MTU Report 1/2015
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MTU Report 1/2015
MTUreport Das Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy I Rolls-Royce Power Systems Brands Ausgabe 01 I 2015 I www.mtu-report.de Keine Kompromisse. MTU-Motoren werden nach legendären Qualitätsstandards gebaut. Geben Sie sich beim Tausch von Teilen und Betriebsstoffen nicht mit weniger zufrieden. Verlängern Sie die Lebensdauer Ihres Motors mit ValueSpares — den einzigen Ersatzteilen und Betriebsstoffen, die den hohen Standards von MTU in puncto Qualität, Verarbeitung und Leistung wirklich genügen. Wählen Sie für ein Maximum an Zuverlässigkeit, Leistung und Betriebszeit einen Namen, auf den Sie vertrauen — ValueSpares from MTU. www.mtu-online.com/parts Das Heft zur Stadt Egal ob in Miami oder Norderstedt – MTU-Motoren und -Aggregate findet man in vielen Städten auf der ganzen Welt Unter Wien MTU-Notstromaggregate für die Wiener U-Bahn Vertrauen Sie MTU ValueSpares. Hoffnungsträger der Nation Transnet – Südafrika setzt auf die Schiene und MTU 24 38 32 48 44 Inhalt Editorial 16 Liebe Leserinnen und Leser, Das Heft zur Stadt Energie Dr. Ulrich Dohle ist Vorsitzender des Vorstands der Rolls-Royce Power Systems AG sowie Vorsitzender der Geschäftsführung der MTU Friedrichshafen GmbH. bereits in den 1920er-Jahren hatte Karl Maybach die Vision, Fahrzeuge „in der Luft, zu Wasser und zu Land“ mit seinen Motoren zu betreiben. Auch in Urkunden zur Gründung unserer Mutterfirma Rolls-Royce aus dem Jahr 1904 sind diese Visionen schon enthalten. Bis heute steht „zu Lande und zu Wasser“ für das Sinnbild unserer Arbeit. Diesel- und Gasmotoren von MTU und Bergen Engines sowie Energieanlagen von MTU Onsite Energy findet man auf der ganzen Welt. Dies zeigen wir auch mit den drei neuen Ausgaben des MTU Reports im Jahr 2015. In der Stadt, auf dem Land oder auf dem Wasser – jedes der drei Hefte steht unter einem ganz besonderen Schwerpunkt. In dieser Ausgabe geht es schwerpunktmäßig um das Leben in der Stadt. Welchen Mehrwert bringen unsere Motoren oder Energieanlagen den Städten und ihren Bewohnern? Wie entwickeln sich die Städte der Zukunft? Fragen, die wir Ihnen gerne in diesem Heft beantworten möchten. Wenn ich an Städte denke, dann denke ich an viele Häuser, Menschen und das rasante Leben. Aber was passiert, wenn zum Beispiel bei der U-Bahn in Wien der Strom ausfällt? Es wäre kein unlösbares Problem, denn die MTU-Notstromaggregate würden sofort ihren Dienst antreten. Ein BHKW von MTU Onsite Energy versorgt einen Stadtteil von Norderstedt mit Fernwärme und sorgt damit für warme Räume in den Häusern. Oder sind Sie schon einmal in Miami gewesen? Unsere Redakteure waren für Sie in vielen Städten unterwegs und haben sich angeschaut, in wie vielen Endprodukten ein MTU-Kern steckt. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Entdecken, in welchen Ecken einer Stadt sich überall MTU-Produkte verstecken. 16 Unter Wien In der Stadt Wien fahren bis zu 1,5 Millionen Menschen täglich mit der U-Bahn. Damit auch im Notfall nicht das Licht ausgeht, stehen vier MTU-Notstromaggregate bereit. 24 Der Puls der Stadt Die Mega-City Miami schläft nie. Kommen Sie mit uns auf eine Reise durch Miami und sehen Sie, wie viele MTU-Motoren und -Aggregate sich hier verstecken. Zukunft 30 Die Stadt der Zukunft In der Stadt der Zukunft wird sich einiges verändern. Was genau, lesen Sie hier. Energie 32 Die erfundene Stadt Ein Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Energy hilft der Stadt Norderstedt bei der Versorgung ihrer Einwohner mit Wärme. 36 Stadtmaus und Landmaus Ein Comic über den Besuch der Landmaus bei ihrem Cousin der Stadtmaus. 37 Aus dem Ölsumpf 54 Bahn 38 Hoffnungsträger der Nation Südafrika investiert in die Schiene. Was dahinter und wie viel MTU darin steckt, erfahren Sie hier. Mining 44 Goldene Aussichten Jährlich werden in der Wharf-Mine bis zu 2.500 Kilogramm pures Gold gewonnen. Um das wertvolle Edelmetall zu fördern, ist ein Sprengloch-Bohrer mit MTU-Motoren im Dauereinsatz. Energie 48 Kleben, färben, duften Ob Straßenmarkierungen, Kleb- und Duftstoffe, Servietten oder Tapetenbeschichtungen – das Chemieunternehmen Follmann macht unseren Alltag bunt, duftend und klebend. Bahn 54 Martina – allein unter Männern Um bis zu 3.000 Tonnen schwere Züge zu ziehen, sind Lok Martina und der MTU-Bahnmotor der Baureihe 1600 im Schwersteinsatz bei Voestalpine. Service 60 Teile in Eile Mit dem Ersatzteil einmal rund um die Welt. Dank der Vernetzung der drei großen Ersatzteil-Logistikzentren von MTU ist dies kein Problem. Technologie 64 Wie machen wir... Kontakt Stromaggregate zu verkabeln, ist kein einfaches Unterfangen. Apropos Ihr Ulrich Dohle 66Nachbehandlung Was unsere Redakteure besonders beeindruckt hat. Das Jahr von Stadt, Land, Wasser Unterschiedlicher könnten die Strukturen in Stadt, Land und Wasser kaum sein. Und doch braucht man überall Antriebe. MTU-Motoren und -Aggregate findet man auf der ganzen Welt – egal ob in der Stadt, auf dem Land oder am Wasser. Gehen Sie mit uns auf eine Reise um den Globus und entdecken Sie in der ersten Ausgabe das Leben in der Stadt. 2 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 3 Aktuell Die Legende räumt Während sie im Jahr 1962 Kinder in die Schule und Familien in den Urlaub brachte, sorgt sie heute für freie Bahnschienen im Winter – das Streckengebiet ist jedoch dasselbe geblieben: Eine Lokomotive der ehemaligen Baureihe V 200 der Deutschen Bahn ist als Schienenschneeräumer im Süden Deutschlands im Einsatz und fährt mit zwei 12V 4000 MTU-Motoren. Anfang der 1960er-Jahre wurden 50 Loks der DB-Baureihe V 200.1, später 221, gebaut. Für Eisenbahnfreunde ist das etwas Besonderes, denn die V 200 bringt Nostalgie ins Allgäu. Von 1962 bis 1975 waren 16 Loks in Kempten beheimatet und schon damals auf den Schienen im Allgäu unterwegs. Die Loks dieser Baureihe symbolisierten in den 1960er-Jahren den Wechsel von der Dampflok zur Diesellok bei der Deutschen Bundesbahn. Auf der Allgäu- wie auch auf der Schwarzwaldbahn wurden aufgrund der schwierigen topographischen Verhältnisse die Loks mit den Viertaktmotoren von Daimler-Benz benötigt, die mit der Gründung der MTU zur MTU-Baureihe 652 wurden. Nur noch wenige Loks laufen mit den original Daimler-Benz 12V 652-Motoren – aber alle haben noch die original Maybach Mekydro-Getriebe. Die dunkelgrau-rote Lok schiebt einen Schneepflug, der in diesem Winter das Schienennetz im Allgäu vom Schnee befreit. Die Zug- und Schiebelokomotive ist von Kempten aus überwiegend nach Pfronten, Füssen, Oberstdorf und Lindau unterwegs. Sobald 15 bis 20 Zentimeter über der Schienenoberkante liegen, werden die Räumungsfahrten gestartet. Diesen Winter musste die Allgäuer Schienenschneeräumer-Lok nur selten ausrücken: Maximal fünf bis sechs Tage für zehn bis zwölf Stunden. Heute sind die erhaltenen 16 Loks der DB-Baureihe V 200.1 (221) über ganz Deutschland verstreut, teils noch auf den Schienen, teils in Museen ausgestellt. 4 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 5 Aktuell Rasender Condor Mit bis zu 70 Stundenkilometer über das Wasser heizen – was für Yacht-Besitzer fast schon Normalität ist, können nun auch England-Besucher erleben. Mit dem neuen Trimaran Condor Liberation geht es in Höchstgeschwindigkeit von England über den Ärmelkanal zu den britischen Kanalinseln und wieder zurück. Pro Fahrt haben bis zu 245 Autos und 880 Passagiere auf dem Schiff Platz, welches für den britischen Schiffsbetreiber Condor Ferries im Einsatz ist. Der Hochgeschwindigkeits-Trimaran ist eine Weiterentwicklung des im Jahr 2005 ebenfalls von der australischen Austal-Werft gebauten Benchijigua Express, der zwischen den kanarischen Inseln Teneriffa und La Gomera pendelt. Der neue 102 Meter lange Austal-Trimaran hat einiges gemeinsam mit seiner älteren Schwester Benchijigua Express. Beide sind mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40 Knoten (das entspricht etwa 70 Stundenkilometern) schneller als so manche Megayacht. Einziger Unterschied – Condor Liberation reichen dafür drei 10.000 Kilowatt starke 20-Zylinder-MTU-Motoren vom Typ 8000 M71L. Der Benchijigua Express dagegen benötigt vier MTU-8000er. Vier 270 Kilowatt starke Gensets der MTU-Baureihe S60 versorgen den neuen Trimaran Condor Liberation zusätzlich mit Bordstrom. Für einen reibungslosen Betrieb hat Condor Ferries einen Vollwartungsvertrag mit MTU geschlossen. Dieser beinhaltet alle für die nächsten fünf Jahre vorgesehenen Präventivwartungen und Reparaturen. Dank der britischen Tochtergesellschaft MTU UK ist das Servicepersonal schnell vor Ort. 6 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 7 Aktuell Rüsseltier Na, wie sieht der denn aus? Gemeint ist hier nicht das auffällige Design mit der amerikanischen Flagge. Nein, Front-Entladungs-Betonmischer sieht man auf der ganzen Welt vergleichsweise selten – außer in Amerika. Meistens kennt man die Lastwagen mit den großen Mischtrommeln auf dem Rücken. In Amerika sind die Front-Entlader wie zum Beispiel von Terex aber keine Seltenheit. Hier sitzt die Mischtrommel direkt hinter der Fahrerkabine, die Ausschütt-Rutsche führt über das Führerhaus. Zwar sind die Heck-Entlader günstiger – trotzdem bietet der Front-Entlader so einige Vorteile. Auch hier wird die Betonpaste aus Portlandzement, Wasser und Sand vermischt und direkt in der Trommel des Lkws zur Baustelle geliefert. Der große Unterschied ist, dass die Rutsche deutlich länger als bei den Heck-Entladern ist. Damit kann der Lkw-Fahrer direkt zu der Stelle fahren, an der der Beton benötigt wird. Mithilfe der hydraulisch geregelten Rutsche kann er den Beton punktgenau abladen. Das spart deutlich Zeit. Damit die Front-Entlader-Betonmischer den hohen Belastungen standhalten, werden sie von MTU-Motoren der Baureihe 1300 mit einer Leistung von 260 bis 335 Kilowatt angetrieben. Die Motoren sind hier im hinteren Teil des Lastwagens eingebaut, damit dieser nicht nach vorne überkippen kann. Eingesetzt werden die Front-Entladungs-Betonmischer zum Beispiel beim Bau von Häusern, Schulen, Krankenhäusern, Dämmen, Autobahnen oder Eisenbahnsystemen. 8 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 9 Nachrichten Kurz notiert: MTU Middle East gegründet MTU Middle East ist neue Regionalgesellschaft für Vertrieb und Service in Dubai. Sie unterstützt Distributoren und Geschäftspartner von MTU-, MTU Onsite Energy- und Bergen-Produkten in 21 Ländern im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika. Vor Ort sind eigene MTU-Servicetechniker. Ein eigenes Warenlager mit Ersatzteillager garantiert kurze Reaktionszeiten und eine hohe Verfügbarkeit. VPower ist das erste Unternehmen, das ein Gaskraftwerk liefert, baut und betreibt, das direkt an das 230 Kilovolt Übertragungsnetz des Landes angeschlossen ist. 32 Gasaggregate sichern Stromversorgung für Myanmar Gasbetriebene Generatoraggregate der Marke MTU Onsite Energy gewährleisten die öffentliche Stromversorgung Myanmars. Die VPower Group, einer der weltweit führenden Anbieter von dezentralen Stromerzeugungssystemen, hat eine Vereinbarung mit Myanmar Electric Power Enterprise (MEPE) geschlossen und wird das Land mit einem Gaskraftwerk zur Stabilisierung der Stromversorgung unterstützen. Das neue Kraftwerk befindet sich in der Nähe der aufstrebenden Sonderwirtschaftszone Kyauk Phyu. VPower ist damit das erste Unternehmen, das ein Gaskraftwerk liefert, baut und betreibt, das direkt an das 230 Kilovolt starke Übertragungsnetz des Landes angeschlossen ist. In der Regel werden zur Stabilisierung der Stromversorgung betriebene Kraftwerke an 33-Kilovolt-Übertragungsleitungen angeschlossen. Eine stabile Stromversorgung ist essenziell, um Myanmar für ausländische Investoren interessant zu machen. Mit einem Investitionsvolumen von 13,29 Milliarden Dollar per Dezember 2014 steht der Energiesektor bei den ausländischen Direktinvestitionen in Myanmar an zweiter Stelle. Für die kommenden Jahre geht der Internationale Währungsfonds für Myanmar von einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von 8,25 Prozent aus. VPower verlässt sich zur Gewährleistung einer schnellen, zuverlässigen Stromversorgung für Myanmar auf modernste Motortechnologie von MTU Onsite Energy. Im Rahmen des Gaskraftwerk-Projekts, das Bau, Eigentum 10 I MTU Report 01/15 Express-Landung in England Der erste Class 800 Vorserienzug für Großbritanniens Intercity Express Programm (IEP) ist im englischen Southampton angekommen. Sein Antrieb: Ein MTU-PowerPack® der Baureihe 1600. Im Januar dieses Jahres ist der Zug aus der Hitachi-Fabrik im japanischen Kasado nach Europa verschifft worden. Seit April ist er nahe Nottingham für Testfahrten mit verschiedenen Messinstrumenten unterwegs. Das britische Verkehrsministerium hat beim britischen Konsortium Agility Trains 122 Züge mit rund 866 Wagen für MTU liefert für die IEP-Züge mindestens 252 jeweils 700 Kilowatt starke PowerPacks®. das Intercity Express Programm (IEP) bestellt. MTU liefert für diese Züge mindestens 252 jeweils 700 Kilowatt starke PowerPacks®. Kern der Antriebsanlagen ist ein MTU-Motor des Typs 12V 1600 R80L. Ab 2017 werden die Züge auf der Great Western Main Line zwischen London und Bristol eingesetzt. Ein Jahr später werden sie auf der East Coast Main Line zwischen London und Edinburgh fahren. Bis 2020 sollen alle Züge für die Great Western und East Coast Main Lines ausgeliefert sein. und Betrieb des Gaskraftwerks durch VPower vorsieht, hat sich VPower für MTU Onsite Energy als Lieferanten von 32 gasbetriebenen Generatoraggregaten für das Kraftwerk entschieden. Sie werden mehr als 45 Megawatt in das Stromnetz des Landes einspeisen. Die Erdgasmotoren der MTU-Baureihe 4000 sind das Ergebnis von über 100 Jahren umfassender Erfahrung in den Bereichen Motorentwicklung und -produktion bei MTU. Die 16-Zylinder-Motoren des Typs 4000 L32 haben eine elektrische Motorleistung von 1.560 Kilowatt, 400 Volt und 50 Hertz und setzen Maßstäbe hinsichtlich Leistung, Effizienz und geringen Emissionen. „Bei diesem Prestigeprojekt der Stromversorgung kommt die neueste Generation der gasbetriebenen Generatoraggregate von MTU Onsite Energy zum Einsatz“, sagte Heinz Bruckmann, Vertriebsleiter von MTU Asia Pte Ltd. „Dies ist eines der zukunftsweisenden Projekte, bei denen wir mit VPower zusammenarbeiten und gleichzeitig ein wesentlicher Schritt, Myanmar mit moderner Technologie zur Energieerzeugung auszustatten.“ Das neue Gaskraftwerk wurde in weniger als vier Monaten fertiggestellt. VPower mit Sitz in Hongkong ist spezialisiert auf die schnelle Bereitstellung kostengünstiger Systeme zur Energieerzeugung. MTU Onsite Energy und VPower haben bereits bei einem anderen Leuchtturmprojekt zusammengearbeitet: dem größten Kraftwerk Indonesiens, welches 81 Megawatt Energie erzeugt. MTU Türkei erhält Großauftrag für die Lieferung von 46 Motoren an die türkische Werft Ares. Küstenwache von Katar fährt mit MTU MTU Türkei hat mit der türkischen Werft Ares einen Vertrag über die Lieferung von 46 Motoren abgeschlossen. Diese sollen in 17 Patrouillenbooten für die Küstenwache des Wüstenstaates Katar installiert werden. Die Werft baut zurzeit zwei 47 Meter lange Schnellboote, welche durch jeweils drei MTU-Motoren der Baureihe 4000 angetrieben werden. Darüber hinaus wer- den MTU 12V 2000 M84-Dieselmotoren in fünf Patrouillenboote vom Typ Ares 75 Hercules, die eine Länge von 24 Metern haben, sowie in zehn Boote mit 34 Metern Länge vom Typ Ares 110 Hercules installiert. Jedes der Patrouillenboote wird aus Hochleistungskunststoffen hergestellt, die diese noch widerstandsfähiger machen. MTU Middle East bei der Eröffnung 2015. MTU Report doppelt nominiert Die Rolls-Royce Power Systems AG ist in diesem Jahr zwei Mal für den europäischen Best of Corporate Publishing-Award 2015 (BCP) nominiert. Zum einen mit dem Webmagazin MTU Report (www.mtu-report.de) in der Kategorie Digital Media – Microsite/ Website/B2B. Zum anderen mit dem Print- und Webmagazin MTU Report, dem Kunden-Newsletter MTU eReport und den Social Media-Aktivitäten in der Kategorie Best Crossmedia Solution/ Industrie. Die Printversion MTU Report wurde bereits mehrfach mit Silber ausgezeichnet. MTU eReport übersteigt 10.000-Abonnenten-Marke Über 10.000 Abonnenten weltweit erhalten regelmäßig den OnlineNewsletter MTU eReport. Dieser wurde vor fünf Jahren eingeführt und bietet einiges: Leser können die Themen ihres Interesses auswählen und er passt sich automatisch an jedes Endgerät an. Außerdem ist der Newsletter mit dem Webmagazin MTU Report verknüpft, in welchem auch die Artikel des Printmagazins und weitere Zusatz materialien zu finden sind. Anmeldung unter: www.mtu-report. com/de-de/Newsletter-de MTU Report 01/15 I 11 Nachrichten Die Schneeschleuder von Bernina Ob auf steilen Gebirgsstrecken oder dem eisigen, über 2.000 Meter hohen Plateau des Berninapasses – die beiden Schienen-Schneefrässchleudern der Rhätischen Bahn AG hält nichts und niemand auf, wenn sie während der strengen Wintermonate in Graubünden, Nordost-Schweiz, den Weg für die berühmten Bernina-Panoramazüge frei machen. Bis zu 8.000 Tonnen Schnee fräst jedes der Fahrzeuge pro Stunde weg. Das ist absolute Spitzenklasse im internationalen Vergleich. Für ausreichend Power sorgen pro Fahrzeug zwei MTU-Motoren der Baureihe 500, die auf Mercedes-Benz-Motoren basieren. Mit zusammen 880 Kilowatt Leistung bringen sie vier mächtige Fräshaspeln und zwei Schleuderräder auf Touren, die den Schnee bis zu 40 Meter weit neben das Gleis schleudern. Die Spezialfahrzeuge des Schweizer Herstellers Zaugg haben keinen eigenen Fahrantrieb und werden deshalb von einer Lokomotive bewegt. MTU liefert auch die besonders leistungsstarken Motoren der Baureihe 4000 für neue, dieselelektrische Arbeitslokomotiven der Rhätischen Bahn. Kurz notiert: 25 Jahre MTU Türkei Sicheres Wasser für vier Millionen Per Schwertransport hat der Zweckverband Bodensee-Wasserversorgung im März ein neues Notstromaggregat von MTU Onsite Energy erhalten. Das Aggregat erweitert die vorhandene Notstromanlage und sorgt dafür, dass die Trinkwasserversorgung für vier Millionen Bürger in Baden-Württemberg bei Stromausfall sichergestellt wird. Mit 6.500 Kilowatt mechanischer Leistung ist der neun Meter lange Energieerzeuger das stärkste Stromaggregat, das MTU je gebaut hat. Das Notstromaggregat basiert auf einem Die Bodensee-Wasserversorgung erhält das stärkste Stromaggregat, das je von MTU gebaut wurde. schnelllaufenden MTU-Dieselmotor des Typs 20V 956 TB34, dessen Leistung im Vergleich zur Vorgängergeneration um knapp fünf Prozent höher ist. Mit einem Autokran wurde das Aggregat vor dem neuen Gebäude auf Luftkissen abgestellt und mit Zugwinden hineinbefördert. Es soll Mitte Mai 2015 in Betrieb gehen. Die BodenseeWasserversorgung betreibt seit 1986 eine Notstromanlage mit zwei MTU-Aggregaten auf dem Sipplinger Berg. Mit dem neuen Stromaggregat steigt die Energie von 8,8 auf 15,3 Megawatt. Das Service-Portfolio MTU ValueCare bietet ein neues Filtersystem für Mining-Motoren der Baureihe 4000 an. Neues Filter-Kit-System für Mining-Motoren Die Schienen-Schneefrässchleudern der Schweizer Bahngesellschaft „Rhätische Bahn“ fräsen den Weg frei für die berühmten Bernina-Panoramazüge. Das Fräs-Fahrzeug (gelb) wird von einer Lokomotive (nicht im Bild) bewegt. 12 I MTU Report 01/15 Seit April ist ein Kraftstofffilter-Kit-System zur Nachrüstung von MTU-Mining-Motoren der Baureihe 4000 verfügbar. Das MTU Fuel Filtration Upgrade Kit ermöglicht eine stufenweise Optimierung der Kraftstofffiltrierung beim Betrieb mit verunreinigtem Kraftstoff. Die Filtration der Primär- als auch Sekundär-Filterstufe kann dadurch auf insgesamt 99,97 beziehungsweise 99,9 Prozent (4μm) gesteigert werden. Dies erhöht die Standzeit der Injektoren und reduziert die Betriebskosten für den Kunden. Mit den optional zusätzlichen Upgrade-Kit-Systemen MTU Duplex Primary und Pre Filtration lassen sich in weiteren Optimierungsschritten die Standzeit der Kraftstofffilter optimieren und die Wechselintervalle reduzieren. Aus einem Büro in Etiler am Bosporus und später einer kleinen Werkstatt in Samandira, Istanbul, entstand 1990 MTU Türkei. 2002 wurde der Standort Hadimköy bezogen. Die Fertigungslinie für Zylinderbuchsen der Baureihe 4000 wurde im Herbst 2009 eröffnet. Am 12. Juni 2014 eröffnete in Kartal, Istanbul, das neue „Vertriebs- Marketing- und Servicezentrum“. MTU Türkei in Istanbul. 150.000-ste Reman-Injektor Am 5. Februar 2015 wurde der 150.000-ste Reman-Injektor gefahren. Der Common-Rail-Injektor wurde für die MTU-Baureihe 4000.01 gefertigt. Seit 1999 bietet L'Orange das Remanufacturing gebrauchter Injektoren an. Reman-Injektoren brauchen etwa 25 Prozent weniger Ressourcen als Neuprodukte. Im Werk in Glatten durchlaufen alle Injektoren einen dreistufigen Reman-Prozess: vom Kernbefund über die Aufbereitung bis zum Qualitätstest. Neuer Yacht-Service Der neue MTU Premium Yacht Service bietet Yachtkunden ein erweitertes, globales Serviceprogramm, welches über das gesamte Motorleben reicht. Dieses beinhaltet eine erweiterte Gewährleistung auf bis zu elf Jahre, eine Wiederaufnahme der Gewährleistung auf gebrauchte MTU-Motoren, -Getriebe und –Automation, individuell gestaltbare Wartungsverträge, eine 24/7-Servicehotline und MTU-Trainings, die speziell auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt werden. MTU Report 01/15 I 13 14 I MTU Report 01/15 Kleinstadt U-Bahn Laut Zukunftsstadt SCHAUFENSTER LEBEN Flanieren Business RADWEG Rathaus STRASSENNETZ MÜLLENTSORGUNG Ballungsraum FUSSGÄNGERZONE Vorstadt Innenstadt SMOG BAUSTELLEN Stadtplan PENTHOUSE RUSHHOUR Trubel SKYLINE Megacitys Konsum Energie Beton Kultur Strom/Wärme Tempo TAXI Bus MIAMI Straßenverkehr Wolkenkratzer Stadtbahnhof METROPOLE STRASSENCAFÉ URBANISIERUNG Städter Leben in der Stadt Mit dem Heft „Leben in der Stadt“ beginnt die neue MTU Report-Trilogie: „Leben in der Stadt“, „Leben auf dem Land“, „Leben mit Wasser“. Wir kennen viele verschiedene Arten von Städten: Megacitys, Kleinstädte und Metropolen, Städte mit Vorstädten oder einem geballten Stadtkern. Bleibt dies so? oder „wie sieht die Stadt der Zukunft aus?“ oder „wie ist das Leben in einer Stadt mit unverwechselbarer Skyline wie Miami?“. In einer Stadt geht es aber auch um die Stromversorgung der Bürger, wie wir am Beispiel der Stadt Norderstedt zeigen. Die U-Bahn ist in vielen Städten das zentrale Fortbewegungsmittel. Wir erklären, was passieren würde, wenn der Strom ausfällt. MTU Report 01/15 I 15 Energie METROPOLE Tempo TAXI PENTHOUSE RUSHHOUR SKYLINE Trubel Konsum Energie U-Bahn Beton Kultur Vorstadt Kleinstadt Innenstadt SMOG BAUSTELLEN Zukunftsstadt URBANISIERUNG Stadtplan SCHAUFENSTER Megacitys Laut LEBEN Städter FLANIEREN Business RADWEG Rathaus STRASSENNETZ MÜLLENTSORGUNG Unter Wien Strom/Wärme Bus MIAMI Straßenverkehr Wolkenkratzer Stadtbahnhof 1 STRASSENCAFÉ Ballungsraum FUSSGÄNGERZONE Notstromaggregate für die Wiener U-Bahn 2 3 4 1- 4 Weltbekannte Adressen in Wien: Das Riesenrad im Prater, die Wiener Oper, die Wiener Hofburg und die Shoppingmeile Kärntner Straße. 16 I MTU Report 01/15 Die U-Bahn in Wien ist sehr gut vernetzt. Bis zu 104 verschiedene Stationen werden von den Untergrundbahnen angefahren. Eine davon ist direkt am Stephansplatz mit Blick auf den Stephansdom. Was macht die lebenswerteste Stadt der Welt eigentlich so lebenswert? In der österreichischen Hauptstadt Wien stimmt einfach alles. Die historische Innenstadt gehört mit den alten sandfarbenen Gebäuden, der Wiener Hofburg, der Oper, dem Riesenrad und dem Stephansdom zum Weltkulturerbe. Das kulturelle Angebot, die aufgeschlossenen und freundlichen Menschen und die Sauberkeit erzeugen bei jedem ein Wohlgefühl. Und da sind die öffentlichen Verkehrsmittel der Wiener Linien – mit U-Bahn, Straßenbahn und Bus kommt man in jeden Winkel der Großstadt. Damit gerade in der U-Bahn im Notfall das Licht brennt, wird das komplette U-Bahn-Netz von derzeit vier MTU-Notstromaggregaten versorgt. MTU Report 01/15 I 17 Energie Historische Gebäude im Jugendstil sind in Wien keine Seltenheit. Wie hier der ehemalige Eingang der Wiener Stadtbahn. Der Linienplan der Wiener U-Bahn: Die verschiedenen Farben kennzeichnen die unterschiedlichen Linien U1, U2, U3, U4 und U6. Marmorböden, moderne Kunst und Säulen im Holz-Look – die verschiedenen Stationen, wie hier die Station Karlsplatz, wirken freundlich und sauber. Reinhard Glaser (Wiener Linien) und Michael Tomes (K&W) begutachten zusammen einen der eingesetzten MTU-Motoren der Baureihe 956. Zum siebten Mal in Folge wurde die österreichische Bundeshauptstadt in diesem Jahr zur international lebenswertesten Stadt der Welt gewählt. Wer einmal da war, wundert sich darüber nicht. Etwa die Hälfte der Stadt ist Grünfläche, die alten Gebäude laden zum Flanieren ein, die Donau zum Baden und «Täglich fahren bis zu eineinhalb Millionen Menschen mit der U-Bahn - Tendenz steigend. » Reinhard Glaser, Wiener Linien MTU in Wien ME M O auch der Gaumenschmaus kommt nicht zu kurz. Wer hier war, geht nicht, ohne ein original „Wiener Schnitzel“ und eine Sacher-Torte gegessen zu haben. Prunkvoll steht der Stephansdom mitten in der Innenstadt. Auf der Shoppingmeile, der Kärntner Straße, wimmelt es von Menschen. An vielen Ecken In Wien schlendert man an so einigen MTU-Motoren oder -Aggregaten vorbei. Zum Beispiel sind weitere Notstromaggregate in einem Krankenhaus, in Kraftwerken oder in Datencentern. Binnenschiffe auf der Donau fahren mit MTU-Antrieben und am Flughafen, im Bahnhof oder in diversen Rundfunkstationen sorgen die Aggregate für Strom und Wärme zur richtigen Zeit. Sogar in der Nobeleinkaufsstraße, der Kärntner Straße, findet man ein Notstromaggregat der Baureihe 2000 in einem der Einkaufszentren. 18 I MTU Report 01/15 der Stadt sieht man die blauen Würfel mit dem großen „U“. Nach U-Bahn-Stationen muss man hier nicht lange suchen. Auch die gute Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln macht Wien für alle Altersklassen lebenswert. Den über 1,8 Millionen Wienern stehen mit der U1, U2, U3, U4 und U6 insgesamt fünf U-Bahn-Linien zur Verfügung. Das sind bereits 79 Kilometer Schienennetz – aber es soll zum Beispiel mit der U5 weiter wachsen. Dabei gehört die U-Bahn zu den jungen Hüpfern. Sie wurde erst 1978 gebaut und ist damit gerade mal knapp 40 Jahre alt. Zum Vergleich: Die vier ältesten europäischen U-Bahnen in London, Budapest, Glasgow und Paris sind bereits zwischen 1860 und 1896 in Betrieb gegangen. Die Silberpfeile Betrieben wird die U-Bahn in Wien von den Wiener Linien. „Die Wiener U-Bahn ist das beliebteste Verkehrsmittel der Stadt Wien“, freut sich Reinhard Glaser, Technischer Referent bei den Wiener Linien. „Täglich fahren bis zu eineinhalb Millionen Menschen damit – Tendenz steigend.“ Zur Arbeit, zur Schule, als Tourist oder zum Ausflug mit dem Kindergarten – man sieht alle Altersklassen in der Wiener U-Bahn. Große Eingänge, Marmorböden und moderne Kunst stechen einem beim Betreten der Stationen ins Auge. Mit Rolltreppen geht es vom Tageslicht in die genauso hellen, mit Neonlicht erfüllten U-Bahn-Stationen hin zu den Bahngleisen. Innerhalb weniger Minuten sausen die „Silberpfeile“, wie die U-Bahnen unter den Einheimischen genannt werden, in die U-Bahn-Stationen ein. MTU Report 01/15 I 19 Energie Fahrgäste warten auf die einfahrende U-Bahn. Im Falle eines Stromausfalls bleibt diese stehen, da der erzeugte Strom nicht ausreichen würde. Zuerst hört man in den dunklen Röhren ein donnerndes Rollen, dann das Rattern auf den Schienen. Die silbernen U-Bahnen schießen rein, begleitet von einem ziemlichen Windstoß und quietschenden Bremsen. Türen gehen auf, ein Schwall Passagiere steigt aus, mindestens genauso viele wieder ein. Bis zu 80 Kilometer pro Stunde erreichen die U-Bahn-Züge. Es ist Rushhour – die Menschen müssen zur Arbeit. Ein wildes Gehetze vom einen auf den anderen Zug. Die verschiedenen Schuhsohlen klackern auf dem Boden, das Stimmen-Wirrwarr hallt nach, dazu Ansagen aus den Lautsprechern. Klack – die Türen schließen, ein Zischen und die U-Bahn verschwindet in der dunklen Röhre genauso schnell wie sie gekommen ist. Verpasst man einen Zug, kommt in wenigen Minuten der nächste. „Das Besondere an der Wiener U-Bahn sind die sauberen Stationen, die dichten Intervalle und die hohe Zuverlässigkeit der U-Bahn“, erklärt Glaser. „So kommen die Fahrgäste schnell durch die Stadt.“ In den Stationen wird den Fahrgästen auch einiges geboten. Die U-Bahn-Haltestelle Karlsplatz ist mit Marmorboden geziert. Leuchtschilder weisen den Weg zu den unterschiedlichen Linien und Sehenswürdigkeiten. Selbst in den Toiletten läuft klassische Musik. Beleuchtete Reklameschilder, riesige Bildschirme mit den aktuellsten Nachrichten aus aller Welt, Leuchtschrift auf dem Boden – Strom ist hier wichtig. „Im Normalfall erfolgt die Stromversorgung über eine Haupteinspeisung beziehungsweise kann auf eine Reserveeinspeisung umgeschaltet werden“, erläutert Glaser den Vorgang. Damit aber auch im Falle eines Stromausfalls alles weiter funktioniert, versorgen vier MTU-Notstromaggregate die U-Bahn- Mit drei Metern Höhe beeindruckt der 956er den Servicemechaniker Lukas Sajdak von K&W vor allem durch seine Größe. Stationen mit Strom. „Im Falle eines Stromausfalles würden die Notstromaggregate die Stromversorgung sichern. Das bedeutet, dass die Lichtanlagen, Fahrtreppen, Steuerungsanlagen, Signalanlagen und zentralen Durchsagen der zentralen Leitstelle weiter funktionieren würden“, erklärt Glaser. So fahren zum Beispiel die Aufzüge an einen vordefinierten Haltepunkt, öffnen automatisch die Türen und lassen die Fahrgäste aussteigen. Die Stationsbeleuchtung bleibt ebenfalls in vollem Umfang erhalten. Dadurch können die Personen sicher aus den U-Bahn-Stationen evakuiert und diese anschließend geschlossen werden. Um die einzelnen U-Bahn-Stationen mit genügend Strom zu versorgen, werden pro U-Bahn-Linie bis zu zwei Megawatt Leistung benötigt. Dies wäre für die U-BahnZüge zu wenig. Sie bleiben bei einem Stromausfall einfach stehen. die Projektabwicklung beim MTU-Distributor K&W zuständig ist. „Die Motoren werden beim Probelauf mit einer Auslastung von 80 Prozent betrieben.“ Bisher gab es zum Glück noch Motoren an Ort und Stelle Seit 2003 sorgen MTU-Notstromaggregate für die Sicherheit in der U-Bahn. Die ersten drei MTU-Motoren vom Typ 20V 956 TB32 wurden 2003 installiert. Sie stehen direkt in den U-Bahn-Stationen Karlsplatz, Schottenring und Praterstern. Jeder der Motoren liefert hier eine mechanische Leistung von 4.400 Kilowatt. Die Motoren stehen in unterirdischen Maschinenräumen, die Schallfilteranlagen in schön designten Gebäuden im Freien. Wie zum Beispiel am Karlsplatz, einem der Verkehrsknotenpunkte in Wien. Kein Passant würde denken, dass sich hier in einem Keller ein drei Meter hoher und 21,5 Tonnen schwerer, blauer MTU-Koloss versteckt. Dank der Isolierungen hört man von den Motoren nichts, auch nicht wenn sie im Betrieb sind. „Einmal im Monat gibt es einen Testlauf, um den Ernstfall zu simulieren“, erklärt Michael Tomes, der für Der Sonderling 956 Der MTU-Distributor K&W installiert und wartet die Motoren. „Wenn die Motoren neu eingesetzt werden, haben wir einen Fünf-Jahres-Servicevertrag mit den Wiener Linien“, erzählt Tomes. „Danach wird jährlich neu ausgeschrieben.“ Die K&WMonteure werden extra für den Einsatz am 956er geschult. „Das Besondere an diesen Motoren ist die beeindruckende Größe“, freut sich Lukas Sajdak, Servicemechaniker bei K&W. „Technisch hat der Motor einiges zu bieten: Er wird über das MTU-eigene Motorkontrollsystem ADEC-Uni überwacht und kontrolliert, er hat acht integrierte Turbolader und ein Luft-Starter-System, mit welchem die Anlage in unter zehn Sekunden startet.“ Für MTU waren die Motoren für die Wiener U-Bahn eine Herausforderung. „Wir mussten die Motoren zum ersten Mal technisch für eine solche Notstromanwen- «Einmal im Monat gibt es einen Testlauf, um den Ernstfall zu simulieren. » Michael Tomes, K&W Drive Systems keinen Stromausfall, aber die Motoren würden funktionieren, wenn sie gebraucht werden würden. 2013 folgte ein Motor der neuen Entwicklungsstufe 16V 956 TB33 mit einer mechanischen Leistung von 5.000 Kilowatt. Dieser steht auf dem Betriebsgelände Wasserleitungswiese. Alle vier zusammen versorgen im Moment das komplette U-Bahn-Netz in Wien. Dank der MTU-Notstromaggregate könnten die Fahrgäste auch bei Stromausfall die U-Bahn-Stationen sicher über die Rolltreppen verlassen. 20 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 21 Energie Die Wiener U-Bahn zählt in etwa 440 Millionen Fahrgäste im Jahr. Gerade in der Rushhour fahren viele Menschen mit der U-Bahn zur Arbeit oder in die Schule. Mithilfe von Anzeigetafeln erhalten die Fahrgäste wichtige Informationen zu den nächsten Zügen. Solche Tafeln werden zum Beispiel auch bei Stromausfall weiter leuchten. Projektkoordinator Giovanni Coiro betreut den MTUDistributor K&W beim Projekt mit den Wiener Linien. Um die einzelnen U-Bahn-Stationen mit genügend Strom zu versorgen, werden pro U-Bahn-Linie bis zu zwei Megawatt Leistung benötigt. dung auslegen“, erzählt Projektkoordinator Giovanni Coiro von MTU Friedrichshafen. „Davor wurden die 956er-Motoren nur in Schiffen und Kernkraftwerken eingesetzt. Hier werden ganz andere Anforderungen benötigt.“ Vor allem die Selbstüberwachung des Motors spielte hier eine Rolle, da bisher der Regler «In diesem Notstrom-Segment ist jeder Motor ein speziell auf den Kunden angepasstes Unikat. » Mehr dazu ... O N L IN E Giovanni Coiro, MTU Friedrichshafen Ein Video über die Notstromaggregate in der Wiener U-Bahn. Ohne QR-CodeReader unter http://bit.ly/1InuHXA 22 I MTU Report 01/15 an eine externe Quelle angeschlossen war. „Mithilfe der neuen ADEC-Uni-Regler wurde der Motor so ausgelegt, dass er die Signale gleich auswerten kann, um darauf entsprechend zu reagieren.“ Die Wiener Linien haben damit einen der ersten 956er-Motoren für eine solche Art des Notstroms bekommen. „Gerade in diesem Notstrom-Segment ist jeder Motor ein Unikat“, erzählt Coiro. „Anders als bei den Serienprodukten muss hier jeder Motor speziell auf die Anforderungen des Kunden angepasst werden.“ Im Falle der Wiener U-Bahn waren diese Anforderungen klar: Der Strom muss fließen, um allen Menschen einen sicheren Weg aus den Stationen zu gewährleisten. Zukunftsmusik Um Wien noch lebenswerter zu machen, wird die U-Bahn in Zukunft weiter ausgebaut werden. Die U2 soll in den kommenden Jahren erweitert werden und auch die U5 wird gerade geplant. Die Verlängerung der U-Bahn-Linie U1 ist bereits im Bau, damit die Wiener zum Entspannen in die Therme Wien fahren können und Zehntausende Menschen im Süden Wiens besser ans Zentrum angebunden sind. In diesem Sommer soll auf dieser Strecke bei der Station Neulaa ein neues Notstromaggregat von MTU in Betrieb genommen werden. Auch dieser 16V 956 TB33 wird seine mechanische Leistung von 5.000 Kilowatt unter der Erde verstecken. Der extra für die Wiener Linien angefertigte Maschinenraum ist bereits fertig. Er wartet nur noch auf sein schweres, blaues, eisernes Herz. Text: Yvonne Wirth; Bilder: Robert Hack Ihre Fragen beantwortet: Giovanni Coiro giovanni.coiro@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-3275 Wien Deutschland Linz Österreich Schweiz Italien MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK Slowenien 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Kroatien Adria MTU Report 01/15 I 23 PENTHOUSE RUSHHOUR Trubel SKYLINE Megacitys Konsum Energie STRASSENNETZ MÜLLENTSORGUNG Rathaus Stadtbahnhof MIAMI Kultur Beton Vorstadt Kleinstadt Innenstadt SMOG BAUSTELLEN Zukunftsstadt URBANISIERUNG Stadtplan SCHAUFENSTER Städter Laut LEBEN FLANIEREN Business RADWEG Bus U-Bahn Straßenverkehr Wolkenkratzer Der Puls der Stadt METROPOLE Tempo TAXI STRASSENCAFÉ Strom/Wärme Ballungsraum FUSSGÄNGERZONE Energie Miami - Eine Megacity mit Flair Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz wurde Miami in weniger als einem Jahrhundert vom indianischen Handelsposten zur Metropole. 1896 erhielt der Ort das Stadtrecht – damals lebten hier etwa 300 Einwohner. In den 1920er-Jahren zog Miami Beach Touristen und reiche Industrielle an. 1940 hatte Miami bereits knapp 200.000 Einwohner. Nachdem 1959 in Kuba Fidel Castro an die Macht gekommen war, wuchs die Stadt weiter, denn mehrere Hunderttausend Kubaner flohen vor dem kommunistischen Regime nach Miami. Der Zuzug der vielen kubanischen Flüchtlinge prägte das Flair der Stadt, die auch heute noch für ihr lebendiges Gemisch verschiedener Kulturen bekannt ist. In den 1960er-Jahren siedelten sich mehr als eine halbe Million Amerikaner kubanischer Herkunft in einer heute als Little Havana bekannten Gegend an. Heute leben Einwanderer aus ganz Lateinamerika und der Karibik in Miami. Die Einwohner sprechen zu Hause meist Spanisch. Miami ist zum Schmelztiegel geworden – eine dynamische Mischung aus Eindrücken und Klängen aus aller Welt mit einem ganz eigenen Lebensgefühl. Die Stadt erlebte aber auch schwierige Zeiten, darunter eine Welle der Gewalt in den 1980erJahren und Hurrikan Andrew 1992. Doch Miami erholte sich und wurde zum blühenden Wirtschaftsstandort und Entertainment-Magnet. In nur 110 Jahren ist die Bevölkerungszahl auf über fünf Millionen gewachsen. Dieser schnelle Zuwachs hat Miami den Beinamen „die magische Stadt“ beschert: Besucher, die jedes Jahr nach Miami kommen, sind überrascht, wie stark die Stadt sich von Jahr zu Jahr vergrößert – geradezu magisch. Traumhafte Sandstrände, von Palmen gesäumte Flaniermeilen und ein pulsierendes Nachtleben machen Miami zu einem der beliebtesten Urlaubsziele weltweit. Supermodels und andere Prominente entspannen sich in den angesagten Clubs in South Beach. Speedboote gleiten durch das leuchtend türkise Wasser der Biscayne Bay. Luxuriöse Wohnanlagen glitzern in der Sonne Floridas. Hinter all diesem Glamour verstecken sich die schweren Motoren und Aggregate von MTU und MTU Onsite Energy, um dieses schöne Leben möglich zu machen. Hoch und höher Seit 2001 hat sich Miamis Skyline grundlegend verändert. Gigantische Baukräne, viele davon mit MTU-Dieselmotoren, sind ständig in Bewegung und ergänzen die Silhouette der Innenstadt um neue Bauten. Mehr als 50 neue Hochhäuser mit einer Höhe von 120 Metern oder mehr wurden errichtet oder befinden sich im Bau. Die Stadt verfügt über die acht höchsten Wolkenkratzer in Florida, darunter das mit rund 240 Metern höchste Denver Detroit Vereinigte Staaten Atlanta Nordatlantischer Ozean Miami MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK Kuba 24 I MTU Report 01/15 Die magische Stadt wird immer größer. Dabei verliert sie das typische Miami-Flair allerdings nicht. 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Energie 3 3 Über fünf Millionen Menschen leben in der Megacity Miami. 4 Ausgeprägte Shoppingmeilen laden zum Flanieren ein. Viele Promis und Models sind hier zu finden. 1 1 Wer an Miami denkt, denkt an von Palmen gesäumte Straßen und Sandstrand. Eine Stadt zum Entspannen. 2 Der Flughafen von Miami ist der zweitwichtigste Einreiseflughafen für Passagiere aus dem Ausland – größer ist nur der John F. Kennedy International Airport in New York. 2 Auch in der Nacht hat Miami viel zu bieten. Das pulsierende Nachtleben macht die Nacht zum Tag. 4 Gebäude von Miami: der Four Seasons Hotel & Tower. In den USA wird die Skyline Miamis nur von New York City und Chicago übertroffen. Die Innenstadt Miamis beherbergt die größte Dichte internationaler Banken in den gesamten USA sowie viele nationale und internationale Konzerne. Das Wirtschaftswachstum und die gestiegene Bevölkerungszahl machten zusätzliche Infrastruktur wie Krankenhäuser, öffentliche Gebäude und Wasseraufbereitungsanlagen erforderlich. Sie alle benötigen Notstromaggregate: ein Fall für MTU Onsite Energy. Strom für den Sonnenstaat Florida Detroit-Diesel Allison (FDDA) ist der autorisierte Distributor von MTU Onsite Energy-Aggregaten und MTU-Motoren in Florida. 2013 wurde FDDA von einem der größten MTU-Distributoren der USA übernommen: Stewart & Stevenson. Durch dessen Unterstützung kann FDDA nahezu alle Produkte, Teile und Dienstleistungen für Generatoraggregate im Leistungsbereich von 30 Kilowatt bis 3.250 Kilowatt anbieten. Im tropischen Klima Miamis ist eine Notstromversorgung unbedingt notwendig. Die Stadt befindet sich am Südzipfel des sonnenverwöhnten Florida. Die Sommer sind heiß und feucht. Die meiste Zeit des Jahres laufen die Klimaanlagen. Bei längeren Stromausfällen wird es in Gebäuden schnell drückend schwül. In medizinischen Einrichtungen kann ein Ausfall der Stromversorgung sogar Menschenleben gefährden. Auch in Flughäfen und Rechenzentren kann ein Stromausfall katastrophale Auswirkungen haben. Während der Hurrikansaison in Florida sind heftige Gewitter und Ausfälle der Netzstromversorgung nicht selten. Offiziell geht die Saison vom 26 I MTU Report 01/15 1. Juni bis zum 30. November, doch auch außerhalb der Saison können Hurrikans entstehen. Im National Hurricane Center mit Sitz in Miami werden für die gesamten USA Hurrikans vorhergesagt und überwacht. Durchschnittlich werden die USA alle drei Jahre von zwei großen Hurrikans getroffen. Schutz vor dem Sturm 1992 traf Hurrikan Andrew auf Florida und verwüstete Miami mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometern pro Stunde. Die entstandenen Schäden wurden auf 26,5 Milliarden USDollar geschätzt. Bevor Hurrikan Katrina 2005 den Golf von Mexiko erreichte, war Hurrikan Andrew die teuerste Naturkatastrophe in der Geschichte der USA. Nach Hurrikan Andrew wurden die Bauvorschriften deutlich verschärft: Gebäude müssen nun den starken Winden, Überschwemmungen und katastrophalen Schäden, die mit Wirbelstürmen und starken Hurrikans einhergehen, standhalten können. Und Generatoraggregate müssen die strengen Sicherheitsordnungen Floridas erfüllen. In Miami sind die Mieten exorbitant. In vielen Fällen werden daher die Notstromaggregate der Gebäude im Freien aufgestellt, um den Innenraum optimal zu nutzen. Hier sind sie jedoch den tropischen Stürmen der Gegend ausgesetzt. „Was Notstromaggregate angeht, sind die Bauvorschriften in Florida sehr streng“, sagt Len Hernandez, Leiter Aggregatevertrieb bei FDDA. „Die Schallkapseln müssen Hurrikan-zertifiziert sein. Außerdem wurden bestimmte Zonen definiert, in denen bei Hurrikans besonders hohe Windgeschwindigkeiten zu erwarten sind. Hier müssen Generatoraggregate zum Schutz gegen diese Windstärken mit speziellen kuppelartigen Kapseln geschützt werden.“ Nach den jüngsten Änderungen der Bauvorschriften in Florida hat MTU Onsite Energy die standardmäßig in Südflorida verwendeten Schallkapseln so ausgelegt, dass sie Windgeschwindigkeiten von über 300 Kilometern pro Stunde statt bisher 240 Kilometern pro Stunde aushalten. Notstromaggregate in den Florida Keys südlich von Miami sind mit speziell angefertigten Kapseln ausgestattet, die Windgeschwindigkeiten von mehr als 320 Kilometern pro Stunde standhalten. Ein Sturm dieser Stärke wäre katastrophal. Bereits ab Windgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde entspricht ein Hurrikan der höchsten Kategorie 5. Um für einen längeren Ausfall der Netzstromversorgung gerüstet zu sein, verfügen Notstromaggregate in Florida oft über riesige Kraftstoffbehälter. „In anderen Bundesstaaten brauchen die Aggregate nur Kraftstoff für einige wenige Betriebsstunden. Da kann der Kraftstofftank relativ klein ausfallen. In Florida brauchen die meisten Gebäude eine Notstromversorgung, die bis zu sieben Tage lang aufrechterhalten werden kann“, sagt Hernandez. „Bei einem 1.000 Kilowatt Generator bedeutet dies ein Tankfassungsvermögen von etwa 38.000 Litern. Das ist auch ein Grund, warum sich die Aggregate in Miami am Boden befinden und nicht – wie etwa in New York City – auf den Dächern der Gebäude.“ Kein Gebäude ohne Notfallplan FDDA verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung mit Notstromaggregaten und hat bereits zahlreiche Gebäude in ganz Miami mit Aggregaten von MTU Onsite Energy ausgestattet. Darunter sind sowohl herkömmliche Notstromaggregate für Hochhäuser, Universitäten und öffentliche Gebäude als auch besonders robuste Aggregate für eine unterbrechungsfreie Stromversorgung, wie sie MTU Report 01/15 I 27 Energie „Das Eingreifboot ist das Rennpferd unter den Schiffen der Küstenwache", erzählt Cesar Sordo. Angetrieben wird das Schiff von zwei MTU-Dieselmotoren der Baureihe 4000. Hurrikanes sind in Miami keine Seltenheit. Aggregate müssen daher besonders robust sein. etwa in Rechenzentren, Krankenhäusern, Flughäfen und staatlichen Einrichtungen zum Einsatz kommen. patrouillen, der Suche nach Drogen und illegalen Einwanderern sowie im Rahmen der nationalen Verteidigung zum Einsatz. Angetrieben von zwei MTU-Dieselmotoren des Typs 20V 4000 erreicht das 47 Meter lange Schiff eine Spitzengeschwindigkeit von 28 Knoten. Jeder Motor liefert 5.095 PS, eine für die kompakten Abmessungen sehr hohe Leistung. MTU Onsite Energy ist überall dort zu finden, wo es auf eine zuverlässige Notstromversorgung ankommt. FDDA hat sechs Generatoraggregate von MTU Onsite Energy an den internationalen Flughafen von Miami geliefert. Mit mehr als 40 Millionen Passagieren pro Jahr ist er einer der größten internationalen Flughäfen weltweit. In den USA ist der Flughafen von Miami der zweitwichtigste Einreiseflughafen für Passagiere aus dem Ausland – größer ist nur der John F. Kennedy International Airport in New York. Auch Terremark Worldwide, ein Tochterunternehmen von Verizon Communications, verlässt sich bei der Notstromversorgung seines sechsstöckigen Gebäudes auf Aggregate von MTU Onsite Energy. Das Gebäude beherbergt eines der weltweit größten Rechenzentren. Auch die American Airlines Arena, Heimat des NBA-Basketballteams Miami Heat, verfügt über ein Notstromaggregat von MTU Onsite Energy. Das gleiche gilt für weitere bekannte Gebäude wie das Pérez Art Museum Miami, die City of Miami Gardens City Hall, das Leon Medical Center und das Hialeah Park Flamingo Casino. „Unsere Kunden sind sehr zufrieden mit unseren Produkten und unserem Service. Unser durchschnittlicher Lastfaktor von 85 Prozent ist eines unserer Alleinstellungsmerkmale und ein großes Verkaufsargument. Bei unseren Wettbewerbern liegt er bei 70 Prozent“, sagt Hernandez. Egal ob Konzerne oder kleine Unternehmen: Alle Kunden von FDDA schätzen die bekannte Zuverlässigkeit der Aggregate und die Erfahrung des MTUDistributors. „Wir verkaufen nicht einfach ein Notstromaggregat. Wir geben unseren Kunden Sicherheit“, sagt Hernandez. Spiel mit den Wellen Im Yachthafen unweit der American Airlines Arena glitzern ganze Reihen von Luxusyachten 28 I MTU Report 01/15 in der Sonne. Auch hier finden sich MTU-Motoren – diesmal als leistungsstarke Schiffsmotoren. In Miami sind Boote nicht Transportmittel, sondern Leidenschaft. MTU-Motoren werden sowohl in den Werften als auch bei Eignern und Crews hochgeschätzt. Luxusyachten aller Größen, darunter auch Megayachten mit einer Länge von mehr als 120 Metern, werden von MTU-Motoren angetrieben. Auch die Eigner von Yachten für die Sportfischerei verlassen sich auf MTU-Motoren, um schnell zu den besten Fischgründen für Schwertfische und Merline zu gelangen, die viele Meilen vor der Küste liegen. Die Leidenschaft für Boote entfaltet sich jedes Jahr auf der Miami International Boat Show. Floridas größte Bootsmesse mit mehr als 3.000 Booten zieht Aussteller aus der ganzen Welt an. 2015 stellte MTU dort unter anderem den neuen MTU-Yachtmotor des Typs 2000 M96, ein neues Joystick-System sowie den Premium Yacht Service als Teil von MTU ValueCare vor. Doch nicht alle MTU-Schiffsmotoren dienen einfach zum Vergnügen der Reichen in Miami. MTUMotoren kommen auch in Handelsschiffen zum Einsatz, die viele Tonnen Ladung in einen der größten und geschäftigsten Häfen der USA bringen. Im Hafen von Miami werden mehr als sieben Millionen Tonnen Fracht pro Jahr umgeschlagen. Schlepper mit MTU-Motoren schieben riesige Frachter in den Hafen. Sicherung der Küsten Egal ob zum Vergnügen oder bei der Arbeit: Vor rauer See ist kaum ein Schiff sicher. Ist Gefahr im Verzug, eilt die US-Küstenwache zu Hilfe. MTU ist der größte Lieferant von Antriebsmotoren und –systemen für die Küstenwache. An der Basisstation der Küstenwache in Miami Beach werden MTU-Motoren in Rettungsbooten, Patrouillenbooten, Küstenwachbooten und schnellen Eingreifbooten eingesetzt. Im April 2012 hat die Küstenwache ihren ersten Fast Response Cutter in Miami in Dienst gestellt. Das schnelle Eingreifboot kommt bei Such- und Rettungsarbeiten, der Sicherung der Küstengewässer, Fischerei- Das schnelle Eingreifboot patrouilliert in einem viele nautische Meilen großen Gebiet um Miami, zu dem die Florida Keys, die Bahamas und bald auch Puerto Rico gehören. Cesar Sordo, Leiter Behördengeschäft bei FDDA berichtet, dass das schnelle Eingreifboot für seine Aufgaben bestens ausgestattet sei: „Das FRC ist das Rennpferd unter den Schiffen der Küstenwache. Es ist für seine Größe außerordentlich schnell und lässt sich auch bei hohem Seegang sehr gut manövrieren. Durch den neuen Schiffstyp konnte der Drogenschmuggel schon deutlich reduziert werden.“ Wie die Küstenwache ist auch FDDA in Südflorida immer auf Abruf. Ob Motorreparaturen, Teile oder Dienstleistungen – sie sind für jeden Kunden und an jedem Ort da. „Wir machen nicht Dienst nach Vorschrift, sondern sind mit Leidenschaft und Engagement dabei“, sagt Sordo. „Wir kommen auf Wunsch zu unseren Kunden, arbeiten auf der Basis der Küstenwache oder in unserer Werkstatt in Miami River. Wir reparieren Hilfsmotoren von Forschungsschiffen und Fischereischiffen – sogar während sich diese Schiffe auf See befinden.“ Miami ist ständig in Bewegung. Eine pulsierende Metropole – egal ob unter der sprichwörtlichen Sonne Floridas oder unter den grauen Wolken eines tropischen Sturmtiefs. Und MTU und MTU Onsite Energy sind mittendrin. Text: Chuck Mahnken Bilder: iStock, Getty Images Ihre Fragen beantwortet: Bryan Mangum bryan.mangum@mtu-online.com Tel. +1 248 560 8484 Jedes Jahr stellt MTU die neuesten Innovationen auf der Yachtmesse Miami International Boat Show vor. Die Basketballmannschaft Miami Heat spielt in der National Basketball Association (NBA). Sie gilt als die stärkste und populärste Basketball-Liga der Welt. Auch das Pérez Art Museum in Miami setzt auf die Notstromversorgung durch MTU Onsite Energy. KULTUR Zukunftsstadt SMOG Bus Konsum Business URBANISIERUNG Laut Strom/Wärme FUSSGÄNGERZONE Müllentsorgung Bis zum Jahr 2050 wird erwartet, dass etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ballungsgebieten und damit in Städten leben. Viele Leute auf engem Raum bedeutet auch, dass in hohem Maße Energie benötigt wird. Zusätzlich ändert sich aufgrund von erneuerbaren Energien die Energieerzeugung deutlich. Wie sieht die Energieversorgung für die Stadt der Zukunft aus? Wir haben dazu Jürgen Winterholler befragt. Er ist bei MTU für die Systementwicklung der Energiesysteme zuständig. Wie sieht für Sie die Stadt der Zukunft aus? Jürgen Winterholler: Ich glaube, dass immer mehr Menschen auf engstem Raum leben müssen. Ich stelle mir vor, dass Autos wie auf Schienen fahren, alles ist vernetzt und visualisiert und der Energiebedarf wird weiter steigen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss Energieerzeugung, Speicherung, Abruf und Verteilung bereits bei der Planung von neuen Gebäudekomplexen und Industriegebieten eine zentrale Rolle spielen. Haben wir heute schon Produkte für große Ballungsgebiete? Jürgen Winterholler: Wenn wir über Energie reden, geht es nicht nur um Stromerzeugung, sondern auch um Wärme und Kälte. Durch Ballungsgebiete könnten dezentrale Blockheizkraftwerke wieder verstärkt Einsatz finden. Hierfür haben wir schon heute effiziente Produkte. Zusätzlich bieten unsere Notstromaggregate eine Sicherheit für die kritischsten Verbraucher. Dies wird gerade dann wichtig, wenn viele Leute auf engem Raum leben, um Paniken zu vermeiden und weiter den Komfort zu halten. Selbstfahrende Autos und Wolkenkratzer: So könnte die Stadt der Zukunft einmal aussehen. Fabriken kehren zurück in die Stadt. Elektrogeräte werden wiederverwendet. In Parks wachsen Tomaten statt Tulpen – zu pflücken für jedermann. Die Zukunft der Stadt hat auch etwas mit Landleben zu tun. Vieles, was in den kommenden zehn bis 20 Jahren auf uns zukommt, ist in den Metropolen schon spürbar. Andere Szenarien sind noch Visionen. Roboterautos ohne Fahrer, neue Fabriken in der Stadt und die Wiederverwertung von Baustoffen: Der Alltag vieler Stadtbewohner wird sich nach Einschätzung von Forschern weiter verändern. Probleme wie Staus, Lärm und Abgase haben so zugenommen, dass vielerorts neue Lösungen hermüssen. Carsharing-Modelle, wo Wagen geteilt und gemietet statt besessen werden, erleben seit einiger Zeit einen Boom. Elektromobilität ist ein viel diskutiertes Stichwort. Andere Auto-Technik „Die Zukunft liegt aber nicht in autofreien Städten, sondern in fahrerlosen Autos, die gleichzeitig geräuscharm und sauber sind”, so der Architekt Andreas Klok Pedersen. Seine Idee: ein intelligenter Straßenbelag mit programmierbaren Sensoren. Diese Technik hilft, autonome Wagen zu lenken. Zugleich wandelt sich die Fläche – etwa durch Farbänderung – von der Autospur zum Fußgängerweg. Professor Hans-Jörg Bullinger von der Fraunhofer-Gesellschaft erwartet, dass Autos anfangs in Parkhäusern alleine rollen werden. In acht bis zehn Jahren, sagt der Zukunftsforscher Sven Gabor Janszky, würden dann in den Großstädten zunächst Taxis durch selbstfahrende Autos ersetzt. So bleibt Zeit, vernetzte Roboterautos noch sicherer zu machen als bisherige Testwagen von Google und vielen klassischen Automarken. 30 I MTU Report 01/15 Doch Städte können nicht nur Rohstoffe in großem Maße verbrauchen. Ein weiterer Trend in Städten ist die verstärkte Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe vom Elektrogerät bis zum Baustahlträger. Städte seien wie „Rohstoffminen”. „Wir wollen an die wertvollen Materialien, etwa aus Autos, wieder herankommen. Und das wird verbrauchernah und stadtnah erfolgen”, sagt Bullinger. Außerdem müsse die Stadt andere Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit ermöglichen. Dazu könnte nach seiner Einschätzung eine Rückkehr von Fabriken in die Stadtgebiete beitragen. „Früher haben wir gesagt, die Fabriken müssen raus aus der Stadt, die machen Krach, die stinken, die belasten die Umwelt. Heute haben wir viele Fabriken, die machen keinen Lärm mehr und haben keine schädlichen Emissionen mehr.” Die Menschen gingen dann, „anschaulich gesprochen, in den Hausschuhen zur Arbeit und später wieder heim”, sagt Bullinger. Selbst pflücken „Tomaten statt Tulpen in öffentlichen Grünanlagen” – mit diesem Modell wurde die Stadt Andernach in Rheinland-Pfalz seit 2010 zum Vorbild für andere. Bürger dürfen sich dort kostenlos bedienen, auch an Kartoffeln, Beeren und Obstbäumen der Kommune. Mehrere Dutzend „Essbare Städte” zählt eine Internetseite inzwischen. Anders bauen Auch wenn das Grün in Metropolen zu sprießen scheint: Viele Experten sehen Hochhäuser als Trend in Ballungsräumen. „Verdichtung und Wachstum werden große Themen. Wir vermuten, dass in der Folge wieder mehr in die Höhe gebaut werden wird. Gleichzeitig wird der Streit um Freiflächen an Schärfe gewinnen”, sagen Wolfram Putz und Thomas Willemeit, zwei Geschäftsführer des Architektenbüros Graft in Berlin, voraus. Anders produzieren Links Fische, rechts Gemüse: Nicolas Leschke läuft in Wanderschuhen ins Gewächshaus. Unter einem Dach mit Barschen sollen hier Tomaten, Salat oder Paprika gedeihen. Der 36-Jährige erzählt von elektronisch gesteuerten Systemen für Wärme und Wasser. Computertechnik soll helfen, das Aufziehen von Ökogemüse und Barschen so zu kombinieren, dass auf kleinstem Raum wassersparend und ohne Boden produziert wird. „Wir revolutionieren nicht die Lebensmittelproduktion, aber wir werden eine Ergänzung zur traditionellen Landwirtschaft”, prophezeit der Mitgründer der Stadtfarm ECF. Die Gründer von Infarm entwickeln in einem Berliner Hinterhof Konzepte, wie Mini-Gemüse und Kräuter auf kleinstem Raum in städtischen Gebäuden angebaut werden können, ob in Restaurants oder Duschkabinen. Auch ihr Modell funktioniert ohne Erde. Andere Trendsetter der Urban-Farming-Bewegung nutzen Dächer und Brachen zum Produzieren. Basis für fast alles „In der Stadt der Zukunft ist ein Alltag ohne intelligente Informations- und Kommunikationstechnologien undenkbar”, hebt die Fraunhofer-Studie hervor. Dabei schätzen viele Städter neben dem Leben mit Computern und Online-Shopping eine Art dörflicher Beschaulichkeit. „Die Menschen wollen zum einen die Nähe zu hochmoderner Technik und Fortschritt, sie wollen aber auch die Kleinteiligkeit des Dorfes in der großen Stadt wiederfinden”, betonen die Architekten von Graft. Text: Petra Kaminsky; Interview: Yvonne Wirth; Bild: Frauenhofer IBP Ihre Fragen beantwortet: Jürgen Winterholler, juergen.winterholler@mtu-online.com, Tel. +49 7541 90-2180 Nachhaltigkeit spielt in der Stadt von morgen eine wichtige Rolle. Welche? Jürgen Winterholler: Um den Klimawandel zu unterstützen, müssen wir weiter an unseren Gas-Produkten arbeiten. Neben Gesamteffizienz und Emissionen, spielt hier auch die Flexibilität eine große Rolle. Wenn es uns gelingt, die positiven Eigenschaften unserer Diesel-Notstromaggregate (schnelles Startverhalten und hohe Lastaufschaltung) auf unsere Gasaggregate (Dauerbetrieb, hoher Wirkungsgrad, gute Emissionen) zu transferieren, dann können wir einen deutlichen Schritt nach vorne machen. Für unsere Gas- und Diesel-Aggregate bieten wir in Zukunft zusätzlich hoch effiziente Abgasnachbehandlungssysteme an. Wie müssen sich unsere Produkte an die Zukunftsstadt anpassen? Jürgen Winterholler: Wir haben erkannt, dass wir die mit unseren Motoren angetriebenen Erzeugungsanlagen mit weiteren, neueren Technologien kombinieren müssen, um den kommenden Anforderungen gerecht zu werden. Für mich gibt es dafür drei große Punkte, an denen wir in Zukunft arbeiten müssen. Erstens müssen wir unsere heutigen Produkte flexibler, effizienter und dabei gleichzeitig emissionsarmer gestalten. Zweitens müssen wir Trends wie Elektrifizierung, Hybridisierung und Speicherung aufnehmen und diese mit unseren herkömmlichen Produkten kombinieren. Drittens ist die intelligente Vernetzung der Erzeuger und Verbraucher wichtig. Hier kommen die Themen „Controls, Remote und Big Data“ ins Rampenlicht, um aus den gewonnenen Informationen und Daten die Systeme noch effizienter und flexibler zu gestalten. Jürgen Winterholler Jürgen Winterholler ist bei MTU für die Systementwicklung der Energiesysteme zuständig. INT E RVIE W KLEINSTADT PENTHOUSE Megacitys Städter STRASSENNETZ Innenstadt BAUSTELLEN Rathaus Trubel Energie Beton LEBEN FLANIEREN RADWEG U-Bahn RUSHHOUR SCHAUFENSTER SKYLINE Wolkenkratzer METROPOLE Stadtbahnhof Ballungsraum Tempo TAXI MIAMI Straßenverkehr Die Stadt der Zukunft Vorstadt STRASSENCAFÉ Stadtplan Zukunft Interview RUSHHOUR SCHAUFENSTER Trubel Energie Beton Megacitys PENTHOUSE Laut KULTUR Die erfundene Stadt Die Stadt Norderstedt setzt bei der Wärmeversorgung ihrer Einwohner auf Fernwärme und sieht den Ausbau der dezentralen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) als Beitrag zur Energiewende. Insgesamt neun Blockheizkraftwerke (BHKW) sind schon in Betrieb. Der jüngste Neuzugang in der kommunalen Kraftwerksflotte: ein BHKW von MTU Onsite Energy. Nico Schellmann übernimmt die Planung für alle Blockheizkraftwerke. Bis 2020 sollen 25 bis 30 Prozent des städtischen Strombedarfs mit Blockheizkraftwerken abgedeckt werden. Heute sind es bereits 20 Prozent. 32 I MTU Report 01/15 SMOG Bus Konsum FLANIEREN RADWEG Zukunftsstadt Business URBANISIERUNG Städter STRASSENNETZ LEBEN U-Bahn KLEINSTADT Megacitys Vorstadt STRASSENCAFÉ Stadtplan SKYLINE Von den Nordport Towers im Gewerbegebiet von Norderstedt hat man einen schönen Blick auf die Skyline und den Flughafen von Hamburg. METROPOLE Stadtbahnhof Ballungsraum Tempo TAXI MIAMI Straßenverkehr Energie Norderstedt: Eine Stadt wird grün Strom/Wärme Wolkenkratzer FUSSGÄNGERZONE Müllentsorgung Innenstadt BAUSTELLEN Rathaus Diese Geschichte beginnt vor gut 45 Jahren. Es ist der 1. Januar 1970, als wenige Kilometer nördlich von Hamburg die Stadt Norderstedt offiziell aus der Taufe gehoben wird (s. Info-Kasten) – als Zusammenschluss der Gemeinden Friedrichsgabe, Garstedt, Harksheide und Glashütte. Was fehlt, ist eine geografische Verbindung zwischen den vier Stadtteilen, ein echtes Zentrum. In den darauffolgenden Jahren stellen die Stadtväter Planungen für den Bau eines neuen Stadtteils Norderstedt-Mitte auf, die ab 1978 auf der bis dahin sprichwörtlichen grünen Wiese umgesetzt werden. Unter anderem entstehen im Laufe der Zeit in zentraler Lage rund 4.100 Wohnungen für 12.000 Einwohner, die allesamt mit Energie versorgt werden wollen. Mittendrin: die Stadtwerke Norderstedt, die 1983 ihr ebenfalls in der neuen Mitte errichtetes Hauptgebäude beziehen. Die Verantwortlichen treffen die zukunftsweisende Entscheidung, Norderstedt-Mitte mit Fernwärme zu versorgen und lassen im Gebäude der Stadtwerke das zu diesem Zeitpunkt größte BHKW Deutschlands installieren. Die Ursprungsmotoren von damals gibt es heute nicht mehr, aber ein BHKW befindet sich noch immer in dem funktionalen Klinkerbau im Stadtzentrum. In den 1980er-Jahren stellte sich heraus, dass ein verstärkter Fernwärmeausbau zunächst nicht wirtschaftlich umzusetzen war: Ein nationales Energiekonzept gab es noch nicht, während zeitweise sinkende Öl- und Gaspreise das konventionelle Heizen attraktiver machten. Erst in den 1990er-Jahren erlebte Norderstedt durch einen verstärkten Ausbau der Wohnquartiere eine Renaissance der Fernwärme. Durch die Energiewende bekommt die Kraft-Wärme-Kopplung nun seit einiger Zeit noch einmal neuen Auftrieb, denn künftig muss immer mehr Strom als Sekundärenergie dezentral erzeugt werden, um den Transport über größere Entfernungen möglichst zu vermeiden und das Netz zu entlasten. Zugleich ist perspektivisch mit Preissteigerungen bei den fossilen Energieträgern zu rechnen, da das globale Öl- und Gasfördermaximum in einigen Jahren erreicht sein wird. In diesen Zeiten werde die KWK „zu einem Universalinstrument der flexiblen Energieerzeugung“, heißt es dazu im aktuellen Energiehandbuch Norderstedts. Mittlerweile haben die Stadtwerke quer über das Stadtgebiet verteilt neun BHKW mit einer elektrischen Gesamtleistung von gut zwölf Megawatt und einer thermischen Leistung von knapp 12,5 Megawatt in Betrieb: Damit können rund 20 Prozent des örtlichen Strombedarfs gedeckt werden BHKW versorgt neues Wohnquartier Szenenwechsel. Ein paar Kilometer entfernt von der Stadtmitte, im südlichen Bereich des Friedrichsgaber Wegs. Östlich von der Straße befindet sich ein kleines Gewerbemischgebiet, im Das BHKW von MTU Onsite Energy mit einem Gasmotor der Baureihe 4000 erzeugt knapp zwei Megawatt elektrische Energie und gut 2,1 Megawatt thermische Energie. westlichen Bereich sind ausgedehnte landwirtschaftliche Nutzflächen und Pferdekoppeln zu sehen. Genau hier steht nun ein BHKW von MTU Onsite Energy. „Die Metropole nebenan und die Landschaft vor der Haustür“, so lautet eine Überschrift in der Broschüre „Eine Mitte für die Stadt“. Sie bringt gut auf den Punkt, wie man sich Norderstedt vorstellen kann: Nur 41 Minuten dauert es mit der U-Bahn von Norderstedt-Mitte bis zum Hamburger Hauptbahnhof, doch trotz der Lage inmitten der Metropolregion besteht – bedingt durch die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte – ein guter Teil des Stadtgebiets noch immer aus Grünflächen und offener Landschaft. Auf einer dieser bislang ungenutzten Flächen in unmittelbarer Nähe zum Friedrichsgaber Weg entsteht derzeit ein neues Wohnquartier. Der abzusehende Strombedarf im Viertel veranlasste Norderstedt Nordsee Niederlande Belgien Hamburg Berlin Polen Deutschland MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK Tschechische Republik MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK Österreich MTU Report 01/15 I 33 20% CMYK 20% CMYK Stadtwerke-Mitarbeiter Rüdiger Hack im Betriebsraum des Blockheizkraftwerkes. Er schaut täglich bei den Blockheizkraftwerken nach dem Rechten. die Stadtwerke, an dieser Stelle eine weitere KWK-Anlage zu installieren. Das BHKW von MTU Onsite Energy mit einem Gasmotor der Baureihe 4000 erzeugt knapp zwei Megawatt elektrische Energie und gut 2,1 Megawatt thermische Energie, wobei ein Gesamtwirkungsgrad von 87,9 Prozent erreicht wird. „Als die Strompreise noch höher waren, lag unser Fokus eher auf der Stromerzeugung“, sagt Nico Schellmann, Leiter der Planungsabteilung bei den Stadtwerken. „Aufgrund der gesunkenen Strompreise sind elektrische und thermische Energie jetzt gleichwertig, darum sind hohe Gesamtwirkungsgrade für uns einfach wichtig.“ Während der erzeugte Strom ins öffentliche Netz fließt und sich nicht sagen lässt, wo genau er letztlich verbraucht wird, bleibt die Wärme im Quartier und versorgt die über Rohrleitungen angeschlossenen Haushalte. Da der Wärmetransport über größere Entfernungen aufwendig und teuer ist, arbeiten die Stadtwerke mit lokalen Insellösungen: Jedes BHKW fungiert als eigenständige „KWK-Insel“, die jeweils die Wärmeversorgung in ihrem direkten Umfeld sicherstellt. Eine Vernetzung einzelner Leitungssysteme findet nur dann statt, wenn es zwischen den jeweiligen Kraftwerken genügend Verbraucher gibt und sich ein solcher Zusammenschluss rechnet. Beitrag zur Energiewende „Für uns sind die Blockheizkraftwerke eine gute Möglichkeit, hier in Norderstedt eine Wertschöpfung zu erzielen, die über den normalen Vertrieb von Energie hinausgeht“, erläutert Schellmann. Das sei für die Stadtwerke durchaus lukrativ und zudem mit einer langfristigen Kundenbindung verbunden. Darüber hinaus sei dies ein Beitrag zur Energiewende. „Wir sind der Meinung, dass wir aktiv zum Wandel des Energiesystems beitragen müssen, und aus unserer Sicht steht da im städtischen Bereich derzeit im Wesentlichen Auch im Herold Center, dem Einkaufszentrum der Stadt, wird die elektrische Energie genutzt. ME MO Aus vier mach eins Energie Die Gründung Norderstedts hatte sich in den Jahren zuvor schon angekündigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg siedelten sich in den Grenzgebieten deutscher Großstädte viele Flüchtlinge, Ausgebombte und Vertriebene an: so auch in den Gemeinden nördlich von Hamburg. „Gebaut wird meist entlang vorhandener Wege, oder wo gerade ein günstiges Landangebot vorliegt“, steht über diese Zeit in der Norderstedter Broschüre „Eine Mitte für die Stadt“ geschrieben. „Zersiedlung der Landschaft und weite Wege für die Bewohner sind die Folge.“ Mit Beginn der 1960er-Jahre wurde deutlich, dass eine geordnete städtebauliche Entwicklung nur möglich sein würde, wenn sich die vier Gemeinden Friedrichsgabe, Garstedt, Harksheide und Glashütte zusammenschließen, was 1970 schließlich auch geschah. Die neue Stadt Norderstedt wurde auf Anhieb zur fünftgrößten Stadt Schleswig-Holsteins und hat heute gut 75.000 Einwohner. die Kraft-Wärme-Kopplung zur Verfügung.“ Bei der Energiewende liege der Fokus noch stark auf der Stromversorgung: In Norderstedt werde dagegen gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt, wodurch der Gesamtwirkungsgrad gesteigert werde. Hinzugekommen sei noch der Aspekt der Regelenergie – also jener Stromreserve, die die Übertragungsnetzbetreiber für Zeiten benötigen, in denen die Nachfrage höher ist als das Angebot. „Wir können die volatilen erneuerbaren Energien durch schnell regelbare BHKW ergänzen, und das tun wir mit unseren Anlagen auch schon“, sagt Schellmann. Jenseits von solchen übergeordneten Überlegungen haben auch die Einwohner Norderstedts ganz konkrete Vorteile vom Ausbau der BHKWFlotte: So müssen sie keine Ölkessel oder Gasthermen mehr vorhalten und bekommen ein kostengünstiges „Rundum-sorglos-Paket“ zur Verfügung gestellt. Zudem ist die Versorgungssicherheit höher, weil die Stadtwerke für den Fall der Fälle nach wie vor auch konventionelle Kesselanlagen bereithalten. Bis 2020 will der lokale Versorger noch fünf weitere BHKW in den Randbereichen des Stadtgebiets installieren, die dann zusammen mit den schon vorhandenen über eine elektrische Gesamtleistung von gut 21 Megawatt und eine thermische Leistung von knapp 21,7 Megawatt verfügen werden und 25 bis 30 Prozent des städtischen Energiebedarfs decken sollen. Gut möglich also, dass in den kommenden Jahren auch MTU Onsite Energy noch das eine oder andere Mal zum Zug kommen wird. Das eingesetzte MTU Onsite Energy-BHKW wird den Energiebedarf des neuen Wohnviertels komplett abdecken. Text: Anne-Katrin Wehrmann Bilder: Andreas Burmann, EGNO Ihre Fragen beantwortet: Marc Lüders, marc.lueders@mtu-online.com Tel. +49 40 2 5304 6420 34 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 35 Kolumne KLEINSTADT RADWEG Stadtplan SKYLINE Trubel Energie Beton Megacitys Straßenverkehr Wolkenkratzer MIAMI MÜLLENTSORGUNG Stadtbahnhof Ballungsraum Innenstadt BAUSTELLEN SMOG STRASSENCAFÉ Städter RUSHHOUR SCHAUFENSTER URBANISIERUNG Konsum LEBEN FUSSGÄNGERZONE Zukunftsstadt FLANIEREN Business Strom/Wärme Laut KULTUR PENTHOUSE Bus Rathaus U-Bahn METROPOLE Tempo TAXI STRASSENNETZ Vorstadt Die Kraft hinter der Stadt von Yvonne Wirth Stadt, Land und Wasser – dieser Dreiklang spiegelt sich in den Motoren von MTU wieder. Die meisten der Kraftpakete stammen aus Friedrichshafen, einer kleinen Stadt mit viel ländlicher Umgebung. Die Produktionshallen liegen in unmittelbarer Nähe zum Bodensee. Wenn man sich hier so umschaut, denkt man nicht, dass ausgerechnet diese Motoren vom Lande einmal in Megacitys wie Miami zum Einsatz kommen oder den Eiffelturm von Paris mit Notstrom versorgen. Ob im Shoppingcenter, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Krankenhäusern: Dass hier überall auch unsere Produkte sein könnten, wusste ich zwar, aber nicht in welchem Ausmaß. Wenn ich nächstes Mal an einer Baustelle vorbeigehe, schaue ich genau hin, ob hier nicht auch Baumaschinen mit MTU-Motoren stehen - oder ob sich Notstromaggregate in den sicherheitskritischen Gebäuden einer Stadt, wie Krankenhäusern, Flughäfen und Datencentern, verstecken. Wenn es darauf ankommt, dass im Fall der Fälle alles klappt, stammen die Aggregate oft von MTU. Dabei schnuppern unsere Produkte bei der Herstellung meistens Landluft. Egal ob in Aiken, Mankato oder Friedrichshafen - die Motoren und Aggregate stammen meist aus ländlichen Gegenden aus der ganzen Welt. Die einzig echten Städter kommen aus unserem Werk in Suzhou am Rande der Metropole Singapur und aus Augsburg in Bayern. Aber egal ob aus Klein- oder Großstädten oder vom Lande: Die Energie und Antriebe werden in allen Städte der Welt gebraucht. MTU Report 01/15 I 37 Bahn Großauftrag für Südafrika Hoffnungsträger der Nation Gestatten, mein Name ist Captain Track! Das Sicherheitsmaskottchen von TFR erklärt in Comics und bei Schulbesuchen das richtige Verhalten in der Nähe von Gleisen und Zügen. Chinesische Lokomotiven sollen in Südafrika den Güterverkehr neu gestalten und das Land fit machen für Wirtschaftswachstum. Angetrieben werden sie von den stärksten MTU-Bahnmotoren. Er ist der wohl schillerndste Angestellte des südafrikanischen Güterverkehrsunternehmens Transnet Freight Rail (TFR): In seinem roten Superhelden-Outfit mit den markanten gelben Streifen auf Brustpanzer und Helm bringt Captain Track Kindern bei, wie sie sich in der Nähe von Gleisen und Zügen verhalten sollen. Im gleichen roten Gewand mit gelben Streifen und doch deutlich dezenter als das Sicherheitsmaskottchen von TFR kommt die geplante Transnet-Lokomotive der zukünftigen Klasse 45 daher. Dabei ist die Lok einer der Hoffnungsträger für das Unternehmen und das gesamte Land: Von dem Fahrzeug des chinesischen Herstellers CNR wird nicht weniger erwartet, als dem südafrikanischen Güterbahnverkehr einen neuen Schub zu geben und so zu helfen, einige der größten Probleme der südafrikanischen Gesellschaft zu lösen: Arbeitslosigkeit, Armut und Überlastung der Transportinfrastruktur. Eine Aufgabe, die selbst für einen Superhelden eine riesige Herausforderung wäre. Unterstützung erhält die Lokomotive dabei vom aktuell stärksten MTU-Bahnmotor. Projekt der Superlative Die insgesamt 232 Lokomotiven der Klasse 45, die von je einem MTU-Motor angetrieben werden, sind Teil einer der größten Investitionen in der Geschichte Südafrikas. Im März 2014 verkündete Transnet, das als staatseigenes Unternehmen für Güterzugverkehr sowie den Betrieb der Häfen und Pipelines in Südafrika verantwortlich ist, die Bestellung von insgesamt 1.064 Lokomotiven mit einem Gesamtwert von 50 Milliarden südafrikanischen Rand (etwa 3,8 Milliarden Euro). Es ist der größte Kauf von Lokomotiven, den es in Südafrika je gegeben hat. Er soll binnen kürzester Zeit den Güterverkehr im Land verändern und die Verlagerung großer Teile des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ermöglichen. Bis 2018 sollen die 599 E-Loks und 465 Diesellokomotiven ausgeliefert werden. Der extrem enge Zeitplan war einer der Hauptgründe für Transnet, den Auftrag auf vier internationale Hersteller aufzuteilen. Die Diesellokomotiven sollen General Electric (233 Stück) und CNR Dalian bauen. CNR setzt in seinen Fahrzeugen – der zukünftigen Klasse 45 – auf Motoren von MTU. Für MTU ist es in vielfacher Hinsicht ein Projekt der Superlative: Zum einen hat der Auftrag eines der höchsten Umsatzvolumen in der mehr als 90-jährigen Geschichte der MTU-Bahnantriebe. Darüber hinaus schafft MTU den Durchbruch auf dem Markt mit chinesischen Frachtlokomotiven – und das in einem für den weltweiten Bahnmarkt bedeutenden Moment: Die chinesischen Lokomotivbauer CNR und CSR wollen sich zu einem Unternehmen zusammenschließen. Der entste- hende Konzern China Railway Rolling Stock Corp (CRRC) wäre der mit Abstand größte Hersteller von Schienenfahrzeugen weltweit. Ziel ist es, noch stärker auf den Weltmarkt vorzustoßen. Gleichzeitig feiert der aktuell stärkste Bahnmotor von MTU in den Lokomotiven für Transnet Premiere – der weiterentwickelte 20V 4000 R63L erfüllt mit seiner Leistung von 3.300 Kilowatt die besonderen Anforderungen des Güterverkehrs in Südafrika. Und schließlich wird MTU erstmals in Südafrika Motoren montieren – und so einen Beitrag zur wirtschaftlichen Förderung von früher benachteiligten schwarzen Bevölkerungsgruppen und zur Stärkung der dortigen Wirtschaft leisten. Ziel: Bedingungen für Wachstum schaffen Die Modernisierung des Fuhrparks von Transnet Freight Rail steht als Prestigeprojekt in direktem Zusammenhang mit der Politik der südafrikanischen Regierung: Fünf Millionen neue Jobs in den kommenden zehn Jahren versprach der amtierende südafrikanische Staatspräsident, Jacob Zuma, im Jahr 2010 als Resultat seines „New Growth Path“ („Neuer Wachstumskurs“). Auf der Liste der größten strukturellen Hindernisse auf dem Weg dorthin stand damals der Rückstand des Landes in den Bereichen Infrastruktur und Fachkräfte ganz oben. Tatsächlich hat Südafrika auch heute, mehr als 20 Jahre nach dem Ende des Apartheidregimes, mit einer Reihe von großen Herausforderungen zu kämpfen. Die Arbeitslosigkeit beträgt etwa 25 Prozent. Sogar jeder zweite Bürger zwischen 15 und 24 Jahren hat keinen Job – und das, obwohl das Land reich ist an Rohstoffen. Doch die können nicht effizi- Noch gibt es die Transnet-Klasse 45 nur als Visualisierung. Die fertigen Loks sollen rot und gelb lackiert werden. In Südafrika sollen möglichst viele Güter künftig nicht mehr auf der Straße, sondern per Zug transportiert werden. 38 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 39 Bahn Für Transnet arbeiten etwa 55.000 Menschen. Im Zuge eines ehrgeizigen Investitionsprojekts soll das Unternehmen bis 2019 zu einem der fünf größten Güterbahnunternehmen weltweit werden. ent genug genutzt werden – auch, weil ihr Transport zu teuer und die vorhandene Infrastruktur den aktuellen und zukünftigen Ansprüchen nicht mehr gewachsen ist. Die Güterzugverbindungen in Südafrika wurden seit den 1980er-Jahren nicht mehr ausgebaut. Die damalige Regierung schaffte Wettbewerbsgesetze zum Schutz des Bahngüterverkehrs ab. Als Folge verlagerte sich der Güterverkehr weitgehend auf die Straße. Was zunächst als preisgünstig erschien, kam die Volkswirtschaft teuer zu stehen: Südafrikas Straßen sind heute übervoll mit Lastwagen. Bis zu 58 Tonnen wiegen die dortigen Sattelzüge. Dieser Belastung sind viele Straßen nicht mehr gewachsen. Die daraus resultierenden schlechten Straßenverhältnisse tragen zu einer erschreckenden Statistik bei: Allein im Jahr 2011 starben in Südafrika fast 15.000 Menschen im Straßenverkehr. Im Vergleich zur Einwohnerzahl gehört das Land mit seinen 53 Millionen Bürgern damit weltweit zu den Ländern mit den meisten Verkehrstoten. Güter sollen aufs Gleis Auch um diesen Missständen Abhilfe zu schaffen, startete Transnet im Jahr 2012 seine „Market Demand Strategy“ (MDS; Marktbedarfsstrategie). Transnet werde innerhalb der kommenden sieben Jahre 300 Milliarden Rand (etwa 23 Milliarden Euro) investieren, kündigte Präsident Zuma im Februar 2012 in seiner Rede zur Lage der Nation an. Im Mittelpunkt des Vorha- 40 I MTU Report 01/15 bens steht die Güterzugsparte des Unternehmens, Transnet Freight Rail (TFR). Rund zwei Drittel der Investitionssumme im Rahmen der MDS sollen auf den Bahnsektor entfallen. Das Geld soll vor allem für neue Lokomotiven, die Modernisierung des Frachtschienennetzes des Unternehmens, das insgesamt 20.500 Kilometer umfasst, sowie für die Qualifizierung von Personal ausgegeben werden. Für Transnet arbeiten derzeit etwa 55.000 Menschen. Diese Zahl soll bis 2019 um 15.000 steigen, insgesamt soll das Investitionsprojekt 588.000 neue Jobs in Südafrika schaffen. Transnet will seinen Umsatz von 46 Milliarden auf 128 Milliarden Rand fast verdreifachen und so in die Top 5 der umsatzstärks- Botswana Namibia Swasiland Südafrika Kapstadt Lesotho ten Güterbahnunternehmen weltweit aufsteigen. Möglichst viele Güter in allen sechs Geschäftsbereichen von TFR sollen künftig nicht mehr auf der Straße, sondern per Zug transportiert werden: landwirtschaftliche Produkte und Flüssigkeiten, Container und Automobile sowie Fahrzeugteile, Kohle, Eisenerz und Mangan, Mineralien und Chrom, Stahl und Zement. TFR will sein Frachtvolumen von 201 Millionen Tonnen im Jahr 2012 auf 350 Millionen Tonnen im Jahr 2019 steigern. Der Warentransport in und aus Südafrika soll deutlich effizienter, zuverlässiger und billiger werden. Südafrika soll zu dem Hub werden für alle Güter, die in Länder südlich der Sahara geliefert werden. Antrieb für extreme Herausforderungen Dafür braucht man leistungsstarke und moderne Lokomotiven. Sie müssen laut Ausschreibung bei Temperaturen zwischen -10 und +50 Grad Celsius und in Höhen von 0 bis 2.095 Metern einsetzbar sein und dabei extreme Lasten ziehen können. Die südafrikanischen Güterzüge sind bekannt für ihre Länge und ihr Gewicht: Sie können aus mehreren Hundert Waggons bestehen und dabei eine Länge von mehreren Kilometern und ein Gesamtgewicht von mehreren Zehntausend Tonnen erreichen. Die Lokomotiven der sechsachsigen Klasse 45 besitzen eine Achslast von 22 Tonnen und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometer pro Stunde. Die nötige Kraft dafür liefert der MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Die Mehrzahl der neuen Lokomotiven wird durch ein lokales Konsortium in einem Werk von Transnet Engineering in Südafrika montiert. Erstmals werden bei MTU Südafrika Motoren montiert. Dafür werden neue Mitarbeiter ausgebildet und die vorhandenen Anlagen an die neuen Anforderungen angepasst. MTU Report 01/15 I 41 Bahn Hier könnten bald Loks mit MTU-Motoren in den Sonnenuntergang fahren. Die Loks der Klasse 45 sollen im ganzen Land eingesetzt werden. Farbklecks im Waggonmeer: Güterloks von Transnet ziehen oft mehrere Hundert Waggons. 42 I MTU Report 01/15 weiterentwickelte MTU-Motor vom Typ 20V 4000 R63L. Er setzt die Erfolgsgeschichte der MTU-Baureihe 4000 als Bahnantrieb fort: Seit 1996 wurden mehr als 2.500 MTU-Bahnmotoren der Baureihe 4000 ausgeliefert. Der neue Motor ist die vorläufige Krönung der Baureihe. Mit einer Leistung von 3.300 Kilowatt erweitert er das bisher verfügbare Leistungsspektrum um 150 Kilowatt nach oben – so verfügt die Lokomotive auch bei extremen Bedingungen noch über die nötigen Kraftreserven. industriellem Know-how sind Kern der Regierungsstrategie, das Land fit zu machen für Wirtschaftswachstum und zukünftigen Erfolg auf dem Weltmarkt. Rund die Hälfte der Wertschöpfung des Auftrages für die Diesellokomotiven muss deshalb im Land erbracht werden. CNR wird folglich nur die ersten 20 der 232 Lokomotiven in China bauen. Die restlichen 212 Lokomotiven werden durch ein lokales Konsortium unter Führung von CNR im südafrikanischen Durban montiert. MTU-Ingenieure haben diese Leistungssteigerung unter anderem durch die Erhöhung der Spitzendrücke bei der Kraftstoffverbrennung erreicht. Dafür verwenden sie auch verstärkte Komponenten aus anderen Varianten dieser Baureihe, welche für eine höhere Belastung ausgelegt sind. So wird zusätzlich ein geringerer Kraftstoffverbrauch erreicht. Als elektronische Schnittstelle zur Lokomotivsteuerung kommt das Automationssystem Powerline zum Einsatz, welches von MTU speziell für den Einsatz in Lokomotiven entwickelt wurde. Dieselmotoren sind von der Forderung nach Wertschöpfung in Südafrika eigentlich ausgenommen. Dennoch erbringt MTU als Teil der engen Partnerschaft mit CNR Leistungen in Höhe von etwa 20 Prozent des Auftragswertes in Südafrika. Die Ländergesellschaft MTU Südafrika spielt dabei die Schlüsselrolle. „Für uns ist der Auftrag ein ‚game changer‘“, sagt Andrea Möller, Geschäftsführerin von MTU Südafrika. „Erstmals werden bei uns Motoren montiert. Dazu müssen wir entsprechende Infrastruktur aufbauen und neue Mitarbeiter ausbilden.“ Fertigung in Südafrika Um den Anforderungen von Transnet zu entsprechen, müssen die Lokomotiven jedoch nicht nur schwerste Lasten unter extremen Bedingungen ziehen können – sie sollen auch in Südafrika gefertigt werden. Der Bau der Lokomotiven im Land und die erforderliche Vermittlung von Rund 200 Motorbausätze werden von Friedrichshafen nach Südafrika geliefert und bis Ende 2017 bei MTU Südafrika in Kapstadt von dortigen Mitarbeitern zusammengebaut, getestet, lackiert und in Betrieb genommen. MTU wird mehrere Millionen Euro in den Standort Kapstadt Die ersten weiterentwickelten Motoren des Typs 20V 4000 R63L werden derzeit in Friedrichshafen montiert. Sie haben eine Leistung von 3.300 Kilowatt. investieren und dort unter anderem eine neue Lackieranlage installieren und den bestehenden Prüfstand an die neuen Anforderungen anpassen. MTU sieht dies als sinnvolle Investition in die wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas und hofft auf weitere ähnliche Aufträge mit Transnet. Dank der ehrgeizigen Pläne von Transnet wird Captain Track wohl auch in Zukunft alle Hände voll zu tun haben. Text: Rolf Behrens Bilder: Transnet Freight Rail, Robert Hack, MTU Südafrika Ihre Fragen beantwortet: Peter Mattes peter.mattes@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-3186 MTU Report 01/15 I 43 Mining Ein Sprenglochbohrgerät hilft bei der Suche nach Gold Goldene Aussichten Der Sprengloch-Bohrer DM45 wird mit dem ersten 1600er-Mining-Motor in Nordamerika angetrieben. Die Wharf-Mine in Lead ist die einzige noch in Betrieb befindliche Goldmine South Dakotas. Und hier ist ganz schön was los: Bagger arbeiten ohne Unterlass. Riesige Muldenkipper rumpeln über die spiralförmig ansteigenden Wege am Rande des Tagebaus, beladen mit Tonnen an Gestein, das bei der Weiterverarbeitung auf kleinste Goldpartikel untersucht wird. Insgesamt werden in der Mine pro Jahr drei Millionen Tonnen Gestein bewegt. Und die harte Arbeit zahlt sich aus: Für 2015 wird die Goldproduktion der Wharf-Mine auf 90.000 Unzen, was in etwa 2.500 Kilogramm entspricht, geschätzt. Beim heutigen Goldpreis gleicht dies einem Umsatz von mehreren Millionen Dollar. Nie zuvor in Nordamerika Natürlich kommt es bei so viel Arbeit auf jedes einzelne Teil der Minenausrüstung an, alles muss ständig betriebsbereit sein. Darunter auch die riesige Maschine, mit der der Abbauprozess auf jeder neuen Ebene des Tagebaus begonnen wird: das Sprengloch-Drehbohrgerät. In der WharfMine kommt hier ein Atlas Copco DM45 zum Einsatz – ausgestattet mit dem ersten Mining-Motor der MTU-Baureihe 1600, der in Nordamerika in Betrieb genommen wurde. Tief in den Black Hills, einem Gebirgszug in South Dakota, wurde 1874 ein großes Goldvorkommen entdeckt. Goldsucher strömten in die Gegend und einer der letzten großen Goldräusche in den USA begann. Die Schürfer gründeten das legendäre Deadwood, eine Stadt, die schnell für ihre Gesetzlosigkeit berüchtigt war und nicht nur Goldsucher, sondern auch Banditen, Spieler und Revolverhelden magisch anzog. Mit dem Abebben des Goldrauschs verschwanden die Raufbolde und Kriminellen, der Bergbau jedoch hörte in der Gegend nie auf. Auch heute wird nur neun Meilen von Deadwood entfernt, in Lead, South Dakota, noch Gold abgebaut. Bis heute ist Gold begehrenswert. In der Wharf-Mine sollen 2015 bis zu 2.500 Kilogramm des Edelmetalls abgebaut werden. 44 I MTU Report 01/15 Die robusten Atlas Copco-Maschinen des Typs DM45 werden weltweit zum Sprenglochbohren eingesetzt. Auf Raupenketten bewegt sich das mobile Bohrgerät langsam aber sicher auf seine Position in der Mine. Die Höhe seines Bohrstangenwechselturms mit dem Bohrstangenkarussell entspricht der eines vierstöckigen Hauses. Hier- mit lassen sich Bohrungen mit einer Tiefe von bis zu 53,3 Metern und einem Bohrungsdurchmesser von maximal 229 Millimetern anfertigen. Auf den Bohrkopf wirkt dabei ein Gewicht von bis zu 20.400 Kilogramm. Aus jedem Bohrloch entnimmt das DM45 eine Probe, die auf das Vorhandensein von Edelmetallen überprüft wird. Anschließend fährt die Maschine mithilfe modernster GPS-Technologie zum nächsten Bohrloch und erzeugt so eine Art Raster im Boden. Nach dem Bohren der Sprenglöcher wird es Zeit für die Sprengung. Zunächst muss die Ausrüstung in sichere Entfernung gebracht werden. Auch die Mitarbeiter müssen einen Sicherheitsabstand einhalten. Dann werden die Bohrlöcher mit Sprengstoff gefüllt und aufgesprengt. Durch die Wucht der Explosion zerbröckelt die nächste Schicht der Mine. Nun sind die Bagger und Muldenkipper an der Reihe: Gestein und Erz werden aufgeladen und zur Weiterverarbeitung abtransportiert. Für das Atlas Copco DM45-Sprengloch- Lead Vereinigte Staaten Detroit MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Atlanta MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK Miami Kuba Mithilfe des DM45 können bis zu 53 Meter tiefe Löcher gebohrt werden. Eine aus dem Loch entnommene Probe zeigt schließlich, ob Edelmetalle vorhanden sind. Drehbohrgerät hört die harte Arbeit in der WharfMine nie auf. Das Gerät läuft an sechs Tagen die Woche. Dabei gehen die Minenbetreiber für 2015 von 6.000 Betriebsstunden aus – nur für diese eine Maschine. Hohe Anforderungen Um die extremen Anforderungen im Tagebau und die im Januar 2015 in Nordamerika inkraft- 2009 wurde die Baureihe 1600 für Stromaggregate eingeführt, später sind Varianten für Triebwagen, Lokomotiven, land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Baumaschinen und jetzt für Bergbaumaschinen hinzugekommen. Nun kommt der Mining-Motor zum ersten Mal in Nordamerika zum Einsatz. Anpassung und Tests des neuen 10-Zylinder-Motors der Baureihe 1600 dauerten fast ein Jahr. Eingebaut wurde der Mining-Motor im Juni 2014. Nach weiteren Tests wurde er dann im Juli 2014 an die Wharf-Mine ausgeliefert. „Für den Bergbau bietet die Baureihe 1600 zahlreiche Vorteile: geringe Lebenszykluskosten, niedriger Kraftstoffverbrauch, hohe Zuverlässigkeit und Langlebigkeit“, sagt Mark Bennett, Senior Mining Manager Mining weltweit bei MTU America. „Bei Bohrarbeiten werden Kosten in Dollar pro Fuß Bohrtiefe bei gegebenem Bohrungsdurchmesser angegeben. Für Minenbetreiber wie Wharf ist es daher von größter Wichtigkeit, dass der Motor produktiv ist.“ Betriebszeiten sind in der Wharf-Mine von größter Wichtigkeit. Da diese Maschinen den Abbauvorgang auf jeder neuen Minenebene einleiten, bedeutet ein Problem mit der Maschine den Stillstand des gesamten Betriebs. Für eine Mine wie Wharf, in der eines der wertvollsten Metalle der Welt abgebaut wird, bedeutet dies direkt auch Umsatzverlust. „Atlas Copco kannte den exzellenten Ruf von MTU als Hersteller zuverlässiger Motoren“, so Bennett. „Die Baureihe 1600 passte perfekt, denn sie erfüllt die Tier 4-Abgasnorm und benötigt kein Abgasnachbehandlungssystem.“ Seit Januar 2015 unterliegen auch Motoren im Bereich Off-Highway in Nordamerika der EPA Tier 4-Abgasnorm. Niedrige Emissionen dank modernster Technologie Der Motor der Baureihe 1600 ist der erste von Atlas Copco verbaute Motor für EPA Tier 4 final. Er erfüllt die neue Norm rein innermotorisch. Der innovative Dieselmotor arbeitet mit modernster Verbrennungstechnik. Zum Technologiepaket gehören Abgasrückführung (AGR), Common-RailEinspritzung und zweistufige Aufladung. Sie alle tragen zu einem Verbrennungsprozess bei, bei dem sehr geringe Stickoxid- und Partikelemissionen entstehen. Als branchenweit einziger Motor seiner Klasse erfüllt er Tier 4 ohne Abgasnachbe- Nach der Sprengung kommen Bagger und Muldenkipper zum Einsatz. Sie laden die Gesteinsbrocken und Erze auf, um sie zur Weiterverarbeitung bereitzustellen. und Druckluftkompressoren laufen ständig. Doch durch die moderne Motortechnologie der Baureihe 1600 und die verbesserte Lagerung von Atlas Copco wurden die Geräuschwerte im Inneren der Kabine deutlich verringert. ersten Goldschürfer im Wilden Westen wussten: „Es gibt Gold in den Hügeln“. Tief in den Schwarzen Hügeln von South Dakota geht die Suche weiter – und die Vorhut bildet das Atlas Copco DM45, angetrieben von der Baureihe 1600. Text: Chuck Mahnken; Bilder: iStock, Atlas Copco, Björn Schneider Einfaches Arbeiten Die kompakten Abmessungen der Baureihe 1600 erleichterten Atlas Copco die Integration des Motors in die Sprengloch-Drehbohrgeräte. „Für Atlas Copco bedeutet der Verzicht auf ein Abgasnachbehandlungssystem eine deutliche Reduzierung der Konstruktionskosten. Für den Kunden bedeutet es geringere Betriebskosten und geringere Stillstandszeiten als bei Motoren mit Abgasnachbehandlung“, so Bennett. Durch moderne Technologien wie Common-Rail-Einspritzung und geregelte zweistufige Aufladung konnte der Kraftstoffverbrauch der Baureihe 1600 reduziert werden. Da sich der Motor aktuell noch in der Testphase befindet, stehen noch keine Statistiken zur Kraftstoffeinsparung zur Verfügung. Mit Blick in die Zukunft Die Baureihe 1600 zeichnet sich durch modernste MTU-Technologie aus. Sie wurde bereits auf zukünftige Anforderungen hin ausgelegt und kann auch strengere Abgasnormen erfüllen, ohne dass hierfür komplizierte Anpassungen notwendig werden. Egal welcher Betreiber seine Maschinen mit diesen Motoren ausrüstet: er profitiert von MTUs weitsichtigem Motorkonzept. Mit der neuen, Tier 4 erfüllenden Baureihe 1600 ist Atlas Copco auf einen Goldschatz gestoßen. Bis jetzt ist das Sprengloch-Drehbohrgerät in der WharfMine bereits seit 3.000 Stunden in Betrieb und läuft problemlos. Nach einem Jahr der Erprobung, Aktualisierung und Kalibrierung ist der Motor zur Serienproduktion bereit. Im Juni 2015 ist die Auslieferung eines zweiten DM45 mit Motor der Baureihe 1600 an die Wharf-Mine geplant. Kurz danach kommt die Baureihe 1600 dann auch in anderen Minen in Nordamerika zum Einsatz. In der Wharf-Mine sind auch die Maschinenführer des DM45 mit dem neuen Motor der Baureihe 1600 zufrieden. Bei den vielen Stunden, die sie in der Kabine verbringen, kann Motorlärm durchaus ein Problem darstellen. Auch Hydraulikpumpen Die Wharf-Mine setzt große Erwartungen in die Zukunft – wie auch Atlas Copco. MTU plant die Ausrüstung weiterer Bergbaumaschinen mit unterschiedlichen Tier 4-Motoren. Die Baureihe 1600 bildet da nur den Anfang. Denn schon die handlung. Das heißt er benötigt keinen Partikelfilter, kein AdBlue und keinen SCR-Katalysator, was den Wartungsbedarf im Vergleich zu Antrieben mit Abgasnachbehandlung verringert. Auch der Einbau des Motors wird vereinfacht. MTU hat bei der Motorauslegung darauf geachtet, die AGRBauteile sehr kompakt zu integrieren, sodass die Größe von Motor und Abgasleitung nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Um an das Gold zu kommen, werden die Bohrlöcher mithilfe von Sprengsätzen gesprengt. Durch die Wucht der Explosion zerbröckelt die umliegende Schicht der Mine. Ihre Fragen beantwortet: Mark Bennett, mark.bennett@mtu-online.com Tel. +1 24 8560 8068 Noch stärker als das DM45 MEMO getretenen EPA Tier 4-Abgasnormen zu erfüllen, wandte sich Atlas Copco an MTU. „Wir haben zusammen mit Atlas Copco die hohen Anforderungen an das DM45 genau analysiert: große Bohrdurchmesser, tiefe Bohrlöcher, hartes Gestein und eine sehr hohe Bohrfrequenz“, so Roger Rymarz, Anwendungstechniker bei MTU America. „Und die Anforderungen an die Leistung sind nur ein Teil der Kriterien, die bei der Suche nach dem optimalen MTU-Motor für eine komplexe Anforderung beachtet werden müssen. Hinzu kommen Faktoren wie Hubraum, verfügbare Optionen, Intervalle zwischen den Grundüberholungen, Kraftstoffverbrauch, Motorgröße und -gewicht und viele andere mehr.“ Am Ende fiel die Wahl auf den neuen 10-Zylinder-V-Motor der Baureihe 1600 als perfekten Antrieb für das DM45. „Wir haben eng mit Atlas Copco zusammengearbeitet, um einen reibungslosen Einbau sicherzustellen – von den ersten 3D-Entwürfen bis hin zur finalen Erprobung“, so Rymarz. Das DM45 ist nur eines unter vielen Sprengloch-Drehbohrgeräten von Atlas Copco. Zu seinen größeren Geschwistern gehört das Pit Viper 311. Im Single-PassVerfahren, das heißt ohne Gestängewechsel, erreicht es eine Bohrtiefe von 19,8 Metern. Auf den Bohrkopf wirkt dabei ein Gewicht von 49.900 Kilogramm. In den USA sind derzeit drei Pit Viper 311 mit MTUMotor der Baureihe 2000 im Einsatz: in Minen in den Bundesstaaten Arizona, Utah und Wyoming. Die Motoren des Typs 16V 2000 C66 entsprechen Tier 4 und erhöhen Produktivität und Bohreffizienz. Bei einer Drehzahl von 1.800 U/min liefern sie 970 Kilowatt. Wie das DM45 mit Motor der Baureihe 1600 wird auch das Pit Viper 311 in Garland, Texas, produziert. 46 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 47 Energie Dampf für die Produktion 1 Kleben, färben, duften 6 2 7 3 4 8 5 9 1-9 Alle abgebildeten Produkte sind fester Bestandteil in unserem Alltag. In allen diesen Produkten steckt ein kleines bisschen des Familienunternehmens Follmann Chemie. Ob Holz- und Papierklebstoffe, die Mikroverkapselung von Duftstoffen, Straßenmarkierungen oder Tapetenbeschichtungen – all dies stellt die Firma in Minden her und verbessert und verschönert uns dadurch unseren Alltag. 48 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 49 Der Name Follmann Chemie ist wahrscheinlich nur den wenigsten bekannt, doch mit dem einen oder anderen Produkt des Familienunternehmens aus Minden dürfte wohl so ziemlich jeder schon einmal in Berührung gekommen sein: Jede dritte Serviette in Europa wird mit Druckfarben von Follmann bedruckt, zahlreiche Möbelstücke halten dank des hier gefertigten Klebstoffes zusammen. Schwesterfirma Triflex produziert darüber hinaus Abdichtungen zum Schutz von Dächern, Balkonen und Parkhäusern und trägt mit ihren Markierungen zu mehr Sicherheit auf den Straßen bei. Für all das wird Energie benötigt – einen Teil davon liefern seit Kurzem zwei Blockheizkraftwerke von MTU Onsite Energy. Mitarbeiter besprechen sich in der Produktion. Die Kernkompetenz von Follmann liegt in Spezialchemikalien für die dekorative und funktionale Gestaltung von Oberflächen und Verbindungen. «kraftwerke Die beiden Blockheiztragen dazu bei, dass der Dampf, den wir brauchen, permanent zur Verfügung steht. » Ralf Lücke, Follmann Chemie Ein Follmann-Mitarbeiter bei der manuellen Abfüllung in der Schmelzkleberproduktion. Es fing alles ganz klein an, als Heinrich Follmann und sein Sohn Dr. Rainer Follmann 1977 am nördlichen Rand von Ostwestfalen ihr bis heute inhabergeführtes Unternehmen gründeten, das sich zunächst auf bautechnische Produkte spezialisierte. Heute beschäftigt die Follmann-Gruppe mit ihrer Muttergesellschaft Follmann Chemie und den beiden für Entwicklung und Vertrieb zuständigen Töchtern Follmann und Triflex insgesamt 600 Mitarbeiter weltweit, davon 460 am Standort Minden. Ob Druckfarben für Servietten, Plastisole für Tapetenstrukturen oder Holz- und Papierklebstoffe: Die Kernkompetenz von Follmann liegt in Spezialchemikalien für die dekorative und funktionale Gestaltung von Oberflächen und Verbindungen. In den sechs Produktgruppen Druckfarben, Tapetenbeschichtungen, Funktionsbeschichtungen, Mikroverkapselung, Klebstoffe und Auftragsfertigung arbeitet der Chemiespezialist mittlerweile mit insgesamt 5.500 unterschiedlichen Rezepturen, die permanent weiterentwickelt und optimiert werden. Das insgesamt fast 100.000 Quadratmeter große Betriebsgelände, das sich direkt am Mindener Industriehafen in unmittelbarer Nähe zum Mittellandkanal und zur Weser befindet, hat seit der Unternehmensgründung diverse Erweiterungen erlebt: So wurden, ausgelöst durch das rasante Wachstum, in den vergangenen Jahren unter anderem ein neues Lager- und Logistikzentrum sowie ein neues Forschungs- und Kommunikationszentrum in Betrieb genommen. Die Gesamtproduktion nahm immer weiter zu und erreichte 2014 einen vorläufigen Höchstwert von 60.000 Tonnen. Mehr Produktion, größerer Energiebedarf: So lässt sich kurz und knapp auf den Punkt bringen, warum das Unternehmen schließlich die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung für sich entdeckte. „Unser Bedarf an Dampf, den wir bei bestimmten Produktionsabläufen zur Erhitzung brauchen, ist gewachsen“, erläutert Ralf Lücke, Abteilungsleiter Technik. „Dazu kam, dass die Energiepreise anstiegen – so haben wir beschlossen, unseren 50 I MTU Report 01/15 Energie Grundbedarf an Dampf, Strom, Wärme und Kälte zu einem Teil selbst zu decken.“ Das Ergebnis: eine nagelneue Energiestation, deren Kernstück zwei erdgasbetriebene, wärmegeführte Blockheizkraftwerke (BHKW) von MTU Onsite Energy mit Motoren der Baureihe 400 sind. Angenehm duftende Mikrokapseln Beim Rundgang über das Gelände fällt auf, dass der in der Luft wahrnehmbare Geruch für ein Unternehmen der chemischen Industrie bemerkenswert neutral ist. Draußen ist praktisch gar nichts zu riechen, und auch in den Produktionshallen riecht es nur sehr dezent. In einer der Hallen duftet es sogar ausgesprochen angenehm nach Waschpulver: Hier werden Duft- und andere Wirkstoffe in mikroskopisch kleine Kapseln „verpackt“. Diese Mikroverkapselung gehört zu den Hightech-Spezialitäten von Follmann – die nur sechs bis acht Mikrometer großen Kapseln sollen unter anderem dafür sorgen, dass Werbeanzeigen, Mailings oder Verpackungen gut riechen und so die Verkaufszahlen der beworbenen Produkte steigern. Ihre Inhaltsstoffe kann der Verbraucher durch mechanische Einwirkung wie Reiben oder Drücken gezielt freisetzen. Darüber hinaus werden die Kapseln in Wasch- und Reinigungsmitteln sowie in der Kosmetik verwendet, kommen aber auch in technischen Anwendungen zum Einsatz. Nicht weit entfernt davon in den Hallen 42 bis 44 werden im sogenannten Polymerisationsverfahren insgesamt 47 unterschiedliche Klebstoffe und Bindemittel produziert. Dies ist der Ort, an dem der größte Teil des durch die BHKW erzeugten Dampfes gebraucht wird: Um die chemische Reaktion der Polymerisation einzuleiten, müssen die Ausgangsstoffe zunächst mittels Dampf erhitzt werden. Bei den Klebstoffen zum Beispiel läuft der Produktionsprozess so ab, dass in einem Edelstahlbehälter eine aus Wasser, Entschäumer und Polyvinylalkohol bestehende Vorlösung hergestellt wird. Anschließend wird die fertige Vorlösung in einen doppelwandigen Reaktor gepumpt und dort auf die vorgegebene Starttemperatur erwärmt, bevor die für die Reaktion benötigten Hilfs- und Rohstoffe zugegeben werden. Im Kern geht es darum, aus sogenannten Monomeren (kleine, reaktionsfreudige Moleküle) Polymere zu machen – also langkettige Verbindungen, die letztlich die Basis für den Klebstoff bilden. Die Reaktion selbst ist exotherm, das heißt es wird Energie freigesetzt: Das fertige Produkt muss darum am Ende wieder abgekühlt werden, wofür die in der Energiestation erzeugte Kälte genutzt wird. Alles in allem dauert dieser Vorgang vom Start bis zur Beendigung der Polymerisation etwa fünf bis acht Stunden. Größte Waschmaschine Europas Bis zu 3.500 Kilogramm Dampf pro Stunde kann die neue Hochdruckdampfkesselanlage erzeugen, Im doppelwandigen Reaktor wird die fertige Vorlösung bestehend aus Wasser, Entschäumer und Polyvinylalkohol auf die benötigte Starttemperatur erwärmt. Dieser Vorgang ist für die Herstellung von Klebstoff essenziell. MTU Report 01/15 I 51 Energie Nordsee Niederlande Belgien Hamburg Minden Berlin Polen Deutschland MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK Tschechische Republik MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 20% CMYK Österreich Follmann-Mitarbeiter Christian Miegel überprüft das MTU Onsite Energy-Blockheizkraftwerk regelmäßig. Ralf Lücke arbeitet bereits seit 1996 bei der Firma Follmann. Er begleitet die Inbetriebnahme der beiden BHKW und der gesamten Energiestation. die in der Energiestation direkt neben den beiden MTU-BHKW installiert worden ist und zum Teil aus deren Abgaswärme versorgt wird. Eine kleinere Kesselanlage mit einer Leistungsfähigkeit von 1.000 Kilogramm pro Stunde steht als Ersatzanlage für den Notbetrieb bereit. Der alte und mittlerweile ausrangierte Dampferzeuger brachte es auf 2.000 Kilogramm pro Stunde: zu wenig für die aktuelle Produktion bei Follmann, wo zu Spitzenzeiten inzwischen 2.500 Kilogramm pro Stunde benötigt werden. Der zweite Dampfverbraucher neben den Polymerisationsreaktoren ist eine Reinigungsanlage – nach Aussage von Ralf Lücke „die größte Waschmaschine Europas“. Hier wird mit dem Dampf eine drei Meter hohe Waschtrommel erhitzt, die mittels Reinigungslauge die zuvor benutzten Produktionsbehälter und Container wieder auf Hochglanz bringt. „Die beiden Blockheizkraftwerke tragen dazu bei, dass uns der Dampf, den wir brauchen, permanent zur Verfügung steht“, berichtet Lücke, der schon seit 1996 im Unternehmen ist. „Durch die neue Anlage können wir eine bessere Dampfqualität erzeugen, was letztlich die Effizienz der Produktionsabläufe steigert.“ Während die Abgaswärme der BHKW für die Dampferzeugung genutzt wird, dient die Motorabwärme zur Erzeugung von Heizwasser, mit dem einige der Gebäude und Produktionshallen auf dem Betriebsgelände geheizt werden. Dabei erzeugt das etwas größere BHKW 357 Kilowatt elektrische Energie und allein aus dem Motorkühlkreis 288 Kilowatt thermische Energie (zusammen mit der Abgaswärme 529 Kilowatt), was zu einem Gesamtwirkungsgrad von 89,8 Prozent führt. Das andere MTU-Kraftwerk hat eine elektrische Leistung von 240 Kilowatt, eine thermische Leistung aus dem Motorkühlkreis von 220 Kilowatt (zusammen mit der Abgaswärme 370 Kilowatt) und einen Gesamtwirkungsgrad von 91,1 Prozent. Sowohl der Strom als auch die Wärme werden komplett für den Eigenbedarf genutzt: Der Strombedarf beträgt bei Follmann zu Spitzenzeiten 1,8 Megawatt, was unter dem Strich bedeutet, dass zeitweise zwei Drittel des Bedarfs aus dem öffentlichen Stromnetz gedeckt werden müssen. Und auch bei Dampf und Heizwasser kommt nur ein Teil der Energie aus den beiden BHKW. „Wir haben eine separate Zufeuerung mittels Erdgas beibehalten“, erklärt Lücke. So ist die Dampfkesselanlage als Fünf-Zug-Kessel konstruiert, wobei in zwei Zügen die Abgase der beiden BHKW genutzt werden und in den anderen drei Zügen das zugefeuerte Erdgas zum Einsatz kommt. Kohlendioxid um 40 Prozent und wird als weiterer Baustein für die Zukunftsfähigkeit der FollmannGruppe gewertet. In dem eigens errichteten Gebäude, das etwa 30 Meter lang und 15 Meter breit ist, befinden sich neben den BHKW und den Dampfkesselanlagen unter anderem auch zwei Pufferspeicher (einer für Wärme und einer für Kälte) sowie eine Absorptionskältemaschine. Letztere erzeugt unter Einsatz von Wärmeenergie jene Prozesskälte, die zum Kühlen der Polymerisationsreaktoren gebraucht wird. Da die von den BHKW erzeugte Wärme komplett genutzt werden kann, ist die Energiestation hocheffizient und kommt auf einen Gesamtwirkungsgrad von mehr als 80 Prozent. „Die beiden BHKW spielen eine wichtige Rolle in unserer Nachhaltigkeitsstrategie“, betont Ralf Lücke. Der 43-jährige Diplomingenieur Verfahrenstechnik ist dankbar, dass MTU Onsite Energy die Installation ausgesprochen zügig erledigte: Nach dem ersten Spatenstich der Energiestation im März 2014 blieben nur wenige Monate Zeit, um die BHKW noch rechtzeitig vor Inkrafttreten des novellierten Erneuerbare-EnergienGesetzes (EEG) zum 1. August 2014 in Betrieb zu nehmen. Die Herausforderung wurde erfolgreich gemeistert – mit der Folge, dass der für den Eigenbedarf produzierte Strom nun von der EEG-Umlage befreit bleibt. Als Gesamtsystem ging die Energiestation schließlich im Dezember 2014 in Betrieb. „Sowohl die Erst- als auch die Endinbetriebnahme haben reibungslos funktioniert“, sagt Lücke. „Zusammen mit den bisherigen Betriebserfahrungen kann ich sagen, dass wir mit den Blockheizkraftwerken wirklich sehr zufrieden sind.“ Text: Anne-Katrin Wehrmann Bilder: Andreas Burmann, Follmann Chemie Ihre Fragen beantwortet: Gerhard Klink, gerhard.klink@mtu-online.com Tel. +49 20 3450 0431 Doppelte Nutzung: Die Abgaswärme der BHKW wird für die Dampferzeugung genutzt, die Motorabwärme zur Erwärmung des Wassers. «Die beiden BHKW spielen eine zentrale Rolle in unserer Nachhaltigkeitsstrategie. » Ralf Lücke, Follmann Chemie Ein Drittel des zu Spitzenzeiten benötigten Strombedarfs wird von den beiden BHKW bereitgestellt. Baustein für die Zukunft Schon seit den Gründertagen haben umweltfreundliches Handeln und der verantwortungsvolle Umgang mit natürlichen Ressourcen einen hohen Stellenwert für das Unternehmen. Der Bau der Energiestation passt da hervorragend ins Konzept: Die Anlage reduziert den Ausstoß von 52 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 53 Bahn 1600er-Bahnmotor im Schwersteinsatz Martina – allein unter Männern Auf dem Werksgelände des österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine in der Donaustadt Linz ist man auf starke Helfer angewiesen. Solche echten Pfundskerle sind zum Beispiel die Rangierlokomotiven von Gmeinder. Sie transportieren bis zu 3.000 Tonnen schwere, mit verschiedensten Gütern und Rohstoffen beladene Züge. Im Maschinenraum arbeiten die im Jahr 2013 neu eingeführten MTU-Bahnmotoren der Baureihe 1600. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag, die Produkte der Voestalpine an die Endkunden in aller Welt auszuliefern. Betrieben werden die Loks vom Voestalpine-eigenen Logistikunternehmen Logserv. Funklokführer Thomas Leitner und Verschieber Johann Ortner sind das perfekte Team. Ein Großteil ihrer Arbeit findet draußen statt. Dank der Funkfernbedienung können die beiden außen auf der Lok stehen. Dadurch haben sie einen besseren Überblick über die Gleise. 54 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 55 ME MO Bahn Eine Stadt in der Stadt Das Voestalpine-Werk wirkt wie eine Kleinstadt in Linz. Die insgesamt 160 Kilometer Gleisanlage entsprechen den verlegten Gleisen in ganz Vorarlberg. Insgesamt können 600 verschiedene Ladestellen angefahren werden. Dreispurige Straßen im Werk, Ampeln und ein Werkseingang wie an einer Mautstelle in Italien sind typische Elemente. Die 11.000 Mitarbeiter produzieren jährlich 5,8 Millionen Tonnen Rohstahl. Bis zu 265.000 Waggons werden pro Jahr im Voestalpine-Werk transportiert. Das sind bis zu 730 Waggons in 24 Stunden. Bis zu 28 Lokomotiven fahren auf dem Werksgelände des führenden österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine in Linz. Hier werden jährlich 5,8 Millionen Tonnen Rohstahl produziert. Eine der Lokomotiven ist Martina. Sie und ihre Lok-Kollegen transportieren leere sowie mit Stahl, Schrott oder Erzen beladene Züge. Die Lokomotive Martina ist übrigens ein echter Liebesbeweis. Als erste Rangierlokomotive der Serie D60 C des süddeutschen Lokomotivherstellers Gmeinder wurde sie nach der Ehefrau des Gmeinder-Eigentümers benannt. Bis zu 3.000 Tonnen Stahl schleppt die kleine rot-graue Lokomotive pro Fahrt mit sich rum. Ganz schön viel für die mit einer Länge von 10,76 Meter und einer Breite von 3,08 Meter doch sehr zierliche Martina. Gerade wegen ihrer Größe ist die dreiachsige Lok sehr beliebt. „Wir brauchen Lokomotiven, die kürzer sind als die Standardlokomotiven, damit sie im Bereich der Hochöfen eingesetzt werden können, wo die Platzverhältnisse ziemlich beschränkt sind“, erklärt Thomas Leitner, Funklokführer beim Logistikunternehmen Logserv. Seit zwei Jahren ist er als Lokführer im Einsatz und heute Morgen der erste Herr über Martina. „Als Springer bin ich jeden Tag in einem anderen Teil des Voestalpine-Werkes unterwegs“, erklärt der junge Österreicher. „Dadurch habe ich Abwechslung pur und jeden Tag neue Herausforderungen.“ Leitner ist heute mit Martina unterwegs, die ebenso wie die anderen drei Gmeinder-Lokomotiven mit derselben Motorausstattung auf der gesamten Werksbahn eingesetzt wird. Hier verschieben sie volle und leere Waggons zu den verschiedeen Hallen, in denen sie be- und entladen werden. Alle vier Lokomotiven sind im Corporate Design der Logserv gestaltet – nur das Führerhaus und ein paar Umrandungen sind rot, der Rest ist grau. „Das markante rot-graue Design macht auch eine Unterscheidung zu den roten Loks der Österreichischen Bundesbahn einfacher“, erzählt Dietmar Schall, Leiter Konstruktion und Entwicklung bei Gmeinder Lokomotiven. Denn die Anschlussbahn der Voestalpine in Linz ist drei Mal an das öffentliche Schienennetz angeschlossen einmal Richtung Salzburg, einmal Richtung Wien und einmal zu einem Verschiebebahnhof der Österreichischen Bundesbahn. Bei Wind und Wetter Seit 5.15 Uhr bearbeitet Thomas Leitner mit seinem Verschieber Johann Ortner und dem Verschieber-Einschüler Christian Mijokovic die verschiedensten Aufträge. Heute hatten sie Frühschicht. Auf dem Werksgelände von Voestalpine wird 365 Tage im Jahr im Vierschichtbetrieb gearbeitet. Trotz des frühen Aufstehens sind alle drei gut drauf. An diesem Morgen ist es mit sechs Grad Celsius noch relativ warm. Ein Grund zur Freude. „Ich stand auch schon bei Minus 30 Grad mit Eiszapfen am Bart auf der Lok“, erinnert sich Johann Ortner. Alle drei tragen auffällig dicke neongelbe Jacken und Handschuhe. Im Führerhaus glüht die Heizung. „Unterschiedlichstes Wetter, Nebel und die Dunkelheit sind die größten Herausforderungen für uns. Hier kämpfen wir oft mit der schlechten Sicht“, erzählt Leitner. „Auch der Lärm und der Dreck sind nicht zu unterschätzen – aber es gehört halt dazu.“ Thomas Leitner gibt sich bereits wie ein alter Hase. Mit seinen Tätowierungen sieht er so gar nicht nach einem typischen Lokführer aus. Er schaut auf den kleinen Bildschirm im Lokführerstand. Hier sieht er die nächsten Aufträge. Er kann genau ablesen, wie viele Waggons transportiert werden müssen und wie viele davon leer oder beladen sind. Dies ist wichtig, da sich bei einem beladenen Zug der Bremsweg verlängert. Leitner kennt die Gleise wie seine Westentasche. Geschickt bewegt er mit seiner Funkfernbedienung « Ich stand auch schon bei Minus 30 Grad mit Eiszapfen am Bart auf der Lok. Johann Ortner, Logserv » Martina zu den nächsten leeren Waggons. Bei der VoestalpineWerksbahn arbeiten die wenigsten Lokführer im Führerhaus. Denn mithilfe der Fernbedienung sind sie mobil. Das heißt, sie können auch neben oder außen auf dem Zug stehen und so die Situation besser überblicken. Auch Leitner steht draußen. Insgesamt 13 leere Waggons soll Martina zu einer Halle bringen. Mit bis zu 40 Kilometern pro Stunde dürfen die Loks durchs Werk fahren. Kurz vor den leeren Waggons steigt Ortner von der Lok ab. Er muss als Verschieber die Waggons an- und Ein Liebesbeweis, der Herzen höherschlagen lässt – Martina. Die Lok wurde nach der Ehefrau des Gmeinder-Eigentümers benannt. Wien Deutschland Linz Österreich Bis zu 3.000 Tonnen schwere, mit verschiedensten Gütern und Rohstoffen beladene Züge transportieren die Loks von Gmeinder. Zum be- und entladen müssen die Waggons in unterschiedliche Hallen verschoben werden. Schweiz Italien MTU Brown 0-17-28-62 CMYK MTU Brown 80% der Farbe CMYK MTU Blue 50-25-0-10 CMYK MTU Blue 80% der Farbe CMYK Slowenien Kroatien Adria Funklokführer Thomas Leitner und Verschieber-Einschüler Christian Mijokovic im Führerhaus der Gmeinder-Lokomotive. Die Anordnung der Gleise der Werksbahn kennen sie wie ihre Westentasche. Verschieber Johann Ortner hat keine ungefährliche Aufgabe – er muss die Waggons auf den Gleisen an- und abkoppeln. MTU Report 01/15 I 57 56 I MTU Report 01/15 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK 60% CMYK 40% CMYK 20% CMYK Bahn « Die Motoren spielen bei unserer Arbeit eine wichtige Rolle. Es ist wie bei Autos. Je mehr Leistung man hat, umso mehr Spaß macht es. Thomas Leitner, Logserv » Die Gmeinder-Lokomotiven werden von einem MTU-Bahnmotor vom Typ 12V 1600 R50 auf Hochtouren gebracht. Martina und ihre drei Kollegen sind rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr im Einsatz. In der Dunkelheit ist die Werksbahn von Voestalpine mit Flutscheinwerfern ausgeleuchtet. Gmeinder – eine lange Tradition MEMO Im Voestalpine-Werk in Linz werden jährlich 5,8 Millionen Tonnen Rohstahl produziert. In der Hafenhalle wird dieser für den Transport mit dem Zug, per Schiff oder Lkw bereitgestellt. Enorme Anstrengungen garantiert Erst mit den Waggons kann Martina zeigen, was wirklich in ihr steckt. „Die Motoren spielen bei unserer Arbeit eine wichtige Rolle“, erklärt Leitner. „Es ist wie bei Autos. Je mehr Leistung man hat, umso mehr Spaß macht es.“ Viele Lastwechsel und hohe Betriebsstunden – genau für diese Anforderungen ist die MTU-Baureihe 1600 entworfen worden und damit ideal für Rangierlokomotiven geeignet. Daher werden wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren im Werk von Voestalpine noch weitere Gmeinder-Lokomotiven mit MTU-Motoren hinzukommen. Um später im Werk eingesetzt werden zu können, müssen alle Lokomotiven und damit auch ihre Motoren, eine Belastungsfahrt bestehen. „Das Schienennetz der sogenannten Erzhochbahn geht bis zu den Übergabebunkern des Hochofens. Das sind immerhin bis zu 20 Promille Steigung“, erzählt Mario Pointner, Verantwortlicher für den Werksbahntransport bei Logserv. Erst wenn die Lokomotiven und Motoren diese Belastung überstehen, werden sie im restlichen Schienennetz eingesetzt. Die Spuren von Gmeinder reichen bis in das Jahr 1913 zurück. Im Jahr 1919 wurden die ersten Lokomotiven mit Benzol-Motor ausgeliefert. Bereits 1925 baute Anton Gmeinder mithilfe von Carl und Hermann Kaelble die Fertigung von Feldbahn- und Normalspurlokomotiven sowie von Grubenlokomotiven weiter aus. So wurde Gmeinder im Jahr 1932 zu einem der Lieferanten der Standard-Rangierlokomotiven für die Deutsche Reichsbahn. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg lieferten sie weiter Rangierlokomotiven und Zahnradgetriebe an die Deutsche Bundesbahn. Nach einigen Namenswechseln schlossen sie sich 1976 mit Kaelble aus Backnang zusammen. Kaelble war zu dieser Zeit bereits lange Gesellschafter gewesen. Das Unternehmen wurde fortan als „Kaelble-Gmeinder GmbH“ geführt. Im Jahr 2004 wurde der Lokomotivbereich von Gmeinder selbstständig. Seit 2012 gehört Gmeinder zur Zagro Group. Ein Schicht nähert sich dem Ende Mittlerweile ist es 13.15 Uhr. Thomas Leitner und seine beiden Kollegen haben Schichtende. Martina nicht. Sie wartet bereits auf ihre zwei neuen Begleiter - mitten im Werk und umzingelt von leeren Waggons und anderen Lokomotiven. Ein paar Gleise von Martina entfernt, fährt gerade eine weitere rotgraue Gmeinder-Lok vorbei. Sie ist auf dem Weg in die sogenannte Hafenhalle. Hier soll sie mit Stahl beladene Waggons abholen. Das besondere an dieser Halle: Neben Zügen können auch Lastwagen und sogar Schiffe beladen werden. Da das Werk direkt an der Donau liegt, können die Schiffe von hier aus in einem speziell angelegten Hafenbecken in die Halle gleiten. Sogenannte Stahl-Coils – runde, aus dünnem Metall aufgewickelte Bandstahlrollen in verschiedenen Größen und Stahlplatten – werden dort gelagert. Im Blindflug durchs Werk Martina ist mit ihrer neuen Verschubmannschaft Markus Klopf und Andreas Müller unterwegs. Die erste Herausforderung: 30 Waggons sollen in die Hafenhalle transportiert werden. Damit ist der Zug insgesamt 400 Meter lang und damit deutlich länger als bei ihren Kollegen heute Morgen. Die schnellsten Läufer der Welt brauchen hierfür knapp 45 Sekunden - der heute als Verschieber eingesetzte Andreas Müller etwas länger. Vom Führerhaus der Lok sieht man nicht einmal mehr das Ende des Zuges. Hier muss sich Klopf ganz auf seinen Kollegen verlassen. Dieser steht mittlerweile auf dem Trittbrett des vordersten Waggons. Martina schiebt die Waggons von hinten an. „Mit meiner Funkfernbedienung kann ich das Führerhaus auch mal verlassen“, erklärt Markus Klopf. „So kann ich außen neben den Waggons herlaufen, um etwas mehr zu sehen.“ Müller gibt per Funk Anweisungen. Dazu wählen die beiden einen eigenen Funkkanal aus, damit sie nicht durch andere Funker gestört werden. „Wenn ich die Anweisungen von Andreas nicht höre oder befolge, kann dies schlimme Folgen haben“, weiß Klopf. So sagt ihm Müller zum Beispiel, wann ein Signal „Verschubverbot“ oder „Verschubverbot aufgehoben“ zeigt - oder anschließend in der Halle, wann das Ende der Gleise erreicht ist. Teamarbeit steht hier an erster Stelle. Vorsichtig schiebt sich die lange Verschubeinheit in die Halle. Bei den letzten Zentimetern ist Fingerspitzengefühl gefragt. Sobald die letzten Waggons stehen, wird Martina von ihrer schweren Last befreit. Dann geht es für sie weiter zum nächsten Einsatz, während ihre Männer wieder wechseln. Text: Yvonne Wirth; Bilder: Robert Hack Ihre Fragen beantwortet: Daniel Moosherr, daniel.moosherr@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-2592 Mehr dazu ... Ein Video über den MTUBahn-Motor im Einsatz bei Voestalpine. Ohne QR-Code-Reader unter http://bit.ly/1FQo38T ON L IN E abkuppeln. Martina bekommt ihre Waggons ans Ende angekuppelt. Dazu stellt sich Johann Ortner auf die Gleise zwischen die Puffer des vorderen Waggons. Dann geht alles ganz schnell. Thomas Leitner fährt Martina vorsichtig an die Puffer des Waggons, Johann Ortner kuppelt an. Wie ein altes Ehepaar vertrauen sich die beiden fast blind. „Am Anfang kostet es noch Überwindung, aufs Gleis zu stehen, aber irgendwann ist es normal“, beschreibt Ortner die Situation. „Mit den Jahren kann man gut einschätzen, ob eine Lok zu schnell ist oder nicht. Wenn das der Fall ist, stehst du nicht zwischenrein. Vertrauen ist hier sehr wichtig.“ Dabei müssen alle Verschieber und Lokführer harmonieren, da jeden Tag zwei andere Mitarbeiter zusammen eingeteilt werden. 58 I MTU Report 01/15 MTU Report 01/15 I 59 Teile in Eile Mähdrescher, Schnellfähren, Muldenkipper und andere MTU-Anwendungen müssen oft rund um die Uhr laufen. Durch die neue weltweite MTUErsatzteillogistik mit drei Logistikzentren und einem durchgängigen Datensystem ist die Verfügbarkeit von Ersatzteilen auf 95 Prozent gesteigert worden. Von der Scheibe bis zum kompletten Motor liefert die neue globale Ersatzteillogistik Ersatzteile punktgenau zum richtigen Zeitpunkt an den Einsatzort. Im Bild: Service-Monteur Marcel Salomon. Service Globale Ersatzteil-Logistik Der beste Service nützt nichts ohne eine gute Ersatzteilversorgung. Dank der neuen globalen Ersatzteillogistik von Rolls-Royce Power Systems konnte die globale Verfügbarkeit von Express-Ersatzteilen auf zirka 95 Prozent hochgeschraubt werden. Das Herzstück bilden drei große Logistikzentren in Brownstown, Überlingen und Singapur sowie ein durchgängiges integriertes Datensystem für Planung und Verkauf. Im Jahr 2014 ist das dritte Logistikzentrum in Singapur in Betrieb genommen worden. Wie eng guter Service und gute Ersatzteilversorgung miteinander zusammenhängen, zeigt ein Blick auf den Service-Alltag. Ein Mähdrescher des deutschen Herstellers Claas bleibt an einem Sonntagnachmittag in Frankreich mitten im Ernteeinsatz mit Motorschaden stehen. Ein Anruf des Betreibers beim weltweit erreichbaren Customer Assistance Center genügt. Einen Tag später trifft ein Tauschmotor aus dem deutschen Logistikzentrum in Überlingen in Frankreich ein und der Mähdrescher kann wenige Stunden später weiterarbeiten. Oder ein Binnenschiff auf der Donau: Der Motor braucht einen neuen Frischwasser-Sensor. Das Schiff fährt noch zwei Tage weiter bis Wien, wo der Partner kurz vor der Ankunft den Sensor aus Überlingen erhalten hat. Ein weiteres Beispiel aus Miami: Die beiden 4000er-Motoren einer Yacht benötigen Automationsteile. Die liefert der regionale Partner innerhalb von 24 Stunden, nachdem er sie aus dem Logistikzentrum in Brownstown erhalten hat. Der Vorteil dieses in den USA liegenden Hubs: Die aus Deutschland stammenden Teile sind bereits verzollt und können damit schnell innerhalb der USA versandt werden. Und ein Beispiel aus Asien: Der 1600er-Motor eines DauerstromAggregats in Indonesien benötigt eine neue Wasserpumpe. In diesem Fall kommt das Ersatzteil aus dem neuen Logistikzentrum in Singapur, durch das die Ersatzteilversorgung in ganz Asien gestärkt wurde. Wareneingang des Logistikzentrums in Überlingen, Deutschland. Rund 250.000 Ersatzteile werden im Kleinteilelager in Überlingen gelagert. Drei neue Logistikzentren in Deutschland, USA und Singapur Nachdem die Zahl der Partner sowie die Anforderungen an die Logistik in den letzten Jahren laufend gestiegen sind, war es notwendig, die Logistikstruktur zu optimieren. Mit der globalen Ersatzteillogistik wurde dafür ein starkes Rückgrat geschaffen. 2011 ging das Logistikzentrum in Brownstown in den USA in Betrieb. Täglich verlassen 1.500 Bestellpositionen die weitläufigen Hallen Richtung Nord- und Südamerika. Das Lager in Überlingen, das seit 2008 besteht, wurde im Jahr 2012 in das globale Datensystem eingebunden. Täglich werden hier etwa 2.500 Bestellpositionen in die Region verschickt, die MTU Report 01/15 I 61 60 I MTU Report 01/15 Service Vereinigte Staaten Brownstown Logistikzentrum Brownstown Weniger hoch, doch aufgrund des größeren Platzangebots langgestreckter präsentiert sich das Hochregallager in Brownstown, USA. Logistikzentrum Überlingen Deutschland Überlingen Zuständig für Europa, Afrika, Naher Osten, GUS-Staaten Singapur Zuständig für Nord- und Südamerika Logistikzentrum Singapur Zuständig für Asien Bestückung und Entnahme von Ersatzteilen im Kleinteilelager in Brownstown. Das Hochregallager bildet neben dem Kleinteilelager das Herzstück des Lagerbereichs in Überlingen und in den beiden anderen Logistikzentren. Virtuelles Logistikzentrum: Aus drei mach eins Dass die Verfügbarkeit der Ersatzteile enorm gesteigert werden konnte, ist nicht allein den drei hochmodernen Logistikzentren zu verdanken. Herzstück des globalen Logistiknetzwerks ist vielmehr das durchgängige SAP-Datensystem PAS. Alle drei Logistikzentren mit ihren Beständen und Abläufen sind dadurch so eng vernetzt, als wären sie ein einziges, virtuelles Lager. Daraus ergeben 62 I MTU Report 01/15 sich erhebliche Logistik- und Kostenvorteile. Insbesondere bringt es der weltweiten Ersatzteilplanung und auch dem weltweiten Ersatzteilverkauf, die alle drei Läger übergreifend steuern beziehungsweise nutzen, ein Höchstmaß an Überblick und Transparenz. Die Mitarbeiter der Planung in Friedrichshafen, Brownstown und Singapur können damit gemeinsam aktuelle Bestandslücken oder Überhänge sofort erkennen und ausgleichen. Falls eines der drei Logistikzentren nicht über ein benötigtes Teil verfügt, kann es aus einem der anderen beiden bezogen werden. Ebenso können durch dieses sogenannte Drop Shipment Zeitvorteile, bedingt durch die unterschiedlichen Zeitzonen, genutzt werden. Sowohl für Planung als auch Verkauf gilt durch die geographische Lage der Logistikzentren, dass in der Ersatzteilversorgung nie die Sonne untergeht. „Wenn es in Überlingen Nacht wird, dann ist es in Brownstown mitten am Tag und in Singapur geht sechs Stunden später schon die Sonne auf“, sagt Peter Posprich, Teamleiter im Order Management. Text: Wolfgang Stolba Bilder: Claas, Robert Hack, MTU America, MTU Asia Ihre Fragen beantwortet: Berthold Steber berthold.steber@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-7301 Mehr dazu ... Ein Video über die globale Ersatzteil-Logistik von MTU. Ohne QR-Code-Reader unter http://bit.ly/19LW3aL ONLINE von Afrika über Europa, den Nahen Osten bis zu den Staaten der ehemaligen Sowjetunion reicht. „Überlingen ist das Hauptlager, in dem 85.000 unterschiedliche Artikel lagern“, erklärt Bernd Maurer, Leiter des Logistikzentrums Überlingen. Das jüngste Nachschublager in Singapur wurde im März 2014 in Betrieb genommen. Pro Tag gehen hier etwa 1.000 Bestellpositionen in die Region Asien, in Zukunft auch nach Australien. Die drei Logistikzentren in Brownstown, Überlingen und Singapur sind durch ein durchgängiges Datensystem so vernetzt, als wären sie ein einziges, virtuelles Lager. Das schafft Transparenz und sichert ein hohes Maß an Teileverfügbarkeit. Hochregallager des Logistikzentrums in Singapur. Alle drei Logistikzentren sind identisch aufgebaut. MTU Report 01/15 I 63 Technologie Verkabelung von Stromaggregaten →Wie machen wir ...Kontakt? 1 2 Ein leises Wummern, dann springen die starken 4000er-MTU-Aggregate an. Denn sie produzieren zum Beispiel Notstrom für einen ganzen Stadtteil oder ein Krankenhaus. Aber auch den Bordstrom einer Yacht. Dafür muss allerdings im richtigen Moment ein Signal an den Motor gesendet werden, der über den Generator den Strom erzeugt – das Aggregat muss also anspringen. Um dies zu gewährleisten, ist gerade bei der Verkabelung von Stromaggregaten viel Fingerspitzengefühl und Genauigkeit gefragt. 64 I MTU Report 01/15 ihm spricht, wird schnell klar, dass er mit diesem Wirrwarr einen genauen Plan verfolgt. Er erstellt die Kabelbäume, die später am Aggregat, also dem Motor mit einem Generator, der Strom erzeugt, angebaut werden. Leitungen sind das Nerven- und Steuersystem eines Aggregats. Sie verbinden Steuergeräte und Messeinrichtungen am Motor mit der Motorüberwachung, den Temperatureinrichtungen oder den Feuerlöschsystemen des Aggregats. Und sie müssen einiges aushalten: Temperaturen von bis zu 120 Grad Celsius, Ströme von mehreren Hundert Ampere und Spannungen bis 400 Volt. Um sicherzugehen, dass sie das können, verlegt MTU diese Leitungen selber im Friedrichshafener Produktionswerk. Schaltplan bildet die Grundlage Grundlage dafür ist ein Schaltplan, der für jedes Aggregat speziell angefertigt wird – denn im Projektgeschäft ist kein Aggregat wie das andere. Nach diesem schneidet Holger Erdle zunächst die Leitungen auf die passende Länge zurecht und beschriftet sie mit einem Kabelmarkierer, um später genau zu wissen, welche Leitung wohin muss. „Die meisten unserer Aggregate werden mit einer sogenannten Schallschutzkapsel bestellt, um zum Beispiel in einem Schiff die Motorgeräusche möglichst gering zu halten“, erklärt Erdle. „Wir installieren in der leeren Kapsel die Elektronik für alle Komponenten wie zum Beispiel CO2-Feuerlöschanlagen, Warnsirenen, die Selbstüberwachung der Motoren, die Motorregelung oder Pumpensteuerungen.“ Bis zu 350 Arbeitsstunden Bis auch wirklich jede Leitung an der richtigen Stelle sitzt und mit den passenden Steckern verbunden ist, sind drei Mitarbeiter zwei bis drei Wochen lang beschäftigt. Insgesamt sind dies bis zu 350 Arbeitsstunden. Einer dieser Mitarbeiter ist Holger Erdle. Versunken steht er an seiner Werkbank, vor ihm der Schaltplan und um ihn herum ein scheinbares Wirrwarr aus Leitungen. Doch wenn man mit Bis zu 800 Adern pro Aggregat Die Arbeit von Holger Erdle hört allerdings nicht an der Werkbank auf. Sind die Kabelbäume fertig zusammengesetzt, bringt er sie am Aggregat an und verbindet sie mit dem Schaltkasten. Jede Leitung wird dafür mit den entsprechenden Sensoren am Aggregat verbunden und sauber in den Schaltschrank verlegt. Eine Leitung enthält mehrere farbige Adern, die einzeln angeschlossen wer- den. Bis zu 800 solcher farbigen Adern müssen die MTUElektriker pro Aggregat anschließen - ein Geduldsspiel, bei dem sie sich keinen Fehler erlauben dürfen. „Gerade bei Notstromaggregaten könnte es schlimme Folgen haben, wenn der Strom nicht fließt“, erzählt Holger Erdle. „Unsere Arbeit muss daher immer 100 Prozent genau sein.“ Eine metallene Hochzeit Ist die Aggregateelektronik in der Kapsel fertig, beginnt die „Hochzeit“. Braut und Bräutigam – also Aggregat und Kapsel – gehen gemeinsame Wege. Dazu wird die Kapsel auf den Grundrahmen des Aggregats gehoben – sie werden miteinander verheiratet. Sobald Motor und Generator in der Kapsel sind, haben die Elektriker nur noch 50 bis 60 Zentimeter Platz, um sich zu bewegen und die Motorelektronik mit der Aggregateelektronik zu verbinden. Dies sind nochmal etwa 70 Stunden in einer sehr beengten und warmen Arbeitsumgebung. Anschließend werden dem Kunden die Schnittstellen für dessen eigene Elektronik zur Verfügung gestellt. Vom anfänglichen Leitungs-Wirrwarr ist dann nichts mehr zu sehen. 3 1-2 Holger Erdle bei der Werkerselbstkontrolle. Das bedeutet, er überprüft nochmals die Funktion aller Leitungen mithilfe eines Messgerätes. Dieser Vorgang ist der letzte Arbeitsschritt, bevor das Aggregat an den Kunden geht. 3 Hier sind Geduld und Fingerspitzengefühl gefragt, denn die einzelnen Kontakte müssen in den Verbindungsstecker eingepinnt werden. Text: Yvonne Wirth Bilder: Robert Hack Ihre Fragen beantwortet: Dominic Roth dominic.roth@mtu-online.com Tel. +49 7541 90-3455 MTU Report 01/15 I 65 Nachbehandlung Der Norderstedter Stadtmusikant Mitten im Grünen und doch Teil einer Metropolregion: das ist Norderstedt, nicht weit entfernt von Hamburg und 1970 aus vier benachbarten Gemeinden gegründet. Im Vorfeld hatte ich mir nicht sehr viele Gedanken darüber gemacht, wie eine derart „erfundene“ Stadt wohl aussehen könnte. Als ich dann über eine der Hauptstraßen zum Blockheizkraftwerk von MTU Onsite Einmal Triebfahrzeugführerin Meine erste Reportage für den MTU Report führte mich in die österreichische Stadt Linz. Bisher kannte ich diese nur von der gleichnamigen Linzer Torte. Dass sich hier ein großer Stahlkonzern wie Voestalpine versteckt, war mir nicht klar. Das Werksgelände ist wie eine eigene kleine Stadt aufgebaut – mit mehrspurigen Straßen, vielen Schienen und riesigen Werkshallen. Und Anne-Katrin Wehrmann ist erstaunt, wie viel grün es in einer Stadt wie Norderstedt geben kann. Yvonne Wirth war mit den Gmeinder-Lokomotiven in einem der größten Stahl- Energy fuhr, war ich aber doch beeindruckt: rechter Hand ein Gewerbegebiet, direkt links von der Straße Weideflächen mit vielen Pferden darauf. Eine solche Nähe von typisch städtischer Bebauung und echtem NaturFeeling ist mir aus anderen Städten dieser Größe nicht bekannt. Ebenso toll fand ich, was ich kurz darauf in einem kleinen Park in der Stadtmitte entdeckte. Als Bremerin bin ich natürlich ein Fan der Stadtmusikanten, aber dass es auch in Norderstedt einen Stadtmusikanten gibt, wusste ich nicht. In diesem Fall handelt es sich um ein spitz nach unten zulaufendes und in der Erde befestigtes Gebilde, das zu einem „Rundgang der Klänge“ gehört. Wenn man den Norderstedter Stadtmusikanten dreht, erzeugt er tiefe, gongartige Töne. Eine schöne Idee, wie ich finde. Apropos ... Mehr über das Leben in einer Stadt erfahren Sie auf den Seiten 14 bis 37. werke in Österreich unterwegs. „Dieser Tag wird mir auf jeden Fall in Erinnerung bleiben", sagt sie. mittendrin der Grund, warum wir hier waren: Martina. Den ganzen Tag durften wir mit der Gmeinder-Lokomotive ihre Aufgaben und das Werksgelände entdecken. Wirklich beeindruckend war zum Beispiel die Zugkraft der Lok. Zeitweise wog der Zug bis zu 3.000 Tonnen. Eine spannende Erfahrung, denn bis zu diesem Tag stand ich auch noch nie im Führerstand einer Lokomotive. Mit einer orangefarbenen Warnweste wurde ich zur Funklokführerin – auch wenn ich den Zug selbst nicht gefahren bin. Highlight war, dass dann auch noch die Schienen für uns gesperrt wurden, damit wir das beste Bild von Martina schießen konnten. Ein Tag, der mir wirklich in Erinnerung bleiben wird und Linz für mich zu einer Stadt gemacht hat, die mehr bietet als nur eine original Linzer Torte. Impressum MTU Report Magazin der Marken MTU und MTU Onsite Energy HERAUSGEBER Rolls-Royce Power MTU Report online Neuigkeiten von MTU und Systems AG; für den Herausgeber: Wolfgang B oller REDAKTIONSLEITUNG Yvonne Wirth, e-mail: yvon- MTU Onsite Energy lesen Sie auch in ne.wirth@rrpowersystems.com, Tel. +49 7541 90-6535 REDAKTION Bryan Mangum, e-mail: bryan.man- unserem Webmagazin unter www.mtu-report.com. Sie gum@mtu-online.com, Tel. +1 248 560-8484, Wolfgang Stolba, e-mail: wolfgang.stolba@rrpowersystems. möchten regelmäßig News von uns bekommen? Jeden com WEITERE AUTOREN Caren-Malina Butscher, Petra Kaminsky, Chuck Mahnken, Anne-Katrin Wehr- Monat e rscheint neben dem MTU Report der Online- mann ANSCHRIFT DER REDAKTION Rolls-Royce Power Systems AG, Maybachplatz 1, 88045 Friedrichs- Newsletter MTU eReport mit aktuellen Informationen hafen BILDNACHWEISE Ares, Condor Ferries, Felix Löffelholz, Hitachi, Terex, VPower GESTALTUNG rund um die Marken MTU und MTU Onsite Energy. UND HERSTELLUNG Designmanufaktur|Ries, 88214 Ravensburg LEKTORAT Susanne Gernhäuser, 88214 Ravensburg LITHOGRAPHIE Wagner Medien UG, 88690 Uhldingen-Mühlhofen DRUCK Druckerei Holzer, Weiler im Allgäu ISSN-Nr. 09 42-82 59, Nachdruck mit Quellenangabe e rlaubt. Belegexemplar erbeten. INTERNET-ADRESSE www.mtu-report.com, www.mtu-online.com 66 I MTU Report 01/15 ... leben in der Stadt I M P R E SS U M Apropos Was unsere Redakteure beeindruckt hat Follow us on twitter.com/mtu_pr Like us on linkedin.com/company/mtu View us on youtube.com/user/mtuengines