2 - NOZ

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TOPS UND FLOPS SEITE 19
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
AUSGABE 03/13
Ideenlabor fürs
Heim von morgen
EINZELPREIS 1,90 €
E D I TO R I A L
KREATIVITÄT
Helle Köpfe
VON BERTHOLD HAMELMANN
Bei dem Tapetenhersteller Rasch und der Gardinenmarke
ADO entwerfen Designer Wohnwelten der Zukunft
Bei Rasch gestalten
14 Kreative aus
fünf Nationen.
ADO arbeitet unter
neuem Eigner an einer
Verjüngung der Marke.
VON CHRISTIAN SCHAUDWET
BRAMSCHE/ASCHENDORF. Mit einer neuen Marken- und Designstrategie hat der Bramscher
Tapetenhersteller Rasch die
Absatzschwächen vergangener
Jahre wettgemacht. Auch die
Aschendorfer Heimtextilmarke
ADO versucht den Neuanfang.
4 198252 601901
130 03
Die letzte Gewissheit kam Sigrid
Frommberger auf der „100 % Design“, der größten britischen Messe für Möbel- und Einrichtungsdesign in London. „Dort ist mir endgültig klar geworden: Dies wird
ein Thema“, sagt die schlanke, in
schlichtem Schwarz gekleidete
Frau. Das Thema liegt vor ihr ausgebreitet auf einem tischtennisplattengroßen Tisch im DesignStudio des Bramscher Tapetenherstellers Rasch. Es hat eine wellige,
in kleinen Rauten gesteppte Oberfläche, die sanft nachgibt, wenn
man mit dem Finger darauf
drückt. Farbe: mattes Anthrazit.
Anmutung: edel.
Die Kollektion „Verity“ der
Rasch-Nobelmarke „1861“ ist für
die Wände exklusiver Räume bestimmt. Dem Salon eines FünfSterne-Hotels im 80. Stock über
den Dächern von Schanghai etwa
würde sie gut stehen. Monochrome dreidimensionale Oberflächen
wie bei „Verity“ seien im Kommen,
sagt Frommberger, die das Produkt offiziell auf der Leitmesse
Heimtextil Anfang 2014 vorstellen
will. Warum 3-D? „Unsere Finger
wollen etwas fühlen, aber in unserem Alltag wird alles glatter. Es
gibt immer weniger haptische
Reize.“ Dem setzt Rasch
anfassbare,
ertastbare Wandbedeckungen
entgegen. Für ihre
Kollektion
„African
Queen“ ahmen die Bramscher einfach die Natur nach:
Straußenleder, Ziegenfell, die
Haut eines Rochens oder einer
Schlange stehen Pate. Pflichtübung bei der Gestaltung solcher
MACHER &
MÄRKTE
Tapeten: Die Designer müssen die
Originale vor sich haben – wenngleich nicht zwingend lebendige.
Leder- und Fellproben tun es
auch.
Es läuft wieder besser für das
1861 in der Tuchmacherstadt
Bramsche bei Osnabrück gegründete Familienunternehmen. Vor
einigen Jahren litt die RaschGruppe, zu der auch die Tapetenfabrik Sintra in der Ukraine,
Rasch Textil, Elbersdrucke, Kupferoth und Rasch Druckerei und
Verlag zählen, unter hausgemachten Problemen und unter den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. 2009 sackte der Umsatz um 13 Prozent auf 143 Millionen Euro. Dass sich der Mittelständler seitdem gefangen hat –
2012 erwirtschaftete er mit 201
Millionen Euro den höchsten Umsatz seiner Geschichte –, hat mit
dem boomenden Tapetenmarkt,
aber auch mit Raschs neuer Design- und Markenstrategie zu tun.
2010 begann das Unternehmen
unter der Ägide seiner neuen Marketing-Leiterin
Ulrike
Feierabend-Hoffmeier, die Marke von
Grund auf neu auszurichten. Neu
Rasch begann,
die Marke von
Grund auf neu
auszurichten.
im Fokus: der Endverbraucher. Das war in der Tapetenbranche zuvor kaum üblich. Hatte Rasch sich bis dahin vor allem
um die Aufmerksamkeit von
Großabnehmern im Handel
bemüht, gab man sich
durch Marketing und Werbung nun auch als Marke
für Endkunden zu erkennen. Was zugleich eine
Rückbesinnung auf eigene
Traditionen
bedeutete:
Emil Rasch, der 1929 als Pionier gemeinsam mit dem Bauhaus in Dessau Tapetenkollektionen
entwickelt
hatte, gab in den
Sechzigerjahren
auch den Anstoß
zur ersten TVWerbekampagne
eines deutschen
Tapetenherstellers.
Mit dem Marken-Neustart
verpasste sich Rasch ein
neues Logo, das den historischen Turm des Firmengebäudes in Bramsche zeigt, und
ordnete seine Produktpalette in
drei Segmente: „Taste“, orientiert
an bestehenden Stilen und schmaleren Budgets, „Style“ soll extravagante
Geschmäcker
treffen,
„Rasch 1861“ richtet sich mit besonders hochwertigen, teuren
Modellen an den Luxusmarkt.
Und dieser erlaubt die kühnsten Entwürfe: „Je elitärer die
Zielgruppe, desto weiter kann
man sich von Konventionen
entfernen“, sagt Frommberger.
Zwei Jahre später: Die neue Strategie stößt auf Interesse. „Auf der
Heimtextil 2012 begegnete man
uns mit Neugier“, sagt FeierabendHoffmeier. Drei Jahre später: Die
Rechnung scheint aufzugehen. „In
diesem Jahr bekommen wir positives Feedback
aus dem gesamten
Markt.“ Indizien sind für
die
Marketing-Leiterin
unter anderem Kundenkom-
Ideenarbeit :
Rasch-Designchefin
Sigrid Frommberger
Foto: Jörn Martens
BRANCHEN &
BETRIEBE
GELD &
GESCHÄFT
D
Bunt und auffällig: Ausschnitt aus einem Wandbild aus der Rasch-Kollektion „30 Days“.
mentare auf Raschs Facebook-Seite
und die Download-Zahlen der neuen Rasch-App. Mit der können
Kunden virtuell ihre Wohnungen
einrichten – und mit Rasch-Ware
tapezieren.
Doch bevor das passiert, muss
die Tapete in Serie gefertigt worden sein, muss der Herstellungsprozess zuvor in der Prototypenproduktion getestet worden sein
und müssen – viele Schritte vorher
– Rasch-Designer Entwürfe vorgelegt haben, die ihre Chefin Sigrid
Frommberger überzeugten.
14 Kreative aus fünf Nationen
stehen in Raschs gestalterischen
Diensten. Es sind Deutsche, Franzosen, Briten, Niederländer und
Russen – der russische Absatzmarkt wächst.
Forsetzung Seite 2
LEBEN &
LEIDENSCHAFT
Kreative Zentren
in der Region
Im Simulator durch
die digitale Nordsee
Überleben als
Freiberufler
Barbara Schönebergers
Liebe zu Kartoffelsalat
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Seite 27
Bild: Rasch
er Stoßseufzer vom Chef
oder der Chefin gleicht
manchmal einem Verzweiflungsschrei: „Seien Sie doch kreativ!“
Hinter diesem Satz verbirgt sich
immer ein Problem. Es läuft nicht
rund. Irgendwo hakt es mal wieder. Schema F hilft nicht weiter.
Gedankenlos, bürokratisch, routinemäßig, stereotyp – mit solchen
Verhaltensmustern gibt es kein
Vorwärtskommen.
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind kreative Köpfe der
Garant, dass sich etwas bewegt.
Sich mal schnell bei Bewerbungen
die „kreativsten Köpfe“ zu sichern
reicht aber längst nicht mehr aus.
Menschen mit kreativen Fähigkeiten finden sich oft dort wieder,
wo ein ausgezeichnetes Betriebsklima und eine gute Arbeitskultur
Handlungsspielräume eröffnen.
Und Arbeitnehmer bleiben in
der Regel gerne, wenn sie dabei
auch Wertschätzung in Form angemessener Entlohnung finden.
Wobei dies ein wichtiger, aber
nicht unbedingt der wichtigste
Indikator sein sollte.
Die Suche nach kreativem Potenzial ist nicht neu. Darauf fußen etwa betriebsinterne Ideenmanagement- oder Prämiensysteme, die Verbesserungen sprichwörtlich „belohnen“. Der ständige
schnelle Wandel im Arbeitsalltag
stellt heute besondere Anforderungen. Was den einen überfordert, bedeutet für den anderen
Innovation.
Kreative Köpfe suchen sich
nicht selten Nischen, um ihre individuellen Fähigkeiten umzusetzen. Eine projektbezogene Zusammenarbeit bringt oft reiche
Früchte. Nur finden müssen Unternehmen solche Menschen
schon noch selbst. Kreativ sein
heißt hier auch, sich Wettbewerbsvorteile zu sichern!
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
MACHER &
MÄRKTE
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Fortsetzung von Seite 1
Die russischen Designer gestalten
nicht nur, zu ihren Aufgaben gehört auch die Kommunikation mit
den russischen Kunden. Ideen für
den Weltmarkt brütet das RaschKrativteam außer im beschaulichen Bramsche auch in Rasch-Designstudios in Blackburn in der
nordenglischen Grafschaft Lancashire und im französischen Seebad
Berck-sur-Mer aus.
Zwar kommen ihre Inspirationen von überall, und jeder Einzelne bezieht sie aus seiner persönlichen Lebenswelt. Aber die Designer bedienen sich beim Sammeln
von Ideen aber auch branchenüblicher Standards. Der „Store
Check“, das Abklappern interessanter, für gute Designprodukte
bekannte Geschäfte, zählt dazu.
Ebenso der regelmäßige Besuch
von Messen – besonders wichtige
Quellen:
Möbelmessen,
denn
Wanddesign muss mit dem harmonieren, was sich Möbelgestalter
ausdenken. Auch vermeintlich ferne Produktgruppen lieferten Anhaltspunkte für neue Tapeten, sagt
Sigrid Frommberger. Die neueste
Skihelm-Mode etwa, die sie auf
der Piste erspäht. Oder die immer
häufiger aufkreuzenden Karossen
und Sportwagen mit samtmatten
Oberflächen, die sich von der Masse der hochglanzlackierten Autos
im Straßenbild abheben.
Aus der Wolke von Einflüssen
ein Design zu schaffen erfordert
Mühe, und viele Ideen werden verworfen. „Es ist ein ganz langer
Analyseprozess, bei dem das Unterbewusstsein ständig an der Idee
DESIGN THINKING
Immer früher im Spiel
Ganz klassisch bringen zwei Rasch-Designer aus Frankreich und den Niederlanden Ideen zunächst mit dem Stift zu Papier.
arbeitet“, sagt Frommberger. Irgendwann sei er dann da, der
Jetzt-hab-ich’ s-Moment. Auf dem
Weg dorthin fertigen Designer wie
die Niederländerin Adele Grimberg, die an den 3-D-Oberflächen
für die 1861-Kollektion arbeitet,
sogenannte „Moodboards“ an. Das
sind Kartonbögen mit Collagen
aus Fotos, Farben und Materialien, die die Designer mit ihren
Ideen assoziieren.
Grundlagen bietet den TapetenVordenkern bei Rasch auch die Lektüre von Zahlen und Prognosen:
Frommberger und ihr Team bedienen sich der Studien von Soziologen und Zukunftsforschern wie Pe-
Szenarien als
Ausgangsbasis:
Designer ziehen
Zukunftsforscher
zurate.
Innovative
Raumkonzepte
ELA-Büro-, Wohn-, Mannschafts-, Sanitär-,
Lager-Container, Kindergärten, Schulen,
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Foto: Jörn Martens
ter Wippermann, dem Leiter des
Trendbüros in Hamburg, oder Matthias Horx und seinem Zukunftsinstitut im hessischen Kelkheim. Materialien und Oberflächen würden
von Konsumenten künftig immer
stärker auf ihre Gesundheitsaspekte
hin hinterfragt“, schreibt Horx in
seiner Studie „Zukunft des Wohnens“. Darauf und auf den Trend zu
mehr Nachhaltigkeit im Konsum
geht Rasch seit Kurzem mit seiner
Kollektion „Ecomotion“ ein. Darin
kommen wasserbasierte Druckfarben und zu 60 Prozent Recyclingpapier zum Einsatz.
Zu einem gestalterischen Neustart setzte vor etwa drei Jahren
Lange beschränkte
sich Design auf das
nachträgliche Verschönern und Verkleiden von Produkten, die Ingenieure entwickelt
hatten. Inzwischen
kommen Designer
beim Entstehungsprozess eines Produkts immer früher
ins Spiel: „Design
Thinking“ nennt
sich der von der
amerikanischen Innovationsagentur
Ideo formulierte
Prozess, bei dem
Designer bereits in
die Produktstrategie eines Unternehmens eingreifen.
Sie helfen Herstellern, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu
analysieren und
den Nutzen zu definieren, den ein neues Produkt für seine Käufer haben
soll. Sie entwerfen
Modelle von Prototypen und testen,
wie diese bei Zielgruppen ankommen. Dabei schlagen sie bewusst
über die Stränge,
um auch ablehnen-
auch die Gardinenmarke ADO
aus dem emsländischen Aschendorf an. Die in die Jahre gekommenen, noch dem biederen
„Goldkante“-Image entsprechenden Designs wurden leichter und
frischer. Zu Beginn dieses Jahres
änderten sich auch die Eignerstrukturen. Der Nobel-Textilverlag Zimmer + Rohde (Z+R) aus
Oberursel bei Frankfurt übernahm 51 Prozent und kontrolliert
seitdem Design, Marketing und
Vertrieb. Sein strategisches Ziel
ist der Schritt ins Mittelpreissegment. Mit ADO wollen die Hessen
eine breitere Kundenschicht ansprechen.
de Reaktionen beobachten zu können. Der ganzheitliche Ansatz des Design Thinking findet
sich im auf Zukunftsstudien aufbauenden Entwicklungsprozess des
Tapetenherstellers
Rasch in Bramsche.
Er ist auch Thema
der von SAP-Gründer Hasso Plattner
geförderten HPI
School of Design
Thinking an den
Universitäten Stanford (USA) und
Potsdam.
Derzeit geht der Trend bei den
im ostfriesischen Leer angesiedelten ADO-Designern unter der Leitung von Ursula Schad zu Illustrationen und zu Natur-Motiven wie
Blumen, Vögeln und Schmetterlingen. Pastelltöne sind im Kommen.
Gelingt es Z+R, mit ADO seine
Reichweite zu erhöhen und die
Traditionsmarke dabei zu verjüngen? Branchenkenner sagen, für
ein Fazit sei es noch zu früh. Z+R
selbst teilt mit, man sei „sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit
im ersten Halbjahr“, und der Absatz entwickele sich gut. In der
Mache seien eine Produktoffensive
und neue Marketingkonzepte.
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
MACHER & MÄRKTE
Das nächste große Ding: Detlef Gehrs bastelt an den Modellen der Asien-Landschaft für den Osnabrücker Zoo.
Fotos: Jörn Martens (2), Michael Hehmann
Das Gehege wird zum Bühnenbild
Detlef Gehrs entwirft spektakuläre Landschaften für den Zoo Osnabrück
VON MICHAEL SCHIFFBÄNKER
ENGTER/OSNABRÜCK. In einer al-
ten Werkstatt in Engter, um die
streunende Katzen streichen
und in der Feuerwärme aus dem
Holzofen bollert, arbeitet Detlef
Gehrs. Der Mann ist Künstler,
und sein liebstes Bühnenbild ist
der Zoo Osnabrück.
Detlef Gehrs sitzt in seiner Werkstatt auf einem Stuhl aus Holz. Er
trägt einen Fleecepulli. Sein Schal
ist nachlässig gebunden, Holzfasern kleben daran. Zu seiner Linken steht ein stählerner Ofen, hinter milchigen Scheiben tanzt der
Schein des Feuers. „In seinem
Kopf entstehen wahnsinnige Gebilde“, sagt seine älteste Tochter
Vera über ihn.
Gehrs hat den Unterirdischen
Zoo in Osnabrück entworfen, „das
beste Produkt, das wir haben“, wie
Zoogeschäftsführer Andreas Busemann sagt. Gestalterische Schwächen gebe es nicht.
„Ich habe das hier 1999 gepachtet“, sagt Gehrs und deutet mit
dem Kopf vage zur Seite, während
er Tabak aus einem Lederetui
klaubt. Seine Werkstatt war einmal eine Schreinerei aus dem 17.
Jahrhundert. Ein Teil des Mauerwerks stammt wohl noch aus jener Zeit. Ebenso wie einige der
Balken. Tanne, Eiche, Tanne, Eiche, so tragen sie die Decke. Teures und billiges Holz nebeneinander. „Da wollte einer sparen“, sagt
Gehrs. Er grinst, die Zigarette
brennt.
Viel Geld gibt der Zoo aus, um
Gehrs’ Werke umsetzen zu lassen.
1,2 Millionen Euro für den Unterirdischen Zoo. 550 000 Euro für
den neuen Affentempel. Ein Tigergehege soll hinzukommen für geschätzte 650 000 Euro. Der Zoo
spart nicht und verdient doch. Der
Unterirdische Zoo habe dafür gesorgt, dass die Besucherzahlen explodierten,
sagt
Busemann.
350 000 Euro habe die Themenwelt innerhalb der ersten drei Wochen nach seiner Eröffnung im
Frühjahr 2009 eingespielt. Im
Laufe eines Jahres kletterten die
Besucherzahlen um 100 000 auf
850 000. Die Einnahmen stiegen
von 3,2 Millionen Euro auf 4,2
Millionen. Wobei der Zoo auch die
Preise moderat erhöht habe, wie
Busemann sagt.
Seit dem Unterirdischen Zoo ist
nichts mehr wie vorher. Weder für
den Zoo noch für Gehrs.
1983 war Gehrs nach Osnabrück
gekommen. Er hatte sein Studium
in Münster als Diplom-Designer
abgeschlossen, hatte seit 1978 zunächst Zeichen-Lehraufträge bei
den Designern erhalten, später
dann eine Vollzeitstelle an der
Fachhochschule Münster in der
Fakultät für Architektur angenommen. Ein Dasein als freier Künstler kam für ihn nicht infrage, zu
unsicher. Er war damals bereits
zweifacher Vater, er war verantwortlich. Deshalb empfand er es
als Glück, die Stelle im Museum
am Schölerberg antreten zu dürfen. Er war nie einer von denen,
die immer das Gleiche machen
wollen. In Osnabrück hatte er beides: die Sicherheit eines Angestellten bei der Stadtverwaltung und
eine praktische Tätigkeit. Nach
fünf Jahren, so sein Plan, wollte er
an die Hochschule zurückkehren
und Professor werden.
Was er in Osnabrück vorfand,
festigte seinen Entschluss, bald
wieder zu gehen: traditionelle
Wissenschaftler und konservative
Ausstellungen. Museumspädagogik war allenfalls das Gedankenspiel einiger Intellektueller. „Damals gab es nur tote Tiere in leblosen Vitrinen und dazu Erklärtexte,
Schwierigkeitsgrad 10.“ Ab und zu
engagierte das Museum einige
Lehrer, um „ein bisschen Pädagogik zu machen“, wie es seinerzeit
hieß. Der Frust wuchs. Gehrs versuchte, ihn zu mildern, gab Vorlesungen in Landschaftsgestaltung
und Architektur. In seiner Freizeit
konzipierte er Ausstellungen, die
leicht zugänglich, ja regelrecht anfassbar waren.
Dann kam Wilm Prasse als Museumspädagoge an den Schölerberg, und alles änderte sich. „Mein
Vater braucht jemanden, der ihm
Raum gibt, um Ideen umzusetzen,
sonst verkümmert er“, sagt Vera
Gehrs. Willm Prasse war dieser Jemand, ein Lehrer und Biologe, zur
richtigen Zeit am richtigen Ort.
Prasse und Gehrs begannen, Traditionen aufzubrechen. Sie spitzten die Erklärtexte zu, nahmen die
Geistesblitz: Gehrs bannt viele seiner Ideen
Neue Heimat: Die Affen fühlen sich wohl in
auf Papier.
ihrem Gehege.
Tiere aus den Vitrinen und schufen Ausstellungen, die begehbar
und begreifbar waren.
Gehrs hat ein Modell hervorgeholt. Die Zigarette liegt vergessen
im Aschenbecher, ein schmaler
Rauchfaden kriecht der Decke entgegen. „Ich habe festgestellt, dass
viele Leute Skizzen nicht lesen
können“, sagt Gehrs. Deshalb erstellt er Modelle aus Pappe, Farbe
und Holz. So wie das des geplanten Tigergeheges. Wie schon der
Affentempel wird es sich an die
kambodschanische Tempelanlage
Angkor Wat anlehnen. Das Modell
sieht fertig aus. Tempelbauten, Besuchergänge, Gitter, sogar das
Grün veralgter Steinbrocken hat
Gehrs nachgeahmt. Mehr als 50
Stunden hat er daran gearbeitet,
nach Feierabend, an Wochenenden, manchmal ganze Nächte hindurch. Die Besucher werden direkt in das Gehege gehen können,
getrennt von den Tigern nur
durch Scheiben – oder durch einen Höhenunterschied von mehr
als sechs Metern. Vielleicht aber
kommt auch alles ganz anders.
Denn Gehrs hat keinen Plan, nur
eine Philosophie. Er entwickelt bei
jedem Arbeitsschritt neue Ideen,
seine Modelle sind stets im Werden begriffen.
Gehrs fährt mit dem Finger die
Linien der Miniatur-Architektur
nach. „Klassische Zoos waren Gefängnisse“, sagt er. Das will er
nicht mehr. Seine Gehege sollen
aussehen, als hätten die Tiere ihren natürlichen Lebensraum zurückerobert. Hinter Gehrs an einer Wand hängt ein weiteres Modell: Auf einer ausgeschäumten
Pappe ist ein Grundriss zu erkennen, er scheint aufgespießt zu sein
von kleinen Hölzern. Sie stehen
für die Bäume, die das Areal bedecken sollen. Es ist ein erster Entwurf der neuen NordamerikaLandschaft, 3,6 Hektar groß. „Das
heißt für mich: Situationen herstellen“, sagt Gehrs. Lebensraumsituationen – ob sie nun authentisch sind oder nur so scheinen.
Er schafft Illusionen. Der ganze
Zoo, sagt er, sei ein riesiges begehbares Bühnenbild. Das ist Kunst,
Hektar für Hektar – und letztlich
doch nur ein Teil der wahnsinnigen Gebilde, die in Gehrs’ Kopf
entstehen.
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
MACHER & MÄRKTE
MACHER & MÄRKTE
DER TALER, OSNABRÜCK
Geistesblitze von nebenan
Münzen für die Tochter des Scheichs
dö OSNABRÜCK. Die Idee war gut,
aber nicht zu Ende gedacht: Der
Chip, den Sven Hecker und Christian Hemmrich für die Schließfächer
der Universitätsbibliothek Münster
kreiert hatten, warb zwar wunderbar für die Uni. Doch er hatte einen
entscheidenden Nachteil: Er war
umsonst. Deshalb blieb er im Auffangfach liegen und musste vom
Personal weggeräumt werden. Bis
Hecker und Hemmrich aufgefordert
wurden, Geld für die Münze Geld
zu verlangen. „Wenn das geht, warum dann nicht im großen Stil?“,
fragten sich die beiden Studenten
und begannen, Münzen und Medaillen im großen Stil zu vertreiben.
Heute vertreiben sie Einzelmünzen, die ein Scheich aus Dubai anlässlich der Hochzeit seiner Tochter
prägen lässt, Kostenpunkt: 10 000
Euro. Und immer, wenn der Europäische Volleyball-Verband CEV einen Spieler mit einer Medaille ehrt,
verdient „die Holding H&H GmbH“
von Hecker und Hemmrich: Der
CEV bestellt seine Medaillen derzeit
ausschließlich dort. Und Generalmajor Jörg Vollmer, der Kommandeur der Division Spezielle Operationen des deutschen Heeres, „ist ein
guter Kunde von uns“. Genauso wie
Mercedes, das seine Premiumkun-
Coworking Spaces und Gründerzentren erleichtern Kreativwirtschaftlern, Kräfte zu bündeln und Kosten zu teilen
Bürogemeinschaften
sollen Entwickler und
Investoren verbinden.
Manche Städte
fördern die kreativen
Oasen – andere nicht.
Mieter für einen Tag,
einen Monat oder
auch langfristig.
VON RALF DÖRING
OSNABRÜCK. Auf den ersten Blick
hat Mode wenig mit Simultanübersetzung zu tun. Und zwischen dem Vertrieb von Goldmedaillen für Volleyballer und einer
Prüfsoftware zum Explosionsschutz von Biogasanlagen gibt es
ebenfalls wenig Berührungspunkte. Doch an der Theke im
„space“ stehen sie beieinander
beim Kaffee, beim Bier, beim Rotwein, die Software-Nerds, die
BWLer, die Designer. Sie kickern
eine Runde, sitzen im Hof bei einer Zigarette zusammen, sprechen über dies und das – und über
ihre Arbeit. Denn das ist die Idee
des Coworking Space: dass kreative Menschen Schreibtisch an
Schreibtisch arbeiten, in den Pausen ins Gespräch kommen, aus
Ideen Projekte entwickeln und
die gemeinsam verwirklichen.
Ganz neu ist die Idee nicht mehr,
kleinen und Kleinstunternehmern
einen Arbeitsplatz zu vermieten: für
einen Tag oder einen Monat, langfristig oder auch nur für ein paar
Stunden. Vor ein paar Jahren entstanden die ersten sogenannten Coworking Spaces in den USA – man
könnte den Begriff nüchtern mit
„Zusammenarbeitsraum“ übersetzen. Bald gab es sie auch in der
deutschen Metropole, die kreative
Köpfe aller Sparten anzieht: in Berlin. Dort entstanden Einrichtungen
wie das Betahaus in Kreuzberg und
viele weitere Spaces – Oasen für die
digitalen Nomaden.
Mittlerweile sind solche Oasen
auch im schleswig-holsteinischen
Heide entstanden und in Bad Tölz,
in Saarbrücken und in Rostock.
Denn die Vorteile liegen auf der
Hand: Für relativ wenig Geld erhalten die Coworker nicht nur einen
Schreibtisch, drahtloses Netzwerk,
Drucker und Fax, sondern sogar,
wenn gewünscht, eine Postadresse
und ein Firmenschild an der Tür.
14 Embleme versammeln sich
derzeit am Eingang zum Haus in
der Georgstraße 18, mitten in Osnabrück. Seit August 2011 arbeiten im
„space“ Vertreter der unterschiedlichsten Branchen in dem weiten
Segment der Kreativwirtschaft: für
sich, aber auch miteinander. Zum
Beispiel haben die Münsteraner
Produktdesigner Alexander Ludwig
und Stefan Frank gerade eine neue
Tastatur für Smartphones entwickelt, die dank einer ausgefeilten
Worterkennung mit weniger als sieben Tasten auskommt.
„Das Space ist hier Bindeglied
zwischen Entwicklern, Förderern
und Investoren“, sagt Wolf Goertz,
Hat Kunden in aller Welt: Christian Hemmrich von „derTaler“.
IT-ZENTRUM LINGEN
Aufm Platz – auch, wenn es nur ein kleiner ist –entsteht Freiraum für neue Gedanken in den Köpfen der Kreativen im Osnabrücker „space“.
der Geschäftsführer der space lab
GmbH, die das Coworking Space in
Osnabrück betreibt. 60 000 Euro
für die Anmeldung von Patenten in
Deutschland und den USA sind so
schon mal zusammengekommen.
In solchen Kooperationen erfüllt
sich für Goertz die Idee des
Coworking: Menschen unterschiedlichster Branchen und Interessen
arbeiten gemeinsam an innovativen
Projekten. Nur stellen sich Synergien und Kooperationen nicht von
selbst ein, sondern brauchen mitunter einen kleinen Schub. Deshalb insistiert Goertz seit Langem bei der
Kulturverwaltung der Stadt Osnabrück, dort eine Stelle zu schaffen,
die genau diese Arbeiten übernimmt – und zusätzlich noch das
Programm aus Kultur- und InfoVeranstaltungen organisiert, die
ebenso integraler Bestandteil der
Coworking-Idee sind.
Goertz orientiert sich dabei am
Modell des Wolfsburger Coworking
Spaces „Schiller 40“. Dort leitet der
diplomierte Medienberater Christian Cordes den Bereich Digitale
Kultur und Bildung im Geschäftsbereich Kultur, so die offizielle Bezeichnung. Hinter der sperrigen
Formel verbirgt sich die Aufgabe,
das Schiller 40 zu verwalten, Materialien zu beschaffen, Veranstaltungen zu organisieren, das Cowor-
Die Gründer
erhalten Büro,
Drucker,
drahtloses
Netzwerk und
ein Firmenschild
an der Tür.
king Space zu vermarkten. Dafür
hat er eine Verwaltungskraft zur
Seite und darf über eine Stelle verfügen, die jemand im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres bekleidet.
Von einer derart luxuriösen personellen
Ausstattung
träumt
Goertz. Allerdings ist Schiller 40
auch ein Kind der Stadt: Wolfsburg
sei, sagt Cordes, zu 60 bis 70 Prozent am Space beteiligt. Den Rest
teilen sich die Neuland Wohnungsbaugesellschaft, ein Tochterkonzern
der Stadt, sowie die Wolfsburg AG,
eine Gesellschaft zur Wirtschaftsförderung. An dieser halten die
Kommune und Volkswagen je fünfzig Prozent der Anteile.
Und was hat die Stadt bewogen,
sich derart für die Kreativwirtschaft
ins Zeug zu legen? „Wirtschaftsförderung und Kulturverwaltung haben sich in einem Workshop gefragt, was die Kreativwirtschaft für
einen Standort bedeutet“, sagt Cordes. Das Ergebnis: sehr viel. Da viele Kultur- und Kreativschaffende
aber nicht ins Portfolio neuer Innovationscenter passten, holte Wolfsburg freie Theater, Installationskünstler, Kulturschaffende in ihr
Coworking-Space, das Schiller 40.
Das Space in Osnabrück hingegen
ist ein rein privatwirtschaftliches
Unternehmen. Schon allein aus die-
Foto: Jörn Martens
sem Grund fällt es der Kulturdezernentin Rita Maria Rzyski schwer,
sich im Space zu engagieren – rein
rechtlich. Aber selbst, wenn sie diese Hürde noch elegant nehmen
könnte: „Ich sehe mich nicht in der
Lage, eine Stelle im Fachbereich
Kultur zu schaffen“, sagt sie. Der
Grund: Mit ihrem Etat kann sie gerade einmal bestehende Institutionen finanzieren. „Ich trage nichts
zur Konsolidierung des Haushalts
bei“, sagt die Dezernentin. „In dieser Situation kann ich nicht noch
zusätzliches Geld ausgeben.“ Auch
wenn sie Goertz’ Nöte durchaus
sieht: Der investiert viel Zeit und
Mühe in die Organisation des
Space, von der Vermietung der
Schreibtische bis hin zur Organisation von Kulturprogrammen.
Immerhin stimmt der wirtschaftliche Erfolg. 52 Nutzer teilen sich
die 500 Quadratmeter, die meisten
davon feste Mieter. „Wir sind zufrieden“, sagt Goertz, und: „Wir laufen
auf einer schwarzen Null.“ Die muss
sich das Osnabrücker Space allerdings erkaufen – „durch viel ehrenamtliche Arbeit“. Und die geht auf
Kosten von Goertz’ eigentlicher Arbeit als Softwareentwickler und -berater. Überflüssig zu erwähnen,
dass seine Firma netvio ihren Sitz
in der Georgstraße 18 in Osnabrück
hat, im „space“.
Foto: Jörn Martens
den demnächst mit einer Münze erfreuen will.
Dabei stellen die beiden Diplomkaufmänner selbst keine einzige
Münze oder Medaille her. „Wir bringen die besten Partner zusammen“,
sagt Hemmrich, sprich: „derTaler“,
so die Unterabteilung der Holding,
bringt Kunden und Hersteller zusammen. Und das recht erfolgreich:
Seit sie mit ihrer Firma Münzen
vertreiben, erwirtschaften die beiden traumhafte Wachstumsraten
von über 200 Prozent; 2013 überschreiten sie erstmals die Umsatzgrenze von einer Million Euro.
Im Vergleich zu diesen imposanten Zahlen wirkt die Residenz des
Unternehmens bescheiden: Die vier
Mitarbeiter sitzen seit eineinhalb
Jahren in einem winzigen Büro im
Keller des Coworking Space in Osnabrück, und das ziemlich eng.
Doch das symbolisiert ihre Art der
Coworking-Teilhabe: Ein autonomer Organismus, der vor allem die
Infrastruktur nutzt. Um auf Synergien zu bauen, war das Taler-Konzept schon zu ausgereift inklusive
Netzwerk, Mitarbeiter, Homepage.
Obwohl: Ein Feld haben Hecker
und Hemmrich noch nicht besetzt:
„Das Design-Thema fehlt noch in
unserem Portfolio“, sagt Hecker.
ABZ, OSNABRÜCK
23 Gründer unter einem Dach
Fast alle Sprachen im Portfolio
keu LINGEN. Das IT-Zentrum in Lingen ist Anlaufstelle für Jungunternehmer und Existenzgründer aus
der IT- und Kommunikationsbranche. 23 Unternehmen mit knapp
100 Mitarbeitern haben sich hier
unter einem Dach zusammengeschlossen. „Wir wollen im Rahmen
dieser Wertschöpfungskette nicht
nur Vorteile für die Unternehmen
schaffen, sondern auch als Stellwerk für Information und Technologie gelten“, so Michael Schnaider,
Geschäftsführer der IT-Dienstleistungsgesellschaft Emsland, kurz
it.Emsland, der Dachgesellschaft
des IT-Zentrums. So sind die Firmen in dem Gebäude des alten Eisenbahnausbesserungswerkes
in
Nähe des Hochschulstandortes
Campus Lingen vor allem in den
Bereichen Software- und App-Entwicklung unterwegs, aber auch im
Produktdesign und in den Kommunikationsdisziplinen Werbung und
Public Relations sowie im Schulungsgeschäft. „Wir schaffen durch
diese Clusterbildung Synergien unter einem Dach“, sagt Schnaider.
Im Rahmen der bundesweiten Initiative „eKompetenz-Netzwerk für
Unternehmen“ gehört das IT-Zentrum zu den 39 sogenannten eBusiness-Lotsen in der gesamten Bundesrepublik. Der „eBusiness-Lotse“
dö OSNABRÜCK. Beate Bauer und ihre Kolleginnen vom ABZ Sprachendienst verbindet ein vielfältiger Beruf: Sie übersetzen für alle Lebenslagen. Verträge, Webseiten, politische
Reden, geschäftliche Korrespondenzen, wissenschaftliche Texte: ABZ
überträgt nahezu alles von einer
Sprache in die andere, „für alle gängigen Bereiche“, sagt die Diplomjuristin. Außerdem sind die drei Frauen beeidigte Dolmetscherinnen für
Gerichte in Nordrhein-Westfalen
und Niedersachsen.
Ende 2011 gründeten Bauer mit
Eszter Bobory-Küwen und Malene
Stein Poulsen ihre GbR ABZ Sprachdienst. „Dolmetschen ist ein einsamer Beruf“, sagt Bauer und lächelt
dabei, „weil man immer etwas für
andere macht.“ Die Idee verfing,
das Unternehmen hat sich flott ent-
Betreut eine bunte Mischung junger Firmen:
Michael Schnaider.
Foto: Holger Keuper
wickelt. Mithilfe eines dichten Netzes aus freien Mitarbeitern deckt
ABZ nahezu sämtliche Sprachen ab,
sodass Übersetzungen von jeder
Sprache in jede Sprache möglich
sind – und professionell und sorgfältig erledigt werden. Deshalb „ist
die Tendenz steigend“, sagt Bauer –
das sprachgewaltige Terzett denkt
darüber nach, einen Sekretär oder
eine Sekretärin anzustellen.
Im „space“ in Osnabrück arbeiten
die Übersetzerinnen nicht unbedingt; sie treffen sich dort mit Kunden, nutzen den Briefkasten und
die Strukturen: So hat ihnen
„space“-Leiter Wolf Goertz die
Homepage optimiert, haben sie
Übersetzungsaufträge aus dem
Space erhalten. Und wer weiß, womöglich findet das Sekretariat seine
Zuflucht auch im „space“.
im Emsland ist ein Projekt der IT
Emsland und der Fakultät Management, Kultur und Technik am Campus Lingen der Hochschule Osnabrück. „Intelligente IT und intelligente Netzwerkarbeit sichert die
Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen“, so Schnaider weiter.
Und der Bedarf ist da. 2009 wurden
die Büroflächen auf 2200 Quadratmeter nahezu verdoppelt.
ABZ: Beate Bauer, Eszter Bobory-Küwen, Malene Stein Poulsen (v. l).
Foto: ABZ
6
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
MACHER & MÄRKTE
Wallenhorster Ingenieure
befreien Bäche
Mit Grips und Hartnäckigkeit entschärft das Planungsbüro IPW
Verkehrsknotenpunkte und verschönert Ortskerne
VON JOACHIM DIERKS
WALLENHORST. In der Region
brummen die Kreisel. Soll heißen: Kreisverkehrsplätze
(KVP) – so die amtliche Bezeichnung – setzen sich mehr
und mehr gegenüber herkömmlichen Straßenkreuzungen
durch. Das war vor 20 Jahren,
als die Ingenieurplanung
Wallenhorst (IPW) einen
Kreisverkehr vorschlug, um die
Landesstraße 109 mit mehreren Ortsstraßen zu verknoten
und sie dann an die autobahnähnlich ausgebaute B 68 anzubinden, noch ganz anders. Das
Ingenieurbüro musste mit seinem innovativen Lösungsvorschlag gegen manche Skepsis
aufseiten der Behörden ankämpfen.
„Unfallschwerpunkt fordert neue
Opfer“ – so oder ähnlich lauteten
die Schlagzeilen, wenn es im Bereich der Verbrauchermärkte
nördlich von Wallenhorst wieder
einmal gekracht hatte. Das tat es
mit trauriger Regelmäßigkeit.
Die Polizei registrierte Jahr für
Jahr im Durchschnitt 15 Unfälle
mit Toten und Schwerverletzten.
Die Ausgangslage war dadurch
gekennzeichnet, dass der Verkehr
auf der weitgehend kreuzungsfrei
geführten Bundesstraße 68 immer schneller und dichter geworden war und das Auffahren von
den untergeordneten Straßen Züge von russischem Roulette angenommen
hatte.
Erheblicher
Lkw-Verkehr aus den Wallenhorster Gewerbegebieten auf
dem Weg zur B 68 kreuzte sich
mit starkem innerörtlichen Verkehr zu den Verbrauchermärkten, und das alles auf relativ eng
bebautem Raum, der großzügige
Lösungen erschwerte.
Seit 1985 war den Verantwortlichen klar, dass die Unfallserie
nicht abreißen würde, solange
insbesondere die Linksabbieger
aus Wallenhorst in Richtung
Bramsche niveaugleich einfädeln
mussten. Was wurde nicht alles
erwogen und ausprobiert. Eine
Ampelsteuerung auf der vierspurigen Bundesstraße. Provisorische
Verkehrsinseln.
Eine
mittige Einfädelungs- und Beschleunigungsspur. Ein Tunnel.
R
E
H
VOR
Eine Brücke. Ein kleiner Kreisel.
Zwei kleine Kreisel. Die Gemeinde hätte am liebsten einen
Tunnel gesehen, der sich dem
Ortsbild besser unterordnen würde als ein riesiges Brückenbauwerk.
Probebohrungen ergaben, dass
schon 2,50 Meter unter Geländeniveau Grundwasser anstand.
Im Falle einer Tieferlegung der
L 109
hätte
ein
Betontrog
angelegt werden müssen, damit
die unterführte Fahrbahn nicht
aufschwimmt. Damit wäre die
Tunnellösung fast viermal so teuer geworden wie eine Brücke.
Das Verkehrsministerium in
Bonn spielte nicht mit. Eine Brücke musste her. Doch wie dann
die vielen innerörtlichen Straßen
anbinden? Eine große KleeblattLösung schied wegen der vorhandenen Bebauung aus.
Der Schlag durch den Knoten
war schließlich eine von IPW
1995 vorgestellte Kombinationslösung. Sie bestand aus einem
„Viertel-Kleeblatt“ mit normalen
Schleifenrampen als B-68-Anschluss im Nordosten, wo ausreichend Platz zur Verfügung stand,
www.pwc.de/mittelstand
NACHHER
Der Krebsbach in Neuenkirchen-Vörden muss sich seit der Dorferneuerung nicht mehr verstecken. Aus einer eingemauerten Kloake inmitten
veralgter Jägerzäune und rostiger Brückengeländer ist ein freundlicher Bachlauf geworden, der zum Verweilen einlädt. IPW erhielt 2002 den Auf-
Gutes tun
und darüber
sprechen
Gesellschaftliche Verantwortung ist für Unternehmer
selbstverständlich. Dieses Engagement auch greifbar und
messbar zu machen gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Verbraucher, Händler und Anteilseigner fordern maximale
Nachhaltigkeit in Produktion und Lieferkette. Dazu
gehört eine verantwortungsvolle Beschaffungsstrategie
ebenso wie eine transparente Berichterstattung und
ein überzeugender Ansatz im Umgang mit CO2-Ausstoß
und Klimawandel. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig die
optimale Nachhaltigkeitsstrategie für Ihr Unternehmen
zu gestalten. Mit einem Team aus Mittelstandsberatern
und Nachhaltigkeitsspezialisten unterstützen wir Sie
dabei. Sprechen Sie uns gerne an! Georg Stegemann,
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© 2013 PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten.
„PwC“ bezieht sich auf die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der
PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige
Gesellschaft.
trag, den Dorfkern des Ortsteils Neuenkirchen unter Bürgerbeteiligung neu zu gestalten. Dabei bekam nicht nur der Bach eine neue Fassung, sondern ebenso der Kirchplatz und etliche Straßen.
dann aus Parallelrampen an der
Westseite und schließlich aus einem großen „fünfarmigen“ Kreisverkehr mit einem Außendurchmesser von 70 Metern, der die
L 109 und vier Ortsstraßen anbindet. Verantwortlich im IPWTeam war der Straßenplaner Detlev Burrichter.
Die Komplexität des Straßenentwurfs bestehe nicht nur darin,
einen optimalen Verkehrsfluss
bei größtmöglicher Verkehrssicherheit hinzubekommen, sagt
er. Viele weitere Aspekte spielen
mit hinein: natürlich die Kosten,
dann der Lärmschutz, Ortsbild
und Landschaftsplanung, wasserwirtschaftliche Einbindung und
Naturschutz.
Damit sind gleichzeitig weitere
Fachabteilungen der IPW-Ingenieurgemeinschaft angesprochen.
Neben dem Straßenentwurf sind
das etwa Bauleitplanung und
Städtebau, Verkehrsplanung und
Immissionsschutz, Wasserwirtschaft oder die Freiraumplanung
. „Jeder von uns Partnern ist Spezialist auf seinem Gebiet, kennt
sich aber natürlich auch in den
Nachbardisziplinen aus, sodass
wir unseren Auftraggebern kreative Gesamtlösungen andienen
können“, sagt IPW-Verkehrsplaner Manfred Ramm.
IPWs Auftraggeber sind zu
mehr als 80 Prozent öffentliche
Akteure in Kommunen, Land
und Bund. Der Rest entfällt auf
private Investoren wie Sparkassen als Erschließungsträger von
Baugebieten. „Gründungsväter“
der IPW waren die Herren Feldkamp, Lubenow und Witschel,
die sich 1976 als Ingenieurgemeinschaft zusammenfanden, inzwischen aber ihren Ruhestand genießen. Der Aktionsradius der IPW, die mit 80 Mitarbeitern heute zu den größten
Ingenieurbüros in Norddeutschland gehört, deckt mit etwa
Der Entwurf
einer Straße
ist eine
komplexe
Angelegenheit.
hundert Kilometern große Teile
des nordwestdeutschen Raumes
ab.
Dort sind sie freilich nicht die
Einzigen. Landschaftsschonende
kreative Lösungen für Infrastrukturprojekte denken sich beispielsweise auch die Ingenieure
und Architekten des Büros Lindschulte in Nordhorn aus. Auf deren Referenzliste finden sich etwa die Planung der Rastanlage
Bentheimer Wald an der A 30
oder die Innenstadtsanierung
von Aurich. Nicht weit vom
IPW-Sitz in Wallenhorst entfernt
bietet in Osnabrück das Ingenieurbüro Tovar & Partner (ibt) Bebauungspläne und umweltverträgliche Freiraumplanung an.
Ein Referenzobjekt aus jüngster
Zeit ist die Erschließung des
Wohn- und Wissenschaftsparks
auf der Fläche der ehemaligen
Scharnhorstkaserne in Osnabrück.
Spezialgebiete Verkehr und Innenstädte: (von links) Astrid Vieth, Detlev Burrichter, Manfred
Ramm, Johannes Eversmann und Rolf Tempelmann leiten als Gesellschafter die Fachabteilungen der Ingenieurplanung Wallenhorst (IPW).
Fotos: IPW
7
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
MACHER & MÄRKTE
Auf den Spuren
des Helden
seiner Kindheit
Kai Haferkamp sieht sich als
Daniel Düsentrieb der Spieleautoren
VON KARSTEN GROSSER
OSNABRÜCK. Mehr als 150 Kin-
derspiele hat der Osnabrücker
Spieleautor Kai Haferkamp bislang veröffentlicht. Damit zählt
der 45-Jährige zu den erfolgreichsten Spieleautoren
Deutschlands.
Bastler und Tüftler? Ja! Designer?
Eher nicht. Die offizielle Bezeichnung in der Branche heißt Spieleautor. Kai Haferkamp selbst vergleicht sich gerne mit Daniel Düsentrieb, dem Erfinder aus den
Walt-Disney-Comics. Die Figur,
die sich eine Denkkappe auf den
Kopf setzt und dann die unglaublichsten Einfälle hat. „Bei mir
sieht es auch manchmal so aus,
wenn ich nach einer Idee suche“,
sagt der Osnabrücker. Der wohl
wichtigste Akt bei der Entwicklung eines neuen Kinderspiels:
„Das Entscheidende ist die zündende Idee“, betont Haferkamp.
Es klingt, als hätte diesen Satz der
Held seiner Kindheit gesprochen:
Daniel Düsentrieb eben. Und
wahrscheinlich ist das auch der
Grund für den Erfolg des praktizierenden Rechtsanwalts. Der 45Jährige hat sich kindliche Neugier
und Begeisterungsfähigkeit bewahrt. Haferkamp lässt nicht nur
Kinder in seine Spielewelten eintauchen, er selbst lebt mittendrin.
Wenn er von seinen Spielen und
Ideen erzählt, dann tut er dies
stets mit einer Leidenschaft, die
ansteckt.
Sein erstes Spiel veröffentlichte
der Osnabrücker vor 20 Jahren.
Mitte des vergangenen Jahrzehnts
folgte dann der Durchbruch: 2003
gewann er mit „Schloss Schlotterstein“ den Deutschen Kinderspiele-Preis, für „Das kleine Gespenst“
erhielt er 2005 den Preis „Kinderspiel des Jahres“ – die weltweit bedeutendste Auszeichnung für Kinderspiele. Seither gilt Haferkamp
als Spezialist dafür, Literaturklassiker zu verspielen. Auch, weil es
Herzensangelegenheiten für den
Osnabrücker sind. Weil er als Kind
und Jugendlicher Bücher wie „Der
kleine Prinz“ oder „Die
kleine Hexe“ regelrecht verschlungen hat. „Ich möchte von der Atmosphäre des Buches etwas transportieren“, beschreibt der Spieleautor seine Intention. Und nicht
selten diktiert ihm die Kindergeschichte die Spielidee in den
Block. Wie zum Beispiel bei „Pippi
Langstrumpf“: Hier hat er aus der
Szene, in der Pippi mit ihren
Freunden Tommy und Annika in
der Villa Kunterbunt über Möbelstücke hüpft, ohne den Boden zu
berühren, ein Aktions- und Geschicklichkeitsspiel gemacht. Manche Ideen muss man eben nicht
selbst entwickeln, sondern finden.
Kai Haferkamp hat die Gabe,
Ideen als solche zu erkennen. „Ich
lasse mich vom Thema inspirieren“, sagt der 45-Jährige.
Eine Eigenschaft, die viele Verlage schätzen. 75 Prozent der Zeit,
die er für die Entwicklung von
Spielen aufwendet, flössen in die
Bearbeitung von Aufträgen. Branchengrößen wie Ravensburger,
Kosmos und Schmidt kontaktieren
den Osnabrücker mit der Bitte,
Spiele zu bestimmten Filmen oder
Kinderthemen zu erfinden. Nicht
immer leichte Aufgaben. „Ich
möchte keine Merchandising-Produkte entwerfen, sondern versuche immer, etwas Eigenständiges
zu machen“, erklärt Haferkamp.
Zwar würde er mitunter bekannte
„Mir macht
es Spaß, das
Unmachbare
machbar
zu machen.“
Rund 150 Kinderspiele hat Kai Haferkamp bereits erfunden.
Zu den erfolgreichsten gehören die hier abgebildeten Titel.
Bastelarbeiten gehören zum Alltag eines Spieleautoren. Kai Haferkamp fertigt seine Prototypen selbst. Auf dem Tisch liegen die „Billy Biber“-Baumstämme.
Spiel-Mechanismen mit einweben,
aber er versuche im Prinzip, das
Baukastenprinzip zu vermeiden.
Es treibt ihn an, in den Vorlagen
Alleinstellungsmerkmale zu entdecken, um immer wieder neue Kniffe in seine Spiele einzubauen. Er
bastelt mit Kleber, Pappe und
Schere, nutzt Bildbearbeitungssoftware, konstruiert Prototypen
und lässt Modelle mit einem 3-DDrucker herstellen. Und manchmal wirkt auch einfach der Besuch
des nahe gelegenen Baumarktes
inspirierend.
Haferkamp erinnert sich daran,
wie er einmal Berge von Holzdübeln nach Hause geschleppt hat,
um damit herumzuprobieren – bis
die zündende Idee kam und „Billy
Biber“ geboren wurde. Der kleine
Nager ruht auf einem Stapel
Baumstämme, während die Spieler versuchen, das Holz zu stibitzen. Wer sich zu ungeschickt anstellt, der wird von Billy angemeckert. Eine Idee, die Haferkamp
den Spieleverlagen fast ein Jahrzehnt wie Sauerbier anbot. „Es
stand mehrmals kurz vor der Veröffentlichung, aber es schien, als
sollte es nie klappen.“ Dann
schlug Ravensburger zu. Und zwar
richtig. Die Schwaben drehten einen TV-Spot, warben deutschlandweit im Fernsehen und führten
„Billy Biber“ in vielen weiteren
Ländern in den Markt ein. Ein internationaler Erfolg
made in Osnabrück.
„Ein Produkt kann
noch so gut sein, es
braucht
einfach
auch die richtige
Zeit“, meint Haferkamp. Schon mehrfach habe er es erlebt, dass ein Prototyp, den zunächst
niemand interessant
gefunden hatte, zu einem Renner wurde. Als
Spieleautor brauche man
eben auch Ausdauer. „Wenn ich an
eine Idee glaube, dann kämpfe
ich auch lange dafür“,
sagt der Jurist. Da sei er
zäh. Zumal er sich auf
sein Bauchgefühl verlassen könne: „Wenn eine
Idee gut ist, bekomme ich
das sprichwörtliche Kribbeln.“ Dann würden auch
Ideen weiterverfolgt, obwohl er noch keinen Auftraggeber dafür habe.
Verlage indes verlangten
nicht selten von ihm, die bekannte Eier legende Woll-
milchsau zu erfinden. Zum Beispiel dann, wenn er einem bereits
veröffentlichten Spiel einen neuen
„Magic Moment“ verleihen soll –
der in der Produktion aber nur
recht wenig pro Spiel kosten darf.
Bei „Billy Biber“ sei ihm das nun
gelungen: Die neue Version des
Kinderspiels wird aufgepeppt. Die
Plastikbaumstämme werden mit
einer Zauberfolie versehen. Reiben
Kinder mit dem Finger rüber, erscheinen mitunter kleine Holzwürmer – als Nieten. Zuvor hatte
Foto: Karsten Grosser
Haferkamp rund ein Dutzend anderer Möglichkeiten ausprobiert.
„Problematisch war, die richtige
Folie zu finden.“ Doch Osnabrücks
Düsentrieb gibt nicht auf: „Mir
macht es einfach Spaß, das Unmachbare machbar zu machen.“
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
MACHER & MÄRKTE
Aufdringliche Werbung ist tabu
16bars ist für die Hip-Hop-Szene erste Wahl – Das Internet-Forum aus Osnabrück lebt von seiner Glaubwürdigkeit
VON GEORG KERN
BERLIN/OSNABRÜCK. Junge HipHop-Fans aus Osnabrück haben
ein Internetforum für ihre Musikrichtung geschaffen, das in
der Szene begeistert aufgenommen wird. Sogar aus den USA
melden sich inzwischen Stars
der Branche, weil sie ihre Arbeit
auf dem einflussreichen Portal
präsentieren möchten.
Sie kennen sich aus Osnabrück,
sind gemeinsam zur Schule gegangen oder haben dort studiert. Inzwischen betreiben Ramon Diehl, Benjamin Staffe, Wadda Salah Eldin,
Denis Neumann und Malik Djouah
ein Unternehmen, das viel von sich
reden macht: Das Internetportal
www.16bars.de ist zur festen Größe
in der Szene für Hip-Hop-Musik geworden.
Ortstermin in den Berliner Räumen, die das Unternehmen mittlerweile neben seinem Osnabrücker
Büro unterhält. Der Pioniergeist im
Raum scheint mit Händen greifbar.
Vieles ist noch neu für die Jungunternehmer, die alle zwischen 26 und
29 Jahren alt sind – auch, dass sich
plötzlich Presseleute für sie interessieren.
„Ich heiße Wadda und bin für
Marketing und Management zuständig“, sagt Eldin. „Benny ist Produktionsmanager. Und Ramon ist
ganz klar der Chef hier.“ Er habe die
Idee zu dem Internetforum gehabt,
wobei der Name „16bars“ unter
Hip-Hop-Musikern mehr oder weniger als Synonym für „Strophe“ gebraucht wird.
Diehls Idee hat sich zum Renner
entwickelt. 16bars.de ist mit 2,6 Millionen Seitenaufrufen monatlich das
konkurrenzlos größte Hip-Hop-Portal im deutschsprachigen Raum.
Fans finden dort Musikvideos oder
neue Songs, Interviews mit ihren
Lieblingskünstlern oder einfach
mehr Informationen über sie. Außerdem bietet die Datenbank die
Möglichkeit, Kommentare abzugeben und Noten zu verteilen. Inzwischen betreiben die Osnabrücker
mit der Redframe GmbH auch erfolgreich einen eigenen Fernsehkanal für Hip-Hop-Musik bei YouTube.
Video-Eigenproduktionen werden immer wichtiger: Benjamin Staffe (l.) und Wadda Salah Eldin von 16bars.
„Wir wollten
Fernsehen
machen, wie
wir es selbst
gern sehen.“
Das alles hat mit der Leidenschaft für die Kunstform begonnen.
„Ich bin schon ewig ein riesiger
Hip-Hop-Fan“, sagt Diehl. Er habe
sich immer nach einem Internetforum gesehnt, um mehr über die
Künstler und ihre Arbeit zu erfahren. „So kam ich auf die Idee mit
der Datenbank.“
Benjamin Staffe stieß schon bald
dazu. Er lernte Diehl 2007 über einen gemeinsamen Freund in Osnabrück kennen. „Ich weiß noch genau, wie wir unser erstes Interview
mit einem bekannten Rapper gemacht haben. Sido trat kurz nachdem ich Ramon kennengelernt hatte im Skaters Palace in Münster auf
– Ramon ist mit einer Kamera hin,
und Sido nahm sich tatsächlich
Zeit“, erinnert sich Staffe, der eigentlich gelernter Industriemechaniker ist. Anschließend hätten sie
den Film im Netz hochgeladen.
„Das war ein Durchbruch – wir haben total viel Aufmerksamkeit er-
Foto: privat
darüber, wer sich auf der Plattform
darstellen darf. Beraten wird darüber aber gemeinsam. „Die Leute
spüren einfach, dass wir uns auskennen, dass wir selbst mit Leidenschaft dabei sind“, sagt Neumann.
Das Forum sei eben „authentisch“.
Daher gehe man auch bei der Werbung sehr behutsam vor. Pop-Ups –
also Fenster, die sich auf dem Bildschirm von selbst öffnen – seien absolut tabu. „Ebenso gibt es keine
aufdringliche Werbung mit Musik
oder Bewegtbildern auf 16bars“,
sagt Neumann. Das Publikum
schätze diese Ehrlichkeit.
Und dennoch kann das Unternehmen inzwischen von den Werbeeinnahmen leben. Zum Umsatz ihrer Firma möchten die Jungunternehmer lieber nichts sagen. „Aber
viel für uns bleibt nicht. Wir stecken
so gut wie jeden Cent wieder in die
Firma, damit sie weiter wachsen
kann“, erläutert Diehl.
Die Popularität von 16bars hat
sich auch in der Musikbranche herumgesprochen. Das Unternehmen
erhält regelmäßig Anrufe von Künstlern oder Managern, die daran interessiert sind, Inhalte auf seiner Seite
zu platzieren. „Die haben einfach gemerkt, dass ihnen das tierisch Aufmerksamkeit verschafft“, erläutert
Diehl. Dafür verlange seine Firma
kein Geld. „Es geht uns ja vor allem
darum, guten Hip-Hop zu fördern.“
Inzwischen gibt es auch Kontakte
zu Stars der US-Musikszene.
Junge Künstler wie A$ap
Rocky, Young Jeezy
oder 2Chainz sind
auf 16bars genauso
vertreten wie Altvordere des HipHops à la Nelly
oder Puff Daddy. „Über Geschmack
regt. Inzwischen arbeiten wir natürlich wesentlich professioneller.“
Das kann man wohl sagen. Insgesamt hat das Unternehmen inzwischen zehn Mitarbeiter – fünf von
ihnen haben sich darauf spezialisiert, das Internet zu durchkämmen: Sie suchen nach neuer Musik
und den neuesten Videos von HipHop-Künstlern. „Schnelligkeit ist total wichtig für unsere Seite“, sagt Eldin, der Diehl und Staffe während
seines VWL-Studiums in Osnabrück
kennengelernt hat. „Welchen Künstler auch immer du magst – bei uns
findest du seine neue Musik, seine
neue Arbeit als Erstes.“
Mindestens so entscheidend
sei aber auch die Frage, wer
überhaupt in die Datenbank
aufgenommen wird. „Wir
wählen da genau aus. Da
kommt nicht jeder rein“,
Erster Interviewpartner von
sagt Denis Neumann. Er
16bars: Rapper Sido Foto: Imago
hat als Chefredakteur bei
16bars das letzte Wort
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it uns auf.
heute Konta m
lässt sich bekanntlich streiten. Aber
die Qualität stimmt“, sagt Diehl.
Auch die Produktion eigener Inhalte wird bei 16bars immer wichtiger. Die neuen Arbeitsräume in Berlin beherbergen ein Fernsehstudio,
in dem regelmäßig Interviews oder
Talk-Runden produziert werden.
„Das war sicher auch ein Grund,
weshalb wir den Sprung nach Berlin gemacht haben: Hier ist die Szene einfach am größten in Deutschland, hier sind die wichtigsten Konzerte und die bekanntesten Künstler“, erläutert Staffe, der bei 16bars
vor allem damit beauftragt ist, Inhalte zu produzieren. Das können
Musikvideos mit Sängern wie J-Luv
oder MoTrip sein oder Talk-Runden
mit Sido und Pillath.
Daraus haben die Osnabrücker
auch prompt ihre nächste Idee
entwickelt: Bei YouTube haben sie
den neuen Kanal „zqnce“ gestartet. Die Idee: „Wir wollten Fernsehen machen, wie wir es gerne sehen würden“, erläutert Diehl. Zu
sehen gibt es Interviews mit prominenten Musikern oder Satirikern. Ein Publikumshit ist die
Sendung „Shore, Stein, Papier“, in
der ein Ex-Junkie über seine
Sucht erzählt. Auch die Talk-Show
„Viejetzt“ läuft prima.
Inzwischen überlegen die Osnabrücker sogar, wegen der starken
Marke 16bars in ganz neue Geschäftsfelder einzusteigen. „Wir
kriegen Angebote aus der
Modebranche, aber
das sind ungelegte
Eier“,
erläutert
Diehl. Ein Problem dabei sei sicher die Kommerzialisierung
der Marke. „Und
wir wollen vor
allem eins bleiben: glaubwürdig.“
INFO/KONTAKT
emsLICHT AG
Ölwerkstraße 58
49744 Geeste-Dalum
Tel.: 0 59 37 / 97 98 80
Fax: 0 59 37 / 97 98 80 1
Mail: info@emslicht.de
www.emslicht.de
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
BRANCHEN &
BETRIEBE
9
Hellwacher Erfindergeist
Vom Luxus-Toilettenwagen bis zur preisgekrönten Sonnenmarkise –
Innovative Produkte aus dem Raum Osnabrück-Emsland
Mit E-Motor und
Muskelkraft durch den
Stadtverkehr.
VIP-Ambiente
für das stille
Örtchen.
Sparsamstes
Serienfahrzeug
aller Zeiten.
VON THOMAS WÜBKER
OSNABRÜCK/LINGEN. Das Rad
wurde nicht in Osnabrück und
auch nicht im Emsland erfunden. Trotzdem dreht sich hier
viel um Räder, und Erfindergeist treibt die Unternehmer aus
der Region an. Vier innovative
Produkte aus Osnabrück und
Lingen, die Maßstäbe setzen.
Wenig Durst: Modell
Onyx-Hybridfahrzeug An der
Wand seines Büros, das in einem
ehemaligen Ausbildungszentrum
für Panzerfahrer in einer früheren britischen Kaserne untergebracht ist, lehnt ein TrekkingFahrrad, das Nicolas Meyer mit
Bambusstäben und anderen
Leichtbau-Materialien
wie
Hanf zusammengebaut hat.
„Das ist mein Hobby“, sagt der
36-Jährige, der seit 2008 die Firma Onyx composites in Osnabrück betreibt. Seit Februar 2013
arbeitet der Absolvent der Osnabrücker Hochschule an einem
Hybridfahrzeug, das eine Mischung aus Fahrrad und E-Mobil
sein wird. Dieses Fahrzeug wird
ebenfalls aus Naturfasern gefertigt und soll weniger als 100 Kilogramm wiegen.
Meyers ultraleichtes Hybridfahrzeug soll mit einem Elektromotor und mit der Muskelkraft
der Beine angetrieben werden.
Die Leistung des Akkus reiche
für etwa 50 Kilometer, so Meyer.
Als Höchstgeschwindigkeit gibt
er 45 Stundenkilometer an. Das
Fahrzeug basiere auf der Technologie der Pedelec-Räder und richte sich an Menschen, die sich in
einem
urbanen
Umfeld bewe-
Platzsparer: Markise
von Lucas aus Lingen
Bild: Lucas
gen, so Meyer. Der Prototyp
soll 2014 fertig
sein. Ein Jahr später
soll dann eine Produktion von etwa 300 Fahrzeugen beginnen,
hofft Meyer.
Volkswagen XL1 Der Karmann Ghia hat die Stadt mit dem
Rad im Wappen weltberühmt gemacht. Nach der Pleite des Traditionsunternehmens
Karmann
blieb aber viel Know-how in Osnabrück erhalten. Das floss in die
Konzeption des XL 1 im heutigen
Osnabrücker Volkswagen-Werk
ein. Die Autobauer versprechen
nicht
weniger als
das sparsamste
Serienautomobil der
Welt und das aerodynamischstes Auto aller Zeiten.
Nur 0,9 Liter Benzin soll der XL
1 auf 100 Kilometern verbrauchen. Dank seines Plug-in-Hybridsystems könne der Zweisitzer
zudem über eine Distanz von bis
zu 50 Kilometern rein elektrisch
und damit lokal emissionsfrei gefahren werden, versprechen die
Volkswagen-Konstrukteure. Trotz
der Effizienz des XL 1 dürfte der
Wagen auch Fahrvergnügen bieten. Das Auto wird bis zu 160
Stundenkilometer schnell fahren
können.
Senger-VIP-Toilettenwagen So schnell will Henning Senger mit seinem
innovativen Produkt
auf keinen Fall fahren. Der Osnabrücker bietet mit
seinen LuxusToilettenwagen
sanitären Komfort bei großen
Events wie den
Pferdesport-Turnieren Horses and
Dreams in Hagen am
Teutoburger Wald, dem
CHIO in Aachen oder der
Weltpremiere der Mercedes-Benz S-Klasse in Hamburg oder der Einweihung
der BMW-Niederlassung in Berlin an. Sengers Luxus-Toilettenwagen gleichen Wellness-Oasen:
Die Wagen sind mit Natursteinfliesen,
Designer-Armaturen-Waschbecken, HolzTrennwänden und TVMonitoren über den
„Das können
wir besser“,
sagte Henning
Senger zu
seiner Frau.
Urinalen ausgestattet. Kein Vergleich also zu den mobilen Klos,
die bei Volks- oder Schützenfesten aufgestellt werden.
Und genau auf so einem Abort
hatte der 37-jährige Henning
Senger die zündende Idee für
seine Luxus-Toilettenwagen. Mit
seiner Frau Alexa, mit der er seit
2005 das Unternehmen Senger
Gebäudetechnik in Osnabrück
führt, war er vor einigen Jahren
auf einer Hochzeitsfeier. „Dort
gab es eine tolle Deko und eine
tolle Einrichtung“, erinnert er
sich. Irgendwann stand der
Gang zur Toilette an. Die Verhältnisse dort waren alles ande-
re als toll. „Eigentlich schade,
dass man die schöne Welt der
Feier verlässt und auf der Toilette in die Realität zurückgeworfen wird“, dachte sich Senger.
Als er wieder neben seiner Frau
saß und ihr berichtete, sagte er:
„Das können wir besser.“ Kurze
Zeit später war der erste LuxusToilettenwagen fertig. Heute –
und das ist der einzige Nachteil,
wie Senger verschmitzt anmerkt
– sind seine Wagen das Gesprächsthema Nummer eins auf
den Events, für die er gebucht
wird.
Lucas-Teleskop-Markise
Dass die Sonne im Emsland häufiger scheint als anderswo, kann
wohl nicht behauptet werden.
Dennoch konnte Hermann Lucas
aus Lingen schon zweimal für
seine Sonnenschutzsysteme Innovationspreise des Fachhandwerks gewinnen. 2009 erhielt er
den Preis für das Lufema-Fenster, das die Vorzüge von Rollläden, Insektenschutz und Markise in einem Element vereint.
2012 bekam Hermann Lucas den
Innovationspreis für seine Teleskop-Markise, die hinter einer
Blende in der Fassade verschwinden kann, wegen der fehlenden Arme platzsparend ist
und elegant aussieht.
Die Teleskop-Markise werde
von Architekten geschätzt, die
keine 08/15-Markisen wollen,
sagt Lucas, der seit 1972 das Lingener Unternehmen führt und
seine erfindungsreiche Tätigkeit
nach eigener Aussage in einem
Hühnerstall begonnen hat. Heute schmücken die Markisen von
Hermann Lucas Modehäuser in
Paris oder das Geschäft von Louis Vuitton in Wien.
XL1 von Volkswagen Osnabrück.
Foto: Gert
Westdörp
Mobiler Wellnessbereich: Im Inneren eines Toilettenmobils von Henning Senger aus Osnabrück, der eigentlich Gebäudetechnik-Unternhemer ist.
Foto: Senger
10
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
BRANCHEN & BETRIEBE
Mit 15 Knoten
durch die digitale
Nordsee
Bei der Firma Nautitec an der Ems üben
Besatzungen die Seefahrt im Schiffssimulator
VON HELGE HOLZ
LEER. Küsten, Häfen, Flüsse,
Schleusen und vieles mehr entstehen bei dem Leeraner Unternehmen Nautitec am Computer.
Sie sollen Seeleuten auf der Brücke des Schiffssimulators SUSANne so echt erscheinen wie
möglich und helfen, sie auf den
realen Einsatz vorzubereiten.
Die See ist etwas kabbelig. Hin
und wieder prallen Wellen gegen
den Bug des Tankers, und die
Gischt fällt auf das Deck. Regen
schlägt an die Scheiben der Brücke, dazu gewittert es – eigentlich
kein Wetter, um vor die Tür zu gehen. Für die dreiköpfige Besatzung – Lotse, Rudergänger, Kapitän – dennoch kein Grund zur Beunruhigung. Mit 15 Knoten (rund
20 Kilometer pro Stunde) geht es
dem Zielhafen entgegen. Dann
plötzlich die Meldung: „Der Steward ist am Heck vom Schiff gefallen! Person über Bord!“ Also eine Vollbremsung? „Nein“, erklärt
Ausbilder Rudolf Kreutzer von der
Hochschule Emden-Leer und ergänzt, „wir machen einfach eine
180-Grad-Wende. Bereits durch
dieses Manöver reduziert sich die
Geschwindigkeit um gut 70 Prozent. Gleichzeitig versucht die
Mannschaft, die verunglückte Person mit dem Rettungsboot wieder
aufzunehmen.“
Natürlich hat hier in Leer niemand unfreiwillig das „Schiff“ verlassen – wäre ja auch unmöglich,
denn alle Beteiligten haben festen
Boden unter den Füßen. Das Trio
befindet sich im Nachbau einer
Schiffszentrale, im Schiffssimulator SUSANne. Eine Tür weiter
überwacht ein Instruktor das Ganze auf Bildschirmen.
„Heute bewegen wir uns immer
häufiger an den technischen Möglichkeiten eines Schiffes“, erklärt
der
Nautik-Professor
Rudolf
Kreutzer, „mit unserer Arbeit wollen wir herausfinden, wie groß die
Sicherheitsmargen sind. Langsam
tasten wir uns dann an diese Restriktionen heran, ohne Menschen
270-Grad-Rundumsicht von der Brücke des Schiffssimulators SUSANne bei dem Ausbildungsdienstleister Nautitec in Leer. Die Absolventen der Lehrgänge sind weltweit gefragt. Fotos: Helge Holz
und das Schiff selbst dabei in Seenot zu bringen.“
Eine der Aufgaben, denen sich
Nautitec in Leer verschrieben hat.
Gemeinsam mit der Hochschule
Emden-Leer betreibt das von den
beiden Reedern Hermann Buss
und Alfred Hartmann gegründete
Unternehmen an der Leda dieses
– ANZEIGE –
Rekrutierung 2013 –
Erfolgsfaktoren für die
Personalgewinnung
Fach- und Führungskräftemangel haben
die Personalarbeit in Deutschland in den
letzten Jahren verändert.
Wo früher die Anzeigenschaltung in der Regionalzeitung
der Weg zum Ziel war, muss heute geprüft werden, ob
die Suche auf soziale Netzwerke und Online-Stellenbörsen
auszudehnen ist oder ob man
externe Berater oder Vermittler
hinzuziehen muss. Personaler benötigen ein besonderes
Gespür für Bewerbermärkte,
Branchenumfeld und regionale Gegebenheiten ebenso wie
Kompetenz im Umgang mit
Isabel Purnhagen
neuen Medien und verlässliche,
professionelle Sparringspartner
aus der Dienstleistungsbranche, um souverän und zielführend agieren zu können.
Dabei bleibt die Basis erfolgreichen Recruitings - seit jeher unverändert - eine klare und präzise Stellenbeschreibung mit einem entsprechenden Anforderungsprofil. Die
Darstellung von Haupt- und Nebenaufgaben ist ebenso
wichtig, wie die Definition von zwingenden und weniger
relevanten Anforderungen.
Wenn die Basis steht, stellt sich die Frage, wie man an
geeignete Kandidaten kommt. Vergabe an externe Dienstleister oder Suche in Eigenregie? Bei der Vergabe eines
Suchauftrages gilt es zunächst, den richtigen Partner zu
finden.
Handelt es sich um die Besetzung einer Führungs- oder
Fachspezialistenposition, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einer Personalberatung. Da es sich beim Beruf
des Personalberaters nicht um eine geschützte Berufsgruppe handelt und sich, – wie jüngst im Handelsblatt
(vom 28.05.2013) zu lesen war - somit Hinz und Kunz
Personalberater nennen dürfen, ohne dass sie eine hinreichende Qualifikation oder ähnliches nachweisen müssen,
drängt sich die Frage auf, wie ein Personalentscheider
einen seriösen Ansprechpartner finden kann. Ein Kriterium, an dem ein renommiertes Beratungsunternehmen
erkannt werden kann, ist die Mitgliedschaft im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater BDU e.V.
Beratungshäuser, die - wie die Dr. Schwerdtfeger Personalberatung - Mitglied dieses Verbandes sind, arbeiten
äußerst diskret, verbindlich und nach klar definierten
Standards. Personalberatungen agieren im Gegensatz zu
Vermittlern in exklusivem und festem Suchauftrag. Sie
sind erfahren bei der Besetzung exponierter Positionen,
routiniert im Umgang mit Kandidaten, die sich auf Führungs- und Spezialisten-Niveau bewegen und bringen in
der Regel ein tiefes Verständnis für Branche und Region
mit. Zudem verfügen manche Beratungshäuser, wie auch
die Dr. Schwerdtfeger Personalberatung, über einen internen Research, der sich ohne Reibungs- und Informationsverluste diskret dem Thema Direktansprache, vielen
eher unter dem Begriff „Headhunting“ bekannt, widmet.
Außerdem ist die Dienstleistung der Berater in der Rekrutierung für die Kandidaten stets kostenfrei.
Auf Fachkräfteebene kann die Einschaltung einer Personalvermittlung erfolgversprechend sein. Vermittlungen
arbeiten, wie Wohnungsmakler, im Regelfall rein erfolgsorientiert. Diese Arbeitsweise entspricht den Gegebenheiten im Fachkräftemarkt und ist für Unternehmen eine vergleichsweise kostengünstige Option, gerade auch dann,
wenn man selbst begleitend weiter suchen möchte.
Entscheidet sich der Personalverantwortliche dafür, das
Besetzungsverfahren selbst durchzuführen, muss geklärt
werden, wie die Ansprache des Bewerbermarktes erfolgen soll und wer die Zielgruppe ist. Der Erfolg liegt nach
Erfahrung der Dr. Schwerdtfeger Personalberatung in einem guten crossmedialen Mix.
Facebook und Twitter werden überwiegend privat genutzt.
Die erreichbare Zielgruppe konzentriert sich auf Nachwuchskräfte und Auszubildende. Der private Charakter
führt auch zu einer recht passiven Haltung der Mitglieder
in Bezug auf die Suche nach neuen Herausforderungen.
Aktiv Suchende trifft man in Netzwerken wie Xing und
LinkedIn. Viele sehen hierin einen Karrieremotor, der strategisch bei der beruflichen Weiterentwicklung eingesetzt
wird. Zielgruppe sind erfahrene Fach- und Führungskräfte
ebenso wie Absolventen und Berufsanfänger. Der Kreis
aktiv Suchender kann auch über Online-Stellenbörsen wie
etwa Stepstone erreicht werden. Sind regionale Faktoren
wichtig, sollte man auch über eine Platzierung in den Online-Börsen regionaler Printmedien nachdenken.
Die klassische Printanzeige hat durch die Entwicklungen
in der digitalen Welt zwar massiv Konkurrenz bekommen,
ist aber nach wie vor von Bedeutung. Gerade in konservativen Branchen, auf der Führungskräfteebene, bei ausgeprägten regionalen Aspekten und einer hohen Fachspezialisierung empfiehlt sich eine Schaltung in Lokalzeitung
oder Fachzeitschrift.
Dr. Schwerdtfeger Personalberatung
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Tel. 0 44 73/9 43 36-0
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Isabel Purnhagen
Head of Research
bei der Dr. Schwerdtfeger Personalberatung
moderne Schulungsgerät. Im Augenblick feilen die eigenen Schiffsdesigner an einem riesigen Containerschiff einer großen internationalen Reederei. Dabei hat das Original noch nicht einmal die Werft
verlassen. Der Nutzen: Die spätere
Crew kann sich schon lange vor
dem eigentlichen Stapellauf ihres
Schiffes mit den wasserdynamischen Eigenschaften ihres künftigen Arbeitsplatzes anfreunden.
Denn Kapitäne auf modernen
Schiffen tragen zwar die Verantwortung, aber sie sind hochgradig
auf das Können ihrer Mannschaften angewiesen.
Konterkariert wird dies jedoch
heute durch die überschaubare
Zahl an Besatzungsmitgliedern
und den ständigen Wechsel der
Seeleute an Bord. Um trotzdem einen Teamgeist aufbauen zu können, schicken die Reedereien ihre
Mitarbeiter unter anderem ins ostfriesische Leer.
Doch nicht nur gestandene Seebären nutzen die Möglichkeiten
der Simulation. Während ihres
Nautik-Studiums sammeln hier
die angehenden Seeleute erste Erfahrungen für ihren kommenden
Dienst auf der Brücke und im Maschinenraum. Weltweit ist das
Wissen der Nachwuchs-Akademiker aus Leer gefragt. Neben der
Personen- und Frachtschifffahrt
navigieren einige sogar die Megajachten der Reichen und Schönen
durch die Ozeane.
Ein Netzwerk aus 70 Computern
ist das Herz des Simulators „SUSANne“, (Susan – „next edition“).
Per Tastendruck lässt sich ein großer Teil der maritimen Welt von
den virtuellen Globetrottern abrufen. Immer gerne auf dem Reiseplan: die Tour nach San Francisco
unter der Golden Gate Bridge hindurch oder die Fahrt durch Venedig – ein Muss für jeden Kapitän,
der ein Tankschiff in den Güterhafen der Lagunenstadt steuern will.
Doch für die niedersächsischen
Lokalpatrioten zählen doch eher
die eigenen Gewässer: Im Rahmen
einer Diplomarbeit tüftelte daher
ein Absolvent an der detailgetreuen Nachbildung der Ems. Eine
langwierige Fleißarbeit: Ems-Lotsen wurden befragt, nach welchen
Landmarken sie navigieren; die
entsprechenden
Strömungsverhältnisse des fließenden Gewässers mussten in der Simulation berücksichtigt werden sowie Hafenanlagen und Landschaft im Computer aufbereitet werden, um am
Ende eine detailgetreue Vorlage
für ihre „SUSANne“ zu haben.
Dabei geht es nicht nur um die
Belange der Papenburger Meyer
Werft. Emden ist einer der größten europäischen Umschlaghäfen
für Automobile. Hier legen die
großen,
konstruktionsbedingt
windanfälligen
Autotransporter
an und wieder ab. Wieder ein Argument mehr, die einzelnen Manöver zunächst am Bildschirm zu
probieren.
Und was macht der Steward,
der auf seine Rettung wartet? Er
treibt immer noch auf der Wasseroberfläche. Selbst von der Brücke
aus ist der Pechvogel zwischen
den Wellenbergen kaum auszumachen. Doch den routinierten Blicken von Kapitän und Rudergängern entgeht kein Detail. Per Funk
lotsen sie das Rettungsboot zu
dem Verunglückten, dort wird er
wieder an Bord gezogen und zurück zum Schiff gebracht – Mission erfüllt.
Wenige Hebel reichen aus, um
das Tankschiff erneut in Bewe-
Zwischen den
Wellen ist der
Verunglückte
kaum noch
auszumachen.
gung zu setzen und es in alle Himmelsrichtungen steuern zu können. Der Nachbau der Steuerung
sowie der 270-Grad-Rundumblick
verstärken die Illusion, sich auf einem Schiff mitten auf dem Meer
zu befinden. „Beispielsweise sieht
der Kapitän eines Supertankers
erst Dinge, die sich in 500 Meter
Entfernung ereignen. Kleinere
Boote sind da nur schwer auszumachen oder werden nicht so
leicht vom Radar erfasst“, sagt Rudolf Kreutzer.
Die Szenarien müssen sich exakt an den realen Begebenheiten
orientieren. Dieser Aufgabe widmet sich Jörg Brau, ein 3-D-DataBase-Designer. Er stattet die Seeleute mit den unterschiedlichen
Schiffstypen, Häfen und Wasserstraßen aus. Gerade hat seine Bremerhavener Fischereihafenschleuse ihren Dienst aufgenommen.
Vier Wochen Programmierarbeit,
Gespräche mit Lotsen, Stöbern in
Plänen und die mathematische
Aufbereitung der Schleusenfunktionen stecken in dem Projekt. Eine
weitere Auftragsarbeit, die Schleuse zum Hafen in Leer, hat bereits
ihre Feuertaufe absolviert: Ein
Schiffsneubau sollte mithilfe von
Schleppern das Nadelöhr passieren. Für die Passage am Computer
wurden sogar kleine Hürden –
weitere Schiffe – eingebaut.
Egal wie genau ein Schiff und
eine Landschaft für den Simulator
auch nachgebildet werden, ein
wichtiges Detail hat der Hochleistungsrechner noch nicht nachgebildet: die Schiffsglocke – selbst
hier bei „SUSANne“ ziert ein reales, auf Hochglanz poliertes Exemplar die Brücke.
Wenige Handgriffe reichen aus, um einen Tanker nach einem Haltemanöver wieder in Bewegung zu setzen. Im Simulator werden auch Notfälle nachgestellt.
11
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
BRANCHEN & BETRIEBE
Die Selbermacher
sind los
Die Szene der kreativen Handarbeiter wächst
VON STEFANIE HIEKMANN
land im Angebot. Durch die diversen Messen, bei denen McGuire
OSNABRÜCK/MEPPEN. Sie recyund Lazaruk auch selbst oft Ausceln Alltagsgegenstände, sie nästeller sind, haben sich Netzwerke
hen und sie zweckentfremden
gebildet. Selbermacher lernen sich
Dinge und setzen damit einen
kennen, tauschen sich aus, organineuen Produkttrend. Die Selsieren neue Aktionen.
bermacher tummeln sich auf
Viele der DeMO-Aussteller komHandmade-Messen, auf dem
men aus der Region. „Das soll auch
Online-Marktplatz Dawanda
so bleiben“, sagt Steve McGuire. Es
und in eigenen Online-Shops
sei von Anfang an Plan gewesen,
und Ladenlokalen. Ein Aushänmit der Messe die Handmade-Szene
geschild der Handmade-Szene
in der Region zu unterstützen. Auch
im Nordwesten ist die Designwirtschaftlich sei das von Vorteil, so
messe Osnabrück, kurz DeMO.
McGuire. „Inzwischen ist die Messe
Die beiden Osnabrücker Selberein wichtiger Wirtschaftsfaktor.“
macher und Unternehmer Steve
Zwischen 150 000 und 200 000 EuMcGuire und Katrin Lazaruk
ro werden dort an einem einzigen
„Lieblingsbuchmacher“ Michael Beyer-Rohaben die inzwischen bundesTag umgesetzt. „Und weil wir viele
ther.
Foto: Stefanie Hiekmann
weit bekannte Messe 2011 ins
aus dem Umfeld nehmen, bleibt ein
Leben gerufen.
„Das war Großstadtatmosphäre“, großer Teil hier in der Region!“, besagt Katrin Lazaruk. Ein einziger tont der Unternehmer.
Eine der Stammausstellerinnen
„Es wird viel zu viel weggeworfen, Messetag, rund 70 Aussteller und
ohne darüber nachzudenken, was über 4000 Besucher. „Das sind dop- der DeMO ist Simone Brüggemann.
man aus den Sachen noch machen pelt so viele, wie bei den vorigen Die 38-jährige gelernte Augenoptikann“, sagt Steve McGuire. Diese Messen“, sagt McGuire. Die Zahlen kerin steht hinter dem märchenhaft
Beobachtung habe maßgeblich da- sprächen für sich: „Die Menschen anmutenden Label „Rosenrot“. Mit
zu beigetragen, dass er und seine legen heute großen Wert auf Selbst- einer Kindergartentasche für ihre
Partnerin Katrin Lazaruk 2009 ihr gemachtes“, sagt Katrin Lazaruk. Tochter Martha fing vor einigen
eigenes Handmade-Label „made- Sie ist meist diejenige, die im Laden Jahren alles an. „Mir gefielen die
inosnabrueck“ gegründet haben. in der Redlinger Straße anzutreffen Taschen im Laden alle nicht.“ Selbst
Aus gebrauchten oder scheinbar ist. „Die Leute fragen mich oft, ob ist die Frau, dachte sich die Mutter
nicht mehr nützlichen Gegenstän- ich die Sachen alle selbst gemacht und entwarf ihre eigene Tasche.
den fingen sie an, neue Gegenstän- habe.“ Sie sage dann: „Nein, um Den anderen Kindern gefiel Marthas Tasche, eine Art Schneeballsysde zu gestalten. Den handwerkli- Gottes Willen nicht!“
Denn mittlerweile hat „made- tem entstand. Es ging so weit, dass
chen Hintergrund hatten sie bereits
in der Tasche: Er Tischler, sie ge- inosnabrueck“ nicht nur eigene Pro- für Simone Brüggemann das Label
lernte Schaufensterdekorateurin – dukte, sondern auch die von ande- „Rosenrot“ entstand. Inzwischen
an fehlender Kreativität sollte es da ren Handmade-Labels aus Deutsch- näht sie nicht nur Kindergartentaschen, sondern auch Taschen für
nicht scheitern.
die Mamas. Ihr Markenzeichen:
Aus alten Schallplatten entstanStoffe im Siebzigerjahre-Look. „Die
den Obstschalen und Briefständer,
kenne ich aus meiner Kindheit.“ Im
aus alten Kassetten wurden TapeHerbst 2013 eröffnet sie ihr eigenes
Arts. Das sind Kassettenbilder, die
Ladenlokal in Osnabrück.
ein Fotomotiv mit KassettenbänEin weiterer Stammaussteller der
dern neu abbilden. Aus hübschen
DeMO ist der Osnabrücker Michael
Papieren und Metall wurden OhrBeyer-Rother. Der Berufsschullehringe, und alte Hocker vom Flohrer recycelt alte Bücher und gestalmarkt bekamen durch Farbe, Patet daraus Notizbücher im Ringpier und raffinierten Ideen ein neubuchformat. Als „Lieblingsbuchmaes, oft kunterbuntes Design.
cher“ ist er mittlerweile ebenfalls
Im Herbst 2009 eröffneten Steve
auf Messen in ganz Deutschland
McGuire und Katrin Lazaruk in der
unterwegs.
Martinistraße ihr erstes Ladenlokal.
Auch Nadine Vieker ist seit BeEs lief so gut, dass keine zwei Jahre
ginn bei der DeMO dabei: Die 33später der Umzug in die Innenstadt
Jährige hat eine Vorliebe für Textilifolgte. „Wir haben damals nebenbei
en und Schmuck aus den Sechzigerfür eine Handmade-Messe in Münsjahren. Tellerröcke mit liebevollen
ter Werbung gemacht und Flyer in
Verzierungen stellt sie ausschließOsnabrück verteilt“, erzählt McGuilich in Kleinstauflagen her: „Jeden
re. Der Clou: Letztendlich sei klar
Rock gibt es nur einmal“, sagt die
geworden, dass rund die Hälfte der
Frau, die hinter dem Label „KleinBesucher aus Osnabrück gekomkariert“ steht.
men waren. „Da haben wir
Die aus Osnabrück haben
gesehen, wie groß das Poes gut: Sie haben mit der
tenzial ist.“
DeMO gleich eine hochkaEr und seine Freundin
rätige
Handmade-Messe
fingen an, ihre eigene Devor der Haustür. Für Anna
signmesse
zu
planen.
Eversmann aus Meppen ist
Handmade-Labels in Osnaes nicht ganz so bequem.
brück und Umgebung gab
„Ich bin viel in Großstädes schon einige. Darüber
ten unterwegs, im Emshinaus kamen auch einige
land ist die Szene noch
Aussteller aus den Großnicht ganz so verbreitet“,
städten wie Hamburg,
erzählt die alleinerziehenKöln oder Berlin. Schon die
de Mutter. Für den Hauserste Messe im Herbst 2011
gebrauch ihrer Kinder hat
war ein großer Erfolg. An
sie das Nähen für sich enteinem Tag lockte die Dedeckt. Einen auffälligen
MO über 1500 Besucher ins
Stil habe ihre Kleidung.
Osnabrücker Haus der Ju„Das trägt doch eh kein angend. „Die Nachfrage seiderer“, habe sie früher getens der Aussteller ist riedacht. Doch Pustekuchen:
sig“, sagt McGuire. Wenn
„Die Nachfrage hat sich
eine Messe vorbei sei, fragsehr schnell entwickelt.“
ten die meisten schon, ab
Ihr Label „Lillemore“ für
wann sie sich für die
selbst genähte Kinder- und
nächste bewerben könnErwachsenenkleidung war
ten. Halbjährig findet die
geboren. Lange Zeit war
DeMO seitdem in Osnasie auf Dawanda sehr akbrück statt.
tiv. „Da bin ich aber nicht
Die vierte Auflage im
mehr
hinterhergekomApril 2013 hat erstmals
men“, sagt sie. Daher habe
nicht im Haus der Jugend,
sie ihr Geschäft nun auf
sondern im alten Ringlokschuppen am Alten Güter- Die Mode der Sechzigerjahre lässt Nadine Vieker mit ihrem Label Handmade-Messen fokussiert.
bahnhof
stattgefunden. „Kleinkariert“ aufleben. Jeder Rock ist ein Unikat.
„Es wird zu viel
weggeworfen,
ohne darüber
nachzudenken.“
„madeinosnabrueck“: Steve McGuire und Katrin Lazaruk machen aus alten Gebrauchsgegenständen Neues .
Fotos (2) Hermann Pentermann
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG
MOBILITÄT
Elektroautos
haben
Potenzial
Bisher gibt es aber nur wenige Fahrzeuge,
die ausschließlich mit Strom fahren
s.sa.OSNABRÜCK. Elektroautos
galten Jahrzehnte lang als Zeitvertreib für schrullige Bastler.
Deshalb verwundert es auch
nicht, dass auf Deutschlands
Straßen bisher nur etwa 7000
Automobile mit rein elektrischem Antrieb fahren. Bei einer
Gesamtzahl von 43 Millionen
Pkw ist dies eine außerordentlich geringe Zahl.
Dabei hat das Elektroauto durchaus das Potenzial, dem Fahrzeug
mit konventionellem Verbrennungsmotor den Rang abzulaufen.
Neben den schon sehr umweltfreundlichen Hybrid-Autos ermöglichen reine Elektroautos ein
emissionsloses und sehr geräuscharmes Fahren. Vor allem in Städten und größeren Ballungsräumen
stellen Elektroautos für Personen,
die täglich nur wenig, aber immerhin mehrere Kilometer unterwegs
sind, eine umweltschonende und
im Verbrauch kostengünstige Alternative zu ihrem bisherigen Benziner oder Diesel dar.
Von ihrem einst so forsch formulierten Ziel, bis 2020 rund eine
Million E-Mobile auf die Straße zu
bringen, ist die Bundesregierung
zurzeit allerdings noch meilenweit
entfernt. Das liegt daran, dass
Elektroautos – vor allem wegen
der hohen Batteriekosten – derzeit
noch viel teurer als Fahrzeuge mit
herkömmlichem Antrieb sind. Außerdem bestehen Probleme mit
der Reichweite der Autos und der
Infrastruktur zum Laden der Wagen. Und nicht zuletzt gibt es bisher nur wenige E-Autos aus deutscher Produktion. Die heimischen
Hersteller wollen bis Ende kommenden Jahres 16 neue E-Modelle
auf den Markt bringen. Französische und japanische Autobauer
sind da bei Elektroautos sowie Hybrid-Fahrzeugen mit einer Kombination aus Verbrennungs- und
Elektromotor schon weiter.
Im vergangenen Jahr wurden in
Deutschland gerade einmal knapp
3000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb neu zugelassen – Grund genug also für Bundeskanzlerin An-
Rein elektrisch fahren in Deutschland aktuell nur etwa 7000 Autos. Vom Ziel, bis 2025 eine Million E-SAutos auf die Straßen zu bringen, ist Deutschland also noch weit entfernt.
gela Merkel, auf dem vor Kurzem
stattgefundenen
Elektromobilitätsgipfel den Unternehmen der
Autoindustrie sowie der Bevölkerung die neue Technologie verstärkt anzupreisen. Das Treffen offenbarte aber vor allem eines: In
Wirtschaft und Verbänden ist
beim Thema Elektromobilität Ernüchterung eingekehrt. Naheliegende Maßnahmen sind in den
Mühlen der Gesetzgebung stecken
geblieben, wird kritisiert. Bevorzugte Fahrspuren und Parkplätze
für E-Autos, oder freie Zufahrtsmöglichkeiten für E-Lieferwagen
in Innenstädte – alles noch in der
Schwebe. Steuerliche Anreize für
Dienstwagen mit Elektroantrieb
sind zwar in Aussicht gestellt,
doch wann dieses Vorhaben endgültig alle parlamentarischen Hürden nimmt, ist noch unklar.
Ein Blick beispielsweise nach
Norwegen zeigt, dass es auch anders geht. Dort wird Elektromobilität schon seit einigen Jahren gefördert. Statistiker haben errechnet, dass der Staat pro Fahrzeug
jedes Jahr über 6000 Euro zuschießt. So sind Stromer in dem
skandinavischen Land komplett
von der Steuer befreit (Regelung
gilt vorerst bis 2018) und nicht
nur von der Kfz-Steuer wie bei
uns. Da der Umweltaufschlag für
Verbrenner in Norwegen exorbitant hoch ist, können die Elektroautos so zu einem wettbewerbsfähigen Preis angeboten werden.
Fazit: Der steigende weltweite
Energiebedarf, begrenzte Ölressourcen und strengere Umweltsowie Klimaschutzauflagen erfordern ein verstärktes Umdenken zu
mehr Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Elektrofahrzeuge, deren
Strombedarf in großem Stil auch
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Anforderungen in besonderem
Maße. Laut einer Studie von
McKinsey sollen 2020 etwa 25
Prozent der weltweit produzierten
Pkw über einen Hybrid- und neun
Prozent über einen Elektroantrieb
verfügen. Werden also bald Hunderttausende von Elektroautos auf
Europas Straßen fahren? Um diesen Fahrzeugen zum großen
Durchbruch zu verhelfen, müssen
Industrie und Politik gemeinsam
die notwendigen Infrastrukturen
für Elektromobilität schaffen.
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG
MOBILITÄT
E-Bike-Boom mit
Schattenseiten
20 bis 30 Prozent der Elektrofahrräder nicht sicher
s.sa. OSNABRÜCK. Der E-BikeBoom in Deutschland ist ungebrochen. 2012 wurden 380 000
Fahrräder mit Elektroantrieb
abgesetzt – fast doppelt so viele
wie zwei Jahre zuvor. Und damit ist der Aufwärtstrend in diesem Bereich noch längst nicht
beendet. Im Gegenteil: In vier
bis fünf Jahren sollen nach einer Prognose des Zweirat-Industrie-Verbandes zwischen
Flensburg und Garmisch bis zu
15 Prozent aller verkauften
Fahrräder über einen Elektroantrieb verfügen. Nahezu alle
Fahrradhersteller haben inzwischen E-Bikes in ihrem Programm.
Bei den meisten verkauften EBikes handelt es sich um sogenannte Pedelecs, also Fahrräder,
bei denen die elektrische Motorunterstützung nur beim Pedalantrieb aktiv ist. Dies heißt im Klartext: Die elektrische Unterstützung beim Treten hilft dem Radler, insbesondere Steigungen und
längere Strecken besser bewältigen zu können.
Gleichzeitig bieten E-Bikes älteren Personen oder körperlich beeinträchtigten Menschen die
Möglichkeit, bei Radtouren mit
Freunden und Bekannten mitzuhalten, die gesundheitlich keinerlei Beschwerden haben. Bemerkenswert ist, dass zunehmend
junge Menschen Elektrofahrräder
kaufen.
Die mögliche Mobilität reizt
immer mehr Bürger zur Anschaffung eines derartigen „Drahtesels
– nicht zuletzt auch deshalb, weil
die Reichweite einer Batterie immer größer wird. Je nach Einsatzbedingungen reicht eine volle Akku-Ladung inzwischen bis zu 100
Kilometer und mehr.
Freilich hat alles zwei Seiten.
Bei den Argumenten gegen ein
Elektrofahrrad wird vor allem das
Gewicht als Handicap genannt –
25 Kilo und mehr sind keine Seltenheit. Wer zu Hause sein E-Bike
steile Treppen herauf- oder heruntertragen muss, der könnte
schon in arge Schwierigkeiten geraten, erst recht, wenn er gesundheitliche Probleme hat. Aber auch
die hohen Preise von teilweise bis
zu etwa 2700 Euro werden viele
von der Anschaffung eines Elektrofahrrades abhalten.
Allerdings bedeutet teuer nicht
zwangsläufig auch gute Qualität.
Dies zeigt ein ADAC-Pedelec-Test
in Zusammenarbeit mit der Stiftung Warentest, deren Ergebnis
für die Fahrradindustrie niederschmetternd ist. Gleich neun der
16 geprüften fielen durch. Lediglich zwei Modelle wurden von
den Testern mit gut bewertet,
und drei erreichten zumindest
die Note „befriedigend“. Die
schlimmsten Mängel: Zweimal
brach der Rahmen, dreimal der
Lenker, und dreimal versagten
die Bremsen. Und nicht nur die
Bruchgefahr sorgte für schlechte
Noten. Manche Räder sind beim
Fahren mit Gepäck instabil oder
haben einen Akku, der ewig lang
geladen werden muss.
Einer der Prüfer, Ernst Brust
vom Prüfinstitut Velotech in
Schweinfurt, schätzt, dass von
den etwa 1,2 Millionen Elektrofahrrädern in Deutschland etwa
20 bis 30 Prozent nicht ausreichend sicher sind. Dies kann für
die Radler bei Stürzen usw.
schwerwiegende gesundheitliche
Folgen haben. Der Tester fordert
deshalb von den Herstellern deutliche Nachbesserungen. Seiner
Meinung nach sollte künftig jedes
Elektrofahrrad
standardmäßig
ein GS-Siegel (Geprüfte Sicherheit) tragen.
Abbildung zeigt Wunschausstattung gegen Mehrpreis.
Gewerbekunden-Angebot gilt für einen Ford Mondeo Trend 1,6 l TDCi Duratorq-Motor 85 kW (115 PS) ECOnetic. Alle Preise zzgl. MWST.
1
Nicht nur in der Freizeit interessant: Das Dienstwagenprivileg gilt jetzt auch für E-Bikes, Pedelecs und Fahrräder.
Foto: carroux
Zweirad statt Vierrad
Dienstwagenprivileg gilt jetzt auch für Fahrräder
s.sa. OSNABRÜCK/BERLIN. Das sogenannte
Dienstwagenprivileg
gilt jetzt auch für Fahrräder, Pedelecs und E-Bikes. Das haben
die Landesfinanzminister in einem Erlass rückwirkend für das
Jahr 2012 entschieden. Unternehmen haben nun die Möglichkeit,
ihren Beschäftigten anstelle eines
Dienstwagens ein Zweirad zur
Verfügung zu stellen, das sie auch
privat nutzen dürfen. Die Arbeitnehmer müssen den geldwerten
Vorteil des Rades mit einem Prozent des Listenpreises monatlich
pauschal versteuern. Auf den ersten Blick ist das Steuersparmodell Dienstfahrrad für den Arbeitnehmer eine interessante Variante, denn wie beim Dienstwagen
wird ein Teil der Kosten auf den
Fiskus abgewälzt. Doch dies ist
nur die eine Seite. Arbeitnehmer
sollten genau durchrechnen, ob
sich ein Dienstfahrrad für sie
lohnt oder ob nicht die Gehaltser-
höhung doch die bessere Alternative ist. Schließlich spricht für die
Gehaltserhöhung auch, dass diese
fortbesteht. Untersuchungen zufolge ist das Potenzial für den
Einsatz von Fahrrädern groß.
Laut dem Statistischen Bundesamt sind 45 Prozent aller Arbeitswege kürzer als zehn Kilometer –
dies ist eine Entfernung, die bequem mit einem Fahrrad, Pedelec
oder E-Bike zurückgelegt werden
kann.
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG
MOBILITÄT
Deutschland die europäische Drehscheibe
Güterverkehr legt seit der Wiedervereinigung erheblich zu
s.sa.OSNABRÜCK. Das Wachstum
des Güterverkehrs hat sich in
den letzten fünfzig Jahren immer stärker von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Seit der Wiedervereinigung stieg die Transportleistung
in Deutschland um mehr als 55
Prozent und damit doppelt so
stark wie das Bruttoinlandsprodukt.
Der Straßengüterverkehr konnte
von dieser Entwicklung besonders profitieren. Während 1980
noch knapp die Hälfte der deutschen Transportleistung mit Lkw
erbracht wurde, liegt dieser Anteil mittlerweile bei über 70 Prozent. Diese Entwicklung hat nach
einer Analyse des Statistischen
Bundesamtes in Wiesbaden gravierende Umweltfolgen, da LkwTransporte im Vergleich der Verkehrsträger
Straße,
Wasser,
Schiene mit Abstand die unökologischste Alternative sind. Klimawandel, Feinstaub und Lärm
des Straßengüterverkehrs verursachen den Angaben zufolge in
Deutschland jedes Jahr über 50
Milliarden Euro an volkswirtschaftlichen Kosten, die sich
nicht in den Transportpreisen
widerspiegeln.
Den Startschuss für die starke
Zunahme des Güterverkehrs gab
laut dem Institut der deutschen
Logistik spielt in Deutschland eine große Rolle.
Wirtschaft Köln der Fall des Eisernen Vorhangs, also die Öffnung Osteuropas zum Westen.
Vor 1991 waren die Verkehrswege
in Deutschland auf den NordSüd-Verkehr ausgelegt, heute dominieren die Ost-West-Verbindungen: Wollen die osteuropäischen Länder am Welthandel
teilnehmen, müssen sie ihre Wa-
Foto: Colourbox
ren zu den großen Seehäfen –
Hamburg, Rotterdam oder Antwerpen – schaffen, und das geht
eben nur quer durch die Bundesrepublik, die sich im Laufe der
Jahre zu einer europäischen Logistikdrehscheibe entwickelt hat.
Betrachtet man das Verkehrsaufkommen, also die transportierte Masse, dann zeigt sich
nach Angaben der Kölner Experten, dass auf Deutschlands Straßen mehr als fünfmal so viel
Tonnage von A nach B gebracht
wird wie auf Schienen und Wasserwegen zusammen. Beziehe
man die Transportentfernung in
den Vergleich mit ein, leiste die
Straße etwa 2,7-mal so viel, heißt
es in diesem Zusammenhang.
Schon diese Relationen ließen erkennen, dass es schwierig wäre,
einen nennenswerten Teil des
Straßen-Güterverkehrs auf Güterzüge und Frachtschiffe umzuschichten. So würde eine Verlagerung von nur zehn Prozent der
Lkw-Tonnage auf die Schiene deren Verkehrsaufkommen fast verdoppeln.
Das allein ist aber nach Ansicht des Kölner Instituts nicht
der Grund, weshalb der Lkw
nach wie vor das Gütertransportmittel Nummer eins ist. Die entscheidende Rolle bei der Wahl
des Transportmittels würden logistische Anforderungen spielen.
Dazu zählten erstens die Eigenschaften der zu transportierenden Güter, zum Beispiel, ob es
sich um Stückgut wie Computer
handelt oder ein Schüttgut wie
Kohle. Außerdem die zu transportierende Menge und die
Transportentfernung.
Hinzu
kommt die Lage von Verladeort
und Zielpunkt sowie die nötige
Transportgeschwindigkeit.
In diesem Zusammenhang
werden ein paar Beispiele genannt. So wäre die Belieferung
von Supermärkten und Baustellen ohne Lkw unmöglich. Die
Kohleversorgung eines Kraftwerks würde dagegen mit dem
Lkw kaum funktionieren: Ein
großes Kraftwerk benötigt pro
Tag etwa 10 000 Tonnen Brennstoff. Ein Laster kann etwa 20
Tonnen laden, das Kraftwerk
müsste also täglich von 500
Brummis angefahren werden.
Ein Güterzug schafft dagegen
zwischen 1500 und 3000 Tonnen,
kommt also mit vier bis sieben
Lieferfahrten aus.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank das
Transportaufkommen 2012 gegenüber dem Jahr zuvor um 2,2
Prozent auf 4,3 Milliarden Tonnen. Die verhaltene konjunkturelle Entwicklung wirkte sich somit negativ auf die Güterbeförderung aus. Am Rückgang waren
der Straßen- und Eisenbahnverkehr sowie die Binnenschifffahrt
und der Luftverkehr beteiligt.
Dagegen verbuchten der Seeverkehr und der Transport von Rohöl in Rohrleitungen Zuwächse.
Der Marktanteil des Schienengüterverkehrs ist 2012 erstmals
wieder gesunken, und zwar auf
17,2 Prozent gegenüber 2011 (17,4
Prozent). Wegen der Dauerkrise
in Europa rechnet die Deutsche
Bahn 2013 mit weiteren Einbußen im Güterverkehr. Ob damit
der vom Bund anvisierte Marktanteil von 25 Prozent bis 2015 für
den Schienengüterverkehr noch
realistisch ist, erscheint angesichts der aktuellen konjunkturellen Umstände fraglich.
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
VERLAGS-SONDERVERÖFFENTLICHUNG
MOBILITÄT
„Erhebliche Schieflagen im Wettbewerb“
Privater Bahnanbieter HKX: Markteintritt sofort gelungen – „Noch ein gehöriges Potenzial für das Reisen mit dem Zug
VON SIEGFRID SACHSE
OSNABRÜCK. Seit knapp einem
Jahr ist der private Bahnanbieter HKX am Markt. Über die
Aktivitäten des Unternehmens
unterhielten wir uns mit Eva
Kreienkamp, Geschäftsführerin
der Hamburg-Köln-Express
GmbH.
Seit dem 23. Juli 2012 bietet ihr
Unternehmen Personenbeförderung im Schienenverkehr
zwischen Hamburg und Köln
an. Wie fällt Ihr Fazit nach
knapp einem Jahr aus?
Wir sind das einzige Bahnunternehmen in Deutschland, das ausschließlich Personenfernverkehr
auf der Schiene betreibt. Und das
nun seit fast einem Jahr. In dieser
Zeit haben wir gesehen, dass es
entlang unserer Strecke noch ein
gehöriges Marktpotenzial für das
Reisen mit dem Zug gibt. Uns ist
sofort der Markteintritt gelungen.
Nach nur neun Monaten haben
wir unseren Fahrplan ausgeweitet,
nun werden wir unsere Züge verlängern. Die Nachfrage ist da.
Vor allem junge Menschen und
Frauen, die bisher mit anderen
Verkehrsmitteln oder gar nicht auf
der Strecke unterwegs waren, finden unser Angebot und insbesondere auch die günstigen Preise attraktiv. Und auch viele Freiberuf-
sem Jahr soll HKX profitabel
werden. Ist Ihr Unternehmen
hier auf einem guten Weg?
Wir hatten gesagt, dass wir für
das erste Betriebsjahr, also vom
23. Juli 2012 bis 23. Juli 2013,
sechs Millionen Euro Umsatz erwarten. Das werden wir übertreffen. Zur genauen Höhe des Ergebnisses möchte ich mich aber noch
nicht äußern. Wir erwarten uns
zunächst noch einige positive Entwicklungen, bevor wir dazu Belastbares sagen können.
ler und Medienschaffende fahren
gerne mit uns. Zum Teil, weil es
einfach Spaß macht, mit unseren
Zügen und unserem Personal unterwegs zu sein.
Wo liegt die durchschnittliche Auslastung der Züge?
Die Auslastung ist gut. Vor allem
an den Tagen, an denen typischerweise die Berufs- und Beziehungspendler unterwegs sind oder an
den Tagen vor Feiertagen sind unsere Zügen oft ausverkauft. Am
Dienstag und Mittwoch dürfen es
gern noch ein paar Reisende mehr
werden. Aber auch an diesen Tagen
gibt es Züge, bei denen die Auslastung gut ist. Das ist abhängig von
der Uhrzeit, zu der sie fahren.
Eva Kreienkamp.
Foto: PR
ist 68 Euro. Zwischen diesen beiden Eckpreisen stellt unser System den Preis abhängig von erwarteter und tatsächlicher Nachfrage ein. Das heißt, wenn man
früh bucht und einen Zug auswählt, der an einem wenig nachgefragten Tag zu einer nicht so attraktiven Zeit fährt, wird es besonders günstig. Dann, wenn alle fahren wollen und der Zug schon fast
ausgebucht ist, ist der Preis besonders hoch. Übrigens ist bei uns ein
Sitzplatz im Preis inklusive. Und
wer sich bei uns als Kunde registriert hat, kann sich diesen Platz
bei der Buchung sogar aussuchen.
Fühlt sich Ihr Unternehmen
als ernst zu nehmender Konkurrent der Deutschen Bahn?
Auf der Strecke Hamburg–Köln
in jedem Fall.
Wie sieht die Preisgestaltung
bei HKX aus? Verschiedentlich
ist zu hören, dass das Unternehmen versuche, mit „Kampfpreisen“ der Deutschen Bahn
Kunden abzuwerben?
Unser Preissystem funktioniert
völlig anders als das der Deutschen Bahn. Unsere Preise starten
bei 18 Euro für die Gesamtstrecke.
Der teuerste Preis im Vorverkauf
Sie haben sich für 2013 ein
ehrgeiziges Ziel gesetzt: In die-
,,Cooler
Typ. Cooler
Besteht eine Kooperation in
puncto Tickets zwischen HKX
und der Deutschen Bahn bzw.
ist ein entsprechendes Vorhaben geplant?
Nein. Wir wollen unsere X-Tickets in den Reisezentren in den
Bahnhöfen verkaufen. Das erlaubt
die Deutsche Bahn aber nicht. Genauso wenig, wie wir unser Logo
außen am Bahnhof anbringen dürfen. Das wollen wir ebenfalls.
Bahnhöfe sollten sich hier nicht
anders verhalten als Flughäfen, in
denen ja auch jede Fluggesellschaft ihre Tickets verkaufen und
sich präsentieren kann. Im System
Schiene gibt es hier noch erhebliche Schieflagen im Wettbewerb.
HKX fährt mit Waggons, die
teilweise noch aus den 1970erJahren stammen. Welche Mo-
dernisierungspläne hat Ihr Unternehmen?
Wir sind froh, dass wir diese Reisezugwagen haben. Es ist nämlich
gar nicht so einfach, solche Wagen
am Markt zu bekommen. Wir werden bis auf Weiteres mit diesem gemieteten Material fahren. Irgendwann kommen dann unsere eigenen Wagen, die derzeit noch in der
Modernisierung sind, hinzu. Bis
wir einen völlig neuen Wagenpark
haben, wird es sicher dauern. Die
Kosten dafür sind sehr hoch und
die Wartezeiten bis zur Auslieferung lang. Das notwendige Investitionsvolumen muss erst einmal erwirtschaftet werden, bevor wir darüber nachdenken. Außerdem nehmen die Menschen unsere Züge gut
an. Viele finden sie sogar besonders
bequem.
Ist daran gedacht, künftig neben Hamburg–Köln auch andere Strecken ins Angebot aufzunehmen?
Unser Ziel ist es, zunächst diese
Strecke gut zu bedienen und rentabel zu werden. Erst dann denken wir über mögliche andere Angebote nach.
Seit Beginn des Jahres ist der
Markt für Fernbusse liberalisiert. Zuvor durften Busbetreiber ihre Dienste nur auf wenigen Langstrecken anbieten.
Wie beurteilen Sie die neue
Konkurrenz?
Wir beobachten die Fernbusse
natürlich. Mit Interesse. Aus unserer Sicht ist es eine positive Entwicklung, dass durch die Fernbusse das Angebot entlang der Strecke größer und differenzierter
wird. Hier entwickelt sich endlich
echter Wettbewerb. Wir können
uns auch vorstellen, mit Fernbussen zu kooperieren. Grundsätzlich
wird es am Ende sicher Menschen
geben, die den Fernbus bevorzugen, und andere, die lieber mit
dem Zug reisen. Denn viele finden
die Reise mit dem Zug bequemer.
Man kann schlafen, lesen, arbeiten
und sich auch mal die Beine vertreten. Außerdem dauert die Fahrzeit der Gesamtstrecke nur gut
vier Stunden. Die Reise mit dem
Bus oder Auto birgt das Risiko, irgendwo im Stau zu stehen.
Abschließend noch eine Frage zu den Eigentümern von
HKX. Wer steckt dahinter?
Hauptinvestor ist die Railroad
Development Corporation (RDC),
ein US-amerikanisches Unternehmen mit Sitz in Pittsburgh, das in
den USA Güterverkehr auf der
Schiene betreibt und in verschiedenen anderen Ländern in Projekte
investiert, deren Ziel es ist, Eisenbahnverkehr zu revitalisieren oder
neu auf die Schiene zu stellen.
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
BRANCHEN & BETRIEBE
Robe und Schlips werden privat bezahlt
Handelsrichter sind die einzigen Laienrichter in Deutschland, die einen Talar tragen
VON ULLRICH SCHELLHAAS
OSNABRÜCK/MEPPEN. Laien sind
im deutschen Rechtssystem als
Mitentscheider nicht unbedingt
selten. Als Beisitzer entscheiden
sie beispielsweise in Straf- und
Zivilprozessen mit gesundem
Menschenverstand neben ausgebildeten Juristen. Das ist auch
in Kammern für Handelssachen
ähnlich. Nur dort müssen die
Laien über erwiesenen Sachverstand verfügen – und sind dann
ehrenamtliche Richter.
„Das macht sich schon daran fest,
dass wir als die einzigen Laien bei
Gericht auch den typischen Talar
mit Samtbesatz und die weiße
Krawatte darunter tragen“, erklärt
Wilhelm Robben. Der 71-Jährige
war lange in der Geschäftsführung
der GMHütte GmbH tätig und ist
seit über 15 Jahren ehrenamtlicher
Handelsrichter am Landgericht
Osnabrück. Die Robe und den
Schlips hat er sich privat gekauft,
denn eine Vergütung erhalten die
Laien bei Gericht nicht – lediglich
eine geringe Aufwandsentschädigung, beispielsweise für Fahrtkosten.
Robben hat sich zwar nicht um
die Aufgabe gerissen, sie wurde
mir „nahegelegt“, wie er sagt.
Doch bereut hat er den Schritt
nicht. Die Tätigkeit gebe ihm viel,
sagt der Diplom-Betriebswirt: „Sie
hat mir in mehr als 15 Jahren mindestens so viel Wissen und Informationen gebracht wie meine tägliche Arbeit.“
Dafür sitzt er etwa alle sechs
Wochen nach oft aufwendigem,
statt Freizeit verbrachtem Aktenstudium mit einem weiteren ehrenamtlichen und einem hauptberuflichen Richter zusammen und
entscheidet in Prozessen. Das Aktenstudium ist übrigens auch eine
Besonderheit, andere Laien bei
Gericht wie etwa Beisitzer sollen
„aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung schöpfen“, wie es Juristen formulieren. Sie sollen nur
nach dem entscheiden, was sie
während der Hauptverhandlung
erlebt haben, was dort vorgetragen und gegebenenfalls beantragt
wurde.
Theoretisch könnten die Laien
den Vorsitzenden in den Beratungen sogar überstimmen, erlebt hat
Wilhelm Robben das in seinem
Ehrenamt allerdings noch nicht.
„Auch wenn wir oft unterschiedlicher Meinung waren, sind wir
doch am Ende immer zu einem
einstimmigen Ergebnis gekommen“, sagt er. Überhaupt sei die
Arbeitsteilung der Kammer meist
ziemlich klar geregelt. Denn während die Laien Sachverhalte aus
ihrer praktischen Erfahrung als
Unternehmer meist realitätsnäher
und oft anders als die Juristen bewerten, sind dann Letztere für die
rechtliche Deutung des Sachverhalts zuständig.
„So hatten wir einmal einen
Prozess, bei dem ein Beteiligter erzählte, dass er das unterschriebene Dokument nicht gelesen habe“,
berichtet Robben. Während dies
dem
hauptamtlichen
Richter
schwergefallen sei zu glauben, hätten damals beide Laien bestätigt,
dass das gang und gäbe sei und
auch nicht anders zu machen wäre. Ähnliches bestätigt auch Claus
Pirnay. Der Vorsitzende einer
Kammer für Handelssachen sagte ebenfalls: „Die ehrenamtlichen Kollegen bewerten mit ihrem kaufmännischen Sachverstand eher den Sachverhalt.“
Der hauptberufliche Richter
Pirnay leitet seine Kammer seit
18 Jahren. Sie ist, wie auch die
vier weiteren Kammern für Handelssachen am Landgericht Osnabrück, für alle Streitigkeiten zwischen Unternehmen zuständig.
Dazu können auch Selbstständige
gehören. Er und die ehrenamtlichen Kollegen entscheiden so etwa über Lohn-, Werklohn- und
Vergütungsfragen genauso wie
über Ansprüche von Insolvenzverwaltern gegenüber ehemaligen Geschäftsführern, über Klagen wegen
unlauteren
Wettbewerbs
ebenso wie über Ansprüche von
freien Handelsvertretern und Fragen des Transportrechts. Gerade
Letzeres ist in der Speditionsstadt Osnabrück vergleichsweise oft der
Gegenstand von Verfahren, so Handelsrichter Pirnay.
WIE WIRD MAN EHRENAMTLICHER HANDELSRICHTER?
Laien vom Fach
Während andere Laien
bei Gericht nicht unbedingt vom Fach sein
müssen, sollen ehrenamtliche Handelsrichter über nötigen Sachverstand in der Materie verfügen. Deshalb
dürfen laut § 109 Ge-
richtsverfahrensgesetz nur Deutsche
über 30 Jahre, die
selbstständiger Kaufmann, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer einer juristischen Person oder als
Prokurist eine ver-
gleichbare eigenverantwortliche Tätigkeit
ausüben oder ausübten, Handelsrichter
werden. Sie werden
auf gutachterlichen
Vorschlag der Industrie- und Handelskammer durch das Justiz-
Kurz notiert
Jette Golz
fotografie
Heinrich Bottermann wird zum
1. Oktober Generalsekretär der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Osnabrück. Der 57jährige Präsident des Landesamtes
für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen tritt an der Spitze der Geschäftsstelle der größten Umweltstiftung der Welt die Nachfolge
von Fritz Brickwedde an, der in
den Ruhestand geht.
Gerd-Christian
Titgemeyer,
Präsident der Industrie- und Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim, blickt
optimistisch in die Zukunft: „Die
Euro-Krise geht nicht spurlos an
unserer Region vorüber. Dennoch
konnte die regionale Wirtschaft
bisher Balance halten. Ich erwarte
deshalb auch im Jahr 2013 ein
positives Wachstum.“ Mit diesen
Worten stellte Titgemeyer den
IHK-Geschäftsbericht 2012 vor.
Insbesondere der regionale Arbeitsmarkt sei in bester Verfassung, so der IHK-Präsident.
Die Adresse für Business-, Event-, Industrie-,
Architektur- und Werbefotografie.
Jette Golz
Fotografie
Studio:
Hansastrasse 112
49090 Osnabrück
jette@jettegolz.com
www.jettegolz.com
Fünf Stipendiaten, Jenny von
dem Brocke, Fabian Bockrath, Willi Del, Daniel Fischer und Lucas
Ottehenning, sind jetzt mit Förderpreisen der Handwerklichen
und Beruflichen Begabtenstiftung des Osnabrücker Handwerks
(HuB) ausgezeichnet worden. Die
Nachwuchshandwerker, vom Kuratoriumsvorsitzenden Hans Georg Hune als „vorbildliche Botschafter des Handwerks“ bezeichnet, erhielten neben einer Urkunde jeweils ein Preisgeld in Höhe
von 1500 Euro.
Die drei besten Bankfachwirte
Niedersachsens einer privaten
Bank kommen erstmals alle von
einer Bank. Die Oldenburgische
Landesbank (OLB) stellt mit Katharina de Graaff (Bad Zwischenahn), Jessica Niehaus (Lingen)
und Max Heinen (Cloppenburg)
die drei besten Absolventen 2012.
Katharina de Graaff schloss als
Jahrgangsbeste das berufsbegleitende Studium an der Frankfurt
School of Finance and Management ab. Jessica Niehaus war
zweitbeste Absolventin und Max
Heinen Drittbester des Jahrgangs.
Fachausschüsse neu besetzt:
Der Deutsche Industrie- und
Handelskammertag (DIHK) hat
seine 16 Fachausschüsse neu besetzt. Den hiesigen IHK-Kammerbezirk vertreten bis 2016:
Bernard Storm, Spelle, Außenwirtschaftsausschuss; Felix Osterheider, Georgsmarienhütte, Bildungsausschuss; Ulrich Schmidt,
Osnabrück, Finanz- und Steuerausschuss; Ludwig Momann,
Meppen, Geld- und Kreditausschuss; Michael Böckelmann, Bad
Rothenfelde, Ausschuss für Gesundheitswirtschaft;
Martin
Schlichter, Lathen, Handelsausschuss; Marco Graf, Osnabrück,
Ausschuss Industrie und Forschung; Christoph Niemöller, Osnabrück, und Birgit-Kristina Simon, Osnabrück, Ausschuss für
Kommunikation und Medien;
Hendrik Kampmann, Lingen,
Mittelstandsausschuss;
Heiko
Hellwege, Osnabrück, Rechtsausschuss; Friedhelm Freiherr von
Landsberg-Velen, Haren, Tourismusausschuss; Andree Josef, Osnabrück, Ausschuss für Telekommunikation und Neue Dienste;
Christian Gnaß, Lingen, Umwelt
und Energieausschuss; Rolf Meyer, Osnabrück, und Karl Hülsmann jun., Voltlage, Verkehrsausschuss.
Optimistisch: Die Textil- und
Bekleidungsunternehmen
in
Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg blicken optimistisch in die
Zukunft. Das teilte der Verband
der Nordwestdeutschen Textilund Bekleidungsindustrie nach einer Umfrage unter seinen 270 Mitgliedsunternehmen mit. Demnach
erwarten die Unternehmen in diesem Jahr insgesamt eine leichte
Umsatzsteigerung. Die Beschäftigtenzahl wird stabil bleiben. Zudem wollen drei Viertel der Unternehmen im Inland investieren.
ministerium für jeweils
fünf Jahre ernannt.
Aufeinanderfolgende
Ernennungen sind
möglich und erwünscht, denn sie garantieren eine gewisse
Kontinuität in der
Rechtsprechung.
29. August
vormerken
Die nächste „Die Wirtschaft“ erscheint am Donnerstag, 29. August. Anzeigenschluss ist am Freitag, 9. August. Weitere Infos im
Internet unter der Adresse
www.diewirtschaft.noz.de
Ihre Meinung
ist uns wichtig
Sie möchten Kritik loswerden? Sie
haben Anregungen für ein Thema?
Sie möchten uns gar loben? Sagen
Sie uns Ihre Meinung! Leserzuschriften an die Redaktion bitte per
E-Mail an diewirtschaft@noz.de
HERAUSGEBER: Prof. Dr. Dr. h. c. Werner F. Ebke
und Verleger Hermann Elstermann
GESCHÄFTSFÜHRER: Laurence Mehl und Christoph Niemöller
CHEFREDAKTION: Ralf Geisenhanslüke (Chefredakteur), Dr. Berthold Hamelmann (stellvertretender Chefredakteur)
KOORDINATION: Sven Lampe, Christian Schaudwet
AUTOREN DIESER AUSGABE: Joachim Dierks, Ralf
Döring, Karsten Grosser, Dr. Berthold Hamelmann,
Stefanie Hiekmann, Helge Holz, Holger Keuper,
Georg Kern, Sven Lampe, Heiko Lossie, Dr. Stefan
Lüddemann, Christoph Lützenkirchen, Sven
Mechelhoff, Norbert Meyer, Thomas Niemeyer,
Christian Schaudwet, Ullrich Schellhaas, Michael
Schiffbänker, Michael Schwager, Sebastian
Stricker, Marcus Tackenberg, Desirée Therre, Thomas Wübker
FOTOGRAFEN: Magdalena Ciolek, Karsten Grosser, Stefanie Hiekmann, Helge Holz, Holger Keuper,
Klaus Lindemann, Jörn Martens, Thomas Osterfeld, Hermann Pentermann, Stefan Schoening
GRAFIK: Matthias Michel
VERLAG: Neue Osnabrücker Zeitung GmbH & Co.
KG, Postfach 42 60, 49032 Osnabrück; Breiter
Gang 10–16, Große Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Telefon 05 41/310-330, Telefax 05 41/310266; Internet: www.diewirtschaft.noz.de; E-Mail:
diewirtschaft@noz.de
ANZEIGEN-/WERBEVERKAUF:
MSO Medien-Service GmbH & Co. KG, Große
Straße 17–19, 49074 Osnabrück, Postfach 29 80,
49019
Osnabrück,
Telefon
05 41/310-500,
Geschäftsführer: Sebastian Kmoch (V.i.S.d.P.),
Verantwortlich für Anzeigen-/Werbeverkauf: Sven
Balzer, Hubert Bosse, Dirk Riedesel, Wilfried Tillmanns, Marvin Waldrich
ANZEIGENANNAHME:
Geschäftskunden: Telefon 05 41/310-510, Telefax
05 41/310-790; E-Mail: auftragsservice@mso-medien.de
TECHNISCHE HERSTELLUNG:
Druckzentrum Osnabrück, Weiße Breite 4
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
GELD &
GESCHÄFT
17
„Wir leben in einer neuen Welt“
Der Logistiker Hellmann hat vor fünf Jahren sein Büro revolutioniert – Fazit heute: Kreativität gestiegen, Kosten gesunken
Das offene Büro
soll Kommunikation
und Wissen fördern.
Verglichen mit
Einzelbüros ist es
lauter geworden.
Fotos auf dem
Schreibtisch? Nur noch
auf dem Bildschirm.
VON DESIRÉE THERRE
OSNABRÜCK. Im August 2008
war die Verwandlung des Speichers III an der Hafenstraße beendet. Die Spedition „Hellmann
Woldwide Logistics“ mit Hauptsitz in Osnabrück setzte ihre Vision vom Büro der Zukunft in einem Getreidespeicher aus dem
Jahr 1934 um. Und erhielt dafür
den „Best Office Award“ . Nun
will das Unternehmen auch die
untere Etage so gestalten wie die
drei darüber: ohne Türen, mit
flauschigen Teppichen, mit wertigen Kunstobjekten statt mit ollen Aktenschränken.
Firmenchef Klaus Hellmann bezeichnet den Ausbau als „Erfolg“.
Das Büro, so wie es seit fünf Jahren benutzt wird, habe nicht nur
die Kreativität gefördert, so Hellmann. Sparen konnte das Unternehmen auch damit: „Wenn jeder
einen festen Platz hat, brauchen
Sie deutlich mehr Raum“, sagt
Hellmann. Es seien aber nie alle
Mitarbeiter gleichzeitig am Standort. Durch das Konzept sänken die
Investitionskosten für einen neuen
Arbeitsplatz um rund 33 Prozent,
sagt Christoph Dransmann aus
der Marketingabteilung.
Geschichten wie die, dass Praktikanten auf dem Chefsessel sitzen, sind Teil des offenen Bürokonzepts mit „Wohnzimmercharakter“, wie Hellmann es nennt.
Dem Büroalltag entsprechen sie
bei Hellmann nicht. „98 Prozent
der Zeit sitzt man am gleichen
Platz“, sagt Hellmann.
Das mit dem „free seating“dürfe
auch nicht falsch verstanden werden“, erklärt er. „Man darf nie etwas gegen die Natur des Menschen machen“, so Hellmann. Jeder Mitarbeiter hätte seinen Lieb-
Auf der Durchreise: an diesem temporären Arbeitsplatz sitzen öfters Hellmann-Mitarbeiter, die aus anderen Geschäftsstellen nur für ein paar Stunden im Speicher III einen Arbeitsplatz benötigen.
lingsplatz. Am nächsten Morgen
setzten sich die Mitarbeiter auch
wieder auf „ihren“ Platz. Das müsse auch nicht „zwangsläufig der
beste Platz sein“. Wenn Hellmann
ins Büro kommt, setzt er sich an
seinen Platz in der vierten Etage
des Speichers. Auf seinem Schreibtisch oder dem Platz, an dem er
sitzt, wenn er im Büro ist, steht
nichts, was Rückschlüsse auf seine
Person zulassen würde. Genau darin liegt die Botschaft: „Wir leben
in einer neuen Welt“, sagt Hellmann. „Man kann ja Bilder auf
dem Laptop oder dem Smartphone haben“, sagt er. Wenn er
nach Hause geht, klappt er den
Laptop zu und nimmt ihn mit. Andere Mitarbeiter würden ihn in
die dafür vorgesehenen Schließfächer packen.
Die Schreibtische, für Hellmann
und die Mitglieder der europäi-
schen und deutschen Geschäftsführung, stehen in einer Ecke auf der
vierten Etage, abgetrennt durch
weiße Wände, Türen gibt es keine.
Nur ein schmaler Durchgang zwischen Chefnische und Großraumbüro. Hellmann ist überzeugt davon, dass die neue Büroform das
Unternehmen verändert habe:
„Hier kann jeder reinkommen und
eine Frage stellen“, sagt Hellmann.
Der intensive Austausch mit den
verschiedenen Arbeitsbereichen sei
wesentlicher Bestandteil des Erfolgskonzepts, so Hellmann. Auf
diese Weise bekomme man sehr
viel mehr mit, sagt Christoph
Dransmann. Er arbeitet seit 2011
bei Hellmann – zuvor arbeitete er
in den etwas angestaubten Räumen bei einer Stadtverwaltung.
Mit dem Büro als luftiges Loft sei
„eine Atmosphäre des bewussten
Störens“ geschaffen worden, so
„Man darf nie
etwas gegen
die Natur
des Menschen
machen.“
Nur Spielerei? „Ein nettes Gadget“, sagt Christoph Dransmann (r.) aus der Marketingabteilung.
Es eignet sich gut dazu, Kunden die Spedition vorzustellen. Am Tablet-Tisch wischt er mit Jana
Daul, Tina Henseler und Sonja Stagge (v. l.).
nennt es Hellmann. Keine Türen,
keine Wände hindern Mitarbeiter
daran, miteinander ins Gespräch
zu kommen. „Hierarchien werden
abgebaut“, sagt Hellmann. Verglichen mit Einzelbüros, sei es lauter,
sagt er. „Das ist der größte Nachteil, den es gibt“, wie der Firmenchef findet. Wem das zu laut ist,
der kann sich in die „Silence Zone“
zurückziehen, die auf der zweiten
Etage eingerichtet ist. Dort ziehen
sich die Mitarbeiter für „konzentrierte Meetings“ oder „vertraute Telefongespräche“ zurück, sagt Hellmann. Als Rückzugsort auf Zeit
sind auch die gläsernen „Denkerzellen“ gedacht. „Auf diesen Bänken sitzen Sie ungern länger als
zwei Stunden“, erklärt Dransmann.
Die Architektur sei „gewollt“ so unbequem – damit sich niemand zu
lang dort abkapselt und die Konferenzräume „dauerhaft als persönliches Büro genutzt werden“, so
Dransmann.
Seit dem Umbau sei wenig geändert worden, sagt er. Bei einem
solch offenen Konzept fielen die
Umbaukosten weg, kleine Veränderungen kosteten nicht viel. Nachträglich geschraubt wurde an der
Lärmbelastung. In den Ruheräumen wurde ein Teppich verlegt.
„Wenn man vorher da durchging,
hatte man das Gefühl, man stört“,
sagt Dransmann. In den Gängen
der Ruhezone sind zunächst nur
Business-Trolleys zu sehen, die Mitarbeiter dort abgestellt haben. Sie
selbst sitzen versteckt in Nischen –
die durch Fransenvorhänge geschützt sind –, ihren Laptop vor
sich auf dem Tisch. Hier sitzen
nicht nur jene, denen es im Großraumbüro zu laut ist, sondern auch
die Mitarbeiter, die von anderen
Hellmann-Standorten kommen.
Vor dem großen Meeting-Raum
„Hong Kong“ auf Deck drei seien
zwei Arbeitskabinen in Telefonzellen umgewandelt worden, erzählt
Dransmann. Es gibt kleinere Konferenzräume, ausgelegt mit orangefarbenem oder grünem Teppich,
asiatische Kunst an der Wand,
Skulpturen in einer Art Wohnzimmerschrankwand. „Wer zuerst
kommt, mahlt zuerst“, sagt Dransmann. Wenn er Ruhe brauche, um
Artikel für die Mitarbeiterzeitung
zu schreiben, setze er sich dort hin.
Wenn er Glück hat, bleibt er allein.
Beim Ausbau der ersten Etage, in
die die wachsende IT-Abteilung
einzieht, wird die Idee des kreativen Büros weiterentwickelt: Runde
Tische oder solche in S-Form sollen
das Arbeiten noch angenehmer
und kommunikativer machen –
und effizienter. An einem s-förmigen Tisch sei es gut möglich, sich
in einer Gruppe gegenüberzusitzen
oder alleine, etwas abseits, erklärt
Hellmann. Die Umsetzung übernimmt, wie auch 2008, die Ingeni-
Fotos: Klaus Lindemann
eurgemeinschaft IGK-Krabbe und
das Architekturbüro Kolde aus Osnabrück. Im Juli 2013 soll der Ausbau beginnen.
Seit der Verwandlung holen sich
andere Hellmann-Niederlassungen
Inspiration vom Speicher III. In
der vergangenen Woche versammelten sich im Atrium bei Hellmann die Böwer GmbH, die Kaffee
Partner-Unternehmensgruppe sowie die Böwer GmbH aus Neuenkirchen zur Veranstaltung „wieweiterarbeiten – Arbeitsorte der Zukunft“ der Bundesstiftung Baukultur, martini|50 Forum für Architektur und Design und der Industrieund
Handelskammer
Osnabrück - Emsland - Grafschaft Bentheim. Es ging um „Best practice“Beispiele für Arbeitsplätze, die Mitarbeiter motivieren, Kosten sparen,
Arbeitsprozesse beschleunigen und
Identität stiften.
RAUM UND KREATIVITÄT
Das perfekte Büro ist individuell
„Es gibt nicht das
eine Büro“, sagt
Stefan Rief, Leiter
der Abteilung „Workspace Innovation“
des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation. Eingangs müsse das
Tätigkeitsprofil des
Unternehmens analysiert werden: „Wie
viel Kommunikation, wie viel Konzentration brauche
ich?“ Daraus lassen
sich Ideale für ein
Bürokonzept ableiten: Die Tendenz gehe hin zu halb offenen Raumkonzep-
ten, die Rückzugsmöglichkeiten böten. Laut Rief spiegelt sich diese Individualität nicht in
der persönlichen
„Deko“ am Arbeitsplatz wider, sondern
in einem abwechslungsreich gestalteten Büro – mit sogenannten Denkerzellen, Ruhebereichen
mit Bibliothekscharakter oder Teamarbeitszonen . „Der
Trend geht hin zu
mehr Farbigkeit,
Lässigkeit, mehr
Textil“, so Rief. „Weniger streng, gewollt
verspielter.“ Denn:
Kreativität entstehe
durch unterschiedliche Situationen,
sagt Rief – und dadurch immer wieder
Neues voneinander
zu lernen: „Wenn sie
jahrelang den gleichen Kollegen vor
sich haben, nimmt
die wechselseitige
Inspirationskultur
ab.“ Für das Telefongespräch hatte sich
Rief übrigens in dem
Stuttgarter Büro in
eine kugelförmige
„Kommunikationszone“ zurückgezogen und saß auf einem moosgrünen
Hocker.
18
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
GELD & GESCHÄFT
Anruf beim Chef:
Wie kreativ
sind Sie?
slx OSNABRÜCK. Denkerstube
Deutschland, Fähigkeiten wie
Kreativität und Erfindergeist werden hierzulande nicht nur in
Sonntagsreden hoch geschätzt.
Wirklich? In unserer Exklusivumfrage unter 115 Spitzenmanagern
der Region wollten wir diesmal
wissen, wie sie mit dem kreativen
Potenzial ihrer Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter umgehen und
wie sie dieses Potenzial aus ih-
E
C H EF
2
Wie entwickelt Ihr Unternehmen neue Produkte
oder Dienstleistungen?
2
73
27
26
48
3
ja
nein
keine Angabe
Wie belohnt Ihr Unternehmen Mitarbeiter für gute Ideen
und Verbesserungsvorschläge?
4
Wie entwickelt Ihr Unternehmen Werbebotschaften
an seine Zielgruppen?
10
33
41
34
8
Wir haben eine eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilung.
Wir greifen auf externe Dienstleister zurück.
auf andere Weise
gar nicht
50
rem Team herauskitzeln. 73 von
115 befragten Unternehmen fördern gezielt die kreativen Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter, 34 tun
dies nicht, acht machten keine
Angaben. In 83 Fällen belohnen
die Unternehmen die Kreativität
ihres Teams mit Sonderprämien.
In 41 Fällen gibt es zwar Anerkennung, aber keine materielle Zusatzleistung. Um seine Dienstleistungen oder Produkte an den
Kunden zu bringen, bedienen
sich 58 Firmen der Hilfe externer
Werbedienstleister, 86 erledigen
dies im eigenen Haus. Zehn verzichten völlig auf Eigenwerbung.
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Ihrer Mitarbeiter?
66
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Mitarbeiter erhalten dafür Anerkennung, aber keine materielle Zusatzleistung.
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Quelle: buw · Grafik: Matthias Michel
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19
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
GELD & GESCHÄFT
Lokalpatriotismus kann sich lohnen
Kursverlauf Windhoff AG
Angaben in Euro
0,48
0,44
Niedersächsischer Aktienindex übersprang in den vergangenen elf Jahren den DAX
0,40
0,36
0,32
0,28
VON NORBERT MEYER
UND HEIKO LOSSIE
OSNABRÜCK/HANNOVER. Für Ak-
tienanleger aus Niedersachsen
hätte sich Lokalpatriotismus in
den vergangenen Jahren bestens ausgezahlt. Die 20 größten
börsennotierten Unternehmen zwischen Harz und
Küste haben sich als Gesamtpaket in den vergangenen elf Jahren entschieden
besser entwickelt als etwa
DAX , M-DAX oder Nikkei.
Das geht aus einer Auswertung zum
elften Geburtstag des Niedersächsischen Aktienindex Nisax20 hervor.
Er stammt von der Norddeutschen
Landesbank (Nord/LB) und zeigt
seit Mitte 2002 die Kursentwicklung der 20 größten börsennotierten Aktiengesellschaften Niedersachsens.
Mit einem Anstieg um inzwischen mehr als 225 Prozent schlägt
der Regionalindex sämtliche anderen Großindizes, wie eine Anfang
Juni von der Nord/LB vorgelegte
Studie zeigt. Nur Anleger, die theoretisch Mitte 2002 in den M-DAX
investierten und das Investment
nicht mehr anrührten, fuhren mit
bis heute 216 Prozent Zuwachs ähnlich gut wie der Nisax20. Seine 20
Werte reichen von Weltkonzernen
wie Volkswagen über Neulinge aus
dem TecDax wie LPKF bis hin zu
Lokalgrößen wie Einbecker Brauhaus.
Für
den
Nord/LB-Experten
Thorsten Strauß, der den Nisax betreut, beruht die vergleichsweise
günstige Entwicklung des Regionalindex „auf der günstigen Zusammensetzung von großen, international erfolgreich tätigen Unternehmen und kleineren, eher mittelständisch geprägten und stark regional
verwurzelten Gesellschaften“.
Diese Mischung scheint ein Erfolgsgeheimnis sein zu können –
auch der Haspax, der seit 1996 die
25 erfolgreichsten börsennotierten
AGs aus der Metropolregion Hamburg vereint, bewies trotz Krisen
ähnliche Robustheit. Zu den Aussichten bei Niedersachsens Top-20-
Werten meint die
Nord/LB: „Wir sind zuversichtlich,
dass der Nisax20 in den kommenden zwölf Monaten bis auf 3500
Punkte steigen kann.“ Anfang Juni
stand er bei knapp 3200. Direkt investiert werden kann in den Nisax
nicht, da er nicht gebündelt als Finanzprodukt erhältlich ist. Er soll
den Bekanntheitsgrad des Finanzplatzes Hannover fördern.
Aus dem südwestlichen und
westlichen Niedersachsen sind aktuell fünf Unternehmen im Nisax20
vertreten. Es handelt sich um den
Foto-Dienstleister Cewe-Color in Oldenburg, die Oldenburgische Landesbank (OLB), das Spezialchemieunternehmen H&R aus dem emsländischen Salzbergen, den ebenfalls emsländischen Spirituosenund Getränkehersteller Berentzen
(Haselünne) und den südoldenburgischen Biogasanlagenbauer EnviTec Biogas aus Lohne. Mit einer Gewichtung von 0,13 beziehungsweise
0,14 Prozent spielen EnviTec und
Berentzen eine sehr geringe Rolle
im Niedersächsischen Aktienindex.
Bedeutender sind da schon die OLB
(0,42 Prozent), H&R (0,86 Prozent)
und Cewe Color (1,16 Prozent). Regelrechte Schwergewichte sind dagegen Volkswagen, Continental und
der Duftstoffhersteller Symrise in
Holzminden mit jeweils mehr als 15
Prozent. Von 2002 bis 2005 hatte
auch der inzwischen nicht mehr
existierende Autozulieferer pgam
aus Georgsmarienhütte
zu den Nisax20-Werten gehört.
Auch in den vergangenen zwölf
Monaten hat der niedersächsische
Index seinen „großen Bruder“ DAX
mit einem Anstieg um 32,9 Prozent
geschlagen. Über den Gesamtzeitraum von elf Jahren waren Aktien
des Göttinger Labor- und Prozesstechnologie-Anbieters Sartorius mit
einem Kursplus von 980 Prozent
der größte Gewinner im Nisax20,
die OLB mit einem Kursrückgang
von 47 Prozent der größte Verlierer.
Die größte Bedeutung für den
Regionalindex – ebenso wie für die
gesamte niedersächsische Wirtschaft – hat der Bereich der Automobilhersteller und ihrer Zulieferer.
Durch die Neuaufnahme von Talanx hat sich das Gewicht der Versicherungen im Nisax20 kräftig erhöht. Inzwischen ist dieser Sektor
die zweitwichtigste Banche. Die ad-
dierten Umsätze der Nisax20-Unternehmen übertrafen im vergangenen Jahr mit einem Zuwachs um
fast 28 Pozent erstmals die Marke
von 300 Milliarden Euro, wovon alleine 192,7 Milliarden auf den VWKonzern entfielen. Die im Regionalindex vertretenen 20 Unternehmen
beschäftigten in Niedersachsen
2012 insgesamt 155 555 Männer und
Frauen, knapp zehn Prozent
mehr als im Vorjahr und
so viele noch nie.
Experten der Nord/LB
geben in der jüngsten
Auswertung zum Nisax auch Empfehlungen ab. Bei Cewe Color lautet ihr Rat
„kaufen“ und bei H&R
„halten“. „Ohne Rating“
dagegen schneiden Berentzen, EnviTec Biogas
und die OLB ab.
Die Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 39 Euro für
Cewe Color begründet Nord/LBAnalystin Julia Siekmann mit einem „intakten“ Wachstumspfad
den Oldenburger Unternehmens.
Dessen Diversifikation sei der „richtige strategische Schritt“, was sich
am Umsatzanstieg des neuen Segments Online Druck im ersten
Quartal zeige. „Zudem gelingt es
dem Konzern, den Trend zu hochwertigen Produkten mit der Hauptmarke Cewe Fotobuch perfekt abzufangen“, schreibt die Expertin.
Nach einem schwachen Auftaktquartal 2013 bei H&R geht
Nord/LB-Analyst Strauß davon aus,
„dass der Tiefpunkt sowohl bei der
Geschäftsentwicklung als auch
beim Kursverlauf durchschritten
ist“. Käufe der Aktie seien aber „verfrüht, solange Anzeichen für eine
durchgreifende konjunkturelle Erholung nicht zu erkennen sind“.
Bei Berentzen erkennt die Landesbank „Erfolge der eingeleiteten
Restrukturierungsmaßnahmen“
und die „Wahrnehmung von Expansionschancen im Ausland bei
gleichzeitiger Straffung der Produktpalette, sieht aber zugleich Risiken bei der Entwicklung der Rohstoffpreise und im Verhalten der
Verbraucher.
(Mit dpa)
0,20
0,16
März
April
Mai
Kursverlauf Friwo AG
Juni
Angaben in Euro
16,0
15,5
15,0
14,5
14,0
13,0
12,5
12,0
12 0
März
April
Mai
Juni
Friwo top, Windhoff Flop
Sieger und Verlierer bei regionalen Aktien
VON NORBERT MEYER
Der Netzund Ladegerätehersteller Friwo
aus Ostbevern ist in den vergangenen Monaten zum regionalen
Top-Favoriten der Börsianer geworden. Nachdem Aktien des 326
Mitarbeiter zählenden Unternehmens schon von November bis Februar im Kurs um 31,3 Prozent zulegen konnten, waren es zwischen
dem 20. März und dem 19. Juni
noch einmal 20,8 Prozent. Das
Vertrauen der Investoren wurde
offenbar durch positive Mitteilungen aus Ostbevern geweckt. Im
ersten Quartal sei der Konzernumsatz im Vorjahresvergleich um fast
ein Drittel (31,1 Prozent) auf 29,3
Millionen Euro gestiegen, hatte
Friwo Mitte Mai mitgeteilt. Dies
sei „das umsatzstärkste Quartal
seit dem Verkauf der früheren Geschäftseinheit Friwo Mobile Power
OSTBEVERN/RHEINE.
im Jahr 2008“ gewesen. Der Vorstand zeigt sich optimistisch, auch
im Gesamtjahr 2013 eine deutliche
Steigerung der Erlöse und auf dieser Basis ein „signifikant verbessertes Ergebnis“ erreichen zu können. Das erste Quartal schloss der
Konzern unter dem Strich mit einem Gewinn von rund 600 000
Euro ab, nach einem Verlust von
etwa 100 000 Euro in den ersten
drei Monaten des vorigen Jahres.
Auf dem Boden der Tatsachen
gelandet sind derweil Anleger, die
auf einen andauernden Höhenflug
von Aktien der Windhoff AG aus
Rheine gesetzt hatten. Nachdem
der spekulative Wert im vorigen
Herbst bis auf 1,70 Euro gestiegen
war, ist er seither auf 24 Cent
(Stand: 19. 6. 2013) gefallen. Mit
dem zur Georgsmarienhütte Holding gehörenden Bahntechnikunternehmen Windhoff GmbH hat
die AG nichts mehr zu tun.
21
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
GELD & GESCHÄFT
GELD & GESCHÄFT
Kreativ überleben als Freiberufler
Viele freischaffende Selbstständige vernachlässigen vor lauter Leidenschaft für ihre Arbeit das Geschäftliche
Der kreative Sektor
erwirtschaftet
beeindruckende Umsätze.
Marktverständnis und
Verhandlungsgeschick
sind Kernkompetenzen.
Typischer Fehler: Start
in die Selbstständigkeit
mit zu niedrigen Preisen.
VON CHRISTOPH
LÜTZENKIRCHEN
OSNABRÜCK. Wenn es ums Überleben geht, muss die Lage ernst
sein. Und tatsächlich: Die einst
stolzen freien Kreativarbeiter –
selbstständig, unabhängig, individuell – tun sich schwer, den
hochgesteckten Ansprüchen an
den eigenen beruflichen Erfolg
gerecht zu werden. „Ökonomisch
gesehen, sitzen sie längst mit
Fensterputzern, Wachleuten, Kurierfahrern und Pflegekräften in
einem Boot“, schrieb die Journalistin Katja Kullmann jüngst in
der Berliner taz. Und der BDG
Berufsverband der Deutschen
Kommunikationsdesigner meldete Anfang Juni, dass das Jahreseinkommen jedes siebten selbstständigen Designers 2012 unter
10 000 Euro lag.
Dabei erwirtschaftet der Sektor beeindruckende Umsatzerlöse. Laut Recherchen von Deutsche Bank Research gingen 2011 eine Million Erwerbstätige Kreativberufen nach und
produzierten Güter und Dienstleistungen im Wert von über 60 Milliarden Euro; das sei mehr als der Umsatz der Automobilindustrie. Bis
2020 könne dieses Volumen auf bis
zu 175 Milliarden Euro wachsen, prognostizierten die Banker. Doch auch
sie stellten fest: „Unsichere Arbeitsverhältnisse und niedrige Einkommen zählen in der wissensintensiven
Branche zum Alltag.“
Die Branche, das sind nach Definition der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft der Bundesregierung elf
Teilbereiche vom Architekturmarkt
über die Designwirtschaft bis hin zu
Software und Computerspielen. Tania Breyer von Kompetenzzentrum
Kultur- und Kreativwirtschaft des
Bundes berät freie Kreative aus allen
Sparten. Auch sie bestätigt, dass
„sehr viele freie Kreative für unfassbar geringe Honorare arbeiten“. Ein
Freiberufler, der unternehmerisch arbeite, lasse sich aber nicht zwangsläufig zum billigen Jakob machen, so
Breyer: „Ich denke, dass die freien
Kreativen das gestalten können. Man
muss lernen zu verhandeln und nicht
alles mitzumachen.“ Allgemeingültige Ratschläge hat die Beraterin nicht,
doch sie kennt die branchenspezifischen Eigenheiten. Kreative würden
sich zunächst am Inhalt ihrer Arbeit
orientieren. Breyer: „Sie wollen
schreiben, illustrieren, Musik machen. Sie schauen auf das Werk.“ Verkaufen werde nicht als Erstes mitgedacht. Das Interesse
an betriebswirtschaftlichen
Fragen
sei gering. Ein Fehler, wie die Beraterin betont. Es sei wichtig, seine Zahlen zu kennen. „Nur dann werde ich
verstehen, was passiert, wenn ich
meine Kosten nicht reinbekomme,
wenn Konkurrenten mich unterbieten.“
Weitere Kernthemen: Die Kunden
und der Preis. „Als freier Kreativer
darf man nicht darauf warten, dass
Kunden und Aufträge von allein
kommen. Man braucht ständige, aktive Selbstvermarktung“, so Breyer.
Wem will ich etwas verkaufen. Wie
erreiche ich Sichtbarkeit? Wie jeder
andere Anbieter müssen freie
Kreative sich ihren Markt
anschauen. Wo stehe ich,
und mit wem habe ich
es zu tun? Wie arbeiten die Mitbewerber? Mit welchen
Verträgen, welchen Preisen?
Wie akquirieren sie? „Es
geht nicht da-
rum, möglichst kommerziell zu sein“,
erklärt die Beraterin: „Niemand verlangt, Herzblut für Geld zu verkaufen.
Aufgabe ist, das was ich tun will, gewinnbringend in die Welt zu bringen.“ Ob ein Gewinn übrig bleibt,
hängt wesentlich am Preis. Der Start
in die Selbstständigkeit mit zu niedrigen Preisen sei ein typischer Anfängerfehler, sagt Breyer. Es sei sehr
schwer, Preise nachträglich anzuheben. Um den
ange-
messenen
Preis
durchzusetzen,
braucht es Geschick beim Verkaufen.
Der Markt ist hart. Breyer: „Viele gut
ausgebildete Leute bieten hochwertige Leistungen an. Zudem strömen
ständig qualifizierte Absolventen der
Ausbildungsstätten nach.“
Fazit: Das Überleben als freier Kreativer fordert vollen Einsatz. Neben
der Qualifikation im eigenen Fach
braucht man ein gutes Marktverständnis, Verhandlungsgeschick und
ein gesundes Selbstbewusstsein.
Buchtipp: „U-Turn: Umgekehrt wird ein Unternehmen
draus“. U-Institut für unternehmerisches Denken und Handeln
Kostenloser Download: http://u-institut.de/u-turn/
Logita 2013:
Die Zukunft
der Logistik
JESSICA REYES RODRIGUEZ, MODEDESIGNERIN IN MEPPEN
„Man muss gut im Verkaufen sein“
lüz MEPPEN. Erster Gedanke: Die
Frau hat Energie für drei. Die
braucht man auch, wenn man sich
als Pionierin in einem Markt etablieren will, in dem Masse Macht bedeutet. Jessica Reyes Rodriguez hat
sich vor drei Jahren mit dem eigenen Modelabel „Queen and Princess“ selbstständig gemacht. Vorher
arbeitete die 36-jährige Meppenerin
als Kostümbildnerin beim Fernsehen und als Modedesignerin für ein
größeres Unternehmen. „Ich wollte
meine Arbeit besser machen“, sagt
die junge Frau. Ihre Produkte sollen
nachhaltig sein. Sie arbeitet mit
Ökostoffen und hohen Sozialstandards für die Beschäftigten. Der
Start mit Queen and Princess sei
nicht leicht gewesen, erinnert sich
Reyes. Trotz einschlägiger Erfahrungen in der Branche trafen die
Schwierigkeiten beim Wareneinkauf
die Designerin ziemlich unverhofft.
„Auf den Textilmessen finden sich
kaum Stoffe mit kontrollierter
Öko-Qualität“, berichtet sie: „Ich
muss meine Drucke exklusiv herstellen lassen und große Mengen
abnehmen.“ Das junge Unternehmen geht ein hohes Risiko ein. Der
Preis für Biobaumwolle entspricht
etwa dem Dreifachen konventioneller Ware.
Trotz aller Widrigkeiten – die 36Jährige hat sich durchgekämpft.
Mittlerweile verkauft sie ihre eleganten Businessblusen an Kundinnen
im In- und Ausland. In Krisensituationen sei es wesentlich, die eigenen
Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, sagt Reyes. Nach einem Jahr
waren die Zweifel so groß, dass sie
sich für ein Wochenende zurückzog
und noch einmal überlegte, was sie
will. „Das schrieb ich auf eine Flipchart“, erinnert sie sich: „Dieses
‚Du-schaffst-das-schon-Poster‘ ist zu
Nachhaltige Stoffe: Designerin Jessica Reyes Rodriguez hat hohe Erwartungen an ihre Zulieferer und an sich selbst.
einer Art Ankerpunkt für mich geworden. Ich habe gelernt, an mich zu
glauben. Dazu gehört auch das Wissen: Wenn etwas gut läuft, dann weil
ich es gut gemacht habe, nicht nur
weil ich Glück hatte.“ Reyes charakterisiert ihr Leben als freie Kreative
als ‚Jonglierspiel mit hohem Einsatz‘ . „Man muss gut im Verkaufen
sein, man braucht Gespür für den
Foto: Stefan Schoening
Markt. Stillstand darf es nicht geben.
Es gilt, immer neue Ideen umzusetzen.“ In eineinhalb Jahren will sie
das erste Ladengeschäft eröffnen, einen Onlineshop gibt es bereits.
MAX CIOLEK, DESIGNER UND SÄNGER IN OSNABRÜCK
„Viele Aufträge kommen über Empfehlungen“
Worauf es an
kommt
1. Sie haben
eine Bo
lüz OSNABRÜCK. Sänger und Grafikdesigner – der Wahl-Osnabrücker Max Ciolek übt zwei freie, kreative Berufe gleichzeitig aus. Dabei
hat der 53-jährige Vater von vier
Kindern ursprünglich Kirchenmusik studiert. Vierzehn Jahre lang
war er katholischer Kantor. Die
erste richtige Gesangsstunde nahm
er mit 30. „Zu diesem Zeitpunkt
hatte ich noch überhaupt nicht daran gedacht, dass das mal mein Beruf werden könnte“, so das Multitalent. Doch Ciolek suchte nach
neuen Aufgaben. Im Anschluss an
eine Fortbildung zum Kulturmana-
tschaft
und ein Verm
arktungskonz
ept.
2. Sie sorgen
für Sichtbark
eit
und sprechen
über Ihre Ide
e.
3. Sie kenne
n Ihre Zahle
n.
Ein Business
plan hilft da
bei.
4. Sie analys
ieren Ihren M
ark
den Wettbew
erb, die Preis t,
e.
5. Sie betreib
en aktive Selb
stvermarktun
6. Ihr Preis
g.
ist langfristi
g haltbar.
Sie kennen d
en
und vertreten Wert Ihrer Arbeit
ihn offensiv.
7. Sie glaube
n an
Konstruktive sich.
K
laassen sich a ritik nehmen Sie an,
ber nicht beir
ren.
8. Regelmäß
ig überprüfen
Sie I
und den Grad
ihrer Umsetz hre Ziele
ung.
Doppelte Berufung: Max Ciolek, Gründer von „gutundgrün“.
Foto: Magdalena Ciolek
ger begann er in Köln zu arbeiten.
Mechthild Georg wurde seine zweite Gesangslehrerin. Basis seiner
nun folgenden Karriere als Tenor
waren Empfehlungen. Es habe sich
„wie von selbst entwickelt“, berichtet der Sänger. „Plötzlich riefen
mich Leute an, die ich nur von den
CDs kannte, die bei mir im
Schrank standen.“ 2000 und 2001
reiste er rund um die Welt, trat bis
in die USA und in China auf. Doch
auch der Erfolg nutzt sich ab. Das
ständige Unterwegssein sei anstrengend gewesen, erinnert sich
Ciolek; Routine schlich sich ein,
die er nicht wollte. „Ich suchte
nach einem anderen Element für
mein Leben.“
Der Sänger besann sich auf seine
Leidenschaft für schön gestaltete
Druckerzeugnisse und begann zu
experimentieren. Er fertigte eigene
Visitenkarten und Programmhefte.
Aus dem privaten Umkreis ergaben
sich kleinere Aufträge. „Eigentlich
lief es ähnlich wie beim Gesang“,
erzählt er: „Die Menschen kamen
auf mich zu, viel kam über Empfehlungen. 2009 begann ich, parallel zum Singen als Grafikdesigner
zu arbeiten.“ Markenzeichen seiner
Agentur „gutundgrün“ sind Dienstleistungen mit ökologischem Anspruch. Mit dem Aufbau des zweiten beruflichen Standbeins sei
auch die Freude am Singen wiedergekommen, so Ciolek.
Der Sänger und Designer folgte
in entscheidenden Momenten seines Lebens seiner Intuition und
war bereit, ein hohes Risiko einzugehen. Ein einfaches Erfolgsrezept
hat er nicht, betont aber: „Mein
Antrieb war immer Freude als Motivator. Man muss an sich glauben
und bereit sein, ständig weiter zu
lernen. Es lässt sich nichts erzwingen. Die Dinge haben ihr eigenes
Tempo.“
cl OSNABRÜCK. Wie kann der Nordwesten Deutschlands seine Spitzenposition im Bereich der Logistik
halten und ausbauen? Diese Frage
stand im Mittelpunkt der Fachtagung Logita 2013 in der Hochschule
Osnabrück, die das Unternehmensbündnis Centers of Competence organisiert hat.
Niedersachsens Wirtschafts- und
Verkehrsminister Olaf Lies (SPD)
betonte, der Nordwesten sei zu einer Drehscheibe für den Weltmarkt
geworden. Um noch leistungsfähigere und nachhaltigere, umweltfreundlichere Logistiksysteme zu
erhalten, sprach er sich für die Stärkung des Kombinierten Verkehrs
aus. Dieser Fachbegriff umschreibt
eine verbesserte Verknüpfung und
Steuerung von Schienen-, Lkw-,
Schiff-, See- und Luftverkehr. Das
Land strebe an, dass der Bund den
Aspekt des Kombinierten Verkehrs
stärker bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigt, sagte Lies. Für Niedersachsen
könnte er sich vorstellen, gemeinsam mit der Wirtschaft einen Masterplan zur verbesserten Anbindung
der Hinterland-Logistik zu entwickeln.
Dass es bei der jüngsten Großinvestition in den Ausbau der Infrastruktur in Niedersachsen, dem Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven,
zu Problemen gekommen ist, streitet Lies nicht ab. Es werde an Lösungen gearbeitet. Der Jade-Weser-Port ist Deutschlands einziger
Tiefwasserhafen, den auch die
größten Containerschiffe der Welt
anfahren können. Der Betreiber
des Terminals Eurogate musste im
März die meisten der rund 400 Beschäftigten für zwölf Monate in
Kurzarbeit schicken, da viele Reeder den Jade-Weser-Port meiden.
Der Osnabrücker Logistik-Experte,
Professor Wolfgang Bode, zeigte
sich dennoch davon überzeugt,
dass sich der Tiefwasserhafen „positiv entwickeln“ werde: Der Bau
sei eine strategisch richtige Entscheidung gewesen, sagte der Professor.
Kurz notiert
Uwe Coßmann hat die Leitung der
Division Pkw-Fahrwerktechnik in
Stemwede der ZF Friedrichshafen
AG übernommen, zu der mehr als
50 Werke in 18 Ländern gehören.
Der 49-Jährige tritt die Nachfolge
von Reinhard Buhl an, der in den
Ruhestand gegangen ist.
Ralf Saatkamp aus Twist ist im
neuen Präsidium des Verbandes
der Familienunternehmer bestätigt worden. Der Geschäftsführer
des Unternehmens System Trailers
Fahrzeugbau GmbH aus Twist sitzt
in seiner Funktion als Vizepräsident
der Jungen Unternehmer seit 2009
im Bundesvorstand.
Die Wiethe Group GmbH, eine
Multichannel-Kommunikationsagentur aus Georgsmarienhütte,
will sich mit einem neu aufgebauten Management Board für weiteres Wachstum rüsten. Die drei unter der Wiethe Group angesiedelten
Unternehmen bekommen nun jeweils einen Geschäftsführer. Geschäftsführer des Fullservice-ECommerce-Anbieters Wiethe Interaktiv GmbH & Co. KG ist David Pérez González (37). Ein Geschäftsführer für den Print- und MagazinSpezialisten Wiethe Kommunikativ
GmbH & Co. KG wird seine Arbeit
ab dem 1. September aufnehmen.
Die Wiethe Objektiv GmbH & Co.
KG wird durch Florian Stickel (34)
geführt. Christian Cromme und
Markus Wiethe teilen sich die Gesamtverantwortung für die Wiethe
Holding.
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Arbeitsrecht
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23
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
GELD & GESCHÄFT
Die Faszination der Selbsterfinder
Die Strategien von Unternehmern und bildenden Künstlern sind voller Parallelen
Lichtsicht-Biennale in Bad Rothenfelde: Kunst und Wirtschaft seien nur auf den ersten Blick gegensätzliche Begriffe, sagt Heinrich W. Risken, Geschäftsführer der „lichtsicht GmbH“ und Vorstandsvorsitzender der Lebensmittelgruppe Heristo.
VON STEFAN LÜDDEMANN
BAD ROTHENFELDE. Seine Projekte
gehen um die Welt. Und sie ziehen Millionen Menschen in den
Bann. Der Mann arbeitet nach
traumhaft genau funktionierender Strategie, wirkt dabei nicht
einmal angestrengt. Sein Markenzeichen? Die Natur. Ein
schlagkräftiges Team von 50
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt ihn. Auf wen
passt dieser Karrieresteckbrief?
Auf einen Mittelständler aus der
Umweltbranche, der den Weltmarkt erobert hat?
Falsch. Es geht um Olafur Eliasson, den 46 Jahre alten Erfolgskünstler aus Kopenhagen. Sein
„Weather Project“, eine gewaltige
Sonne in der ehemaligen Turbinenhalle der Londoner Tate Modern, begeisterte 2003/2004 mehrere Millionen Besucher. Eliasson
ließ 2008 in New York künstliche
Wasserfälle rauschen, 2011 stattete
er das Konzerthaus Harpa in
Reykjavík mit einer Glasfassade
aus, die je nach Tageszeit ihren
Farbton verändert. Im Foyer des
gerade neu eröffneten Münchener
Lenbachhauses hat Eliasson einen
spektakulären Glaswirbel platziert. Ein Künstler wie ein Unternehmer? Es scheint so.
Viele Unternehmer schauen gebannt auf die Kunst – nicht nur
im Fall Eliasson. Wenn Unternehmen Kultur sponsern, dann unterstützen sie meistens Projekte der
bildenden Kunst. Konzerne sammeln Kunst. Superreiche kaufen
sündhaft teure Gemälde und
Skulpturen. Alles Zufall? Nein,
denn die Parallelen in den Lebenskonzepten und Strategien von Unternehmern und bildenden Künstlern sind mit Händen zu greifen.
Wie beschreibt ein Unternehmer
diesen
Zusammenhang?
Heinrich W. Risken, Geschäftsführer der „lichtsicht GmbH“ und
Vorstandsvorsitzender der Heristo
aktiengesellschaft (Bad Rothenfelde) sieht das Verhältnis von Kunst
und Wirtschaft so:
„Kunst und Wirtschaft, zwei auf
den ersten Blick gegensätzliche Begriffe, schließen einander keineswegs aus. Im Gegenteil: Es gibt
weitaus mehr Parallelen, als man
auf den ersten Blick für möglich
hält. So sind Kreativität und Visionen in beiden Disziplinen von
entscheidender Bedeutung – ebenso wie unternehmerischer Mut, da
Erfolg nicht immer vorhersehbar
ist. Die Herausforderung für
Kunstschaffende besteht darin, die
Wirtschaftlichkeit nicht aus den
Augen zu verlieren. Kunst braucht
aber immer auch Unterstützung:
Von den Ideen und Denkanstößen,
die die Kunst liefert, profitieren alle Bereiche der Gesellschaft – auch
die Wirtschaft. Deswegen muss
auch die Wirtschaft ihren Beitrag
leisten, um die Kunst zu fördern.“
Der Unternehmer entdeckt erstaunlich viele Parallelen zwischen
der Wirtschaft und der Kunst.
Doch wie lässt sich erklären, dass
Unternehmer und Künstler mit
ähnlichen Erfolgsrezepten agieren? Und wo liegen – allen erstaunlichen Ähnlichkeiten zum
Trotz – doch die Unterschiede zwischen Kunst und Wirtschaft, vor
allem im Hinblick auf die Kriterien für den Erfolg?
Künstler haben vor über hundert Jahren damit begonnen,
Was zählt, ist
die kreative
Abweichung von
jeder Norm.
Erfolgreicher Unternehmer: der dänische
Künstler Olafur Eliasson.
Foto: Imago
selbst wie Unternehmer zu agieren. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts leben Maler und Bildhauer, später auch Fotografen,
Performance- und Objektkünstler
ihre neue Freiheit. Das Stichwort
lautet Avantgarde. Künstler rebellieren gegen die Geschmackskonventionen ihrer Zeit, gegen Kunstbegriffe und Regelwerke, die ganz
offensichtlich nicht mehr ausreichen, um eine Kunst auf der Höhe
der Erfahrungen der Massengesellschaft, der technischen Umwälzungen, sozialer Spannungen und
des Krieges zu machen. Künstler
setzen die Regeln einer neuen
Kunst selbst. Dafür verlassen sie
alte Abhängigkeiten, vor allem die
von Auftraggebern aus Adel und
Kirche. Doch wie finden Künstler
ein Publikum für ihre Kunst des
Schocks und des Tabubruchs? Wie
rekrutieren sie Unterstützer, wie
ersetzen sie überhaupt das ganze
alte, abgelebte Bezugssystem der
Kunst? Indem sie dessen Philosophie von Konvention auf Innovation umstellen. Und das in diesen
fünf Schritten: Kreativität, Vision,
Marke, Strategie, Sinn.
Künstler ahmen nichts mehr
nach, weder die Wirklichkeit noch
Geschmacksregeln. Sie setzen auf
den Erfindergeist der Kreativität.
Ob Paul Cézannes Landschaften,
Pablo Picassos Kubismus oder die
Provokationen der Dada-Kunst:
Was zählt, ist die kreative Abweichung von jeder Norm. Dabei
bleibt es nicht. Künstler bauen
nach ihren Visionen Kunststile als
neue Bezugsrahmen, sie erfinden
mit ihrer Kunst die dazugehörenden Manifeste, sie entwerfen
selbst ihr Leben als Fiktion. Mit
einem Wort: Künstler, aber auch
Museumsleute, Kunsthändler und
Kritiker formen die Kunstwelt als
autonomes System. Dazu erfinden
sie neue Strategien, mit denen Tabus gebrochen, neue Werke platziert, Ausstellungen organisiert
werden.
Künstler erfinden nicht nur ihre
Kunst, sie erfinden auch sich selbst
neu. Und sie platzieren sich in der
Öffentlichkeit wie eine Marke.
Nicht nur Stars wie Andy Warhol
oder Joseph Beuys haben das beispielhaft vorgeführt. Die Kunstwelt
hat ihre eigene Erfolgsgeschichte
geschrieben. Damit ähnelt sie dem
System der freien Marktwirtschaft.
Mit den hier nur angedeuteten
Parallelen fasziniert die bildende
Kunst Wirtschaftsleute. Sie erkennen sich in der Kunst wieder – vor
allem in den Strategien und Methoden, mit denen sich die Kunst
ganz neu erfunden hat und fort-
laufend neu erfindet. Vorstandsmitglieder und Manager blicken
zugleich neidisch auf die größte
Ressource der Kunst. Sie liegt
nicht im exorbitanten Geldwert
vieler berühmter Bilder, sie liegt
in der Kraft der Kunst, Sinn und
Bedeutung zu vermitteln. Denn
die Selbsterfinder der klassischen
Moderne haben nicht nur neue
Stile kreiert, sie haben vor allem
unverbrauchte Weltentwürfe gestaltet und damit dem Leben der
Menschen unendlich viele neue
Optionen von Sinn eröffnet. Der
Unternehmensgewinn kann mone-
Foto: Jörn Martens
tär bemessen werden. Der Gewinn
der Kunst ist aber nur als Überschuss an Sinn richtig bemessen.
Buchtipp: „Der große Preis.
Kunst zwischen Markt und Celebrity-Kultur“, Isabelle Graw, Köln,
2008, Dumont Verlag.
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Hinter dem Begriff der
Berufshaftpflichtversicherung verbirgt sich die
Haftpflichtversicherung
für Vermögensschäden,
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die ein Rechtsanwalt oder
für Arbeitsrecht und Notar
Notar gegen Schäden abHans A. Welp
schließt, die er während
seiner beruflichenTätigkeit schuldhaft verursacht.
Beide Berufsgruppen müssen sich versichern, sonst
wird die Zulassungsurkunde als Anwalt solange nicht
ausgehändigt bis ein Versicherer bestätigt, dass ein
dem Gesetz entsprechender Versicherungsschutz
besteht, § 12 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO).
Dies gilt für selbstständige Rechtsanwälte, für freie
Mitarbeiter oder für angestellte Rechtsanwälte.
Die gesetzliche Pflicht, eine solche Versicherung für
jeden Rechtsanwalt und jede Rechtsanwältin abzuschließen, existiert seit dem 9. 9. 1994. Die Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall
beträgt 250.000,00 Euro. Die Höchstleistung für alle
innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten
Schäden muss dem vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme entsprechen, § 51 Abs. 4 BRAO.
Die Sonderstellung des Notars schlägt sich auch bei
seiner gesetzlichen Pflichtversicherung nieder, die
seit dem 1. 1. 1983 besteht. Die Mindestversicherungssumme beträgt heute insgesamt 1.000.000,00
Euro. Die Summe setzt sich aus je 500.000,00 Euro
für die individuell vom Notar abzuschließende Basisversicherung nach § 19a Abs. 3 Bundesnotarordnung
(BNotO) und der von den Notarkammern abgeschlossenen Gruppen-Anschlussversicherung (§ 67 Abs. 3
Satz 3 BNotO) zusammen. Vorsätzliche Pflichtverletzungen des Notars sind von der „normalen“ Berufshaftpflichtversicherung nicht abgedeckt. Soweit bei
dem Notar in solchen Fällen kein Ersatz zu erlangen
ist – sei es, weil die Versicherung nicht einspringt oder
weil das Privatvermögen des Notars nicht ausreicht –
haben die Notarkammern für jedes ihrer Mitglieder
nach § 67 Abs. 3 Satz 3 BNotO eine sogenannte Vertrauensschadensversicherung über 250.000,00 Euro
Mindestversicherungssumme abgeschlossen.
Viele Rechtsanwälte und Notare versichern sich mit
deutlich höheren Summen, um im Schadensfall nicht
mit dem persönlichen Vermögen haften zu müssen.
Ein geschädigter Mandant ist also in jedem Fall abgesichert!
Seit Mai 2010 müssen Rechtsanwälte ihren Mandanten mitteilen, dass und wo sie eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Dies ergibt
sich aus der „Dienstleistungs-Informationspflichten-Verordnung“ (DL-InfoVO), die der Gesetzgeber am
17. 3. 2010 im Bundesgesetzblatt (Nr. 11, S. 267) verkündet und die zwei Monate später am 17. 5. 2010 in
Kraft trat.
Teilt ein Anwalt auf Anfrage seine Haftpflichtversicherung dem (auch ehemaligen) Mandanten nicht mit,
kann dieser nach § 51 Abs. 6 BRAO bei der Rechtsanwaltskammer Auskunft über die Versicherung, ihre
Adresse und die Versicherungsnummer beantragen.
Die meisten Kammern hören bei solchen Anträgen
den Rechtsanwalt an. Wenn dieser „kein eigenes
überwiegendes schutzwürdigendes Interesse“ nachweist, wird dem Mandanten die gewünschte Auskunft
erteilt.
Ob dieses Vorgehen der Kammern rechtmäßig ist,
war in den vergangenen Jahren umstritten. Es wurde eingewandt, dass die Rechtsanwaltskammer die
Informationen nur erteilen darf, wenn der (angeblich) geschädigte Mandant über einen Direktanspruch
gegen die Versicherung nach § 115 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verfügt. Für einen solchen Anspruch muss der Rechtsanwalt insolvent oder nicht
mehr auffindbar sein.
Dieser Auffassung hat der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofes (BGH) in einer Entscheidung vom
22. 10. 2012 (Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 60/11) widersprochen. Die Klage eines Rechtsanwalts gegen die
Weitergabe seiner Versicherungsdaten wurde abgewiesen. Der BGH beruft sich in seiner Entscheidung
auf die Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und der seit 2010 geltenden
Informationsverordnung (DL – InfoVO), nach der
der Anwalt selbst seine Mandanten über seine Versicherung aufklären muss. Der BGH vertritt die Meinung, dass es damit keinen Grund mehr gebe, die
entsprechenden gesetzlichen Regelungen in der
Bundesrechtsanwaltsordnung einschränkend auszulegen.
Ob bei querulatorischen Mandanten eine Auskunft
auch einmal unterbleiben kann, ließ der BGH offen.
Die Anwaltskammern halten dies jedoch für den typischen Fall eines schutzwürdigen Interesses des
Anwalts. Dies bedeutet aber auch: im Regelfall erfährt
der Mandant, wo sein Anwalt versichert ist.
Hans A. Welp
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
LEBEN &
LEIDENSCHAFT
25
Neverland liegt im Beverland
Ein Hotel in einer alten Fabrikruine begeistert Gäste mit verrückten Themenzimmern und gehobener Küche
Aufenthalt
verspricht Abenteuer
wie im Märchen.
Beverland-Chef Dirk Boll bittet
seine Hotelgäste in ausgefallenen Möbeln zu Bett.
Pro Jahr
45 000 Besucher
aus aller Welt.
Ort für Tagungen,
Hochzeiten und
Clubreisen.
VON SEBASTIAN STRICKER
OSTBEVERN. Mit einem Veran-
staltungshof und einem Landhotel hat Dirk Boll ein Kuhdorf
zwischen Münster und Osnabrück zum Mekka für Tagungsgäste, Hochzeitspaare und Clubreisen gemacht. Besucher des
„Beverlands“ schätzen das historische Flair seiner Fachwerkund Speicherbauten, schwärmen von gehobener Küche. Vor
allem aber lieben sie die verrückten Themenzimmer.
Aus einem Fenster im Hof ragt ein
Segelboot. Es scheint, als sei der rote Einmaster durch das Glas auf die
Terrasse gefahren. Das Heck? Klebt
an der Rückseite der Scheibe, im
Schlafzimmer. Mit der Kajüte als
Bett. Einige Türen weiter bittet ein
zersägter Mini Cooper zur Nachtru-
Eine echte Rüstung schmückt das Ritterzimmer des Hotels.
Fotos: Jörn Martens
he. Nebenan ein aufgeschlitzter
Wohnwagen.
Es gibt Ritterzimmer, Rockstarzimmer, Unterwasserzimmer,
Pokerzimmer, Baumhauszimmer. Und, und, und. Was für
James-Bond-Liebhaber, was für
Sisi-Freunde. Was für Krieg-derSterne-Fans, was für Anhänger von
Winnetou. Selbstverständlich auch
was für Kinder: Prinzessin Lillifee,
Hase Felix und Capt’ n Sharky lassen grüßen. 55 verschiedene Zimmer sind es insgesamt. Eins mit
Bierfass als Bett schaffte es sogar in
Amerika in die Schlagzeilen.
Lässig schlendert Dirk Boll, 34,
durch die Flure. Poloshirt, Bollerhose, Turnschuhe – man könnte
ihn glatt für einen seiner feierlustigen Wochenendgäste halten. Wäre
nicht Dienstag und müsste das unrasierte
Sommersprossengesicht
mit dem spitzbübischen Grinsen
nicht unentwegt Hände von
Schlipsträgern schütteln. Small
Talk halten mit jener zahlungskräftigen Kundschaft, die seine VierSterne-Herberge werktags bevölkert. Oder Fragen beantworten von
„Wir wollen die
Erwartungen
unserer Gäste
übertreffen.“
45 Mitarbeitern, die sich in Vollzeit um das jährlich Tausendfache
an Besuchern kümmern. Boll ist
der Gründer von „Beverland“ und
sein führender Kopf. Auch wenn
heute die Mannschaft der Star ist,
wie er sagt. Ein Spruch wie gemalt
für die Wand im Fußballzimmer.
Anfangs war es die reine EinMann-Show. Sie reicht zurück in
Bolls Schulzeit. Als selbst ernannter
„Eventveranstalter“ richtet der
Gymnasiast in seinem Heimatdorf
Westbevern Boßeltouren aus, verleiht Riesentandems und stellt mittelalterliche Spiele auf die Beine,
bei denen sich Touristen mit gepolsterten Lanzen von Steckenpferden stechen. Im Zivildienst mietet
der Hansdampf eine Bauernscheune samt Wiese und Toilettenwagen,
baut eine Burg aus Planen und lädt
darin zu Teamtrainings. „Das lief
alles super und ist immer weiter
gewachsen“, sagt Boll.
Zur Jahrtausendwende macht
sich der gelernte Reiseverkehrskaufmann selbstständig. Kerngeschäft: Gruppenreisen. Boll braucht
mehr Platz und findet
ihn im benachbarten
Ostbevern. Er und
seine 2001 eingestiegene
Teilhaberin
Dorthe Hegemann
kaufen einen Bauernhof in Bahnhofsnähe, bauen ihn um
zum
Veranstaltungsbetrieb
und
nennen ihn „Hof Beverland“. Geburtsstunde
einer Marke, die der Firma Profil gibt. Begrifflich
dicht dran an der Region,
aber weit genug weg von ihrem Image. Denn das Münsterland als Tourismusdestination, erklärt Boll, stehe für Einzelreisen, für Schlösser, Radfahren und Reiten. Bei Gruppen
und Münsterland denke jeder an
das als Baggerschuppen verrufene
Partydorf in Legden. „Das ist nicht
unsere Richtung.“ Beverland ist
Neverland: Wie die Märcheninsel
verspricht es Abenteuer pur mit
Betonung auf Gemeinschaft. Männer dürfen Kinder sein, Frauen sich
wie Elfen fühlen. Die Gastgeber
spielen gute Fee. Boll, mit kindlicher Begeisterung und manchmal
auch Naivität in diesem Stück der
Das Prinzessin-Lillifee-Zimmer gibt es wegen der großen Nachfrage gleich mehrfach.
Zurücklehnen, die Augen schließen und eine wohlverdiente Auszeit nehmen.
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Peter Pan, rechnet vor: „Unsere Erfolgsformel lautet: 100 Prozent plus
5 Prozent gleich Erlebnis.“ Soll heißen: Nur wer die Erwartungen
übertrifft, darf hoffen, dass die Gäste wiederkommen. Oder immer
neue Kunden schicken.
Wie die Horden von Betriebsausflüglern, Sportmannschaften und Junggesellenrunden, die beim
Wettmelken und Runkelnkegeln ihren Spaß suchen. Vorzugsweise mit
dem Zug kommen sie her: von
Rhein und Ruhr, aus dem Großraum Hannover, aber auch aus Osnabrücker Land und Emsland.
Doch Beverland ist weit mehr als
ein Eldorado für Juxurlauber. International tätige Firmen halten
hier Kongresse und Incentives ab,
Hausmessen, Schulungen. Brautleute aus aller Welt nutzen die Atmosphäre für unverwechselbare
Hochzeitsfeiern. Alle finden Platz
in dem Landhotel, das Boll 2008
für 6,5 Millionen Euro in eine Fabrikruine am Dorfrand baute – nur
einen Steinwurf vom Hof entfernt.
Aber Boll eckt auch an. Frühere
Weggefährten bezeichnen ihn als
Chaoten, der schon mal wortbrüchig werde. Nachbarn bemängeln ein selbstherrliches Auftreten
und fühlen sich zu oft vor vollendete Tatsachen gestellt. Manche ziehen weg und verkaufen ihre Häuser – an Boll. In der Tat:
Halbherzigkeiten sind nicht seine
Sache. Einen großen See will der
34-Jährige noch anlegen, eine Straße bauen, vielleicht eine Garage für
Nobelkarossen. „Unsere Ziele liegen in der Perfektion“, sagt Boll.
Letztlich gebe es nur eine Sache,
die ihn antreibe: „Das Strahlen in
den Augen der Gäste.“
Schlaf-Funktion
26
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Hoch hinaus ohne Seil, aber mit Matte
Zwei Osnabrücker Kletterer planen mit einer Boulderhalle ihren Aufstieg als Unternehmer
VON MICHAEL SCHWAGER
OSNABRÜCK. Im Spätherbst wol-
len Michael Pazzini (36) und
Thomas Hofer (27) ihre
Boulderhalle in Osnabrück eröffnen. Schon seit Jahren sind
die beiden Osnabrücker leidenschaftliche Kletterer. Fast ebenso lange haben sie die Idee im
Kopf, aus ihrem Hobby ein Geschäftsmodell zu machen. Inzwischen haben sie ihr bisher
größtes Problem gelöst: Sie haben eine geeignete Halle gefunden, in der man ohne Seil bis zu
4,50 Meter hoch kraxeln kann.
Bouldern nennt man das. Mit ihrem Vorhaben, der „Zenit“-Kletterhalle, stoßen sie in eine Marktlücke. Während in Bielefeld und
Münster schon mehrere kommerzielle Sport-Kletterhallen eröffnet
wurden, gibt es das in Osnabrück
noch nicht. In Bielefeld eröffnete
vor wenigen Wochen die neue
Boulderhalle Climbix. Die BigWall-Kletterhalle in Münster, seit
Mitte der Neunzigerjahre am
Markt, erfreut sich immer noch
großer Beliebtheit. Bei „Klever“,
dem Verband der privaten Kletterhallenbetreiber, sind 39 Hallen
deutschlandweit registriert. Der
Verband zählt momentan durchschnittlich 30 000 Besucher pro
Halle und Jahr. Die Hallen in der
Nähe laufen gut, aber von einem
Kletter-Boom wollen Hofer und
Pazzini nicht sprechen. Das klingt
ihnen zu sehr nach Luftblase. „Das
ist eine Entwicklung, die schon
seit über 20 Jahren andauert“, urteilt Pazzini.
Melanie Grimm, Vorsitzende
der Osnabrücker Sektion des
Deutschen Alpenvereins (DAV),
sieht es ähnlich: „Das Interesse,
vor allem bei Jugendlichen, ist
groß“, sagt die Osnabrücker Bergsteigerin. Eine Halle passt auch
„Das Interesse,
vor allem bei
Jugendlichen,
ist groß.“
ihr gut ins Konzept, weil die DAVSektion die Nachfrage nach Ausbildung nicht immer befriedigen
kann. Es gibt zwar die Hallen im
Umkreis. Aber der Aufwand wäre
für den Verein zu hoch, für regelmäßige Übungsstunden mit Jugendlichen immer dorthin zu fahren. In anderen DAV-Sektionen, in
deren Städten Kletterhallen sind,
seien die Mitgliederzahlen „unglaublich“ gestiegen.
Auch der DAV bestätigt das:
„Die Zahl der künstlichen Kletteranlagen hat in den vergangenen
20 Jahren in Deutschland immer
weiter zugenommen.“ Besonders
nach der Jahrtausendwende habe
sich die Entwicklung noch einmal
intensiviert. Immer mehr Anlagen
entstanden, große wie kleine, und
bestehende wurden erweitert.
Das, was Hofer und Pazzini in
Osnabrück planen, ist eher klein.
Als die beiden im Jahre 2009 bei
der offiziellen Eröffnung der Kletterwand im Gymnasium Bad
Iburg den Schülern zeigten, wie
man mit geschickten Griffen vom
Boden zur Hallendecke kommt,
schwebte ihnen selbst noch vor, eine große Kletterhalle in Osnabrück zu eröffnen. 15 Meter hoch
sollte die Wand werden. „Die
Wirtschaftsförderung Osnabrück
(WFO) war uns sehr behilflich“,
lobte Thomas Hofer den Einsatz
der Wirtschaftsförderer. Bei der
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WFO habe man den Wert einer
Kletterhalle für die Osnabrücker
Freizeit-Infrastruktur erkannt. Zunächst hatten sie sich mit den
WFO-Leuten leer stehende Gewerbe-Altbauten angeschaut. Aber es
erwies sich am Ende als unmöglich, in Osnabrück eine Altimmobilie zu finden, die alle geforderten Voraussetzungen erfüllte: Die
Halle sollte verkehrsgünstig liegen, damit auch auswärtige Kletterer den Weg finden. Und sie sollte 15 bis 16 Meter hoch werden.
Die beiden Osnabrücker Kletter-Profis sind immer noch nicht
ganz so weit. Eine ausreichend hohe Immobilie, gleichzeitig zentrumsnah, haben sie bislang nicht
gefunden. Aber inzwischen haben
sie eine Bank von ihrem etwas
modifizierten
Geschäftskonzept
überzeugt. Außerdem gelang es ihnen, eine ehemalige Produktionshalle anzumieten. Das Gebäude,
die ehemalige Produktionshalle einer Osnabrücker Gardinenfabrik
in der Nähe des
Hauptbahnhofes, ist hoch
genug, um
hier eine
Boulderhalle
zu eröffnen. Beim
Bouldern
klettert man ohne
Seilsicherung bis zu einer Höhe von 4,50 Metern. Wer runterfällt,
plumpst in eine weiche
Matte.
Klettern und möglichst nicht runterplumpsen war ursprünglich mal das
Hobby von Hofer und
Pazzini, das sie gerade
zum Beruf machen. Hofer,
der Politik, Ökonomie und
Sozialwissenschaften studierte,
ist schon als Kind in den Bergen
unterwegs gewesen und vor etwa
sieben Jahren zur Sportkletterei
gekommen. Physiotherapeut Pazzini, der im Wuppertaler DAVLandesstützpunkt schon KletterLeistungssportler betreute, hat die
Kletterei vor zwölf Jahren für sich
entdeckt.
In der Region Osnabrück sind
die beiden derzeit gefragte Indoor-Kletterexperten. Für den
Boulder-Cup im April in Bad Essen waren die beiden verantwortlich für die Routenplanung. Auch
im Boulderraum am alten Osnabrücker Güterbahnhof, den Kletter-Freaks aus der Stadt derzeit
nutzen, haben Hofer und Pazzini
die künstlichen Griffe und Tritte
geschraubt. Diesen Raum nutzen
derzeit nicht nur jugendliche
Sport-Kletterer. Das älteste Mitglied der freien Initiative, das einen Schlüssel besitzt, wird von
Hofer auf Mitte 50 geschätzt.
Nicht nur der rege Zulauf in
dem provisorisch als Boulderhalle
ausgestatteten Raum, sondern
auch ihre eigene Facebook-Umfrage diente Hofer und Pazzini als
Beleg dafür, dass ihr Unternehmenskonzept stimmt. Auch ihre
gute Vernetzung in der KletterSzene hat bei den Kredit-Gesprächen mit ihrer Bank sehr geholfen.
„Wir konnten zeigen, dass unsere
Zahlen nicht an den Haaren herbeigezogen sind und das Risiko
für die Bank überschaubar ist“, urteilt Pazzini.
Zunächst einmal werden die
Räume der ehemaligen Gardinenfabrik umfassend saniert. Ferner
entstehen Kosten für den Ausbau
und das Marketing. Nach Gesprächen mit einem Architekten, Unternehmensberatern und einem
Gründer-Coach entstand ein Busi-
Klettermaxe Michael
Pazzini an einer selbst
geschraubten, künstlichen
Kletterwand.
Foto: Thomas Osterfeld
INDOOR-KLETTERN IN DER REGION
Kraxeln – sicher, warm und trocken
Die Kletterei erlebt
seit einigen Jahren
einen spürbaren
Aufschwung. Auch
im norddeutschen
Flachland. Die Zenit-Kletterhalle in
Osnabrück soll am
Jahresende eröffnet
werden. Wer nicht
auf die Fertigstellung der Zenit-Kletterhalle in Osnabrück warten möchte, findet schon im
Umkreis von rund
50 Kilometern Möglichkeiten, sich auf
den Start in Osnabrück am Ende des
Jahres vorzubereiten.
Ideal zum ersten
Ausprobieren. Der
Boulder Pool Bad
Essen. Er ist jeden
Montag von 17 bis
20 Uhr, jeden Mittwoch von 19 bis 22
Uhr und freitags von
19 bis 21 Uhr geöffnet. Kinder und Jugendliche können
umsonst rein.
In Bielefeld und
Münster gibt es die
Kletterhallen Speicher1, Boulderhalle
und Big Wall, die
ausführlich im Internet über ihre Angebote, Preise und Öffnungszeiten informieren.
ness Plan. Die jungen Kletter-Unternehmer gehen davon aus, dass
sie zunächst pro Jahr 19 000 Kraxler als Kunden begrüßen können.
Auf 800 Quadratmetern ist neben
einem größeren Boulderbereich
für die sportlichen Kletterer, Gastronomie, Umkleide- und Duschräumen auch ein kleinerer Kletterraum vorgesehen, in dem Anfängerkurse oder Kindergeburtstage
stattfinden können. „Wir wollen
Internet-Links:
Zenit:
https://de-de.facebook.com/
zenitklettern
DAV:
http://www.alpenverein.de/DAV-Services/Kletterhallen-Suche/
Bielefeld:
www.speicher1.net
www.boulderhallebielefeld.de/?
Münster:
www.bigwall.de
http://www.highhill.de
Bad Essen:
https://www.facebook.com/BoulderPool/info
auch Angebote für Schulen machen“, sagt Hofer. Jetzt braucht
das Zenit-Team seine Hände vor
allem zum Rausreißen, Abschrauben und Wegtragen. Das Foto eines Baugerüstes in der Halle wurde auf Facebook kommentiert:
„Das erste Klettergerüst steht ja
schon. Tobt Euch mal ordentlich
aus.“ Noch eine Freundin kann die
Eröffnung kaum erwarten: „Ich
lern schon mal klettern.“
27
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
LEBEN & LEIDENSCHAFT
„Bei würzigem Halloumi-Käse kann ich nicht widerstehen“
Moderatorin Barbara Schöneberger offenbart ihre kulinarischen Vorlieben – Werbefigur für den Kartoffelsalat-Wettbewerb von Homann
VON MARCUS TACKENBERG
zu. Aber wenn ich keine Zeit habe, greife ich am liebsten auf
die HOMANN-Salate zurück.
Die schmecken super!
DISSEN. Zum zweiten Mal sucht
TV-Moderatorin Barbara Schöneberger Deutschlands leckersten Kartoffelsalat. Die Kampagne des Dissener Lebensmittelherstellers Homann kommt an
– auch wegen der genießenden Werbefigur. Schöneberger gibt Auskunft.
Was essen Sie am
liebsten zum Kartoffelsalat?
Am liebsten esse ich
dazu ein Würstel
oder ein Stück Putenfleisch, aber ich
bin in erster Linie
ein
Salat-Fan
und
genieße
meinen Kartoffelsalat pur!
Frau
Schöneberger,
machen Sie Ihren Kartoffelsalat
selbst,
wenn Sie Gäste einladen, oder kaufen Sie
ihn im Supermarkt?
Ich mag sehr gerne die
Variante meiner Mutter.
Sie bereitet den
Kartoffelsalat mit
warmer Brühe
und Speck
Welche
Bestandteile gehören für Sie
hinein, was
darf
nicht
fehlen?
Ein guter Kartoffelsalat
Wie gesund ernähren Sie
sich?
Gesunde Ernährung ist natürlich wichtig, keine Frage. Aber ich
kann nicht dauernd auf Bio und
sonstige Sachen achten, das ist
einfach wahnsinnig anstrengend.
Am liebsten schiebe ich einfach
auch mal einen Braten in den
Ofen.
muss vor allem würzig schmecken.
Außerdem muss er nicht zwangsläufig mit Mayonnaise zubereitet
sein. Ansonsten bin ich für alle Variationen offen!
Welche Salate gehören außerdem zu Ihren Favoriten?
Grüner Salat mit frischen Kräutern und einem würzig-leichten
Dressing gehört zu meinen Favoriten. Außerdem liebe ich Fleischsalat, ich liebe Krabbensalat, ich liebe Heringssalat – also praktisch
alle Salate.
Was essen Sie am liebsten?
Lachs mit einer scharfen ChiliZitronen-Sauce.
Kochen Sie eigentlich gern?
Prinzipiell macht mir Kochen
Spaß, wenn es nicht zu lange dauert. Und das ist der Knackpunkt:
Mir fehlt meist die Zeit.
Müssen Sie auf Kalorien aufpassen?
Nicht immer. Aber generell achte ich schon darauf, dass ich nicht
Tausende Kalorien pro Tag zu mir
nehme.
Woran können Sie nicht vorbeigehen, ohne einen Happen
zu probieren?
Ich gestehe: würzigen Halloumi-Käse mit Rosmarin.
Windeln. Verantwortlich sind aber
die Hersteller eines Produkts,
nicht seine Werbeträger.
Sie sind und waren Testimonial für Homann, Opodo, Nescafé, wellaflex, Pampers, Renault: Damit gehören Sie zu
den beliebtesten Werbefiguren.
Woran liegt das?
Wenn man sich das Portfolio
anschaut, liegt der Schwerpunkt
meist auf dem kulinarischen Aspekt. Viele kommen auf mich zu,
weil sie in mir eine große Genießerin sehen. Und weil ich das
auch bin, freue ich mich sehr, das
Werbegesicht für diese Marken zu
sein.
Sind Sie stets über alle Aktivitäten der Unternehmen und
Fakten der Produkte, für die
Sie werben, informiert?
Natürlich, ich kenne praktisch
jede Kartoffel, bevor sie bei
HOMANN zu Kartoffelsalat verarbeitet wird [lacht]. Aber jetzt mal
Scherz beiseite: Grundsätzlich ist
die Identifikation mit dem Produkt mir sehr wichtig, denn es soll
nicht so aussehen, als ob ich es
nur hochhalte und lächele, aber
gar nicht verwende. Im Falle von
Pampers ist es natürlich naheliegend. Wer zwei kleine Kinder hat,
der hat täglich mit Windeln zu
tun. Und auch, dass die Elektroautos von Renault ohne Benzin fahren, weiß ich. Aber zum Glück
muss ich niemandem erklären,
wie der Motor funktioniert.
Ist es nicht auch eine Last,
für die Glaubwürdigkeit eines
Produkts und eines Unternehmens zu stehen und eventuell
verantwortlich gemacht zu werden?
Nein, denn ich esse für mein Leben gerne Kartoffelsalat (sogar
mit Mayonnaise), fahre gerne umweltbewusst Auto und will für
meine Kinder natürlich die besten
Was ist das Besondere an Ihrer Zusammenarbeit mit dem
Feinkost-Hersteller Homann in
Dissen?
Die Besonderheit ist, dass wir
uns gegenseitig schon sehr lange
die Treue halten und sehr glücklich miteinander verheiratet sind.
Ich hoffe, dass die Ehe bis zur Silberhochzeit in 25 Jahren oder
noch länger hält.
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redaktionellen Niveau – alle zwei Monate neu!
Crowdsourcing – das moderne Mitmach-Prinzip
tac DISSEN. Stets locker, keck und auch ein bisschen
sexy kommt Moderatorin Barbara Schöneberger in
unser TV-Wohnzimmer – ob sie nun durch eine Talkshow führt, eine Gala unterhält oder als Werbe-Ikone
zum Kauf diverser Dinge verführt. Ihre Masche zieht,
selbst einem spießigen Produkt wie dem Kartoffelsalat drückt die Power-Frau den Gourmet-Stempel auf.
„Ich hab sie alle – köstlich, himmlisch, superlecker“,
säuselt Schöneberger in einem ihrer Spots für den
Dissener Lebensmittelhersteller Homann. Doch hier
geht es nicht um irgendeinen Kartoffelsalat, sondern
um ein von den Zuschauern kreiertes Rezept.
Crowdsourcing nennt man das. Es ist bereits das
Den Kartoffelsalat 2013 sucht der Dissener Hersteller Homann Feinkost. Barbara Schöneberger liefert den Promifaktor.
Foto: Colourbox
zweite Mal, dass Homann bei der Kreation eines neuen Salates auf das moderne Mitmach-Prinzip im Internet setzt: 2012 setzte sich die Maschinenbaustudentin Nicole Leonie Bauer mit „Nicole’ s Salat“
durch. Der Salat der Erfurterin ist weiter so beliebt,
dass er noch bis August im Kühlregal erhältlich ist.
Der diesjährige Gewinner wird am 27. Juni gekürt.
Mit über 25 000 auf der Homann-Website eingestellten Rezeptvorschlägen wurde das gute Ergebnis vom
Vorjahr sogar noch getoppt. Zehn Favoriten stehen
für das Finale 2013 bereit. Welches der Rezepte am
Ende vorne liegen wird, entscheidet eine Fachjury gemeinsam mit den Finalisten.
Unter ihnen ist auch Birgit Eckhoff aus Quakenbrück. Die Fitnesstrainerin, die regelmäßig für das
„Bersenbrücker Kreisblatt“ eine Kochkolumne
schreibt, mischt ihrem Kartoffelsalat Zutaten wie
Porree, Mais und Ananas bei. Sie probiert Rezepte
aus und testet, welche Zutaten zusammenpassen.
Der Trend zum Crowdsourcing ist allgegenwärtig.
Die Kaffeehaus-Kette Starbucks suchte online ein
neues Logo, eine Biermarke „den Nachtclub der Zukunft“, und der Autohersteller Fiat bat sogar schon
um Design-Ideen für ein neues Fahrzeugmodell. Der
Vorteil: Der Kunde fühlt sich ernst genommen, er
glaubt mitzuentscheiden. Dass es nicht ganz so ist,
sieht man auch bei Homann. Die Salate konnten nur
aus vorher feststehenden Komponenten zusammengestellt werden. Trotzdem, guten Appetit!
Sie ist das Sprachrohr für die regionale Wirtschaft des Osnabrücker Landes
und des Emslands und so für Sie ein attraktiver Werbeträger.
Werben Sie in DIE WIRTSCHAFT: Lenken Sie die Aufmerksamkeit der Entscheider der Region auf sich!
Sichern Sie sich noch heute Ihren Platz in der nächsten Ausgabe.
Nächster Erscheinungstermin: 29. August 2013
Anzeigenschluss: Freitag, 9. August 2013
WIR BERATEN SIE GERN:
Marco Hinrichs
Monika Hackmann
Tel.: 05 41/310-984
Fax: 05 41/310-760
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Günter Wiegmann
Tobias Kupka
Tel.: 0 49 61/808-45
Fax: 0 49 61/808-95
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dem Medienhaus Neue OZ
www.mso-medien.de
seit 2010 Klima- und Energie-Stu-
Gründung 1913
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125 Jahre Erfahrung im
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Die betriebswirtschaftliche Verantwortung des Familienunternehmens liegt seit 100 Jahren in
Familienhand – heute in der vierten Generation (v. l.: August Etgeton, Eduard Piepenbrock,
Hartwig Piepenbrock, Arnulf Piepenbrock und Olaf Piepenbrock).
Das in der vierten Generation inhabergeführte
Familienunternehmen Piepenbrock feierte am
13. April 2013 seinen 100. Geburtstag. Seine
Kunden profitieren von einem breiten Dienstleistungsspektrum in den Bereichen Facility
Management, Gebäudereinigung, Sicherheit
und Instandhaltung. Piepenbrocks Tochterunternehmen sind im Verpackungsmaschinenbau
und der Reinigungschemie erfolgreich. Mit rund
800 Standorten und 70 Niederlassungen sowie
27.000 Mitarbeitern ist Piepenbrock ein zuverlässiger und kundennaher Partner, der nachhaltig handelt: Im eigenen Forst pflanzte Piepenbrock gemeinsam mit seinen Kunden bis heute
mehr als 19.300 Bäume. Hilfe zur Selbsthilfe
leistet das Unternehmen mit Plan International
für 63 Patenkinder in Laos. Das Jubiläumsprojekt
„Piepenbrock Clean Water“ soll zusätzlich 13
laotischen Dörfern den Zugang zu lebensnotwendigem Wasser ermöglichen.
1888 von Wilhelm Hamm in Osnabrück
snabrück als Ledergroßhandel gegründet gehört die Wilh. Hamm GmbH & Co. KG heute zu den führenden Schuhhandelsunternehmen Europas. Nach Ende des 2. Weltkrieges begann der Wandel
zum Schuhimporteur. Mit der Erschließung der Einkaufsmärkte in Fernost
und der Geburtsstunde des Systemhandels
ystemhandels in den 70er Jahren wurde der
Grundstein für die erfolgreiche Geschäftsentwicklung gelegt. In 2005 fusioniert die Unternehmensgruppe Hamm mit der Reno Gruppe und verfügt damit über ein internationales Vertriebsnetz
ertriebsnetz
in mehr als 20 Ländern. Internationale
ernationale
Lifestyle- und bekannte Modemarken
demarken
gehören zum Portfolio.
www.hr-group.de | www.reno.de
no.de
Piepenbrock ist Preisträger des Wettbewerbs Deutschlands Kundenchampions ® 2012.
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The Footwear Company
1830
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Gründung 1838
1860
1870
Moritz Böcking (links)
und Dr. Norbert Siebels
Geschäftsführer
1913 gründete Georg Klasmann das Heseper Torfwerk, das später in Klasmann
Werke umbenannt wurde. Die C. Deilmann
AG begann 1920 mit der Produktion von
Torf. Klasmann stellte in den ersten Jahrzehnten hauptsächlich Brenntorf her.
Gründung 1888
1820
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Gründung 1913
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Gründung
Gründung 1913
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Fusion 2001
2000
2001
175 Jahre Sparkasse Emsland
tung übernommen wurde.
Wir sind stolz und dankbar, dass uns heute über
150 000 Emsländerinnen und Emsländer das Vertrauen schenken und ihre Finanzgeschäfte mit
unserem Haus und unseren Verbundpartnern
abwickeln. Auch nach 175 Jahren sind wir voller
Optimismus für die Zukunft und werden unsere
Anstrengungen und unser Engagement weiter
ausbauen.
www.sparkasse-emsland.de
5
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50 Jahre
1963 als Elektrogeschäft in Meppen gegründet,
ist die Alwin Otten GmbH heute ein angesehener Fachbetrieb für Kälte-, Klima- und Elektrotechnik sowie regenerative Energien. Mit 60
Mitarbeitern plant und installiert die Firma Otten anspruchsvolle, innovative Anlagen für Privatkunden sowie namhafte Unternehmen: z. B.
Wärmepumpenheizungen, Solaranlagen, Klimaanlagen, Kältetechnik, Einbruchmeldeanlagen,
Telekommunikationssysteme und Systeme zur
intelligenten Gebäudesteuerung.
2002
Nach der Fusion und einer strategischen Neuausrichtung ist die Gruppe heute bekannt für modische
Lifestylemarken wie bama, Mercedes und Sansibar.
2005 Fusion zur HR Group
2003
2004
2010 Eröffnung vom Klima- und Energie-Studio
2006
2007
2008
2009
2010
2011
6
2
Hartwig Piepenbrock
6
2012
Zu Beginn des neuen Jahrtausends
übergibt Hartwig Piepenbrock die
Führungsverantwortung an die nachfolgende Generation und an zwei
familienfremde Geschäftsführer.
Ende 2012 ist ein weiteres Studio dazugekommen.
In der "Foto-Lounge" in der Meppener Innenstadt
wird junge Porträtfotografie angeboten.
360-Grad-Aufnahmen. Luftbilder werden mit dem
Luftbilder werden mit dem eigenen ferngelenkten Kamera-Helicopter geschossen.
Sie liefern spannende Perspektiven für
eine beeindruckende Außendarstellung
im Print- oder Internetbereich.
4
25 Jahre
Alwin Otten GmbH
2013
seit 2011
Kamera-Helicopter
eigenen ferngelenkten Kamera-Helicopter geschossen.
Industriestraße 22, 49716 Meppen
Tel. 0 59 31/4 95 95-0, www.otten.de
www.facebook.com/ArbeitenBeiOtten
2005
Zeitleiste
2010 eröffnet Otten ein Klima- und EnergieStudio in Meppen-Nödike und macht innovative
Haustechnik erlebbar. Solar-, Wärmepumpen- und
Klimaanlagen sind funktionsfähig angeschlossen.
Einzigartig im Emsland.
Übergabe 2000
Meppen
1998 Bau des Studios in M
2003 Gründung des
www.emsland-bildaarchiv.de
August Etgeton gründet
ein Fensterreinigungsinstitut
in Osnabrück.
Die Sparkasse Emsland ist seit 175 Jahren ein
zuverlässiger und kompetenter Partner in allen
Finanzangelegenheiten. Persönliche Beratung, soziales Engagement sowie die regionale Verwurzelung sind kein Zufall, sondern Absicht.
175 Jahre eindrucksvolle Unternehmensgeschichte: Eine Zeit, in der die Sparkasse Emsland den
Landkreis mit seinen Städten und Gemeinden so
deutlich geprägt hat wie kein anderes Kreditinstitut. Eine Zeit, in der erfolgreich gewirtschaftet,
aber auch tatkräftig gesellschaftliche Verantwor-
3
Fusion zur
Sparkasse-Emsland
Fusionn der Klasmann Werke GmbH und der Torfbetriebe der C. Deilmann A
AG, gleichzeitig Umfirmierung in Klasmann-Deilmann GmbH.
6
1
www.klasmann-deilmann.com
since 1888
Wilh. Hamm GmbH & Co.KG: Bereits 1888 gründete Wilhelm Hamm eine Firma für den Handel mit
Schuhleder und legte so den Grundstein für eine
erfolgreiche Geschäftsentwicklung. Nach zahlreichen Rückschlägen während des zweiten Weltkriegs begann nach Kriegsende ein rascher Wiederaufbau und die Wandlung des Unternehmens
zum Schuhimporteur.
Zeitleiste
4
5
Ein Jahrhundert gemeinsame Geschichte
und nachhaltiges Wachstum
Klasmann-Deilmann ist die erfolgreichste Unternehmensgruppe der internationalen Substratindustrie. Mit Produktions- und Vertriebsgesellschaften
sowie Handelspartnern in über 70 Ländern sind wir weltweit marktführend.
Unsere Substrate sind Grundlage für das Wachstum von Pflanzen und
den Erfolg der Gartenbaubetriebe. Seit 100 Jahren befassen wir uns mit
Naturprodukten wie Torf, Holz und Kompost und deren Verwendung in unterschiedlichen Bereichen. Unser Know-how reicht von der Rohstoffgewinnung
über die Entwicklung und Produktion von Substraten bis zur Renaturierung
ehemaliger Abbauflächen. Auf dieser Basis entstehen neue Aktivitäten
im Bereich der erneuerbaren Energien und nachwachsenden Rohstoffe.
Unsere Leitlinien auf Basis der Zertifizierungen nach ISO 9001 und
ISO 14001 fordern uns täglich heraus, im Sinne einer nachhaltigen
Wirtschaftsweise Verantwortung für Mensch, Umwelt und nachfolgende
Generationen zu übernehmen.
30
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Inspiration immer
von der Quelle
Das Restaurant Tennessee Mountain lässt an
drei Standorten Amerika ganz unterschiedlich erleben
VON THOMAS NIEMEYER
LOTTE. Eingängiger Country-
Rock gibt Orientierung, Sternenbanner und Schilder in Westernschrift bestätigen die Richtung, Steakduft erinnert an das
Motiv dieses Kurztripps in die
USA: ein Abendessen im „Tennessee Mountain - American
Restaurant“. Und der Reisende
hat bei der Erlebnisgastronomie
mittlerweile die Ortswahl: Wersen, Ibbenbüren oder Münster.
Baulich könnten sich die Drillinge
kaum unähnlicher sein: Ein fast
300 Jahre altes Fachwerkhaus jenseits jeder Bebauung an der Düte
bietet Country-Style. Der funktionale Neubau des Alpha-Casinos in
Ibbenbüren könnte an einer Einfallstraße fast jeder US-Stadt stehen. Und der riesige frühere ABC-
Schützenhof mit Saal und Terrassen im nordwestlichen Ringgebiet
Münsters weckt Südstaaten-Nostalgie. Alle drei stehen glaubhaft für
Amerika.
Gastwirt stand ursprünglich
nicht auf dem Lebensplan von Michael Kreienbrink. Eigentlich wollte der Spross der Natberger Orgelbauer-Dynastie bei seinen Pfeifen
und Registern bleiben. Doch schon
der Vater setzte auf ökonomische
Diversifikation, betrieb nebenbei
Eis- und Tennishallen zwischen
Wuppertal und Papenburg, darunter den Saunapark Fasanenhof in
Wersen, und übertrug dem Sohn
deren Verwaltung.
Dem gab eine USA-Reise mit
drei Freunden Mitte der 1990erJahre den Kick: „Wir saßen in Florida in so einer Tex-Mex-Spelunke.
Die hatte was. In New York fanden
wir was Ähnliches, das hieß The
Riesensteaks und Sternenbanner sind ein Markenzeichen der Tennessee-Mountain-RestauFotos: Jörn Martens
Südstaatenflair strahlt das jüngste TM-Restaurant aus, das 2012 in einem ehemaligen Offizierskasino in Münster eröffnet wurde.
zenhof mit Saal für 250 Personen
eine Institution in Münster darstellt, aber als italienisches Restaurant heruntergewirtschaftet war.
Eine Nummer zu groß? Bange machen gilt nicht.
Michael Kreienbrink blieb seinem Rezept treu, sich seine Inspirationen an der Quelle zu holen:
„Ich war noch nie in einem anderen American Restaurant in
Anerkannte
Pilgerstätte
für Freunde
echten Whiskeys
aus Tennessee.
Deutschland. Das wäre ja Nachmachen. In Amerika lasse ich mich anregen.“ Wie wiederholt mit seinem
Chefkoch fürs Kulinarische flog er
nun mit Janin Bohne in die USA,
um sich an Originalschauplätzen
Gestaltungsideen für die Riesenvilla zu holen. Der Antebellum Trail
in Georgia lieferte Inspiration und
Material satt.
Kreienbrink: „Aber das sind
nicht die Südstaaten aus Vom Winde verweht oder Fackeln im Sturm,
sondern das ist das heutige Leben
in den historischen Gebäuden.“ Mit
klaren Vorstellungen von Art und
Farbe der Fußböden, Wände, Vorhänge, Decken und des Mobiliars
kamen beide zurück, setzten sie
um.
Im Juni 2012 wurde eröffnet.
Mit der Entwicklung ist Kreienbrink ausgesprochen zufrieden.
Ohne besondere Werbung habe
Münster mit Wersen beim Umsatz
schon gleichgezogen. Beide
verfügen über 150 Plätze ohne
Außenbereich. Die Nutzung
des Saales biete in
Münster
aber
noch Luft nach
oben;
apropos
oben: Im ersten
Stock stehen noch
400 Quadratmeter bereit, um eventuell ein
Schulungs- und Seminarzentrum einzurichten. Da wird
deutlich, woher die Bezeichnung
Unternehmer stammt.
TOPAS Stealth Multiwheel®
rants.
Alamo. So einen Laden wollten wir
hier aufmachen.“ Als die Gastronomie am Attersee frei wurde, nahm
die Idee reale Gestalt an.
Da Kreienbrink nicht kochen
kann, aber den Gästen Authentisches bieten wollte, engagierte er
einen Koch und schickte ihn zum
Lernen nach Mexiko. Es funktionierte: Konzept, Küche und Kulisse
waren stimmig und originell, der
Laden lief – bis die Partnerschaft
der vier Freunde zerbrach. Der
heute 59-Jährige zog sich mit seinen Erfahrungen und Ideen in den
Fasanenhof zurück.
Tex Mex war für ihn nach der
Vorgeschichte tabu. Aber Amerika
hat – entgegen anderslautenden
Vorurteilen – ja noch mehr appetitliche Seiten. In Wersen ließ er das
1726 erbaute Fachwerkhaus im
Grünen auf sich wirken, kombiniert mit neuen Reiseimpressionen
aus USA. Den Namen „Tennessee
Mountain“ fand er jedoch nicht an
einer Country Road bei Nashville,
sondern mitten in Manhattan: „Üble Kaschemme, aber so what!“
Als ihm das Personal vom Alamo, darunter seine Partnerin in der
heutigen OHG, Janin Bohne, nach
Wersen folgte, war das Steak gegrillt. Das erste Tennessee Mountain eröffnete 1997 – sollte eigentlich das Einzige bleiben.
Doch der Ruf des innovativen
American Restaurants mit seinen
originellen Gerichten wie der blühenden Zwiebel (blooming onion)
und Jambalaya, einem Reisgericht
aus der Cajun-Küche Louisianas,
verbreitete sich rasch. Der Sieg bei
einem internationalen Steak-Test,
den Jumbo Schreiner 2007 auf Pro7
vornahm, verlieh zusätzlichen
Schwung. Weitere Fernsehsender
ließen sich von Bison Burger, Alligator-Fleisch und Klapperschlangen-Snacks locken. Ihre Zuschauer
bekamen Appetit und fuhren meilenweit für einen Selbstversuch.
Ein Freund erhöhte nun auch
den Druck, das TM-Konzept in abgespeckter Version in seinem Spielkasino in Ibbenbüren auszuprobieren. Nach langer Gegenwehr willigte Kreienbrink 2009 ein.
Auf Münster warf er damals von
selbst ein Auge. Doch lange Zeit
fand sich keine geeignete Immobilie. Bis 2011. Da rückte das optimal
gelegene frühere Offizierskasino in
sein Blickfeld, das als ABC-Schüt-
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Insgesamt zählt das Tennessee
inzwischen rund fünfzig Mitarbeiter, allein sechs hauptamtliche Köche darunter. Sein kompliziertes
Zuliefersystem, teils über Frankfurt
und London direkt aus den USA,
hat Kreienbrink mithilfe der Metro
begradigt. Vor allem soll ihm das
aber den Rücken frei halten, um
Spaß an der Arbeit zu haben.
Dass er den hat, belegt das Barrel House, ein Raum, der weitgehend von Jack Daniel’ s ausgestattet wurde. Die Destille des echten
„Tennessee Whiskeys“ in Lynchburg hat das Restaurant als seine
Pilgerstätte
anerkannt.
Das
kommt einer alten Vorliebe Kreienbrinks für Whisky entgegen,
aber auch seiner permanenten Suche nach Innovation: „Ich muss
mich immer absetzen, brauche
ständig neue Alleinstellungsmerkmale; sonst wird das langweilig,
für unsere Kunden
und für mich.“
31
DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Golf, Gespräche und Gedankenaustausch
„Die Wirtschaft“ präsentierte die zweite Business Golf Trophy des Medienhauses Neue OZ
VON SVEN LAMPE
Golfspielen. Und es passt
alles zusammen“, freute
sich auch Benjamin Lippold.
Zufrieden mit der
zweiten Auflage der Business Golf Trophy, die von
der Osnabrücker Veranstaltungsagentur
Vera
organisiert worden war,
zeigten sich auch die beiden Gastgeber des Medienhauses Neue OZ, die
Geschäftsführer
Laurence Mehl und Christoph Niemöller, und
kündigten an: „Es war
ein schöner Tag. Das
machen
wir
im
nächsten
Jahr
wieder!“
OSNABRÜCK. Bei der zweiten
Business Golf Trophy des Medienhauses Neue OZ und
„Die Wirtschaft“ im Golfclub
Osnabrück-Dütetal spielte
auch Petrus mit – zumindest
im übertragenen Sinn: Bei
bestem Golfwetter traten
jetzt 70 Akteure der regionalen Wirtschaft und GolfFreunde zum Spiel mit und
gegen den Golfball an. Gewinnen war das eine, gute
Gespräche und geselliges Zusammensein das andere.
Der Hauptpreis, ein Abendessen für vier Personen im Osnabrücker Restaurant „la vie“,
ging im zweiten Anlauf erstmals nach Osnabrück. Bei der
Premiere im vergangenen Jahr
hatte eine Mannschaft aus dem
Emsland gewonnen. In den kulinarischen Genuss eines von
Drei-Sterne-Koch Thomas Bühner kreierten Menüs kommen
die Mitglieder des Teams der
Kreativagentur
Dingsbums
GmbH mit Reinhard Höfelmeyer, Thomas Kasselmann, Jan
Leisieffer und Dirk Stöbitsch
für das beste Netto-Team-Ergebnis. Das beste Brutto-Einzel-Ergebnis erzielte wie im
Sie freuen sich über ein gelungenes Golfturnier und den Gewinn der Mannschaftswertung: die Geschäftsführer des Medienhauses Neue OZ. Laurence Mehl (links) und Christoph Niemöller (rechts) umrahmen das Team der Dingsbums GmbH mit (von links) Jan Leisieffer, Thomas Kasselmann, Reinhard Höfelmeyer und Dirk Stöbitsch.
Vorjahr Thomas Pott. Auf seinem
„Heimatplatz“ steigerte er sein
Vorjahresergebnis um vier von 29
auf diesmal 33 Bruttopunkte. Den
Longest Drive schlugen Angelika
Richter (214 Meter) und Martin
Knuth (249 Meter). Den Ball nearest to the pin schlug mit 6,01 Metern Thomas Kasselmann.
Foto: os1.tv
War bei der Auftaktveranstaltung vor einem Jahr noch der Regenschirm das Utensil des Tages
gewesen, war diesmal die Sonnenbrille das prägende Accessoire.
Nach einem ausgiebigen Frühstück und einigen Justierungsschlägen auf der Driving Range
ging es dann auf die von den
Greenkeepern des Golfclubs Dütetal bestens präparierten Bahnen.
„Sehr viel Spaß hat gemacht, dass
es mit den Menschen, mit denen
man den Tag verbracht hat, gepasst hat. Das war für mich das
Wichtigste“, zog Reinhard Höfelmeyer eine positive Bilanz. „Endlich einmal ein schöner Tag zum
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DONNERSTAG, 27. JUNI 2013
LEBEN & LEIDENSCHAFT
Geradezu südländisches Flair herrscht bei sommerlichen Temperaturen in der Redlingerstraße. Cafés wie das „Bagel‘s laden zum Verweilen ein. Auch Mode- und Einrichtungsgeschäfte sind zahlreich vertreten.
Fotos: Jörn Martens (3), Gert Westdörp
Kreative Oase im Herzen der Stadt
In der Redlingerstraße mitten in Osnabrück gedeiht ein Biotop mit kleinen, eigenwilligen Einzelhandelsläden und Cafés
Pfiffige Pioniere
ziehen gleichgesinnte
Unternehmer an.
Entspannte Ruhe
trotz Nähe zur großen
Shopping-Meile.
Steigende Mieten
wären eine Bedrohung
für das Biotop.
VON SVEN MECHELHOFF
OSNABRÜCK/LINGEN. Alteingeses-
sene zogen weg, Ladengeschäfte
wurden frei. Dann entdeckten
die Kreativen die Redlingerstraße für sich. Ähnliches spielt sich
seit Langem in Metropolen wie
Berlin und Hamburg ab. Im
Emsland ist noch Raum für Entwicklung.
Als Nächstes sind die Straßenlaternen vor der Ladentür dran. Alexandra Otto schwebt eine Dekoration in Zuckerstangenoptik vor –
mit bunten Streifen, die sich längs
an den Säulen hinabdrehen. Genau wie den anderen ansässigen
Liebe zum Detail am Straßenrand...
Ladenbesitzern liegt der Inhaberin
des
Bekleidungsgeschäfts
Go
Strange das Wohl und die Optik
der Redlingerstraße am Herzen.
Man kennt und schätzt sich hier –
ist teils gut befreundet. Diese persönliche Atmosphäre, angereichert
mit vielen Ideen, spüren auch die
Kunden.
Die Redlingerstraße in Osnabrück verbindet den Spielplatz
Hansekogge und die dortige Gastronomie rund um den Grünen Jäger mit der Saro Tapas Bar an der
Nikolai-Garage. Dazwischen liegen
zahlreiche weitere inhabergeführte Einzelhandelsunternehmen, die
Kaffee, Eis, Comics oder Kleidung
anbieten. Von Hektik und Einkaufsstress ist jedoch nichts zu
spüren.
Seit dem Jahr 2000 haben auch
die beiden Schwestern Alexandra
Otto und Erdie Beyer ihren Laden
hier. An der Standortwahl habe
besonders die noch heute bestehende Freundschaft zum gegenüberliegenden Café Tiefenrausch
großen Anteil gehabt, erinnert
sich Otto. Alle Möbel im von der
Farbe Lila dominierten Inneren
seien selbst gebaut, erklärt die Inhaberin stolz – keine Massenproduktion, dafür viel Individualität.
Dieses Schema setzt sich auf den
Ladentischen und in den Regalen
fort. „Ich kaufe nicht ein, was unbedingt angesagt ist, sondern was
mir gefällt.“ Zwar achte sie darauf,
dass viele der T-Shirts, Kleider
und Hosen Fairtrade-Waren sind,
eine Regel will sie daraus aber
nicht machen. Ihr oberstes Gebot:
Alles muss bequem sein.
Ein paar Meter weiter betreiben
seit etwa vier Jahren Steve McGuire und Katrin Lazaruk ein Geschäft mit dem Namen „made in
Osnabrueck“.
Dort
warten
Schmuck, Einrichtungsgegenstände aus Recyclingmaterialien, bedruckte T-Shirts und vieles mehr
darauf, den Besitzer zu wechseln.
Alles sei handgefertigt und aus Osnabrück und Umgebung, versichert Lazaruk.
Gemeinsam erinnern sich die
beiden Ladenbetreiber an die
Mode, Einrichtung,
Design *
• Alsterschwan
Al t
h
• Stilmix • Pink Milk
• Madeinosnabrueck
• Boutique Dagmar
• Jörg Plaar
• Handsome
• Christiane Schwarzwald
• Go Strange
* Mode, Taschen, Accessoires, Schmuck,
Stilberatung, Einrichtung
Gastronomie
• Saro
S • Barösta
B ö t K
Kaffeebar
ff b
• Schlecks • Bagel’s
• Isaan Thailändisches Restaurant
• Tiefenrausch • Grüner Jäger
Entwicklung der Redlingerstraße.
Noch vor ein paar Jahren habe es
hier vor allem alteingesessene Läden gegeben, berichtet Lazaruk.
Friseure oder Schuhmacher seien
dann aber umgezogen und hätten
Platz für Neues gemacht. Bei den
in den letzten Jahren zunehmenden Neuansiedlungen hat McGuire, nach eigenen Angaben, dann
an vielen Stellen mitgemischt.
„Macht euch doch selbstständig“,
habe er beispielsweise zwei Bekannten geraten, die auf der Suche nach neuen Herausforderungen waren. Auch anderen Suchenden habe er die Redlingerstraße als Standort empfohlen –
gemäß seinem Motto: „Stärke
dein Umfeld, dann geht es dir
auch gut.“
Ein Laden ziehe den anderen
an, meint McGuire. „So entstehen
gesunde Erweiterungen der Straße.“ Alle würden sich kennen, niemand stehe in der Gemeinschaft
außen vor. Mit Stadtplanung oder
anderen äußeren Einflüssen habe
das nichts zu tun.
Das sieht Patricia Mersinger,
Fachbereichsleiterin Stadtentwicklung und Integration bei der Stadt
Osnabrück, genauso: „Es ist der
freie Markt, der die Entwicklung
Friseursalon
• Mod’s
M d’ Hair
H i P
Paris
i
Tätowierungen
• Scratch the Surface
Golfsportbedarf
• Caddyshack
Literatur/Comics
• Neunte
N t Kunst
K t
Lebensmittel
G tt Moro
M
G
t
• Gatto
Gourmet
„Stärke dein
Umfeld, dann
geht es dir
auch gut.“
vorantreibt.“ Sie empfindet die
Straße als eine Bereicherung für
das Stadtbild.
Ganz frei von städtischen Einflüssen ist der bunte Standort jedoch nicht, wie Iris Pohl von der
Osnabrücker Marketing- und Tourismus GmbH (OMT) erklärt. Ab
dem Jahr 2005 hätten sie und ihre
Kollegen die Entwicklungen speziell an der Hansekogge „moderiert“. „Wir haben koordiniert,
dass sich Anwohner, Gastronomen
und Stadtvertreter an einen Tisch
gesetzt haben.“ Daraus sei der
Spielplatz mit seinem Holzschiff,
dem Bauwagen und den Außenarealen der Kneipen entstanden.
„Gastronomie belebt das Viertel“,
sagt sie.
Das, was sich derzeit in Osnabrück tut, ist aus Großstädten wie
Hamburg (Sternschanze), Berlin
(Prenzlauer Berg) oder Köln (Belgisches Viertel) bereits in viel größerem Ausmaß bekannt. Auch in
Osnabrücks Nachbarstadt Münster sind im Hafenviertel aktuell
ähnliche Prozesse zu beobachten.
Die Entwicklungen am Universitätsstandort Lingen sind dieser
Art urbaner Dynamik hingegen
wohl noch nicht zuzurechnen.
Aber das kann noch werden. Denn
die Sache an sich ist im Prinzip
überall möglich und gar nicht
neu:
... und vor dem Schaufenster der Boutique „Go Strange“.
Frisch geröstete Bohnen im Café Barösta.
„Dass sich Läden nebeneinander ansiedeln, die sich gegenseitig
befruchten und die zueinanderpassen, ist ein Phänomen, das
man schon in mittelalterlichen
Städten beobachten konnte“, sagt
Daniel Zwicker-Schwarm, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Institut für Urbanistik in
Berlin. Heutzutage sei dafür insbesondere günstiger Laden- und
Wohnraum notwendig.
Und genau da liegt nach Meinung des Experten die Gefahr für
den dauerhaften Erhalt solcher
kreativen Zentren: Das „hippe
Image“ eines Viertels ziehe größere Firmen an, wodurch die Immobilien- und Mietpreise anstiegen –
der erste Schritt in den Tod kleiner Einzelhandelsunternehmen.
Auch für Patricia Mersinger
hängt in Osnabrück alles an den
Hausbesitzern: „Man kann nur
hoffen, dass denen die Läden und
die Atmosphäre auch gefallen.“
Die Ansiedlung von Handelsketten zu verhindern ist deshalb ein
Ziel der Interessengemeinschaft,
die Ladeninhaber Steve McGuire
derzeit für sich und seine Nachbarn plant: „Die Redlingerstraße
soll keine Unterhaltungsmeile
werden und ihre Individualität
behalten.“