. Im Gegenteil, uns wurde immer leckeres Essen serviert, als wären wir ,nach Hause‘ gekommen.“ © Myong-Hun Oh Feel Korea – Die Kampagne Den Start der Feel Korea -Kampagne bildet das für den 16. Juli 2013 geplante Launching Event im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt a.M., bei dem der Öffentlichkeit erstmals die Hintergründe und Videoclips vorgestellt werden. Zugleich werden die Clips sowie weitere Informationen zu Veranstaltungen auf einer Homepage (http:// feelkorea.org) zur Verfügung gestellt. Durch die Bereitstellung der Clips auf verschiedenen Social Media-Kanälen (Facebook etc.) soll zudem insbesondere das jüngere Publikum angesprochen und informiert werden. Einen weiteren Baustein der Kampagne stellen geplante Kooperationen beispielsweise mit der hessischen Landesregierung, mit Rundfunkanstalten oder Stiftungen dar, die den Fokus auf das Thema Integration richten. Die Initiatoren Eun-Seok Han (links) und Myong-Hun Oh (rechts) Die Initiatoren Myong-Hun Oh ist freiberuflicher Filmemacher aus Frankfurt am Main. Er führt bei Feel Korea Regie, übernimmt Kamera und Schnitt und ist außerdem für die Kreation sowie die Dramaturgie und Inszenierung der einzelnen Filme verantwortlich. Seit seinem Beginn als Filmemacher im Jahre 2009 konnte er schon bei vielen internationalen Projekten mitarbeiten und seine Fähigkeiten im „storytelling“, aber auch in Bezug auf die technischen Aspekte des Filmemachens kontinuierlich ausbauen (www.myonghunoh.com) Eun-Seok Han ist hauptberuflich im Finanzsektor mit Schwerpunkt Strategie & Beteiligungen tätig. Bei Feel Korea ist er insbesondere für das Projektmanagement, die Szenarioplanung der Clips und die OnlineKampagne zuständig. 65 KULTUR KOREA bundesweiTE VERANSTALTUNGEN - vorschau t“, sign und Identitä „Korea Power. De 13 ndte Kunst 20 Museum Angewa Museumsuferfest 2013 Korea Pavillon „Korea Power“, Mittlerer und kleiner Soban, Arumjigi Culture Keepers, 2011, Aluminium, Teakholz Von Houyem Ben Amor Korea Pavillon 2013 – Vielfältigkeit Koreas erleben Das Generalkonsulat der Republik Korea in Frankfurt a.M. wird zum dritten Mal in Folge an dem Museumsuferfest teilnehmen und erneut eine einzigartige Kombination aus Kunst, Kultur und koreanischen Spezialitäten präsentieren. Nachdem sich die Besucher im Korea Pavillon in die 66 KULTUR KOREA Wie auch im letzten Jahr wird dabei rund um das Museum und den Korea Pavillon ein vielseitiges Programm geboten, das den Besuchern einen interessanten Einblick in die Kultur Koreas bietet. Die Ausstellung „Korea Power – Design und Identität“ Vom 27. April bis zum 25. August zeigt das Museum Angewandte Kunst unter dem Titel „Korean Power“ eine Sonderausstellung zum zeitgenössischen Produkt- und Grafikdesign Koreas. Südkorea zählt heute zu den führenden Industrieländern. Parallel zu seiner enormen Produktion von Konsumgütern entwickelt sich das Land zu einer Kulturregion, in der intensiv nach Lösungen für die Weiterentwicklung der Produktwelt von morgen gesucht wird. Welche Wege Südkorea dabei bestreitet und warum sich das Land zu einem der dynamischsten und abwechslungsreichsten Orte für Design im ostasiatischen Raum etablieren konnte, thematisiert die Ausstellung „Korea Power. Design und Identität“. Foto rechts: Cho Heewon © Museum Angewandte Kunst Die 22 am Mainufer gelegenen Museen haben während des Festivals ihre Tore bis weit in die Nacht hinein geöffnet und laden Besucher, die einen Museumsuferfest-Button tragen, zu kostenlosen Besichtigungen und Führungen ein. An der etwa vier Kilometer langen Uferpromenade werden auf mehr als 20 Bühnen Tanz- und Musikvorführungen dargeboten, und an den rund 1000 Verkaufsständen wird nicht nur für das leibliche Wohl gesorgt, sondern es werden auch allerlei kunsthandwerkliche Gegenstände und Souvenirs feilgeboten. exotische Welt der koreanischen Küche entführen lassen haben, können sie anschließend im Museum Angewandte Kunst die aktuelle Sonderausstellung „Korea Power – Design und Identität“ besuchen. Foto links: Nobert Miguletz © Museum Angewandte Kunst Von Freitag, den 23. August, bis Sonntag, den 25. August, findet in Frankfurt am Main das alljährliche Museumsuferfest statt. Ein ganzes Wochenende lang steht Frankfurt im Zeichen von Kunst, Varieté und Musik aus aller Welt. Mittelpunkt der Veranstaltung ist dabei das Mainufer, das wegen der zahlreichen, dort angesiedelten Museen auch „Museumsufer“ genannt wird, was diesem größten Kulturfestival Europas mit seinen über drei Millionen Besuchern seinen Namen gab. Rückblick: der Korea Pavillon 2012 – Kombination von Kunst, Kultur und einzigartigem Geschmack Auf dem Museumsuferfest 2012 wurden im Korea Pavillon an sechs verschiedenen Ständen eine große Auswahl koreanischer Spezialitäten, Getränke und Süßspeisen angeboten. Die Korea Tourism Organization stellte zudem ausführliche Informationen über Korea als Reiseland zur Verfügung. Bushaltestelle Boseong Girl‘s Middle & High School in Seoul, 2012 Auf dem Museumsuferfest 2013 wird das Museum Angewandte Kunst die Entwicklung der koreanischen Identität bis zur heutigen Moderne anhand zahlreicher Begleitprogramme erklären. Freuen Sie sich bei dem diesjährigen Museumsuferfest auf das Erlebnis der koreanischen Kunst, das breite und facettenreiche Angebot an Kulturveranstaltungen und den einzigartigen Geschmack Koreas. Öffnungszeiten Korea Pavillon: Fr. 23.08.2013 15.00 - 01.00 Uhr Sa. 24.08.2013 11.00 - 01.00 Uhr So. 25.08.2013 11.00 - 24.00 Uhr © Houyem Ben Amor Foto: Dieter Leistner © Museum Angewandte Kunst Weitere Informationen: http://deu-frankfurt.mofa.go.kr http://www.museumangewandtekunst.de Houyem Ben Amor studiert empirische Sprachwissenschaften mit dem Schwerpunkt Sprache und Kultur Koreas und Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 2012 Mitglied des Project K e.V., hilft sie bei der Organisation und Umsetzung von Project K – The Korean Filmfestival. Sie hat 2012 auf dem Museumsuferfest am Korea Pavillon mitgearbeitet. Zurzeit ist sie als Praktikantin im Generalkonsulat der Republik Korea in Frankfurt tätig. Der Korea Pavillon befand sich direkt gegenüber dem Museum Angewandte Kunst, in dem zu dieser Zeit die Sonderausstellung „Entdeckung Korea! Schätze aus deutschen Museen“ präsentiert wurde. Diese Ausstellung bildete auch den Fokus des Sommerprogramms des Museums. Neben regelmäßigen Führungen, die von Freitag bis Sonntag angeboten wurden, organisierte das Museum in Zusammenarbeit mit dem Generalkonsulat der Republik Korea in Frankfurt für Groß und Klein ein buntes Begleitprogramm zum Thema Korea. So wurden im Museum Angewandte Kunst koreanische Teezeremonien vorgeführt, bei denen zum Grünen Tee aus koreanischen Keramiken auch typisches koreanisches Teegebäck gereicht wurde. Des Weiteren wurde der Ablauf einer traditionellen koreanischen Hochzeitszeremonie gezeigt sowie die Fotoaktion „Bitte lächeln“ veranstaltet, die die Besucher ebenso zum Mitmachen animierte wie der Workshop zu koreanischen Drucktechniken, bei denen Interessierte koreanische Tier-, Pflanzen- und Landschaftsbilder drucken konnten. Weitere Programm-Highlights waren der Hanji-Workshop (koreanisches Spezialpapier), der Kalligrafie-Stand sowie der Keramik-Workshop im Freien, bei dem die Besucher ihre eigenen Teeschalen nach koreanischem Vorbild dekorieren und in der Abenddämmerung in einem mobilen Ofen brennen konnten. Natürlich kamen bei all diesen Angeboten auch Musik und Tanz nicht zu kurz. Angefangen von traditionellen Trommeltänzen bis hin zu aktueller B-Boy-Musik wurde alles gespielt, was die koreanische Klangwelt zu bieten hat. 67 KULTUR KOREA bundesweiTE VERANSTALTUNGEN - vorschau Project K 2012, Eröffnung Project K Project K 2012, Teezeremonie The Korean Film Festival in Frankfurt am Main Von Jessica Alexander 68 KULTUR KOREA Filmfestival, veranstaltet von dem gemeinnützigen Verein Project K e.V., ins Leben gerufen. Erfolgreiches Project K 2012 Der Verein wurde 2012 aus dem Wunsch heraus gegründet, der Kultur Koreas, insbesondere der des koreanischen Films in Deutschland, einen höheren Bekanntheitsgrad zu verleihen. Filminteressierte Studenten der Frankfurter Koreastudien schlossen sich aus diesem Grund mit dem Generalkonsulat der Republik Korea und dem Korean German Network e.V. zusammen, um innerhalb Frankfurts eine „koreanische Insel“ in Form eines Filmfestivals zu gründen. Doch warum ausgerechnet in Frankfurt? Im Rhein-MainGebiet leben etwa 5000 Koreaner und Koreanerinnen, soviel wie nirgendwo sonst in Kontinentaleuropa. Mehr als 300 koreanische Unternehmen sind in Frankfurt und Umgebung ansässig. Dies hat zur Folge, dass die koreanische Kultur den Ballungsraum Frankfurt auf vielfältig Weise beeinflusst. So werden im Koreanischen Kulturzentrum e.V. (erbaut 2005) regelmäßig verschiedene Veranstaltungen und Möglichkeiten des interkulturellen Austausches angeboten. Frankfurt als ein Ballungszentrum koreanischer Kultur bietet demnach den idealen Austragungsort für ein solches Filmfestival. Fotos: © Project K Trotz der wachsenden Beliebt- und Berühmtheit des koreanischen Films seit den 1990er Jahren zunächst in Ostasien, mittlerweile aber auch weltweit, ist diese Entwicklung in Europa erst seit knapp zehn Jahren zu beobachten. Der koreanische Film stößt hier im Vergleich zu seinen asiatischen Nachbarn noch immer auf eher geringe Resonanz, setzt sich bei internationalen Juroren jedoch immer mehr durch. Der Erfolg des Films Oasis (2002) des Regisseurs Lee Chang-dong bei den Filmfestspielen von Venedig 2002 (Gewinner des Silbernen Löwen) markierte den Beginn einer Reihe weiterer renommierter Auszeichnungen für das koreanische Kino. Park Chan-wook erhielt nur zwei Jahre später für seinen bekannten Film Oldboy (2003) den zweiten Großen Preis der Jury von Cannes und auf der Berlinale desselben Jahres den Preis für die beste Regie für Samaria (2004). Und erst letztes Jahr wurde Kim Ki-duks Film Pieta (2012) in Venedig der Goldene Löwe verliehen, und der Regisseur selbst erhielt den umworbenen Douglas-Sirk-Preis des Filmfestes Hamburg. Man kann also davon ausgehen, dass der koreanische Film in Zukunft eine tragende Rolle spielen und sich bei den Zuschauern zunehmender Beliebtheit erfreuen wird. Und doch ist der Bekanntheitsgrad des koreanischen Kinos in Deutschland noch klein – wie gesagt. Um diesem Umstand entgegenzutreten, wurde Project K – The Korean Project K 2013: „4 Days in Seoul“ Nach dem erfolgreichen ersten Festival findet Project K – The Korean Filmfestival dieses Jahr erneut statt. Vom 17. bis zum 20. Oktober 2013 entsteht auf dem Frankfurter Universitätscampus Bockenheim erneut eine koreanische Insel. Unter dem Motto „4 Days in Seoul“ wird das Veranstaltungsgebäude entsprechend der koreanischen Hauptstadt in verschiedene Viertel unterteilt. In den „Stadtteilen“ Gangnam, Itaewon, Myeong-Dong und Insa-Dong werden die Besucher in eine koreanische Welt innerhalb Frankfurts am Main entführt. Neben einer großen und abwechslungsreichen Auswahl an Filmen soll die koreanische Kultur, ihre moderne wie auch die traditionelle Seite, den Besuchern auf anschauliche Weise nähergebracht werden. Das Filmfestival wird am Donnerstagnachmittag eröffnet. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf dem koreanischen Film. In der künstlerischen Auseinandersetzung ermöglicht dieses Medium einen unmittelbaren Einblick in die koreanische Gesellschaft. Auf dem diesjährigen Filmfestival werden dabei nicht nur die im Ausland preisgekrönten Filme gezeigt, sondern auch die international weniger bekannten Produktionen. Auf diese Weise möchten wir die Vielfalt der koreanischen (Film-) Kultur präsentieren und bei dem deutschen Publikum den koreanischen Film in seiner ganzen Bandbreite etablieren. Das koreanische Filmfestival Project K wird durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm ergänzt. Traditionelle Kultur, koreanisches Essen und K-Pop-Events (kostenloses Hip-Hop Konzert des deutsch-koreanischen Rappers JongsN, koreanischer Karaoke-Wettbewerb, K-Pop Party) spiegeln den Facettenreichtum und die Dynamik der koreanischen Kultur wider. Workshops zu „Korean Martial Arts Yoga“, präsentiert von einer koreanischen Yoga-Schule aus Frankfurt, und zu koreanischem Tanz nach dem Vorbild des spätestens seit seinem „Gangnam Style“ in Deutschland sehr beliebten K-Pop-Stars PSY, runden das diesjährige Rahmenprogramm von Project K ab und sind nur einige von vielen Höhepunkten. Eine Neuerung des diesjährigen Festivals stellt die Einführung eines themenbezogenen Kulturprogramms dar. Im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums des Anwerbeabkommens zwischen Deutschland und Korea werden von Freitag bis Sonntag koreanische Bergarbeiter und Krankenschwestern dem interessierten Publikum erzählen, wie sie in den 1960er Jahren nach Deutschland kamen und welche Erfahrungen sie in dieser anfangs neuen Umgebung machten. Umrahmt werden diese Zeitzeugenberichte von einer Ausstellung mit persönlichen Bildern der vortragenden Gäste. Darüber hinaus wird es am Donnerstag und Freitag Vorträge zu Themen wie der „Koreanischen Filmgeschichte“ und „Korean Wave International“ geben, die dem Besucher einen tieferen Einblick in die moderne koreanische Kultur und ihren weltweiten Einfluss ermöglichen. Im vergangenen Jahr gab es eine Sonderaktion, und es wurden zwei Round-Trip-Tickets nach Südkorea verlost. Während der Hanbok-Anprobe und K-Pop-Party hatten unsere Fotografen Bilder von den Teilnehmern gemacht. Der Teilnehmer mit den meisten „Likes“ auf einer sozialen Netzwerkseite gewann eines der Tickets. Das zweite Ticket wurde unter den Kinobesuchern verlost. Diese Sonderaktion wird es auch in diesem Jahr wieder geben. Weitere Informationen: www.project-k-frankfurt.de Facebook: www.facebook.com/ProjectKTheKoreanFilmfestival Twitter: @Project_K_eV © Jessica Alexander Vom 12. bis 14. Oktober 2012 fand daher zum ersten Mal das Project K – The Korean Filmfestival auf dem Bockenheimer Universitätscampus statt. Über das Medium Film wurden das Land Korea und vorwiegend die gegenwärtige koreanische Kultur authentisch und unmittelbar im Zuge eines abwechslungsreichen Rahmenprogramms vorgestellt. Neben genreübergreifenden Filmen konnten die Besucher im Rahmen zahlreicher traditioneller Workshops ihr Wissen über koreanische Kalligrafie und Tee-zeremonie erweitern und selbst in klassische koreanische Gewänder schlüpfen. Obwohl das Filmfestival zum ersten Mal veranstaltet wurde, konnte es im Schnitt mit 2500 zufriedenen Besuchern am Wochenende einen erfolgreichen Start für die Folgejahre erzielen. Positive Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge erhielt das Project K – The Korean Filmfestival vor allem über soziale Netzwerke. Begeisterte Besucher schrieben: „Grandioses Festival!“, „Es war einfach Bombe“, „Wieso erst nächstes Jahr?“. Jessica Alexander studiert an der Frankfurter GoetheUniversität Japanologie und empirische Sprachwissenschaften mit dem Schwerpunkt KoreaStudien. Seit 2012 Mitglied des Project K e.V., hilft sie bei der Organisation und Umsetzung von Project K – The Korean Filmfestival. 69 KULTUR KOREA bundesweiTE VERANSTALTUNGEN / Juli - Dezember 2013 JULI 02. Juli Hamburg Querflötenabend BachelorAbschlussprüfung von Junhee Park und Xiou Roung Liu Eintritt frei Zeit: 20.00 Uhr Ort: Spiegelsaal im Museum für Kunst und Gewerbe Steintorplatz, 20099 Hamburg Tel: 040/ 42813-4880 03. Juli Berlin Veranstaltungsreihe: Westliche Musik in Korea Kim Hye-sun Zeit: 18.00 Uhr Ort: Institut für Koreastudien, Raum 5 Fabeckstraße 7, 14195 Berlin Tel: 030/ 8385-6894 E Mail: koreastudien@geschkult. fu-berlin.de geschkult.fu-berlin.de 05. Juli-1. September Frankfurt am Main Einzelausstellung „Walls To Talk To“ von Jewyo Rhii Eröffnung: 4. Juli um 19.00 Uhr Ort: Museum für moderne Kunst Domstraße 10 60311 Frankfurt am Main Tel: 069/ 2123-0447 mmk-frankfurt.de 06. Juli Hamburg Opera Recital Konzert Abschlussprüfung Recital Han-Sung Yoo Eintritt frei Zeit: 16.45 Uhr Ort: Forum der Hochschule für Musik und Theater Hamburg Harvestehuder Weg 12 20148 Hamburg Tel: 040/ 428482 hfmt-hamburg.de 07. Juli Berlin Europäischer und koreanischer Lieder-und Klavierabend Ducksoon Park-Mohr (Sopran) und Markus Wenz (Klavier) Eintritt frei Zeit: 17.00 Uhr Ort: Königin-Luise-Kirche Waidmannslust Bondickstraße 74, 13469 Berlin Tel: 030/ 4111-145 ev-kg-w.de 13. Juli Stuttgart „Friede auf Erden“ – vier Uraufführungen und Werke von Hyun Kyung Lim und Jin Soo Kim Sechs koreanische KomponistInnen Eintritt frei Zeit: 20.00 Uhr Ort: Spätgotische Stadtkirche Stuttgart – Bad Cannstatt Marktplatz 1, 70372 Stuttgart – Bad Cannstatt Tel: 0711/ 5499-7378 musik-am-13.de 16. Juli Frankfurt am Main „Feel Korea“ – LaunchingEvent Zeit: 20.15 Uhr Ort: Deutsches Filmmuseum Schaumainkai 41 60596 Frankfurt am Main 17. Juli Kassel Jazz-Abend Youn Sun Nah und Ulf Wakenius Zeit: 19.30 Uhr Ort: Kulturzelt an der Drahtbrücke Kassel Friedrich-Ebert-Straße 176a, 34119 Kassel Tel: 0561/ 203-204; 0561/ 788-060 kulturzelt-kassel.de 20. Juli Remscheid Weltklassik am Klavier – Intermezzi und Rhapsodien von Brahms Yu Mi Lee (Klavier) Zeit: 17.00 Uhr Ort: Klosterkirche RemscheidLennep Klostergasse 8 42897 Remscheid Tel: 0 49 27 – 187 949 E Mail: info@weltklassik.de weltklassik.de AUGUST 13. August 13. August Kassel Gwacheon Symphonieorchester aus Südkorea List „Impressionen aus dem südkoreanischen Wattenmeer“ Vortrag von Anja Szczesinksi vom WWF Zeit: 20.00 Uhr Ort: Kongress Palais Stadthalle, Festsaal Friedrich-Ebert-Straße 152 34119 Kassel Tel: 0561/ 707-702 E Mail: kongress-palais@kasselmarketing kongress-palais.de 70 KULTUR KOREA Eintritt frei Zeit: 18.15 Uhr Ort: Erlebniszentrum Naturgewalten Sylt Hafenstraße 37, 25992 List Tel: 04651/ 836-190 naturgewalten-sylt.de 23. – 25. August Frankfurt am Main Museumsuferfest 2013 – Korea Pavillon Tel: 069/ 21 23 88 00 museumsuferfest.de Bis 25. August Frankfurt am Main Korea Power – Design und Identität Ort: Museum Angewandte Kunst Schaumainkai 17 60594 Frankfurt Tel: 069/ 21234037 museumangewandtekunst.de SEPTEMBER 04. September 07. - 15. September Greifswald Stücke von Bach, Schumann, Schubert und Frank Hyeyoon Park (Violine) und Florian Uhlig (Klavier) Berlin Workshops: Koreanische Teezeremonie Zeit: 19.30 Uhr Ort: Aula der Universität Domstraße 11 17489 Greifswald festspiele-mv.de Zeit: jeweils um 12.00 Uhr, 14.00 Uhr und 16.00 Uhr Ort: Gärten der Welt Eisenacher Straße 99 12685 Berlin Anmeldung erforderlich Tel: 030/ 70090-6699 gruen-berlin.de Bis 20. September München „Exploring Korea Impressionen der Jugendbildungsreise des Jugendtreffs am Biederstein durch Südkorea“ Eintritt frei Paul-Heyse-Straße 22 80336 München Tel: 089/ 343776 kjr-m.de Ort: Galerie 90 in der Geschäftsstelle des Kreisjugendrings (KJR) München-Stadt OKTOBER 11. Oktober 17. - 20. Oktober Marienberg 3. Stadtkonzert: Streichtrio Triple Strings Amy Park (Violine), Peijun Xu (Viola) und Hendrik Blumenroth (Violoncello) Frankfurt am Main „Project K – The Korean Filmfestival“ Zeit: 19.30 Uhr Ort: Ratssaal des Marienberger Rathauses Markt 1, 09496 Marienberg Tel: 03735/ 602-270 Ort: AStA, Campus Bockenheim Mertonstr. 26-28 60325 Frankfurt am Main project-k-frankfurt.de 17. Oktober - Ende Januar 2014 Bonn Ausstellung als Teil des Projekts „Transfer Korea- NRW“ Ort: Kunstmuseum Bonn Friedrich-Ebert-Allee 2 53113 Bonn Tel: 0228/ 776-260 kunstmuseum-bonn.de 18. Oktober - 05. Januar 2014 Düsseldorf Ausstellung als Teil des Projekts „Transfer KoreaNRW“ Tel: 0211/ 8996-243 kunsthalle-duesseldorf.de 19. Oktober - 05. Januar 2014 Hagen Ausstellung als Teil des Projekts „Transfer KoreaNRW“ Ort: Osthaus Museum Hagen Museumsplatz 3, 58095 Hagen Tel: 02331/ 2073-138 osthausmuseum.de Ort: Kunsthalle Düsseldorf Grabbeplatz 4 40213 Düsseldorf NOVEMBER / Dezember 02. November Ueckermünde Koreanischer Kulturabend Zeit: Einlass 18.00 Uhr Beginn: 19.00 Uhr Ort: Pommern Mühle Liepgartener Straße 88 17373 Ueckermünde Tel: 0397771/ 2000 pommern-muehle.de 29. November - 08. Dezember JazzKorea München, Berlin, Frankfurt, Pfaffenhofen, Reutlingen, Diessen, Pforzheim, Grafing Weitere Informationen finden Sie auf S. 72. 71 KULTUR KOREA I MPRE S S U M HERAUSGEBER Koreanisches Kulturzentrum Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea Leipziger Platz 3, 10117 Berlin www.kulturkorea.org LEITER 29.11.2013 - 08.12.2013 zz a JKorea Gesandter-Botschaftsrat Jong Seok Yun REDAKTION Gesine Stoyke Dr. Stefanie Grote GESTALTUNG Setbyol Oh MITARBEIT Jongmin Lee Korean German Jazz Exchange KONTAKT Tel: (030) 269 52-0 Fax: (030) 269 52-134 E-Mail: redaktion@kulturkorea.org Auflage: 5000 Exemplare VERTRIEB Koreanisches Kulturzentrum Kulturabteilung der Botschaft der Republik Korea Bezug gratis über den Herausgeber. Kultur Korea erscheint als Print-Magazin und steht auf der Website des Koreanischen Kulturzentrums im PDF-Format zum Download zur Verfügung: www.kulturkorea.org Berlin/ Koreanisches Kulturzentrum München/ Unterfahrt Frankfurt a.M./Jazzkeller Reutlingen/World of Basses Diessen/Musiksalon Pfaffenhofen/Künstlerwerkstatt Grafing/Jazz Grafing Pforzheim/Domicile Frankfurt a.M./ Jüdisches Museum Sämtliche, von Redaktionsseite erfolgten Übersetzungen und Anmerkungen sind durch eckige Klammern kenntlich gemacht. JazzKorea Online jazzkorea.kulturkorea.org www.facebook.com/JazzKorea2013 Redaktion Kultur Korea Fotos: privat Haftungshinweis: Die Redaktion übernimmt keine Haftung für die Inhalte und Angaben der veröffentlichten Autorenbeiträge. Die Geltendmachung von Ansprüchen jeglicher Art ist ausgeschlossen. 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