Forschungsbericht PDF NutzerInnen Aktionsforschung Initiative...e.V.

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Forschungsbericht PDF NutzerInnen Aktionsforschung Initiative...e.V.
Forschungsbericht Initiative
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Ein schöner Tag
Forschungsbericht
Initiative zur sozialen Rehabilitation
e.V.
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Forschungsbericht Initiative
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Grußwort ................................................................................................................................. 3
Kapitel 1 .................................................................................................................................. 5
Was wissen die NutzerInnen? Zur Erforschung des Nutzerwissens ................ 5
1 Forschungsvorhaben ................................................................................................. 5
1.2. Wer wir sind ............................................................................................................. 6
1.3 Auftraggeber.............................................................................................................. 7
1.4 Was ist das Interesse der Ini... ? ...................................................................... 7
1.5 Was ist das Interesse der NutzerInnen? ........................................................ 8
1.6 Unser Interesse an der Erstellung unseres eigenen Wissens ................ 8
Kapitel 2 ................................................................................................................................ 10
Der Forschungsprozeß ..................................................................................................... 10
2.1 Vorbereitungsphase.............................................................................................. 10
2.2 Ergebnisse der Fokus-Gruppen ........................................................................ 10
2.2 Kooperationstreffen .............................................................................................. 13
2.3 Forschungsfragen .................................................................................................. 13
2.4 Forschungsdesign .................................................................................................. 14
2.5 Der Forschungsansatz.......................................................................................... 16
2.6 Ablauf vom Schönen Tag.................................................................................... 17
Kapitel 3 ................................................................................................................................ 19
Ein paar Geschichten...................................................................................................... 19
und was sie uns sagen können .................................................................................... 19
Kapitel 4 ................................................................................................................................ 32
Schlussfolgerungen und Empfehlungen.................................................................... 32
Anhänge ................................................................................................................................ 36
Literatur................................................................................................................................. 43
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Forschungsbericht Initiative
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Grußwort
Wir freuen uns, den Forschungsbericht zur Lebenszufriedenheit der
NutzerInnen der Initiative zur sozialen Rehabilitation e.V. vorlegen zu
können.
NutzerInnenbeteiligung ist bei der Initiative ein wichtiges Anliegen.
Von Beginn an haben wir versucht, den KlientInnen Mitgestaltungs- und
Entscheidungsmöglichkeiten zu bieten.
NutzerInnen des Betreuten Wohnens können Mitglied im Verein werden.
Über eine lange Zeit waren NutzerInnen oder ehemalige NutzerInnen im
Vereinsvorstand tätig. Geeignete Formen der Beteiligung zu finden ist
nicht immer leicht, die Beteiligung der NutzerInnen im Verein ist geringer
geworden, die Anläufe, einen BewohnerInnenrat bei der Initiative aktiv
werden zu lassen, scheiterten immer wieder spätestens nach einem Jahr.
Daher fand der Vorstoß der EXPA (ExpertInnen-Partnerschaft) - Gruppe,
eine Beforschung zur NutzerInnenbeteiligung bei der Initiative... e.V. mit
dem Themenschwerpunkt Lebensqualität durchzuführen, sofort unser
Interesse.
Überzeugend war der Ansatz, die Forschung zur NutzerInnenzufriedenheit
von Beginn an aus der Perspektive der Betroffenen selbst heraus zu
entwickeln.
Ein Jahr lang haben Psychiatrie-Erfahrene aus der EXPA, MitarbeiterInnen
unseres Fortbildungsträgers F.O.K.U.S. und NutzerInnen der Initiative...
mit dem IGPB (Institut für Nutzerbeteiligung) aus Amsterdam, mit dem
wir schon im Rahmen des EU Projektes EX-IN zusammengearbeitet haben,
gemeinsam die Forschung durchgeführt.
Anfangs und während der Planung der einzelnen Schritte hatten wir die
Vorstellung, dass die ForscherInnengruppe eine umfangreiche Befragung
der NutzerInnen durchführen würde.
Doch der gewählte Ansatz der Aktionsforschung führte zu „Ein schöner
Tag“ und zeigte uns, dass die Förderung von Beteiligung ein gemeinsamer
Lernprozess ist.
Heidi Mergner und Sven Bechtolf
Geschäftsführender Vorstand
Initiative zur sozialen Rehabilitation e.V.
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Forschungsbericht Initiative
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Der Kohl (das Stilleben)
von Stephan Schanz
Nun nachdem Wilhelm die Eingangsrede gehalten hat, wurde das Essen
serviert.
Rechts vor mir stand ein Glas gefüllt mit herrlich sprudelndem
Mineralwasser. Etwas unterhalb des Glases lag das geordnete Besteck mit
einer Serviette, der Tisch hatte eine weiße Tischdecke aus Papier.
Vor mir auf den Tisch stellte die Bedienung mit einiger Eile den aus
Porzellan hergestellten Untersatz. Ich betrachtete den Untersatz mit einer
gewissen Hingabe. Die Speisen waren wohl geordnet auf dem weißen
Grund.
Von rechts nach links gesehen: Es lag da als erstes die Scheibe, in hell
rosa, das Kassler, durchzogen von hellen Adern aus Fett. Daneben die
blasse Grützwurst, die etwas halb rund geformt vor mir liegt. Dann die
fest kochenden Kartoffeln, es waren nur wenige, knapp eine kleine Hand
voll und vor Wärme dampfend und wohlriechend.
Und dann der Höhepunkt: der Kohl, er war in einem satten grün gehalten
und durchsetzt von dunkelgrünen faserigen Streifen.
Der Kohl war mit viel Liebe und Hingabe vom Koch behutsam zubereitet
worden. Und stilistisch auf dem kalten weißen Porzellan angerichtet
worden.
Ich zögerte etwas als ich versuchte, dieses Stilleben nicht zu zerstören
und doch einen Happen des herrlichen Kohles zu kosten. Der Kohl
entfaltete sein volles Aroma auf der Zunge, ich schmeckte die Süße
heraus, die der Kohl in sich trug, die er vom ersten Frost erhalten hat.
Während ich noch den Kohl genoss, schweifte mein Blick einmal nach links
und dann nach rechts von mir. Alle genossen wie ich das Stilleben, sie
zerstörten das Gefüge vor ihnen. Das Klappern der Bestecke wurde immer
lauter, sobald sich das zu essende stilistisch dem weißen
Porzellanuntergrund näherte. Ich erblickte das Stilleben vor mir und
beschloss es so zu lassen, so voller Wohlgefallen und Farbenpracht.
Ende
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Forschungsbericht Initiative
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Kapitel 1
Was wissen die NutzerInnen? Zur Erforschung des
Nutzerwissens
1 Forschungsvorhaben
Mit anderen Menschen zusammen zu essen ist nicht zuletzt eine
soziale Situation. Das gleiche gilt für das gemeinsame Spielen. Wir
werden in diesem Bericht beschreiben, wie wir als Beteiligte beim
Essen und beim Spiel diese soziale Situation erlebt haben und wie
wir die gemachten Erfahrungen reflektieren.
Wir haben auf diese Art und Weise ein Forschungsprojekt
durchgeführt. Wir wollten wissen, wie wir eine soziale Situation mit
Menschen herstellen können, die einen psychiatrischen Hintergrund
haben, mit Menschen die häufig mehr oder weniger isoliert in
unserer Gesellschaft leben und die nicht viele Möglichkeiten für ein
zufriedenstellendes soziales Leben haben. Wir wollten wissen, wie
wir mit ihnen in Kontakt treten können und wie wir uns auf eine
schöne Art und Weise treffen können.
Wenn wir hierbei erfolgreich sein wollen, unter welchen
Bedingungen sollten wir diese Situation herstellen? Wie können wir
unser Ziel erreichen? Dies waren Ausgangsfragen, die der Erstellung
unseres Forschungsdesigns zugrunde lagen.
Die Idee für eine solche Forschung kam von der „Ini...“. Sie wandte
sich mit der Bitte um methodologische Unterstützung an das
„Instituut voor Gebruikersparticipatie en Beleid“ (IGPB) in
Amsterdam. Von Anfang an starteten wir von einer entscheidenden
Vorannahme: Um unser Ziel zu erreichen müssen wir unsere
eigenen Erfahrungen nutzen – unsere eigenen Erfahrungen zur
Kontaktaufnahme, dem Begegnen von und mit anderen Menschen
und mit allem, was wir als NutzerInnen psychiatrischer Dienste
selbst erfahren haben. Wir sind ExpertInnen aus Erfahrung. Wir
haben alle unsere eigenen Erfahrungen mit der Psychiatrie gemacht
und mit einer schwierigen sozialen Situation, die damit einhergeht.
Wir haben aus unseren Erfahrungen gelernt. Um soziale Isolation zu
durchbrechen, brauchen wir unser eigenes Expertenwissen aus
Erfahrung. Dies ist der Grund, warum dieses Forschungsprojekt nur
von NutzerInnen und Menschen mit Psychiatrieerfahrung
durchgeführt werden konnte.
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Forschungsbericht Initiative
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1.2. Wer wir sind
Die Forschung wurde von dem „IGPB“, „F.O.K.U.S.“ (dem
Fortbildungsträger der Ini...) und der „Expertenpartnerschaft“
(EXPA) durchgeführt.
Die EXPA ist ein Team von Psychiatrieerfahrenen und Profis, das es
seit 2000 gibt. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, den Austausch
zwischen Nutzern und Tätigen im Bereich psychische Gesundheit zu
verbessern. Angebote sind u.a.:
- Fortbildungen, Vorträge, Workshops
- Konzeptberatung
- Schulungen
- Forschung
Seit 2006 gibt es in der EXPA eine Gruppe, die sich der Forschung
widmet. Wir betreiben nutzerorientierte Forschung, das bedeutet,
dass wir Forscher Psychiatrieerfahrene sind. Wir verstehen uns als
Experten aus Erfahrung, Erfahrung mit der Psychiatrie und
Erfahrung mit einer positiven Lebensgestaltung.
„So lohnt es sich zu leben, zumindest für mich. Ich
persönlich lebe sehr gerne und möchte mindestens 100 Jahre
alt werden Unser Forschungsansatz ist die Aktionsforschung,
wo der Mensch im Mittelpunkt steht. Das bedeutet, dass wir
Geselligkeit suchen, Kontakte knüpfen, so dass wir Forscher
und die Beforschten einen gemeinsamen Nutzen aus unserer
Tätigkeit ziehen. Gemeinsam kommen wir zu
forschungsrelevanten Daten, die unsere Auftraggeber
befriedigen. Mir selbst macht die Sache großen Spaß, und ich
hoffe für die Zukunft, das sich viele Auftraggeber finden,
damit ich weiter forschen kann “(Heinz- Georg Behrens)
Wir sind:
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Dierk Scharping, Experte aus Erfahrung
Stephan Schanz, Experte aus Erfahrung und
Hobbykünstler
Harald Radmacher, Psychiatrie - Erfahrener
Torsten Mährländer, Experte aus Erfahrung,
Vorsitzender des Netzwerks Stimmenhören
Heinz-Georg Behrens, Experte aus Erfahrung
Henry O. Rehder, Experte aus Erfahrung
Julia Böttcher, Expertin aus Erfahrung und
Sozialpädagogik-Studentin
Katrin Lange, Psychologin
Jörg Utschakowski, Sozialpädagoge
Harrie van Haaster, Experte aus Erfahrung als
Angehöriger und Psychologe
Wilhelm Ricklefs, Experte aus Erfahrung
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1.3 Auftraggeber
Der Auftraggeber für das Forschungsprojekt ist der Verein Initiative
zur sozialen Rehabilitation e.V. (Ini... e.V.) Die Ini... e.V. ist ein
gemeinnütziger Verein, der 1982 im Zusammenhang mit der
Auflösung der psychiatrischen Langzeitklinik Kloster Blankenburg und
der kritischen Auseinandersetzung mit der herkömmlichen,
medizinisch ausgerichteten Psychiatrie gegründet wurde. Auch heute
ist das Ziel des Vereins die Beteiligung an der konstruktiven
Weiterentwicklung des Hilfesystems für psychisch kranke,
suchtkranke und geistig behinderte Menschen.
Derzeit begleitet der Verein mit ca. 80 MitarbeiterInnen 250
Menschen im Betreuten Wohnen.
Neben dem Betreuten Wohnen sind verschiedene Projekte und
Tochtergesellschaften entstanden wie z.B. die Zeitungsinitiative
„IRRTU(R)M“, kreative Gruppen für Schreiben, Malen, Bewegen und
Handwerk, der Fortbildungsträger „F.O.K.U.S.“, die „comeback
GmbH“ als Gesellschaft im ambulanten Drogenhilfesystem und
arbeitsmarktpolitischer Dienstleister, die Gapsy als „Gesellschaft für
ambulante psychiatrische Dienste mbH“ und die GIB (Gesellschaft für
integrative Beschäftigung mbh).
Die Ini... versteht sich als nutzerInnenorientiert, ist regional und
gemeindenah tätig und zielt auf Rehabilitation und Integration in
gesellschaftliche Lebens- und Arbeitszusammenhänge.
1.4 Was ist das Interesse der Ini...?
Die Ini... hat uns mit der Forschung beauftragt, weil sie herausfinden
wollten, wie die NutzerInnenbeteiligung in der Ini... angeregt und
gefördert werden könnte und wie NutzerInnen selber dazu beitragen
können, die Zufriedenheit mit den Betreuungsangeboten bzw. die
Lebenszufriedenheit der NutzerInnen zu erheben. Von Interesse war
auch die Frage, inwieweit das Angebot der Ini... an den Bedürfnissen,
Bedarfen und Wünschen der NutzerInnen orientiert ist und wie es von
ihnen bewertet wird.
Während der Vorbereitungsphase und der ersten Schritte der
Forschung haben die unterschiedlichen Gruppen in der Ini...
(Geschäftsleitung, MitarbeiterInnen, NutzerInnen) verschiedene
Interessen an der Durchführung der Forschung formuliert, wobei der
Schwerpunkt jedoch auf die Interessen der NutzerInnen gelegt
werden sollte.
Die Geschäftsleitung und MitarbeiterInnen der Ini... sind vor allem
daran interessiert, eine Bewertung ihres Angebotes und ihrer Arbeit
durch die NutzerInnen zu erhalten und damit Möglichkeiten für
Verbesserung, gegebenenfalls der Veränderung und damit
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Effektivierung des Angebotes zu entwickeln. In diesem Sinne soll die
Forschung als eine Art Instrument für Qualitätsmanagement
fungieren. Hierzu zählt auch die Beschäftigung mit Wünschen,
Möglichkeiten und Strategien für mehr NutzerInnen-Beteiligung.
Darüber hinaus erwarten die MitarbeiterInnen, vor allem diejenigen,
die als BetreuerInnen arbeiten, von der Forschung eine
Rückmeldung der NutzerInnen zur Qualität und der Zufriedenheit mit
der Betreuung, um diese entwickeln und verbessern zu können.
Die Ini... als Organisation hat damit ein eigenes Forschungsinteressen
zur Bewertung und qualitativen Entwicklung ihres Angebotes und zur
Beteiligung der NutzerInnen.
1.5 Was ist das Interesse der NutzerInnen?
Die Forschung soll sich nicht in erster Linie an dem Interesse der
institutionellen und professionellen Seite orientieren, sondern an
jenem der NutzerInnen. Deren Interesse muss sich nicht
selbstverständlich mit dem Interesse der Ini... decken. Ein Aspekt,
der sich zu Beginn der Forschung herauskristallisiert hat ist, dass der
Einfluss der Ini..., und damit vor allem der Betreuung im Leben der
NutzerInnen – zumindest zeitlich gesehen - meist nur einen geringen
Anteil ausmacht. Das Leben der NutzerInnen ist mehr als ein Leben
mit der Ini... und der Betreuung. Das Interesse der NutzerInnen an
der Durchführung einer Forschung geht über eine Bewertung der
Qualität der Betreuung, ihrer Zufriedenheit damit und des Einflusses
der Ini... auf das Leben hinaus. Zufriedenheit muss in einem
größeren Zusammenhang als dem der Betreuung gesehen werden.
1.6 Unser Interesse an der Erstellung unseres eigenen Wissens
Unser Ziel ist es, eine Forschung durchzuführen, die Wissen im Sinne
der NutzerInnen produziert; also ein Wissen, das nützlich und
hilfreich für uns ist und damit unsere Interessen bedient.
Dies kann erreicht werden, indem NutzerInnen und Menschen mit
ähnlichem Erfahrungshintergrund an allen Phasen des
Forschungsprozesses aktiv beteiligt sind bzw. die Forschung selbst
vorbereiten, gestalten und leiten. So können neue Ideen, Wissen und
Verständnis für und über NutzerInnen, ihr Leben und die Angebote,
die sie nutzen, erhalten werden. Die Forschung soll auf eine Art und
Weise durchgeführt werden, die dadurch aussagekräftig ist, dass
ermöglicht wird, die subjektiven Erfahrungen der NutzerInnen ernst
zu nehmen und zugänglich für andere zu machen, so dass hilfreiches
gemeinsames Erfahrungswissen entstehen kann.
Dadurch sind NutzerInnen – anders als in der traditionellen
wissenschaftlichen Forschung – nicht mehr passives beforschtes
Objekt, sondern selbst aktiv handelndes und den Prozess der
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Wissensproduktion steuerndes und beeinflussendes Subjekt. So
können Prozesse in Gang gesetzt werden, die die Position von
NutzerInnen stärken, ihren Einfluss auf die sie betreffenden
Umgebungen und Einrichtungen und damit auf ihr eigenes Leben
erhöhen und auf Grundlage von gemeinsam erhobenem, geteiltem
Erfahrungswissen ihre gegenseitige Unterstützung und
Selbstorganisation befördern.
Die aktive Unterstützung und Förderung dieser Prozesse bereits
während der Forschung entspricht den Grundsätzen von
Aktionsforschung (participative action research) - der
Forschungsansatz, mit dem das IGPB als Kooperationspartner bereits
jahrelange Erfahrung hat. Direkt und aktiv Entwicklungen und
Veränderungen umzusetzen, um die Position der NutzerInnen zu
stärken, ist dabei eine wichtige Zielstellung.
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Kapitel 2
Der Forschungsprozess
2.1 Vorbereitungsphase
Unseren ersten Vorüberlegungen in Bezug auf das Forschungsprojekt
wurden im Rahmen der Expertenpartnerschaft gemacht. Wir wollten
mehr wissen über die Interessenslagen der drei Gruppen: NutzerInnen
der Ini..., MitarbeiterInnen und Vorstand.
Wir bereiteten drei Interviews vor und führten sie in Form von drei
Fokus-Gruppen1 jeweils mit NutzerInnen, MitarbeiterInnen und
Vorstand durch.
Für jede Gruppe erstellten wir einige Fragen. Im nächsten Abschnitt
werden die Antworten in einer kurzen Übersicht dokumentiert.
2.2 Ergebnisse der Fokus-Gruppen
2.2.1 Der Vorstand gab zu den folgenden Fragestellungen an:
Wie gut werden die Leitlinien in der Praxis umgesetzt?
• 7 auf einer Skala von 1-10
Welche Bereiche sollten verbessert werden?
• Gender Fragen
• Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
• Einsamkeit der NutzerInnen
Was ist NutzerInnenzufriedenheit?
• Wenn unsere Arbeit zu einem Erfolg führt: Wenn jemand sich
stabilisiert hat und am öffentlichen Leben teilnehmen kann
Erwartungen an die Forschung?
• Strategien zur Verbesserung der NutzerInnenbeteiligung
• Eine klare Idee was in diesem Zusammenhang realistisch ist
(brauchen wir einen NutzerInnenrat, wollen NutzerInnen mehr
Beteiligung)
• Verbesserung des Qualitätsmanagements
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Fokusgruppen sind eine wirksame Methode, um (Dienst-)leistungen zu
evaluieren oder neue Ideen zu testen. Optimalerweise wird dabei ein
Querschnitt einer bestimmten Gruppe (z.B. MitarbeiterInnen) befragt. Im
Grunde genommen verlaufen sie als Gruppeninterview wie ein
gewöhnliches Interview, nur mit 6-10 Leuten gleichzeitig. In einer Sitzung
mit einer Interviewgruppe kommt sehr viel Information zusammen.
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Wie wird mit Beschwerden der NutzerInnen umgegangen?
• Beschwerden gehen an Vorstand, Verwaltung und die Teams,
postalisch und per Telefon
• Sehr unterschiedliche Beschwerden
• Es gibt kein strukturiertes Beschwerdemanagement, aber
Beschwerden werden ernst genommen
• Vorstand muss nur selten u. nur in gravierenden Fällen
eingreifen, Beschwerden werden meist mit BetreuerInnen und
Bereichsleitung geklärt
Was ist Erfolg in der Arbeit?
• Positives feed-back der NutzerInnen und der
Kooperationspartner.
• Genug finanziellen Spielraum zu haben, um z.B. diese
Forschung oder die Beteiligung von NutzerInnen an Reisen
und besonderen Ereignissen, oder Projekte wie den Irrturm
und F.O.K.U.S. unterstützen oder finanzieren zu können.
• Erfolg ist auch eine positive Kultur des Austauschs und der
Diskussion.
2.2.2 Angaben der MitarbeiterInnen:
Wie gut werden die Leitlinien in der Praxis umgesetzt?
• Uns sind die Leitlinien nicht sehr bewusst. Oftmals besteht ein
Spannungsverhältnis zwischen theoretischen Ansprüchen und
praktischen Anforderungen. Oftmals sind die Beziehungen
nicht auf gleicher Augenhöhe.
Was ist NutzerInnenzufriedenheit?
• Manchmal gibt es einen Widerspruch zwischen dem Anliegen,
NutzerInnen zu aktivieren und dem Bedürfnis, allein gelassen
zu werden und zu entspannen.
• NutzerInnenzufriedenheit ist eigentlich das Gleiche was
Zufriedenheit für mich bedeutet.
• Die Definition von NutzerInnenzufriedenheit hängt auch davon
ab, wer Einfluss hat (KlientIn, Finanzierer, Gemeinde,
Behörden…)
Erwartungen an die Forschung?
• Allein die Tatsache, dass eine Nutzerinnenorientierte Forschung
durchgeführt wird, wird Prozesse initiieren. Etwas angstbesetzt
ist, dass unsere Arbeit bewertet wird (ob sie nun gut oder
schlecht ausfällt)
Wie wird mit Beschwerden der NutzerInnen umgegangen?
• Normalerweise werden diese im direkten Kontakt zwischen
BetreuerIn und NutzerIn besprochen, manchmal wird ein
Kollege hinzugezogen.
• Beschwerden werden Ernst genommen.
• Wir nehmen auch war, dass es eine Hemmschwelle gibt,
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•
•
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Beschwerden anzubringen. Es könnte hilfreich sein, wenn es
eine unabhängige Person gäbe, die hinzugezogen werden kann.
In den Betreuungsverträgen sind die Rechte der NutzerInnen
beschrieben.
NutzerInnen können sich auch bei dem Vorstand beschweren,
allerdings wissen NutzerInnen oft nicht, welche
Beschwerdemöglichkeiten es gibt.
2.2.3 Angaben der NutzerInnen
Welche Erwartungen bestehen in Hinsicht auf die Betreuung?
• Bis zur Genesung oder Unabhängigkeit unterstützt zu werden
• Stabilisierung, Begleitung
• Begleitung in Krisen
• Orientierungshilfe
• Experte für die Krankheit zu werden
Fühlen Sie sich verstanden? Wird auf die Wünsche und Bedürfnisse
eingegangen?
• Ich bekomme Aufmerksamkeit und Ansprache, aber ich
wünsche ich mir mehr Unterstützung dabei, unabhängig zu
werden, dabei, mehr Selbstbestimmung und Fähigkeiten zu
entwickeln, um Schritte vorwärts zu machen.
• Ich bin zufrieden. Meine Betreuerin kennt mich. Sie
unterstützt mich so wenig wie möglich und soviel wie nötig,
sie ist besser als alle Profis, die ich bisher kennengelernt habe.
Was ist ein guter oder schlechter Betreuer(in)?
• Gut: Wenn er/sie mir vertraut und ich ihm/ihr vertrauen kann
• Schlecht: Wenn er/sie meine Probleme nicht wahrnimmt,
wenn er/sie reserviert und distanziert ist, wenn er/sie einen
direktiven, unsensiblen Kommunikationsstil hat, wenn er/sie
meine Veränderungen nicht wahrnimmt.
Wie werden geschlechtsspezifische Aspekte berücksichtigt?
• Gemischtgeschlechtliche WG´s werden z.T. nur von einem
Geschlecht betreut, dass wird nicht als positiv empfunden
• Ein Mann wird nur von einer Frau betreut, dass hindert daran,
über bestimmte Probleme zu reden.
• Frau wird von Frauen betreut und ist glücklich damit
Ist die Betreuung gut und angemessen?
• Die Unterstützung könnte differenzierter sein. Wenn
Entwicklungen gemacht werden, sollte schneller Veränderung
angeboten werden (z.B. Auszug aus WG oder neue WG).
Welchen Einflussmöglichkeiten kannst du ausüben/möchtest du
ausüben?
• Meine Einflussmöglichkeiten hängen stark von meinem
Selbstvertrauen ab. Manchmal dauert es, bis Beschwerden
ernst genommen werden.
• Ich weiß gar nicht welche Möglichkeiten es gibt.
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•
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Ich bin zufrieden, für mich ist meine Ansprechperson meine
Betreuerin.
2.2 Kooperationstreffen
Zum Zwecke der Information über die geplante Forschung, der
Klärung der Interessen daran und zur Gründung einer
Forschungsgruppe fanden mehrere Kooperationstreffen und
Workshops mit Harrie van Haaster vom IGPB bei der Initiative statt.
Ein Treffen mit der Vorstandsebene, also der Geschäftsführung,
beinhaltete Informationsaustausch über die Initiative, über den
Forschungsansatz, das Interesse der Vorstand und Absprachen über
den Kooperationsvertrag.
Bei einer Zusammenkunft von interessierten NutzerInnen und
MitarbeiterInnen wurden das IGPB und dessen Forschungsansatz
vorgestellt und erste Ideen für die Umsetzung gesammelt.
Ideensammlung war auch das Thema eines Workshops mit
interessierten MitarbeiterInnen, in dem es darüber hinaus noch um
die Diskussion ihrer Rolle und ihrer Kooperation bei einer
NutzerInnen-geleiteten Forschung ging.
Das entscheidende Treffen fand mit der EXPA statt, aus deren Kreis
sich als Resultat eine Gruppe von ForscherInnen, ca. 10 Personen,
zusammenfand. In diesem Treffen ging es erneut um das Interesse
von NutzerInnen bzw. ExpertInnen aus Erfahrung an der Forschung.
Es wurden überdies Möglichkeiten für Methoden und die
Durchführung der Forschung kreativ bedacht und diskutiert.
2.3 Forschungsfragen
Es gab Übereinstimmung darin, dass die Zufriedenheit mit der
Betreuung nicht das entscheidende alleinige Thema sein kann,
sondern Zufriedenheit mehr ausmacht und das gesamte Leben
betrifft.
Wir waren uns weiterhin einig, dass einige der wichtigsten Aspekte
für Lebensqualität ein gutes soziales Leben, Freunde und die
Möglichkeit zu gutem Kontakt mit anderen sind. Aufbauend auf den
eigenen Erfahrungen entwickelten wir einen „Lebensqualitätsbaum“,
in dem wir versuchten, die verschiedenen wichtigen Ebenen und
Strukturen für Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung zu
dokumentieren. (Baum siehe Anlage)
Wir kamen überein, dass es nicht notwendig ist, neue Beweise
hierfür zu finden. Die verschiedensten Forschungen zu diesem
Thema haben diese Beweise bereits erbracht.
Was wir auch bereits wissen ist, dass viele Menschen mit einem
psychiatrischen Hintergrund ein schwieriges Sozialleben haben. Viele
fühlen sich stigmatisiert und von der Gesellschaft ausgeschlossen.
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Viele von uns leiden unter Isolation und Einsamkeit. Viele von uns
wissen nicht, wie sie diese Situation verbessern sollen, obwohl wir
es schon auf viele Arten versucht haben.
Wir wissen auch, dass dies ebenso für viele NutzerInnen der Ini...
zutrifft. Wir wissen, dass dies der Fall ist, trotz aller Projekte und der
Unterstützung, die die NutzerInnen von den BetreuerInnen erhalten.
Wir wissen, dass die Lebenszufriedenheit und die Zufriedenheit mit
der Unterstützung durch die Ini... sich verbessern werden, wenn die
Isolation aufgebrochen ist, wenn man sich akzeptiert führt und wenn
es mehr Möglichkeiten gibt, eigene soziale Kontakte und ein eigenes
soziales Leben zu entwickeln.
Wir wissen also über die arme soziale Situation von vielen
NutzerInnen, ihre sozialen Bedürfnisse und die Bedürfnisse nach
sozialer Unterstützung. Es ist nicht notwendig, dies erneut
herauszufinden und ein erneutes Forschungsprojekt hierüber
durchzuführen.
Unsere Forschungsfragen lauten also:
 Wie können wir in einen Kontakt treten mit Menschen, die ein
Bedürfnis nach mehr sozialen Kontakten haben und sie treffen?
 Wie können wir soziale Isolation durchbrechen?
 Wie können wir eine soziale Aktion organisieren, in der sich die
Teilnehmenden eingeladen und akzeptiert fühlen und wo es einen
schönen Kontakt miteinander geben kann?
 Wie können wir diese soziale Situation gleichzeitig nutzen, um die
Teilnehmenden über ihre Lebensqualität, besonderen Bedürfnisse
und ihre Erfahrungen mit der Initiative… zu befragen?
2.4 Forschungsdesign
Um Antworten auf die Fragestellungen zu bekommen organisierten
wir ein Experiment, dem wir den Titel „Ein schöner Tag“ gaben. Das
Experiment war setzte sich zusammen aus einer Anzahl von
Aktionen, die zum Ziel hatten, den TeilnehmerInnen einen schönen
Tag zu bereiten.
Wir haben uns für zwei verschiedene Aktivitäten entschieden, die wir
miteinander verknüpfen haben. Die erste Aktion bestand in einer
zweistündigen Bosseltour durch den Waller Grünstreifen. Bosseln ist
ein Spiel, bei dem versucht wird, eine zuvor geworfene Kugel mit
einem nächsten Wurf einer zweiten Kugel in Weite zu überbieten.
Dabei bewegt man sich zu Fuß, und die jeweilige Wegstrecke ergibt
sich aus der Weite der Würfe. Es gibt zwei Gruppen, die
gegeneinander spielen und versuchen, sich zu übertreffen. Dafür
wird mit einem Punktesystem gearbeitet. Die zweite Aktivität war,
nach Beendigung des Bosselns im Cafe Brand gemeinsam Kohl zu
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essen. Beides zusammen ist eine typisch norddeutsche Tradition,
und vor allem eine typische Aktivität, die in Gruppen durchgeführt
wird – die berühmten „Kohlfahrten“. Wir haben also eine Kohlfahrt
durchgeführt, wobei wir eine Spezifität abgewandelt haben: Statt
wie üblich Schnaps gab es bei uns Tee und Kaffee an jeder
Wegbiegung.
Das gesamte Forschungsdesign bestand aus den folgenden sechs
Schritten:
Erster Schritt: Einladung
Die NutzerInnen mussten eingeladen werden, an dem
Forschungsprojekt und der Aktion teilzunehmen. Dies geschah mit
einer schriftlichen Einladung (siehe Anhang), in der die NutzerInnen
der Ini... als Menschen angesprochen wurden, die Interesse an
sozialer Teilhabe haben, Interesse daran, andere Menschen zu
treffen und ins Gespräch zu kommen über Möglichkeiten, das eigene
Leben zu verbessern.
Zweiter Schritt: Bosseln
Neben dem Spaß, den das Bosseln machen sollte, wollten wir mit
dem Bosseln eine Möglichkeit schaffen, dass die Teilnehmenden sich
eigenmotiviert einsetzen – für eine gelungene Aktivität und damit im
weiteren Sinn für ihre Lebensqualität. Bezogen auf unseren
Forschungsgedanken wollten wir beobachten, die jeder und jede
Einzelne an die Aktion herangehen würde. Von Interesse war dabei
auch die Bereitschaft zur Mobilität der Teilnehmenden.
Dritter Schritt: Kohlessen
Das Kohlessen wollten wir nutzen, um ein geselliges Beisammensein
zu ermöglichen, bei dem der Fokus auf der Kontaktaufnahme zu den
NutzerInnen liegen sollte. Wir wollten versuchen, eine Atmosphäre
zu schaffen, in der Gemeinschaft entsteht und in der wir in Form
verschiedener Gespräche, Befragungen und Spiele etwas über die
Vorstellungen von Lebensqualität oder die bestehende
Lebensqualität der NutzerInnen der Ini... herausfinden können. Ziel
war es, zu auswertbaren Informationen und Erfahrungen zu
gelangen.
Dafür bereiteten wir neben einem Spiel und Hilfsmitteln zur
Kontaktaufnahme auch mögliche Fragen bzw. Mittel zur
Dokumentation vor, mit denen wir das Erfahrene festhalten können.
Bewusst entschieden wir gemeinsam, dass wir ForscherInnen uns
über den ganzen Raum an die verschiedenen Tische verteilen
wollten, um eine möglichst flächendeckende Übersicht über die
unterschiedlichen Motivationen und Wünsche der zu Beforschenden
zu erhalten.
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Vierter Schritt: Geschichten erstellen
Jedes Mitglied der Forschungsgruppe hatte den Auftrag, einen
eigenen Bericht über „den schönen Tag“ zu verfassen. Dieser Bericht
sollte anhand eines Leitfadens mit drei Aspekten folgen:
1) Es sollte eine Beschreibung der Situation erfolgen und
innerhalb des Kontextes sollten mindestens zwei Anekdoten,
die geschehen sind, geschildert werden.
2) Der Bericht sollte die eigenen Erfahrungen des/der ForscherIn
beschreiben: seine/ihre Gedanken, Gefühle, Initiativen,
Aktionen und Interaktionen. Der Bericht sollte also als eine
Geschichte aus der Ich-Perspektive geschrieben werden.
3) Er sollte die Wünsche, Bedürfnisse und Zufriedenheit der
Teilnehmenden formulieren, mit denen gesprochen wurde –
vorausgesetzt, über diese Aspekte wurde gesprochen oder sie
wurden auf die eine oder andere Weise ausgedrückt.
Fünfter Schritt: Reflektion über das Geschehene
Die Berichte wurden zunächst als Ausgangspunkt für die
Reflektionen in der Forschungsgruppe genutzt. Die Interpretationen,
die anhand dieser Berichte erstellt wurden, sind in diesem Bericht
beschrieben.
Weiterhin sollte es ein Feedback für die Teilnehmenden geben. Also
wurden sie noch einmal besucht und im Gespräch auf den „schönen
Tag“ zurückgeschaut. Darüber hinaus wurden sie in diesen
Gesprächen gebeten, noch zwei Fragen zu ihrer Betreuungssituation
zu beantworten.
Abschließender sechster Schritt: Präsentation der Ergebnisse
Das Forschungsprojekt ist abgeschlossen, wenn die Ergebnisse der
Ini… präsentiert wurden und so veröffentlicht werden. Mit dieser
Veröffentlichung sollen Diskussionen über soziale Teilhabe von
Menschen mit Psychiatrie-Erfahrung und über die positive Rolle, die
Erfahrungswissen hierbei spielen kann, angeregt werden. Die
Forschung soll auch dazu beitragen, Möglichkeiten für die
Einrichtung eines Forschungsinstitutes für NutzerInnen-geleitete
Forschung in Bremen nach dem Vorbild des IGPB auszuloten.
2.5 Der Forschungsansatz
Neben den im Design beschriebenen Aktionen war ein spezieller
Forschungsansatz als Rahmen für die Aktion entscheidend. Er lässt
sich folgendermaßen beschreiben:
Die Forschungsaktivität soll Spaß und Freude bereiten, neue aktive
positive Erfahrungen ermöglichen, Gemeinschaft schaffen und damit
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Forschungsbericht Initiative
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Einsamkeit entgegenwirken. Kontakte zu Menschen mit ähnlichem
Erfahrungshintergrund und das Teilen von Erfahrungen zu
ermöglichen, ist dabei eine wichtige Zielstellung der
Aktionsforschung. Die Durchführung der Forschung durch
Menschen mit eigenem Erfahrungshintergrund kann für die
NutzerInnen der Ini... als ‚Beforschte’ bedeuten, gemeinsame oder
ähnliche Erfahrungen teilen zu können und ganz anders und neu
verstanden zu werden. Werden die geteilten Erfahrungen zu einer
Basis für den Kontakt, bedeutet das, dass die Erfahrungen, die die
NutzerInnen (und auch die ForscherInnen) selbst in ihrem Leben
gemacht haben, als wichtige Erfahrungen ernst genommen werden.
Dieses soll im Rahmen der Forschung bewusst gemacht und als
Wissen sowohl auf der individuellen Ebene als auch auf der
gemeinschaftlichen Ebene reflektiert werden. Die NutzerInnengeleitete Forschung kann damit gemeinsames Erfahrungswissen
produzieren. Dieses kann dazu dienen, Prozesse der
Selbstbemächtigung, Emanzipation und der Selbstorganisation an zu
stoßen. Diese Prozesse können auch Einfluss auf die institutionelle
Ebene der Initiative haben und je nach der Bereitschaft der
MitarbeiterInnen die Initiative zu Gunsten eines größeren Einflusses
der NutzerInnen und darüber hinaus auch mehr NutzerInnenSelbstorganisation verändern.
Die Forschung selbst soll als eine soziale Aktivität gestaltet werden,
die im Leben der NutzerInnen und auch der ForscherInnen etwas
Neues bedeuten und etwas verändern kann.
Die Forschung wird dadurch nicht nur auf erzielbare Ergebnisse
reduziert, die Beforschten werden aktiv einbezogen.
Dieser Forschungsansatz war die Richtschnur für alle während des
Forschungsprozesses gemachten Schritte.
2.6 Ablauf vom Schönen Tag
Zum Schönen Tag haben sich 29 Personen angemeldet, allerdings
nahmen nur 19 teil. Darunter befanden sich neben NutzerInnen der
Initiative auch deren BetreuerInnen.
Am Freitag, den 09.02.2007, 16.00 Uhr, haben sich mehrere
Menschen zum Bosseln getroffen, das in das Kohlessen mündete.
Nachdem wir nicht länger auf andere Menschen warten wollten, hat
jemand die Spielregeln des Bosseln erklärt. Die Anwesenden wurden
in zwei Gruppen aufgeteilt und los ging es mit dem Fußmarsch und
dem Bosseln in Richtung Ort des Kohlessens.
Teilnehmer waren sechs Forscher, zwei BetreuerInnen und zwei
NutzerInnen. Die Stimmung war gut, und nach zwei Stunden waren
wir am Ziel.
Das Kohlessen war für 18.00 Uhr nach dem Bosseln angesetzt.
Dafür wurde die Räumlichkeit des Café Brand genutzt. Beim
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Forschungsbericht Initiative
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Eintreffen der Bosselgruppe suchten sich alle ForscherInnen einen
Platz im Raum und achteten darauf, sich möglichst weit reichend
über die Sitzplätze zu verteilen, um Kontakt zu möglichst vielen zu
Beforschenden zu bekommen. Danach wurde eine Ansprache
gehalten, in der er die Teilnehmenden begrüßt und kurz der Ablauf
des Kohlessens geschildert wurde. Die Forscher und Forscherinnen
versuchten mit den zu beforschenden NutzerInnen in Kontakt zu
treten und sich gegenseitig vorzustellen. Um dies zu erleichtern,
waren Sprüche vorbereitet, die als kleine Röllchen zusammen
geschnürt und mit einem Bonbon versehen waren. Diese wurden an
alle Anwesenden verteilt, indem sie sie aus einem Hut ziehen
konnten. Auf diese Weise wurde gleich von jeder Person der zu
entrichtende Kostenbeitrag von 2,- € eingesammelt. Das
Austauschen über die Sprüche sollte die Kontaktaufnahme an den
Tischen erleichtern und den TeilnehmerInnen ein willkommenes
Gefühl vermitteln. Kurz darauf wurde bereits das Essen serviert und
zunächst einmal gemeinschaftlich gegessen. Neben dem Essen
standen für die ForscherInnen Austausch, Kontakt und Beobachtung
im Vordergrund. Für die Zeit nach dem Essen, angesetzt war das
Kohlessen bis 21.00 h, war ein Spiel vorbereitet. Als Feerich
verkleidet hielt einer der Forscher eine kleine Ansprache, in der er
seinen Auftrag als Feerich mitteilte. Als Fee gekommen, erbat er von
den Teilnehmenden die drei innigsten Wünsche zu erfahren. Diese
wurden dann auf verteilte Zettel geschrieben, und wieder
eingesammelt. Damit wollten wir herausfinden, was den
NutzerInnen zur Erhöhung ihrer Lebensqualität fehlt bzw. was sie
sich besonders wünschen. Wir erhofften uns auch Informationen, auf
deren Basis eventuell weitere Aktionen folgen könnten. Nach dem
Einsammeln der Sprüche war noch Zeit für Gespräche, wobei der
Fokus für die ForscherInnen auf der Bewertung und Erforschung der
Lebensqualität bzw. der Vorstellung von Lebensqualität der
NutzerInnen der Ini... lag.
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Forschungsbericht Initiative
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Kapitel 3
Ein paar Geschichten....
und was sie uns sagen können
Die nachfolgenden Geschichten wurden alle von den Forschern und
Forscherinnen geschrieben. Es sind Geschichten vom Bosseln, von der
Kohlfahrt, vom Essen – Geschichten von Begegnungen, Gesprächen,
Erlebnissen und Eindrücken. Sie sind eine Form der Darstellung der
Forschungsergebnisse, weil sie Momente beschreiben, in denen die
Untersuchung unmittelbar stattfindet. ForscherInnen und Beforschte
treten in einen Kontakt miteinander und versuchen, Antworten auf die
Frage nach Lebensqualität, Zufriedenheit und die Rolle der Betreuung
näher zu kommen. Die Geschichten bilden Kommunikation und Interaktion
ab und verraten viel über das Wohl- oder Unwohlbefinden der
NutzerInnen.
Im folgenden werden die Reflektionen über die Geschichten dargestellt,
die ebenso als Interpretationen gelten können. Die Reflektionen legen
dabei ihren Schwerpunkt auf die Elemente, die etwas über die
Lebensqualität der Beforschten und über die stattgefundene
Kommunikation aussagen. Aus den Reflektionen werden anschließend die
Aspekte herausgearbeitet, die hilfreiche Erkenntnisse für den
Betreuungsalltag darstellen: In Bezug auf die Situation zwischen
BetreuerInnen und NutzerInnen und in Bezug auf Wünsche und
Erwartungen der NutzerInnen an die Betreuung.
Alle Sätze zu diesem Punkt werden in kursiver Schrift
dickgedruckt im Text zu finden sein.
Die Forschungsgruppe hat nach der Diskussion der Ergebnisse zu einigen
Punkten konkrete Ideen entwickelt, die zu einer Verbesserung der Praxis
bezüglich der angesprochenen Punkte führen könnten.
Diese Ideen und Anregungen finden sich in dickgedruckter Schrift
im Text.
As times goes by
Etwas abgehetzt komme ich aus dem Büro im Cafe Brand an. Neben den ForscherInnenkollegInnen
entdecke ich ein paar bekannte Gesichter. Fünf Jahre bin ich jetzt nicht mehr als Betreuer tätig und
freue mich, dass mich noch einige wieder erkennen, auch wenn manche meinen Namen nicht mehr
wissen. Frau C. hat kurz nach mir auch ihr erstes Kind bekommen. Vor mehr als zehn Jahren habe
ich sie während der Schwangerschaft und der Babyphase betreut. Wir tauschen uns über unsere
Kinder aus und es ist schön, einen gemeinsamen Anknüpfungspunkt zu finden. Wir stellen
gemeinsam fest, wie schnell die Zeit vergangen ist. Erinnerungen an die Zeit meiner JungVaterschaft werden wach und in Gedanken durchlaufe die seit dem vergangenen Jahre: Eine neue
Beziehung mit zwei weiteren Kindern, Teamwechsel, Beginn der Fortbildungstätigkeit, Heirat,
....Was ist in dieser Zeit mit Frau C. geschehen? Sie hat einen guten Kontakt zu ihrer Tochter, ist
wieder im Betreuten Wohnen und hat gerade eine Beschäftigung im Cafe Brand aufgenommen.
Lebenszufriedenheit ist das Thema unseres Forschungsvorhabens heute. Ist sie zufrieden? Bin ich
zufrieden? Bevor wir uns weiter austauschen können kommen die Bossler an und bringen einen
Schwung kalter Luft und guter Laune ins Cafe.
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Forschungsbericht Initiative
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Kontaktaufnahme
Ich blicke im Raum umher und suche nach einem Platz, nach Leuten, bei denen noch keine
ForscherInnenkollegIn sitzt. An der hufeisenförmigen Tafel haben sich voneinander getrennt kleine
Gruppen gebildet. Ich suche mir eine an der hinteren Ecke aus. Fünf Männer sitzen dort. Drei
kenne ich, zwei nicht. Sie scheinen etwas überrascht, dass ich mich zu ihnen setze. Es ist nicht
einfach in Kontakt zu kommen. Ich versuche über Kohlessen und Bosseln, über die Frage wo wer
wohnt ins Gespräch zu kommen. Es geht nur schleppend voran. Aber ich gebe nicht auf, versuche
es mit kleinen Scherzen. Mit interessiertem Nachfragen. Als ich das Locken, Fragen und Necken
aufgebe und beginne von mir zu erzählen, kommt langsam ein Gespräch zustande. Was mache ich
und was machst du. Der Austausch über den Geschmack der Kochwurst und die Unterschiede von
Oldenburger und Bremer Pinkel hilft dabei.
Als die Fee vorbeikam und uns nach unseren Wünschen fragte, wünschten die beiden sich Arbeit,
ich wünschte mir weniger Arbeit. Da könnten wir drei uns ja zusammentun, denke ich spontan.
Spreche es aber nicht an.
Interessant ist die hier in beiden Fällen die Form des Gespräches: Es
scheint beim ersten Gespräch sehr schnell zu gelingen, in Kontakt zu
kommen und sich über Eckpfeiler des eigenen Lebens zu unterhalten.
Dieser unkomplizierte Austausch gelingt, weil es einen gemeinsamen
Anknüpfungspunkt, nämlich die jeweiligen Kinder gibt. Das Gespräch
findet gleichberechtigt statt, beide Personen geben etwas von sich preis
und lassen die andere Person gleichermaßen teilhaben. Das heißt, der
Forscher nimmt keine „professionelle Distanz“ ein, sondern erzählt von
sich als Mensch.
Auch im zweiten Gespräch lockert sich der „Kommunikationsknoten“ erst
an dem Punkt, als der Forscher anfängt, von sich selber zu erzählen.
Hilfreich ist dabei auch, sich über das jeweilige Empfinden, in diesem Fall
der Geschmack des Essens und über Meinungen auszutauschen, die mit
dem momentanen gemeinsamen Erleben zu tun haben. Erst der
Austausch macht dieses Erleben wirklich gemeinsam. In dem
gegenseitigen Teilhaben-lassen an der eigenen Person, sei es in Bezug auf
tiefgehendere, wichtigere Themen oder auch nur der Austausch über
alltägliche Wahrnehmungen scheint ein Schlüssel für die hier gelungene
Kommunikation zu liegen.
Auch in der Betreuung begegnen sich nicht nur „Betreuer“ und
„Nutzer“, sondern in erster Linie Menschen – die zwar
unterschiedliche Rollen innehaben, aber ansonsten neben
diesen Rollen auch ganz „normale Alltagsmenschen“ sind.
Wenn auch die BetreuerInnen sich öffnen und von sich
erzählen, ist ein Vertrauensverhältnis und damit auch die
Beschäftigung mit intensiveren und schwierigen Themen für
den/die NutzerIn einfacher. „Wie kann man glauben, jemanden
auf einer menschlichen Ebene zu erreichen, wenn derjenige
einen selber gar nicht erreicht?“ (Ein Forscher). Natürlich spielt
der Punkt der professionellen Distanz im Betreuungsverhältnis
eine Rolle, es kann aber immer individuell entschieden werden,
wo sie auch einmal zugunsten ehrlicher und einfach
menschlicher Begegnungen aufgegeben wird. Sympathie und
Antipathie spielen hier die gleiche Rolle wie in allen
menschlichen Beziehungen.
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Waltraud
Rechts von mir sitzt Waltraud, ruhig und zurückhaltend, ganz am Rand, an der Tischecke bei den
Toiletten, wo man den Raum gut im Blick hat. Dort sitze ich auch gern. Sie sagt, der Rauch ziehe
hier nicht so hin. Auf Rauch reagiere sie empfindlich. Das sei auch ein Grund, warum sie sich nicht
mit der Frau treffen wolle, mit der ihre BetreuerInnen sie in Kontakt bringen möchten.
Die Betreuung sei schon ein guter Rückhalt, einmal die Woche jemanden zum Reden wie eine
Stütze im Hintergrund. Aber sie würde auch damit aufhören, wenn sie wüsste, was es dann gäbe,
wenn sie mal wieder in eine Krise käme. Waltraud wohnt allein. Sie wisse nicht, ob man sich auf
vermeintliche Freunde verlassen könne, wenn es einem schlecht ginge. Waltraud erzählt mir ein
trauriges Beispiel davon, wie sie einfach stehen gelassen wurde und bekannte Menschen sich nicht
um sie gekümmert haben, als es ihr nicht gut ging.
Sie kennt Karsten und freut sich, ihn zu sehen. Sie findet gut, was heute passiert und fragt nach
der Forschungsgruppe. Sie hätte auch gerne etwas, wo sie Menschen trifft, aber mit Psyche solle
das nichts zu tun haben, sonst bekäme sie Angst um sich.
Als Waltraud gehen will, kommt sie zu mir und verabschiedet sich. Sie würde gerne wieder
mitmachen, wenn es so was noch mal gibt. Beim Rausgehen trägt sie sich mit ihrer Adresse ins
Gästebuch ein. Sie wirkt fröhlich und steckt mich damit an.
Sie fühlt sich allein und isoliert und hätte gern mehr Kontakte.
Ihre BetreuerInnen scheinen sich dessen bewusst zu sein und versuchen,
ihr zu helfen. Offensichtlich haben sie dabei aber noch nicht das richtige
Angebot für sie gefunden. Es stellt sich aber auch die Frage, inwieweit sie
sich auch teilweise selber isoliert, z.B. indem sie den Kontakt zu der
angesprochenen Frau gänzlich vermeidet, weil diese Raucherin ist.
Die Kontakte, die sie sich wünscht sollen zudem lieber außerhalb der
„Psycho-Szene“ stattfinden, sie drückt eine Sehnsucht nach ganz
„normalen“ Gesprächen und Aktivitäten aus, die nichts mit ihrer
psychischen Erkrankung zu tun haben.
Doch auch in dem Rahmen, in dem das Kohlessen stattgefunden hat, hat
sie sich wohlgefühlt und sie würde sich freuen, wenn häufiger Aktivitäten
in der Art stattfinden würden.
In Bezug auf die Betreuung ist der Wunsch nach mehr Selbstständigkeit
deutlich, allerdings weiß sie nicht, wer sie dann unterstützen würde, wenn
sie mal wieder eine Krise hätte.
Wichtig ist die Schaffung einer Kontinuität von Hilfe und
Unterstützung, die auch dann noch angeboten wird, wenn die
Betreuung im eigentlichen Sinne beendet ist – Stichwort
„Betreuungsnachsorge“, die auch kurzfristig und auf
Nachfrage stattfinden kann.
Um die Isolation von BewohnerInnen zu durchbrechen,
müssen sehr persönliche Angebote entwickelt werden, die
einzelne Bedürfnisse berücksichtigen. Bei solchen Angeboten
ist es wichtig, über den psychiatrischen Tellerrand
hinauszugucken
 ist ein ambulanter Notdienst der Initiative denkbar für
ehemalige BewohnerInnen? Oder ist es möglich, so etwas wie
Freundschaftsdienste mit Freiwilligen zu organisieren?
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Spielfreude
Die blaue Gruppe war am Wurf. Ich stand an der Startlinie und betrachtete die einzige
teilnehmende Frau, wie sie voller Elan die Kugel in die Hand nahm. In wenigen Sekunden fielen mir
so viele Besonderheiten ihrer Art auf, und ich war begeistert davon, mit welch überschwänglicher
Energie sie sich diesem Spiel widmete. Als sie zum ersten Mal zum Wurf ansetzte und die Zielkugel
anpeilte, war zu erkennen, dass ein Schauder der Aufregung ihren Körper durchfuhr. Sie sprang
zwei- oder dreimal auf der Stelle auf und ab und schaute sich mit einem Jauchzer zu den
Zuschauern um. Dabei durchzog ein von Lebensfreude erfülltes Grinsen ihr gesamtes Gesicht. Als
sie mit ihrem Blick bei mir angekommen war, hob ich ermutigend meinen rechten Daumen.
Daraufhin warf sie mir vollem Körpereinsatz die Kugel los und blieb in erwartender Haltung, vor
Aufregung jeden Muskel angespannt, an der Startlinie stehen. Die Kugel rollte ziemlich zu Beginn
an den rechten Wegesrand und blieb auf nicht einmal halber Strecke liegen. Wieder machte die
Frau einen Hüpfer und lief halb lachend, halb fluchend zu ihrem Freund. Dabei ging ein Raunen
durch die Menge.
Wärme und Verwöhnen
Das Bosseln haben wir bereits beendet, jetzt laufen wir den Rest des Weges zum Cafè Brand. Es
wird langsam dunkel, der Schnee bildet die letzten weißen Flecken in der Dämmerung. Ich gehe
gemeinsam mit Ralf und Ina und wir unterhalten uns. Trotz der Bewegung beim Bosseln ist uns
kalt und wir sind uns einig, dass wir uns auf die Wärme im Café und den Grünkohl freuen. „Ich bin
auch langsam kaputt, hoffentlich sind wir bald da“ sagt Ina, und ich pflichte ihr bei: „Oh ja, endlich
ins Warme, brr, keine Lust mehr auf Kälte... jetzt in die Sauna wär auch schön!“. Ina ist begeistert
von der Idee und spinnt den Faden fort: „Ja herrlich, Sauna und Massage und einfach nichts mehr
tun und einfach verwöhnen lassen... so richtig Wellness, das wär mal was. Bloß dass das immer
viel zu teuer ist so was...“.
Ich stimme ihr zu, dass es eigentlich nicht angehen kann, dass man sich Verwöhnen und
Entspannen ohne viel Geld nicht leisten kann und wir fangen an, zu phantasieren über
selbstorganisiertes Low-cost-Wellness. Ina ist ganz begeistert von der Idee und stellt fest, dass das
bestimmt eine Marktlücke ist und wie klasse es wäre, so was anbieten zu können.
Vor unserem inneren Auge entsteht eine Wellness-Anlage, deren Besuch man sich auch mit sehr
wenig Geld leisten kann und bald sind wir beim Cafè Brand angekommen.
Die Sehnsucht nach Wellness, Entspannung und Verwöhnt-werden ist eine
gemeinsame Sehnsucht von ForscherInnen und Beforschten. Zur Erfüllung
dieser Sehnsucht fehlt aber oft das Geld, weil die Angebote in diese
Richtung meistens sehr teuer sind. Das Gespräch über diese Idee von
Wellness und Entspannung entstand in einem „informellen
Zwischenraum“. Das Bosseln war beendet, das Kohl-Essen hatte noch
nicht angefangen – man war gemeinsam auf dem Weg vom einem zum
anderen. In diesen informellen Zwischenräumen entstehen oft die
schönsten und wichtigsten Gespräche.
Um Raum für Begegnungen und Spontaneität in informellen
Zwischenräumen schaffen ist es hilfreich, die Aktivitäten in
der Betreuung nicht immer komplett durchstrukturieren bzw.
Zeit zwischen Ereignissen zu lassen.. Ein Beispiel: Vor einem
gemeinsamen Theaterbesuch wird noch ein Kaffee trinken
gegangen und dann zum Theater gegangen. Das gemeinsame
Laufen stellt einen informellen Zwischenraum dar.
 Könnte die Ini... ein Wellness- Fitnessangebot schaffen, in dem
sie z.B. Rabatte für die von ihr betreuten Menschen aushandelt in
bestimmten Einrichtungen? Hierzu ein Beispiel aus den
Niederlanden, was in eine ähnliche Richtung geht: Hier gibt es
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eine kleine Organisation, die „Verwöhnpflege“ (Verwenzorg)
anbietet. Sie bieten NutzerInnen psychiatrischer Dienste einmal
im Jahr einen sehr schönen Tag und ein gutes Essen in einem
schicken Restaurant. Für dieses Angebot werden spezielle Gelder
bei reichen BürgerInnen und der Industrie gesammelt.
Wo geht die Reise hin
In sportlicher Kleidung, mit blitzenden Augen sitz Herr S. am Tisch. Er wirkt aufgeschlossen und
interessiert. Er freut sich auf das Kohlessen.
Als die Teller aufgetragen werden, beginnt er mit Begeisterung zu essen. Nachdem noch nicht
einmal die halbe Portion aufgegessen ist, blickt er unruhig umher und sagt schließlich, dass er
gehen müsse, er halte es nicht mehr aus. Nach dem O.K. seines anwesenden Betreuers steht er
unvermittelt auf und verlässt das Cafe. Ich bin überrascht und schließlich bestürzt als ich höre,
dass er in wenigen Tagen aus der Wohngemeinschaft in ein Heim zieht.
Warum wirkt es so, als müsste der Betreuer um Erlaubnis gefragt werden,
bevor das Cafè verlassen werden kann? Liegt das in der
Persönlichkeitsstruktur des Herrn S. begründet, dass er fragt, bevor er
geht, oder wird das von ihm erwartet? Vielleicht ist die Situation für ihn
nicht sehr sicher.
Was immer der Grund sein mag, es ist klar, dass es für uns alle nicht
einfach ist, sich in sozialer Interaktion zu bewegen. Es ist dann immer
möglich, sich zurückzuziehen, vielleicht ist es ja beim nächsten Mal schon
ein bisschen einfacher.
Es begab sich also zu der Zeit anno 2007...
... als zu Beginn des Jahres die Fokus-Forschungsgruppe herausfinden wollte, wie sich die
Betreuungs- und Lebensqualität der Klienten der Initiative verbessern ließe.
Zu diesem Zwecke wurde zu einem Kohl- und Pinkel- Essen – mit vorheriger Belustigung mittels
Bosseln in den Waller Grünanlagen- ins Cafe Brand geladen.
Leider konnte ich an den sportlichen Aktivitäten nicht teilnehmen, so begrüßte ich die sich
einfindenden Gäste und erklärte kurz unser (Forschungs-) Anliegen. Die Anzahl der Mit-esserInnen
ließ sich gut zwanglos auf uns Forschungs-Leute verteilen. Den einen oder die andere kannte ich
flüchtig und saß dann bezeichnenderweise (weil ich nämlich auch süchtig bin) mit einigen
Süchtigen beisammen. Diese begrüßten unsere Aktion durchweg sehr und man konnte merken,
dass sie gerne mit mir kommunizierten. Diese Form von Kurzweil kam gut an. Bereitwillig kamen
sie auch unserem Anliegen nach, 3 Wünsche aufzuschreiben.
Ralf war unserer Einladung gerne gefolgt und neugierig, „was das dann gibt“, und hat auch gleich
seine Freundin, nicht Klientin der Ini sondern zur Zeit in der Übergangswohneinrichtung „Haus
Blumenthal“, mitgebracht. In dem Zusammenhang erzählte ich auch von meiner jetzigen Tätigkeit
in der Fahrradwerkstatt im „Haus Neuland“.
Horst war „sowieso“ hier im Cafe Brand tätig (ich glaube über „pro Arbeit“ der Ini). Wir kamen gut
ins Gespräch und es kam heraus, dass alle in unserer Runde ziemlich einverstanden sind in ihrer
betreuten Wohnsituation, besonders um von ihrem Suchtmittel abstinent leben zu können – schön
und wichtig dabei sei ein Maß an Zufriedenheit. Diese zu unterstützen wäre besonders durch
Kontakt und Beziehung zu anderen, speziell „Gleichgesinnten“, aber auch im „normalen“ Leben
oder auch kulturell anders orientierten Personen. Verschiedene Möglichkeiten der
Freizeitgestaltung und Unterstützung hierbei wäre und ist auch anzustreben.
Deutlich wurde, dass die Betreuung sinnvoll ist, angestrebt wird aber deutlich selbstständiger, auch
in besseren Wohnverhältnissen zu leben, vielleicht durch Arbeit und somit etwas mehr Geld durch
mehr Eigenverantwortung zufriedenes, „trockenes“, möglichst gesundheitlich stabiles Leben zu
erreichen.
Als dann das wohl mundende Mahl langsam beendet wurde, löste sich das Zusammentreffen
langsam auf, und kurz vor dem Abschied stellte sich heraus, dass meine Gesprächspartner davon
ausgegangen waren, ich wäre ein „Betreuer“ der Ini – umso erstaunlicher war ihre Offenheit,
Lockerheit. Ich war der Meinung, ich hätte mich als „Betroffener“ deutlich zu erkennen gegeben.
Wir gingen auseinander mit dem Ansinnen, doch vielleicht noch einmal Aktionen zu machen.
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„[...] dass alle in unserer Runde ziemlich einverstanden sind in ihrer
betreuten Wohnsituation, besonders um von ihrem Suchtmittel abstinent
leben zu können – schön und wichtig dabei sei ein Maß an Zufriedenheit.“
Neben der Betonung der Wichtigkeit von Zufriedenheit wird hier deutlich,
dass die in der Betreuung wohnenden Menschen hier eine sehr genaue
Vorstellung davon haben, warum sie betreut werden wollen und was ihnen
das bringen soll. Langfristig denken sie über die Betreuung hinaus und
streben ein Leben in möglichst großer Selbstständigkeit an.
Weiterhin spricht aus dieser Geschichte wieder die Tatsache, dass ähnliche
gemachte Erfahrungen die Gespräche sehr erleichtert haben. Die Rollen
wurden dabei wohl ziemlich flexibel gesehen, trotzdem der Forscher auch
sein eigenes Süchtig-sein nicht versteckt hat, nahmen ihn seine
GesprächspartnerInnen als Betreuer wahr.
Können selber „Betroffene“ von Sucht, psychischer
Erkrankung u.ä. vielleicht manchmal bessere oder zumindest
sehr wertvolle Hilfestellungen geben?
 Könnte die Betreuungskompetenz bei der Initiative noch
verbessert werden, indem ExpertInnen aus Erfahrung in die
Betreuungen mit eingebunden werden?
 Wie wäre es mit der Gründung einer internen SuchtSelbsthilfegruppe bei der Initiative zur gegenseitigen
Unterstützung?
Essenssituation
Beim Kohlessen betrachtete ich die zwei um mich sitzenden zu beforschenden Personen. Es waren
ein Mann und eine Frau. Dabei überkam mich eine tiefe Traurigkeit, denn durch die Art und Weise,
wie sie sich diesem Essen widmeten, konnte ich vermuten, dass sie eher stets einsam waren. Und
wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag, haben sie sich bereits in ihrer Einsamkeit eingerichtet.
Beide aßen schnell, nahezu gehetzt wie verfolgte Tiere und haben nicht ein einziges Mal ihren Blick
vom Teller erhoben. Sie versuchten nicht annähernd, durch einen Blick oder eine minimale Geste,
Kontakt zu ihren SitznachbarInnen aufzunehmen. Ich erinnerte mich, wie viele gesellige
Essenssituationen ich in meinem Leben schon erfahren habe. Und genauso hätte es auch hier sein
können. Wir saßen mit mehreren Leuten am Tisch, die gekommen waren, um mit anderen
gemeinsam zu essen. Eigentlich ja ein Umstand, bei dem man nicht in dieser Einsamkeit bleiben
müsste. Ich hätte gerne gewusst, was diese Menschen wohl in ihrem Leben erlebt haben, dass es
ihnen unmöglich macht, einen Kontakt zu Wesen ihrer Spezies herzustellen. Oder vielleicht, dass
sie gar keine Lust mehr dazu haben. Dass sie nur enttäuscht oder missachtet worden sind, ihnen
nie ein Mensch Gehör geschenkt hat, so dass ihnen die Kraftaufwendung als reine Verschwendung
erscheint. Sehnen sie sich wohl danach, nach Ausgelassenheit und Interaktion? Ich hätte sie gerne
beide dazu befragt, doch ich habe mich nicht getraut, sondern fühlte mich abgeschreckt von ihrer
ablehnenden Haltung und hätte auch nicht gewusst, wie ich es überhaupt machen soll.
Es steht nicht fest, ob der/die ForscherIn hier Recht hat mit der
Interpretation, dass die beiden sehr einsam sind und es nicht schaffen,
mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. Geht man aber davon aus,
dass die Geschichte zumindest exemplarisch für Menschen stehen kann,
die Schwierigkeiten mit sozialer Interaktion haben und so nicht aus ihrem
„einsamen Schneckenhaus“ herauskommen, dann lässt sich daraus
folgendes für die Betreuung dieser Menschen ableiten:
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Manchmal reicht es nicht aus, Angebote für Geselligkeit und
soziales Miteinander zu machen, vielmehr brauchen manche
Menschen Unterstützung dabei, sich in diesen Situationen
überhaupt bewegen zu können. Eine eingeigelte Haltung
kann sehr abschreckend wirken, doch sollten sich die
BetreuerInnen davon nicht verleiten lassen, zu denken „X.
möchte ja gar keinen Kontakt“. Schön ist, wenn
BetreuerInnen und NutzerInnen sich so gut kennen, dass die
BetreuerInnen einschätzen können, ob jemand in Ruhe
gelassen werden will, tatsächlich lieber allein ist oder aber
aus Unsicherheit und Angst soziale Kontakte vermeidet. Im
letzteren Fall bedarf es feinfühliger Begleitung und
Unterstützung, damit diese Ängste und Unsicherheiten
abgebaut bzw. überwunden werden können. Nur so besteht
eine Chance, den Teufelskreis von Isolation und Einsamkeit
aufzuknacken.
Feenspiel
Boris, als Feerich verkleidet, betritt, in ein weißes Kleid gehüllt, den Essensraum. Erst nach und
nach nehmen die Teilnehmenden den Auftritt wahr, und langsam kehrt Ruhe und Schweigen unter
den Gästen ein. Eine mir schräg gegenübersitzende Frau ist mit dem Rücken zum Feerich gerichtet
und bemerkt erst sehr spät, dass sich im Saal etwas verändert. Erst als Boris zu sprechen beginnt,
um allen von seinem Auftrag zu berichten, dreht sie sich nach einem kurzen Zusammenzucken
ruckartig um. Den ganzen Abend bis dahin hat diese zu Beforschende keine Regung gezeigt. Sie
saß immer mit unveränderter Mimik am Tisch und nahm zu niemandem Kontakt auf. Doch als sie
diesen Feerich erblickte, ging ein Blitzen durch ihr Gesicht. Ihre Lippen formen sich zu einem
warmen, breiten Lächeln und ihre Augen sind von einem wunderbaren Funkeln erfüllt. Ich
bemerke, wie schön ich das Gesicht dieser Frau auf einmal wahrnehme. Es spiegelt plötzlich
Offenheit und lädt geradezu dazu ein, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Auch ihr Körper sieht in
diesem Moment ganz anders aus als vorher. Was noch vor wenigen Minuten unverwechselbar ein
instabiles, zerbrechliches Rückgrat verkörpert hat, ist nun zu einer geraden Linie herangewachsen,
gekrönt von zwei starken Schultern, an die anzulehnen es nicht schwer fallen würde. Ich denke
über die Wirkung von Glück und Glücklichsein nach und bemerke, wie wenig es doch braucht, dass
sich eine Situation in nur wenigen Sekunden vom einen Extrem ins andere verkehren kann. Warum
vergessen wir nur so häufig, diese Glück bringenden Kleinigkeiten in unseren Alltag zu integrieren?
Warum bleibt so wenig Zeit, andere glücklich zu machen? Denn gerade erfahre ich am eigenen
Leib, dass es, wie ein gutes Sprichwort sagt, wirklich glücklich macht, andere glücklich zu sehen.
Zum ersten Mal an diesem Abend spricht die Frau mit ihrem Sitznachbarn, als sie ihre innigsten
Wünsche aufschreibt, und mit einem Leuchten in den Augen gibt sie ihren von Anfang bis Ende voll
geschriebenen Zettel vertrauensvoll in die guten Hände des Feerich, um sich danach weiter zu
unterhalten und dabei zu lächeln.
In der Tat, manchmal braucht es nur eine Kleinigkeit, um etwas zu
verändern. Aber je kleiner das Ereignis, desto schwieriger ist es zu
bestimmen. Es ist wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Man kann auch
sagen, dass es genug Raum dafür geben muss, dass Ungeplantes
geschehen kann. Man wird die Lösung nicht finden, wenn man zu
angestrengt danach sucht, sondern eher, wenn man spontan handelt.
Wenn man spontan handelt, gibt es eine größere Chance, zufällig den
Ausweg zu finden.
Ein weiterer Aspekt ist der, den der Forscher beschreibt. Eine einsame
Person wird sehr negativ gesehen während eine Person, die in Kontakt
geht, sehr positiv wahrgenommen wird.
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Es macht glücklich, andere glücklich zu machen – ist das
glücklich machen nicht der eigentliche Auftrag der
BetreuerInnen? Oder wenigstens helfen, glücklich sein zu
können... ?
Grenzen setzen?
Als ich nach dem Essen meinen heißen Kaffee genoss, fing ich an, mit meinem Gegenüber
ausgiebig über die Unterschiede verschiedener Kaffeesorten zu diskutieren. Ich war froh darüber,
dass sich jemand von den zu beforschenden Teilnehmenden so intensiv mit mir unterhalten
mochte, ohne dass ich den motivierenden Part übernehmen musste. Denn zu dem Zeitpunkt war
ich bereits erschöpft und konnte auch ein Selbstbewusstsein bezogen auf die Kontaktaufnahme
nicht spüren. Über den Kaffee kamen wir immer mehr und mehr ins Gespräch. Zwischenzeitlich
gelang es mir dann auch mal, einige forschungsrelevante Dinge zu erfragen, obwohl ich nach
meinem jetzigen Wissensstand sagen muss, dass eigentlich alles, was mir an diesem Tag begegnet
ist, für die Forschung entscheidend zu sein scheint. Wir sprachen über Politik, Gesundheitsreform,
Reiseziele, fremde Kulturen, und er erzählte mir von seinem Leben in anderen Ländern auf der
ganzen Welt. Obwohl ich an alldem interessiert war und ich einem sehr reflektierten Menschen
gegenübersaß, mit dem ein Gespräch eine Bereicherung war, wurde es mir irgendwann einfach
zuviel und mir gingen verschiedene Gedanken durch den Kopf. Ich wusste nicht, wie ich ihm höflich
deutlich machen könnte, dass ich jetzt mal eine Pause bräuchte oder auch gern die anderen am
Tisch sitzenden Personen in das Gespräch mit einbeziehen würde. Irgendwann hielt der zu
Beforschende einen reinen Monolog, dem ich nur noch mit dem Blick folgte. Ich konnte mich nicht
mehr konzentrieren und war dazu noch abgelenkt von dem vorher besprochenen
Forschungsauftrag, möglichst viele Teilnehmende über ihre Gedanken zum Thema Lebensqualität
zu befragen. Als ich bemerkte, dass bei mir der Ofen völlig aus war und ich wenigstens vermeiden
wollte, nicht völlig die Wertschätzung für mein Gegenüber zu verlieren, entschuldigte ich mich,
dass ich dringend zur Toilette müsste. Ich musste gar nicht, ich brauchte nur eine Auszeit. Auf
Toilette atmete ich einige Male tief durch und ließ mir unendlich viel Zeit, bis ich trödelnd an den
Tisch zurückkehrte. Ich hatte meine Fassung zurück gewonnen und sagte dem Mann, dass ich jetzt
gerne ein wenig herumgehen würde, um noch einige andere zu interviewen. Er behauptete
überschwänglich, dass das völlig in Ordnung sei, doch sein Blick wurde traurig und seine
Körpersprache verriet etwas anderes. Die restliche Zeit über saß er alleine am Tisch und hatte mit
niemandem mehr Kontakt, bis er um kurz vor neun das Cafe verließ. Ich war unzufrieden mit mir,
dass ich meine Grenzen so schlecht setzen kann oder auch, dass man einfach diese Grenzen hat,
mit denen man andere Menschen vor den Kopf stoßen und enttäuschen muss.
Hier wird eine weitere wichtige Erkenntnis beschrieben. Wenn man ein
schönes Gespräch führt oder sich in einem schönen Kontakt befindet, ist
man gleichzeitig auch immer mit den eigenen Grenzen konfrontiert. Diese
können zeitliche Beschränkungen sein oder die Tatsache, dass man müde
wird oder die Konzentration verliert. Es ist sehr wichtig, über die eigenen
Grenzen reden zu können und sie mitzuteilen, und es ist wichtig sich nicht
zu zwingen, die eigenen Grenzen dessen, was gut für einen ist, zu
überschreiten.
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2 Anekdoten
Anekdote I :
Am Abend des Kohlessens, saß ich neben meinem Forschungskollegen K.. Das Essen wurde
serviert. Aufgrund meiner etwas ungünstigen Sitzposition, kam ich nicht so recht an die zu
beforschenden Personen heran. Erst Wochen nach diesem Abend fiel mir ein, dass K. ja auch in
einer WG der Ini lebt und er sich aufgrund dieser Tatsache ja eigentlich selbst beforschen können.
Anekdote II :
Am Abend des Kohlessens, saß ich neben meinem Forschungskollegen K.. Das Essen wurde
serviert. Aufgrund meiner etwas ungünstigen Sitzposition, kam ich nicht so recht an die zu
beforschenden Personen heran. Erst Wochen nach diesem Abend fiel mir ein, dass K. ja auch in
einer WG der Ini lebt und ich ihn aufgrund dieser Tatsache ja eigentlich beforschen könnte.
Zweimal scheinbar die gleiche Geschichte, jedoch verschieden in ihrem
Sinn in Bezug auf wer ist Forscher und wer kann beforscht werden.
Aufgrund der Fokussierung auf die Rolle von K. als Forscher fällt zunächst
gar nicht auf, dass er gleichzeitig Bewohner der Ini ist und deshalb auch
beforscht werden könnte. So ist der Blick verstellt auf das, was eigentlich
gesehen werden möchte.
Auch in der Betreuung kann es sicherlich vorkommen, dass
die Konzentration auf die Wahrnehmung der NutzerInnen als
„zu Betreuende“ den Blickwinkel verengt. Jeder Mensch kann
gleichzeitig verschiedene Rollen innehaben, die mit
unterschiedlichen Zuschreibungen verbunden sind. Macht es
nicht z.B. einen Unterschied, ob jemand als Betreuter oder
als ExpertIn aus Erfahrung/ als ExpertIn in eigener Sache/
als ExpertIn für psychische Erkrankungen, Sucht, geistige
Behinderung o.ä. gesehen wird? In der Kommunikation und
Interaktion zwischen BetreuerInnen und NutzerInnen sollte
eine Offenheit bestehen, sich jeweils nicht nur auf die durch
den Betreuungskontext gegebene Rolle festzulegen, sondern
zu entdecken, was man noch alles so sein und darstellen
kann.
Außen vor?
Gemeinsam mit meinem Forscher-Kollegen Lars sitzen wir beim Kohlessen mit drei anderen Leuten
zusammen. Wir kommen gut miteinander ins Gespräch, genießen das Essen, es werden viele
Scherze gemacht. Irgendwann wird das Gespräch persönlicher, Fragen wie „was machst du so, wo
wohnst du“ werden von Lars und mir an die anderen gestellt. Als die Frau uns gegenüber sagt,
dass sie zur Zeit in Haus Blumenthal wohnt, stellt sich raus, dass außer mir alle am Tisch
Erfahrungen mit Sucht und betreutem Wohnen oder Therapien in diesem Kontext gemacht haben.
Sie kennen alle die gleichen Einrichtungen und tauschen sich lebhaft über ihre Eindrücke aus. Die
Frau hat den großen Wunsch, zur Initiative zu ziehen, weil sie damit einen Schritt in Richtung mehr
Selbstständigkeit machen möchte. Ich merke, dass ich mich aus dem Gespräch zurückziehe und
die Nachfragen eher überlasse. Fühlt sich komisch an, aber ich fühle mich auf einmal gehemmt
durch meine Rolle als „Professionelle“ und dazu noch als bei der Initiative angestellte. Kann ich
überhaupt mitreden, wo mir die Erfahrungen der anderen fehlen? Und wirkt ein Reden von mir
über die Initiative (also in Richtung, ob das dann Selbstständigkeit bedeutet bzw. damit mehr
Lebensqualität für die Frau) authentisch als meine Meinung oder wird das als Werben für die
Initiative wahrgenommen?
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Hier ist mehr über die Forscherin als über die zu Beforschenden zu lesen.
Sie macht die Beobachtung, wie hilfreich ein gemeinsamer
Erfahrungshintergrund für Kontaktaufnahme und einen intensiveren
Austausch ist und zieht sich zurück, weil sie diesen glaubt, nicht zu haben.
Dies ist eine andere Art der Selbst-Ausgrenzung. „Wenn ich nicht die
gleichen Erfahrungen habe, kann ich nicht darüber reden“. Das
Interessante z.B. in trialogischen Gruppen ist, dass dort jedeR gefragt ist,
über die eigenen Erfahrungen zu reden, die mit der eigenen Position und
Rolle verbunden sind.
Auch wenn es in Bezug auf spezielle Problemlagen wie
psychische Erkrankung, Sucht o.a. zwischen den Betreuten
und den Professionellen oft keinen gemeinsamen
Erfahrungshintergrund gibt, heisst das noch lange nicht, dass
ein solcher auch in anderen Punkten nicht existiert. Seien es
alltagspraktische oder spezifische Themen – es wird immer
einiges geben, bei dem sich Betreuer und Betreute über das
jeweilige Erleben austauschen können. Bei jedem Thema
kann man eher das Gleiche und Verbindende suchen als das
Trennende. Auf diese Art und Weise entsteht normale
Kommunikation, die nicht vorrangig durch das
Rollenverhältnis BetreuerIn/ NutzerIn geprägt ist. Vertrauen
und Offenheit hat auch damit zu tun, dass die jeweiligen
Erfahrungen (von BetreuerInnen und NutzerInnen)
ernstgenommen und respektiert werden, dann kann es auch
dort einen Austausch geben, wo nicht die gleichen
Erfahrungen gemacht wurden. Und noch was: Neugierde ist
ein Motor für Gespräche, in denen es darum geht, sich
kennen zu lernen und besser zu verstehen. Warum nicht dort
nachfragen, wo etwas unbekannt ist?
Wir empfehlen den BetreuerInnen, Trialog-Seminare zu
besuchen.
Das Leben muss immer weiter gehen
Puh, ok, hier bleib ich sitzen. Ein guter Platz in einem Grüppchen von NutzerInnen. Oh, und der
Betreuer, der eben schon mit beim Bosseln war. Christian sitzt mir gegenüber, er redet gern, das
find ich gut. Mann, er ist wirklich kontaktfreudig, beeindruckend. Und super freundlich, er ist heute,
glaub ich, ziemlich zufrieden. „Eigentlich immer“, erzählt er mir, „das Leben muss immer weiter
gehen.“ Auch, nachdem seine Mutter gestorben ist. „Wann war denn das?“ Christian fragt seinen
Betreuer. Sympathischer junger Typ, Frank, sie scheinen ein gutes Verhältnis zu haben. Christian
müsse doch selbst am besten wissen, wann seine Mutter gestorben ist.
Neben Frank sitzt ein Grüppchen, drei Männer, zwei Frauen, ich glaube fast alle gehören auch zu
einer WG, die er betreut. Sie sind still. Bis auf einen Mann. „Oh ja, wir waren beim Fußball in
Italien, Urlaub in Spanien, das war toll!“ Dort sei er mit seiner Freundin zusammen gekommen. Sie
sitzt ihm gegenüber, schweigt und wird etwas verlegen. „Und auch die Ausstellungseröffnung im
Cafe Brand. Samba-Karneval ist auch super.“ Ja, sie unternehmen gerne etwas, aber es gibt ja
nicht viel, so was wie das hier, müsse es öfter geben.
Nein, ich solle dem Mann neben mir nicht helfen, etwas auf den Wunschzettel zu schreiben. Er
wünsche sich sowieso nur Geld. Es schmeckt ihm.
Mich interessiert, warum Frank hier ist. Die Idee sei toll, er wusste nichts von der
Forschungsgruppe, hätte es irgendwie nicht mitbekommen, sei auch nicht so oft bei den
MitarbeiterInnenversammlungen. Es sei sowieso ein Grünkohlessen für die Betreuten seines Teams
28
Forschungsbericht Initiative
29
geplant gewesen. Ob die Leute aus seinen WGs auch ohne ihn gekommen wären, frag ich ihn. Er
überlegt. Fürs erste Mal gäbe seine Anwesenheit ihnen wohl Sicherheit. Frank kann nicht
verstehen, wie schnell der Mann und Christian essen. Christian verlangsamt konzentriert sein
Tempo. „Das Leben muss immer weiter gehen.“ Auch nachdem seine Freundin nichts mehr mit
nem Behinderten zu tun haben wollte. Nein, für mich würde das keine Rolle spielen, das finde ich
überhaupt nicht nett, es kommt doch eigentlich nur darauf an, ob man sich gern hat, antworte ich
ihm. „Das Leben muss immer weiter gehen.“ Aber eine Freundin, das wäre schon toll. Kontakte,
jemanden kennen lernen. Das möchte er ins Gästebuch eintragen, dass ich grad vorgestellt habe,
damit alle die Möglichkeit haben, noch loszuwerden, was sie wollen oder ihren Namen einzutragen
oder was auch immer. Christian diktiert mir eine richtige Kontaktanzeige. „….????....“ Ich bin
begeistert und hoffe wirklich, dass vielleicht noch jemand Interessiertes in das Buch guckt und
Christian treffen will. Bald hat er Geburtstag. Ob ich kommen will? Das Treffen findet er toll, man
sollte so etwas öfter machen. Alle sind nett. Und ne Dampferfahrt im Sommer, das wär’s! Ob ich
mir das gemerkt hätte, ich soll’s nicht vergessen!
Der Mars, meine Gesundheit und Gott
Herr Kurz. Vor 22 Jahren habe ich ihn während eines Praktikums bei der Initiative kennen gelernt.
„Ich heiße Werner Kurz und weiß nicht was ich wählen soll“, waren damals seine Begrüßungsworte,
die mir immer noch in Erinnerung sind. Er hat noch das gleiche Aussehen eines spitzbübischen
wilhelminischen Lehrers, der Zeigefinger schnellt immer noch vor, um seinen Ausführungen
Nachdruck zu verleihen und sein Tonfall wirkt wie damals eher dozierend als auf Austausch
bedacht. So beginnt unser Gespräch auch eher im Frage-Antwort-Stil. Wir sprechen über die
Menschen, die damals mit ihm zusammengewohnt haben. Er lässt sich einige kurze Anekdoten
entlocken und ich gebe ungefragt auch einige zum Besten. Viele ehemalige MitbewohnerInnen sind
mittlerweile gestorben. Herr Kurz ist in eine neue Wohngemeinschaft gezogen und äußert sich
recht zufrieden. Er ist nach wie vor an vielen Dingen des Lebens interessiert, vor allem an der
Frage, welche Bedeutung Gott im Leben hat. Herr Kurz ist nicht immer einverstanden mit ihm, aber
er gibt ihm Halt und Zuversicht und die Gewissheit, dass er einen Platz in dieser Welt hat. Sein
größter Wunsch? Er hofft noch lange bei guter Gesundheit zu bleiben und damit noch viele, viele
Jahre leben zu dürfen und.... und wenn´s irgend möglich ist, eine Reise zum Mars. Wow, denke
ich, der Mann hat Träume. Der hat seinen Platz gefunden im Leben – zufrieden zwischen seinem
Platz im der Wohngemeinschaft und dem Universum. (Wünsch ich mir auch).
Der Satz “Das Leben muss immer weiter gehen” ist ein gutes Beispiel für
Nutzerwissen: Was für schreckliche Dinge dir auch geschehen, es ist
häufig keine gute Idee, dabei stehenzubleiben. Die Zukunft ist wichtiger
als die Vergangenheit. Manchmal ist es notwendig, über schlimme
Ereignisse im Leben zu reden und es gibt gute therapeutische Methoden,
um Menschen hierbei zu helfen. Natürlich ist es wichtig, Zeit zum trauern
zu haben, Zeit, den Verlust von geliebten Menschen, Gesundheit usw. zu
überwinden. Aber wenn jemand sagt „Das Leben muss immer weiter
gehen“, dann ist der Blick auf die Zukunft gerichtet und es spricht eine
Haltung daraus, das Leben mit all seinen Schwierigkeiten meistern zu
wollen.
Forschungsbericht
Als wir uns an der verabredeten Stelle zum Bosseln trafen, war ich sehr neugierig, was der
Nachmittag bringen würde. Unsere Bewohner der Initiative nahmen die sportliche Betätigung
dankbar an. Die anderthalb Stunden vergingen wie im Fluge. Bemerkenswert war, das der Ruf
nach weiteren, ähnlichen Aktivitäten in der Zukunft laut wurde.
Als wir uns zum Essen niederließen, hatte ich den Eindruck einer gewissen Kontaktscheu, die sich
dann aber legte. Mein Auftritt als Fee, der mir einen Riesenspaß machte, lockerte die Atmosphäre
29
Forschungsbericht Initiative
30
zusehends auf. In der Folge hatte ich mir die Aufgabe gestellt, Antonio beim Befragen zu
beobachten und zu ermitteln, wie dieses Procedere von den Bewohnern und Betreuern
aufgenommen würde.
Antonio stellte behutsam seine Fragen. Nach anfänglicher Zurückhaltung antworteten seine
Gesprächspartner recht offen. Beschwerden über die Betreuungssituation wurden nicht laut, es
wurde aber geäußert, das man zu wenig Geld habe. Die Wünsche die genannt wurden, waren im
wesentlichen die nach Gesundheit, Harmonie und größeren finanzieller Möglichkeiten. Traurig
stimmte mich, das einige von den Bewohnen durch den jahrelangen Gebrauch von Neuroleptika
offensichtliche Dauerschäden davongetragen hatten.
Ist den BetreuerInnen das Problem der Dauerschäden durch
Neuropeptika bewusst? Es wäre wichtig, dass sie es auch als
ihre
Aufgabe betrachten, den Prozess der
Medikamenteneinnahme ihrer NutzerInnen kritisch zu
begleiten und wo es geht sie darin zu unterstützen, mit
wenig Medikamenten zu leben.
Spruchaktion
Nun füllte sich der Raum stetig, es war von der Zeit her vor dem Kohlessen. Die Sitzordnung war
hufeisenförmig angeordnet, es konnten wohl 35 Personen hier Platz finden, aber nicht alle Plätze
waren besetzt. Hier und dort saßen einige Frauen und Männer in kleinen Grüppchen zusammen.
Nun kam mein Auftritt, denn ich war damit beauftragt, die zwei Euro Essensgeld einzusammeln
und im gleichem Zuge ihnen eine Schoko- / Spruch-Kombination zu überreichen. Susi half mir
beim Einsammeln des Essensgeldes, denn ich hatte Angst, es nicht alleine zu schaffen.
Die hier zu Erforschenden und die Forschenden freuten sich über die Schoko- / SpruchKombination. Beim Verteilen des eben Erwähnten konnte ich auch erste mündliche Kontakte
knüpfen. Nun einige waren voller
Vorfreude auf das, was sie heute Abend noch an schönen Dingen überraschen würde. Für einige
war es sehr schön, dass die Ini mal wieder was unternimmt. An diesem Abend waren auch einige
Betreuer mit anwesend, aber das wirkte sich nicht negativ auf die Stimmung aus. Aber was mir
auffiel war, das alle Wohngemeinschaften separat in kleinen Grüppchen zusammen saßen. Noch
mal: Die Laune der hier Versammelten war sehr schön.
Nun nachdem alle Schoko - Sprüche verteilt wurden, kehrte Ruhe in der Gemeinschaft so langsam
ein. Nach einigen Minuten der Ruhe und der Gelassenheit eröffnete Lars den Abend mit einer
Eingangsrede. Dann kam auch schon das Essen.
Von Angst geleitet
Wie ist meine Angst: Klares Sehen, Intensives Hören, starkes Fühlen aller Sinne, beklemmtes
Gefühl in der Brust, Luftnot, Schwindel.
Bevor ich von zu Hause losfuhr, bemerkte ich eine sich langsam steigernde Angst. Nicht vor den
Menschen, die mir auf der Fahrt begegnen könnten, sondern vor dem Kohlessen direkt. Nun stieg
ich in die Straßenbahn ein und suchte mir einen Einzelplatz. Das war auch gut möglich, da die
Bahn sehr leer war. Es wurde so langsam dunkel, der Schnee am Boden wirkte, als ob alles in
Watte gehüllt war.
Hier in der Lindenhof Straße musste ich nun aussteigen und den Rest zu Fuß gehen. Meine Angst
steigerte sich noch mehr denn ich hatte das Gefühl, dass mich jemand verfolgt. Nun stand ich vor
der Feuerwache und blickte in den Hinterhof, dort brannte ein sehr helles Licht. Als ich nun in den
Hinterhof ging, knirschte der Schnee unter meinen Füßen. Endlich erreichte ich das Cafè, ein paar
Gäste waren schon da und die Angst wich so langsam der Vorfreude auf das Essen.
Ich nahm Kontakt zu den schon vorhandenen Gästen auf und kam so langsam von meiner Angst
weg. Ich setzte mich mit einem Getränk an einen Tisch und beobachte, wie sich so langsam der
Raum füllte. Als nun alle da waren, begann meine Interaktion mit den Schoko- Sprüchen und ich
bekam wieder, aber nur leichte Ängste. Nun kam das Essen, von der Bedienung vor uns auf den
Tisch gestellt, und alle begannen mit dem Essen. Während des Essens hatte ich wie vom Blitz
getroffen eine sehr starke Angstattacke. Ich dachte für einen Moment lang, das ich nun ersticken
würde. Nun schloss ich für eine Weile meine Augen und die Angst wich. Nun, das war meine letzte
Angst für diesen Abend, die ich hatte. Oft rede ich ja über meine Angst, aber oft auch nicht, wenn
ich alleine bin. Ich führe auch ein Angst-Tagebuch, habe ich jedenfalls geführt.
30
Forschungsbericht Initiative
31
Der Forscher ist emotional sehr beteiligt und beobachtet das Geschehen
sehr detailliert. Auch im Forscher entwickelt sich ein Spannungsbogen. Vor
allem in der zweiten Geschichte wird deutlich, wie sehr er mit seiner Angst
zu kämpfen hat, der er sich aber stellt und die er im Laufe des in-Kontaktkommens mit den anderen verliert.
Der Forscher erzählt was er tut, um seine Angst zu mindern: die Augen
schließen und sich auf diese Weise für einige Momente aus der sozialen
Situation zurückziehen. Indem er dies tat, wurde es nicht notwendig für
ihn, sich zurückzuziehen indem er wegging. Dies ist eine wirkliche
Entdeckung und könnte einen guten Tip für andere darstellen, die mit
Ängsten in sozialen Situationen zu kämpfen haben.
Aktionsforschung ist interaktiv und, wie sich hier auch zeigt, von großer
Wirkung auf beiden Seiten.
Die verteilten Sprüche mit der verteilten Schokolade helfen dabei, mit den
zu beforschenden Personen in Kontakt zu treten. Die Atmosphäre ist so
entspannt und evtl. Berührungsängste werden leichter abgebaut. Die
BewohnerInnen der Wohngemeinschaften freuen sich, dass „die Ini mal
wieder was macht“. Dabei bleiben aber die Menschen unter sich, die sich
bereits kennen, es gibt wenig Kontakt über „Team-Grenzen“ hinweg.
Dies ist auf der anderen Seite eine andere Möglichkeit, die Situation zu
kontrollieren und sie zu überstehen: Guck, was bekannt ist damit du nicht
mit dem Unbekannten, Unsicheren und möglicherweise nicht Gewolltem
konfrontiert wirst. Dies schafft Sicherheit.
Angebote zum geselligen Zusammensein, zum gemeinsamen
Essen werden geschätzt und sollten deshalb immer wieder in
den Betreuungsalltag eingebaut werden.
Um in Kontakt zu kommen, sind kreative Aktionen und
Interaktionen hilfreich, vielleicht immer mal wieder
„Überraschungsmomente“ einbauen?
Es kann Sicherheit vermitteln, sich nur an bekannte
Menschen zu halten. Dieses Verhalten sollte auch als
Strategie, sich sicherer zu fühlen, ernstgenommen und
respektiert werden.
 sind mehr teamübergreifende Aktionen und Veranstaltungen
denkbar, z.B. auch teamübergreifende Urlaubsfahrten?
31
Forschungsbericht Initiative
32
Kapitel 4
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Wir haben es uns in unserer Forschung zur Aufgabe gesetzt, eine Situation
zu schaffen, in der Menschen, die sich isoliert und einsam fühlen,
angesprochen werden, diesen Zustand zu durchbrechen. Gleichzeitig
wollten wir herausfinden, wie andere Menschen, die ähnliche Erfahrung
auf diesem Gebiet haben, diesen Prozess mit ihrer eigenen Erfahrung
unterstützen können. Schließlich sollte die Forschung Auskunft darüber
geben, inwieweit die Angebote der Ini ... ausreichend an den Bedürfnissen
der NutzerInnen ausgerichtet sind, speziell in Bezug auf ihre sozialen
Bedürfnisse.
A
Um all dies herauszufinden haben wir ein Experiment durchgeführt, bei
dessen Gestaltung wir uns enorme Mühe gegeben haben.
Es wurde ein Experiment, in dem wir unsere eigene Erfahrung und unser
eigenes Wissen über unsere Bedürfnisse, unsere Umgangsweisen ausgehend von unseren Herzen und Köpfen - und unsere Erfahrungen mit
der Nutzung von Diensten wie der Ini... einsetzten. Wir organisierten das
Experiment in der Art und Weise, dass wir darin auch mit unseren eigenen
Unsicherheiten, unseren Ängsten und unseren eigenen Bedürfnissen nach
Unterstützung umgehen konnten und unser Vertrauen ineinander und
unsere Fähigkeiten der Kooperation einbringen konnten.
All diese Aspekte sind unter Forschungsdesign und Forschungsansatz im
zweiten Kapitel beschrieben. Die Parameter, die uns genug Sicherheit, Mut
und Selbstbewusstsein gaben, um dieses Projekt durchzuführen, sind dort
aufgeführt.
B
Wir haben im Laufe der Erstellung dieses Forschungsberichtes sehr viel
von den Ergebnissen gelernt, die in den Geschichten und Reflektionen im
Kapitel 3 beschrieben sind.
Einige von den wichtigsten Erkenntnissen sollen hier aufgeführt werden:
1)
2)
3)
Wir haben gelernt dass es wichtig ist, NutzerInnen als “Leute”
anzusprechen, genauso wie alle anderen Menschen.
Wir haben gelernt, dass es für die Kontaktaufnahme wichtig ist,
etwas von sich selbst zu zeigen. Das bedeutet, sich nicht hinter einer
professionellen Rolle zu verstecken. Professionelle Distanz sollte nicht
in dem Sinne aufgebaut werden, dass das Gegenüber keine
Möglichkeit hat, dem Professionellen wirklich zu begegnen. Das
bedeutet auch, andere Rollen zu zeigen, die man im Leben spielt –
auf diese Weise schafft man Möglichkeiten der beidseitigen (An-)
Erkennung.
Wir haben gelernt, dass ein Durchbrechen von Isolation und
Einsamkeit nicht einfach ist. Es kann hierfür aber hilfreich sein,
32
Forschungsbericht Initiative
33
Menschen aktiv darin zu unterstützen, in Kontakt zu treten und
Freundschaften zu schließen.
4) Wir haben gelernt, dass es, um sich in einer sozialen Situation sicher
zu fühlen, sehr hilfreich ist, wenn Menschen anwesend sind, die man
bereits kennt. Wenn dem nicht so ist, ist es schwieriger.
5) Wir haben gelernt, dass wenn jemand “Nein” zu einer Einladung sagt,
dies nicht bedeutet, dass die Antwort bei einem zweiten Versuch nicht
ganz anders ausfallen könnte.
6) Wir haben gelernt, dass es oft leichter ist, miteinander in Kontakt zu
kommen, wenn man sich nicht in einer Rolle befindet oder wenn man
sich beispielsweise gemeinsam von einem Ort zu einem anderen
bewegt - wenn man sich also in einem informellen Raum befindet.
7) Wir haben gelernt, dass es immer wichtig ist, Menschen die
Möglichkeit zum Rückzug zu geben, wenn sie das wünschen. Es kann
viele Gründe geben, warum sich eine soziale Situation nicht sicher
genug für jemanden anfühlt. Wir müssen das respektieren, auch
wenn es gleichzeitig eine Herausforderung darstellt, es beim nächsten
Mal besser zu machen und den betreffenden Menschen mehr
Sicherheit zu vermitteln.
8) Unsicherheit, Ängste und andere Schwierigkeiten stellen Hindernisse
für sozialen Kontakt dar. Wir haben gelernt, dass es viele individuelle
Möglichkeiten gibt, damit umzugehen. Es gibt immer die
Möglichkeiten eines zeitweiligen Rückzugs, der einem helfen kann, zu
gehen - und dabei die Möglichkeit zu bewahren, zurückzukommen.
9) Wir haben gelernt, dass ein Stimmungswechsel zwischen “schlechter
Stimmung” und “ganz okayer Stimmung” oft unvorhergesehen eintritt
und dann das Ergebnis von ungeplanten, zufälligen und nicht
bewussten Ereignissen sein kann. Es ist deswegen wichtig, nicht alles
durchzuplanen und genug Raum für Spontaneität zu lassen.
10) Wir haben gelernt, dass es wichtig ist, unsere eigenen Grenzen zu
kennen und uns nicht zu zwingen, sie zu überschreiten, wenn wir das
nicht wollen. Es ist darüber hinaus wichtig zu lernen, über diese
Grenzen zu reden und sie zu kommunizieren.
11) Wir haben gelernt, dass unser Interesse an den Erfahrungen von
anderen und ihrer Geschichte sie nicht automatisch dazu bringen
muss, darüber zu reden (wenn sie nicht wollen). Wir haben gelernt,
dass das Leben weitergehen kann, auch wenn die persönliche
Geschichte nicht offen liegt.
12) Wir haben gelernt, dass es manchmal wichtig ist, Medikamente zu
nehmen, um Möglichkeiten für Begegnungen und soziales Leben zu
schaffen. Ebenso ist es aber wichtig, sie zu reduzieren, wenn sie
genau diesen Möglichkeiten im Weg stehen.
33
Forschungsbericht Initiative
34
C
Wenn wir sagen “wir haben gelernt, dass…” wissen wir nicht, ob die
Menschen, die “beim schönen Tag” dabei waren, aber nicht
MitarbeiterInnen in der Forschungsgruppe sind, die gleichen Dinge gelernt
haben.
Wir haben jedoch ein wenig über ihre Bedürfnisse und Wünsche gelernt
und ebenso darüber, wie sie über die Ini... und ihre Betreuer
denken/urteilen:
1)
2)
3)
4)
5)
6)
7)
8)
Die Leute sind ziemlich zufrieden mit der Ini und der Unterstützung,
die sie von ihren BetreuerInnen erhalten.
Für Lebenszufriedenheit sind einige Dinge wichtiger als andere.
Gesundheit und soziale Kontakte sind die Aspekte, die hier am
häufigsten genannt wurden, auch Geld wurde häufig erwähnt.
Der Wunsch nach Geld weist auf eine relative Armut hin. Menschen
brauchen Geld, um an sozialen Aktivitäten teilnehmen zu können.
Die Menschen genießen die sozialen Aktivitäten, die von der Ini …
organisiert werden und wünschen sich, dass die Ini ... solche
Aktivitäten häufiger organisiert.
Die Leute wollen aber genauso mehr Möglichkeiten haben, andere
Menschen außerhalb des “psychiatrischen Zirkels” zu treffen.
Außerhalb finden dabei viele besser, aber innerhalb fühlt es sicherer
an.
Um den Schritt nach “draußen” zu machen, brauchen Menschen
Unterstützung, die sie befähigt, diesen Schritt zu tun.
Um sich draußen sicher zu fühlen ist es wichtig, mehr Angebote der
Nachsorge zu schaffen, die helfen können, wenn es Not tut.
Es könnte eine gute Idee sein, dass die Ini guckt, ob es die
Möglichkeit der Einbeziehung von Freiwilligen gibt für soziale
Angebote und soziales Miteinander.
D
Teil C gibt einen Überblick über mögliche Verbesserungen für die Ini. Hier
sind Bedürfnisse beschrieben und was die Menschen sich mehr oder
anders wünschen.
Es geht hierbei aber nicht nur um die Quantität, sondern ebenso um die
Qualität und um das „Wie“ von Aktionen und Aktivitäten. Es reicht nicht,
Aktivitäten und Aktionen anzubieten, es ist wichtig, wie sie organisiert
sind und in welcher Atmosphäre des Miteinanders sie stattfinden.
In Teil B haben wir zusammengefasst, was wir gelernt haben. Dort ist das
„wie“ beschrieben, hier stehen Indikatoren für qualitative Verbesserungen.
Könnten die BetreuerInnen ebenso hiervon lernen?
Wir glauben, dass sie es könnten, weil wir hier wichtige Dinge
aufgeschrieben haben, die auch für BetreuerInnen hilfreich sein könnten.
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Forschungsbericht Initiative
35
1) Sprich uns als Menschen an und nicht als PatientInnen.
2) Zeig was von dir
3) Sei klar mit deinen Grenzen und sprich über sie
4) Sei spontan
5) Gehorch manchmal den Regeln nicht
6) Versuche, dich zu amüsieren und zeige dies
7) Zeig es, wenn es dir schlecht geht
8) Halt dich nicht zu sehr an professionelle Rollen
9) Sorg für die Möglichkeiten für informelle Treffen
10)
Respektiere eigene und individuelle Überlebensstrategien
11)
Definiere nicht alles als „Lernort“ oder „Therapie“, sondern
organisiere soziale Events als soziale Events
12)
Sei kritisch in Bezug auf Medikamente
All diese Dinge sind eigentlich ziemlich menschlich. Trotzdem oder gerade
deshalb können sie sehr schwierig zu praktizieren sein. Wir wissen mit
Sicherheit, dass u.a. in trialogischen Treffen eine gute Möglichkeit besteht,
diese Praxis zu lernen.
Zum Schluss eine Empfehlungen bezüglich der Implikationen von dieser
Forschung hinsichtlich der Verbesserung von NutzerInnenbeteiligung.
Es gibt viele Wege, um dieser eine Form zu geben. Eine davon ist, diese
Art der Forschung durchzuführen. Wir würden empfehlen, dass mehr
solcher Projekte durchgeführt werden. Mögliche Forschungsthemen
könnten sein: „Rehabilitation“ und „wie geht es wieder raus aus der
Betreuung/ aus dem psychiatrischen Zirkel“?
Davon abgesehen gäbe es die Möglichkeit, ein Forschungsprojekt mit
einer eingegrenzteren Fragestellung durchzuführen, in dem die Qualität
der Arbeit der Ini von NutzerInnen erhoben und bewertet wird. Die EXPA
wäre jetzt bereit und in der Lage, eine solche Art der Forschung mit
methodologischer Unterstützung durchzuführen.
Ein Schritt vorwärts im Rahmen dieser Art der Qualitätserhebung wäre die
Einstellung eines/einer Qualitätsmanagers/Qualitätsmanagerin mit
NutzerInnen – Hintergrund bei der Ini. Eine solche Position/Funktion
könnte durch eine NutzerInnengruppe unterstützt werden, die in diesem
Fall formal als NutzerInnenrat gesehen werden könnte. Der/die
QualitätsmanagerIn hätte dann ebenfalls die Aufgabe, diesen
NutzerInnenrat zu organisieren.
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Forschungsbericht Initiative
36
Anhänge
1. Die Einladung
Liebe Bewohner und Bewohnerinnen der
Initiative !
Wir, eine Gruppe von Psychiatrieerfahrenen, die in einem Forschungsprojekt für die
Initiative arbeiten, wollen euch zu einem Grünkohlessen mit Musik und Spiel zum
gegenseitigen Kennenlernen einladen.
Ziel des Ganzen ist, durch Gespräche mit euch Mittel zu finden,
eure Betreuungs- und Lebenssituation zu verbessern.
Dies findet statt am 9.2.2007.
Wir bosseln uns durch den Grünstreifen in Walle zum Cafe Brandt. Treffpunkt dafür ist
um 16:00 der Eingang Waller Straße. Für die, die nicht mitlaufen wollen, gilt Treffen
18:00 am Cafe Brand (Gröpelinger Heerstr. 226). Es gibt Kohl und Pinkel und
alkoholfreie Getränke, das alles pro Person für einen Unkostenbeitrag von 2,- Euro.
Wegen der Essensbestellung brauchen wir eine Anmeldung von euch. Bitte meldet
euch bis zum 31.01.2007 telefonisch oder schriftlich an:
FOKUS – Büro
Vegesacker Str. 174
28219 Bremen
Tel.: 3801950
mail: fokus@initiative-zur-sozialen-rehabilitation.de
Zahlreiches Erscheinen ist erwünscht. Wir freuen uns auf euch!
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2. Der Baum zur Lebensqualität (Ideen der ForscherInnen)
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3. Lebensqualität (Ergebnisse aus den Befragungen)
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4. Wunschzettel
Wunschzettel
 Mehr Geld
 Gesundheit
 Berühmt sein und geliebt werden
 Trockenheit
 Erfahrung
 Erd- und Himmelsreisen
 Seelenverwandtschaft
 Unabhängigkeit
 Meinen Führerschein
 Lebenslang Freibier
 Glück und Zufriedenheit ein Leben lang
 Meine Grundbedürfnisse gesichert mein Leben lang
 Immer gute KameradInnenschaft ein Leben lang
 Lange Reisen
 Bilder
 Mehr Menschlichkeit
 Einen neuen Freund
 Ein Haustier
 Ich möchte mit meinem Freund lange zusammenbleiben
 Ich möchte eine größere Wohnung mit einer Freundin
 Klarheit
 Frisches Obst
 Die Chance zu lieben und geliebt zu werden
 Arbeit um sich als sinnvoll zu erleben
 Die Möglichkeit haben, öfter zu anderen Kulturen zu reisen
 Möglichst bald einen Platz bei der INI
 Stabilität auf lange Sicht
 Eine gesunde Beziehung zu meinen Kindern
 Ein Haus am Meer
 Nur 4 Tage pro Woche arbeiten
 Pink Floyd live erleben
 Urlaub
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 Weniger arbeiten
 Mehr Kultur
 Wieder Arbeit bekommen
 Wieder mit meiner Tochter zusammenleben
 Mit meiner Tochter in Urlaub fahren
 Ich wünsche mir einen Freund
 Ich wünsche mir, dass ich gesund werde, bzw. dass es nicht schlechter wird
 Eigene Wohnung
 Leute kennen lernen, gute Freundschaft
 Glück haben, jemand kennen lernen
 Besuch in Wohnung
 Größeres Zimmer in WG
 Weiterhin clean zu leben
 Auslandsreisen
 Nie allein sein müssen, aber können
 Ausreichende materielle Grundlage
 Liebe, Freunde, Freude und Glück
 Mehr Freizeit
 Mehr Kohlessen
 Eine glückliche Liebe mit einer Vertauensbasis
 Gute Freunde, die sich gegenseitig stützen
 Einen alten Dackel
 GEZ- Gebühren ein Leben lang bezahlt bekommen
 Alle Holzarten verarbeiten dürfen
 Mehr Geld als 310.- €
 Berühmt und Geliebt zu sein
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5. Protokolle der Nachgespräche
5.1 Befragung von Christian im Rahmen der Nachbefragung der Kohlfahrt
Hier: Aufteilung in drei Fragen
Frage eins: Fühlen Sie sich von den Betreuern eher gefördert oder
behindert er in der Lebensgestaltung?
Antwort: Christian findet seine Situation so wie sie ist recht gut. Er fühlt
sich weder eingeengt noch beengt in seiner Lebensgestaltung.
Frage zwei: Was könnten / werden Sie tun (alleine oder mit anderen) um
ihre Lebensqualität zu verbessern?
Antwort: Er hat Bekannte, mit denen er ab und zu was unternimmt. Seine
Lebensqualität ist eigentlich recht gut.
Frage drei: Sind Sie zufrieden mit der Ini?
Antwort: Eigentlich schon, aber die Betreuer könnten am Tag der
Betreuung etwas früher am Tag erscheinen.
Meckerkasten: Christian meint, es müsse so einiges bei ihm in der
Wohnung renoviert werden (Fenster Farbe ab, usw.)
Wünsche: Christian wünscht sich, mehr Aktivitäten mit der Ini zu
unternehmen, ein Sommerfest oder so etwas fände er gut.
Danke Christian.
5.2 Gespräch Marko und Dierk
Marko sagt, dass er das Kohlessen sehr genossen hat, weil er gerne an
Ausflügen und Veranstaltungen der Initiative teilnimmt. Oft stellt ihn diese
Lust an derartigen Veranstaltungen vor das Problem, dass seine Betreuer
ihn bremsen. Er beklagt, dass aus seiner Sicht in der Vergangenheit mehr
Aktivitäten stattgefunden hätten. Er würde sich für die Zukunft wünschen,
dass wieder mehr in dieser Richtung stattfinden würde.
Frage 1
Inwieweit fühlst du dich vom Betreuer gefördert und inwieweit behindert?
Marko äußert, dass er zu Beginn seines Wohnens in einer WG der
Initiative die Betreuer ihm halfen, wieder mehr Normalität in sein Leben
zu bringen. In den letzten Monaten fühlt er jedoch eine gewisse
Stagnation in der Beziehung zwischen ihm und seinen Betreuern.
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Forschungsbericht Initiative
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Er fühlt sich von seinen Betreuern teilweise nicht für voll genommen.
Beispielsweise hätte er vor ca. einem Jahr geäußert, dass er in Erwägung
ziehe, aus der WG auszuziehen. Daraufhin wurde ihm entgegnet, wenn er
ausziehen wolle, solle er das doch tun. Marko wünschte sich jedoch, dass
die Initiative ihn dabei unterstützt, mit ihm die Zeitungsannoncen studiert
und ihn auch bei evtl. Behördengängen hilft. Außerdem würde er gerne
nach einem Auszug weiter von der Initiative einzelbetreut werden.
Frage 2
Was könnte von Seiten der Initiative unternommen werden, um deine
Lebensqualität zu verbessern?
Es würde für ihn eine Verbesserung der Lebensqualität bedeuten, wenn
die Anzahl der Betreuungsgespräche von derzeit 2 auf 1mal wöchentlich
reduziert würden. Marko würde sich eine weiterführende Lebensbegleitung
wünschen. Diese Begleitung sollte personenbezogen und dem
Genesungsprozess entsprechend sein. Außerdem tatkräftige Hilfe in Bezug
auf die weitergehende Lebensplanung (Auszug etc.)
5.3 Nachtreffen zum Kohlessen mit Silvio und Maren
Die beiden gaben auf die Fragen recht ähnliche Antworten. Die
Hauptaspekte waren:
Frage 1 Fühlen Sie sich von den Betreuern eher gefördert oder behindert
er in der Lebensgestaltung?
Sie sind sehr zufrieden mit der Betreuung. Beide sagen, es ist gut für sie,
in der betreuten WG zu wohnen und es tut ihnen momentan gut. In
Zukunft sollte auch wieder etwas anderes denkbar sein, aber erst mal ist
es richtig so wie es ist. Sie fühlen sich unterstützt von den BetreuerInnen
und haben das Gefühl, sie stehen ihnen in auch Krisenzeiten zu Seite.
Frage 2 Was könnten / werden Sie tun ( alleine oder mit anderen ) um
ihre Lebensqualität zu verbessern?
Als erstes fällt beiden zur Verbesserung ihrer Lebensqualität „mehr
Kontakt“ ein. Sie wünschen sich mehr Aktivitäten mit anderen und
schätzen geselliges Beisammensein, wie z.B. im Cafè Klatsch. Solche
Treffpunkte finden sie sehr wichtig, können sich aber auch gut ein
Zusammensein mit anderen Menschen außerhalb von psychiatrischen
Treffpunkten vorstellen. Sie sagen, es ist auch oft schwer, „den eigenen
Hintern hoch zu kriegen“, aber genau das sei ja wichtig, um mit anderen
Menschen in Kontakt zu kommen oder auch Kontakte zu halten.
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Forschungsbericht Initiative
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Literatur
Thomas Bock, Es ist normal, verschieden zu sein.'. Psychose-Seminare Hilfen zum Dialog Psychiatrieverlag, 2000
D. Kal, Gastfreundschaft. Das niederländische Konzept Kwartiermaken,
Paranus goes Wissenschaft, 2006
H.P.M. van Haaster, Validierung von Erfahrungen, Ex-in, Bremen 2007
H.P.M. van Haaster, Experte durch Erfahrung, Ex-in, Bremen 2007
H.P.M. van Haaster, Beteiligende Aktionsforschung, Ex-in, Bremen 2007
D. Rose ,Userparticipation in Research,
Independent Living Institute: Annual Report 2000,
http://www.independentliving.org/docs1/ilanrp2000.html
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