MTU Report 1/2015

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MTU Report 1/2015
MTUreport
Das Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy I Rolls-Royce Power Systems Brands
Ausgabe 01 I 2015 I www.mtu-report.de
Keine
Kompromisse.
MTU-Motoren werden nach legendären Qualitätsstandards gebaut. Geben Sie sich beim Tausch von Teilen und Betriebsstoffen nicht mit
weniger zufrieden. Verlängern Sie die Lebensdauer Ihres Motors mit ValueSpares — den einzigen Ersatzteilen und Betriebsstoffen, die
den hohen Standards von MTU in puncto Qualität, Verarbeitung und Leistung wirklich genügen. Wählen Sie für ein Maximum an Zuverlässigkeit, Leistung und Betriebszeit einen Namen, auf den Sie vertrauen — ValueSpares from MTU.
www.mtu-online.com/parts
Das Heft zur Stadt
Egal ob in Miami oder Norderstedt – MTU-Motoren und
-Aggregate findet man in vielen Städten auf der ganzen Welt
Unter Wien
MTU-Notstromaggregate für die Wiener U-Bahn
Vertrauen Sie MTU ValueSpares.
Hoffnungsträger der Nation
Transnet – Südafrika setzt auf die Schiene und MTU
24
38
32
48
44
Inhalt
Editorial
16
Liebe Leserinnen und Leser,
Das Heft zur Stadt
Energie
Dr. Ulrich Dohle ist Vorsitzender des
Vorstands der Rolls-Royce Power
Systems AG sowie Vorsitzender der
Geschäftsführung der MTU Friedrichshafen GmbH.
bereits in den 1920er-Jahren hatte Karl Maybach die Vision, Fahrzeuge
„in der Luft, zu Wasser und zu Land“ mit seinen Motoren zu betreiben.
Auch in Urkunden zur Gründung unserer Mutterfirma Rolls-Royce aus
dem Jahr 1904 sind diese Visionen schon enthalten. Bis heute steht
„zu Lande und zu Wasser“ für das Sinnbild unserer Arbeit. Diesel- und
Gasmotoren von MTU und Bergen Engines sowie Energieanlagen von
MTU Onsite Energy findet man auf der ganzen Welt. Dies zeigen wir
auch mit den drei neuen Ausgaben des MTU Reports im Jahr 2015. In
der Stadt, auf dem Land oder auf dem Wasser – jedes der drei Hefte
steht unter einem ganz besonderen Schwerpunkt. In dieser Ausgabe
geht es schwerpunktmäßig um das Leben in der Stadt. Welchen Mehrwert bringen unsere Motoren oder Energieanlagen den Städten und
ihren Bewohnern? Wie entwickeln sich die Städte der Zukunft? Fragen,
die wir Ihnen gerne in diesem Heft beantworten möchten.
Wenn ich an Städte denke, dann denke ich an viele Häuser, Menschen
und das rasante Leben. Aber was passiert, wenn zum Beispiel bei
der U-Bahn in Wien der Strom ausfällt? Es wäre kein unlösbares Problem, denn die MTU-Notstromaggregate würden sofort ihren Dienst
antreten. Ein BHKW von MTU Onsite Energy versorgt einen Stadtteil
von Norderstedt mit Fernwärme und sorgt damit für warme Räume in
den Häusern. Oder sind Sie schon einmal in Miami gewesen? Unsere
Redakteure waren für Sie in vielen Städten unterwegs und haben sich
angeschaut, in wie vielen Endprodukten ein MTU-Kern steckt.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Entdecken, in welchen Ecken
einer Stadt sich überall MTU-Produkte verstecken.
16 Unter Wien
In der Stadt Wien fahren bis zu 1,5 Millionen Menschen täglich mit der U-Bahn. Damit auch im Notfall nicht das Licht ausgeht, stehen vier MTU-Notstromaggregate bereit.
24 Der Puls der Stadt
Die Mega-City Miami schläft nie. Kommen Sie mit uns auf eine Reise
durch Miami und sehen Sie, wie viele MTU-Motoren und -Aggregate
sich hier verstecken.
Zukunft
30 Die Stadt der Zukunft
In der Stadt der Zukunft wird sich einiges verändern.
Was genau, lesen Sie hier.
Energie
32 Die erfundene Stadt
Ein Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy hilft der Stadt
Norderstedt bei der Versorgung ihrer Einwohner mit Wärme.
36 Stadtmaus und Landmaus
Ein Comic über den Besuch der Landmaus bei ihrem Cousin
der Stadtmaus.
37 Aus dem Ölsumpf
54
Bahn
38 Hoffnungsträger der Nation
Südafrika investiert in die Schiene. Was dahinter und wie viel MTU
darin steckt, erfahren Sie hier.
Mining
44 Goldene Aussichten
Jährlich werden in der Wharf-Mine bis zu 2.500 Kilogramm pures
Gold gewonnen. Um das wertvolle Edelmetall zu fördern, ist ein
Sprengloch-Bohrer mit MTU-Motoren im Dauereinsatz.
Energie
48 Kleben, färben, duften
Ob Straßenmarkierungen, Kleb- und Duftstoffe, Servietten oder
Tapetenbeschichtungen – das Chemieunternehmen Follmann
macht unseren Alltag bunt, duftend und klebend.
Bahn
54 Martina – allein unter Männern
Um bis zu 3.000 Tonnen schwere Züge zu ziehen, sind Lok
Martina und der MTU-Bahnmotor der Baureihe 1600 im Schwersteinsatz bei Voestalpine.
Service
60 Teile in Eile
Mit dem Ersatzteil einmal rund um die Welt. Dank der Vernetzung
der drei großen Ersatzteil-Logistikzentren von MTU ist dies kein
Problem.
Technologie
64 Wie machen wir... Kontakt
Stromaggregate zu verkabeln, ist kein einfaches Unterfangen.
Apropos
Ihr Ulrich Dohle
66Nachbehandlung
Was unsere Redakteure besonders beeindruckt hat.
Das Jahr von Stadt, Land, Wasser
Unterschiedlicher könnten die Strukturen in Stadt, Land und Wasser kaum
sein. Und doch braucht man überall Antriebe. MTU-Motoren und -Aggregate
findet man auf der ganzen Welt – egal ob in der Stadt, auf dem Land oder am
Wasser. Gehen Sie mit uns auf eine Reise um den Globus und entdecken Sie
in der ersten Ausgabe das Leben in der Stadt.
2 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 3
Aktuell
Die Legende räumt
Während sie im Jahr 1962 Kinder in die Schule und
Familien in den Urlaub brachte, sorgt sie heute für
freie Bahnschienen im Winter – das Streckengebiet ist
jedoch dasselbe geblieben: Eine Lokomotive der ehemaligen Baureihe V 200 der Deutschen Bahn ist als
Schienenschneeräumer im Süden Deutschlands im
Einsatz und fährt mit zwei 12V 4000 MTU-Motoren.
Anfang der 1960er-Jahre wurden 50 Loks der DB-Baureihe V 200.1, später 221, gebaut. Für Eisenbahnfreunde ist das etwas Besonderes, denn die V 200
bringt Nostalgie ins Allgäu. Von 1962 bis 1975 waren
16 Loks in Kempten beheimatet und schon damals auf
den Schienen im Allgäu unterwegs. Die Loks dieser
Baureihe symbolisierten in den 1960er-Jahren den
Wechsel von der Dampflok zur Diesellok bei der
Deutschen Bundesbahn. Auf der Allgäu- wie auch auf
der Schwarzwaldbahn wurden aufgrund der schwierigen topographischen Verhältnisse die Loks mit den
Viertaktmotoren von Daimler-Benz benötigt, die mit
der Gründung der MTU zur MTU-Baureihe 652 wurden. Nur noch wenige Loks laufen mit den original
Daimler-Benz 12V 652-Motoren – aber alle haben noch
die original Maybach Mekydro-Getriebe.
Die dunkelgrau-rote Lok schiebt einen Schneepflug,
der in diesem Winter das Schienennetz im Allgäu vom
Schnee befreit. Die Zug- und Schiebelokomotive ist
von Kempten aus überwiegend nach Pfronten, Füssen,
Oberstdorf und Lindau unterwegs. Sobald 15 bis 20
Zentimeter über der Schienenoberkante liegen, werden die Räumungsfahrten gestartet. Diesen Winter
musste die Allgäuer Schienenschneeräumer-Lok nur
selten ausrücken: Maximal fünf bis sechs Tage für
zehn bis zwölf Stunden. Heute sind die erhaltenen
16 Loks der DB-Baureihe V 200.1 (221) über ganz
Deutschland verstreut, teils noch auf den Schienen,
teils in Museen ausgestellt. 4 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 5
Aktuell
Rasender Condor
Mit bis zu 70 Stundenkilometer über das Wasser
heizen – was für Yacht-Besitzer fast schon Normalität
ist, können nun auch England-Besucher erleben. Mit
dem neuen Trimaran Condor Liberation geht es in
Höchstgeschwindigkeit von England über den Ärmelkanal zu den britischen Kanalinseln und wieder
zurück. Pro Fahrt haben bis zu 245 Autos und 880
Passagiere auf dem Schiff Platz, welches für den
britischen Schiffsbetreiber Condor Ferries im Einsatz
ist. Der Hochgeschwindigkeits-Trimaran ist eine
Weiterentwicklung des im Jahr 2005 ebenfalls von
der australischen Austal-Werft gebauten Benchijigua
Express, der zwischen den kanarischen Inseln Teneriffa und La Gomera pendelt. Der neue 102 Meter
lange Austal-Trimaran hat einiges gemeinsam mit
seiner älteren Schwester Benchijigua Express. Beide
sind mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40
Knoten (das entspricht etwa 70 Stundenkilometern)
schneller als so manche Megayacht. Einziger Unterschied – Condor Liberation reichen dafür drei 10.000
Kilowatt starke 20-Zylinder-MTU-Motoren vom Typ
8000 M71L. Der Benchijigua Express dagegen benötigt vier MTU-8000er. Vier 270 Kilowatt starke Gensets
der MTU-Baureihe S60 versorgen den neuen Trimaran Condor Liberation zusätzlich mit Bordstrom. Für
einen reibungslosen Betrieb hat Condor Ferries einen
Vollwartungsvertrag mit MTU geschlossen. Dieser
beinhaltet alle für die nächsten fünf Jahre vorgesehenen Präventivwartungen und Reparaturen. Dank
der britischen Tochtergesellschaft MTU UK ist das
Servicepersonal schnell vor Ort. 6 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 7
Aktuell
Rüsseltier
Na, wie sieht der denn aus? Gemeint ist hier nicht das auffällige
Design mit der amerikanischen Flagge. Nein, Front-Entladungs-Betonmischer sieht man auf der ganzen Welt vergleichsweise selten – außer
in Amerika. Meistens kennt man die Lastwagen mit den großen
Mischtrommeln auf dem Rücken. In Amerika sind die Front-Entlader
wie zum Beispiel von Terex aber keine Seltenheit. Hier sitzt die Mischtrommel direkt hinter der Fahrerkabine, die Ausschütt-Rutsche führt
über das Führerhaus. Zwar sind die Heck-Entlader günstiger – trotzdem bietet der Front-Entlader so einige Vorteile. Auch hier wird die
Betonpaste aus Portlandzement, Wasser und Sand vermischt und
direkt in der Trommel des Lkws zur Baustelle geliefert. Der große
Unterschied ist, dass die Rutsche deutlich länger als bei den Heck-Entladern ist. Damit kann der Lkw-Fahrer direkt zu der Stelle fahren, an
der der Beton benötigt wird. Mithilfe der hydraulisch geregelten
Rutsche kann er den Beton punktgenau abladen. Das spart deutlich
Zeit. Damit die Front-Entlader-Betonmischer den hohen Belastungen
standhalten, werden sie von MTU-Motoren der Baureihe 1300 mit
einer Leistung von 260 bis 335 Kilowatt angetrieben. Die Motoren
sind hier im hinteren Teil des Lastwagens eingebaut, damit dieser
nicht nach vorne überkippen kann. Eingesetzt werden die Front-Entladungs-Betonmischer zum Beispiel beim Bau von Häusern, Schulen,
Krankenhäusern, Dämmen, Autobahnen oder Eisenbahnsystemen. 8 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 9
Nachrichten
Kurz notiert:
MTU Middle East gegründet
MTU Middle East ist neue Regionalgesellschaft für Vertrieb und Service
in Dubai. Sie unterstützt Distributoren
und Geschäftspartner von MTU-, MTU
Onsite Energy- und Bergen-Produkten
in 21 Ländern im Nahen und Mittleren
Osten sowie in Nordafrika. Vor Ort
sind eigene MTU-Servicetechniker. Ein
eigenes Warenlager mit Ersatzteillager
garantiert kurze Reaktionszeiten und
eine hohe Verfügbarkeit.
VPower ist das erste Unternehmen, das ein
Gaskraftwerk liefert, baut und betreibt, das
direkt an das 230 Kilovolt Übertragungsnetz
des Landes angeschlossen ist.
32 Gasaggregate sichern Stromversorgung für Myanmar
Gasbetriebene Generatoraggregate der Marke MTU Onsite Energy gewährleisten die öffentliche Stromversorgung Myanmars. Die VPower Group,
einer der weltweit führenden Anbieter von dezentralen Stromerzeugungssystemen, hat eine Vereinbarung mit Myanmar Electric Power Enterprise
(MEPE) geschlossen und wird das Land mit einem Gaskraftwerk zur Stabilisierung der Stromversorgung unterstützen. Das neue Kraftwerk befindet
sich in der Nähe der aufstrebenden Sonderwirtschaftszone Kyauk Phyu.
VPower ist damit das erste Unternehmen, das ein Gaskraftwerk liefert, baut
und betreibt, das direkt an das 230 Kilovolt starke Übertragungsnetz des
Landes angeschlossen ist. In der Regel werden zur Stabilisierung der Stromversorgung betriebene Kraftwerke an 33-Kilovolt-Übertragungsleitungen
angeschlossen.
Eine stabile Stromversorgung ist essenziell, um Myanmar für ausländische Investoren interessant zu machen. Mit einem Investitionsvolumen
von 13,29 Milliarden Dollar per Dezember 2014 steht der Energiesektor bei
den ausländischen Direktinvestitionen in Myanmar an zweiter Stelle. Für die
kommenden Jahre geht der Internationale Währungsfonds für Myanmar von
einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 8,25 Prozent aus.
VPower verlässt sich zur Gewährleistung einer schnellen, zuverlässigen
Stromversorgung für Myanmar auf modernste Motortechnologie von MTU
Onsite Energy. Im Rahmen des Gaskraftwerk-Projekts, das Bau, Eigentum
10 I MTU Report 01/15
Express-Landung in England
Der erste Class 800 Vorserienzug für Großbritanniens Intercity Express Programm (IEP)
ist im englischen Southampton angekommen.
Sein Antrieb: Ein MTU-PowerPack® der Baureihe 1600. Im Januar dieses Jahres ist der Zug aus
der Hitachi-Fabrik im japanischen Kasado nach
Europa verschifft worden. Seit April ist er nahe
Nottingham für Testfahrten mit verschiedenen
Messinstrumenten unterwegs. Das britische Verkehrsministerium hat beim britischen Konsortium
Agility Trains 122 Züge mit rund 866 Wagen für
MTU liefert für die IEP-Züge
mindestens 252 jeweils 700
Kilowatt starke PowerPacks®.
das Intercity Express Programm (IEP) bestellt.
MTU liefert für diese Züge mindestens 252
jeweils 700 Kilowatt starke PowerPacks®. Kern
der Antriebsanlagen ist ein MTU-Motor des Typs
12V 1600 R80L. Ab 2017 werden die Züge auf
der Great Western Main Line zwischen London
und Bristol eingesetzt. Ein Jahr später werden sie
auf der East Coast Main Line zwischen London
und Edinburgh fahren. Bis 2020 sollen alle Züge
für die Great Western und East Coast Main Lines
ausgeliefert sein.
und Betrieb des Gaskraftwerks durch VPower vorsieht, hat sich VPower für
MTU Onsite Energy als Lieferanten von 32 gasbetriebenen Generatoraggregaten für das Kraftwerk entschieden. Sie werden mehr als 45 Megawatt in
das Stromnetz des Landes einspeisen. Die Erdgasmotoren der MTU-Baureihe 4000 sind das Ergebnis von über 100 Jahren umfassender Erfahrung
in den Bereichen Motorentwicklung und -produktion bei MTU. Die 16-Zylinder-Motoren des Typs 4000 L32 haben eine elektrische Motorleistung von
1.560 Kilowatt, 400 Volt und 50 Hertz und setzen Maßstäbe hinsichtlich
Leistung, Effizienz und geringen Emissionen.
„Bei diesem Prestigeprojekt der Stromversorgung kommt die neueste
Generation der gasbetriebenen Generatoraggregate von MTU Onsite Energy
zum Einsatz“, sagte Heinz Bruckmann, Vertriebsleiter von MTU Asia Pte Ltd.
„Dies ist eines der zukunftsweisenden Projekte, bei denen wir mit VPower
zusammenarbeiten und gleichzeitig ein wesentlicher Schritt, Myanmar mit
moderner Technologie zur Energieerzeugung auszustatten.“
Das neue Gaskraftwerk wurde in weniger als vier Monaten fertiggestellt.
VPower mit Sitz in Hongkong ist spezialisiert auf die schnelle Bereitstellung
kostengünstiger Systeme zur Energieerzeugung. MTU Onsite Energy und
VPower haben bereits bei einem anderen Leuchtturmprojekt zusammengearbeitet: dem größten Kraftwerk Indonesiens, welches 81 Megawatt Energie erzeugt.
MTU Türkei erhält Großauftrag für die Lieferung
von 46 Motoren an die
türkische Werft Ares.
Küstenwache von Katar fährt mit MTU
MTU Türkei hat mit der türkischen Werft Ares
einen Vertrag über die Lieferung von 46 Motoren
abgeschlossen. Diese sollen in 17 Patrouillenbooten für die Küstenwache des Wüstenstaates
Katar installiert werden. Die Werft baut zurzeit zwei 47 Meter lange Schnellboote, welche
durch jeweils drei MTU-Motoren der Baureihe
4000 angetrieben werden. Darüber hinaus wer-
den MTU 12V 2000 M84-Dieselmotoren in fünf
Patrouillenboote vom Typ Ares 75 Hercules, die
eine Länge von 24 Metern haben, sowie in zehn
Boote mit 34 Metern Länge vom Typ Ares 110
Hercules installiert. Jedes der Patrouillenboote
wird aus Hochleistungskunststoffen hergestellt,
die diese noch widerstandsfähiger machen.
MTU Middle East bei der Eröffnung 2015.
MTU Report doppelt
nominiert
Die Rolls-Royce Power Systems AG ist
in diesem Jahr zwei Mal für den europäischen Best of Corporate Publishing-Award 2015 (BCP) nominiert.
Zum einen mit dem Webmagazin MTU
Report (www.mtu-report.de) in der
Kategorie Digital Media – Microsite/
Website/B2B. Zum anderen mit dem
Print- und Webmagazin MTU Report,
dem Kunden-Newsletter MTU eReport
und den Social Media-Aktivitäten in der
Kategorie Best Crossmedia Solution/
Industrie. Die Printversion MTU Report
wurde bereits mehrfach mit Silber ausgezeichnet.
MTU eReport übersteigt
10.000-Abonnenten-Marke
Über 10.000 Abonnenten weltweit
erhalten regelmäßig den OnlineNewsletter MTU eReport. Dieser wurde
vor fünf Jahren eingeführt und bietet
einiges: Leser können die Themen ihres
Interesses auswählen und er passt sich
automatisch an jedes Endgerät an.
Außerdem ist der Newsletter mit dem
Webmagazin MTU Report verknüpft,
in welchem auch die Artikel des
Printmagazins und weitere Zusatz­
materialien zu finden sind.
Anmeldung unter: www.mtu-report.
com/de-de/Newsletter-de
MTU Report 01/15 I 11
Nachrichten
Die Schneeschleuder von Bernina
Ob auf steilen Gebirgsstrecken oder dem eisigen,
über 2.000 Meter hohen Plateau des Berninapasses – die beiden Schienen-Schneefrässchleudern der Rhätischen Bahn AG hält nichts und
niemand auf, wenn sie während der strengen Wintermonate in Graubünden,
Nordost-Schweiz, den Weg für die
berühmten Bernina-Panoramazüge frei machen.
Bis zu 8.000 Tonnen Schnee
fräst jedes
der Fahrzeuge pro Stunde weg. Das ist absolute Spitzenklasse im internationalen Vergleich.
Für ausreichend Power sorgen pro Fahrzeug
zwei MTU-Motoren der Baureihe 500, die auf
Mercedes-Benz-Motoren basieren. Mit zusammen 880 Kilowatt Leistung bringen sie vier mächtige Fräshaspeln und zwei Schleuderräder auf
Touren, die den Schnee bis zu 40 Meter weit
neben das Gleis schleudern. Die Spezialfahrzeuge des Schweizer Herstellers Zaugg haben
keinen eigenen Fahrantrieb und werden deshalb
von einer Lokomotive bewegt. MTU liefert auch
die besonders leistungsstarken Motoren der
Baureihe 4000 für neue, dieselelektrische
Arbeitslokomotiven der Rhätischen Bahn.
Kurz notiert:
25 Jahre MTU Türkei
Sicheres Wasser für
vier Millionen
Per Schwertransport hat der Zweckverband
Bodensee-Wasserversorgung im März ein neues
Notstromaggregat von MTU Onsite Energy erhalten. Das Aggregat erweitert die vorhandene
Notstromanlage und sorgt dafür, dass die Trinkwasserversorgung für vier Millionen Bürger in
Baden-Württemberg bei Stromausfall sichergestellt wird. Mit 6.500 Kilowatt mechanischer Leistung ist der neun Meter lange Energieerzeuger
das stärkste Stromaggregat, das MTU je gebaut
hat. Das Notstromaggregat basiert auf einem
Die Bodensee-Wasserversorgung
erhält das stärkste Stromaggregat, das
je von MTU gebaut wurde.
schnelllaufenden MTU-Dieselmotor des Typs
20V 956 TB34, dessen Leistung im Vergleich
zur Vorgängergeneration um knapp fünf Prozent
höher ist. Mit einem Autokran wurde das Aggregat vor dem neuen Gebäude auf Luftkissen abgestellt und mit Zugwinden hineinbefördert. Es soll
Mitte Mai 2015 in Betrieb gehen. Die BodenseeWasserversorgung betreibt seit 1986 eine Notstromanlage mit zwei MTU-Aggregaten auf dem
Sipplinger Berg. Mit dem neuen Stromaggregat
steigt die Energie von 8,8 auf 15,3 Megawatt.
Das Service-Portfolio MTU ValueCare
bietet ein neues Filtersystem für
Mining-Motoren der Baureihe 4000 an.
Neues Filter-Kit-System für Mining-Motoren
Die Schienen-Schneefrässchleudern der
Schweizer Bahngesellschaft „Rhätische
Bahn“ fräsen den Weg frei für die berühmten
Bernina-Panoramazüge. Das Fräs-Fahrzeug (gelb)
wird von einer Lokomotive (nicht im Bild) bewegt.
12 I MTU Report 01/15
Seit April ist ein Kraftstofffilter-Kit-System zur Nachrüstung von MTU-Mining-Motoren der Baureihe
4000 verfügbar. Das MTU Fuel Filtration Upgrade Kit ermöglicht eine stufenweise Optimierung der
Kraftstofffiltrierung beim Betrieb mit verunreinigtem Kraftstoff. Die Filtration der Primär- als auch
Sekundär-Filterstufe kann dadurch auf insgesamt 99,97 beziehungsweise 99,9 Prozent (4μm) gesteigert werden. Dies erhöht die Standzeit der Injektoren und reduziert die Betriebskosten für den Kunden. Mit den optional zusätzlichen Upgrade-Kit-Systemen MTU Duplex Primary und Pre Filtration lassen
sich in weiteren Optimierungsschritten die Standzeit der Kraftstofffilter optimieren und die Wechselintervalle reduzieren.
Aus einem Büro in Etiler am Bosporus
und später einer kleinen Werkstatt in
Samandira, Istanbul, entstand 1990
MTU Türkei. 2002 wurde der Standort
Hadimköy bezogen. Die Fertigungslinie
für Zylinderbuchsen der Baureihe 4000
wurde im Herbst 2009 eröffnet. Am 12.
Juni 2014 eröffnete in Kartal, Istanbul,
das neue „Vertriebs- Marketing- und
Servicezentrum“.
MTU Türkei in Istanbul.
150.000-ste Reman-Injektor
Am 5. Februar 2015 wurde der
150.000-ste Reman-Injektor gefahren.
Der Common-Rail-Injektor wurde für
die MTU-Baureihe 4000.01 gefertigt.
Seit 1999 bietet L'Orange das Remanufacturing gebrauchter Injektoren an.
Reman-Injektoren brauchen etwa 25
Prozent weniger Ressourcen als Neuprodukte. Im Werk in Glatten durchlaufen alle Injektoren einen dreistufigen
Reman-Prozess: vom Kernbefund über
die Aufbereitung bis zum Qualitätstest.
Neuer Yacht-Service
Der neue MTU Premium Yacht Service
bietet Yachtkunden ein erweitertes,
globales Serviceprogramm, welches
über das gesamte Motorleben reicht.
Dieses beinhaltet eine erweiterte
Gewährleistung auf bis zu elf Jahre,
eine Wiederaufnahme der Gewährleistung auf gebrauchte MTU-Motoren,
-Getriebe und –Automation, individuell
gestaltbare Wartungsverträge, eine
24/7-Servicehotline und MTU-Trainings, die speziell auf die Bedürfnisse
des Kunden abgestimmt werden.
MTU Report 01/15 I 13
14 I MTU Report 01/15
Kleinstadt
U-Bahn
Laut
Zukunftsstadt
SCHAUFENSTER
LEBEN
Flanieren
Business
RADWEG
Rathaus
STRASSENNETZ
MÜLLENTSORGUNG
Ballungsraum
FUSSGÄNGERZONE
Vorstadt
Innenstadt
SMOG
BAUSTELLEN
Stadtplan
PENTHOUSE
RUSHHOUR Trubel
SKYLINE
Megacitys
Konsum
Energie
Beton
Kultur
Strom/Wärme
Tempo
TAXI
Bus MIAMI
Straßenverkehr
Wolkenkratzer
Stadtbahnhof
METROPOLE
STRASSENCAFÉ
URBANISIERUNG
Städter
Leben in der Stadt
Mit dem Heft „Leben in der Stadt“ beginnt die neue
MTU Report-Trilogie: „Leben in der Stadt“, „Leben
auf dem Land“, „Leben mit Wasser“. Wir kennen
viele verschiedene Arten von Städten: Megacitys,
Kleinstädte und Metropolen, Städte mit Vorstädten
oder einem geballten Stadtkern. Bleibt dies so?
oder „wie sieht die Stadt der Zukunft aus?“ oder
„wie ist das Leben in einer Stadt mit unverwechselbarer Skyline wie Miami?“. In einer Stadt geht es
aber auch um die Stromversorgung der Bürger, wie
wir am Beispiel der Stadt Norderstedt zeigen. Die
U-Bahn ist in vielen Städten das zentrale Fortbewegungsmittel. Wir erklären, was passieren würde,
wenn der Strom ausfällt.
MTU Report 01/15 I 15
Energie
METROPOLE
Tempo
TAXI
PENTHOUSE
RUSHHOUR
SKYLINE
Trubel
Konsum
Energie
U-Bahn
Beton
Kultur
Vorstadt Kleinstadt
Innenstadt
SMOG
BAUSTELLEN
Zukunftsstadt URBANISIERUNG
Stadtplan
SCHAUFENSTER
Megacitys
Laut
LEBEN
Städter
FLANIEREN
Business
RADWEG
Rathaus
STRASSENNETZ
MÜLLENTSORGUNG
Unter Wien
Strom/Wärme
Bus MIAMI
Straßenverkehr
Wolkenkratzer
Stadtbahnhof
1
STRASSENCAFÉ
Ballungsraum
FUSSGÄNGERZONE
Notstromaggregate für die Wiener U-Bahn
2
3
4
1- 4 Weltbekannte Adressen in Wien: Das Riesenrad
im Prater, die Wiener Oper, die Wiener Hofburg und
die Shoppingmeile Kärntner Straße.
16 I MTU Report 01/15
Die U-Bahn in Wien ist sehr gut vernetzt. Bis zu 104 verschiedene Stationen werden von den Untergrundbahnen angefahren. Eine davon ist direkt am Stephansplatz mit Blick auf
den Stephansdom.
Was macht die lebenswerteste Stadt der Welt eigentlich so lebenswert? In der
österreichischen Hauptstadt Wien stimmt einfach alles. Die historische
Innenstadt gehört mit den alten sandfarbenen Gebäuden, der Wiener
Hofburg, der Oper, dem Riesenrad und dem Stephansdom zum Weltkulturerbe. Das kulturelle Angebot, die aufgeschlossenen und
freundlichen Menschen und die Sauberkeit erzeugen bei
jedem ein Wohlgefühl. Und da sind die öffentlichen Verkehrsmittel der Wiener Linien – mit U-Bahn, Straßenbahn und Bus kommt man in jeden Winkel der
Großstadt. Damit gerade in der U-Bahn im Notfall das Licht brennt, wird das komplette
U-Bahn-Netz von derzeit vier MTU-Notstromaggregaten versorgt.
MTU Report 01/15 I 17
Energie
Historische Gebäude im Jugendstil sind in Wien keine Seltenheit. Wie hier der ehemalige Eingang der Wiener Stadtbahn.
Der Linienplan der Wiener U-Bahn: Die verschiedenen Farben kennzeichnen die unterschiedlichen Linien U1, U2, U3, U4 und U6.
Marmorböden, moderne Kunst und Säulen im Holz-Look – die verschiedenen Stationen, wie
hier die Station Karlsplatz, wirken freundlich und sauber.
Reinhard Glaser (Wiener Linien) und Michael Tomes (K&W) begutachten zusammen einen der eingesetzten MTU-Motoren der Baureihe 956.
Zum siebten Mal in Folge wurde die österreichische Bundeshauptstadt in diesem Jahr zur international lebenswertesten
Stadt der Welt gewählt. Wer einmal da war, wundert sich darüber nicht. Etwa die Hälfte der Stadt ist Grünfläche, die alten
Gebäude laden zum Flanieren ein, die Donau zum Baden und
«Täglich fahren bis zu eineinhalb Millionen Menschen
mit der U-Bahn - Tendenz steigend.
»
Reinhard Glaser, Wiener Linien
MTU in Wien
ME M O
auch der Gaumenschmaus kommt nicht zu kurz. Wer hier
war, geht nicht, ohne ein original „Wiener Schnitzel“ und eine
Sacher-Torte gegessen zu haben. Prunkvoll steht der Stephansdom mitten in der Innenstadt. Auf der Shoppingmeile, der
Kärntner Straße, wimmelt es von Menschen. An vielen Ecken
In Wien schlendert man an so einigen MTU-Motoren oder -Aggregaten vorbei. Zum Beispiel sind weitere
Notstromaggregate in einem Krankenhaus, in Kraftwerken oder in Datencentern. Binnenschiffe auf der
Donau fahren mit MTU-Antrieben und am Flughafen, im Bahnhof oder in diversen Rundfunkstationen
sorgen die Aggregate für Strom und Wärme zur richtigen Zeit. Sogar in der Nobeleinkaufsstraße, der
Kärntner Straße, findet man ein Notstromaggregat der Baureihe 2000 in einem der Einkaufszentren.
18 I MTU Report 01/15
der Stadt sieht man die blauen Würfel mit dem großen „U“. Nach U-Bahn-Stationen muss man hier nicht lange
suchen. Auch die gute Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln macht Wien für alle Altersklassen lebenswert.
Den über 1,8 Millionen Wienern stehen mit der U1, U2, U3,
U4 und U6 insgesamt fünf U-Bahn-Linien zur Verfügung. Das
sind bereits 79 Kilometer Schienennetz – aber es soll zum
Beispiel mit der U5 weiter wachsen. Dabei gehört die U-Bahn
zu den jungen Hüpfern. Sie wurde erst 1978 gebaut und ist
damit gerade mal knapp 40 Jahre alt. Zum Vergleich: Die
vier ältesten europäischen U-Bahnen in London, Budapest,
Glasgow und Paris sind bereits zwischen 1860 und 1896 in
Betrieb gegangen.
Die Silberpfeile
Betrieben wird die U-Bahn in Wien von den Wiener Linien.
„Die Wiener U-Bahn ist das beliebteste Verkehrsmittel der
Stadt Wien“, freut sich Reinhard Glaser, Technischer Referent
bei den Wiener Linien. „Täglich fahren bis zu eineinhalb Millionen Menschen damit – Tendenz steigend.“ Zur Arbeit, zur
Schule, als Tourist oder zum Ausflug mit dem Kindergarten
– man sieht alle Altersklassen in der Wiener U-Bahn. Große
Eingänge, Marmorböden und moderne Kunst stechen einem
beim Betreten der Stationen ins Auge. Mit Rolltreppen geht es
vom Tageslicht in die genauso hellen, mit Neonlicht erfüllten
U-Bahn-Stationen hin zu den Bahngleisen. Innerhalb weniger
Minuten sausen die „Silberpfeile“, wie die U-Bahnen unter den
Einheimischen genannt werden, in die U-Bahn-Stationen ein.
MTU Report 01/15 I 19
Energie
Fahrgäste warten auf die einfahrende U-Bahn. Im
Falle eines Stromausfalls bleibt diese stehen, da der
erzeugte Strom nicht ausreichen würde.
Zuerst hört man in den dunklen Röhren ein donnerndes Rollen, dann das Rattern auf den Schienen. Die silbernen U-Bahnen schießen rein, begleitet von einem ziemlichen Windstoß
und quietschenden Bremsen. Türen gehen auf, ein Schwall
Passagiere steigt aus, mindestens genauso viele wieder ein.
Bis zu 80 Kilometer pro Stunde erreichen die U-Bahn-Züge. Es
ist Rushhour – die Menschen müssen zur Arbeit. Ein wildes
Gehetze vom einen auf den anderen Zug. Die verschiedenen
Schuhsohlen klackern auf dem Boden, das Stimmen-Wirrwarr hallt nach, dazu Ansagen aus den Lautsprechern. Klack
– die Türen schließen, ein Zischen und die U-Bahn verschwindet in der dunklen Röhre genauso schnell wie sie gekommen
ist. Verpasst man einen Zug, kommt in wenigen Minuten der
nächste. „Das Besondere an der Wiener U-Bahn sind die sauberen Stationen, die dichten Intervalle und die hohe Zuverlässigkeit der U-Bahn“, erklärt Glaser. „So kommen die Fahrgäste
schnell durch die Stadt.“ In den Stationen wird den Fahrgästen auch einiges geboten. Die U-Bahn-Haltestelle Karlsplatz ist
mit Marmorboden geziert. Leuchtschilder weisen den Weg zu
den unterschiedlichen Linien und Sehenswürdigkeiten. Selbst
in den Toiletten läuft klassische Musik. Beleuchtete Reklameschilder, riesige Bildschirme mit den aktuellsten Nachrichten
aus aller Welt, Leuchtschrift auf dem Boden – Strom ist hier
wichtig.
„Im Normalfall erfolgt die Stromversorgung über eine Haupteinspeisung beziehungsweise kann auf eine Reserveeinspeisung umgeschaltet werden“, erläutert Glaser den Vorgang.
Damit aber auch im Falle eines Stromausfalls alles weiter funktioniert, versorgen vier MTU-Notstromaggregate die U-Bahn-
Mit drei Metern Höhe beeindruckt der 956er den Servicemechaniker Lukas Sajdak von K&W vor allem durch seine Größe.
Stationen mit Strom. „Im Falle eines Stromausfalles würden
die Notstromaggregate die Stromversorgung sichern. Das
bedeutet, dass die Lichtanlagen, Fahrtreppen, Steuerungsanlagen, Signalanlagen und zentralen Durchsagen der zentralen Leitstelle weiter funktionieren würden“, erklärt Glaser. So
fahren zum Beispiel die Aufzüge an einen vordefinierten Haltepunkt, öffnen automatisch die Türen und lassen die Fahrgäste
aussteigen. Die Stationsbeleuchtung bleibt ebenfalls in vollem
Umfang erhalten. Dadurch können die Personen sicher aus
den U-Bahn-Stationen evakuiert und diese anschließend
geschlossen werden. Um die einzelnen U-Bahn-Stationen mit
genügend Strom zu versorgen, werden pro U-Bahn-Linie bis zu
zwei Megawatt Leistung benötigt. Dies wäre für die U-BahnZüge zu wenig. Sie bleiben bei einem Stromausfall einfach
stehen.
die Projektabwicklung beim MTU-Distributor K&W zuständig
ist. „Die Motoren werden beim Probelauf mit einer Auslastung
von 80 Prozent betrieben.“ Bisher gab es zum Glück noch
Motoren an Ort und Stelle
Seit 2003 sorgen MTU-Notstromaggregate für die Sicherheit
in der U-Bahn. Die ersten drei MTU-Motoren vom Typ 20V
956 TB32 wurden 2003 installiert. Sie stehen direkt in den
U-Bahn-Stationen Karlsplatz, Schottenring und Praterstern.
Jeder der Motoren liefert hier eine mechanische Leistung von
4.400 Kilowatt. Die Motoren stehen in unterirdischen Maschinenräumen, die Schallfilteranlagen in schön designten Gebäuden im Freien. Wie zum Beispiel am Karlsplatz, einem der
Verkehrsknotenpunkte in Wien. Kein Passant würde denken,
dass sich hier in einem Keller ein drei Meter hoher und 21,5
Tonnen schwerer, blauer MTU-Koloss versteckt. Dank der Isolierungen hört man von den Motoren nichts, auch nicht wenn
sie im Betrieb sind. „Einmal im Monat gibt es einen Testlauf,
um den Ernstfall zu simulieren“, erklärt Michael Tomes, der für
Der Sonderling 956
Der MTU-Distributor K&W installiert und wartet die Motoren.
„Wenn die Motoren neu eingesetzt werden, haben wir einen
Fünf-Jahres-Servicevertrag mit den Wiener Linien“, erzählt
Tomes. „Danach wird jährlich neu ausgeschrieben.“ Die K&WMonteure werden extra für den Einsatz am 956er geschult.
„Das Besondere an diesen Motoren ist die beeindruckende
Größe“, freut sich Lukas Sajdak, Servicemechaniker bei K&W.
„Technisch hat der Motor einiges zu bieten: Er wird über
das MTU-eigene Motorkontrollsystem ADEC-Uni überwacht
und kontrolliert, er hat acht integrierte Turbolader und ein
Luft-Starter-System, mit welchem die Anlage in unter zehn
Sekunden startet.“ Für MTU waren die Motoren für die Wiener U-Bahn eine Herausforderung. „Wir mussten die Motoren
zum ersten Mal technisch für eine solche Notstromanwen-
«Einmal im Monat gibt es einen Testlauf, um den
Ernstfall zu simulieren.
»
Michael Tomes, K&W Drive Systems
keinen Stromausfall, aber die Motoren würden funktionieren,
wenn sie gebraucht werden würden. 2013 folgte ein Motor
der neuen Entwicklungsstufe 16V 956 TB33 mit einer mechanischen Leistung von 5.000 Kilowatt. Dieser steht auf dem
Betriebsgelände Wasserleitungswiese. Alle vier zusammen versorgen im Moment das komplette U-Bahn-Netz in Wien.
Dank der MTU-Notstromaggregate könnten die
Fahrgäste auch bei Stromausfall die U-Bahn-Stationen sicher über die Rolltreppen verlassen.
20 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 21
Energie
Die Wiener U-Bahn zählt in etwa 440 Millionen Fahrgäste im Jahr. Gerade in der Rushhour fahren viele
Menschen mit der U-Bahn zur Arbeit oder in die Schule.
Mithilfe von Anzeigetafeln erhalten die Fahrgäste
wichtige Informationen zu den nächsten Zügen.
Solche Tafeln werden zum Beispiel auch bei Stromausfall weiter leuchten.
Projektkoordinator Giovanni Coiro betreut den MTUDistributor K&W beim Projekt mit den Wiener Linien.
Um die einzelnen U-Bahn-Stationen mit genügend Strom zu versorgen, werden pro U-Bahn-Linie bis zu zwei Megawatt Leistung benötigt.
dung auslegen“, erzählt Projektkoordinator Giovanni Coiro von
MTU Friedrichshafen. „Davor wurden die 956er-Motoren nur
in Schiffen und Kernkraftwerken eingesetzt. Hier werden ganz
andere Anforderungen benötigt.“ Vor allem die Selbstüberwachung des Motors spielte hier eine Rolle, da bisher der Regler
«In diesem Notstrom-Segment ist jeder Motor ein
speziell auf den Kunden angepasstes Unikat.
»
Mehr dazu ...
O N L IN E
Giovanni Coiro, MTU Friedrichshafen
Ein Video über die
Notstromaggregate
in der Wiener U-Bahn.
Ohne QR-CodeReader unter
http://bit.ly/1InuHXA
22 I MTU Report 01/15
an eine externe Quelle angeschlossen war. „Mithilfe der
neuen ADEC-Uni-Regler wurde der Motor so ausgelegt, dass
er die Signale gleich auswerten kann, um darauf entsprechend
zu reagieren.“ Die Wiener Linien haben damit einen der ersten
956er-Motoren für eine solche Art des Notstroms bekommen.
„Gerade in diesem Notstrom-Segment ist jeder Motor ein Unikat“, erzählt Coiro. „Anders als bei den Serienprodukten muss
hier jeder Motor speziell auf die Anforderungen des Kunden
angepasst werden.“ Im Falle der Wiener U-Bahn waren diese
Anforderungen klar: Der Strom muss fließen, um allen Menschen einen sicheren Weg aus den Stationen zu gewährleisten.
Zukunftsmusik
Um Wien noch lebenswerter zu machen, wird die U-Bahn in
Zukunft weiter ausgebaut werden. Die U2 soll in den kommenden Jahren erweitert werden und auch die U5 wird gerade geplant. Die Verlängerung der U-Bahn-Linie U1 ist bereits
im Bau, damit die Wiener zum Entspannen in die Therme Wien
fahren können und Zehntausende Menschen im Süden Wiens
besser ans Zentrum angebunden sind. In diesem Sommer soll
auf dieser Strecke bei der Station Neulaa ein neues Notstromaggregat von MTU in Betrieb genommen werden. Auch dieser
16V 956 TB33 wird seine mechanische Leistung von 5.000
Kilowatt unter der Erde verstecken. Der extra für die Wiener
Linien angefertigte Maschinenraum ist bereits fertig. Er wartet
nur noch auf sein schweres, blaues, eisernes Herz.
Text: Yvonne Wirth; Bilder: Robert Hack
Ihre Fragen beantwortet:
Giovanni Coiro
giovanni.coiro@mtu-online.com
Tel. +49 7541 90-3275
Wien
Deutschland
Linz
Österreich
Schweiz
Italien
MTU Brown
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CMYK
MTU Brown
80% der Farbe
CMYK
MTU Blue
50-25-0-10
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MTU Blue
80% der Farbe
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Slowenien
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20%
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Kroatien
Adria
MTU Report 01/15 I 23
PENTHOUSE
RUSHHOUR Trubel
SKYLINE
Megacitys
Konsum
Energie
STRASSENNETZ
MÜLLENTSORGUNG
Rathaus
Stadtbahnhof
MIAMI
Kultur
Beton
Vorstadt Kleinstadt
Innenstadt
SMOG
BAUSTELLEN
Zukunftsstadt URBANISIERUNG
Stadtplan
SCHAUFENSTER
Städter
Laut
LEBEN
FLANIEREN
Business
RADWEG
Bus U-Bahn
Straßenverkehr
Wolkenkratzer
Der Puls der Stadt
METROPOLE
Tempo
TAXI
STRASSENCAFÉ
Strom/Wärme
Ballungsraum
FUSSGÄNGERZONE
Energie
Miami - Eine Megacity mit Flair
Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz wurde Miami in weniger als einem Jahrhundert vom
indianischen Handelsposten zur Metropole. 1896
erhielt der Ort das Stadtrecht – damals lebten hier
etwa 300 Einwohner. In den 1920er-Jahren zog
Miami Beach Touristen und reiche Industrielle an.
1940 hatte Miami bereits knapp 200.000 Einwohner. Nachdem 1959 in Kuba Fidel Castro an die
Macht gekommen war, wuchs die Stadt weiter,
denn mehrere Hunderttausend Kubaner flohen vor
dem kommunistischen Regime nach Miami.
Der Zuzug der vielen kubanischen Flüchtlinge
prägte das Flair der Stadt, die auch heute noch
für ihr lebendiges Gemisch verschiedener Kulturen bekannt ist. In den 1960er-Jahren siedelten
sich mehr als eine halbe Million Amerikaner kubanischer Herkunft in einer heute als Little Havana
bekannten Gegend an. Heute leben Einwanderer
aus ganz Lateinamerika und der Karibik in Miami.
Die Einwohner sprechen zu Hause meist Spanisch.
Miami ist zum Schmelztiegel geworden – eine
dynamische Mischung aus Eindrücken und Klängen aus aller Welt mit einem ganz eigenen
Lebensgefühl.
Die Stadt erlebte aber auch schwierige Zeiten,
darunter eine Welle der Gewalt in den 1980erJahren und Hurrikan Andrew 1992. Doch Miami
erholte sich und wurde zum blühenden Wirtschaftsstandort und Entertainment-Magnet.
In nur 110 Jahren ist die Bevölkerungszahl auf
über fünf Millionen gewachsen. Dieser schnelle
Zuwachs hat Miami den Beinamen „die magische
Stadt“ beschert: Besucher, die jedes Jahr nach
Miami kommen, sind überrascht, wie stark die
Stadt sich von Jahr zu Jahr vergrößert – geradezu magisch.
Traumhafte Sandstrände, von Palmen gesäumte Flaniermeilen und ein pulsierendes Nachtleben machen Miami
zu einem der beliebtesten Urlaubsziele weltweit. Supermodels und andere Prominente entspannen sich in den
angesagten Clubs in South Beach. Speedboote gleiten
durch das leuchtend türkise Wasser der Biscayne Bay.
Luxuriöse Wohnanlagen glitzern in der Sonne Floridas.
Hinter all diesem Glamour verstecken sich die schweren
Motoren und Aggregate von MTU und MTU Onsite Energy,
um dieses schöne Leben möglich zu machen.
Hoch und höher
Seit 2001 hat sich Miamis Skyline grundlegend
verändert. Gigantische Baukräne, viele davon mit
MTU-Dieselmotoren, sind ständig in Bewegung
und ergänzen die Silhouette der Innenstadt um
neue Bauten. Mehr als 50 neue Hochhäuser mit
einer Höhe von 120 Metern oder mehr wurden
errichtet oder befinden sich im Bau. Die Stadt verfügt über die acht höchsten Wolkenkratzer in Florida, darunter das mit rund 240 Metern höchste
Denver
Detroit
Vereinigte Staaten
Atlanta
Nordatlantischer
Ozean
Miami
MTU Brown
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CMYK
MTU Brown
80% der Farbe
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MTU Blue
80% der Farbe
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Kuba
24 I MTU Report 01/15
Die magische Stadt wird immer größer. Dabei verliert sie das typische
Miami-Flair allerdings nicht.
60%
CMYK
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20%
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60%
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20%
CMYK
Energie
3
3 Über fünf Millionen Menschen leben
in der Megacity Miami.
4 Ausgeprägte Shoppingmeilen laden
zum Flanieren ein. Viele Promis und
Models sind hier zu finden.
1
1 Wer an Miami denkt, denkt an von Palmen
gesäumte Straßen und Sandstrand. Eine Stadt
zum Entspannen.
2 Der Flughafen von Miami ist der zweitwichtigste
Einreiseflughafen für Passagiere aus dem Ausland – größer ist nur der John F. Kennedy International Airport in New York.
2
Auch in der Nacht hat Miami viel zu bieten. Das
pulsierende Nachtleben macht die Nacht zum Tag.
4
Gebäude von Miami: der Four Seasons Hotel &
Tower. In den USA wird die Skyline Miamis nur von
New York City und Chicago übertroffen.
Die Innenstadt Miamis beherbergt die größte
Dichte internationaler Banken in den gesamten
USA sowie viele nationale und internationale
Konzerne. Das Wirtschaftswachstum und die
gestiegene Bevölkerungszahl machten zusätzliche Infrastruktur wie Krankenhäuser, öffentliche
Gebäude und Wasseraufbereitungsanlagen erforderlich. Sie alle benötigen Notstromaggregate:
ein Fall für MTU Onsite Energy.
Strom für den Sonnenstaat
Florida Detroit-Diesel Allison (FDDA) ist der autorisierte Distributor von MTU Onsite Energy-Aggregaten und MTU-Motoren in Florida. 2013 wurde
FDDA von einem der größten MTU-Distributoren
der USA übernommen: Stewart & Stevenson.
Durch dessen Unterstützung kann FDDA nahezu alle Produkte, Teile und Dienstleistungen für
Generatoraggregate im Leistungsbereich von
30 Kilowatt bis 3.250 Kilowatt anbieten.
Im tropischen Klima Miamis ist eine Notstromversorgung unbedingt notwendig. Die Stadt befindet
sich am Südzipfel des sonnenverwöhnten Florida.
Die Sommer sind heiß und feucht. Die meiste
Zeit des Jahres laufen die Klimaanlagen. Bei
längeren Stromausfällen wird es in Gebäuden
schnell drückend schwül. In medizinischen Einrichtungen kann ein Ausfall der Stromversorgung
sogar Menschenleben gefährden. Auch in Flughäfen und Rechenzentren kann ein Stromausfall
katastrophale Auswirkungen haben.
Während der Hurrikansaison in Florida sind heftige Gewitter und Ausfälle der Netzstromversorgung nicht selten. Offiziell geht die Saison vom
26 I MTU Report 01/15
1. Juni bis zum 30. November, doch auch außerhalb der Saison können Hurrikans entstehen. Im
National Hurricane Center mit Sitz in Miami werden für die gesamten USA Hurrikans vorhergesagt und überwacht. Durchschnittlich werden die
USA alle drei Jahre von zwei großen Hurrikans
getroffen.
Schutz vor dem Sturm
1992 traf Hurrikan Andrew auf Florida und verwüstete Miami mit Windgeschwindigkeiten von
bis zu 250 Kilometern pro Stunde. Die entstandenen Schäden wurden auf 26,5 Milliarden USDollar geschätzt. Bevor Hurrikan Katrina 2005
den Golf von Mexiko erreichte, war Hurrikan
Andrew die teuerste Naturkatastrophe in der
Geschichte der USA. Nach Hurrikan Andrew
wurden die Bauvorschriften deutlich verschärft:
Gebäude müssen nun den starken Winden, Überschwemmungen und katastrophalen Schäden,
die mit Wirbelstürmen und starken Hurrikans
einhergehen, standhalten können. Und Generatoraggregate müssen die strengen Sicherheitsordnungen Floridas erfüllen.
In Miami sind die Mieten exorbitant. In vielen
Fällen werden daher die Notstromaggregate der
Gebäude im Freien aufgestellt, um den Innenraum optimal zu nutzen. Hier sind sie jedoch den
tropischen Stürmen der Gegend ausgesetzt. „Was
Notstromaggregate angeht, sind die Bauvorschriften in Florida sehr streng“, sagt Len Hernandez,
Leiter Aggregatevertrieb bei FDDA. „Die Schallkapseln müssen Hurrikan-zertifiziert sein. Außerdem wurden bestimmte Zonen definiert, in denen
bei Hurrikans besonders hohe Windgeschwindigkeiten zu erwarten sind. Hier müssen Generatoraggregate zum Schutz gegen diese Windstärken
mit speziellen kuppelartigen Kapseln geschützt
werden.“
Nach den jüngsten Änderungen der Bauvorschriften in Florida hat MTU Onsite Energy die
standardmäßig in Südflorida verwendeten Schallkapseln so ausgelegt, dass sie Windgeschwindigkeiten von über 300 Kilometern pro Stunde statt
bisher 240 Kilometern pro Stunde aushalten.
Notstromaggregate in den Florida Keys südlich
von Miami sind mit speziell angefertigten Kapseln ausgestattet, die Windgeschwindigkeiten von
mehr als 320 Kilometern pro Stunde standhalten. Ein Sturm dieser Stärke wäre katastrophal.
Bereits ab Windgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde entspricht ein Hurrikan der
höchsten Kategorie 5.
Um für einen längeren Ausfall der Netzstromversorgung gerüstet zu sein, verfügen Notstromaggregate in Florida oft über riesige Kraftstoffbehälter.
„In anderen Bundesstaaten brauchen die Aggregate nur Kraftstoff für einige wenige Betriebsstunden. Da kann der Kraftstofftank relativ klein
ausfallen. In Florida brauchen die meisten Gebäude eine Notstromversorgung, die bis zu sieben
Tage lang aufrechterhalten werden kann“, sagt
Hernandez. „Bei einem 1.000 Kilowatt Generator bedeutet dies ein Tankfassungsvermögen
von etwa 38.000 Litern. Das ist auch ein Grund,
warum sich die Aggregate in Miami am Boden
befinden und nicht – wie etwa in New York City
– auf den Dächern der Gebäude.“
Kein Gebäude ohne Notfallplan
FDDA verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung
mit Notstromaggregaten und hat bereits zahlreiche Gebäude in ganz Miami mit Aggregaten
von MTU Onsite Energy ausgestattet. Darunter
sind sowohl herkömmliche Notstromaggregate für
Hochhäuser, Universitäten und öffentliche Gebäude als auch besonders robuste Aggregate für eine
unterbrechungsfreie Stromversorgung, wie sie
MTU Report 01/15 I 27
Energie
„Das Eingreifboot ist das Rennpferd unter den Schiffen der Küstenwache", erzählt Cesar Sordo. Angetrieben
wird das Schiff von zwei MTU-Dieselmotoren der Baureihe 4000.
Hurrikanes sind in Miami keine Seltenheit. Aggregate
müssen daher besonders robust sein.
etwa in Rechenzentren, Krankenhäusern, Flughäfen und staatlichen Einrichtungen zum Einsatz
kommen.
patrouillen, der Suche nach Drogen und illegalen
Einwanderern sowie im Rahmen der nationalen
Verteidigung zum Einsatz. Angetrieben von zwei
MTU-Dieselmotoren des Typs 20V 4000 erreicht
das 47 Meter lange Schiff eine Spitzengeschwindigkeit von 28 Knoten. Jeder Motor liefert
5.095 PS, eine für die kompakten Abmessungen
sehr hohe Leistung.
MTU Onsite Energy ist überall dort zu finden,
wo es auf eine zuverlässige Notstromversorgung
ankommt. FDDA hat sechs Generatoraggregate
von MTU Onsite Energy an den internationalen
Flughafen von Miami geliefert. Mit mehr als
40 Millionen Passagieren pro Jahr ist er einer der
größten internationalen Flughäfen weltweit. In
den USA ist der Flughafen von Miami der zweitwichtigste Einreiseflughafen für Passagiere aus
dem Ausland – größer ist nur der John F. Kennedy
International Airport in New York.
Auch Terremark Worldwide, ein Tochterunternehmen von Verizon Communications, verlässt sich
bei der Notstromversorgung seines sechsstöckigen Gebäudes auf Aggregate von MTU Onsite
Energy. Das Gebäude beherbergt eines der weltweit größten Rechenzentren. Auch die American
Airlines Arena, Heimat des NBA-Basketballteams
Miami Heat, verfügt über ein Notstromaggregat
von MTU Onsite Energy. Das gleiche gilt für weitere bekannte Gebäude wie das Pérez Art Museum Miami, die City of Miami Gardens City Hall,
das Leon Medical Center und das Hialeah Park
Flamingo Casino.
„Unsere Kunden sind sehr zufrieden mit unseren
Produkten und unserem Service. Unser durchschnittlicher Lastfaktor von 85 Prozent ist eines
unserer Alleinstellungsmerkmale und ein großes
Verkaufsargument. Bei unseren Wettbewerbern
liegt er bei 70 Prozent“, sagt Hernandez. Egal ob
Konzerne oder kleine Unternehmen: Alle Kunden
von FDDA schätzen die bekannte Zuverlässigkeit der Aggregate und die Erfahrung des MTUDistributors. „Wir verkaufen nicht einfach ein
Notstromaggregat. Wir geben unseren Kunden
Sicherheit“, sagt Hernandez.
Spiel mit den Wellen
Im Yachthafen unweit der American Airlines
Arena glitzern ganze Reihen von Luxusyachten
28 I MTU Report 01/15
in der Sonne. Auch hier finden sich MTU-Motoren
– diesmal als leistungsstarke Schiffsmotoren.
In Miami sind Boote nicht Transportmittel, sondern Leidenschaft. MTU-Motoren werden sowohl
in den Werften als auch bei Eignern und Crews
hochgeschätzt. Luxusyachten aller Größen,
darunter auch Megayachten mit einer Länge von
mehr als 120 Metern, werden von MTU-Motoren
angetrieben. Auch die Eigner von Yachten für die
Sportfischerei verlassen sich auf MTU-Motoren,
um schnell zu den besten Fischgründen für
Schwertfische und Merline zu gelangen, die viele
Meilen vor der Küste liegen. Die Leidenschaft
für Boote entfaltet sich jedes Jahr auf der Miami
International Boat Show. Floridas größte Bootsmesse mit mehr als 3.000 Booten zieht Aussteller aus der ganzen Welt an. 2015 stellte MTU dort
unter anderem den neuen MTU-Yachtmotor des
Typs 2000 M96, ein neues Joystick-System sowie
den Premium Yacht Service als Teil von MTU
ValueCare vor.
Doch nicht alle MTU-Schiffsmotoren dienen einfach zum Vergnügen der Reichen in Miami. MTUMotoren kommen auch in Handelsschiffen zum
Einsatz, die viele Tonnen Ladung in einen der
größten und geschäftigsten Häfen der USA bringen. Im Hafen von Miami werden mehr als sieben
Millionen Tonnen Fracht pro Jahr umgeschlagen.
Schlepper mit MTU-Motoren schieben riesige
Frachter in den Hafen.
Sicherung der Küsten
Egal ob zum Vergnügen oder bei der Arbeit: Vor
rauer See ist kaum ein Schiff sicher. Ist Gefahr
im Verzug, eilt die US-Küstenwache zu Hilfe. MTU
ist der größte Lieferant von Antriebsmotoren und
–systemen für die Küstenwache. An der Basisstation der Küstenwache in Miami Beach werden
MTU-Motoren in Rettungsbooten, Patrouillenbooten, Küstenwachbooten und schnellen Eingreifbooten eingesetzt. Im April 2012 hat die
Küstenwache ihren ersten Fast Response Cutter in Miami in Dienst gestellt. Das schnelle Eingreifboot kommt bei Such- und Rettungsarbeiten,
der Sicherung der Küstengewässer, Fischerei-
Das schnelle Eingreifboot patrouilliert in einem
viele nautische Meilen großen Gebiet um Miami,
zu dem die Florida Keys, die Bahamas und bald
auch Puerto Rico gehören. Cesar Sordo, Leiter
Behördengeschäft bei FDDA berichtet, dass das
schnelle Eingreifboot für seine Aufgaben bestens
ausgestattet sei: „Das FRC ist das Rennpferd
unter den Schiffen der Küstenwache. Es ist für
seine Größe außerordentlich schnell und lässt
sich auch bei hohem Seegang sehr gut manövrieren. Durch den neuen Schiffstyp konnte der Drogenschmuggel schon deutlich reduziert werden.“
Wie die Küstenwache ist auch FDDA in Südflorida
immer auf Abruf. Ob Motorreparaturen, Teile oder
Dienstleistungen – sie sind für jeden Kunden und
an jedem Ort da. „Wir machen nicht Dienst nach
Vorschrift, sondern sind mit Leidenschaft und
Engagement dabei“, sagt Sordo. „Wir kommen
auf Wunsch zu unseren Kunden, arbeiten auf der
Basis der Küstenwache oder in unserer Werkstatt
in Miami River. Wir reparieren Hilfsmotoren von
Forschungsschiffen und Fischereischiffen – sogar
während sich diese Schiffe auf See befinden.“
Miami ist ständig in Bewegung. Eine pulsierende
Metropole – egal ob unter der sprichwörtlichen
Sonne Floridas oder unter den grauen Wolken
eines tropischen Sturmtiefs. Und MTU und MTU
Onsite Energy sind mittendrin.
Text: Chuck Mahnken
Bilder: iStock, Getty Images
Ihre Fragen beantwortet:
Bryan Mangum
bryan.mangum@mtu-online.com
Tel. +1 248 560 8484
Jedes Jahr stellt MTU die neuesten Innovationen auf der
Yachtmesse Miami International Boat Show vor.
Die Basketballmannschaft Miami Heat spielt in der National Basketball Association
(NBA). Sie gilt als die stärkste und populärste Basketball-Liga der Welt.
Auch das Pérez Art Museum in Miami setzt auf die Notstromversorgung
durch MTU Onsite Energy.
KULTUR
Zukunftsstadt
SMOG
Bus
Konsum
Business
URBANISIERUNG
Laut
Strom/Wärme
FUSSGÄNGERZONE
Müllentsorgung
Bis zum Jahr 2050 wird erwartet, dass etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ballungsgebieten und damit in Städten leben. Viele
Leute auf engem Raum bedeutet auch, dass in hohem Maße Energie benötigt wird. Zusätzlich ändert sich aufgrund von erneuerbaren
Energien die Energieerzeugung deutlich. Wie sieht die Energieversorgung für die Stadt der Zukunft aus? Wir haben dazu Jürgen Winterholler befragt. Er ist bei MTU für die Systementwicklung der
Energiesysteme zuständig.
Wie sieht für Sie die Stadt der Zukunft aus?
Jürgen Winterholler: Ich glaube, dass immer mehr Menschen auf
engstem Raum leben müssen. Ich stelle mir vor, dass Autos wie auf
Schienen fahren, alles ist vernetzt und visualisiert und der Energiebedarf wird weiter steigen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden,
muss Energieerzeugung, Speicherung, Abruf und Verteilung bereits bei
der Planung von neuen Gebäudekomplexen und Industriegebieten eine
zentrale Rolle spielen.
Haben wir heute schon Produkte für große Ballungsgebiete?
Jürgen Winterholler: Wenn wir über Energie reden, geht es nicht nur
um Stromerzeugung, sondern auch um Wärme und Kälte. Durch Ballungsgebiete könnten dezentrale Blockheizkraftwerke wieder verstärkt
Einsatz finden. Hierfür haben wir schon heute effiziente Produkte.
Zusätzlich bieten unsere Notstromaggregate eine Sicherheit für die
kritischsten Verbraucher. Dies wird gerade dann wichtig, wenn viele
Leute auf engem Raum leben, um Paniken zu vermeiden und weiter
den Komfort zu halten.
Selbstfahrende Autos und Wolkenkratzer: So könnte
die Stadt der Zukunft einmal aussehen.
Fabriken kehren zurück in die Stadt. Elektrogeräte werden wiederverwendet. In Parks wachsen Tomaten statt Tulpen – zu pflücken für
jedermann. Die Zukunft der Stadt hat auch etwas mit Landleben
zu tun. Vieles, was in den kommenden zehn bis 20 Jahren auf uns
zukommt, ist in den Metropolen schon spürbar. Andere Szenarien
sind noch Visionen.
Roboterautos ohne Fahrer, neue Fabriken in der Stadt und die Wiederverwertung von Baustoffen: Der Alltag vieler Stadtbewohner wird sich nach Einschätzung von Forschern weiter verändern. Probleme wie Staus, Lärm und
Abgase haben so zugenommen, dass vielerorts neue Lösungen hermüssen.
Carsharing-Modelle, wo Wagen geteilt und gemietet statt besessen werden,
erleben seit einiger Zeit einen Boom. Elektromobilität ist ein viel diskutiertes Stichwort.
Andere Auto-Technik
„Die Zukunft liegt aber nicht in autofreien Städten, sondern in fahrerlosen
Autos, die gleichzeitig geräuscharm und sauber sind”, so der Architekt
Andreas Klok Pedersen. Seine Idee: ein intelligenter Straßenbelag mit programmierbaren Sensoren. Diese Technik hilft, autonome Wagen zu lenken. Zugleich wandelt sich die Fläche – etwa durch Farbänderung – von
der Autospur zum Fußgängerweg. Professor Hans-Jörg Bullinger von der
Fraunhofer-Gesellschaft erwartet, dass Autos anfangs in Parkhäusern alleine rollen werden. In acht bis zehn Jahren, sagt der Zukunftsforscher Sven
Gabor Janszky, würden dann in den Großstädten zunächst Taxis durch
selbstfahrende Autos ersetzt. So bleibt Zeit, vernetzte Roboterautos noch
sicherer zu machen als bisherige Testwagen von Google und vielen klassischen Automarken.
30 I MTU Report 01/15
Doch Städte können nicht nur Rohstoffe in großem Maße verbrauchen. Ein
weiterer Trend in Städten ist die verstärkte Wiederverwertung wertvoller
Rohstoffe vom Elektrogerät bis zum Baustahlträger. Städte seien wie „Rohstoffminen”. „Wir wollen an die wertvollen Materialien, etwa aus Autos, wieder herankommen. Und das wird verbrauchernah und stadtnah erfolgen”,
sagt Bullinger. Außerdem müsse die Stadt andere Übergänge zwischen
Arbeit und Freizeit ermöglichen. Dazu könnte nach seiner Einschätzung
eine Rückkehr von Fabriken in die Stadtgebiete beitragen. „Früher haben
wir gesagt, die Fabriken müssen raus aus der Stadt, die machen Krach,
die stinken, die belasten die Umwelt. Heute haben wir viele Fabriken, die
machen keinen Lärm mehr und haben keine schädlichen Emissionen mehr.”
Die Menschen gingen dann, „anschaulich gesprochen, in den Hausschuhen
zur Arbeit und später wieder heim”, sagt Bullinger.
Selbst pflücken
„Tomaten statt Tulpen in öffentlichen Grünanlagen” – mit diesem Modell
wurde die Stadt Andernach in Rheinland-Pfalz seit 2010 zum Vorbild für
andere. Bürger dürfen sich dort kostenlos bedienen, auch an Kartoffeln,
Beeren und Obstbäumen der Kommune. Mehrere Dutzend „Essbare Städte”
zählt eine Internetseite inzwischen.
Anders bauen
Auch wenn das Grün in Metropolen zu sprießen scheint: Viele Experten
sehen Hochhäuser als Trend in Ballungsräumen. „Verdichtung und Wachstum werden große Themen. Wir vermuten, dass in der Folge wieder mehr
in die Höhe gebaut werden wird. Gleichzeitig wird der Streit um Freiflächen
an Schärfe gewinnen”, sagen Wolfram Putz und Thomas Willemeit, zwei
Geschäftsführer des Architektenbüros Graft in Berlin, voraus.
Anders produzieren
Links Fische, rechts Gemüse: Nicolas Leschke läuft in Wanderschuhen ins
Gewächshaus. Unter einem Dach mit Barschen sollen hier Tomaten, Salat
oder Paprika gedeihen. Der 36-Jährige erzählt von elektronisch gesteuerten
Systemen für Wärme und Wasser. Computertechnik soll helfen, das Aufziehen von Ökogemüse und Barschen so zu kombinieren, dass auf kleinstem
Raum wassersparend und ohne Boden produziert wird. „Wir revolutionieren
nicht die Lebensmittelproduktion, aber wir werden eine Ergänzung zur traditionellen Landwirtschaft”, prophezeit der Mitgründer der Stadtfarm ECF.
Die Gründer von Infarm entwickeln in einem Berliner Hinterhof Konzepte,
wie Mini-Gemüse und Kräuter auf kleinstem Raum in städtischen Gebäuden
angebaut werden können, ob in Restaurants oder Duschkabinen. Auch ihr
Modell funktioniert ohne Erde. Andere Trendsetter der Urban-Farming-Bewegung nutzen Dächer und Brachen zum Produzieren.
Basis für fast alles
„In der Stadt der Zukunft ist ein Alltag ohne intelligente Informations- und
Kommunikationstechnologien undenkbar”, hebt die Fraunhofer-Studie hervor. Dabei schätzen viele Städter neben dem Leben mit Computern und
Online-Shopping eine Art dörflicher Beschaulichkeit. „Die Menschen wollen
zum einen die Nähe zu hochmoderner Technik und Fortschritt, sie wollen
aber auch die Kleinteiligkeit des Dorfes in der großen Stadt wiederfinden”,
betonen die Architekten von Graft.
Text: Petra Kaminsky; Interview: Yvonne Wirth; Bild: Frauenhofer IBP
Ihre Fragen beantwortet: Jürgen Winterholler,
juergen.winterholler@mtu-online.com, Tel. +49 7541 90-2180
Nachhaltigkeit spielt in der Stadt von morgen eine wichtige Rolle.
Welche?
Jürgen Winterholler: Um den Klimawandel zu unterstützen, müssen
wir weiter an unseren Gas-Produkten arbeiten. Neben Gesamteffizienz
und Emissionen, spielt hier auch die Flexibilität eine große Rolle. Wenn
es uns gelingt, die positiven Eigenschaften unserer Diesel-Notstromaggregate (schnelles Startverhalten und hohe Lastaufschaltung) auf
unsere Gasaggregate (Dauerbetrieb, hoher Wirkungsgrad, gute Emissionen) zu transferieren, dann können wir einen deutlichen Schritt nach
vorne machen. Für unsere Gas- und Diesel-Aggregate bieten wir in
Zukunft zusätzlich hoch effiziente Abgasnachbehandlungssysteme an.
Wie müssen sich unsere Produkte an die Zukunftsstadt anpassen?
Jürgen Winterholler: Wir haben erkannt, dass wir die mit unseren
Motoren angetriebenen Erzeugungsanlagen mit weiteren, neueren
Technologien kombinieren müssen, um den kommenden Anforderungen gerecht zu werden. Für mich gibt es dafür drei große Punkte, an
denen wir in Zukunft arbeiten müssen. Erstens müssen wir unsere
heutigen Produkte flexibler, effizienter und dabei gleichzeitig emissionsarmer gestalten. Zweitens müssen wir Trends
wie Elektrifizierung, Hybridisierung und Speicherung aufnehmen und diese mit unseren
herkömmlichen Produkten kombinieren. Drittens ist die intelligente Vernetzung der Erzeuger und Verbraucher wichtig. Hier kommen die
Themen „Controls, Remote und Big Data“ ins
Rampenlicht, um aus den gewonnenen Informationen und Daten die Systeme noch effizienter und flexibler zu gestalten.
Jürgen Winterholler
Jürgen Winterholler ist bei MTU für die
Systementwicklung der Energiesysteme
zuständig.
INT E RVIE W
KLEINSTADT
PENTHOUSE
Megacitys
Städter
STRASSENNETZ
Innenstadt
BAUSTELLEN
Rathaus
Trubel
Energie
Beton
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FLANIEREN
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RUSHHOUR
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Wolkenkratzer
METROPOLE
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Ballungsraum
Tempo
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Die Stadt der Zukunft
Vorstadt
STRASSENCAFÉ
Stadtplan
Zukunft
Interview
RUSHHOUR
SCHAUFENSTER
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Megacitys
PENTHOUSE
Laut
KULTUR
Die
erfundene
Stadt
Die Stadt Norderstedt setzt bei der Wärmeversorgung ihrer Einwohner auf Fernwärme und sieht
den Ausbau der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als Beitrag zur Energiewende. Insgesamt neun Blockheizkraftwerke (BHKW) sind
schon in Betrieb. Der jüngste Neuzugang in der
kommunalen Kraftwerksflotte: ein BHKW von
MTU Onsite Energy.
Nico Schellmann übernimmt die Planung für alle Blockheizkraftwerke. Bis 2020 sollen 25 bis 30 Prozent des städtischen Strombedarfs mit Blockheizkraftwerken abgedeckt werden. Heute sind es
bereits 20 Prozent.
32 I MTU Report 01/15
SMOG
Bus
Konsum
FLANIEREN
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Zukunftsstadt
Business
URBANISIERUNG
Städter
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Megacitys
Vorstadt
STRASSENCAFÉ
Stadtplan
SKYLINE
Von den Nordport Towers im Gewerbegebiet von Norderstedt hat man einen
schönen Blick auf die Skyline und den
Flughafen von Hamburg.
METROPOLE
Stadtbahnhof
Ballungsraum
Tempo
TAXI
MIAMI
Straßenverkehr
Energie
Norderstedt: Eine Stadt wird grün
Strom/Wärme
Wolkenkratzer
FUSSGÄNGERZONE
Müllentsorgung
Innenstadt
BAUSTELLEN
Rathaus
Diese Geschichte beginnt vor gut 45 Jahren.
Es ist der 1. Januar 1970, als wenige Kilometer
nördlich von Hamburg die Stadt Norderstedt offiziell aus der Taufe gehoben wird (s. Info-Kasten)
– als Zusammenschluss der Gemeinden Friedrichsgabe, Garstedt, Harksheide und Glashütte.
Was fehlt, ist eine geografische Verbindung zwischen den vier Stadtteilen, ein echtes Zentrum.
In den darauffolgenden Jahren stellen die Stadtväter Planungen für den Bau eines neuen Stadtteils Norderstedt-Mitte auf, die ab 1978 auf der
bis dahin sprichwörtlichen grünen Wiese umgesetzt werden. Unter anderem entstehen im Laufe
der Zeit in zentraler Lage rund 4.100 Wohnungen
für 12.000 Einwohner, die allesamt mit Energie
versorgt werden wollen. Mittendrin: die Stadtwerke Norderstedt, die 1983 ihr ebenfalls in der neuen Mitte errichtetes Hauptgebäude beziehen. Die
Verantwortlichen treffen die zukunftsweisende
Entscheidung, Norderstedt-Mitte mit Fernwärme
zu versorgen und lassen im Gebäude der Stadtwerke das zu diesem Zeitpunkt größte BHKW
Deutschlands installieren.
Die Ursprungsmotoren von damals gibt es heute nicht mehr, aber ein BHKW befindet sich
noch immer in dem funktionalen Klinkerbau im
Stadtzentrum. In den 1980er-Jahren stellte sich
heraus, dass ein verstärkter Fernwärmeausbau
zunächst nicht wirtschaftlich umzusetzen war:
Ein nationales Energiekonzept gab es noch nicht,
während zeitweise sinkende Öl- und Gaspreise
das konventionelle Heizen attraktiver machten.
Erst in den 1990er-Jahren erlebte Norderstedt
durch einen verstärkten Ausbau der Wohnquartiere eine Renaissance der Fernwärme. Durch die
Energiewende bekommt die Kraft-Wärme-Kopplung nun seit einiger Zeit noch einmal neuen Auftrieb, denn künftig muss immer mehr Strom als
Sekundärenergie dezentral erzeugt werden, um
den Transport über größere Entfernungen möglichst zu vermeiden und das Netz zu entlasten.
Zugleich ist perspektivisch mit Preissteigerungen
bei den fossilen Energieträgern zu rechnen, da
das globale Öl- und Gasfördermaximum in einigen Jahren erreicht sein wird. In diesen Zeiten
werde die KWK „zu einem Universalinstrument
der flexiblen Energieerzeugung“, heißt es dazu im
aktuellen Energiehandbuch Norderstedts. Mittlerweile haben die Stadtwerke quer über das Stadtgebiet verteilt neun BHKW mit einer elektrischen
Gesamtleistung von gut zwölf Megawatt und einer
thermischen Leistung von knapp 12,5 Megawatt
in Betrieb: Damit können rund 20 Prozent des
örtlichen Strombedarfs gedeckt werden
BHKW versorgt neues Wohnquartier
Szenenwechsel. Ein paar Kilometer entfernt von
der Stadtmitte, im südlichen Bereich des Friedrichsgaber Wegs. Östlich von der Straße befindet sich ein kleines Gewerbemischgebiet, im
Das BHKW von
MTU Onsite Energy
mit einem Gasmotor
der Baureihe 4000
erzeugt knapp zwei
Megawatt elektrische Energie und
gut 2,1 Megawatt
thermische Energie.
westlichen Bereich sind ausgedehnte landwirtschaftliche Nutzflächen und Pferdekoppeln zu
sehen. Genau hier steht nun ein BHKW von MTU
Onsite Energy. „Die Metropole nebenan und
die Landschaft vor der Haustür“, so lautet eine
Überschrift in der Broschüre „Eine Mitte für die
Stadt“. Sie bringt gut auf den Punkt, wie man
sich Norderstedt vorstellen kann: Nur 41 Minuten
dauert es mit der U-Bahn von Norderstedt-Mitte bis zum Hamburger Hauptbahnhof, doch trotz
der Lage inmitten der Metropolregion besteht –
bedingt durch die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte – ein guter Teil des Stadtgebiets noch
immer aus Grünflächen und offener Landschaft.
Auf einer dieser bislang ungenutzten Flächen in
unmittelbarer Nähe zum Friedrichsgaber Weg
entsteht derzeit ein neues Wohnquartier. Der
abzusehende Strombedarf im Viertel veranlasste
Norderstedt
Nordsee
Niederlande
Belgien
Hamburg
Berlin
Polen
Deutschland
MTU Brown
0-17-28-62
CMYK
MTU Brown
80% der Farbe
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
Tschechische
Republik
MTU Blue
50-25-0-10
CMYK
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80% der Farbe
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
Österreich
MTU Report 01/15 I 33
20%
CMYK
20%
CMYK
Stadtwerke-Mitarbeiter
Rüdiger Hack im
Betriebsraum des Blockheizkraftwerkes. Er
schaut täglich bei den
Blockheizkraftwerken
nach dem Rechten.
die Stadtwerke, an dieser Stelle eine weitere
KWK-Anlage zu installieren.
Das BHKW von MTU Onsite Energy mit einem
Gasmotor der Baureihe 4000 erzeugt knapp zwei
Megawatt elektrische Energie und gut 2,1 Megawatt thermische Energie, wobei ein Gesamtwirkungsgrad von 87,9 Prozent erreicht wird. „Als
die Strompreise noch höher waren, lag unser
Fokus eher auf der Stromerzeugung“, sagt Nico
Schellmann, Leiter der Planungsabteilung bei den
Stadtwerken. „Aufgrund der gesunkenen Strompreise sind elektrische und thermische Energie
jetzt gleichwertig, darum sind hohe Gesamtwirkungsgrade für uns einfach wichtig.“ Während
der erzeugte Strom ins öffentliche Netz fließt und
sich nicht sagen lässt, wo genau er letztlich verbraucht wird, bleibt die Wärme im Quartier und
versorgt die über Rohrleitungen angeschlossenen
Haushalte. Da der Wärmetransport über größere
Entfernungen aufwendig und teuer ist, arbeiten
die Stadtwerke mit lokalen Insellösungen: Jedes
BHKW fungiert als eigenständige „KWK-Insel“, die
jeweils die Wärmeversorgung in ihrem direkten
Umfeld sicherstellt. Eine Vernetzung einzelner
Leitungssysteme findet nur dann statt, wenn es
zwischen den jeweiligen Kraftwerken genügend
Verbraucher gibt und sich ein solcher Zusammenschluss rechnet.
Beitrag zur Energiewende
„Für uns sind die Blockheizkraftwerke eine gute
Möglichkeit, hier in Norderstedt eine Wertschöpfung zu erzielen, die über den normalen Vertrieb
von Energie hinausgeht“, erläutert Schellmann.
Das sei für die Stadtwerke durchaus lukrativ und
zudem mit einer langfristigen Kundenbindung
verbunden. Darüber hinaus sei dies ein Beitrag
zur Energiewende. „Wir sind der Meinung, dass
wir aktiv zum Wandel des Energiesystems beitragen müssen, und aus unserer Sicht steht da
im städtischen Bereich derzeit im Wesentlichen
Auch im Herold Center, dem Einkaufszentrum der Stadt, wird die elektrische Energie genutzt.
ME MO
Aus vier mach eins
Energie
Die Gründung Norderstedts hatte sich in den Jahren
zuvor schon angekündigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich in den Grenzgebieten deutscher
Großstädte viele Flüchtlinge, Ausgebombte und Vertriebene an: so auch in den Gemeinden nördlich von
Hamburg. „Gebaut wird meist entlang vorhandener
Wege, oder wo gerade ein günstiges Landangebot
vorliegt“, steht über diese Zeit in der Norderstedter
Broschüre „Eine Mitte für die Stadt“ geschrieben.
„Zersiedlung der Landschaft und weite Wege für die
Bewohner sind die Folge.“ Mit Beginn der 1960er-Jahre wurde deutlich, dass eine geordnete städtebauliche
Entwicklung nur möglich sein würde, wenn sich die
vier Gemeinden Friedrichsgabe, Garstedt, Harksheide
und Glashütte zusammenschließen, was 1970 schließlich auch geschah. Die neue Stadt Norderstedt wurde
auf Anhieb zur fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins
und hat heute gut 75.000 Einwohner.
die Kraft-Wärme-Kopplung zur Verfügung.“ Bei
der Energiewende liege der Fokus noch stark
auf der Stromversorgung: In Norderstedt werde
dagegen gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt,
wodurch der Gesamtwirkungsgrad gesteigert
werde. Hinzugekommen sei noch der Aspekt
der Regelenergie – also jener Stromreserve, die
die Übertragungsnetzbetreiber für Zeiten benötigen, in denen die Nachfrage höher ist als das
Angebot. „Wir können die volatilen erneuerbaren
Energien durch schnell regelbare BHKW ergänzen, und das tun wir mit unseren Anlagen auch
schon“, sagt Schellmann.
Jenseits von solchen übergeordneten Überlegungen haben auch die Einwohner Norderstedts
ganz konkrete Vorteile vom Ausbau der BHKWFlotte: So müssen sie keine Ölkessel oder Gasthermen mehr vorhalten und bekommen ein
kostengünstiges „Rundum-sorglos-Paket“ zur
Verfügung gestellt. Zudem ist die Versorgungssicherheit höher, weil die Stadtwerke für den Fall
der Fälle nach wie vor auch konventionelle Kesselanlagen bereithalten. Bis 2020 will der lokale
Versorger noch fünf weitere BHKW in den Randbereichen des Stadtgebiets installieren, die dann
zusammen mit den schon vorhandenen über eine
elektrische Gesamtleistung von gut 21 Megawatt
und eine thermische Leistung von knapp 21,7
Megawatt verfügen werden und 25 bis 30 Prozent des städtischen Energiebedarfs decken sollen. Gut möglich also, dass in den kommenden
Jahren auch MTU Onsite Energy noch das eine
oder andere Mal zum Zug kommen wird.
Das eingesetzte MTU Onsite Energy-BHKW
wird den Energiebedarf des neuen Wohnviertels
komplett abdecken.
Text: Anne-Katrin Wehrmann
Bilder: Andreas Burmann, EGNO
Ihre Fragen beantwortet:
Marc Lüders, marc.lueders@mtu-online.com
Tel. +49 40 2 5304 6420
34 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 35
Kolumne
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Vorstadt
Die Kraft hinter der Stadt
von Yvonne Wirth
Stadt, Land und Wasser – dieser Dreiklang spiegelt sich in den Motoren von MTU wieder. Die meisten der Kraftpakete stammen aus Friedrichshafen, einer kleinen Stadt mit viel ländlicher Umgebung. Die Produktionshallen
liegen in unmittelbarer Nähe zum Bodensee. Wenn man sich hier so umschaut, denkt man nicht, dass ausgerechnet
diese Motoren vom Lande einmal in Megacitys wie Miami zum Einsatz kommen oder den Eiffelturm von Paris mit
Notstrom versorgen.
Ob im Shoppingcenter, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Krankenhäusern: Dass hier überall auch unsere
Produkte sein könnten, wusste ich zwar, aber nicht in welchem Ausmaß. Wenn ich nächstes Mal an einer Baustelle
vorbeigehe, schaue ich genau hin, ob hier nicht auch Baumaschinen mit MTU-Motoren stehen - oder ob sich Notstromaggregate in den sicherheitskritischen Gebäuden einer Stadt, wie Krankenhäusern, Flughäfen und Datencentern, verstecken. Wenn es darauf ankommt, dass im Fall der Fälle alles klappt, stammen die Aggregate oft von
MTU.
Dabei schnuppern unsere Produkte bei der Herstellung meistens Landluft. Egal ob in Aiken, Mankato oder Friedrichshafen - die Motoren und Aggregate stammen meist aus ländlichen Gegenden aus der ganzen Welt. Die einzig echten Städter kommen aus unserem Werk in Suzhou am Rande der Metropole Singapur und aus Augsburg in
Bayern. Aber egal ob aus Klein- oder Großstädten oder vom Lande: Die Energie und Antriebe werden in allen Städte
der Welt gebraucht.
MTU Report 01/15 I 37
Bahn
Großauftrag für Südafrika
Hoffnungsträger
der Nation
Gestatten, mein Name ist Captain Track! Das Sicherheitsmaskottchen von TFR erklärt in Comics und bei
Schulbesuchen das richtige Verhalten in der Nähe
von Gleisen und Zügen.
Chinesische Lokomotiven sollen in Südafrika den Güterverkehr neu gestalten und das
Land fit machen für Wirtschaftswachstum.
Angetrieben werden sie von den stärksten
MTU-Bahnmotoren.
Er ist der wohl schillerndste Angestellte des
südafrikanischen Güterverkehrsunternehmens
Transnet Freight Rail (TFR): In seinem roten
Superhelden-Outfit mit den markanten gelben
Streifen auf Brustpanzer und Helm bringt Captain Track Kindern bei, wie sie sich in der Nähe
von Gleisen und Zügen verhalten sollen. Im gleichen roten Gewand mit gelben Streifen und doch
deutlich dezenter als das Sicherheitsmaskottchen von TFR kommt die geplante Transnet-Lokomotive der zukünftigen Klasse 45 daher. Dabei
ist die Lok einer der Hoffnungsträger für das
Unternehmen und das gesamte Land: Von dem
Fahrzeug des chinesischen Herstellers CNR wird
nicht weniger erwartet, als dem südafrikanischen
Güterbahnverkehr einen neuen Schub zu geben
und so zu helfen, einige der größten Probleme
der südafrikanischen Gesellschaft zu lösen:
Arbeitslosigkeit, Armut und Überlastung der
Transportinfrastruktur. Eine Aufgabe, die selbst
für einen Superhelden eine riesige Herausforderung wäre. Unterstützung erhält die Lokomotive
dabei vom aktuell stärksten MTU-Bahnmotor.
Projekt der Superlative
Die insgesamt 232 Lokomotiven der Klasse 45,
die von je einem MTU-Motor angetrieben werden, sind Teil einer der größten Investitionen in
der Geschichte Südafrikas. Im März 2014 verkündete Transnet, das als staatseigenes Unternehmen für Güterzugverkehr sowie den Betrieb
der Häfen und Pipelines in Südafrika verantwortlich ist, die Bestellung von insgesamt 1.064
Lokomotiven mit einem Gesamtwert von 50
Milliarden südafrikanischen Rand (etwa 3,8
Milliarden Euro). Es ist der größte Kauf von Lokomotiven, den es in Südafrika je gegeben hat. Er
soll binnen kürzester Zeit den Güterverkehr im
Land verändern und die Verlagerung großer Teile
des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ermöglichen. Bis 2018 sollen die 599 E-Loks
und 465 Diesellokomotiven ausgeliefert werden.
Der extrem enge Zeitplan war einer der Hauptgründe für Transnet, den Auftrag auf vier internationale Hersteller aufzuteilen.
Die Diesellokomotiven sollen General Electric
(233 Stück) und CNR Dalian bauen. CNR setzt
in seinen Fahrzeugen – der zukünftigen Klasse 45 – auf Motoren von MTU. Für MTU ist es
in vielfacher Hinsicht ein Projekt der Superlative: Zum einen hat der Auftrag eines der höchsten Umsatzvolumen in der mehr als 90-jährigen
Geschichte der MTU-Bahnantriebe. Darüber
hinaus schafft MTU den Durchbruch auf dem
Markt mit chinesischen Frachtlokomotiven –
und das in einem für den weltweiten Bahnmarkt
bedeutenden Moment: Die chinesischen Lokomotivbauer CNR und CSR wollen sich zu einem
Unternehmen zusammenschließen. Der entste-
hende Konzern China Railway Rolling Stock Corp
(CRRC) wäre der mit Abstand größte Hersteller von Schienenfahrzeugen weltweit. Ziel ist es,
noch stärker auf den Weltmarkt vorzustoßen.
Gleichzeitig feiert der aktuell stärkste Bahnmotor
von MTU in den Lokomotiven für Transnet Premiere – der weiterentwickelte 20V 4000 R63L
erfüllt mit seiner Leistung von 3.300 Kilowatt die
besonderen Anforderungen des Güterverkehrs
in Südafrika. Und schließlich wird MTU erstmals
in Südafrika Motoren montieren – und so einen
Beitrag zur wirtschaftlichen Förderung von früher
benachteiligten schwarzen Bevölkerungsgruppen
und zur Stärkung der dortigen Wirtschaft leisten.
Ziel: Bedingungen für Wachstum schaffen
Die Modernisierung des Fuhrparks von Transnet
Freight Rail steht als Prestigeprojekt in direktem
Zusammenhang mit der Politik der südafrikanischen Regierung: Fünf Millionen neue Jobs
in den kommenden zehn Jahren versprach der
amtierende südafrikanische Staatspräsident,
Jacob Zuma, im Jahr 2010 als Resultat seines
„New Growth Path“ („Neuer Wachstumskurs“).
Auf der Liste der größten strukturellen Hindernisse auf dem Weg dorthin stand damals der
Rückstand des Landes in den Bereichen Infrastruktur und Fachkräfte ganz oben. Tatsächlich
hat Südafrika auch heute, mehr als 20 Jahre nach
dem Ende des Apartheidregimes, mit einer Reihe
von großen Herausforderungen zu kämpfen. Die
Arbeitslosigkeit beträgt etwa 25 Prozent. Sogar
jeder zweite Bürger zwischen 15 und 24 Jahren
hat keinen Job – und das, obwohl das Land reich
ist an Rohstoffen. Doch die können nicht effizi-
Noch gibt es die Transnet-Klasse 45 nur als Visualisierung. Die fertigen Loks sollen rot und gelb lackiert werden.
In Südafrika sollen möglichst viele Güter künftig nicht mehr auf der Straße, sondern per Zug transportiert werden.
38 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 39
Bahn
Für Transnet arbeiten etwa 55.000 Menschen. Im Zuge eines ehrgeizigen Investitionsprojekts soll das Unternehmen bis 2019
zu einem der fünf größten Güterbahnunternehmen weltweit werden.
ent genug genutzt werden – auch, weil ihr Transport zu teuer und die vorhandene Infrastruktur
den aktuellen und zukünftigen Ansprüchen nicht
mehr gewachsen ist. Die Güterzugverbindungen
in Südafrika wurden seit den 1980er-Jahren nicht
mehr ausgebaut. Die damalige Regierung schaffte Wettbewerbsgesetze zum Schutz des Bahngüterverkehrs ab. Als Folge verlagerte sich der
Güterverkehr weitgehend auf die Straße. Was
zunächst als preisgünstig erschien, kam die
Volkswirtschaft teuer zu stehen: Südafrikas Straßen sind heute übervoll mit Lastwagen. Bis zu 58
Tonnen wiegen die dortigen Sattelzüge. Dieser
Belastung sind viele Straßen nicht mehr gewachsen. Die daraus resultierenden schlechten Straßenverhältnisse tragen zu einer erschreckenden
Statistik bei: Allein im Jahr 2011 starben in Südafrika fast 15.000 Menschen im Straßenverkehr.
Im Vergleich zur Einwohnerzahl gehört das Land
mit seinen 53 Millionen Bürgern damit weltweit
zu den Ländern mit den meisten Verkehrstoten.
Güter sollen aufs Gleis
Auch um diesen Missständen Abhilfe zu schaffen, startete Transnet im Jahr 2012 seine
„Market Demand Strategy“ (MDS; Marktbedarfsstrategie). Transnet werde innerhalb der kommenden sieben Jahre 300 Milliarden Rand (etwa
23 Milliarden Euro) investieren, kündigte Präsident Zuma im Februar 2012 in seiner Rede zur
Lage der Nation an. Im Mittelpunkt des Vorha-
40 I MTU Report 01/15
bens steht die Güterzugsparte des Unternehmens, Transnet Freight Rail (TFR). Rund zwei
Drittel der Investitionssumme im Rahmen der
MDS sollen auf den Bahnsektor entfallen. Das
Geld soll vor allem für neue Lokomotiven, die
Modernisierung des Frachtschienennetzes des
Unternehmens, das insgesamt 20.500 Kilometer umfasst, sowie für die Qualifizierung von Personal ausgegeben werden. Für Transnet arbeiten
derzeit etwa 55.000 Menschen. Diese Zahl soll
bis 2019 um 15.000 steigen, insgesamt soll das
Investitionsprojekt 588.000 neue Jobs in Südafrika schaffen. Transnet will seinen Umsatz von
46 Milliarden auf 128 Milliarden Rand fast verdreifachen und so in die Top 5 der umsatzstärks-
Botswana
Namibia
Swasiland
Südafrika
Kapstadt
Lesotho
ten Güterbahnunternehmen weltweit aufsteigen.
Möglichst viele Güter in allen sechs Geschäftsbereichen von TFR sollen künftig nicht mehr auf der
Straße, sondern per Zug transportiert werden:
landwirtschaftliche Produkte und Flüssigkeiten,
Container und Automobile sowie Fahrzeugteile,
Kohle, Eisenerz und Mangan, Mineralien und
Chrom, Stahl und Zement. TFR will sein Frachtvolumen von 201 Millionen Tonnen im Jahr 2012
auf 350 Millionen Tonnen im Jahr 2019 steigern.
Der Warentransport in und aus Südafrika soll
deutlich effizienter, zuverlässiger und billiger werden. Südafrika soll zu dem Hub werden für alle
Güter, die in Länder südlich der Sahara geliefert
werden.
Antrieb für extreme Herausforderungen
Dafür braucht man leistungsstarke und moderne
Lokomotiven. Sie müssen laut Ausschreibung bei
Temperaturen zwischen -10 und +50 Grad Celsius
und in Höhen von 0 bis 2.095 Metern einsetzbar
sein und dabei extreme Lasten ziehen können. Die
südafrikanischen Güterzüge sind bekannt für ihre
Länge und ihr Gewicht: Sie können aus mehreren
Hundert Waggons bestehen und dabei eine Länge
von mehreren Kilometern und ein Gesamtgewicht
von mehreren Zehntausend Tonnen erreichen. Die
Lokomotiven der sechsachsigen Klasse 45 besitzen eine Achslast von 22 Tonnen und erreichen
eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometer
pro Stunde. Die nötige Kraft dafür liefert der
MTU Brown
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CMYK
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20%
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CMYK
40%
CMYK
20%
CMYK
Die Mehrzahl der neuen Lokomotiven wird durch ein lokales Konsortium in einem Werk von Transnet Engineering in Südafrika montiert.
Erstmals werden bei MTU Südafrika
Motoren montiert. Dafür werden neue
Mitarbeiter ausgebildet und die vorhandenen Anlagen an die neuen
Anforderungen angepasst.
MTU Report 01/15 I 41
Bahn
Hier könnten bald Loks
mit MTU-Motoren in den
Sonnenuntergang fahren.
Die Loks der Klasse 45
sollen im ganzen Land
eingesetzt werden.
Farbklecks im Waggonmeer: Güterloks von
Transnet ziehen oft mehrere Hundert Waggons.
42 I MTU Report 01/15
weiterentwickelte MTU-Motor vom Typ 20V 4000
R63L. Er setzt die Erfolgsgeschichte der MTU-Baureihe 4000 als Bahnantrieb fort: Seit 1996 wurden
mehr als 2.500 MTU-Bahnmotoren der Baureihe
4000 ausgeliefert. Der neue Motor ist die vorläufige Krönung der Baureihe. Mit einer Leistung von
3.300 Kilowatt erweitert er das bisher verfügbare
Leistungsspektrum um 150 Kilowatt nach oben
– so verfügt die Lokomotive auch bei extremen
Bedingungen noch über die nötigen Kraftreserven.
industriellem Know-how sind Kern der Regierungsstrategie, das Land fit zu machen für Wirtschaftswachstum und zukünftigen Erfolg auf dem
Weltmarkt. Rund die Hälfte der Wertschöpfung
des Auftrages für die Diesellokomotiven muss
deshalb im Land erbracht werden. CNR wird folglich nur die ersten 20 der 232 Lokomotiven in China bauen. Die restlichen 212 Lokomotiven werden
durch ein lokales Konsortium unter Führung von
CNR im südafrikanischen Durban montiert.
MTU-Ingenieure haben diese Leistungssteigerung
unter anderem durch die Erhöhung der Spitzendrücke bei der Kraftstoffverbrennung erreicht. Dafür
verwenden sie auch verstärkte Komponenten aus
anderen Varianten dieser Baureihe, welche für eine
höhere Belastung ausgelegt sind. So wird zusätzlich ein geringerer Kraftstoffverbrauch erreicht. Als
elektronische Schnittstelle zur Lokomotivsteuerung kommt das Automationssystem Powerline
zum Einsatz, welches von MTU speziell für den
Einsatz in Lokomotiven entwickelt wurde.
Dieselmotoren sind von der Forderung nach
Wertschöpfung in Südafrika eigentlich ausgenommen. Dennoch erbringt MTU als Teil der
engen Partnerschaft mit CNR Leistungen in Höhe
von etwa 20 Prozent des Auftragswertes in Südafrika. Die Ländergesellschaft MTU Südafrika
spielt dabei die Schlüsselrolle. „Für uns ist der
Auftrag ein ‚game changer‘“, sagt Andrea Möller,
Geschäftsführerin von MTU Südafrika. „Erstmals
werden bei uns Motoren montiert. Dazu müssen
wir entsprechende Infrastruktur aufbauen und
neue Mitarbeiter ausbilden.“
Fertigung in Südafrika
Um den Anforderungen von Transnet zu entsprechen, müssen die Lokomotiven jedoch nicht
nur schwerste Lasten unter extremen Bedingungen ziehen können – sie sollen auch in Südafrika gefertigt werden. Der Bau der Lokomotiven
im Land und die erforderliche Vermittlung von
Rund 200 Motorbausätze werden von Friedrichshafen nach Südafrika geliefert und bis Ende
2017 bei MTU Südafrika in Kapstadt von dortigen Mitarbeitern zusammengebaut, getestet,
lackiert und in Betrieb genommen. MTU wird
mehrere Millionen Euro in den Standort Kapstadt
Die ersten weiterentwickelten
Motoren des Typs 20V 4000 R63L
werden derzeit in Friedrichshafen
montiert. Sie haben eine Leistung
von 3.300 Kilowatt.
investieren und dort unter anderem eine neue
Lackieranlage installieren und den bestehenden
Prüfstand an die neuen Anforderungen anpassen. MTU sieht dies als sinnvolle Investition in
die wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas und
hofft auf weitere ähnliche Aufträge mit Transnet.
Dank der ehrgeizigen Pläne von Transnet wird
Captain Track wohl auch in Zukunft alle Hände
voll zu tun haben.
Text: Rolf Behrens
Bilder: Transnet Freight Rail,
Robert Hack, MTU Südafrika
Ihre Fragen beantwortet:
Peter Mattes
peter.mattes@mtu-online.com
Tel. +49 7541 90-3186
MTU Report 01/15 I 43
Mining
Ein Sprenglochbohrgerät hilft bei der Suche nach Gold
Goldene Aussichten
Der Sprengloch-Bohrer DM45 wird mit dem ersten
1600er-Mining-Motor in Nordamerika angetrieben.
Die Wharf-Mine in Lead ist die einzige noch in
Betrieb befindliche Goldmine South Dakotas. Und
hier ist ganz schön was los: Bagger arbeiten ohne
Unterlass. Riesige Muldenkipper rumpeln über die
spiralförmig ansteigenden Wege am Rande des
Tagebaus, beladen mit Tonnen an Gestein, das bei
der Weiterverarbeitung auf kleinste Goldpartikel
untersucht wird. Insgesamt werden in der Mine
pro Jahr drei Millionen Tonnen Gestein bewegt.
Und die harte Arbeit zahlt sich aus: Für 2015 wird
die Goldproduktion der Wharf-Mine auf 90.000
Unzen, was in etwa 2.500 Kilogramm entspricht,
geschätzt. Beim heutigen Goldpreis gleicht dies
einem Umsatz von mehreren Millionen Dollar.
Nie zuvor in Nordamerika
Natürlich kommt es bei so viel Arbeit auf jedes
einzelne Teil der Minenausrüstung an, alles muss
ständig betriebsbereit sein. Darunter auch die
riesige Maschine, mit der der Abbauprozess auf
jeder neuen Ebene des Tagebaus begonnen wird:
das Sprengloch-Drehbohrgerät. In der WharfMine kommt hier ein Atlas Copco DM45 zum Einsatz – ausgestattet mit dem ersten Mining-Motor
der MTU-Baureihe 1600, der in Nordamerika in
Betrieb genommen wurde.
Tief in den Black Hills, einem Gebirgszug in South Dakota, wurde 1874 ein
großes Goldvorkommen entdeckt. Goldsucher strömten in die Gegend und
einer der letzten großen Goldräusche in den USA begann. Die Schürfer gründeten das legendäre Deadwood, eine Stadt, die schnell für ihre Gesetzlosigkeit berüchtigt war und nicht nur Goldsucher, sondern auch Banditen, Spieler und Revolverhelden magisch anzog. Mit dem Abebben des Goldrauschs
verschwanden die Raufbolde und Kriminellen, der Bergbau jedoch hörte in
der Gegend nie auf. Auch heute wird nur neun Meilen von Deadwood entfernt, in Lead, South Dakota, noch Gold abgebaut.
Bis heute ist Gold begehrenswert. In der
Wharf-Mine sollen 2015 bis zu 2.500 Kilogramm des Edelmetalls abgebaut werden.
44 I MTU Report 01/15
Die robusten Atlas Copco-Maschinen des Typs
DM45 werden weltweit zum Sprenglochbohren
eingesetzt. Auf Raupenketten bewegt sich das
mobile Bohrgerät langsam aber sicher auf seine
Position in der Mine. Die Höhe seines Bohrstangenwechselturms mit dem Bohrstangenkarussell
entspricht der eines vierstöckigen Hauses. Hier-
mit lassen sich Bohrungen mit einer Tiefe von
bis zu 53,3 Metern und einem Bohrungsdurchmesser von maximal 229 Millimetern anfertigen. Auf den Bohrkopf wirkt dabei ein Gewicht
von bis zu 20.400 Kilogramm. Aus jedem Bohrloch entnimmt das DM45 eine Probe, die auf
das Vorhandensein von Edelmetallen überprüft
wird. Anschließend fährt die Maschine mithilfe
modernster GPS-Technologie zum nächsten Bohrloch und erzeugt so eine Art Raster im Boden.
Nach dem Bohren der Sprenglöcher wird es Zeit
für die Sprengung. Zunächst muss die Ausrüstung in sichere Entfernung gebracht werden.
Auch die Mitarbeiter müssen einen Sicherheitsabstand einhalten. Dann werden die Bohrlöcher
mit Sprengstoff gefüllt und aufgesprengt. Durch
die Wucht der Explosion zerbröckelt die nächste
Schicht der Mine. Nun sind die Bagger und Muldenkipper an der Reihe: Gestein und Erz werden
aufgeladen und zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Für das Atlas Copco DM45-Sprengloch-
Lead
Vereinigte Staaten
Detroit
MTU Brown
0-17-28-62
CMYK
MTU Brown
80% der Farbe
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
20%
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
20%
CMYK
Atlanta
MTU Blue
50-25-0-10
CMYK
MTU Blue
80% der Farbe
CMYK
Miami
Kuba
Mithilfe des DM45 können bis zu 53 Meter tiefe
Löcher gebohrt werden. Eine aus dem Loch entnommene Probe zeigt schließlich, ob Edelmetalle vorhanden sind.
Drehbohrgerät hört die harte Arbeit in der WharfMine nie auf. Das Gerät läuft an sechs Tagen die
Woche. Dabei gehen die Minenbetreiber für 2015
von 6.000 Betriebsstunden aus – nur für diese
eine Maschine.
Hohe Anforderungen
Um die extremen Anforderungen im Tagebau
und die im Januar 2015 in Nordamerika inkraft-
2009 wurde die Baureihe 1600 für Stromaggregate eingeführt, später sind Varianten für Triebwagen, Lokomotiven, land- und forstwirtschaftliche
Fahrzeuge, Baumaschinen und jetzt für Bergbaumaschinen hinzugekommen. Nun kommt der
Mining-Motor zum ersten Mal in Nordamerika zum
Einsatz. Anpassung und Tests des neuen 10-Zylinder-Motors der Baureihe 1600 dauerten fast ein
Jahr. Eingebaut wurde der Mining-Motor im Juni
2014. Nach weiteren Tests wurde er dann im Juli
2014 an die Wharf-Mine ausgeliefert.
„Für den Bergbau bietet die Baureihe 1600 zahlreiche Vorteile: geringe Lebenszykluskosten, niedriger Kraftstoffverbrauch, hohe Zuverlässigkeit
und Langlebigkeit“, sagt Mark Bennett, Senior
Mining
Manager Mining weltweit bei MTU America. „Bei
Bohrarbeiten werden Kosten in Dollar pro Fuß
Bohrtiefe bei gegebenem Bohrungsdurchmesser angegeben. Für Minenbetreiber wie Wharf ist
es daher von größter Wichtigkeit, dass der Motor
produktiv ist.“
Betriebszeiten sind in der Wharf-Mine von größter Wichtigkeit. Da diese Maschinen den Abbauvorgang auf jeder neuen Minenebene einleiten,
bedeutet ein Problem mit der Maschine den Stillstand des gesamten Betriebs. Für eine Mine wie
Wharf, in der eines der wertvollsten Metalle der
Welt abgebaut wird, bedeutet dies direkt auch
Umsatzverlust.
„Atlas Copco kannte den exzellenten Ruf von
MTU als Hersteller zuverlässiger Motoren“,
so Bennett. „Die Baureihe 1600 passte perfekt, denn sie erfüllt die Tier 4-Abgasnorm und
benötigt kein Abgasnachbehandlungssystem.“
Seit Januar 2015 unterliegen auch Motoren im
Bereich Off-Highway in Nordamerika der EPA Tier
4-Abgasnorm.
Niedrige Emissionen dank modernster
Technologie
Der Motor der Baureihe 1600 ist der erste von
Atlas Copco verbaute Motor für EPA Tier 4 final.
Er erfüllt die neue Norm rein innermotorisch. Der
innovative Dieselmotor arbeitet mit modernster Verbrennungstechnik. Zum Technologiepaket
gehören Abgasrückführung (AGR), Common-RailEinspritzung und zweistufige Aufladung. Sie alle
tragen zu einem Verbrennungsprozess bei, bei
dem sehr geringe Stickoxid- und Partikelemissionen entstehen. Als branchenweit einziger Motor
seiner Klasse erfüllt er Tier 4 ohne Abgasnachbe-
Nach der Sprengung kommen Bagger und Muldenkipper zum Einsatz. Sie laden die Gesteinsbrocken und Erze auf, um sie zur Weiterverarbeitung bereitzustellen.
und Druckluftkompressoren laufen ständig. Doch
durch die moderne Motortechnologie der Baureihe 1600 und die verbesserte Lagerung von Atlas
Copco wurden die Geräuschwerte im Inneren der
Kabine deutlich verringert.
ersten Goldschürfer im Wilden Westen wussten:
„Es gibt Gold in den Hügeln“. Tief in den Schwarzen Hügeln von South Dakota geht die Suche
weiter – und die Vorhut bildet das Atlas Copco
DM45, angetrieben von der Baureihe 1600.
Text: Chuck Mahnken; Bilder: iStock,
Atlas Copco, Björn Schneider
Einfaches Arbeiten
Die kompakten Abmessungen der Baureihe 1600
erleichterten Atlas Copco die Integration des
Motors in die Sprengloch-Drehbohrgeräte. „Für
Atlas Copco bedeutet der Verzicht auf ein Abgasnachbehandlungssystem eine deutliche Reduzierung der Konstruktionskosten. Für den Kunden
bedeutet es geringere Betriebskosten und geringere Stillstandszeiten als bei Motoren mit Abgasnachbehandlung“, so Bennett. Durch moderne
Technologien wie Common-Rail-Einspritzung
und geregelte zweistufige Aufladung konnte der
Kraftstoffverbrauch der Baureihe 1600 reduziert
werden. Da sich der Motor aktuell noch in der
Testphase befindet, stehen noch keine Statistiken
zur Kraftstoffeinsparung zur Verfügung.
Mit Blick in die Zukunft
Die Baureihe 1600 zeichnet sich durch modernste
MTU-Technologie aus. Sie wurde bereits auf
zukünftige Anforderungen hin ausgelegt und kann
auch strengere Abgasnormen erfüllen, ohne
dass hierfür komplizierte Anpassungen notwendig werden. Egal welcher Betreiber seine Maschinen mit diesen Motoren ausrüstet: er profitiert
von MTUs weitsichtigem Motorkonzept. Mit der
neuen, Tier 4 erfüllenden Baureihe 1600 ist Atlas
Copco auf einen Goldschatz gestoßen. Bis jetzt
ist das Sprengloch-Drehbohrgerät in der WharfMine bereits seit 3.000 Stunden in Betrieb und
läuft problemlos. Nach einem Jahr der Erprobung,
Aktualisierung und Kalibrierung ist der Motor
zur Serienproduktion bereit. Im Juni 2015 ist die
Auslieferung eines zweiten DM45 mit Motor der
Baureihe 1600 an die Wharf-Mine geplant. Kurz
danach kommt die Baureihe 1600 dann auch in
anderen Minen in Nordamerika zum Einsatz.
In der Wharf-Mine sind auch die Maschinenführer des DM45 mit dem neuen Motor der Baureihe
1600 zufrieden. Bei den vielen Stunden, die sie in
der Kabine verbringen, kann Motorlärm durchaus
ein Problem darstellen. Auch Hydraulikpumpen
Die Wharf-Mine setzt große Erwartungen in die
Zukunft – wie auch Atlas Copco. MTU plant die
Ausrüstung weiterer Bergbaumaschinen mit
unterschiedlichen Tier 4-Motoren. Die Baureihe
1600 bildet da nur den Anfang. Denn schon die
handlung. Das heißt er benötigt keinen Partikelfilter, kein AdBlue und keinen SCR-Katalysator, was
den Wartungsbedarf im Vergleich zu Antrieben
mit Abgasnachbehandlung verringert. Auch der
Einbau des Motors wird vereinfacht. MTU hat bei
der Motorauslegung darauf geachtet, die AGRBauteile sehr kompakt zu integrieren, sodass die
Größe von Motor und Abgasleitung nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Um an das Gold zu kommen, werden die Bohrlöcher mithilfe von Sprengsätzen gesprengt. Durch die Wucht der Explosion zerbröckelt die umliegende Schicht der Mine.
Ihre Fragen beantwortet:
Mark Bennett, mark.bennett@mtu-online.com
Tel. +1 24 8560 8068
Noch stärker als das DM45
MEMO
getretenen EPA Tier 4-Abgasnormen zu erfüllen,
wandte sich Atlas Copco an MTU. „Wir haben
zusammen mit Atlas Copco die hohen Anforderungen an das DM45 genau analysiert: große
Bohrdurchmesser, tiefe Bohrlöcher, hartes
Gestein und eine sehr hohe Bohrfrequenz“, so
Roger Rymarz, Anwendungstechniker bei MTU
America. „Und die Anforderungen an die Leistung sind nur ein Teil der Kriterien, die bei der
Suche nach dem optimalen MTU-Motor für eine
komplexe Anforderung beachtet werden müssen.
Hinzu kommen Faktoren wie Hubraum, verfügbare Optionen, Intervalle zwischen den Grundüberholungen, Kraftstoffverbrauch, Motorgröße
und -gewicht und viele andere mehr.“ Am Ende
fiel die Wahl auf den neuen 10-Zylinder-V-Motor
der Baureihe 1600 als perfekten Antrieb für das
DM45. „Wir haben eng mit Atlas Copco zusammengearbeitet, um einen reibungslosen Einbau
sicherzustellen – von den ersten 3D-Entwürfen
bis hin zur finalen Erprobung“, so Rymarz.
Das DM45 ist nur eines unter vielen Sprengloch-Drehbohrgeräten von Atlas Copco. Zu seinen größeren
Geschwistern gehört das Pit Viper 311. Im Single-PassVerfahren, das heißt ohne Gestängewechsel, erreicht
es eine Bohrtiefe von 19,8 Metern. Auf den Bohrkopf
wirkt dabei ein Gewicht von 49.900 Kilogramm. In
den USA sind derzeit drei Pit Viper 311 mit MTUMotor der Baureihe 2000 im Einsatz: in Minen in den
Bundesstaaten Arizona, Utah und Wyoming. Die
Motoren des Typs 16V 2000 C66 entsprechen Tier 4
und erhöhen Produktivität und Bohreffizienz. Bei
einer Drehzahl von 1.800 U/min liefern sie 970 Kilowatt. Wie das DM45 mit Motor der Baureihe 1600 wird
auch das Pit Viper 311 in Garland, Texas, produziert.
46 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 47
Energie
Dampf für die Produktion
1
Kleben,
färben,
duften
6
2
7
3
4
8
5
9
1-9 Alle abgebildeten Produkte sind fester Bestandteil in unserem Alltag.
In allen diesen Produkten steckt ein kleines bisschen des Familienunternehmens Follmann Chemie. Ob Holz- und Papierklebstoffe, die Mikroverkapselung von Duftstoffen, Straßenmarkierungen oder Tapetenbeschichtungen – all dies stellt die Firma in Minden her und verbessert und
verschönert uns dadurch unseren Alltag.
48 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 49
Der Name Follmann Chemie ist wahrscheinlich nur den wenigsten bekannt, doch mit
dem einen oder anderen Produkt des Familienunternehmens aus Minden dürfte wohl
so ziemlich jeder schon einmal in Berührung gekommen sein: Jede dritte Serviette in
Europa wird mit Druckfarben von Follmann
bedruckt, zahlreiche Möbelstücke halten
dank des hier gefertigten Klebstoffes zusammen. Schwesterfirma Triflex produziert
darüber hinaus Abdichtungen zum Schutz
von Dächern, Balkonen und Parkhäusern
und trägt mit ihren Markierungen zu mehr
Sicherheit auf den Straßen bei. Für all das
wird Energie benötigt – einen Teil davon liefern seit Kurzem zwei Blockheizkraftwerke
von MTU Onsite Energy.
Mitarbeiter besprechen sich in der Produktion. Die
Kernkompetenz von Follmann liegt in Spezialchemikalien für die dekorative und funktionale Gestaltung
von Oberflächen und Verbindungen.
«kraftwerke
Die beiden Blockheiztragen dazu bei,
dass der Dampf, den wir
brauchen, permanent zur
Verfügung steht.
»
Ralf Lücke, Follmann Chemie
Ein Follmann-Mitarbeiter bei der manuellen Abfüllung in der Schmelzkleberproduktion.
Es fing alles ganz klein an, als Heinrich Follmann
und sein Sohn Dr. Rainer Follmann 1977 am
nördlichen Rand von Ostwestfalen ihr bis heute
inhabergeführtes Unternehmen gründeten, das
sich zunächst auf bautechnische Produkte spezialisierte. Heute beschäftigt die Follmann-Gruppe mit ihrer Muttergesellschaft Follmann Chemie
und den beiden für Entwicklung und Vertrieb
zuständigen Töchtern Follmann und Triflex insgesamt 600 Mitarbeiter weltweit, davon 460 am
Standort Minden. Ob Druckfarben für Servietten,
Plastisole für Tapetenstrukturen oder Holz- und
Papierklebstoffe: Die Kernkompetenz von Follmann liegt in Spezialchemikalien für die dekorative und funktionale Gestaltung von Oberflächen
und Verbindungen. In den sechs Produktgruppen
Druckfarben, Tapetenbeschichtungen, Funktionsbeschichtungen, Mikroverkapselung, Klebstoffe
und Auftragsfertigung arbeitet der Chemiespezialist mittlerweile mit insgesamt 5.500
unterschiedlichen Rezepturen, die permanent
weiterentwickelt und optimiert werden.
Das insgesamt fast 100.000 Quadratmeter große
Betriebsgelände, das sich direkt am Mindener
Industriehafen in unmittelbarer Nähe zum Mittellandkanal und zur Weser befindet, hat seit der
Unternehmensgründung diverse Erweiterungen
erlebt: So wurden, ausgelöst durch das rasante
Wachstum, in den vergangenen Jahren unter
anderem ein neues Lager- und Logistikzentrum
sowie ein neues Forschungs- und Kommunikationszentrum in Betrieb genommen. Die Gesamtproduktion nahm immer weiter zu und erreichte
2014 einen vorläufigen Höchstwert von 60.000
Tonnen. Mehr Produktion, größerer Energiebedarf: So lässt sich kurz und knapp auf den Punkt
bringen, warum das Unternehmen schließlich die
Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung für sich entdeckte.
„Unser Bedarf an Dampf, den wir bei bestimmten Produktionsabläufen zur Erhitzung brauchen,
ist gewachsen“, erläutert Ralf Lücke, Abteilungsleiter Technik. „Dazu kam, dass die Energiepreise
anstiegen – so haben wir beschlossen, unseren
50 I MTU Report 01/15
Energie
Grundbedarf an Dampf, Strom, Wärme und Kälte zu einem Teil selbst zu decken.“ Das Ergebnis:
eine nagelneue Energiestation, deren Kernstück
zwei erdgasbetriebene, wärmegeführte Blockheizkraftwerke (BHKW) von MTU Onsite Energy
mit Motoren der Baureihe 400 sind.
Angenehm duftende Mikrokapseln
Beim Rundgang über das Gelände fällt auf, dass
der in der Luft wahrnehmbare Geruch für ein
Unternehmen der chemischen Industrie bemerkenswert neutral ist. Draußen ist praktisch gar
nichts zu riechen, und auch in den Produktionshallen riecht es nur sehr dezent. In einer der Hallen duftet es sogar ausgesprochen angenehm
nach Waschpulver: Hier werden Duft- und andere
Wirkstoffe in mikroskopisch kleine Kapseln „verpackt“. Diese Mikroverkapselung gehört zu den
Hightech-Spezialitäten von Follmann – die nur
sechs bis acht Mikrometer großen Kapseln sollen
unter anderem dafür sorgen, dass Werbeanzeigen, Mailings oder Verpackungen gut riechen und
so die Verkaufszahlen der beworbenen Produkte
steigern. Ihre Inhaltsstoffe kann der Verbraucher
durch mechanische Einwirkung wie Reiben oder
Drücken gezielt freisetzen. Darüber hinaus werden die Kapseln in Wasch- und Reinigungsmitteln
sowie in der Kosmetik verwendet, kommen aber
auch in technischen Anwendungen zum Einsatz.
Nicht weit entfernt davon in den Hallen 42 bis
44 werden im sogenannten Polymerisationsverfahren insgesamt 47 unterschiedliche Klebstoffe und Bindemittel produziert. Dies ist der
Ort, an dem der größte Teil des durch die BHKW
erzeugten Dampfes gebraucht wird: Um die chemische Reaktion der Polymerisation einzuleiten, müssen die Ausgangsstoffe zunächst mittels
Dampf erhitzt werden. Bei den Klebstoffen zum
Beispiel läuft der Produktionsprozess so ab, dass
in einem Edelstahlbehälter eine aus Wasser, Entschäumer und Polyvinylalkohol bestehende Vorlösung hergestellt wird. Anschließend wird die
fertige Vorlösung in einen doppelwandigen Reaktor gepumpt und dort auf die vorgegebene Starttemperatur erwärmt, bevor die für die Reaktion
benötigten Hilfs- und Rohstoffe zugegeben werden. Im Kern geht es darum, aus sogenannten
Monomeren (kleine, reaktionsfreudige Moleküle)
Polymere zu machen – also langkettige Verbindungen, die letztlich die Basis für den Klebstoff
bilden. Die Reaktion selbst ist exotherm, das
heißt es wird Energie freigesetzt: Das fertige
Produkt muss darum am Ende wieder abgekühlt
werden, wofür die in der Energiestation erzeugte
Kälte genutzt wird. Alles in allem dauert dieser
Vorgang vom Start bis zur Beendigung der Polymerisation etwa fünf bis acht Stunden.
Größte Waschmaschine Europas
Bis zu 3.500 Kilogramm Dampf pro Stunde kann
die neue Hochdruckdampfkesselanlage erzeugen,
Im doppelwandigen Reaktor wird die fertige Vorlösung bestehend aus Wasser,
Entschäumer und Polyvinylalkohol auf die benötigte Starttemperatur erwärmt.
Dieser Vorgang ist für die Herstellung von Klebstoff essenziell.
MTU Report 01/15 I 51
Energie
Nordsee
Niederlande
Belgien
Hamburg
Minden
Berlin
Polen
Deutschland
MTU Brown
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CMYK
MTU Brown
80% der Farbe
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
Tschechische
Republik
MTU Blue
50-25-0-10
CMYK
MTU Blue
80% der Farbe
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
20%
CMYK
20%
CMYK
Österreich
Follmann-Mitarbeiter Christian Miegel
überprüft das MTU Onsite Energy-Blockheizkraftwerk regelmäßig.
Ralf Lücke arbeitet bereits seit 1996 bei
der Firma Follmann. Er begleitet die Inbetriebnahme der beiden BHKW und der
gesamten Energiestation.
die in der Energiestation direkt neben den beiden MTU-BHKW installiert worden ist und zum Teil
aus deren Abgaswärme versorgt wird. Eine kleinere Kesselanlage mit einer Leistungsfähigkeit von
1.000 Kilogramm pro Stunde steht als Ersatzanlage für den Notbetrieb bereit. Der alte und mittlerweile ausrangierte Dampferzeuger brachte es
auf 2.000 Kilogramm pro Stunde: zu wenig für die
aktuelle Produktion bei Follmann, wo zu Spitzenzeiten inzwischen 2.500 Kilogramm pro Stunde
benötigt werden. Der zweite Dampfverbraucher
neben den Polymerisationsreaktoren ist eine Reinigungsanlage – nach Aussage von Ralf Lücke
„die größte Waschmaschine Europas“. Hier wird
mit dem Dampf eine drei Meter hohe Waschtrommel erhitzt, die mittels Reinigungslauge die zuvor
benutzten Produktionsbehälter und Container wieder auf Hochglanz bringt. „Die beiden Blockheizkraftwerke tragen dazu bei, dass uns der Dampf,
den wir brauchen, permanent zur Verfügung steht“,
berichtet Lücke, der schon seit 1996 im Unternehmen ist. „Durch die neue Anlage können wir eine
bessere Dampfqualität erzeugen, was letztlich die
Effizienz der Produktionsabläufe steigert.“
Während die Abgaswärme der BHKW für die
Dampferzeugung genutzt wird, dient die Motorabwärme zur Erzeugung von Heizwasser, mit dem
einige der Gebäude und Produktionshallen auf
dem Betriebsgelände geheizt werden. Dabei
erzeugt das etwas größere BHKW 357 Kilowatt
elektrische Energie und allein aus dem Motorkühlkreis 288 Kilowatt thermische Energie (zusammen
mit der Abgaswärme 529 Kilowatt), was zu einem
Gesamtwirkungsgrad von 89,8 Prozent führt. Das
andere MTU-Kraftwerk hat eine elektrische Leistung von 240 Kilowatt, eine thermische Leistung
aus dem Motorkühlkreis von 220 Kilowatt (zusammen mit der Abgaswärme 370 Kilowatt) und einen
Gesamtwirkungsgrad von 91,1 Prozent. Sowohl
der Strom als auch die Wärme werden komplett
für den Eigenbedarf genutzt: Der Strombedarf
beträgt bei Follmann zu Spitzenzeiten 1,8 Megawatt, was unter dem Strich bedeutet, dass
zeitweise zwei Drittel des Bedarfs aus dem öffentlichen Stromnetz gedeckt werden müssen. Und
auch bei Dampf und Heizwasser kommt nur ein
Teil der Energie aus den beiden BHKW. „Wir haben
eine separate Zufeuerung mittels Erdgas beibehalten“, erklärt Lücke. So ist die Dampfkesselanlage als Fünf-Zug-Kessel konstruiert, wobei in zwei
Zügen die Abgase der beiden BHKW genutzt werden und in den anderen drei Zügen das zugefeuerte Erdgas zum Einsatz kommt.
Kohlendioxid um 40 Prozent und wird als weiterer
Baustein für die Zukunftsfähigkeit der FollmannGruppe gewertet. In dem eigens errichteten
Gebäude, das etwa 30 Meter lang und 15 Meter
breit ist, befinden sich neben den BHKW und
den Dampfkesselanlagen unter anderem auch
zwei Pufferspeicher (einer für Wärme und einer
für Kälte) sowie eine Absorptionskältemaschine.
Letztere erzeugt unter Einsatz von Wärmeenergie
jene Prozesskälte, die zum Kühlen der Polymerisationsreaktoren gebraucht wird. Da die von den
BHKW erzeugte Wärme komplett genutzt werden kann, ist die Energiestation hocheffizient und
kommt auf einen Gesamtwirkungsgrad von mehr
als 80 Prozent.
„Die beiden BHKW spielen eine wichtige Rolle
in unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, betont Ralf
Lücke. Der 43-jährige Diplomingenieur Verfahrenstechnik ist dankbar, dass MTU Onsite Energy die Installation ausgesprochen zügig erledigte:
Nach dem ersten Spatenstich der Energiestation im März 2014 blieben nur wenige Monate
Zeit, um die BHKW noch rechtzeitig vor Inkrafttreten des novellierten Erneuerbare-EnergienGesetzes (EEG) zum 1. August 2014 in Betrieb
zu nehmen. Die Herausforderung wurde erfolgreich gemeistert – mit der Folge, dass der für
den Eigenbedarf produzierte Strom nun von der
EEG-Umlage befreit bleibt. Als Gesamtsystem
ging die Energiestation schließlich im Dezember 2014 in Betrieb. „Sowohl die Erst- als auch
die Endinbetriebnahme haben reibungslos funktioniert“, sagt Lücke. „Zusammen mit den bisherigen Betriebserfahrungen kann ich sagen, dass
wir mit den Blockheizkraftwerken wirklich sehr
zufrieden sind.“
Text: Anne-Katrin Wehrmann
Bilder: Andreas Burmann, Follmann Chemie
Ihre Fragen beantwortet:
Gerhard Klink, gerhard.klink@mtu-online.com
Tel. +49 20 3450 0431
Doppelte Nutzung: Die Abgaswärme der BHKW wird
für die Dampferzeugung genutzt, die Motorabwärme
zur Erwärmung des Wassers.
«Die beiden BHKW spielen
eine zentrale Rolle in unserer
Nachhaltigkeitsstrategie.
»
Ralf Lücke, Follmann Chemie
Ein Drittel des zu Spitzenzeiten benötigten Strombedarfs wird von den beiden BHKW bereitgestellt.
Baustein für die Zukunft
Schon seit den Gründertagen haben umweltfreundliches Handeln und der verantwortungsvolle Umgang mit natürlichen Ressourcen einen
hohen Stellenwert für das Unternehmen. Der Bau
der Energiestation passt da hervorragend ins
Konzept: Die Anlage reduziert den Ausstoß von
52 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 53
Bahn
1600er-Bahnmotor im Schwersteinsatz
Martina – allein
unter Männern
Auf dem Werksgelände des österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine in der Donaustadt Linz
ist man auf starke Helfer angewiesen. Solche echten Pfundskerle sind zum Beispiel die Rangierlokomotiven von Gmeinder. Sie transportieren bis zu 3.000 Tonnen schwere, mit verschiedensten Gütern und Rohstoffen beladene Züge. Im Maschinenraum arbeiten die im Jahr 2013
neu eingeführten MTU-Bahnmotoren der Baureihe 1600. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag, die Produkte der Voestalpine an die Endkunden in aller Welt auszuliefern. Betrieben werden die Loks vom Voestalpine-eigenen Logistikunternehmen Logserv.
Funklokführer Thomas
Leitner und Verschieber
Johann Ortner sind das
perfekte Team. Ein Großteil
ihrer Arbeit findet draußen
statt. Dank der Funkfernbedienung können die beiden
außen auf der Lok stehen.
Dadurch haben sie einen
besseren Überblick über
die Gleise.
54 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 55
ME MO
Bahn
Eine Stadt in der Stadt
Das Voestalpine-Werk wirkt wie eine Kleinstadt in Linz.
Die insgesamt 160 Kilometer Gleisanlage entsprechen
den verlegten Gleisen in ganz Vorarlberg. Insgesamt
können 600 verschiedene Ladestellen angefahren
werden. Dreispurige Straßen im Werk, Ampeln und ein
Werkseingang wie an einer Mautstelle in Italien sind
typische Elemente. Die 11.000 Mitarbeiter produzieren
jährlich 5,8 Millionen Tonnen Rohstahl. Bis zu 265.000
Waggons werden pro Jahr im Voestalpine-Werk transportiert. Das sind bis zu 730 Waggons in 24 Stunden.
Bis zu 28 Lokomotiven fahren auf dem Werksgelände des führenden österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine in Linz.
Hier werden jährlich 5,8 Millionen Tonnen Rohstahl produziert.
Eine der Lokomotiven ist Martina. Sie und ihre Lok-Kollegen
transportieren leere sowie mit Stahl, Schrott oder Erzen beladene Züge.
Die Lokomotive Martina ist übrigens ein echter Liebesbeweis. Als erste Rangierlokomotive der Serie D60 C des süddeutschen Lokomotivherstellers Gmeinder wurde sie nach
der Ehefrau des Gmeinder-Eigentümers benannt. Bis zu 3.000
Tonnen Stahl schleppt die kleine rot-graue Lokomotive pro
Fahrt mit sich rum. Ganz schön viel für die mit einer Länge von
10,76 Meter und einer Breite von 3,08 Meter doch sehr zierliche Martina. Gerade wegen ihrer Größe ist die dreiachsige
Lok sehr beliebt. „Wir brauchen Lokomotiven, die kürzer sind
als die Standardlokomotiven, damit sie im Bereich der Hochöfen eingesetzt werden können, wo die Platzverhältnisse ziemlich beschränkt sind“, erklärt Thomas Leitner, Funklokführer
beim Logistikunternehmen Logserv. Seit zwei Jahren ist er als
Lokführer im Einsatz und heute Morgen der erste Herr über
Martina. „Als Springer bin ich jeden Tag in einem anderen Teil
des Voestalpine-Werkes unterwegs“, erklärt der junge Österreicher. „Dadurch habe ich Abwechslung pur und jeden Tag
neue Herausforderungen.“ Leitner ist heute mit Martina unterwegs, die ebenso wie die anderen drei Gmeinder-Lokomotiven
mit derselben Motorausstattung auf der gesamten Werksbahn
eingesetzt wird. Hier verschieben sie volle und leere Waggons
zu den verschiedeen Hallen, in denen sie be- und entladen
werden. Alle vier Lokomotiven sind im Corporate Design der
Logserv gestaltet – nur das Führerhaus und ein paar Umrandungen sind rot, der Rest ist grau. „Das markante rot-graue
Design macht auch eine Unterscheidung zu den roten Loks
der Österreichischen Bundesbahn einfacher“, erzählt Dietmar Schall, Leiter Konstruktion und Entwicklung bei Gmeinder
Lokomotiven. Denn die Anschlussbahn der Voestalpine in Linz
ist drei Mal an das öffentliche Schienennetz angeschlossen einmal Richtung Salzburg, einmal Richtung Wien und einmal zu
einem Verschiebebahnhof der Österreichischen Bundesbahn.
Bei Wind und Wetter
Seit 5.15 Uhr bearbeitet Thomas Leitner mit seinem Verschieber Johann Ortner und dem Verschieber-Einschüler Christian
Mijokovic die verschiedensten Aufträge. Heute hatten sie Frühschicht. Auf dem Werksgelände von Voestalpine wird 365 Tage
im Jahr im Vierschichtbetrieb gearbeitet. Trotz des frühen Aufstehens sind alle drei gut drauf. An diesem Morgen ist es mit
sechs Grad Celsius noch relativ warm. Ein Grund zur Freude.
„Ich stand auch schon bei Minus 30 Grad mit Eiszapfen am
Bart auf der Lok“, erinnert sich Johann Ortner. Alle drei tragen
auffällig dicke neongelbe Jacken und Handschuhe. Im Führerhaus glüht die Heizung. „Unterschiedlichstes Wetter, Nebel und
die Dunkelheit sind die größten Herausforderungen für uns.
Hier kämpfen wir oft mit der schlechten Sicht“, erzählt Leitner.
„Auch der Lärm und der Dreck sind nicht zu unterschätzen –
aber es gehört halt dazu.“ Thomas Leitner gibt sich bereits wie
ein alter Hase. Mit seinen Tätowierungen sieht er so gar nicht
nach einem typischen Lokführer aus. Er schaut auf den kleinen
Bildschirm im Lokführerstand. Hier sieht er die nächsten Aufträge. Er kann genau ablesen, wie viele Waggons transportiert
werden müssen und wie viele davon leer oder beladen sind.
Dies ist wichtig, da sich bei einem beladenen Zug der Bremsweg verlängert. Leitner kennt die Gleise wie seine Westentasche. Geschickt bewegt er mit seiner Funkfernbedienung
«
Ich stand auch schon bei
Minus 30 Grad mit Eiszapfen am Bart
auf der Lok.
Johann Ortner, Logserv
»
Martina zu den nächsten leeren Waggons. Bei der VoestalpineWerksbahn arbeiten die wenigsten Lokführer im Führerhaus.
Denn mithilfe der Fernbedienung sind sie mobil. Das heißt, sie
können auch neben oder außen auf dem Zug stehen und so die
Situation besser überblicken. Auch Leitner steht draußen. Insgesamt 13 leere Waggons soll Martina zu einer Halle bringen.
Mit bis zu 40 Kilometern pro Stunde dürfen die Loks durchs
Werk fahren. Kurz vor den leeren Waggons steigt Ortner von
der Lok ab. Er muss als Verschieber die Waggons an- und
Ein Liebesbeweis, der Herzen höherschlagen lässt – Martina. Die Lok
wurde nach der Ehefrau des Gmeinder-Eigentümers benannt.
Wien
Deutschland
Linz
Österreich
Bis zu 3.000 Tonnen schwere, mit verschiedensten Gütern und Rohstoffen beladene Züge transportieren die Loks von Gmeinder. Zum
be- und entladen müssen die Waggons in unterschiedliche Hallen
verschoben werden.
Schweiz
Italien
MTU Brown
0-17-28-62
CMYK
MTU Brown
80% der Farbe
CMYK
MTU Blue
50-25-0-10
CMYK
MTU Blue
80% der Farbe
CMYK
Slowenien
Kroatien
Adria
Funklokführer Thomas Leitner und Verschieber-Einschüler Christian Mijokovic im
Führerhaus der Gmeinder-Lokomotive. Die Anordnung der Gleise der Werksbahn
kennen sie wie ihre Westentasche.
Verschieber Johann Ortner hat keine ungefährliche Aufgabe – er muss die
Waggons auf den Gleisen an- und abkoppeln.
MTU Report 01/15 I 57
56 I MTU Report 01/15
60%
CMYK
40%
CMYK
20%
CMYK
60%
CMYK
40%
CMYK
20%
CMYK
Bahn
«
Die Motoren spielen bei unserer
Arbeit eine wichtige Rolle. Es ist wie bei
Autos. Je mehr Leistung man hat, umso
mehr Spaß macht es.
Thomas Leitner, Logserv
»
Die Gmeinder-Lokomotiven werden von einem MTU-Bahnmotor
vom Typ 12V 1600 R50 auf Hochtouren gebracht.
Martina und ihre drei Kollegen sind rund um die Uhr, 365 Tage im
Jahr im Einsatz. In der Dunkelheit ist die Werksbahn von Voestalpine
mit Flutscheinwerfern ausgeleuchtet.
Gmeinder – eine lange Tradition
MEMO
Im Voestalpine-Werk in Linz werden jährlich 5,8 Millionen Tonnen
Rohstahl produziert. In der Hafenhalle wird dieser für den Transport mit dem Zug, per Schiff oder Lkw bereitgestellt.
Enorme Anstrengungen garantiert
Erst mit den Waggons kann Martina zeigen, was wirklich in
ihr steckt. „Die Motoren spielen bei unserer Arbeit eine wichtige Rolle“, erklärt Leitner. „Es ist wie bei Autos. Je mehr Leistung man hat, umso mehr Spaß macht es.“ Viele Lastwechsel
und hohe Betriebsstunden – genau für diese Anforderungen
ist die MTU-Baureihe 1600 entworfen worden und damit ideal
für Rangierlokomotiven geeignet. Daher werden wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren im Werk von Voestalpine
noch weitere Gmeinder-Lokomotiven mit MTU-Motoren hinzukommen. Um später im Werk eingesetzt werden zu können,
müssen alle Lokomotiven und damit auch ihre Motoren, eine
Belastungsfahrt bestehen. „Das Schienennetz der sogenannten Erzhochbahn geht bis zu den Übergabebunkern des Hochofens. Das sind immerhin bis zu 20 Promille Steigung“, erzählt
Mario Pointner, Verantwortlicher für den Werksbahntransport
bei Logserv. Erst wenn die Lokomotiven und Motoren diese
Belastung überstehen, werden sie im restlichen Schienennetz
eingesetzt.
Die Spuren von Gmeinder reichen bis in das Jahr 1913 zurück. Im
Jahr 1919 wurden die ersten Lokomotiven mit Benzol-Motor ausgeliefert. Bereits 1925 baute Anton Gmeinder mithilfe von Carl und
Hermann Kaelble die Fertigung von Feldbahn- und Normalspurlokomotiven sowie von Grubenlokomotiven weiter aus. So wurde Gmeinder im Jahr 1932 zu einem der Lieferanten der Standard-Rangierlokomotiven für die Deutsche Reichsbahn. Auch nach dem Zweiten
Weltkrieg lieferten sie weiter Rangierlokomotiven und Zahnradgetriebe an die Deutsche Bundesbahn. Nach einigen Namenswechseln
schlossen sie sich 1976 mit Kaelble aus Backnang zusammen. Kaelble
war zu dieser Zeit bereits lange Gesellschafter gewesen. Das Unternehmen wurde fortan als „Kaelble-Gmeinder GmbH“ geführt. Im Jahr
2004 wurde der Lokomotivbereich von Gmeinder selbstständig. Seit
2012 gehört Gmeinder zur Zagro Group.
Ein Schicht nähert sich dem Ende
Mittlerweile ist es 13.15 Uhr. Thomas Leitner und seine beiden Kollegen haben Schichtende. Martina nicht. Sie wartet
bereits auf ihre zwei neuen Begleiter - mitten im Werk und
umzingelt von leeren Waggons und anderen Lokomotiven. Ein
paar Gleise von Martina entfernt, fährt gerade eine weitere rotgraue Gmeinder-Lok vorbei. Sie ist auf dem Weg in die sogenannte Hafenhalle. Hier soll sie mit Stahl beladene Waggons
abholen. Das besondere an dieser Halle: Neben Zügen können auch Lastwagen und sogar Schiffe beladen werden. Da
das Werk direkt an der Donau liegt, können die Schiffe von
hier aus in einem speziell angelegten Hafenbecken in die Halle gleiten. Sogenannte Stahl-Coils – runde, aus dünnem Metall
aufgewickelte Bandstahlrollen in verschiedenen Größen und
Stahlplatten – werden dort gelagert.
Im Blindflug durchs Werk
Martina ist mit ihrer neuen Verschubmannschaft Markus Klopf
und Andreas Müller unterwegs. Die erste Herausforderung:
30 Waggons sollen in die Hafenhalle transportiert werden.
Damit ist der Zug insgesamt 400 Meter lang und damit deutlich länger als bei ihren Kollegen heute Morgen. Die schnellsten Läufer der Welt brauchen hierfür knapp 45 Sekunden - der
heute als Verschieber eingesetzte Andreas Müller etwas länger. Vom Führerhaus der Lok sieht man nicht einmal mehr das
Ende des Zuges. Hier muss sich Klopf ganz auf seinen Kollegen verlassen. Dieser steht mittlerweile auf dem Trittbrett
des vordersten Waggons. Martina schiebt die Waggons von
hinten an. „Mit meiner Funkfernbedienung kann ich das Führerhaus auch mal verlassen“, erklärt Markus Klopf. „So kann
ich außen neben den Waggons herlaufen, um etwas mehr zu
sehen.“ Müller gibt per Funk Anweisungen. Dazu wählen die
beiden einen eigenen Funkkanal aus, damit sie nicht durch
andere Funker gestört werden. „Wenn ich die Anweisungen
von Andreas nicht höre oder befolge, kann dies schlimme Folgen haben“, weiß Klopf. So sagt ihm Müller zum Beispiel, wann
ein Signal „Verschubverbot“ oder „Verschubverbot aufgehoben“ zeigt - oder anschließend in der Halle, wann das Ende der
Gleise erreicht ist. Teamarbeit steht hier an erster Stelle. Vorsichtig schiebt sich die lange Verschubeinheit in die Halle. Bei
den letzten Zentimetern ist Fingerspitzengefühl gefragt. Sobald
die letzten Waggons stehen, wird Martina von ihrer schweren
Last befreit. Dann geht es für sie weiter zum nächsten Einsatz,
während ihre Männer wieder wechseln.
Text: Yvonne Wirth; Bilder: Robert Hack
Ihre Fragen beantwortet:
Daniel Moosherr, daniel.moosherr@mtu-online.com
Tel. +49 7541 90-2592
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Ein Video über den MTUBahn-Motor im Einsatz bei
Voestalpine. Ohne QR-Code-Reader
unter http://bit.ly/1FQo38T
ON L IN E
abkuppeln. Martina bekommt ihre Waggons ans Ende angekuppelt. Dazu stellt sich Johann Ortner auf die Gleise zwischen die
Puffer des vorderen Waggons. Dann geht alles ganz schnell.
Thomas Leitner fährt Martina vorsichtig an die Puffer des Waggons, Johann Ortner kuppelt an. Wie ein altes Ehepaar vertrauen sich die beiden fast blind. „Am Anfang kostet es noch
Überwindung, aufs Gleis zu stehen, aber irgendwann ist es
normal“, beschreibt Ortner die Situation. „Mit den Jahren kann
man gut einschätzen, ob eine Lok zu schnell ist oder nicht.
Wenn das der Fall ist, stehst du nicht zwischenrein. Vertrauen ist hier sehr wichtig.“ Dabei müssen alle Verschieber und
Lokführer harmonieren, da jeden Tag zwei andere Mitarbeiter
zusammen eingeteilt werden.
58 I MTU Report 01/15
MTU Report 01/15 I 59
Teile in Eile
Mähdrescher, Schnellfähren, Muldenkipper und
andere MTU-Anwendungen müssen oft rund um
die Uhr laufen. Durch die
neue weltweite MTUErsatzteillogistik mit drei
Logistikzentren und
einem durchgängigen
Datensystem ist die
Verfügbarkeit von Ersatzteilen auf 95 Prozent
gesteigert worden.
Von der Scheibe bis
zum kompletten Motor
liefert die neue globale
Ersatzteillogistik Ersatzteile punktgenau zum
richtigen Zeitpunkt an
den Einsatzort. Im Bild:
Service-Monteur Marcel
Salomon.
Service
Globale Ersatzteil-Logistik
Der beste Service nützt nichts ohne eine
gute Ersatzteilversorgung. Dank der neuen
globalen Ersatzteillogistik von Rolls-Royce
Power Systems konnte die globale Verfügbarkeit von Express-Ersatzteilen auf zirka 95
Prozent hochgeschraubt werden. Das Herzstück bilden drei große Logistikzentren in
Brownstown, Überlingen und Singapur sowie
ein durchgängiges integriertes Datensystem
für Planung und Verkauf. Im Jahr 2014 ist
das dritte Logistikzentrum in Singapur in
Betrieb genommen worden.
Wie eng guter Service und gute Ersatzteilversorgung miteinander zusammenhängen, zeigt ein
Blick auf den Service-Alltag. Ein Mähdrescher
des deutschen Herstellers Claas bleibt an einem
Sonntagnachmittag in Frankreich mitten im Ernteeinsatz mit Motorschaden stehen. Ein Anruf
des Betreibers beim weltweit erreichbaren Customer Assistance Center genügt. Einen Tag später trifft ein Tauschmotor aus dem deutschen
Logistikzentrum in Überlingen in Frankreich ein
und der Mähdrescher kann wenige Stunden später weiterarbeiten. Oder ein Binnenschiff auf der
Donau: Der Motor braucht einen neuen Frischwasser-Sensor. Das Schiff fährt noch zwei Tage
weiter bis Wien, wo der Partner kurz vor der
Ankunft den Sensor aus Überlingen erhalten
hat. Ein weiteres Beispiel aus Miami: Die beiden
4000er-Motoren einer Yacht benötigen Automationsteile. Die liefert der regionale Partner innerhalb von 24 Stunden, nachdem er sie aus dem
Logistikzentrum in Brownstown erhalten hat.
Der Vorteil dieses in den USA liegenden Hubs:
Die aus Deutschland stammenden Teile sind
bereits verzollt und können damit schnell innerhalb der USA versandt werden. Und ein Beispiel
aus Asien: Der 1600er-Motor eines DauerstromAggregats in Indonesien benötigt eine neue Wasserpumpe. In diesem Fall kommt das Ersatzteil
aus dem neuen Logistikzentrum in Singapur,
durch das die Ersatzteilversorgung in ganz Asien
gestärkt wurde.
Wareneingang des Logistikzentrums in Überlingen, Deutschland.
Rund 250.000 Ersatzteile werden im Kleinteilelager in Überlingen gelagert.
Drei neue Logistikzentren in Deutschland,
USA und Singapur
Nachdem die Zahl der Partner sowie die Anforderungen an die Logistik in den letzten Jahren
laufend gestiegen sind, war es notwendig, die
Logistikstruktur zu optimieren. Mit der globalen
Ersatzteillogistik wurde dafür ein starkes Rückgrat geschaffen. 2011 ging das Logistikzentrum
in Brownstown in den USA in Betrieb. Täglich
verlassen 1.500 Bestellpositionen die weitläufigen Hallen Richtung Nord- und Südamerika.
Das Lager in Überlingen, das seit 2008 besteht,
wurde im Jahr 2012 in das globale Datensystem
eingebunden. Täglich werden hier etwa 2.500
Bestellpositionen in die Region verschickt, die
MTU Report 01/15 I 61
60 I MTU Report 01/15
Service
Vereinigte
Staaten
Brownstown
Logistikzentrum
Brownstown
Weniger hoch, doch
aufgrund des größeren
Platzangebots langgestreckter präsentiert sich
das Hochregallager in
Brownstown, USA.
Logistikzentrum
Überlingen
Deutschland
Überlingen
Zuständig für Europa,
Afrika, Naher Osten,
GUS-Staaten
Singapur
Zuständig für Nord- und
Südamerika
Logistikzentrum
Singapur
Zuständig für Asien
Bestückung und Entnahme von Ersatzteilen
im Kleinteilelager in
Brownstown.
Das Hochregallager bildet neben dem Kleinteilelager das Herzstück des
Lagerbereichs in Überlingen und in den beiden anderen Logistikzentren.
Virtuelles Logistikzentrum: Aus drei
mach eins
Dass die Verfügbarkeit der Ersatzteile enorm
gesteigert werden konnte, ist nicht allein den drei
hochmodernen Logistikzentren zu verdanken.
Herzstück des globalen Logistiknetzwerks ist vielmehr das durchgängige SAP-Datensystem PAS.
Alle drei Logistikzentren mit ihren Beständen und
Abläufen sind dadurch so eng vernetzt, als wären
sie ein einziges, virtuelles Lager. Daraus ergeben
62 I MTU Report 01/15
sich erhebliche Logistik- und Kostenvorteile. Insbesondere bringt es der weltweiten Ersatzteilplanung und auch dem weltweiten Ersatzteilverkauf,
die alle drei Läger übergreifend steuern beziehungsweise nutzen, ein Höchstmaß an Überblick
und Transparenz. Die Mitarbeiter der Planung in
Friedrichshafen, Brownstown und Singapur können damit gemeinsam aktuelle Bestandslücken
oder Überhänge sofort erkennen und ausgleichen. Falls eines der drei Logistikzentren nicht
über ein benötigtes Teil verfügt, kann es aus
einem der anderen beiden bezogen werden.
Ebenso können durch dieses sogenannte Drop
Shipment Zeitvorteile, bedingt durch die unterschiedlichen Zeitzonen, genutzt werden. Sowohl
für Planung als auch Verkauf gilt durch die geographische Lage der Logistikzentren, dass in der
Ersatzteilversorgung nie die Sonne untergeht.
„Wenn es in Überlingen Nacht wird, dann ist
es in Brownstown mitten am Tag und in
Singapur geht sechs Stunden später schon die
Sonne auf“, sagt Peter Posprich, Teamleiter im
Order Management.
Text: Wolfgang Stolba
Bilder: Claas, Robert Hack, MTU America,
MTU Asia
Ihre Fragen beantwortet:
Berthold Steber
berthold.steber@mtu-online.com
Tel. +49 7541 90-7301
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Ein Video über die globale
Ersatzteil-Logistik von MTU.
Ohne QR-Code-Reader unter
http://bit.ly/19LW3aL
ONLINE
von Afrika über Europa, den Nahen Osten bis zu
den Staaten der ehemaligen Sowjetunion reicht.
„Überlingen ist das Hauptlager, in dem 85.000
unterschiedliche Artikel lagern“, erklärt Bernd
Maurer, Leiter des Logistikzentrums Überlingen.
Das jüngste Nachschublager in Singapur wurde im März 2014 in Betrieb genommen. Pro Tag
gehen hier etwa 1.000 Bestellpositionen in die
Region Asien, in Zukunft auch nach Australien.
Die drei Logistikzentren in
Brownstown, Überlingen
und Singapur sind durch ein
durchgängiges Datensystem
so vernetzt, als wären sie ein
einziges, virtuelles Lager.
Das schafft Transparenz und
sichert ein hohes Maß an
Teileverfügbarkeit.
Hochregallager des
Logistikzentrums in
Singapur. Alle drei
Logistikzentren sind
identisch aufgebaut.
MTU Report 01/15 I 63
Technologie
Verkabelung von Stromaggregaten
→Wie machen wir
...Kontakt?
1
2
Ein leises Wummern, dann springen die starken
4000er-MTU-Aggregate an. Denn sie produzieren zum
Beispiel Notstrom für einen ganzen Stadtteil oder ein
Krankenhaus. Aber auch den Bordstrom einer Yacht.
Dafür muss allerdings im richtigen Moment ein
Signal an den Motor gesendet werden, der über den
Generator den Strom erzeugt – das Aggregat muss
also anspringen. Um dies zu gewährleisten, ist gerade
bei der Verkabelung von Stromaggregaten viel Fingerspitzengefühl und Genauigkeit gefragt.
64 I MTU Report 01/15
ihm spricht, wird schnell klar, dass er mit diesem Wirrwarr
einen genauen Plan verfolgt. Er erstellt die Kabelbäume,
die später am Aggregat, also dem Motor mit einem Generator, der Strom erzeugt, angebaut werden.
Leitungen sind das Nerven- und Steuersystem eines
Aggregats. Sie verbinden Steuergeräte und Messeinrichtungen am Motor mit der Motorüberwachung, den Temperatureinrichtungen oder den Feuerlöschsystemen des
Aggregats. Und sie müssen einiges aushalten: Temperaturen von bis zu 120 Grad Celsius, Ströme von mehreren Hundert Ampere und Spannungen bis 400 Volt. Um
sicherzugehen, dass sie das können, verlegt MTU diese
Leitungen selber im Friedrichshafener Produktionswerk.
Schaltplan bildet die Grundlage
Grundlage dafür ist ein Schaltplan, der für jedes Aggregat speziell angefertigt wird – denn im Projektgeschäft
ist kein Aggregat wie das andere. Nach diesem schneidet Holger Erdle zunächst die Leitungen auf die passende
Länge zurecht und beschriftet sie mit einem Kabelmarkierer, um später genau zu wissen, welche Leitung wohin
muss. „Die meisten unserer Aggregate werden mit einer
sogenannten Schallschutzkapsel bestellt, um zum Beispiel
in einem Schiff die Motorgeräusche möglichst gering zu
halten“, erklärt Erdle. „Wir installieren in der leeren Kapsel die Elektronik für alle Komponenten wie zum Beispiel
CO2-Feuerlöschanlagen, Warnsirenen, die Selbstüberwachung der Motoren, die Motorregelung oder Pumpensteuerungen.“
Bis zu 350 Arbeitsstunden
Bis auch wirklich jede Leitung an der richtigen Stelle sitzt
und mit den passenden Steckern verbunden ist, sind drei
Mitarbeiter zwei bis drei Wochen lang beschäftigt. Insgesamt sind dies bis zu 350 Arbeitsstunden. Einer dieser
Mitarbeiter ist Holger Erdle. Versunken steht er an seiner
Werkbank, vor ihm der Schaltplan und um ihn herum ein
scheinbares Wirrwarr aus Leitungen. Doch wenn man mit
Bis zu 800 Adern pro Aggregat
Die Arbeit von Holger Erdle hört allerdings nicht an der
Werkbank auf. Sind die Kabelbäume fertig zusammengesetzt, bringt er sie am Aggregat an und verbindet sie mit
dem Schaltkasten. Jede Leitung wird dafür mit den entsprechenden Sensoren am Aggregat verbunden und sauber in den Schaltschrank verlegt. Eine Leitung enthält
mehrere farbige Adern, die einzeln angeschlossen wer-
den. Bis zu 800 solcher farbigen Adern müssen die MTUElektriker pro Aggregat anschließen - ein Geduldsspiel, bei
dem sie sich keinen Fehler erlauben dürfen. „Gerade bei
Notstromaggregaten könnte es schlimme Folgen haben,
wenn der Strom nicht fließt“, erzählt Holger Erdle. „Unsere Arbeit muss daher immer 100 Prozent genau sein.“
Eine metallene Hochzeit
Ist die Aggregateelektronik in der Kapsel fertig, beginnt
die „Hochzeit“. Braut und Bräutigam – also Aggregat und
Kapsel – gehen gemeinsame Wege. Dazu wird die Kapsel
auf den Grundrahmen des Aggregats gehoben – sie werden miteinander verheiratet. Sobald Motor und Generator
in der Kapsel sind, haben die Elektriker nur noch 50 bis
60 Zentimeter Platz, um sich zu bewegen und die Motorelektronik mit der Aggregateelektronik zu verbinden. Dies
sind nochmal etwa 70 Stunden in einer sehr beengten
und warmen Arbeitsumgebung. Anschließend werden dem
Kunden die Schnittstellen für dessen eigene Elektronik zur
Verfügung gestellt. Vom anfänglichen Leitungs-Wirrwarr
ist dann nichts mehr zu sehen.
3
1-2 Holger Erdle bei der Werkerselbstkontrolle. Das
bedeutet, er überprüft nochmals die Funktion aller
Leitungen mithilfe eines Messgerätes. Dieser Vorgang
ist der letzte Arbeitsschritt, bevor das Aggregat an
den Kunden geht. 3 Hier sind Geduld und Fingerspitzengefühl gefragt, denn die einzelnen Kontakte müssen in den Verbindungsstecker eingepinnt werden.
Text: Yvonne Wirth
Bilder: Robert Hack
Ihre Fragen beantwortet:
Dominic Roth
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MTU Report 01/15 I 65
Nachbehandlung
Der Norderstedter Stadtmusikant
Mitten im Grünen und doch Teil einer Metropolregion: das ist Norderstedt,
nicht weit entfernt von Hamburg und 1970 aus vier benachbarten Gemeinden gegründet. Im Vorfeld hatte ich mir nicht sehr viele Gedanken darüber
gemacht, wie eine derart „erfundene“ Stadt wohl aussehen könnte. Als ich
dann über eine der Hauptstraßen zum Blockheizkraftwerk von MTU Onsite
Einmal Triebfahrzeugführerin
Meine erste Reportage für den MTU Report führte mich in die österreichische Stadt Linz. Bisher kannte ich diese nur von der gleichnamigen Linzer
Torte. Dass sich hier ein großer Stahlkonzern wie Voestalpine versteckt, war
mir nicht klar. Das Werksgelände ist wie eine eigene kleine Stadt aufgebaut
– mit mehrspurigen Straßen, vielen Schienen und riesigen Werkshallen. Und
Anne-Katrin Wehrmann ist erstaunt, wie viel grün es in einer Stadt wie
Norderstedt geben kann.
Yvonne Wirth war mit den Gmeinder-Lokomotiven in einem der größten Stahl-
Energy fuhr, war ich aber doch beeindruckt: rechter Hand ein Gewerbegebiet, direkt links von der Straße Weideflächen mit vielen Pferden darauf.
Eine solche Nähe von typisch städtischer Bebauung und echtem NaturFeeling ist mir aus anderen Städten dieser Größe nicht bekannt. Ebenso
toll fand ich, was ich kurz darauf in einem kleinen Park in der Stadtmitte
entdeckte. Als Bremerin bin ich natürlich ein Fan der Stadtmusikanten, aber
dass es auch in Norderstedt einen Stadtmusikanten gibt, wusste ich nicht.
In diesem Fall handelt es sich um ein spitz nach unten zulaufendes und in
der Erde befestigtes Gebilde, das zu einem „Rundgang der Klänge“ gehört.
Wenn man den Norderstedter Stadtmusikanten dreht, erzeugt er tiefe,
gongartige Töne. Eine schöne Idee, wie ich finde.
Apropos ...
Mehr über das Leben in einer Stadt erfahren Sie auf den Seiten 14 bis 37.
werke in Österreich unterwegs. „Dieser Tag wird mir auf jeden Fall in Erinnerung
bleiben", sagt sie.
mittendrin der Grund, warum wir hier waren: Martina. Den ganzen Tag durften wir mit der Gmeinder-Lokomotive ihre Aufgaben und das Werksgelände
entdecken. Wirklich beeindruckend war zum Beispiel die Zugkraft der Lok.
Zeitweise wog der Zug bis zu 3.000 Tonnen. Eine spannende Erfahrung,
denn bis zu diesem Tag stand ich auch noch nie im Führerstand einer Lokomotive. Mit einer orangefarbenen Warnweste wurde ich zur Funklokführerin – auch wenn ich den Zug selbst nicht gefahren bin. Highlight war, dass
dann auch noch die Schienen für uns gesperrt wurden, damit wir das beste
Bild von Martina schießen konnten. Ein Tag, der mir wirklich in Erinnerung
bleiben wird und Linz für mich zu einer Stadt gemacht hat, die mehr bietet
als nur eine original Linzer Torte.
Impressum
MTU Report Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy HERAUSGEBER Rolls-Royce Power
MTU Report online
Neuigkeiten von MTU und
Systems AG; für den ­Herausgeber: Wolfgang B
­ oller REDAKTIONSLEITUNG Yvonne Wirth, e-mail: yvon-
MTU Onsite Energy lesen Sie auch in
ne.wirth@rrpowersystems.com, Tel. +49 7541 90-6535 REDAKTION ­Bryan Mangum, e-mail: bryan.man-
unserem Webmagazin unter www.mtu-report.com. Sie
gum@mtu-online.com, Tel. +1 248 560-8484, Wolfgang Stolba, e-mail: wolfgang.stolba@rrpowersystems.
möchten regelmäßig News von uns bekommen? Jeden
com WEITERE AUTOREN Caren-Malina Butscher, Petra Kaminsky, Chuck Mahnken, Anne-Katrin Wehr-
Monat e­ rscheint neben dem MTU Report der Online-
mann ANSCHRIFT DER REDAKTION Rolls-Royce Power Systems AG, Maybachplatz 1, 88045 Friedrichs-
Newsletter MTU eReport mit aktuellen Informationen
hafen BILDNACHWEISE Ares, Condor Ferries, Felix Löffelholz, Hitachi, Terex, VPower GESTALTUNG
rund um die Marken MTU und MTU Onsite Energy.
UND HERSTELLUNG Designmanufaktur|Ries, 88214 Ravensburg LEKTORAT Susanne Gernhäuser,
88214 Ravensburg ­LITHOGRAPHIE Wagner Medien UG, ­88690 Uhldin­gen-Mühlhofen DRUCK Druckerei
Holzer, Weiler im Allgäu ISSN-Nr. 09 42-82 59, Nachdruck mit Quellenangabe e­ rlaubt. Belegexemplar erbeten. INTERNET-ADRESSE www.mtu-report.com, www.mtu-online.com
66 I MTU Report 01/15
... leben in der Stadt
I M P R E SS U M
Apropos
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