Hart am Limit Aufbauhelfer Der Wedding-Planner
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Hart am Limit Aufbauhelfer Der Wedding-Planner
A TOGNUM GROUP BRAND MTUreport Das Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy I Ausgabe 03 I 2012 I www.mtu-online.com +++ MTU bevorzugter Lieferant für Antriebe von 92 britischen Hochgeschwindigkeitszügen +++ Hart am Limit Motorentests unter extremen Bedingungen Aufbauhelfer Turmdrehkräne beim Bau des neuen World Trade Centers Der Wedding-Planner Yachtbau in den Emiraten Editorial Joachim Coers, Vorsitzender des Vorstands der Tognum AG sowie Vorsitzender der Geschäsführung der MTU Friedrichshafen GmbH. Leistung durch Leidenscha Wissen Sie, was mich an Tognum begeistert? Die Leidenscha, mit der unsere mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten. Sie sind stolz auf das, was sie machen. Zu Recht, denn ihre Leidenscha treibt sie immer wieder zu Höchstleistungen an. Das sehen Sie auch in der aktuellen Ausgabe des MTU Report. In unserer Titelgeschichte ist beschrieben, in welchen extremen Einsatzgebieten unsere Produkte Leistung erbringen müssen und wie unsere Entwickler die Motoren für diese Einsätze konzipieren. Sie testen Kaltstarts, bringen die Motoren in extreme Schräglagen und simulieren Ausnahmesituationen wie beispielsweise ein Erdbeben. Wir fordern einiges von unseren Produkten, damit sie für Sie die beste Leistung bringen. Leistung müssen unsere Produkte bald erneut in Großbritannien zeigen. Als bevorzugter Lieferant von 250 dieselelektrischen Powerpacks für das Intercity Express Programme unterstützt MTU eines der größten Verkehrsprojekte der letzten Dekade. Mehr als 27 Jahre lang übernehmen wir die Verantwortung für den reibungslosen Betrieb der Powerpacks. Das gab es in dieser Form noch nicht. Was Leidenscha bedeutet, zeigen uns auch die Amerikaner. In New York bauen sie dort, wo vor elf Jahren die Zwillingstürme des World Trade Centers standen, das neue World Trade Center. Unser Kunde Cornell Cranes ist daran beteiligt und hat dafür seine Turmdrehkrähne auf den neuesten technischen Stand gebracht – natürlich mit MTU-Motoren. Leidenscha für luxuriöse und einzigartige Yachten zeigt Erwin Bamps. Er ist Geschäsführer der Schiffswer Gulf Cra im arabischen Emirat Al-Quwain. In zehn Jahren hat er die kleine Wer zur größten der Golfregion gemacht. Starke Leistung bringen auch unsere Energiesysteme zur Stromerzeugung. Bei Nordfrost, einem Dienstleister für Lebensmittellogistik, erzeugen zwei Blockheizkrawerke Energie für Absorptionskältemaschinen, damit in den verschiedenen Lebensmittellagern immer das perfekte Klima herrscht. Leidenscha für unsere Kunden ist selbstverständlich Chefsache. Aus diesem Grund haben wir unser Vorstandsteam entscheidend verstärkt. Mein neuer Kollege, Vertriebsvorstand Dr. Michael Haidinger, versteht seine Aufgabe als Sprachrohr unserer Kunden im Unternehmen. Das hil uns, immer die beste Lösung für Ihre Anwendung anzubieten. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und bin mir sicher, dass auch Sie die Leidenscha in den Geschichten über unsere Antriebs- und Energiesysteme entdecken. Ihr Joachim Coers 2 I MTU Report 03/12 16 26 28 20 Inhalt 10 Aktuell Interview 10 Der Kunde steht im Mittelpunkt Dr. Michael Haidinger ist seit Juli 2012 der neue Tognum-Vertriebsvorstand. Im Interview erläutert er seine Motivation und seine Ziele. 12 Nachrichten Bahn 16 Ein Leben lang Das britische Verkehrsministerium hat 92 Super-Express-Züge bestellt. MTU soll den Anrieb liefern und diesen über 27 Jahre lang warten. Technologie In Aktion Industrie 28 Aufbauhelfer In New York arbeiten Tausende Menschen und Maschinen daran, das neue World Trade Center aufzubauen. MTU-Motoren sind in Turmdrehkränen dabei. 34 Der Plattmacher Müllverdichter von Bomag pressen Müll zusammen, damit möglichst viel davon auf die Müllhalde passt. Marine 36 Der Wedding-Planner Die Yachtwer Gulf Cra aus dem Emirat Al-Quwain bei Dubai baut fast 50 Meter lange Yachten genau nach Kundenwunsch. Energie 20 Hart am Limit Hitze, Kälte, hohe Wellen oder Erdbeben stellen Motoren vor Herausforderungen. Um sicher zu gehen, dass MTU-Motoren diese bestehen, werden sie unter extremen Bedingungen getestet. 44 Warm macht kalt Ein Blockheizkrawerk in Verbindung mit einer Absorptionskältemaschine kühlt Lebensmittel in einer Tiefkühllagerhalle. 26 Wie machen wir ...einen Zylinderkopf Zylinderköpfe werden nicht nur mit Maschinen, sondern auch mit SowareProgrammen gefertigt. 46 Flüsterstrom Notstromaggregate sichern den Betrieb der norwegischen Öl- und Gasaufbereitungsanlage Kårstø ab. Oil&Gas Titelbild: Unter einem glitzernden Eispanzer zeichnen sich die Konturen eines MTU-Motors ab. Um zu testen, wie dieser bei extremer Kälte startet, haben Entwickler ihn von innen gekühlt. Das Ergebnis: Approved! 36 46 Historie 50 Ein Motor lernt fliegen Vor 95 Jahren entwickelte Karl Maybach den ersten modernen Flugmotor und testete ihn in 1.800 Metern Höhe. MTU Report Europa Marine 52 In geheimer Mission Als eines der wenigen Industrieunternehmen weltweit kann MTU den Motoren ihre magnetische Signatur nehmen – ein kompliziertes Verfahren. Energie 58 Morgens um 7 Maßgeschneiderte Aggregate von MTU Onsite Energy erzeugen in einem Dieselkrawerk Regelleistung sowie Not- und Spitzenstrom. Apropos 64 Nachbehandlung Was unsere Redakteure bei ihrer Recherche besonders beeindruckt. 65 Comic MTU Report 03/12 I 3 4 I MTU Report 03/12 ONLINE Mehr dazu... Ein Video über die Präsentation des Hybrid-Triebwagens Ohne QR-Code-Reader unter bit.ly/W0z5Us Aktuell Nicht mehr inkognito Die ersten Kilometer hat der Hybrid-Triebwagen schon auf der Schiene – allerdings fuhr er die inkognito im typischen Rot der Deutschen Bahn. Doch seit seiner Enthüllung auf der weltweit größten Bahnmesse InnoTrans kann er sich nicht mehr verstecken. Jetzt sieht man schon auf den ersten Blick, dass dieser Triebwagen etwas Besonderes ist: Das Hybrid-Powerpack von MTU ermöglicht es, die Bewegungsenergie des Fahrzeugs in elektrische Energie umzuwandeln. Diese elektrische Energie wird in Batterien zwischengespeichert und kann bei Bedarf daraus entnommen und für den Betrieb verwendet werden. Ziel ist es, die CO2-Emissionen sowie den Krastoffverbrauch um bis zu 25 Prozent zu verringern. „Die Deutsche Bahn hat nachhaltiges Handeln konsequent in ihrer neuen Konzernstrategie DB2020 verankert. Wir wollen Umweltvorreiter werden und unsere spezifischen CO2-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent senken“, erklärte Dr. Volker Kefer, DB-Vorstand für Infrastruktur und Technik anlässlich der Präsentation des Triebwagens: „Um das System Bahn dynamisch weiter zu entwickeln, brauchen wir marktfähige Innovationen. Mit der Hybridtechnologie kann ein energieeffizienter und ökologisch nachhaltiger Transport auf der Schiene vorangetrieben werden.“ MTU Report 03/12 I 5 Eine Käsereibe für Londons Skyline Höher – schneller – weiter. Die Olympischen Spiele in London sind zwar Geschichte, doch das Motto gilt in London weiter. London baut olympisch. Bisher hinkte die Stadt mit ihrer Skyline anderen Metropolen hinterher. Schuld war die St. Paul’s Cathedral, deren Höhe kein Hochhaus überragen dure. Doch seit einiger Zeit wird diese Regel aufgeweicht und neue Wolkenkratzer sprießen in die Höhe. Darunter sind die 225 Meter hohe „Käsereibe“ und der 160 Meter hohe „Walkie Talkie“. Im Jahr 2014 sollen die beiden Hochhäuser bezugsfertig sein und zusammen auf mehr als 112.000 Quadratmetern Platz für Büros, Läden und Restaurants bieten. Vier MTU-Motoren der Baureihe 4000 mit jeweils 2.250 Kilowatt Leistung sorgen in beiden Hochhäusern dafür, dass der Strom nie ausfällt. Ist die Notstromanlage installiert, stellen sie im Falle eines Stromausfalls die Energieversorgung in den Gebäuden in weniger als zehn Sekunden wieder her. Aktuell MTU Report 03/12 I 7 8 I MTU Report 03/12 Aktuell Besonders besonders Elegant, ästhetisch, funktional. Yachtkunden lieben das Besondere. MTU auch. Das werden Kapitäne jetzt nicht nur spüren, wenn sie den Motor starten – das werden sie bald auch sehen. Denn gemeinsam mit dem italischen Top-Designer Pininfarina hat MTU Designstudien von Brückenkomponenten entwickelt: Fahrhebel, ein digitales Display, analoge Anzeigeninstrumente und die Tasten des Bedientableaus aus einem Guss gestaltet – formschön und geschmackvoll. So können auch Serienyachten künig einzigartig aussehen. Die Komponenten im PininfarinaDesign lassen sich in jedes Brückenpult einbauen und könnten mit dem neuen MTU-Automationssystem Blue Vision New Generation kombiniert werden. „In dem Yachtsegment, für das die Designstudie erstellt wurde, gibt es momentan keine vergleichbare Lösung auf dem Markt“, so Martin Boll, Projektleiter „Bridge Design“ bei MTU. „Weren, die ihre Yachten mit den neu gestalteten MTU-Komponenten ausstatten, können sich von ihren Wettbewerbern abheben und einen wesentlichen Marktvorteil sichern.“ MTU Report 03/12 I 9 Interview mit dem neuen Vertriebsvorstand Dr. Michael Haidinger Der Kunde steht im Mittelpunkt Seit Mitte des Jahres 2012 verantwortet Dr. Michael Haidinger als Vorstand das weltweite Vertriebs- und Servicegeschä von Tognum. Die ersten Monate hat er damit verbracht, die Mitarbeiter und Kunden von MTU und MTU Onsite Energy kennen zu lernen. Denn bisher war Dr. Michael Haidinger vor allem in Unternehmen der Lufahrtindustrie zu Hause: bei DASA, Fairchild/Dornier, Airbus und Eurocopter. Zuletzt verantwortete er beim Flugzeugtriebwerkshersteller RollsRoyce das Deutschlandgeschä sowie das weltweite Geschä mit kleinen und mittleren Triebwerken. Warum er sich trotzdem mit Diesel- und Gasmotoren sowie effizienten Energieanlagen identifizieren kann, und wieso eine Fluggesellscha einem Minenbetrieb ähnelt, erläutert er im Interview. Nehmen wir einmal an, der MTU Report veröffentlicht in einem Jahr einen Artikel über Ihre Arbeit als Vertriebs-Vorstand bei Tognum. Welche Schlagzeile wünschen Sie sich dann? „Tognum hat es gescha, den Kunden noch mehr in den Mittelpunkt all seiner Bemühungen zu stellen“ würde mir gefallen. Die Kundenzufriedenheit mit qualitativ hochwertigen Produkten und einem passenden Serviceangebot weiter zu verbessern, ist mein großes Ziel. Sie haben bisher in Unternehmen der Lufahrtindustrie gearbeitet. Wie kam der Sprung zu Tognum, einem Hersteller von Antriebssystemen und Energieanlagen? Ich habe mich in den vergangenen Jahren schon viel mit Antrieben beschäigt. Daher ist der Sprung gar nicht so groß, wie er zunächst erscheint. Natürlich ist ein Flugzeugantrieb nur bedingt mit einem schnelllaufenden Dieselmotor vergleichbar. Doch die Geschäsmodelle der Kunden sind ähnlich. Der Betreiber einer Flotte Muldenkipper muss mit den Fahrzeugen sein Geld verdienen, daher müssen sie 24 Stunden 10 I MTU Report 03/12 am Tag und sieben Tage die Woche verfügbar sein, dürfen nicht ausfallen und müssen wirtschalich sein. Diese Gedanken hat auch der Manager einer Fluggesellscha. Ein Flugzeug darf genauso nicht länger als notwendig am Boden stehen wie ein Muldenkipper im Depot. Ähnliches gilt auch für die Betreiber von Zügen. Ein Yachtbesitzer dagegen nutzt seine Motoren nur selten, trotzdem stellt er große Ansprüche an sie. Bei ihm geht es aber weniger um den Dauerlauf, als um den Spaß, den er mit ihnen haben möchte. Er will, dass seine Motoren schnell beschleunigen und hohe Spitzenleistung bringen, immer dann laufen, wenn er sie braucht und dazu sollten sie noch gut aussehen. Ähnlich denken auch Besitzer von kleinen Businessjets. Sie müssen mit ihrem Flugzeug kein Geld verdienen, doch es ist schön, eins zu haben und wehe es funktioniert nicht, wenn man es mal braucht. Die daraus resultierenden Anforderungen und Erwartungen unserer Kunden an das Produkt und den Service sind mir daher nicht fremd. dass ich ihre Anliegen kenne, ins Unternehmen trage und dort umsetze. Und was sind die Anliegen der Kunden? Kurz zusammengefasst, dass wir ihnen die beste Lösung zu einem wettbewerbsfähigen Preis zur Verfügung stellen. Ins Detail zu gehen, ist schwierig, denn die Wünsche können je nach Anwendung unterschiedlich sein. Der Service ist immer ein großes Thema: Einige Kunden sind sehr zufrieden, für andere ist der Service manchmal ein Grund, einen Wettbewerber vorzuziehen. Das darf nicht sein. Unsere Kunden kaufen kein Wegwerfprodukt. Sie wollen ihre Antriebsanlage oder ihr Energiesystem über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte wirtschalich nutzen. Dafür brauchen sie einen verlässlichen Partner. Das fängt schon bei der Entwicklung unserer Produkte an. Schon da müssen wir im Auge haben, wie sich das Produkt im Betrieb verhält. Und natürlich werden wir immer daran arbeiten, mit Ersatzteilen und Experten noch schneller vor Ort zu sein, wenn «Schon bei der Entwicklung eines Produktes müssen wir im Auge behalten, wie es sich im Betrieb verhält. » Dr. Michael Haidinger, Vertriebsvorstand bei Tognum Was reizt Sie an Tognum? Tognum agiert in Wachstumsmärkten, und es macht immer mehr Spaß zu wachsen als zu schrumpfen. Das Unternehmen hat hervorragende Produkte und ist in vielen verschiedenen Märkten gut platziert. Daraus ergeben sich viele Chancen und es liegt an uns, diese zu nutzen. Das ist eine spannende Aufgabe. Sie haben in Ihren ersten Monaten als Vorstand sicherlich schon einige Kunden getroffen. Was wünschen die sich von Ihnen? Zurecht erwarten die Kunden von mir, dass ich Ihre Stimme im Unternehmen bin. Sie wollen, es Probleme gibt. Der Kunde will schon heute nicht nur unseren Motor, unsere Antriebsanlage oder unser Energiesystem – er fordert auch unsere Serviceleistung. Zukünig will er von uns vielleicht einfach nur „kW pro Stunde“ für seine Mission haben. Beim britischen Bahnbetreiber IEP gehen wir in dieser Hinsicht gemeinsam mit unserem Partner Hitachi gerade neue Wege: Über 27 Jahre tragen wir das Kostenrisiko für den Betrieb mit. Das ist Chance und Herausforderung zugleich, und es sind die Anforderungen, die der Markt an uns stellt. Diese greifen wir gerne und mit viel Engagement auf. Interview Ihr Vorstandskollege Dr. Ulrich Dohle hat in der vergangenen Ausgabe des MTU Report angekündigt, dass Tognum in den nächsten Jahren neben Dieselmotoren auch verstärkt Gasmotoren entwickeln wird. Wie sehen Sie die Entwicklung des Gasmotors? Für mich stellt sich nicht mehr die Frage, ob Gas der Treibstoff der Zukun ist, sondern wann er in welcher Anwendung zum Einsatz kommt. Die Ölvorkommen sind begrenzt und Gas wird es noch lange geben, daher müssen wir irgendwann umsteigen. Doch bei aller Euphorie sollten wir bedenken, dass wir unter anderem gerade für mobile Anwendungen noch Probleme mit der Infrastruktur bei Gas haben: Es ist eben etwas anderes, ob ich meine mit Gasmotoren ausgestattete Fähre in den norwegischen Fjorden mit immer gleichen Zielhäfen betreibe oder weltweit mit gasangetriebenen Schiffen unterwegs sein will und auf eine gut ausgebaute Gasinfrastruktur an jedem Ort angewiesen bin. Auch wird die Entwicklung der Rohstoffpreise von Öl und Gas eine Rolle spielen, wann und wo eine Umstellung auf Gas wirtschalich Sinn macht. Daher wird der Dieselmotor noch jahrzehntelang eine wichtige Rolle spielen. Sein Anteil im Gesamtmarkt wird zwar langfristig schrumpfen, aber groß genug bleiben, so dass wir weiterhin alles daran setzen, ihn noch sauberer und effizienter zu machen. Haben Sie schon ein Lieblingsprodukt bei Tognum? Ich habe bisher noch kein Produkt gefunden, das mich nicht begeistert. Tognum hat tolle Produkte: seien es die Yachtmotoren, die Powerpacks für Züge, Energieanlagen oder die großen MarineMotoren. Alle für sich genommen sind technische Meisterwerke. Technik und Innovation begeistern mich eben. Aber das ist auch kein Wunder, sonst wäre ich wohl nicht schon seit über 20 Jahren in der Industrie tätig. Dr. Michael Haidinger verantwortet seit Sommer 2012 das weltweite Geschä mit den Produkten der Marken MTU und MTU Onsite Energy sowie das Distributions- und Servicegeschä von Tognum. INTERVIEW: LUCIE MALUCK BILD: ROBERT HACK MTU Report 03/12 I 11 Nachrichten Unter www.mtuonsiteenergy.com finden Kunden und Interessierte Lösungen und Produkte rund um die dezentrale Energieerzeugung. Neue Website für MTU Onsite Energy MTU Onsite Energy hat eine neue Website. Unter www.mtuonsiteenergy.com haben Interessenten die Möglichkeit, noch schneller Produkte und Lösungen rund um dezentrale Energieversorgung zu finden. Neben verbesserter Navigation und der neuen Rubrik „Lösungen“ mit Beschreibungen zu Anwendungen und Märkten ist auch ein Project Center in Arbeit. Dieses hat zum Ziel, Projektmanagern, Ingenieuren und Fachkräen Zugang zu weiteren technischen Informationen zu bieten, um beispielsweise einfacher Leistungsberechungen durchzuführen. Die Seite passt sich automatisch an das Endgerät des Nutzers an, wird also in optimaler Größe auf dem jeweiligen Display angezeigt. Informationen können so bequem über den Webbrowser am PC, Laptop, Tablet oder Smartphone abgerufen werden. Im Zuge der Neugestaltung des Webauritts wurden auch relevante Inhalte aktualisiert und überarbeitet. Interessierte Besucher erhalten auf den Produktseiten detaillierte Informationen zu verfügbaren Komplettsystemen basierend auf MTU Gas- und Dieselmotoren und den dazu passenden Serviceleistungen. Die neue Rubrik „Lösungen“ beschreibt verschiedene Anwendungen und Märkte, in denen MTU Onsite Energy-Produkte eingesetzt werden können. Die neue Website von MTU Onsite Energy passt sich der Größe der Seiten und an das jeweilige Endgerät automatisch an. 12 I MTU Report 03/12 SKL Motor wird zu MTU Reman Technologies Aus alt wird neu: Remanufacturing macht Motoren, die die erste Phase ihrer Lebensdauer erreicht haben, so gut wie neu: Die MTU Reman Technologies GmbH in Magdeburg ist das Technologiezentrum der Tognum-Gruppe für die serienmäßige Wiederaufarbeitung von MTU-Motoren und Komponenten. Im Jahr 2008 hat Tognum die SKL Motor GmbH in Magdeburg übernommen und den Standort auf die standardisierte Aufarbeitung von MTU-Motoren und -Komponenten ausgerichtet. Jetzt spiegelt auch der Name des Unternehmens diese Aktivitäten wieder: MTU Reman Technologies. „Wir haben in den vergangenen Jahren über 20 Millionen Euro investiert“, so Wilfried Probian, Geschäsführer von MTU Reman Technologies. Das Remanufacturing von Motoren, die beispielsweise in Stromaggregaten und Hochgeschwindigkeitszügen tausende Stunden Spitzenleistungen vollbrachten, spart nicht nur Geld, sondern auch Rohstoffe. Die Motoren werden zerlegt und die einzelnen Teile so aufgearbeitet, dass sie einem fabrikneuen Teil ebenbürtig sind. Defekte Komponenten und Verschleißteile werden durch neue ersetzt. Nach nur wenigen Wochen erhält der Kunde einen quasi neuen Motor, der einen kompletten Prüflauf hinter sich gebracht hat. Aber nicht nur ganze Motoren, auch einzelne ausgebaute Komponenten werden aufgearbeitet und als Reman-Teile weiterverwendet. Des Weiteren forscht die Tognum-Gruppe in Magdeburg an den Motoren der Zukun. An Einzylinderprüfständen werden neue Brennverfahren, Brennraumgeometrien oder alternative Krastoffe untersucht. 148 junge Menschen haben in diesem Jahr bei Tognum und den Tochtergesellschaen im In- und Ausland mit der Lehre oder dem dualen Studium begonnen. Unsere Neuen 148 junge Menschen haben in diesem Jahr bei Tognum und den Tochtergesellschaen im In- und Ausland eine Lehre oder ein duales Studium begonnen. „Wir entwickeln, produzieren und warten hochwertige Motoren und Energieanlagen. Dazu benötigen wir qualifiziertes Personal. Mit dieser Investition in die Zukun leistet das Unternehmen einen wichtigen Beitrag, um dem Fachkräemangel entgegenzuwirken“, erklärt Ingo Metzer, TognumPersonalleiter anlässlich des Ausbildungsstarts im MTU-Leitwerk in Friedrichshafen. Dort startete auch der Großteil der MTU-Auszubildenen in das Berufsleben. Doch zum ersten Mal bildet auch Tognum America am Standort Aiken sechs Berufsanfänger zu Industriemechanikern aus. Das Programm, das in Zusammenarbeit mit dem Aiken County School District, dem Aiken County Career and Technology Center und dem Aiken Technical College entsteht, verbindet High-School-Ausbildung, Technikunterricht im Klassenzimmer und praktisches Lernen im MTU-Werk in Aiken, angelehnt an das in Deutschland übliche duale Ausbildungsmodell. Bereits seit Anfang des Jahres 2012 lernen fünf Auszubildende bei MTU Südafrika die Feinheiten der Motorenmontage und des Motorenservices. Drei Berufsanfänger starteten bei Tognum Asia. MTU Report 03/12 I 13 Nachrichten Grünes Krankenhaus Das neue Generatoraggregat MTU Onsite Energy 400 kW 8V Baureihe 1600 hat einen besonders hohen Brennstoffwirkungsgrad und ist zudem belastbar und flexibel. Bronze-Aggregat MTU Onsite Energy erhielt eine Bronze-Auszeichnung beim 8. Jahreswettbewerb „Produkt des Jahres“. Ausgezeichnet wurde das Dieselgeneratoraggregat, das auf dem Motor MTU 8V Baureihe 1600 basiert. Die Auszeichnung wird von der Fachzeitschri „Consulting-Specifying Engineer“ für die besten Produkte verliehen, die 2011 eingeführt wurden. Das Bronze-Generatoraggregat hat einen hohen Brennstoffwirkungsgrad, eine hohe Belastbarkeit und große Flexibilität im wichtigen Leistungsbereich von 400 Kilowatt. Um maximale Flexibilität in verschiedenen Anwendungen zu gewährleisten, erreicht das Aggregat für den Reservebetrieb einen mittleren Lastfaktor von 85 Prozent bei schwankender Last über 24 Stunden — gegenüber dem typischen mittleren Lastfaktor von 70 Prozent über 24 Stunden. Deshalb eignet es sich ideal für anspruchsvolle Anwendungen, wie zum Beispiel als Notstromaggregat. Eine Kra-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage von MTU Onsite Energy macht das Turgutlu Public Hospital zum ersten „grünen” Krankenhaus der Türkei. Basierend auf Gasmotoren der Baureihen 400 und 4000 von MTU Onsite Energy liefert die Anlage 1.235 Megawatt elektrische und 1.350 Megawatt thermische Energie – genug, um das 300-Betten-Krankenhaus mit Strom und Warmwasser zur Klimatisierung zu versorgen. Die Anlage ist in dreierlei Hinsicht eine Premiere: Sie ist nicht nur die erste ihrer Art in der Türkei und die erste Anlage des Landes zur Stromversorgung eines öffentlichen Krankenhauses. Sie ist darüber hinaus die erste Anlage, die außerhalb des strengen türkischen Lizenzierungssystems im Einsatz ist. Mit der Vergabe von Lizenzen für die Energieerzeugung will die Behörde zur Regulierung des Energiemarktes, die Energy Market Regulatory Authority (EMRA), die Energiepolitik verbessern und die Energieeffizienz in Land steigern. Damit für einen Betrieb in der Türkei keine Stromerzeugungs-Lizenzgebühr anfällt, müssen Anlagen einen Wirkungsgrad von mindestens 80 Prozent erreichen. Mit einem Wirkungsgrad von nahezu 90 Prozent wurde die MTU-Anlage des Turgutlu Public Hospital die erste lizenzfreie Stromerzeugungseinrichtung des Landes. „Wir erwarten, dass sich die Investition des Krankenhauses in weniger als zwei Jahren bezahlt machen wird,” so Sadullah Iscanoglu von MTU Onsite Energy. Umweltfreundliche Aggregate von MTU Onsite Energy liefern Not- und Spitzenstrom für ein karibisches Einkaufszentrum. Shopping-Strom In der Dominikanischen Republik gibt es nicht nur einen Tourismus-Boom: In den vergangenen drei Jahren sind dort zudem vier neue Einkaufszentren der Extraklasse entstanden. Eins davon ist die Agor Mall. Die 120.000 Quadratmeter große, umweltfreundliche und energiesparende Anlage wurde im Sommer eröffnet und ihre Bauweise entspricht LEED-Standards (Leadership in Energy and Environmental Design). MTU Onsite Energy-Distributor Equipos Diesel, S.A. installierte im Einkaufszentrum eine Sieben-Megawatt-Notstromanlage. Sie besteht aus drei 1.750 Kilowatt starken Zwölfzylinder-Motoren der Baureihe 4000 und deckt den Bedarf an Not- und Spitzenstrom ab. Auch die Generatoraggregate entsprechen LEED-Standards: Sie haben Wärmetauscher, die speziell für ein Zusammenwirken mit der Anlage für Heizung, Lüung und Klimatechnik des Einkaufszentrums ausgelegt sind. Dieses Zusammenspiel ermöglichen MTU Onsite Energy-Bedienelemente mit offenem Protokoll: Es stellt Anschlussmöglichkeit, Betriebsbereitscha, Stabilität und Krastoffeffizienz sicher, wann immer die Generatoraggregate gebraucht werden. 14 I MTU Report 03/12 Kurz notiert: EPA Tier 3 und IMO Tier III für Yachtmotor MTU und Marina Barcelona 92 haben einen Vertrag zur Kooperation bei Service und Überholung von MTU-Yachtmotoren unterzeichnet. Kooperationspartner MTU und die spanische Reparaturwer Marina Barcelona 92 (MB92) haben einen Kooperationsvertrag unterschrieben. Dieser regelt die technischen und geschälichen Beziehungen zwischen beiden Parteien bei der Zusammenarbeit mit der Wer für den Service und die Überholung von MTUMotoren in Yachten, die die Wer anlaufen. Deshalb unterhält MTU ein Büro auf dem Wergelände. MB92 befindet sich im Hafen von Barcelona und ist weltweit eine der größten Weren für Überholung, Service und Wartung von Super- und Megayachten. Seit Ende 2011 hat MTU bei MB92 an Bord von mehr als 50 Yachten Unterstützung geleistet. Die MTU-Baureihe 2000 wird für die US-Emissionsstufe EPA Tier 3 (Freizeitschiffe) und für die internationale Emissionsstufe IMO Tier III weiterentwickelt. Die neue Motorengeneration 2000 M96 deckt einen Leistungsbereich bis 1940 Kilowatt (2600 bhp) ab und erfüllt IMO Tier II und EPA Tier 3 rein innermotorisch sowie IMO Tier III mit SCR-Abgasnachbehandlung. Trotz der geringeren Abgasemissionen ist der Krastoffverbrauch geringer als bei den Vorgängermodellen. Die Motoren sind in 2014 (EPA Tier 3 Freizeitschiffe) beziehungsweise Anfang 2016 (IMO Tier III) verfügbar. Ironmen für nächste Emissions-Generation Tognum wird die Arbeitsschiffsmotoren der MTU-Baureihe 4000 Ironmen für die US-Emissionsstufe EPA Tier 3 weiterentwickeln. Wie die heutige Generation werden auch die künigen Motoren als Varianten mit 8, 12 oder 16 Zylindern für dieselmechanischen und dieselelektrischen Antrieb sowie als Bordstromaggregat angeboten. Als mechanische Antriebsmotoren decken sie einen Leistungsbereich von 560 bis 2.000 Kilowatt ab, für den dieselelektrischen Antrieb und als Bordstromaggregat von 650 bis 2.000 Kilowatt. Die Motoren benötigen keine Abgasnachbehandlung. Ab Sommer 2013 sollen die ersten Varianten verfügbar sein. Baureihe 8000 mit 10 Megawatt MTU und Navantia betreiben in Cartagena/Spanien ein gemeinsames Schulungszentrum. Neues Trainingcenter MTU Ibérica und das spanische Schiffbauunternehmen Navantia haben im spanischen Cartagena ein gemeinsames Schulungszentrum eröffnet. Dies ist Teil einer langfristigen strategischen Kooperation beider Unternehmen und ergänzt die bestehenden Lizenzverträge für die Vermarktung und Fertigung von MTU-Motoren der Baureihen 396, 956 und 1163. Das Zentrum ist ein Bestandteil des weltweiten MTU-Servicenetzes mit seinen zahlreichen Schulungseinrichtungen und erfüllt entsprechend hohe Qualitätsstandards. Die Baureihe 8000 gibt es jetzt auch mit 10 Megawatt Leistung. Bisher lag die Höchstleistung des 20-Zylindermotors bei 9.100 Kilowatt. In einem projektspezifischen Dauerlauf über 1.500 Stunden bei tropischen Randbedingungen stellte der IMO Tier II-fähige Motor die Leistungssteigerung und seine Zuverlässigkeit unter Beweis. Die Baureihe 8000 deckt nun ein Leistungsspektrum von 7.200 bis 10.000 Kilowatt ab. MTU ist damit in der Lage, wirtschaliche Antriebslösungen auf Basis von Dieselmotoren bis zu 40 Megawatt pro Schiff anzubieten. MTU Report 03/12 I 15 ▬▬▬ East Coast Main Line ▬▬▬ Great Western Main Line Inverness Aberdeen Glasgow Edinburgh Vereinigtes Königreich Nordsee Newcastle Harrogate Hull Irische See Doncaster Lincoln Irland Kings Lynn Carmarthen Swansea Hereford Cardiff Bristol London Reading North Pole Plymouth Paignton Ärmelkanal Frankreich Die Bahnstrecke Great Western Main Line verläu von London nach Westengland und Südwales. Das Kernstück der Strecke geht bis Bristol. Die East Coast Main Line ist eine gut 600 Kilometer lange, elektrifizierte Hochgeschwindigkeitsstrecke von London über Peterborough, York und Newcastle ins schottische Edinburgh. 16 I MTU Report 03/12 Bahn Powerpacks und Wartung für britische Hochgeschwindigkeitszüge Ein Leben lang Es ist eines der größten Verkehrsprojekte der vergangenen Jahre in Großbritannien: das Intercity Express Programme, kurz IEP. Nach rund fünfjähriger Ausschreibungsphase hat das britische Verkehrsministerium im Juli 2012 beim britischen Konsortium Agility Trains 92 neue Züge mit 600 Wagen bestellt. Diese sollen auf den beiden Hauptbahnstrecken Great Western Main Line (GWML) und East Coast Main Line (ECML) fahren. Das von Hitachi Rail Europe angeführte Konsortium Agility Trains bekam den Zuschlag, den Hitachi Super Express Train zu entwickeln, zu bauen und 27,5 Jahre lang zu warten. Ab dem Jahr 2017 sollen die Züge auf der GWML und ab dem Jahr 2018 auf der ECML fahren. MTU ist bevorzugter Lieferant für 250 dieselelektrische Powerpacks und zudem während der gesamten Lebensdauer der Züge für die Wartung der Powerpacks verantwortlich. MTU Report 03/12 I 17 Bahn und mit äußerst zuverlässigen Powerpacks Teil des Intercity Express Programme und Partner von Hitachi zu werden“, sagte Tognum-Vertriebsvorstand Dr. Michael Haidinger anlässlich der gemeinsamen Pressekonferenz mit Hitachi im September 2012 auf der Bahnmesse Innotrans in Berlin. Die Hitachi Super Express Züge fahren entweder rein elektrisch oder bimodal. Dies bedeutet, dass sie auf elektrifizierten Strecken elektrisch fahren und immer dann, wenn keine Oberleitung verfügbar ist, die MTU-Powerpacks nutzen. Hitachi Rail Europe mit Sitz in der britischen Hauptstadt London ist eine Tochter von Hitachi Europe und gehört zum japanischen Hitachi-Konzern. Der japanische Shinkansen ist das bekannteste Beispiel für Hochgeschwindigkeitszüge aus dem Haus Hitachi. Der erste europäische Bahnaurag für Hitachi war eine Flotte von 29 britischen Hochgeschwindigkeitszügen der Baureihe 395. TEXT UND INTERVIEW: MIRKO GUTEMANN BILDER: HITACHI, TOGNUM, ROBERT HACK Ihre Fragen beantwortet: Alexander Kerschgens alexander.kerschgens@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-7042 M EM O Zur Fahrzeugfamilie des Super Express gehören neben rein elektrischen Zügen auch sogenannte bimodale Züge, die unter Oberleitung rein elektrisch und auf nicht elektrifizierten Strecken mit dieselelektrischem Antrieb fahren. Je nach Zuglänge erhalten diese bimodalen Züge drei (fünf Wagen), vier (acht Wagen) oder fünf (neun Wagen) Powerpacks, die sie von einer Streckenelektrifizierung unabhängig machen. Die rein elektrischen Züge sollen ebenfalls mit je einem Powerpack ausgerüstet werden. Dieses dient als Hilfsstromaggregat, um bei Störung der Oberleitung den nächsten Bahnhof zu erreichen und die Notstromversorgung des Zuges aufrechtzuerhalten. MTU liefert die Antriebe zwischen den Jahren 2013 und 2018 an Hitachi, der Wartungsvertrag läu ab dem Jahr 2017. „Tognum ist stolz, durch seine langjährige Erfahrung mit umfassenden Wartungsverträgen Lebenslange Wartung MTU gewährleistet die Verfügbarkeit der Antriebsanlagen über die gesamte Lebensdauer der Züge. Der dafür notwendige Komplettwartungsvertrag umfasst sowohl die präventive Wartung als auch anfallende Reparaturen und Grundüberholungen. Hierzu plant MTU, neben der speziell für dieses Projekt erweiterten Werkstatt in East Grinstead, eigenes Servicepersonal in den Zugdepots in North Pole (London) und Doncaster (South Yorkshire) zu stationieren. Bereits bei der jetzigen Generation der britischen Hochgeschwindigkeitszüge InterCity 125 hatte MTU die Motoren geliefert und mit einem ähnlichen Servicekonzept die komplette präventive und korrektive Wartung übernommen. Verantwortlich für den Service ist die britische Tochtergesellscha MTU UK mit Sitz in East Grinstead (West Sussex). MTU-Powerpack mit Baureihe 1600 18 I MTU Report 03/12 Die MTU-Powerpacks für die Hitachi-Triebwagen sind dieselelektrische Unterflurantriebe mit einer Leistung von jeweils 700 Kilowatt. Kern des Antriebspakets ist der MTU-Zwölfzylinder-Dieselmotor 12V 1600 R80L. Der Antrieb erfüllt die Emissionsgrenzwerte der seit 2012 gültigen EU-Stufe IIIB und ist mit SCR-Abgasnachbehandlung ausgerüstet. Das Powerpack enthält neben dem Motor und Generator alle für den Antrieb des Fahrzeugs nötigen Nebenaggregate. INT E RVIE W Jim Brewin (links) ist Entwicklungsingenieur bei Hitachi Rail Europe und erläutert im Interview die Anforderungen, die sowohl Hitachi als auch MTU beim IEP-Projekt erfüllen müssen. „Wir werden für Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bezahlt“ Mr. Brewin, als Entwicklungsingenieur bei Hitachi Rail Europe waren Sie technisch für den Einkauf der Generatoreinheiten im IEP-Projekt verantwortlich. Was waren die Kernanforderungen an die Powerpacks? Der verfügbare Bauraum war für die Fahrzeugdesigner von Hitachi der Ausgangspunkt aller technischen Anforderungen. Die Designer im Werk im japanischen Kasado haben definiert, was wir in Bezug auf Bauraum, Leistung und Schnittstellen zwischen Zug und Generatoreinheit brauchen. Unter Wartungsgesichtspunkten haben wir entschieden, dass die einfachste Lösung eine Einheit ist, die wir schnell ein- und ausbauen können – wie beim Boxenstopp in der Formel 1. Was waren die Argumente für das MTU-Powerpack? Bei jedem Lieferanten gab es Pro- und Kontra-Argumente. Mal war die technische Lösung besser, mal das Serviceangebot. Für uns war es wichtig, dass die Lösung ausgewogen ist. Gemeinsam mit den bietenden Lieferanten hat Hitachi diese erarbeitet und dabei nicht vorgegeben „Genauso muss es gemacht werden“ – wir haben von den potenziellen Lieferanten Vorschläge erwartet. Durch diese intensive Zusammenarbeit haben wir eine sehr gute Beziehung zu MTU aufgebaut und sind zuversichtlich, dass wir mit dem Powerpack erfolgreich sein werden. Warum hat Hitachi sich für ein Powerpack mit 700 Kilowatt entschieden, statt die Standardvariante mit 560 Kilowatt zu wählen? Die einfache Antwort ist mehr Flexibilität und Redundanz. Normalerweise betreiben wir die Motoren bei 560 Kilowatt Leistung. Aber wenn der Zug zum Beispiel einen Bahnhof verspätet verlässt, haben wir mit dem 700-Kilowatt-Powerpack Leistungsreserven, um diese Verspätung wieder aufzuholen. Oder wenn die Klimaanlage auf vollen Touren läu, können wir diese zusätzliche Leistung brauchen. Das macht uns flexibler. Hitachi hat auch strenge Anforderungen an niedrige Geräusche und Vibrationen der Generatoreinheiten gestellt. Warum? Der europäische TSI-Standard (Technical Specifications for Interoperability) ist sehr, sehr streng. Wenn ein Zug zum Beispiel einen Bahnhof verlässt, darf er eine bestimmte Lautstärke nicht überschreiten. Die Fahrgäste wollen außerdem möglichst wenig Vibrationen spüren. Diese Anforderungen zu erfüllen, ist eine große Herausforderung. Wir haben das auf unserem Prüfstand in Japan ausgiebig getestet und arbeiten gemeinsam mit MTU sehr hart daran, die Geräusche und Vibrationen zu minimieren. Wie werden Hitachi und MTU künig zusammenarbeiten? Der IEP-Vertrag beinhaltet die Wartung der Züge über 27,5 Jahre. Hitachi trägt die Gesamtverantwortung, MTU ist für die Wartung der Generatoreinheiten verantwortlich. Bei MTU arbeiten die Experten für die Powerpacks und wir wollen sicherstellen, dass diese über den gesamten Zeitraum eingebunden sind. Nur so können wir immer höchste Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit bieten. Und dafür werden wir bezahlt. MTU hat schon im Vorgängerprojekt HST (High Speed Trains) über viele Jahre seine Expertise mit Wartungsverträgen in Großbritannien beweisen können. Außerdem haben einige Kollegen von uns schon mit der Serviceorganisation von MTU zusammengearbeitet und gute Erfahrungen gesammelt. Das hat uns überzeugt. Es liegen zwar noch einige Herausforderungen vor uns, aber die Grundzüge der Zusammenarbeit sind klar und wir haben eine sehr gute Lösung für das Intercity Express Programme. MTU Report 03/12 I 19 Extreme Einsatzbedingungen von MTU-Motoren Hart am Limit Joggen bei minus zehn Grad: kalt, aber möglich. Bei minus 15 Grad: Da schmerzt das Atmen schon. Bei minus 20 Grad: Der Körper scha es nicht mehr, die kalte Lu zu erwärmen, bis sie die Lunge erreicht – das Joggen wird zum Gesundheitsrisiko. Bei plus 60 Grad ist es auch nicht ratsam, sich in der Natur zu verausgaben. Und steile Berge scheuen die meisten Jogger. Aber MTU-Motoren müssen immer laufen: sei es bei minus 60 Grad in der sogenannten Kältekammer Russlands oder wenn die Wellen auf dem Meer so hoch sind, dass andere Schiffe kentern. Selbst wenn die Erde bebt, dürfen sie nicht ausfallen. Um zu testen, ob die Motoren diesen extremen Bedingungen standhalten, simulieren MTU-Entwickler diese Bedingungen auf Prüfständen. Technologie MTU Report 03/12 I 21 Technologie Ein bizarres Bild: Wie aus dem Nichts bilden sich auf dem Motor auf dem MTU-Prüfstand 132 Eiskristalle. Erst nur wenige, dann immer mehr. Wie im Wintermärchen legt sich das Eis wie eine zweite Haut um den Motor. Nach wenigen Stunden ist aus dem silbernen Motor ein kristallweißes Kunstwerk geworden. Dann startet der Motor – und nach wenigen Minuten schmilzt das Eis zu Wasser. Winter im Motor Auf Prüfstand 132 wird das Startverhalten von MTU-Motoren bei extrem kalten Temperaturen getestet. Klimakompressoren kühlen den Kühlkreislauf des Motors auf äußerst frostige Temperaturen herunter. So können die Entwickler testen, wie der Motor bei unterschiedlichen Temperaturen startet. Um den Startvorgang zu verbessern, optimieren MTUEntwickler Einspritzdruck, Einspritzmenge und Einspritzzeitpunkt. Diese Daten werden im Motorregler hinterlegt und in Abhängigkeit der Außentemperatur und Kühlmitteltemperatur beim Motorstart angepasst. Gebraucht wird das zum Beispiel in Muldenkippern, die in der sibirischen Diamantenmine Aichal pausenlos im Einsatz sind. Nicht ohne Grund gilt diese Stadt in der Teilrepublik Jakutien als die Kältekammer Russlands. Einer Sage nach hat Gott, als er die Erde erschuf, einen Engel mit einem Sack voller Reichtümer nach Sibirien geschickt. Als dieser über Jakutien flog, gefroren ihm vor Kälte die Finger und er ließ alles fallen. Die ganzen Reichtümer – Gold, Silber und Platin, fielen auf die Erde. Aus Zorn über seinen Verlust strae Gott die Region mit einem eisigen Winter. Motoren an Kälte angepasst Wer in Aichal arbeitet, darf früher in Rente gehen. Die Mitarbeiter bekommen außerdem einen finanziellen Ausgleich und alle zwei Jahre einen Erholungsurlaub am Schwarzen Meer. Die Muldenkipper nicht. Bei eisigen Temperaturen von bis zu minus 60 Grad – da fällt es Menschen schon schwer, zu atmen – müssen sie zuverlässig ihren Dienst verrichten. „Zunächst war ich skeptisch, ob die leistungsfähigen Motoren von MTU dies wirklich können, aber sie laufen problemlos“, erzählt Vladimir Koyhevnikov, Chefingenieur des Minenbetreibers Alrosa. Nur alle 30.000 Stunden müssen sie überholt werden; nicht häufiger als MTU-Motoren in anderen Minen auch. Doch die Motoren sind speziell auf die Bedingungen in der eisigen Kälte Sibiriens vorbereitet. Da der in dieser Gegend verwendete Polardiesel einen Kerosinanteil von 60 Prozent hat und damit wesentlich dünnflüssiger als der sonst im Winter verwendete Winterdiesel ist, hat MTU die Injektoren so ausgelegt, dass der dünnflüssige Krastoff sie nicht zerstört. Jalousien vor dem Kühler verhindern, dass der Motor auskühlt. Sie sind vor den Kühler montiert und werden immer dann im Leerlauf geschlossen, wenn es zu kalt wird. Der Motorregler passt die Krastoffmenge und den Einspritzzeitpunkt zudem automatisch der Lutemperatur an. Außerdem wird beim Start in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur zusätzlich zur Haupteinspritzung die Voreinspritzung aktiviert. ***** Höhenkit für Einsatz in Chile Wer einmal im Hochgebirge unterwegs war kennt das Gefühl: Die Lu wird dünn, das Atmen fällt schwer. Der Anteil des Sauerstoffs in der Lu wird mit jedem Meter geringer. Ein geübter Bergwanderer merkt davon auch in 3.000 Metern Höhe nicht viel. Wer allerdings vorwiegend im Flachland unterwegs ist, dem fällt schon auf 1.500 Metern Höhe das Atmen schwer. So ähnlich geht es auch den Leopard-2-Panzern, die seit drei Jahren das Rückgrat der chilenischen Armee sind. In bis zu 4.300 Meter Höhe müssen sie trotzdem ihre Fahrleistungen bringen. Besonders für die Turbolader ist dies eine Herausforderung. Deren Drehzahl erhöht sich, aber sie fördern weniger Brennlu in den Motor. Die Folge: Die Abgastemperatur steigt und die Lebensdauer vieler Bauteile sinkt. Damit dies nicht passiert, sorgt ein neues Verdichterrad im Turbolader zusammen mit einer Temperaturüberwachung des Abgases mittels Sensoren dafür, dass der Motor nicht zu heiß wird. Die Motorleistung wird dabei kaum spürbar zurückgenommen. So kann das Triebwerk auch im Hochgebirge Höchstleistungen bringen. ***** 22 I MTU Report 03/12 « Zunächst war ich skeptisch, ob die leistungsfähigen MTUMotoren die Bedingungen in der Kälte Russlands aushalten können, aber sie laufen problemlos. » Vladimir Koyhevnikov, Chefingenieur Alrosa Winter auf dem MTU-Prüstand 132: Entwickler kühlen den Motor auf minus 25 Grad Celsius herunter, um sein Startverhalten bei diesen Temperaturen zu testen und zu verbessern. Das Wasser, mit dem die Oberfläche des Motors beschlägt, friert in nur wenigen Minuten zu einem Eispanzer. Nach dem Motorstart löst sich die weiße Pracht wieder auf. MTU Report 03/12 I 23 Extreme Schräglagen von Motoren Peitschende Welle, Gischt und eisige Temperaturen. Rettungsschiffe müssen meistens dann ausrücken, wenn die Wellen am höchsten sind und andere Schiffe mit den Bedingungen nicht mehr klarkommen. Damit die Schiffe nicht selbst zum Rettungsfall werden, können sie sich automatisch wieder aufrichten, sollten sie kentern. „Wir legen unsere Motoren speziell auf solch schwierige Einsatzbedingungen aus. Um sicher zu gehen, dass immer genug Öl zur Verfügu8ng steht, um die beweglichen Motorteile mit einem Schmierfilm zu überziehen, testen wir sie außerdem auf einem speziellen Schwenkprüfstand“, erklärt Dr. Carsten Baumgarten, Teamleiter Motorenversuch für die Baureihe 2000. Auf diesem Prüfstand werden Motoren in Schräglagen bis zu 45 Grad gebracht und in allen möglichen Last- und Drehzahlkombinationen getestet. Die Entwickler beantworten mit diesen Test-Fragen wie nach der Höhe des Öldrucks, dem Lugehalt im Öl oder der Menge des Öls in den Blowby-Gasen des Motors, die über die Kurbelgehäuseentlüung der Verbrennungslu zugeführt werden. Motoren, die in Muldenkippern oder Baggern eingesetzt werden, müssen bis zu 15 Grad Schräglage in jede Richtung überstehen. Bei Motoren für Schiffe liegt dieser Wert zum Teil noch deutlich höher. In gepanzerten Fahrzeugen müssen MTU-Motoren teilweise bis zu 45 Grad Schräglage aushalten. Hierfür sind sie mit einer speziellen Trockensumpfschmierung ausgestattet. Das Öl wird ständig aus der Ölwanne in einen kleineren Behälter gepumpt, aus dem es in den Motor gelangt. So wird sichergestellt, dass immer genug Öl in den Motor gelangt. Damit Fahrzeuge – seien es Panzer oder Muldenkipper -- auch in der dünnen Lu in über 4.000 Metern Höhe zuverlässig fahren, werden sie mit einem speziellen Höhenkit ausgestattet. Noch eine Nummer härter hat es die Motoren erwischt, die beispielsweise die Rettungsboote der britischen Seenotrettungsgesellscha „Royal National Lifeboat Institution“ antreiben. Sie müssen sich um die eigene Längsachse drehen und trotzdem weiterlaufen. Kein leichtes Unterfangen, denn durch das Kentern kann Motoröl über die Kurbelgehäuseentlüung in die Zylinder gelangen, das dann unkontrolliert verbrennt. MTU-Konstrukteure haben daher die Kurbelgehäuseentlüung und die Räume für das Motoröl so gestaltet, dass bei der 360-Grad-Drehung kein Öl in den Ansaugtrakt gelangt. ***** Die Schiffe der britischen Seenotrettungsgesellscha RNLI müssen o dann auf See, wenn andere Schiffe kentern und die Bedingungen am härtesten sind. Notstrom nach einem Erdbeben Und was ist, wenn die Erde bebt? Notstromaggregate – egal, ob sie in Kernkrawerken, in Rechenzentren oder in Krankenhäusern die Stromversorgung absichern – dürfen dann nicht ausfallen. In Kalifornien wackelt die Erde 10.000 Mal im Jahr und auch im Rest der Welt sind Erdbeben keine Seltenheit. Das müssen auch die Stromaggregate von MTU Onsite Energy aushalten. Die Entwickler von MTU Onsite Energy im amerikanischen Mankato haben daher kürzlich auf einem speziellen Prüfstand ein Erdbeben simuliert. Auf einem Prüisch wurde ein Aggregat mit einem 3.250 Kilowatt starken MTU-Motor der Baureihe 4000 einem heigen Erdbeben ausgesetzt. Das Ergebnis: Vor, und noch viel wichtiger, auch nach dem Erdbeben lief das Aggregat und tat das, was es in so einem Fall machen muss: Strom liefern. Das Aggregat erfüllt somit die Vorgaben des International Building Codes (IBC). ***** Bis zum Anschlag Den ultimativen Härtetest haben MTU-Entwickler kürzlich mit einem Motor der Baureihe 890 durchgeführt. Sie haben eine Bergabfahrt simuliert und dabei die Drehzahl des Motors gesteigert, bis er ausgefallen ist. „Bei 5.555 Umdrehungen pro Minute mussten wir den Versuch aufgrund eines mechanischen Schadens abbrechen“, erzählt Frank Skrzypinski, MTU-Teamleiter für Motorversuche. Trotzdem „Approved“? „Ja“, ist Skrzypinski überzeugt. „Denn das sind 800 Umdrehungen pro Minute über der Drehzahl von 4.700, für die der Motor ausgelegt ist.“ TEXT: LUCIE MALUCK BILDER: DENNIS GERING, ROBERT HACK, TOGNUM, RNLI Technologie Mehr dazu... Ein Video über die Simulation eines Erdbebens auf dem Prüfstand. Sie haben keinen QR-Codeleser? Besuchen Sie http:// bit.ly/TCDUwq ONLINE Bis zu 45 Grad können MTU-Entwickler Motoren auf einem Prüfstand schräg stellen. Damit können sie harte Einsatzbedingungen, wie Bergaufoder Bergabfahren oder hohe Wellen simulieren. MTU Report 03/12 I 25 Technologie Fertigung eines Zylinderkopfs der Baureihe 2000 →Wie machen wir ...einen Zylinderkopf 26 I MTU Report 03/12 Am Anfang war ein viereckiges Rohteil aus Gusseisen – und eine Konstruktionszeichnung. In dieser stehen die exakten Maße. Daraus wird innerhalb von eineinhalb Tagen ein Zylinderkopf. Aber wie? 700 Grad Celsius Abgastemperatur und Zünddrücke über 200 Bar – beides muss ein Zylinderkopf aushalten, wenn der Motor läu. Er schließt den Brennraum nach oben hin zum Zylinderkopfdeckel ab. Im Zylinderkopf sitzen die Ein- und Auslassventile sowie die Einspritzdüse. Deshalb muss nicht nur das Material des Zylinderkopfs absolut hochwertig sein, er muss auch mit höchster Präzision gefertigt werden. Die virtuelle Fertigung Das Bohren und Fräsen beginnt nicht erst an der Maschine, sondern am Computer. Jeder Fräsund Bohrschritt, den das Bearbeitungszentrum macht, um aus dem Rohteil einen Zylinderkopf zu fertigen, wird vorher im Programm ProEngineer und NCSimul programmiert und simuliert. Bernd Scherer ist solch ein virtueller Fertiger. Er ist Produktionsplaner und NC-Koordinator bei MTU. Er beschreibt den Arbeitsablauf des Programmierens: Wie der Mitarbeiter an der Maschine sucht er sich zunächst im Computer die richtigen Werkzeuge aus dem Werkzeugverwaltungssystem zusammen, mit denen er bestimmte Flächen fräsen oder bohren möchte. Dann legt er den dreidimensionalen Zylinderkopf auf den virtuellen Bearbeitungstisch in das virtuelle Spannmittel. Mit wenigen Klicks gibt er in dem Programm ProEngineer an, wo die Maschine wie weit und wie viel der Oberfläche abfräsen und wo welche Löcher gebohrt werden sollen. „Das System hil, immer die richtigen Maße zu verwenden“, erklärt Scherer. Anschließend programmiert er den nächsten Schritt. „Das Knifflige an der Programmierung ist, die perfekten Bewegungsabläufe in der Maschine zu finden, so dass sämtliche Flächen effizient bearbeitet werden und ein wirtschalich und technologisch perfektes Programm entsteht“, erklärt der Fachmann. Simulation am Computer Um zu kontrollieren, ob die Programmierung stimmt, simuliert er die Bearbeitung des Zylinderkopfes am Computer. Dabei sieht er genau, wie sich das Werkzeug bewegt und wo es eventuell zu Kollisionen zwischen Werkstück und Maschine kommen kann. Ein großer Vorteil, denn bei der realen Fertigung führt jede Kollision zu großen Schäden an der Maschine, am Werkzeug und am Werkstück. Schritt für Schritt zum Zylinderkopf Dann geht’s los. Die virtuelle Fertigung im Computerprogramm ProEngineer wird auf die reale Bearbeitungsmaschine übertragen. Genau genommen sind es zwei Bearbeitungsmaschinen, in denen Schritt für Schritt aus dem Rohling ein Zylinderkopf wird. Ein Mitarbeiter legt das Gussteil des Zylinderkopfs auf die Spannvorrichtung des ersten Bearbeitungstischs. Er schließt die großen Schiebetüren der Fräsmaschine und startet sie. Jetzt geht alles automatisch. Ein Fräser fährt an der Oberfläche entlang und fräst Stück für Stück das Material ab. Zu sehen ist davon so gut wie gar nichts. Kühlschmierstoff, der zum Kühlen und Schmieren benötigt wird, spritzt an die Scheiben der Maschine. Das erste Bearbeitungszentrum bearbeitet nacheinander die Ober- und auf dem zweiten Bearbeitungstisch die Unterseite des Rohteils. Anschließend misst der Mitarbeiter die wichtigsten Bohrungs-, Fräs- und Abstandsmaße ab, um zu sehen, ob der Prozess und die Werkzeuge in Ordnung sind. Bearbeitung in mehreren Schritten In der zweiten Bearbeitungsmaschine folgt die Bearbeitung der Flächen und Bohrungen am Umfang. Anschließend reinigt eine Waschmaschine den Zylinderkopf. Ein Mitarbeiter setzt dann in die Grundbohrungen die Ventilführungen und Ventilsitzringe ein. Daraufhin wird das Gussteil auf Fehlstellen, Risse und andere Beschädigungen überprü, verputzt und entgratet. Auf dem zweiten Bearbeitungszentrum werden unter anderem die Bohrungen der Ventilführungen sowie der Ventilsitz gemeinsam fertig bearbeitet, um eine exakte Flucht zu erzielen. Die Fertigung und das anschließende Messen dieser Merkmale auf den Hundertstelmillimeter garantieren die einwandfreie Funktion der Ventile. Ein zweiter Waschgang erfüllt die Anforderungen der technischen Sauberkeit. Am Montagearbeitsplatz montiert ein Mitarbeiter schließlich Schutzhülse und die Verschlussdeckel. Wenn das Bauteil die anschließende Dichtheitsprüfung übersteht, ist es bereit für den letzten Arbeitsschritt, die Montage der Ein- und Auslassventile, durch die die Lu in und die Abgase aus den Brennkammern strömen. Jetzt ist der Zylinderkopf gerüstet für ein ausdauerndes und kravolles Arbeiten am Motor. Im Rohzustand kommen die Zylinderköpfe aus der Gießerei bei MTU an. Erst nach der Flächenbearbeitung und den Umfangsbohrungen kann der Zylinderkopf in die Montage. Ein MTU-Mitarbeiter entgratet die Bohrungen, das heißt, er entfernt Kanten und Splitter an dem Werkstück. TEXT: KATRIN BECK BILDER: ROBERT HACK Ihre Fragen beantwortet: Bernd Scherer, bernd.scherer@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-3464 MTU Report 03/12 I 27 Turmdrehkräne beim Bau vom Tower 3 des World Trade Centers „Tribute in Light“ war ursprünglich ein nur vorübergehend installiertes Lichtdenkmal aus 88 Scheinwerfern, die vom 11. März bis zum 14. April 2002 neben dem ehemaligen World Trade Center-Standort Ground Zero platziert waren. So entstanden zwei vertikal in den Himmel strahlende Lichtsäulen, die die Türme des zerstörten World Trade Centers nachbildeten. Seit dem Jahr 2003 erleuchten sie jede Nacht vom 10. auf den 11. September den New Yorker Nachthimmel. 28 I MTU Report 03/12 Elf Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kla Ground Zero noch immer als offene Wunde mitten in New York. Eine Wunde, an die jedes Jahr am 11. September zwei blaue Lichtsäulen erinnern, genau an den Stellen am Himmel über Manhattan, an dem die Zwillingstürme des World Trade Centers standen. Doch die Zeichen auf Heilung sind unübersehbar. Erst gruben sich Baggerschaufeln an der bedeutungsschwersten Baustelle der USA in die Erde, jetzt lassen mächtige Kräne Stahlträger durch die Lu schweben. Die Amerikaner bauen ihr World Trade Center wieder auf. Industrie Aufbauhelfer MTU Report 03/12 I 29 Industrie Plötzlich war alles anders: Ein Flugzeug erschien viel zu tief über dem Fluss. Es setzte seinen Sinkflug fort, hielt Nordwestkurs direkt auf Manhattan. Die Arbeit auf der Baustelle kam zum Erliegen. Die Arbeiter, ebenso wie Delor Cornell, beobachteten den Einschlag des Flugzeugs im World Trade Center. Es war ein Moment, den die Welt nie vergessen sollte. Doch die Amerikaner bauen ein neues World Trade Center – mit den Kränen von Cornell & Company. „Dieses Projekt hat eine große Bedeutung für uns und unsere Chefin“, sagt Don Garrahan, Geschäsführer von Cornell & Company. „Es ist eine große Ehre, denn der Schock über das gesamte Erlebnis sitzt noch immer tief.“ Hoch hinaus Das neue World Trade Center wird fünf Wolkenkratzer umfassen, dazu das National September 11 Memorial & Museum, 50.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche und ein Zentrum der darstellenden Künste. Drei große Drehkräne von Cornell & Company sind gegenwärtig im Einsatz an Tower 3, dem dritthöchsten Gebäude des neuen World Trade Centers. Mit 80 Stockwerken wird Tower 3 eine Bürofläche von 260.000 Quadratmetern bieten, verteilt über 53 Etagen und fünf Börsensäle. Im Sommer 2014 soll der neue Turm fertig sein. Dann wird der glänzende neue Wolkenkratzer das Zentrum der verschiedenen Gebäude rund um das Memorial bilden. Cornell & Company vermietet ihre Turmdrehkrane TG2300-B an die Falcon Steel Corporation zum Aufbau des Tower 3. Jeder TG2300-B hat eine Hebekapazität von mindestens 230 Tonnen und eine maximale Auslegerlänge von 73 Metern. Die Kräne sind modular aufgebaut. Wenn das Gebäude in die Höhe wächst, kann der Kran mitwachsen – durch Anheben und Aufsetzen eines zusätzlichen Turmsegments. Effizienterer Betrieb Als eine der am dichtesten bevölkerten Städte Amerikas legte New York mit dem Gesetz Local Law 77 strenge Grenzwerte fest, um die Auswirkung von Abgasemissionen auf die menschliche Gesundheit zu verringern. Die Vorschri der Stadt verlangt von den Betreibern dieselge- «Heute braucht man einen Motor auf dem neuesten technischen Stand, da war die Tier 3-konforme Baureihe 60 die richtige Wahl. » Don Garrahan, Geschäsführer von Cornell & Company triebener Maschinen die Verwendung von Krastoff mit ultraniedrigem Schwefelgehalt (ULSD), den Einbau von Dieselpartikelfiltern (DPF) und die Erfüllung der EPA-Dieselemissionsvorschrien für Tier 3. Die alten 12V71T-Zweitakter von Detroit Diesel zum Antrieb der Kräne von Cornell & Company waren einfach aufgebaut und zuverlässig, aber sie verbrannten den Krastoff nicht so sauber und effizient wie die heutigen modernen Viertakt-Dieselmotoren. Aufgrund ihrer Konstruktion verbrauchten die 12V71T-Motoren eine Menge Krastoff, und ihre Abgasemissionen waren zu hoch für die Grenzwerte von EPA oder Local Law 77. Um Bauauräge in New York zu gewinnen, brachte Cornell & Company die Motoren seiner Kräne auf einen modernen Stand. Ein neues Gesicht für Ground Zero Bis zum 11. September 2001 war das World Trade Center das Wahrzeichen der New Yorker Skyline. Dann kam der Moment, der nicht nur die Türme zerstörte, sondern Amerika bis ins Mark verletzte. Doch seitdem sind elf Jahre vergangen und die Amerikaner bauen auf dem Gelände des ehemaligen World Trade Centers einen neuen Gebäudekomplex. Herzstück des Areals ist der Wolkenkratzer One World Trade Center, der in der Anfangszeit des Projekts den Namen Freedom Tower trug und als höchstes Gebäude New Yorks die Skyline von Manhattan prägen wird. Den Hauptturm flankieren drei weitere etwas kleinere Hochhäuser, die Tower 2, 3 und 4. Ein etwas abseits gelegenes Hochhaus des World Trade Centers war bereits 2006 wiederaufgebaut worden. Im Schatten der Riesen aus Glas und Stahl erinnert in einem Hain aus Eichenbäumen ein Mahnmal an die Anschläge: zwei Granitbecken, die in den viereckigen Fußstapfen der eingestürzten Zwillingstürme eingelassen sind. An den Seitenwänden sollen sich Wasserfälle in die Tiefe ergießen, auf Bronzeplatten am Rand sind die Namen der Opfer eingraviert. MEMO Der Morgen des 11. September 2001 war für die Kranfirma Cornell & Company ein normaler Routinetag. Die Kräne waren beim Bau eines Hochhauses in Jersey City, auf der anderen Seite des Flusses genau gegenüber von Manhattan, im Einsatz. Nach einem endlos langen Aufstieg über die Turmleiter hatten die Kranführer ihren Arbeitsplatz erreicht und hoben Stahlträger in den hellen, sonnigen Himmel. Unten auf dem Boden arbeiteten Hunderte von Bauarbeitern. Delor Cornell, die Eigentümerin von Cornell & Company, war auf dem Weg zu einem Termin in Manhattan. New York bekommt eines seiner Wahrzeichen zurück. Derzeit arbeiten tausende Menschen und Maschinen daran, den neuen World Trade Center-Gebäudekomplex zu bauen. MTU Report 03/12 I 31 Leistung und Effizienz Die Motorenbaureihe 60 von MTU hat sich auf Baustellen in aller Welt bewährt und setzt Standards für Leistung, wirtschalichen Krastoffverbrauch und niedrige Emissionen. Mit 525 PS bei einer Drehzahl von 2.100 Umdrehungen pro Minute und einem Drehmoment von 1.780 Newtonmeter liefern die neuen Tier 3-Motoren der Baureihe 60 für die Kräne von Cornell & Company 17 Prozent mehr Drehmoment im unteren und mittleren Drehzahlbereich als die alten Zweitakter des Typs 12V71T von Detroit Diesel. Zwar sind die alten und neuen Motoren in Größe, Gewicht und Hubraum (14 Liter) vergleichbar, doch erzeugt der Tier 3-Motor der Baureihe 60 mehr Abwärme, was einen speziell ausgelegten Kühler mit einigen Änderungen am Chassis des Krans erforderte. Die Baureihe 60 bietet auch eine stark verbesserte Krastoffeffizienz und ist von der EPA nach der Emissionsnorm Tier 3 zertifiziert. Entsprechend der Umweltschutzverordnung von New York City sind die Motoren mit Dieselpartikelfiltern ausgerüstet, um den Partikelanteil im Abgas weiter zu reduzieren. MEMO Kräne von Cornell & Company helfen dabei, den Tower 3 des neuen World Trade Centers zu errichten. Um die strengen Umweltanforderungen der Stadt New York zu erfüllen, hat der Betreiber seine Kräne mit MTU-Motoren der Baureihe 60 umgerüstet. Industrie Für den ersten Test kaue Cornell Cranes einen MTU-Motor der Baureihe 60 und installierten ihn in einem der Turmdrehkräne vom Typ TG1900. „Wir sahen uns auch bei anderen Motorenherstellern um, aber der beste Service und die größte Hilfe kam von Johnson & Towers, dem örtlichen MTU-Distributor“, erzählt Garrahan und ergänzt: „Dort bekamen wir, was wir brauchten: ein hervorragendes Produkt und exzellenten Service. Gute Motoren, gute Leute und eine hohe Einsatzbereitscha führten uns zum Erfolg.” Verbesserungen auf ganzer Linie Schon nach dem Einbau des ersten Motors machten sich die Verbesserungen in puncto Leistung, Geräusch, Abgasemission und Krastoffeffizienz. „Heute braucht man einen Motor auf dem neuesten technischen Stand, und die Tier 3-konforme Baureihe 60 ist dafür die richtige Wahl. Wir bekamen die für unsere Arbeit erforderliche Leistung und Durchzugskra bei verringertem Dieselverbrauch – fast die Häle weniger. Auf dieser Baustelle mit drei Kränen bedeutet das eine Krastoffersparnis von circa 500 Dollar pro Tag, das sind 90.000 bis 100.000 Dollar pro Jahr“, rechnet Garrahan vor. « Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir zusammengearbeitet haben, um die Lu reiner zu machen. » dabei, einen im Gesetz zur Reduzierung von Partikelemissionen vorgesehenen Bundeszuschuss zu beantragen. Der Zuschuss deckte 75 Prozent der Kosten für die neuen Motoren und ebnete den Weg für die Modernisierung der 18 Turmdrehkräne. Cornell & Company erwartet, dass die Stickoxid-Emissionen um 30 Tonnen pro Jahr reduziert und Partikelemissionen in Höhe von 1,5 Tonnen pro Jahr vermieden werden. Bob Shomo, Sprecher des MTU-Distributors: „Cornell & Company ist der einzige Kranbetreiber in Amerika, der einen solchen Einsatz für die Umwelt zeigt. Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir zusammengearbeitet haben, um die Lu reiner zu machen. Und nicht zuletzt war Cornell & Company damit der Konkurrenz einen Schritt voraus.“ Höher und weiter Die neumotorisierten Kräne arbeiten zur Zeit hart an der Errichtung des Stahlfundaments für Tower 3 des World Trade Centers. Sie sind an fünf Tagen in der Woche im Einsatz, manchmal im Zweischichtbetrieb. Jeder Kran hebt Stahlkomponenten mit einem Gewicht von mehr als 50 Tonnen, und das unzählige Male am Tag. Garrahan sagt: „Die Kräne arbeiten acht bis zehn Stunden am Tag. Zuverlässigkeit und Einsatzsicherheit sind die springenden Punkte. Der Kran entscheidet über den Baufortschritt. Er bestimmt das Tempo des gesamten Projekts.“ Bob Shomo, Senior Vice President Engine Sales Johnson & Towers, Inc. Motorlärm war ein spezielles Thema – denn diese Kräne arbeiten acht oder mehr Stunden am Tag im dicht bevölkerten Manhattan. Der Tier 3-Motor der Baureihe 60 ist deutlich leiser als die alten 12V71T-Zweitakter von Detroit Diesel. „Dieser Motor hält die in der Stadt zulässigen Geräuschpegel ein. Der Kran fühlt sich damit wie neu an“, sagt Garrahan. „Wir versuchen immer, Geräuschpegel unterhalb des typischen Straßenlärms einzuhalten, damit die Menschen vom Kraneinsatz nichts mitbekommen.“ Eine enorme Herausforderung Drei Kräne mit neuen Motoren auszurüsten, war eine Sache, aber gleich eine ganze Flotte von 18 Kränen zu modernisieren, eine ganz andere. Schließlich ging es um hohe Investitionskosten für Cornell & Company. Da das Neumotorisierungsprojekt eine bedeutende Auswirkung auf die Luqualität an Baustellen in New York und im Nordosten der USA haben würde, half der MTUDistributor Johnson & Towers dem Kranbetreiber Im Herbst 2012 haben die drei Kräne ihren Einsatz begonnen und sie werden bleiben, bis im Winter 2013 der letzte Träger gesetzt ist. Bisher sind laut Garrahan die Bauarbeiten gut im Zeitplan. Für jeden bei Cornell & Company ist es eine Ehre, auf der Baustelle in Manhattan zu arbeiten. Schließlich wird hier nicht einfach ein beliebiger Wolkenkratzer hochgezogen. Es geht darum, Hoffnung und Mut vieler Amerikaner wieder aufzubauen. „Wir sind sehr stolz darauf, an dem Projekt beteiligt zu sein“, sagt Garrahan. „Für mich ist es ein großes Privileg. Für Delor Cornell ist dieses Gefühl noch stärker, denn sie war noch näher dran, als das Unglück geschah. Und jetzt sind wir dabei, dieses Stück unseres Landes wieder aufzubauen.“ TEXT: CHUCK MAHNKEN BILDER: CORNELL COMPANY, FOTOLIA, GETTY IMAGES Ihre Fragen beantwortet: David Combs, david.combs@tognum.com Tel. +1 248 560 8182 MTU Report 03/12 I 33 Mobiler Müllverdichter mit Antrieb von MTU Der Plattmacher Fahrzeuge von Bomag müssen täglich 3.500 Tonnen Müll zusammenpressen. 34 I MTU Report 03/12 Jeden Tag gelangen annähernd 3.500 Tonnen Müll auf die Deponie der Stadt Riverview in Michigan. Der Müll kommt aus Detroit und 13 anderen Kommunen. Eigentlich könnten die Müllfahrer den Abfall einfach so auf die 160-Hektar große Fläche der Deponie abladen. „Dann jedoch wäre sie in kürzester Zeit voll und müsste geschlossen werden“, erzählt Ed Worrell, Deponieleiter der Stadt Riverview. Deshalb hat die Deponie in Riverview eine ganze Flotte an mobilen Müllverdichtern – schlicht: Plattmachern. Denn es zählt jeder Zentimeter. Sobald der Müllberg zu groß wird, wird die Deponie geschlossen. Um diesen Moment möglichst lange hinauszuzögern, sind in Riverview mehrere Müllverdichter an sechs Tagen in der Woche auf dem Müllberg unterwegs. Sie verdichten, quetschen und machen den Hausmüll platt, um Platz zu sparen. „Man kann nicht rückwirkend arbeiten und vor zwei Tagen abgelagerten Müll nachverdichten. Der Deponieraum ist verloren. Wenn man sich angewöhnt, nur den halben Verdichtungsaufwand zu betreiben, bleibt eine Deponie beispielsweise nur neun Jahre nutzbar und nicht 17 oder 18 Jahre“, sagt Worrell. Industrie Was für ein Job! Fahrzeuge von Bomag machen den ganzen Tag nichts anderes als Müll zu plätten – und das dank neuer Motoren aus dem Hause MTU besonders effizient und wirtschalich. Neu in der Reihe der Plattmacher ist ein Müllverdichter von Bomag. Mit der Kra eines MTU-Motors der Baureihe 500 verteilt, zerkleinert und verdichtet die robuste Maschine den Hausmüll über elf Stunden am Tag. „Als wir den Bomag testeten, hatte er stets die besten Ergebnisse“, schwärmt Worrell. Basierend auf Nutzfahrzeugmotoren von Mercedes-Benz, hat die im Müllverdichter eingesetzte MTU-Motorenbaureihe 500 eine Leistung von bis zu 440 Kilowatt und erfüllt die Emissionsanforderungen der US-amerikanischen Abgasstufe Tier 4i. Und dank des neuen Motors ist der Bomag schneller, er erklimmt die steilen Abhänge souverän, bewegt mehr Material und verdichtet größere Flächen. Emissionsarm und Krastoff sparend „Das Tier-4i-Paket und der Ruf von MTU und Mercedes-Benz machten den Motor attraktiv für uns, dazu kam die Stärke des weltweiten Servicenetzes von MTU. Besonders erfreut waren wir über die Krastoffeinsparungen, die uns die Maschine gebracht hat,“ so Dave Dennison, Produkt- und Marketingleiter bei Bomag. Krastoffeinsparungen sind ein entscheidenes Kriterium für die Wirtschalichkeit einer Deponie, da ein durchschnittlicher mobiler Müllverdichter mehr als 55 Liter Diesel pro Stunde verbraucht. Weniger Verbrauch bedeutet nicht nur weniger Krastoffkosten, sondern auch, dass mehr Zeit für die Arbeit bleibt und weniger Zeit auf Tankpausen entfällt. Bereit für jede Herausforderung MTU-Distributor W.W.Williams sorgt dafür, dass die Maschinen rund um die Uhr laufen. Mit MTU ValueCare, dem Produkt- und Serviceprogramm mit Motorersatzteilen und Wartungslösungen, trägt W.W.Williams dazu bei, dass die im Bomag eingesetzte Motorenbaureihe 500 auf Jahre hinaus maximale Betriebsleistungen erbringt. Für das gute Gefühl trägt außerdem die Garantieverlängerung MTU Extended Coverage für den Müllverdichter bei. Die Stadt Riverview war so beeindruckt von dem Bomag-Müllverdichter mit MTU-Motor, dass sie einen zweiten bestellt hat. „Es ist in angenehmer, ruhig laufender Motor", schwärmt Worrell. „Der Turbo setzt bergauf genau zum richtigen Zeitpunkt ein. Drehmoment und Fahrgeschwindigkeit sind Spitze – anders als der vorherige Motor eines anderen Herstellers geht der MTU-Motor nicht in die Knie. Ich war froh, dass wir den Schritt zu Bomagund MTU gemacht haben“, so der Deponieleiter. TEXT: CHUCK MAHNKEN; BILD: BOMAG Ihre Fragen beantwortet: David Combs, david.combs@tognum.com, Tel. +1 248 560 8182 MTU Report 03/12 I 35 Yachtbau in den Vereinten Arabischen Emiraten 36 I MTU Report 03/12 Marine Der WeddingPlanner Es ist schon seltsam. Die meisten Besitzer großer Yachten kommen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Doch gebaut werden die Yachten in Europa oder in Amerika. Das soll sich ändern, wenn es nach Gulf Cra geht. Die Wer aus dem Emirat Al-Quwain bei Dubai baut Yachten bis fast 50 Meter Länge – modern und jede einzelne nach Kundenwunsch. Erwin Bamps ist seit zehn Jahren COO von Gulf Cra. Yachten zu bauen vergleicht er mit Hochzeiten planen, denn jeweils gilt es, die größten Träume seiner Kunden zu erfüllen. MTU Report 03/12 I 37 Marine Hier entsteht eine Megayacht: Die niedrigen Lohnkosten in den Vereinigten Arabischen Emiraten ermöglichen es der Wer Gulf Cra, fast die gesamte Yacht in Handarbeit herzustellen und auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. Auf riesigen Gerüsten arbeiten etwa 80 Mitarbeiter an einer Yacht. Nach eineinhalb Jahren kann sie das erste Mal ins Wasser gelassen werden. Man muss schon ganz schön verrückt sein, wenn man Yachten bauen mit Hochzeit planen vergleicht. Oder nennen wir es kreativ. Erwin Bamps ist verrückt – und kreativ. Er vergleicht Yachten mit einer Hochzeitstorte, Autos mit Cupcakes und das Yachtgeschä mit einer Eisdiele. Doch vielleicht macht ihn gerade seine Verrücktheit so erfolgreich. Erwin Bamps ist Geschäsführer von Gulf Cra, der größten Yachtwer in den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Golfregion. Sein Motto: Wunder wahr machen. Das klingt wie eine Floskel, doch wer ihn erlebt, der glaubt ihm. Kometenhaer Aufstieg Vor zehn Jahren kam Erwin Bamps in die Emirate. Gulf Cra hatte damals 200 Mitarbeiter und verkaue seine Yachten in den Vereinigten Ara- Iran Saudi Arabien Emirat Al-Quwain Vereinigte Arabische Emirate Oman Arabisches Meer «Die Emirate sind nicht einfach nur ein Land, hier ist die ganze Welt zu Hause. » Erwin Bamps, COO Gulf Cra bischen Emiraten: nach Dubai, nach Abu Dhabi, wenn es gut lief auch mal in den Oman oder nach Bahrain. Doch Mohammed Al Shaali, Besitzer der Wer, hatte andere Pläne. „Wir wollen eine der größten Yachtweren der Welt werden“, sagte er damals. Um das wahr zu machen, brauchte es schon ein Wunder. So zumindest dachte der Belgier Bamps damals. Doch da kannte er die Emirate noch nicht. Heute hat die Wer 5.000 Mitarbeiter und baut pro Jahr bis zu 500 Boote: vom kleinen, sechs Meter langen Ausflugsboot bis hin zu fast 50 Meter langen Megayachten. Vom Begriff „Massenproduktion“ möchte er allerdings nichts wissen. Das Gegenteil sei der Fall. Hier der erste Vergleich: Autos bauen sei wie Cupcakes backen. Yachten herzustellen ähnele dagegen dem Backen einer Hochzeitstorte, und das sei das Geschä von Gulf Cra. Das Besondere an seinen Yachten: Sie werden nach den Wünschen der Kunden gebaut. Nur zwei Dinge stehen fest: Alle Gulf Cra-Yachten werden aus Fiberglas gebaut und die Rumpfform ist Monohull. Alles andere kann der Kunde wählen: Sei es die Farbe des Rumpfes, die Innenausstattung oder die Größe des Swimming-Pools. „So viele Wahlmöglichkeiten wie bei uns haben die Kunden bei anderen Yachten vergleichbarer Größe nicht“, ist Erwin Bamps überzeugt. Und trotzdem sagt er: „Wir sind günstiger als unsere Konkurrenz aus Europa.“ Motivation als Schlüssel zum Erfolg Wie ist das möglich? Ein Blick in die riesigen Hallen, in denen die Yachten entstehen, gibt die Antwort. Hier wimmelt es nur so von Menschen in blauen Anzügen. Auf Gerüsten, wie man sie von großen Baustellen kennt, stehen sie und spachteln, streichen, hämmern und bohren. Ein Stimmengewirr wie auf dem Jahrmarkt. Kaum zu glauben, aber hier entstehen drei Megayachten gleichzeitig. „Wer in die Emirate kommt, der möchte vor allem eines: Geld verdienen“, erklärt Erwin Bamps. Nicht wie in Europa die Freizeit, sondern die Arbeit stehe im Mittelpunkt des Lebens seiner Mitarbeiter. „Sie sind so motiviert, dass ich sie abends nach Hause schicken muss, sonst würden sie die ganze Nacht arbeiten“, erzählt er und lacht dabei schelmisch. „Kultur des Wandels und der Ungewissheit“ Doch das sei nicht der einzige Grund für den Erfolg seines Unternehmens. „Die Emirate sind nicht einfach nur ein Land, hier ist die ganze Welt zu Hause“, so der Belgier. Und diese Vorteile will er nutzen. „Wir kennen nicht nur einen Markt, sondern alle“, so Bamps. Chinesen, so erzählt er, bräuchten in ihren Yachten keine Schlafzimmer, da sie sowieso nie über Nacht auf ihrer Yacht blieben. Außerdem seien ihnen Sonnensegel wichtig, da sie – anders als Europäer – nur sehr MTU Report 03/12 I 39 Mostafa Agib El Nahta (li.) ist technischer Direktor von Gulf Cra. Schon seit 20 Jahren baut er MTU-Motoren ein. «Beim Thema Krastoffverbrauch kann MTU punkten. Und das ist wichtig, denn nichts ist lästiger als Tanken. » Mostafa Agib El Nahta, technischer Direktor Gulf Craft ungern in der Sonne lägen. „Für die Emirate zu bauen, heißt für die Welt zu bauen“, sagt er. 20 Prozent der Gulf Cra-Kunden kommen aus Europa, 40 Prozent aus der Golf-Region und 25 Prozent aus Asien. Steuer. „Wenn ich eine Yacht kaufe, bekomme ich eine dicke Gebrauchsanweisung, doch letztlich ist eine Yacht nicht mehr als ein Spielzeug, für das ich keine Gebrauchsanweisung will“, sagt er. Der nächste Vergleich. Doch dass sich der Markt in den Emiraten so schnell entwickelt, bietet Gulf Cra nicht nur Vorteile. „Wir leben in einer Kultur des Wandels und der Ungewissheit“, sagt Erwin Bamps. So weiß er nicht, wie sich die Gehälter seiner Mitarbeiter entwickeln werden. Auch Zulieferer muss er häufig wechseln, da Firmen verschwinden und neue auauchen. Doch eines sei sicher: Der Markt hat Potenzial. Dabei lacht er und wird immer lauter. Ja, hier ist einer wirklich überzeugt von dem, was er sagt. Beinahe still ist dagegen Mostafa Agib El Nahta. Er ist der technische Manager von Gulf Cra und steht im Motorraum einer neuen Majesty 135. Prunkvoll steht die Yacht da und wartet darauf, ins Wasser gelassen zu werden. In ein paar Tagen soll es zum ersten Mal soweit sein. Ein großer Moment für Mostafa, denn seit eineinhalb Jahren baut er mit seinem Team an der Yacht. Vor allem der goldene Rumpf der Yacht fällt auf. Doch auch die Motoren sind an Schönheit kaum zu überbieten: Weiß mit glänzenden, verchromten Zylinderköpfen. Liebevoll werden sie von Mostafa betrachtet. Die beiden 4000er-Motoren von MTU werden die Yacht mit jeweils 2.580 PS Leistung antreiben. Ihr Besitzer: „Geheim“, sagt Mostafa. „Ein VIP“. Mehr sagt er nicht und erzählt lieber davon, dass sie die größte Yacht ist, die Gulf Cra je gebaut hat. Komplexität abbauen „70 Prozent der Welt besteht aus Wasser, aber nur 30 Prozent der Menschen waren je auf einem Boot“, sagt er und sprüht vor Begeisterung. Da muss man doch sehen, wie viel Potenzial im Yachtgeschä liege. Er hat auch schon eine Idee, wie er noch mehr Menschen davon überzeugen kann, eine Yacht zu kaufen: „Yachten müssen einfacher zu bedienen sein“, sagt er. Bisher sei es einfach zu kompliziert, eine Yacht zu besitzen: Man braucht eine Crew und darf selber kaum ans 40 I MTU Report 03/12 Reichweite entscheidend Seit 16 Jahren sorgt Mostafa dafür, dass aus einem anfänglichen Plan eine fertige Yacht wird. Er kommt aus Ägypten, doch sein Zuhause ist Dubai. Er ist sicher, dass sich der Yachtbau rasant entwickeln wird. Doch dafür müssten nicht nur die Yachten einfacher zu bedienen sein, auch die Motoren, so gibt er zu. „MTU kann da schon noch besser werden“, so der Techniker. Fast scheint es ihm unangenehm, das zu sagen. „Die Motoren gelten als der Lamborghini unter den Yachtmotoren. Sie sind sehr leistungsstark, aber leider auch nicht immer leicht zu bedienen“, sagt er. „Doch ich weiß, dass MTU daran arbeitet, und es hat sich auch schon viel getan“, sagt er fast entschuldigend. Lächelnd blickt er hinüber zu Walid Ibrahim vom MTU-Distributor Al Masaood für die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain. Die beiden kennen sich gut und treffen sich regelmäßig. „Wir bauen seit 20 Jahren MTUMotoren ein. Al Masaood ist für uns nicht einfach nur ein Zulieferer, sondern ein Partner“, sagt er. Ein Partner, mit dem er sich ständig über die Trends im Yachtgeschä auf dem Laufenden hält. Nicht nur die Komplexität ist für beide ein Thema. Krastoffeffiziente Motoren seien den Kunden genauso wichtig. „Und hier kann MTU punkten“, sagt Mostafa lächelnd. Er ist sich sicher, dass der Dieselpreis in den nächsten Jahren steigen Die „Majesty 135“ ist mit 40 Metern Länge (135 Fuß) die größte je bei Gulf Cra gebaute Yacht. Marine MTU Report 03/12 I 41 42 I MTU Report 03/12 Marine Erwin Bamps (li.) steht regelmäßig im Kontakt mit Walid E. Ibrahim vom MTU-Distributor Al Masaood (re.) Der Wedding-Planner Erwin Bamps läu unterdessen durch die Werkshallen. Er lacht und winkt einem weiter entfernt stehenden Mitarbeiter zu. „Wir sind hier die Vereinten Nationen“, erzählt er lachend. Mitarbeiter aus fast 80 Ländern arbeiten zusammen. Im vorderen Teil entsteht eine neue Majesty 135, genauso lang und genauso groß wie die, die vor der Werkshalle darauf wartet, ins Wasser gelassen zu werden. Doch hier werden gerade die Fenster eingebaut, es wird gehämmert und gebohrt. Schon heute freut er sich darauf, die Yacht dem Kunden zu übergeben. Auch hier möchte er wieder Wunder wahr machen. Das „Wow“ der Kunden ist sein Ziel. „Wenn der Kunde zufrieden ist, ist das gut. Aber wir wollen mehr. Wir wollen, dass er begeistert ist, wenn er seine Yacht bekommt“, sagt er überzeugt. Und das sei gar nicht so einfach, denn die meisten Kunden interessierten sich nicht für die Technik, sondern nur für das Design. „Wir verkaufen Eiscreme, und da hat jeder seinen eigenen Geschmack . Wieder so ein Vergleich. Wie pas- Links: Mohammed Al Shaali hat Gulf Cra vor 30 Jahren gegründet. Sein Ziel war es schon damals, die Nummer Eins zu werden. Doch er gibt zu, nicht geahnt zu haben, dass seine Wer einmal so groß werden würde. «Wir arbeiten sehr gut mit MTU und dem Distributor Al Masaood zusammen. » Mohammed Al Shaali, Chairman von Gulf Craft sen Eiscreme und Yachtbau zusammen? Erwin Bamps lacht. Eiscreme sei genauso wie Design Geschmacksache und Geschmack zu verkaufen, sei eine schwierige Aufgabe. „Es ist lustig. Unsere Kunden interessiert fast nur das Design. Da haben sie genaue Vorstellungen. Doch Yachtbau ist eigentlich Technik, das Design kommt für uns erst am Ende.“ Er erzählt von Kunden, die sich auf einer zehn Meter langen Yacht einen Landeplatz für einen Helikopter wünschen. Wieder ein anderer Kunde wollte sein Badezimmer komplett grün streichen lassen. Ein anderer möchte den Rumpf komplett mit Swarowski-Kristallen bekleben „Da komme ich mir o vor wie ein WeddingPlanner“, so Bamps lachend. „Die Kunden haben eine Vorstellung im Kopf, die sie aber nicht genau nennen können. Ich muss herausfinden, wovon sie immer geträumt haben und genau so eine Yacht bauen“, so der selbsternannte WeddingPlanner. Kravoll, zuverlässig, innovativ Etwas einfacher hatte er es wohl, als er seinem Chef Mohammed Al Shaali, dem Besitzer von Gulf Cra, eine Yacht baute. Denn der wusste genau, was er wollte: „Meine Yacht soll kravoll, zuverlässig und mit dem neuesten Equipment ausgestattet sein“, sagt er lächelnd. Dass MTUMotoren da eine große Rolle spielen, scheint klar. „Wir arbeiten sehr gut mit MTU und dem Dis- tributor Al Masaood zusammen“, erzählt er mit leiser Stimme. Vor ein paar Jahren sei Gulf Cra noch ein Nieschenanbieter gewesen und er habe nie damit gerechnet, dass seine Wer einmal so groß werden könne. Doch jetzt ist das Ziel klar: „Die Nummer Eins werden“. Das hat auch Erwin Bamps verinnerlicht. Man merkt, dass er schon einige Jahre in den Emiraten arbeitet. Diese Mentalität, es schaffen zu können, scheint ansteckend. Ob er sich wohl vor zehn Jahren vorstellen konnte, richtige Hochzeiten zu planen und fünfstöckige Hochzeitstorten zu backen? Wohl kaum. Würde man ihn heute fragen, wäre die Antwort klar: Auf jeden Fall! TEXT: LUCIE MALUCK BILDER: ROBERT HACK Ihre Fragen beantwortet: Walid Magd E. Ibrahim mtuauh@emirates.net.ae Tel. +971 2 551 0707 Mehr dazu... Impressionen von Gulf Cra in einer Slide-Show. Ohne QR-Code-Reader unter bit.ly/TZ8o0a ON L IN E wird. Da spielten verbrauchsarme Motoren eine wichtige Rolle. Auch wegen der Reichweite, denn „nichts ist lästiger als Tanken“, sagt er. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit wurde die „Majesty 135“ beim 30-jährigen Bestehen von Gulf Cra im März 2012 zum ersten Mal ins Wasser gelassen. MTU Report 03/12 I 43 Energie Blockheizkrawerk liefert Energie für Absorptionskältemaschine Warm macht kalt Nordfrost nutzt die Abwärme der BHKWs, um damit eine Absorptionskältemaschine anzutreiben, die die Tiefkühllager kühlt. 44 I MTU Report 03/12 Nordfrost, ein Dienstleister in der Lebensmittellogistik, betreibt in ganz Deutschland Kühlhäuser für unsere täglichen Lebensmittel, die aus aller Welt importiert werden. Blockheizkrawerke von MTU Onsite Energy liefern Energie für die Kühlhäuser. Mit der Abwärme der BHKWs werden spezielle Kältemaschinen angetrieben, die jeden Raum auf die richtige Temperatur bringen. Die Ananas zählt zu den beliebtesten Obstsorten der Deutschen. Sie ist Standard in jedem Supermarkt, das ganze Jahr über. Aber haben Sie sich beim Kauf schon einmal Gedanken gemacht, welchen langen Weg sie von der Plantage bis zum Supermarktregal zurückgelegt hat? Und warum sie trotzdem noch immer so frisch ist? Das Geheimnis liegt in einer effizienten Logistik, der richtigen Lagerung und dem entsprechenden Transport. In all dem kennt sich die Firma Nordfrost mit Sitz im niedersächsischen Schortens bestens aus. Nordfrost ist eines der in Deutschland und Europa führenden Dienstleistungsunternehmen in der temperaturgeführten Lebensmittellogistik. Eines seiner 40 Kühlhäuser befindet sich im Jade-Weser-Port, Deutschlands einzigem Container-Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven. Das Nordfrost-Seehafenterminal ist der neuste Standort des Lebensmittellogistikers. Am 1. August 2012 wurde er eröffnet, der Betrieb läu derzeit an. Auf 23.000 Quadratmetern werden dort frische Waren wie Obst und Gemüse, Wurst- und Molkereiprodukte sowie allgemeines Frachtgut umgeschlagen, zwischengelagert und versendet. Für das Obst und Gemüse stehen Frischekammern bereit, in denen das für jede Warenart ideale Klima für die Lagerung herrscht. Eine Wissenscha für sich, denn nicht nur die exakte Temperaturführung zwischen einem und 14 Grad Celsius spielt dabei eine Rolle, sondern auch die Höhe der Lufeuchtigkeit und die kontrollierte Frischluzufuhr. Blockheizkrawerke liefern Energie Um die Energie für das neue Seehafen-Terminal zu erzeugen, setzt Nordfrost auf zwei erdgasbetriebene Blockheizkrawerke (BHKW) von MTU Onsite Energy mit einem 12-Zylinder- und einem 20-Zylinder-Motor der Baureihe 4000. Zusammen verfügen sie über eine elektrische Leistung von Zwei erdgasbetriebene Blockheizkrawerke (BHKW) von MTU Onsite Energy mit einer elektrischen Leistung von rund 3,1 Megawatt und einer thermischen Leistung von rund 3,5 Megawatt sorgen im Nordfrost-Seehafenterminal für die nötige Energie. rund 3,1 Megawatt und eine thermische Leistung von rund 3,5 Megawatt. Der Gesamtwirkungsgrad liegt bei über 87 Prozent. Der Standort versorgt sich damit komplett selbst. Die Blockheizkrawerke liefern Strom für Verbraucher, wie Beleuchtung, Hallentore, Büros oder EDV. Was nicht benötigt wird, wird ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Abwärme der BHKWs wird im Winter zum Heizen genutzt, vor allem aber wird aus dieser mit Hilfe von Absorptionskältemaschinen die notwendige Kälte für die Kühlung der Hallen erzeugt. Ammoniak als Kältemittel Diese arbeiten in einem geschlossenen Kreislauf mit zwei Stoffen, einem Kältemittel und einem Lösungsmittel. Das Lösungsmittel kann Kältemitteldampf aufnehmen, also absorbieren. In diesem Fall sind das Ammoniak und Wasser. Die BHKWs liefern mit ihrer Abwärme die Antriebskra, damit die Absorptionskältemaschinen mittels eines chemischen Prozesses Kälte erzeugen können. Im Einzelnen besteht der Kreislauf aus vier wesentlichen Schritten: Im ersten Schritt werden Wasser und Ammoniak im Desorber voneinander getrennt, indem man sie erhitzt. Die BHKWs liefern die dazu nötige Wärme von 100 Grad Celsius. Das Ammoniak verdamp aufgrund der geringeren Verdampfungstemperatur zuerst und wird in einen Verflüssiger weitergeleitet. Dort wird es im zweiten Schritt wieder abgekühlt und somit verflüssigt. Von dort aus gelangt das Ammoniak in den Verdampfer. Und genau hier wird in einem dritten Schritt die Kälte erzeugt. Denn das Ammoniak verdamp nur unter Einsatz von Wärmeenergie. Die für diesen Vorgang nötige Wärme von minus zwei Grad – Ammoniak verdamp bei geringem Druck bei sehr niedrigen Temperaturen – liefert das Gebäude-Kaltwasser, das aus den Rohrschlangen entzogen wird. Durch den Verdampfungsvorgang kühlt dieses Kaltwasser auf minus sieben Grad ab und kann dann wieder zum Klimatisieren der Kühlräume verwendet werden. Der Ammoniakdampf wird anschließend in den Absorber weitergeleitet, wo er im vierten Schritt wieder von Wasser absorbiert wird. Von dort aus gelangt die Ammoniak-Wasser-Lösung wieder in den Desorber, und damit beginnt der Kreislauf erneut. BHKWs für sechs Standorte Nordfrost arbeitet mit dem Prinzip der Kra-Wärme-Kälte-Kopplung an insgesamt sechs deutschen Standorten – mit Aggregaten von MTU Onsite Energy. „Energie wird immer teurer, nehmen wir nur mal die höheren Strompreise durch die EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) im kommenden Jahr“, erläutert Peter Wilke, Technischer Leiter bei Nordfrost. „Da haben wir mit dem Einsatz von BHKWs wohl alles richtig gemacht. Zudem tragen wir mit dem Einsatz von erdgasbetriebenen BHKWs mit deutlichen CO2Einsparungen zum Klimaschutz bei.“ Nordfrost steht für Logistiklösungen aus einer Hand. Wenn Sie also das nächste Mal im Supermarkt in der Obstabteilung stehen, dann wissen Sie, was hinter dem Geheimnis der frischen Ananas steckt. TEXT: KATRIN HANGER; BILDER: ROBERT HACK Ihre Fragen beantwortet: Jürgen Bockhold juergen.bockhold@mtu-online.com Tel. +49 2530 46420 MTU Report 03/12 I 45 Notstromsystem für größte norwegische Erdgasaufbereitungsanlage Flüsterstrom 46 I MTU Report 03/12 Oil&Gas Norwegen ist bekannt für seine atemberaubende Natur: Malerische Küstengebiete wechseln sich ab mit beeindruckenden Fjorden und imposanten Bergwelten. Ein Urlaubsziel wie gemacht für Naturliebhaber. Auch Energieexperten schwärmen von dem Land im hohen Norden Europas. Sie nennen es die „Batterie Europas“, denn hier liegen riesige Öl- und Gasreserven. Ein großer Teil des Erdgases wird in der Onshore-Aufbereitungsanlage Kårstø aufbereitet. Um bei einem Stromausfall geschäskritische Produktionsprozesse nicht zu behindern, sichern fünf MTU-Aggregate die Notstromversorgung ab – und das dank spezieller Schallschutzmaßnahmen so leise wie nur möglich. MTU Report 03/12 I 47 Oil&Gas Tysvær ist eine norwegische Kleinstadt, gut zwei Autostunden nördlich von Stavanger. Kaum ein Urlauber verirrt sich hier her. Doch die Stadt hat etwas Besonderes zu bieten: Hier steht die weltweit drittgrößte Erdgasaufbereitungsanlage – Kårstø. Ein Industriekomplex im Nirgendwo, eine Landscha aus Tanks, Röhren und Schornsteinen. Doch dieser Ort im Nirgendwo ist ein neuralgischer Punkt. Etwa ein Drittel des norwegischen Erdgases wird von dieser Aufbereitungsanlage exportiert. Über Pipelines ist die Anlage mit rund 50 Offshore-Feldern verbunden, deren Gas hier Sicher in die Zukun Das neue Notstromsystem von MTU versorgt die wichtigsten Verbraucher der Onshore-Aufbereitungsanlage im Falle eines Stromausfalls mit Energie. Denn die Leistung der bisher installierten Notstromaggregate reichte nicht mehr aus. Deshalb tauschte Statoil die in die Jahre gekommenen Aggregate gegen neue aus. Im Sommer 2011 nahmen MTU-Mitarbeiter diese nach erfolgreich absolvierten Testläufen in Betrieb. „Wir haben bereits bei einem früheren Projekt sehr positive Erfahrungen mit MTU gemacht. Das «Das Preis-Leistungsverhältnis von MTU ist fair, die Qualität der Produkte sehr gut und die Erfahrung, die sie mit Notstromsystemen haben, ist groß. » Asbjørn Søndenå, Statoil aufbereitet und in das europäische Versorgungsnetz eingespeist wird. Wenn Kårstø nicht funktioniert, bricht die gesamte norwegische Öl- und Gasförderung binnen kürzester Zeit zusammen. Kein Wunder also, dass alles getan wird, um den Betrieb zu sichern. Kårstø ist in den vergangenen Jahren auf das Fünffache der ursprünglichen Größe angewachsen und es soll noch größer werden. „Wir wollen Teile der Anlage erneuern, und dadurch den Betrieb von Kårstø für viele weitere Jahre sicher und effizient gestalten“, so Asbjørn Søndenå, Inbetriebnahmeleiter für Elektrik bei Norwegens wichtigstem Erdöl- und Erdgasproduzenten Statoil. Das Unternehmen, nach der russischen Gazprom der größte Erdgaslieferant Westeuropas, verantwortet den technischen Betrieb der Anlage und leitet die technische Umsetzung der Modernisierung. „Wir wollen Menschen und Umwelt schützen und dafür sorgen, dass die Produktionsstätten weiter reibungslos laufen“, ergänzt der Ingenieur. Zusammen mit seinem Team modernisiert er insbesondere Sicherheits-, Kontrollund Versorgungssysteme, deren elektrische und mechanische Komponenten zu diesem Zweck erweitert und verbessert werden. Schweden Nordsee Finnland Norwegen Bergen Tysvær Oslo Italien Preis-Leistungsverhältnis ist fair, die Qualität der Produkte sehr gut und die Erfahrung, die sie mit Notstromsystemen haben, ist groß“, begründet Asbjørn Søndenå die Wahl. „Darüber hinaus war MTU der einzige Anbieter, der unsere speziellen Anforderungen an Schallschutz erfüllt hat.“ Und diese Anforderungen waren vielseitig: Schallwert unter 104 Dezibel Die Aggregate sollten möglichst leise arbeiten. Die Arbeitsschutzrichtlinien von Statoil schreiben vor, dass die Generatoren einen Meter entfernt nicht lauter als 104 Dezibel (dB(A)) sein dürfen. Dies entspricht in etwa der Lautstärke, die man am Boden beim Überflug eines Düsenjets in 300 Meter Höhe wahrnimmt. Diese Schallbegrenzung dure allerdings nicht zu hohen Mehrkosten führen. Eine Herausforderung, denn die nahe liegende Möglichkeit, einen schallisolierten Container um den Motor herumzubauen, kam nicht in Frage. Dieser hätte den Zugang zum Motor für Wartungsarbeiten erschwert. MTU-Ingenieure erarbeiteten daher eine alternative Lösung: Sie reduzierten die Luansauggeräusche des Turboladers über spezielle Zusatzschalldämpfer: Ein schallgedämmtes Gehäuse am Generator dämp zudem die Luein- und -austrittgeräusche. Das Ergebnis: Die Aggregate sind aus einem Meter Entfernung nur noch mit 100,7 bis 102,6 Dezibel zu hören. Notstrom, um kritische Systeme herunterzufahren Bei einem Stromausfall speisen diese alle wichtigen Notfall-Verbraucher mit Energie. Dazu gehören Feuerlöschsysteme, Notbeleuchtung, Batterieladegeräte für unterbrechungsfreie Stromversorgung und HVAC-Anlagen, die den Überdruck in Gebäuden innerhalb explosions- gefährdeter Bereiche aufrechterhalten. Aber auch Zusatzeinrichtungen, wie Schmierölpumpen, Kühlanlagen für Verdichter und motorbetriebene Ventile müssen im Ernstfall weiterhin funktionieren. Ein neues Maschinenhaus, das Statoil nach den Spezifikationen von MTU errichten ließ, ist die neue Heimat der Aggregate. Hier stehen die fünf Motoren des Typs 16V 4000 G63. Vier davon reichen aus, bei einem Stromausfall das komplette Areal im Notbetrieb mit der nötigen Energie zu versorgen, so dass kritische Systeme sicher heruntergefahren werden können. Die füne Einheit ist als Reserveanlage installiert. Jedes der Aggregate erbringt bei einer Frequenz von 50 Hertz und einer Spannung von 690 Volt eine Anschlussleistung von 2.338 Kilovoltampere und eine elektrische Leistung von 1.870 Kilowatt. Insgesamt erzeugen die vier Aggregate so eine elektrische Leistung von knapp acht Megawatt — genug Energie, um den Stromverbrauch einer europäischen Kleinstadt decken zu können. MTU lieferte die Aggregate komplett mit Grundrahmen und elastischer Lagerung sowie allen erforderlichen Systemkomponenten, wie Schaltanlage, Krastoanks und Belüungsanlagen. Fünf Tischkühler mit sehr niedrigem Geräuschpegel, die auf dem Dach des Maschinenhauses stehen, stammen ebenfalls von MTU. Abgasschalldämpfer sorgen dafür, dass so wenige Geräusche wie möglich über die Abgasleitung nach außen dringen — ein Garant für einen besonders niedrigen Lärmpegel auch außerhalb des Gebäudes. Zehn Sekunden bis zur Lastaufschaltung Der Krastoff für die Aggregate ist in zwei speziellen Tanks gelagert, die MTU geliefert hat. Fällt der Strom aus, können damit vier auf voller Leistung laufende Aggregate für bis zu 17 Stunden Strom erzeugen. Außerdem lieferte MTU Schaltanlagen, die die Notstromsysteme und die Stromeinspeisung überwachen. Fällt der Strom aus, geben diese den Startbefehl für die Notstromaggregate – und das schnell. Denn das norwegische Unternehmen fordert, dass die Aggregate innerhalb von 15 bis 20 Sekunden ihre Nennleistung erreichen müssen. Sie laufen daher bereits nach zehn Sekunden und nach weiteren zehn Sekunden erbringen sie ihre volle Leistung – zuverlässig und leise, damit irgendwo im Nirgendwo Norwegens das Gas nie aufhört zu fließen. TEXT: KATRIN BECK BILDER: ØYVIND HAGEN/STATOIL Ihre Fragen beantwortet: Jörg Habermaas, joerg.habermaas@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-4850 Kårstø ist eine der größten Erdgasaufbereitungsanlagen der Welt. Damit im Falle eines Stromausfalls alle Systeme sicher heruntergefahren werden können, stehen fünf Notstromaggregate zur Verfügung. Die Aggregate sind mit 16-Zylinder-Motoren der MTU-Baureihe 4000 ausgestattet. Dank Anpassungen an Motor und Generator überschreitet der Schalldruckpegel in der Nähe der Aggregate nie die vorgegebene Grenze von 104 Dezibel. MTU Report 03/12 I 49 Vor 95 Jahren: Karl Maybach testet ersten modernen Flugmotor In 1.800 Metern Höhe zeigte Karl Maybach im Jahr 1917, dass der von ihm entwickelte Flugmotor in der Höhe mehr Leistung brachte als die der Konkurrenten. Ein Motor lernt fliegen Motoren unter extremen Bedingungen alles abzuverlangen, bevor sie an den Kunden geliefert werden, das macht MTU nicht erst seit gestern. So testete Karl Maybach, einer der Gründer des MTU-Vorgängerunternehmens Motorenbau GmbH, bereits vor 95 Jahren einen Flugmotor auf einem über 1.800 Meter hoch gelegenen Prüfstand. Dies war die Geburtsstunde des ersten modernen Flugzeugmotors. Damals tobte der Erste Weltkrieg und Maybach wollte neben Luschiff- nun auch Flugzeugmotoren anbieten. Die Herausforderung dabei: In der Höhe sinkt die Ludichte und die Leistung der Motoren. Maybachs Lösung: Er kompensierte diesen Leistungsverlust mit größerem Hubvolumen und einer höheren Verdichtung. Der Motor brachte so erst in ca. 1.800 Metern Höhe seine volle Nennleistung von 184 Kilowatt (250 PS). Am Boden dagegen wurde er gedrosselt. Um die Behörden zu überzeugen, dass dieser Motor tatsächlich besser war als die der Konkurrenz, ließ er einen Prüfstand auf dem bayerischen Wendelstein bauen. Und er behielt recht. Die Tests waren erfolgreich, und Maybach dure seinen Mb-IVa-Motor schon bald in einem Flugzeug testen. Bei einer Höhenaufklärung stieg dies in nur 24,5 Minuten auf 5.000 Meter Höhe. Mit einem anderen – am Boden 50 I MTU Report 03/12 gleich starken – Motor eines anderen Herstellers benötigte das Flugzeug 42 Minuten. Der Mb-IVa-Motor hatte noch weitere Vorteile: Über Windhauben am Kurbelgehäuse wurde das Motoröl vom Fahrtwind gekühlt. Zwei brandsichere Drehschiebervergaser mit einer höhenabhängigen Regelung des Lu- und Krastoffgemischs – wobei gleichzeitig der Zündzeitpunkt verstellt wurde – sorgten zudem dafür, dass der Krastoffverbrauch gering war. Der Mb IVa wurde ab 1917 in Serie produziert und wurde unter anderem in Doppeldecker der Rumpler Flugzeugwerke oder der Firma Heinkel eingesetzt. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges verbot der Versailler Vertrag deutschen Firmen, Fluggeräte aller Art herzustellen – dazu gehörten auch Maybachs Flugmotoren. Die Alliierten zerstörten die entsprechenden Geräte und Einrichtungen. Das zu diesem Zeitpunkt unter dem Namen Maybach-Motorenbau GmbH firmierende Unternehmen begann daraufhin, schnelllaufende Dieselmotoren zu produzieren. TEXT: LUCIE MALUCK; BILDER: TOGNUM-KONZERNARCHIV Ihre Fragen beantwortet: Dr. Heike Weishaupt heike.weishaupt@tognum.com, Tel. +49 7541 90-3225 Der erste moderne Flugmotor: Der Mb IVa war ein Sechszylinder-Otto-Reihenmotor mit einem Hubraum von 23,1 Litern. Bei 1.400 Umdrehungen brachte er am Boden 206 Kilowatt (280 PS) Vollleistung, wurde jedoch auf 180 Kilowatt (245 PS) gedrosselt. In 1.800 Metern Höhe hatte er 184 Kilowatt (250 PS) Leistung. Nachdem Karl Maybach den Motor erfolgreich auf dem bayerischen Wendelstein getestet hatte (Bild unten links), wurde er unter anderem in Doppeldecker der Rumpler Flugzeugwerke eingebaut (Bild rechts). Historie Maybachs Flugmotor kam unter anderem in einem Heinkel-Doppeldecker zum Einsatz. Finnische Navy fährt Minensucher mit entmagnetisierten Motoren In geheimer Mission Das Erdmagnetfeld schützt den Planeten vor kosmischen Strahlen. Doch auch Seeminen nutzen es, um Schiffe zu erkennen und diese zu zerstören. Um dies zu verhindern, kann MTU Motoren ihre magnetische Signatur nehmen. Das Erdmagnetfeld verursacht die magnetische Anziehungskra von Motoren. Es entsteht in den Tiefen unseres Planten und reicht etwa 60.000 Kilometer hinaus in das Weltall. Da die Pole des Feldes sich jährlich um gut 50 Kilometer verschieben, weichen die magnetischen Pole von den geografischen Polen ab. 52 I MTU Report 03/12 geographischer Nordpol Marine magnetischer Südpol magnetis cher Äqu e phisch geogra r Äquato ator r MTU Report 03/12 I 53 In einer Spule werden die Zylinderlaufbuchse und die anderen 16.000 Teile des Motors entmagnetisiert. Messleiter Albert Hagenlocher lässt dafür Strom in einer bestimmten Hüllkurve durch die Spule fließen. 54 I MTU Report 03/12 Marine Sie liegen im Verborgenen, o hunderte Meter unter der Wasseroberfläche – doch ihre Wirkung ist verherend. Noch heute liegen weit über 200.000 Seeminen auf dem Grund der Ostsee. Sie sind Restbestände aus dem Zweiten Weltkrieg und behindern die Fischerei und die Handelsschifffahrt. Denn werden sie nicht bemerkt und fährt ein Schiff über sie, kommt jede Hilfe für das Schiff und die Besatzung zu spät. Die finnische Marine möchte daher im Jahr 2015 drei neue Minensucher in Betrieb nehmen – für insgesamt 250 Millionen Euro. MTU liefert für die Minensucher speziell entmagnetisierte Motoren für den Antrieb und zur Bordstromversorgung. Manche Dinge sind einfach da – ganz selbstverständlich, ohne dass man sie bemerkt. Der Sauerstoff in der Lu gehört dazu. Oder die Sonne, ohne deren Licht und Wärme wir nicht leben könnten. Auch das Magnetfeld der Erde ist so etwas. Keiner bemerkt es, doch ohne die Anziehungskra der Pole sähe unsere Welt anders aus. Hochenergetische Teilchen von der Sonne oder aus dem Weltall würden ein Leben auf der Erde möglicherweise verhindern, wenn diese nicht in einigen Tausend Kilometern Höhe vom Erdfeld abgefangen würden. Wale, Haie oder Meeresschildkröten nutzen das Magnetfeld außerdem zur Orientierung. Doch auch Seeminen machen sich die magnetische Anziehungskra zu Nutze. Sie sind mit Magnetsensoren bestückt und erkennen damit, wann Schiffe in die Nähe kommen, die sie zerstören sollen. Minensucher haben die Aufgabe, die Minen zu suchen und sie unschädlich zu machen. Die finnische Marine nimmt derzeit drei neue Minensucher in Betrieb. Je zwei Achtzylinder-MTU-Motoren der Baureihe 396 treiben die etwa 52 Meter langen Schiffe an. Die Leistung der Motoren spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle, denn während der Minensuche fahren die Schiffe nicht schneller als fünf Knoten (9,3 Stundenkilometer). Um möglichst leise durch das Wasser zu gleiten, sind die Motoren doppelt elastisch gelagert. Zudem haben sie eine kaum noch vorhandene magnetische Signatur. Präzision und Genauigkeit Diese herzustellen, ist ein komplizierter Vorgang, der mehrere Wochen dauert. „Wir brauchen für einen Motor weit über 100 Stunden“, erklärt Albert Hagenlocher, Messleiter bei MTU. Denn es wird nicht der gesamte Motor auf einmal entmagnetisiert. Albert Hagenlocher entmagnetisiert jedes einzelne Teil: Die Kurbelwelle, die Nockenwelle, die Pleuel, die Turbolader, die Zylinderköpfe und sogar die Schrauben - 16.000 Teile pro Motor. Viel Aufwand. „Aber so stellen wir sicher, dass die magnetische Signatur der Teile dauer- ha niedrig bleibt“, erzählt er. Fast in sich versunken stellt er dabei eine Zylinderlaufbuchse in eine Entmagnetisierungsspule. Permanente und induzierte Signatur Noch ist die magnetische Signatur hoch. Eine Seemine würde den Motor mit dieser Zylinderlaufbuchse sofort erkennen und explodieren. Um die magnetische Signatur zu senken, lässt der Messleiter Strom in einer bestimmen Hüllkurve durch die Spule fließen. Diese Kurve hat insgesamt acht Variablen. Die Frequenz des Stroms oder die maximale Strommenge, die durch die Spule fließt, sind zwei davon. Die Kurve richtig einzustellen, ist die große Kunst. „Das kann man nicht studieren“, erzählt Hagenlocher. Vielmehr komme es auf Erfahrung an. Denn jedes magnetische Teil besitzt zwei verschiedene magnetische Signaturen: eine permanente und eine induzierte magnetische Signatur. Die permanente Signatur der Zylinderlaufbuchse kann Albert Hagenlocher entfernen, die induzierte jedoch nicht. Diese richtet sich nach dem Magnetfeld der Erde. Doch das schwankt und ist außerdem regional sehr unterschiedlich. Der finnische Minensucher soll zunächst nur im Golf von Finnland unterwegs sein. Doch auch diese geografische Bezeichnung ist zu weiträumig. Ein Schiff, das vor der Küste Helsinkis keine Wenn Albert Hagenlocher allen Einzelteilen des Motors ihre magnetische Signatur genommen hat, wird der Motor montiert. Dann prü der Messleiter auf einer Messbahn, wie hoch die Restsignatur des Motors ist. MTU Report 03/12 I 55 INT E RVIE W „Wir haben eine Sauna an Bord“ Interview mit Heikki Vierelä, Kommandant der „Katanpää” Heikki Vierelä ist Kommandant der „Katanpää”, dem ersten von drei neuen Minensuchern der finnischen Marine. Warum braucht die finnische Marine Minensucher? Im Golf von Finnland liegen noch viele Tausend Minen aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese behindern die Schifffahrt und die Fischerei. Außerdem sind Minen in asymmetrischen Kriegen ein beliebtes Mittel, beispielsweise Hafeneinfahrten zu versperren. Wenn wir mit dem Schiff vertraut sind, soll die Katanpää auch an internationalen Missionen teilnehmen und Minen in Kriegsgebieten entfernen. Wie spüren Sie die Minen unter Wasser auf? Wir haben Sonar-Geräte an Bord, die die Minen unter Wasser durch die Veränderung des Schalls finden können. Einige davon sind am Schiff montiert, andere fahren wie kleine Roboter. Diese haben den großen Vorteil, dass das Schiff mit der Besatzung in sicherer Entfernung bleiben kann. Und was geschieht mit den Minen? Das kommt drauf an, welches Gefahrenpotenzial die Minen haben. Manchmal reicht es aus, nur ihre Position zu kennen, so dass wir sie in Seekarten einzeichnen können. Sobald Minen aber eine Gefahr für andere Schiffe, Fischer oder Taucher darstellen, müssen wir sie sprengen. MTU-Motoren treiben die Katanpää an. Was ist Ihnen bei den Motoren besonders wichtig? Ganz klar: eine geringe magnetische und akustische Signatur. Dicht gefolgt von Zuverlässigkeit. Die Power ist zweitrangig, denn unser Schiff fährt nur beim Transit zu den Minengebieten schnell. Während der Minensuche fahren wir elektrisch und benötigen nur einen der vier MTU-Motoren an Bord. Finnen sind ja bekannt dafür, überall eine Sauna zu bauen. Gibt es an Bord auch eine Sauna? Ja, wir haben tatsächlich eine Sauna an Bord. Das ist übrigens bei allen größeren finnischen Navy-Schiffen so. Saunas sind Teil der finnischen Kultur, und die darf auch an Bord eines Minensuchers nicht fehlen. Doch wir haben die Sauna auch aus Sicherheitsgründen an Bord: Unsere Taucher müssen in den kalten Golf von Finnland Minen entschärfen, zum Aufwärmen ist da die Sauna wichtig. 56 I MTU Report 03/12 magnetische Signatur besitzt, kann nur 150 Kilometer entfernt vor der Küste Turkus schon wieder magnetisch aufgeladen sein und somit Seeminen auf sich aufmerksam machen. An Bord sind daher Spulensysteme installiert. Diese beseitigen die magnetische Signatur des Schiffes, indem sie ein Gegenfeld erzeugen, das die Restsignatur des gesamten Schiffes kompensiert. Restsignatur messen Wie hoch der permanente Restanteil des Motors ist, bestimmt MTU auf einer eigens dafür errichteten magnetischen Messbahn. Diese befindet sich in einer komplett aus Holz und einem speziellen Stahl errichteten Halle. Dank einer in 20 Metern Tiefe eingebauten Sonde und zahlreicher Spulen in der Halle kann der Messleiter hier mit nur wenigen Mausklicks jedes Magnetfeld der Erde erzeugen. Dann rollt der mittlerweile montierte Motor mit 16.000 entmagnetisierten Einzelteilen auf einem Rollwagen über eine Schiene durch die Halle. Auf den drei Computerbildschirmen vor ihm kann er die magnetische Restsignatur des Motors auf das Nanotesla genau erkennen. Albert Hagenlocher ist zufrieden. Der Motor hat nur noch eine sehr geringe Restsignatur, die leicht von Marine Die finnische Marine hat für 250 Millionen Euro drei neue Minensucher bestellt. MTU liefert für diese Motoren, denen in einem komplizierten Verfahren die magnetische Signatur genommen worden ist. Dadurch sind sie für Seeminen nicht auffindbar. den Spulensystemen an Bord ausgeglichen werden kann. Leise, unauffällig und nicht magnetisch Damit ist der Motor bereit für seinen Einsatz im finnischen Minensucher Katanpää. Im Jahr 2015 soll er in Betrieb gehen und zusammen mit seinen zwei Schwesterschiffen Vahterpää und Purunpää die Küstengebiete vor der finnischen Ostsee von Minen befreien. Kommandant Heikki Vierelä bereitet sich bereits mit seiner Mannscha auf die Einsätze vor. Zunächst einmal wird er mit seinem Schiff nur in der Ostsee unterwegs sein, doch in fünf bis zehn Jahren seien auch internationale Einsätze geplant. „Hier in der Baltischen See vor Finnland liegen nur noch Minen aus dem Zweiten Weltkrieg. Doch in asymmetrischen Kriegen sind Minen ein beliebtes Mittel, beispielsweise Hafeneinfahrten zu versperren“, erzählt er. Mit speziellen Sensoren an Bord ortet er mit seiner Crew die Minen, entschär sie oder sprengt sie. Der MTU-Antriebsmotor in Kombination mit einem Voith-Schneider-Propeller ermöglicht der Crew, das Schiff auch bei starkem Wind und Wellen sehr genau zu manövrieren, denn mit diesem kann der Schub beliebig eingestellt werden, ohne die Drehzahl zu verändern. Dank des MTUSchiffsautomationssystems Callosum kann sich die Crew dabei komplett auf ihre Arbeit konzentrieren. Callosum steuert, überwacht und regelt nicht nur den Antrieb, sondern auch die MTUBordstromversorgung, das Feueralarmsystem und die Tankmessanlage. „Die wichtigste Aufgabe der Motoren allerdings ist, dass sie zuverlässig sind “, so der Kommandant. Auch der MTU-Motor soll einfach nur da sein, ganz selbstverständlich, ohne dass man ihn bemerkt. Leise, unauffällig und vor allem – nicht magnetisch. TEXT: LUCIE MALUCK BILDER: ROBERT HACK, MARTIN ROSCHER, FREDDY PHILIPS Ihre Fragen beantwortet: Martin Roscher martin.roscher@mtu-online.de Tel. +49 7541 90-2694 Finnland Schweden Golf von Finnland Estland Russland Lettland MTU Report 03/12 I 57 2 3 4 5 6 7 8 Energie 1 1 Morgens um 7 in Deutschland, in Italien oder in Frankreich. 2 Martin rasiert sich. 3 Michelle brät sich ein Spiegelei. 4 Tim und Laura toasten eine Scheibe Brot. 5 Maria kocht heißes Wasser für ihren Tee. 6 Lara stellt ihren Computer an. 7 Luigi heizt seine Küche mit dem Elektrolüer. 8 Hans kocht sich einen Kaffee. Sie alle brauchen Strom. So viel, dass der Strom, den Krawerke und private Fotovoltaikanlagen in diesem Moment produzieren, nicht ausreicht und Dieselmotorenkrawerke Spitzenstrom liefern müssen. 58 I MTU Report 03/12 Krawerk mit Stromaggregaten von MTU Onsite Energy liefert Regelleistung, Not- und Spitzenstrom Morgens um 7 Die Zukun der Energieerzeugung ist dezentral – und regenerativ. Doch damit verändern sich auch die Anforderungen an die Stromnetze: Sie müssen zunehmend größere und schwankende Energiemengen aus Windund Solaranlagen verkraen, ohne dass Spannung und Stromfrequenz im Netz abfallen. Dafür brauchen sie Energiequellen, auf die Netzbetreiber flexibel und schnell zugreifen können. Die Überlandwerk Fulda AG (ÜWAG) betreibt solch eine Energiequelle. In den vergangenen Jahren hat sie ihr Krawerk mit maßgeschneiderten Dieselaggregaten von MTU Onsite Energy aufgerüstet und liefert jetzt punktgenau und flexibel Regelleistung, Not- und Spitzenstrom. Was macht Hans Müller aus Deutschland morgens um 7? Er macht sich einen Kaffee. Luigi Motta aus Italien dreht den elektrischen Heizlüer auf. Und Michelle Portier kocht sich Frühstück. Sie genießen die letzten ruhigen Minuten, bevor die Sonne aufgeht. Es herrscht Stille. Doch die Stromnetze, die laufen heiß. Denn pünktlich um 7 Uhr am Morgen brauchen nicht nur Hans Müller, Luigi Motta und Michelle Portier Strom – Millionen andere Menschen auch. Der Strom, den große und kleine Krawerke oder private Fotovoltaikanlagen in diesem Moment produzieren, reicht dafür nicht aus – das Stromnetz ist überlastet. Europäisches Verbundnetz liefert Strom Das ist die Stunde der flexiblen Krawerke. Die ÜWAG hat eines davon. Vor 100 Jahren wurde es gebaut – ursprünglich, um die Bürger der Region Fulda mit Elektrizität zu versorgen. Doch mittlerweile gibt es ein europäisches Verbundnetz, in das riesige Krawerke und vermehrt auch Betreiber kleinerer, dezentraler Energieanlagen ihren Strom einspeisen. Dieser wird über Umspannwerke und Transformatorstationen an die einzelnen Haushalte und Industrieunternehmen verteilt. Die ÜWAG in Fulda musste sich einen neuen Platz in dieser „Verteilkette“ suchen – und hat ihn gefunden. Spitzenstrom bei Stromspitzen Das Krawerk liefert Spitzenstrom, wenn der Bedarf so hoch ist, dass im Verbundnetz nicht genug Strom verfügbar ist: Dann, wenn Hans Müller, Luigi Motta, Michelle Portier und Millionen andere morgens das Licht anschalten oder ihren Kaffee kochen. „Morgens zwischen 7 und 8 Uhr und abends um 20 Uhr steigt der Strombedarf schnell an“, erklärt Frank Weinmann, der bei der ÜWAG die Abteilung Energieerzeugung und –beschaffung leitet. Früher lag diese Stromspitze mittags um 12, heute brauchen die Menschen morgens nach dem Aufstehen und abends, wenn sie nach Hause kommen am meisten Strom. „Am Stromverbrauch kann man gut sehen, wie sich die Lebensweise der Deutschen verändert hat“, schmunzelt er. Um diese Stromspitzen in Zukun noch besser ausgleichen zu können, hat die ÜWAG in Fulda ihr Krawerk in den vergangenen Jahren für zehn Millionen Euro modernisiert: Sie hat zwei ältere Dieselmotoren aussortiert und durch sechs kleinere Stromaggregate von MTU Onsite Energy ersetzt. Kern der Aggregate ist je ein 20-Zylinder-Motor der MTU-Baureihe 4000. Stolz blickt der Ingenieur von der Leitstelle hinunter auf die blauen Aggregate von MTU Onsite Energy. „Die Motoren sind wahre Ferraris“, schwärmt er. Innerhalb weniger Sekunden können sie starten und sich mit dem europäischen Stromnetz synchronisieren. Die bisherigen Motoren hätten dazu mehrere Minuten gebraucht. Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus „In der heutigen Stromwelt muss man schnell sein“, erklärt er. Das liege nicht nur daran, dass heute immer häufiger der Bedarf nach Spitzenstrom besteht. Auch der ständig steigende Anteil von Strom aus regenerativen Energiequellen trage dazu bei. Denn anders als die konventionellen, großen Krawerke kann man bei diesen nicht abschätzen, wie zuverlässig sie Energie in das Netz einspeisen. Kurz gesagt: Scheint die Sonne und weht der Wind, fließt auch der Strom. Doch was ist, wenn es windstill ist und auf den Photovoltaikanlagen Schnee liegt? Dann ist die Stromfrequenz von 50 Hertz gefährdet und es droht ein Stromausfall. Damit dies nicht passiert, greifen Das ÜWAG Fulda wurde vor 100 Jahren am Rande der Innenstadt gebaut. Doch Fulda ist gewachsen, daher ist das Krawerk heute mitten in der Stadt. Frank Weinmann ist Diplom-Ingenieur und leitet die Abteilung Energieerzeugung und -beschaffung. Sven Kunkel (rechts) hat den Umbau des Krawerks geleitet. Dabei arbeitete er eng mit Dietmar Witzigmann (links) von MTU Onsite Energy zusammen. "Wenn es Probleme gab, hat das außer uns o keiner bemerkt, denn wir haben sie unbürokratisch auf dem kleinen Dienstweg gelöst," erzählen beide über ihre Zusammenarbeit. die Übertragungsnetzbetreiber auf Regelleistung zurück. Diese stellen zum großen Teil die Energieversorger selbst zur Verfügung. Aber kommunale Krawerksbetreiber wie die ÜWAG gewinnen hier immer mehr an Bedeutung. Wann die Motoren starten, wissen die Mitarbeiter der ÜWAG nicht. Die Netzbetreiber bezahlen schon dafür, dass sie im Notfall auf die Aggregate zugreifen können. Wann dieser Zeitpunkt ist, bestimmen aber sie. Rufen sie den Strom tatsächlich ab, müssen sie auch dafür bezahlen. Wie viel, 60 I MTU Report 03/12 Energie Sechs Aggregate von MTU Onsite Energy können innerhalb von wenigen Sekunden starten, um Regelenergie sowie Not- und Spitzenstrom zu erzeugen. das hängt auch davon ab, wie schnell die Krawerke den Strom liefern können. Bisher hatte die ÜWAG die sogenannte Tertiärenergie, häufig auch Minutenreserve, geliefert. Diese muss 15 Minuten nach Abruf zur Verfügung stehen. Mit den neuen Aggregaten von MTU Onsite Energy wird die ÜWAG aber in der Lage sein, auch die deutlich lukrativere Sekundärleistung zu liefern. Dafür muss sie unter anderem nach fünf Minuten die angemeldete Leistung zu 100 Prozent liefern können. Strom so schnell zu erzeugen und übertragen zu können, ist eine große Herausforderung. Denn die Aggregate müssen dafür nicht nur „aus dem Stand heraus“ anspringen, sondern sie müssen auch innerhalb weniger Sekunden ihre Frequenz, ihre Spannung und ihre Phasen mit der des Verbundstromnetzes synchronisieren. „Das schaffen unsere Aggregate nur, weil wir ein perfekt ausgeklügeltes System aus Motor, Aggregat und Motorregler haben“, erzählt Dietmar Witzig- mann, der das Projekt bei MTU Onsite Energy betreut hat. Notstrom für den Ernstfall Die Fähigkeit, innerhalb weniger Sekunden Energie liefern zu können, kommt auch den Bürgern vor Ort zugute. Denn die ÜWAG stellt nicht nur Spitzen- und Regelleistung für die großen Stromverbundnetze zur Verfügung, es liefert auch Notstrom für die Stadt Fulda. Für den Fall, dass das öffentliche Stromnetz zusammenbräche, sorgten die Aggregate dafür, dass in Fulda nicht alle Lichter ausgingen. Ein Schwarzstartaggregat, das zum Starten keine externen elektrischen Pumpen und Hilfsantriebe benötigt, springt dann automatisch an und liefert die Energie für den Start der anderen fünf Aggregate. Zusammen können sie 24,8 Megawatt Strom für Straßenbeleuchtung, Ampeln, Krankenhäuser, Altenheime, Notunterküne oder Bürgerhäuser liefern. „Fulda ist eine der wenigen Städte Deutschlands, die das kann“, erzählt Frank Weinmann selbstbewusst. Bisher sei dieser Ernstfall noch nicht eingetreten, doch der Energiespezialist ist sich sicher, dass man deutschlandweit zukünig mit mehr Engpässen rechnen müsse. Umbau mit Herausforderungen Geleitet wurde der Umbau des Krawerks und dessen Neu-Ertüchtigung durch Projektleiter Sven Kunkel. Eine große Herausforderung für den Elektroingenieur, denn Dieselmotoren waren bisher nicht sein Spezialgebiet. „Ich kenne mich mit Stromnetzen aus. Stromaggregate waren bisher nicht meine Welt“, berichtet er schmunzelnd. Heute merkt man davon nichts mehr. Voller Enthusiasmus erzählt er von den vielen Herausforderungen, denen er sich stellen musste. Das begann schon vor dem Umbau, denn eigentlich war das Krawerk viel zu klein für die Pläne, die er hatte. Knapp 25 Megawatt elektrische Leistung MTU Report 03/12 I 61 ME M O Eine SCR-Anlage reinigt das Abgas der Dieselmotoren. So liegen die Abgaswerte weit unter denen, die die deutsche Umweltvorschri TA Lu vorgibt. Regelleistung gleicht Netzschwankungen aus Olaf Dempewolf hat die Aggregate in Fulda installiert und in Betrieb genommen. Mit einem speziellen Remote-System kann er nicht nur vor Ort, sondern auch aus dem Büro in Friedrichshafen das Krawerk überwachen. 62 I MTU Report 03/12 Mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien kommt es zu höheren Schwankungen im Stromnetz, denn der Wind weht nicht immer und die Sonne versteckt sich o hinter Wolken. Trotzdem fällt die Stromversorgung in Europa fast nie aus. Wie kann das sein? Zum einen sind die Stromproduzenten verpflichtet, möglichst genaue Prognosen hinsichtlich der Liefermengen abzugeben, um die Einspeisung ins Stromnetz optimal zu planen und die Normalfrequenz im Stromnetz bei 50 Hertz zu halten. Was aber, wenn plötzlich der Stromverbrauch überraschend anzieht und jede noch so korrekte Prognose hinfällig werden lässt? In diesem Fall grei die Regelleistung ein, um einen Zusammenbruch des Stromnetzes abzuwenden. Diese Reserve gleicht die Schwankungen im Stromnetz innerhalb von Sekunden (Primärenergie), Minuten (Sekundärenergie) oder Viertelstunden (Tertiärenergie) aus. ■ Primärleistung: Nach 30 Sekunden muss die Energie vollständig und für insgesamt 15 Minuten verfügbar sein. ■ Sekundärleistung: Nach fünf Minuten muss die volle Leistung zur Verfügung stehen. ■ Tertiärleistung: Sie muss innerhalb von 15 Minuten verfügbar sein und löst die Primär- und Sekundärregelleistung ab. Energie wollte er erzeugen – möglichst sauber, wirtschalich und zuverlässig. „Ich habe mir schon überlegt, ob wir das Krawerk erweitern müssen, was aber einen Anbau und damit ein noch aufwändigeres Genehmigungswerk erfordert hätte“, erinnert er sich. Auch wegen solcher projektseitig aufkommenden Fragen, war er von der offenen und partnerschalichen Herangehensweise der MTU Onsite Energy-Mitarbeiter überzeugt: „Wir haben auf Augenhöhe diskutiert und gemeinsam Ideen entwickelt. So entstand auch der Vorschlag, zwei große Aggregate durch sechs kleinere zu ersetzen und ein zusätzliches Geschoss einzuziehen, auf dem die SCR-Anlage zur Abgasnachbehandlung eingesetzt wird“, erklärt er. Sauberer, schneller, wirtschalicher Stolz berichtet er davon, wie effizient und sauber die Maschinen arbeiten. „Mit den neuen Motoren haben wir die Partikelemissionen auf ein Sechstel pro erzeugter Kilowattstunde reduziert, die Stickoxide auf ein Viertel und das Kohlenmonoxid auf die Häle und zugleich noch den Krastoffverbrauch um zehn Prozent gesenkt“, so der Elektroingenieur. Der Grund für diese beeindruckenden Werte seien die modernen Motoren mit CommonRail-Einspritzung sowie ein geregelter SCR-Katalysator. In diesem wird das Abgas gereinigt, indem Harnstoff in das Abgas eingespritzt wird. Im Katalysator reagiert dieser mit den Stickoxiden zu den unschädlichen Stoffen Wasser und Stickstoff. „Die Aggregate unterschreiten die Grenzwerte der TA Lu messbar um Längen“, so Kunkel. Außerdem liege das Krawerk mitten im Stadtgebiet, da sei es selbstverständlich, dass die Schadstoffemissionen so gering wie möglich sein müssen. Wegen der zentralen Lage hatte die ÜWAG ein besonderes Augenmerk auf die Reduzierung der Schallemissionen gelegt: Spezielle Schallschutzwände lassen kaum einen Laut nach außen dringen, wenn die Motoren starten und laufen. Onsite Energy von Friedrichshafen aus auf die Aggregate und andere Komponenten im Krawerk zugreifen und Empfehlungen geben, wie Fehler vermieden oder behoben werden können. „Europaweit etwas Besonderes“ Am 23. Dezember 2011 gingen die ersten drei der sechs Aggregate im Krawerk in Betrieb. Kunkel kann sich noch gut an die Zeit davor erinnern. „Unter Hochspannung“ habe er und das gesamte Team gestanden. Vor allem deshalb, weil das Krawerk auch während der Umbauten ständig mit 75 Prozent Nennleistung weiterlaufen musste: „Wir waren vertraglich verpflichtet, Strom zu liefern, das konnten wir nicht unterbrechen.“ Erst als Stadt und Landkreis Fulda im September 2012 die Inbetriebnahme des Krawerks feierten, konnte sich auch Kunkel zurücklehnen: „Ein derart flexibles Krawerk entspricht den aktuellen Anforderungen an den Strommarkt geradezu ideal. Dass wir als kommunaler Versorger so etwas haben, ist europaweit etwas Besonderes“, so der Elektroingenieur, der jetzt auch Dieselmotorenspezialist ist. Hamburg Nordsee Berlin Niederlande Deutschland Belgien Polen Fulda Tschechien Österreich Italien TEXT: LUCIE MALUCK BILDER: ROBERT HACK Ihre Fragen beantwortet: Dietmar Witzigmann dietmar.witzigmann@mtu-online.de Tel. +49 7541 90-4841 Olaf Dempewolf überprü den Ölstand der Motoren. Eine automatische Ölnachfüllung sowie ein wartungsfreier Ölfilter führen jedoch dazu, dass dies nur selten notwendig ist. Und das wird in den nächsten Wochen der Erfahrung nach immer häufiger passieren. Gerade im Winter, wenn es kalt ist, steigt der Strombedarf. „Und nicht nur, weil in der Vorweihnachtszeit alle Plätzchen backen“, erzählt Sven Kunkel. Die Tage sind kürzer, es wird mehr Licht benötigt und in der Industrie wird auf Hochtouren gearbeitet, um die Auräge noch innerhalb des laufenden Jahres abzuarbeiten. Zuverlässige Aggregate sind nicht nur in dieser Zeit ein Muss. Die ÜWAG hat dafür zusätzlich zur eigenen Netzüberwachung auch ein spezielles Ferndiagnosesystem installieren lassen. Mit diesem können die Spezialisten von MTU MTU Report 03/12 I 63 Apropos Was unsere Redakteure beeindruckt 1 2 1 Um zu sehen, wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten Yachten gebaut werden, besuchte Lucie Maluck die Wer Gulf Cra. 2 Katrin Hanger fand beim Besuch eines Tiefkühllagers heraus, wie man aus Wärme Kälte machen kann. 3 Bernd Scherer zeigt Katrin Beck die NC-Programmierung eines Zylinderkopfs am Computer. 3 Nachbehandlung Märchenhaer Yachtbau Hier soll eine Luxusyacht entstehen? Das konnte ich mir kaum vorstellen, als ich durch die Fertigungshallen der Wer Gulf Cra in den Vereinigten Arabischen Emiraten lief. Es wimmelte nur so vor Menschen, die sägten, bohrten, hämmerten und spachtelten. Luxus habe ich mir anders vorgestellt: top-modern mit modernsten Maschinen, glitzernd, blinkend. Doch der Yachtbau ist bei Gulf Cra wirklich Handarbeit. Die Lohnkosten sind gering, da kann es sich die Wer leisten, Menschen für das zu bezahlen, was in anderen Unternehmen Maschinen machen. Lange nachdenken möchte ich darüber trotzdem nicht. Besonders nicht, nachdem mir der belgische Geschäsführer erzählt hat, dass seine Mitarbeiter gerne lange arbeiten und ihnen Freizeit nicht wichtig ist. Doch die Vereinigten Arabischen Emirate sind trotzdem faszinierend. Bei meiner Reise kamen sie mir vor wie ein Märchenland. Und im Grunde genommen ist die Entwicklung von Gulf Cra auch ein Märchen. Warum, lesen Sie ab der Seite 36 im Artikel „Der Wedding-Planner“. Künstliches Land „Bitte wenden Sie“, „bitte wenden Sie“, „bitte wenden Sie“: Wir fuhren mit unserem Auto schon längst in der Nordsee herum – laut Navi. Dabei hatten wir immer noch festes Land unter unseren Rädern. Künstliches Land, wohlgemerkt, denn der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven wurde durch das Aufschütten von Sand geschaffen. Und für das Navi war unser Einsatz- 64 I MTU Report 03/12 ort noch gänzlich unbekannt. Im Jade-Weser-Port befindet sich der jüngste Standort des Lebensmittellogistikers Nordfrost, wo ich mir zusammen mit unserem Fotografen die beiden Blockheizkrawerke von MTU Onsite Energy angesehen habe, die dort für Strom und Wärme, aber vor allem Kälte sorgen. Das passiert mittels Absorptionskältemaschinen, und was da drin an chemischer Reaktion abläu und welche Rolle dabei die „Zuneigung“ von Ammoniak zu Wasser spielt, fand ich ziemlich interessant. Lesen Sie selbst nach ab Seite 44. Fertigung mal anders In dieser Ausgabe des MTU Reports erkläre ich, wie bei MTU ein Zylinderkopf entsteht. In Gedanken sah ich mich schon in unseren Montagehallen neben einem Werker am Band stehen. Den typischen Geruch aus den Montagehallen in der Nase, würde er mir jeden einzelnen Schritt zeigen und erklären. Umso erstaunter war ich, als ich dann bei Bernd Scherer landete. Vor einem ganz normalen Computer, weit und breit keine Fertigung in Sicht! Was ich hier erfuhr hat mich beeindruckt: Ein Zylinderkopf wird zuerst am Computer gefertigt – virtuell. Denn die NC-Programmierung ist der erste und wichtigste Schritt, damit die Bearbeitungsmaschinen überhaupt laufen. Mit quietschbunten aber sehr anschaulichen Grafiken erklärte mir Scherer, wie die Programmierung funktioniert, was das Wichtige für die Fertigung ist und warum der Zylinderkopf erst am Computer entsteht. Aber lesen Sie selbst... auf Seite 26! Apropos... …extreme Einsatzbedingungen Impressum IM P R E S SU M Mehr über extreme Einsatzbedingungen von MTU-Motoren auf den Seiten 20 bis 25. MTU Report online MTU Report Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy HERAUSGEBER Tognum AG; für den Die Online-Variante des MTU Report finden Sie auf der Herausgeber: Wolfgang Boller REDAKTIONSLEITUNG Lucie Maluck, e-mail: lucie.maluck@tognum.com, MTU-Website www.mtu-online.com, Rubrik „Über MTU“/ Tel. +49 7541 90-2974 REDAKTION Katrin Beck, e-mail: katrin.beck@tognum.com, Tel. +49 7541 „MTU Report“ oder im App Keosk im Apple-App Store. 90-6535; Bryan Mangum, e-mail: bryan.mangum@tognum.com, Tel. +1 248 560-8484 WEITERE Sie möchten häufiger über Neuigkeiten aus der AUTOREN Mirko Gutemann, Katrin Hanger, Chuck Mahnken ANSCHRIFT DER REDAKTION Tognum AG, Tognum-Gruppe informiert werden? Alle zwei Monate Maybachplatz 1, 88045 Friedrichshafen GESTALTUNG UND HERSTELLUNG designmanufaktur|ries, erscheint neben dem MTU Report der Online-Newsletter 88214 Ravensburg LEKTORAT Sigrid Hartmann, 88697 Bermatingen LITHOGRAPHIE wagner ...digi- MTU eReport mit aktuellen Informationen rund um die tale medien, 88690 Uhldingen-Mühlhofen DRUCK Druckerei Holzer, Weiler im Allgäu ISSN-Nr 09 42-82 59, Marken MTU und MTU Onsite Energy. Nachdruck mit Quellenangabe erlaubt. INTERNET ADRESSE http://www.mtu-online.com MTU Report 03/12 I 65