12 years a slave
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12 years a slave
www.engels-kultur.de Januar 2014 chiwetel ejiOfOr michael faSSbender benedict cumberbatch paul danO paul giamatti brad pitt 12 years a slave ein film VOn SteVe mc Queen wppt : kommunikation WSW ERDGAS GRÜN Klima schonen leicht gemacht Mit WSW Erdgas Grün machen Sie Ihren Erdgasverbrauch klimaneutral. Ein kleiner Umweltbeitrag auf den normalen Bezugspreis ermöglicht den CO2-Ausgleich auf Gold-Niveau. Werden auch Sie zum Klimaschützer. www.wsw-online.de/erdgasgruen B 5 KRIEG Aus der Tragödie des Ersten Weltkrieges können verschiedene Schlüsse gezogen werden 6 Interviews Klaus H. Jann über eine Kindheit ohne Vater und warum er Denkmalschänder wurde Eberhard Illner über den Ersten Weltkrieg und die Weitsicht von Friedrich Engels 9Auftritt „Elefantenmensch“ am Theater Dortmund 11Opernzeit Richard Wagners Romantische Oper Lohengrin 12 Prolog Krieg und Pangalaktisches überregional 10 Tanz in NRW Hanna Koller und die Tanzgastspiele in Köln Theater in NRW NRW, die Kultur und der neue Koalitionsvertrag 13 Film des Monats – „Only Lovers Left Alive“ 12 Musical NRW Große Show in Oberhausen, Kammer-Musical in Bottrop 23 Klassik in NRW Ein Film zeigt, wie Musik entsteht Improvisierte Musik in NRW Zum dritten Mal färbt sich der Kölner Winter blue 15 Roter Teppich Alexandra Maria Lara über „Imagine“ 18 Hintergrund – „12 Years A Slave“ 19Filmwirtschaft Berlin und die Wiedereröffnung des Zoo-Palasts 28engelszungen 29Impressum 24KompaktDisk Musik-Empfehlungen im Januar 9 Foto: Danny Willems 4Intro – Was darf Satire? Musik. 28 Kunst in NRW Zwei Ausstellungen in Bonn © Edi Szekely engels spezial. 29Auswahl – im Januar Veranstaltungs-Empfehlungen des Monats 24 Popkultur in NRW Melting Pot Music erforschen den Nischen-HipHop NRW 27Sammlung Von Künstlern heiß begehrt: Kunstpreis „junger westen“ 20 Gespräch zum Film Peter Liechti über „Vaters Garten“ 22 Unterhaltungsmusik Avantgarde-Easy Listening und dissonanter Indie-Pop BÜHNEAuftritt 25 kunst & gut Silke Schatz im neuen Kunstverein 26 Museumslandschaft NRW Ausstellungs-Empfehlungen im Januar 14Hintergrund – „Imagine“ 16 Weitere Film-Kritiken 11 Oper in NRW Elisabeth Stöppler inszeniert Don Quichotte in Gelsenkirchen 21 Wortwahl Buch-Empfehlungen im Januar Comickultur Comic-Empfehlungen im Januar 22Textwelten Männer kaufen spontan Kinderliteratur Kunst. Kino. Kultur in NRW. Mehr Meinung. Service. Hintergrund. – In NRW. empfehlen | weitersagen | kommentieren Alle Texte. Ihre Stimme. Filmkritik im FORUM. Literatur. Bühne. engels-Thema. -kultur.de Tanz in NRW KINO 10 3 „Only Lovers Left Alive“ neu neu neu Lesen Sie mehr auf www.engels-kultur.de! Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg. neu neu Film des Monats Kunst 13 Foto: Andreas M. Wiese kunst & gut 25 -kultur.de Januar 2014 Wenn das Darwin wüsste: Motorradfahren? Ich trau mich!, Foto: Francis Lauenau engels + engels-kultur.de Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund Thema 6 Falken gegen Adler 1965 war er Mitglied in einer linken Jugendgruppe, die versuchte, ein Kriegerdenkmal in Neviges abzureißen. Jetzt spricht der Wülfrather Bürgermeisterkandidat Klaus Jann mit engels über die ungewöhnliche Protestaktion und ihre Folgen. Klaus H. Jann Foto: privat Thema 6 Der General Mit ungewöhnlichem Weitblick sagte Friedrichs Engels lange vor 1914 den Ausbruch des Ersten Weltkriegs voraus. Woher der Philosoph das wusste, erläutert Eberhard Illner, Leiter des Historischen Zentrums Wuppertal. Eberhard Illner Foto: fotodok Film 15 Neuorientierung Endlich eine neue Herausforderung: Mit der Rolle der blinden Eva in Andrzej Jakimowskis Independentfilm Imagine hat sich die deutsch-rumänische Schauspielerin Alexandra Maria Lara einen Traum erfüllt. Alexandra Maria Lara Film 20 Familienbande Dokumentarfilmer Peter Liechti hat als Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Produzent schon zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Mit Vaters Garten wagt sich das Multitalent nun an ein ganz persönliches Thema – die Beziehung seiner Eltern. Peter Liechti Was darf Satire? Eine innerörtliche Satirezeitschrift bringt in diesem Monat einen Anstecker auf den Markt. Auf dem Button ist eine Schwebebahn abgebildet, dazu der Spruch: „Ich trau mich!“. Diese Anspielung auf die jüngste kleine Panne des Verkehrsmittels im Oktober zielt in eine völlig falsche Richtung. Der Spruch will signalisieren, dass die Fahrt mit der Schwebebahn gefährlich ist. Ist sie aber nicht. Im Gegenteil, es gibt kein sichereres Verkehrsmittel. In den 113 Jahren ihres Betriebes verunglückten nur fünf Menschen in der Schwebebahn tödlich. Politisch korrekter wäre es also, einen Anstecker mit der Abbildung eines Sportwagens oder eines Motorrads herauszubringen. Hier also offenbart sich das Spannungsfeld zwischen Ideologie und Ironie. Komik darf Realitäten verbiegen. Darf sie aber auch reaktionär sein? Sicherlich. Sonst gäbe es keine Büttenreden. Fatal ist es nur, wenn aufgeklärte irgendwie linke Satiriker, nur um des Tabubruchs willen, ausländerfeindliche, frauenfeindliche, behindertenfeindliche Witze machen – oder eben gegen eines der innovativsten Verkehrsmittel lästern. Satire darf alles. Aber muss Satire auch alles? Als im Jahr 1900 Kaiser Wilhelm II. Vohwinkel besuchte, um die Schwebebahn einzuweihen, wurde er gefeiert wie eine Gottheit. 14 Jahre später entfesselte er den Ersten Weltkrieg. Trotzdem heißt der bei der Jungfernfahrt benutzte und noch immer fahrende Wagen Kaiserwagen und nicht Kriegsverbrecherwagen. Wir nehmen den 100. Jahrestag des Kriegsausbruchs zum Anlass, KRIEG zum Thema unseres Januarheftes zu machen. Fast schon Geschichte ist das Schauspielhaus. Der Neue Kunstverein Wuppertal zeigt in seiner Ausstellung SILKE SCHATZ – SUNSHINE DAY AND NIGHT das architektonisch hochinteressante Gebäude als Buntstiftzeichnung, die wie eine Bauzeichnung erscheint. Die künstlerische Verfremdung wird ergänzt durch einen grünen Garderobenständer und Neonröhren. Noch aber gibt es Schauspiel in Wuppertal, auch wenn es ein vagabundierendes ist. In der Börse wird das Stück DIE KLEINEN UND DIE NIEDRIGEN gezeigt, das sich ebenfalls dem Thema Erster Weltkrieg annimmt, allerdings aus Sicht der Autoren Ernst Toller, Robert Walser und der Wuppertalerin Anne Lepper. Was für eine Idee! Einen Film zu drehen über die eigenen 90jährigen Eltern. engels sprach mit Regisseur PETER LIECHTI über seinen Dokumentarfilm VATERS GARTEN – DIE LIEBE MEINER ELTERN, über die Mutter, die sich vor dem Film etwas fürchtete und über den Vater, der unbedingt als Hase aufs Kinoplakat wollte. Die Schauspielerin ALEXANDRA MARIA LARA, bekannt durch so unterschiedliche Filme wie Der Vorleser, Rubbeldiekatz und Der Untergang, spricht über ihre aktuelle Produktion IMAGINE. Der polnische Film erzählt von einer jungen blinden Frau und von Lissabon. Eines der dunkelsten Kapitel der Geschichte Nordamerikas beleuchtet der Film 12 YEARS A SLAVE. Der Violinist Solomon Northup lebt mit seiner Familie in New York und wird in die Südstaaten entführt, wo er ein Martyrium durchleidet. Also: ab ins Kino! Lutz debus Foto: Peter Liechti Foto Inhaltsverzeichnis: zur Verfügung gestellt von Mira Moroz 4 thema Worin sich alle Kriege gleichen: viele sinnlose Tote, Foto: Mira Moroz Im Westen nichts Neues? Aus der Tragödie des Ersten Weltkriegs können verschiedene Schlüsse gezogen werden Das Buch mit dem fleckigen beigen Leinenum- klötzchen vor Wut umstoßen? Hätten Frankreich schlag bekam ich von meiner Mutter zum 18. und England dem Kaiser mit dem verkrüppelten Geburtstag geschenkt. Sie wiederum hatte es Ärmchen nicht mehr Freundlichkeit entgegenaus dem Nachlass ihres Vaters. Mein Großvater bringen können? Unabhängig von den Antworten auf diese Fragen versteckte es von 1933 muss festgestellt werbis 45 hinter Goethe engels-Thema im Januar: den, dass das Deutsche und Schiller in seinem Reich jenen Krieg beBücherschrank, packte 2014 wird viel an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs gonnen hat. Wichtiger es wie andere lebensgedacht. Doch es geht nicht nur um die Erinnerung, sonals die Kriegsschuldfrawichtige Habseligkeiten dern auch um die Frage, wie sich Europa weiterentwige mag für die heutige in seinen Koffer, als er ckelt hat und um wiederkehrendes, menschliches Leid. Zeit ein anderer Aspekt 1946 aus Schlesien weg Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter: www.choices.de/thema sein. Übereinstimmend musste, nach Westfalen www.trailer-ruhr.de/thema berichten die Historikam. Obwohl es modrig ker von der damaligen roch, faszinierte mich das Buch sofort. Es birgt eine bewegte Geschichte Stimmung in Europa. Viele Menschen nicht nur und es erzählt eine bewegende Geschichte. Der in Deutschland, sondern auch in Frankreich und Soldat Paul Bäumer erlebt die Schrecken des Er- England jubelten, als im August 1914 der Krieg sten Weltkriegs an der Westfront. Um ein paar ausbrach. Kaum waren warnende Stimmen zu Meter Feindesland zu erobern, schicken Gene- hören. Die eigene Nation wirkte in der kulturellen räle tausende von jungen Männern in den Tod. Umbruchphase des frühen 20. Jahrhunderts als Sie werden von Maschinengewehrsalven nieder- Orientierung. Sind wir da heute weiter? Wieder gemäht, von Granaten zerfetzt oder ersticken erleben wir eine kulturelle und wirtschaftliche qualvoll, weil ihre Lungen vom Giftgas verätzt Umbruchphase, die mit Verunsicherung weiter sind. Auf manchen Schlachtfeldern vor Verdun Bevölkerungsteile einhergeht. Die wachsende Posterben pro Quadratmeter zehn Soldaten. Auch pularität europakritischer, nationaler Positionen Paul Bäumer, die Hauptperson des Romans, wird mag eine Reaktion auf drohende Wirtschaftskrikurz vor Ende des Krieges tödlich getroffen, „an sen sein. Ein offener Krieg in Zentraleuropa allereinem Tag, der so ruhig und so still war, dass der dings erscheint undenkbar. Heeresbericht sich auf den Satz beschränkte, im Westen sei nichts Neues zu melden.“ Mit diesem Taugt die Geschichte insgesamt aber als Lehrstück Satz endet der Roman. Auch mein Großvater war für uns im 21. Jahrhundert? Der Krieg damals und als junger Mann im Ersten Weltkrieg an der West- die Kriege heute ähneln sich von ihrer äußeren front, erzählte davon aber nie viel. Er verwies nur Erscheinungsform überhaupt nicht. Das vom auf das Buch: „Lest es, dann wisst Ihr, wie es war.“ deutschtümelnden Schriftsteller und Philosophen Ernst Jünger beschriebene „Stahlgewitter“ hat Viel wird in diesem Jahr von dem Ersten Welt- nichts mit den hochtechnologischen Kriegen zu krieg zu lesen, zu hören und zu sehen sein. Neben tun, die die USA und viele Staaten in Europa akDokumentationen wird es auch Versuche geben, tuell führen. Damals kämpften Nationen gegeneidie politische Situation von 1914 neu zu bewer- nander. Der Frontverlauf gab Auskunft über Sieg ten, die Kriegsschuldfrage neu zu diskutieren. und Niederlage. Heute kämpfen hochentwickelte Musste Deutschland, weil es zu spät zur Nation Staaten in fremden Ländern gegen lose organiwurde und deshalb zu wenig vom kolonialen Ku- sierte bewaffnete Gruppen. Bodeneinsätze sind chen abbekommen hatte, zwangsläufig alle Bau- bei der NATO mittlerweile nicht mehr sehr popu- Krieg 5 lär. Lieber beschränkt man sich auf „chirurgische“ Eingriffe, bombardiert präzise oder exekutiert den Gegner mit ferngesteuerten Drohnen. Auch hat sich die Rechtfertigung für kriegerische Handlungen verändert. Ging es im Kaiserreich noch um Ruhm und Ehre, wird heutzutage das Argument bemüht, der Bevölkerung eines Landes humanitären Schutz zu gewähren. Dass mitunter auch handfeste wirtschaftliche und militärstrategische Motive in den modernen Kriegen eine Rolle spielen und dass nach einem sogenannten humanitären Kriegseinsatz oft noch mehr Menschen gestorben sind als zuvor unter dem Despoten, erfährt der Zuschauer der Fernsehnachrichten nur selten und dann als Randnotiz. Nach dem Ersten Weltkrieg humpelten die Überlebenden nach Hause. Einige Jahre wollte man in Europa nichts mehr vom Krieg wissen. Nach dem Zweiten Weltkrieg humpelten die Überlebenden wieder nach Hause. Einige Jahrzehnte wollte man in Europa nichts mehr vom Krieg wissen. Bis 1991 wurde die Bundeswehr im Ausland nur nach Naturkatastrophen zum Transport von Hilfslieferungen eingesetzt. Dann folgte im Rahmen des ersten Irak-Kriegs die Verlegung von Kampfjets in die Türkei. 1999 fielen erstmals nach Ende des Zweiten Weltkriegs deutsche Bomben – und zwar auf Jugoslawien. Inzwischen ist die Bundeswehr mit 16 Auslandseinsätzen weltweit aktiv. Auch ist Deutschland mittlerweile eine der führenden Rüstungsexportnationen weltweit. Wenn in diesem Jahr also von regierungsamtlicher Seite dem hundertsten Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs gedacht wird, von dem daraus resultierenden Auftrag gesprochen wird, für den Frieden in Europa und in der Welt einzutreten, dann dürfen sich im Reichstag guten Gewissens die neu Balken biegen. neu neu LUTZ DEBUS Weitere Artikel zum Thema finden Sie auf: www.engels-kultur.de/thema neu neu thema Illustration: Sven Siebenmorgen Zur Nacheiferung empfohlen Klaus H. Jann über eine außergewöhnliche antimilitaristische Aktion engels: Herr Jann, wie wurden Sie Denkmal- Mit Ihrer Tat waren Sie nicht allein? schänder? Nein, im niederbergischen Raum gab es eine JuKlaus H. Jann: Ich bin 1940 im ersten Jahr des gendgruppe, die hieß Limbo-Club. Wir setzten uns für internationale Freundschaft ein, kamen Zweiten Weltkrieges geboren und habe meinen Vater nie kennengelernt. Er kam in aus der Gewerkschaftsbewegung und von den der Sowjetunion ums Leben. Ich bin dann ohne Falken. Uns störte ein Kriegerdenkmal in Neviges. Auf einer etwa drei Meter Vater groß geworden. Je älter ich „In meiner Schulklasse hohen gemauerten Säule stand wurde, umso mehr hat mich das waren wir bestimmt zehn Thema Krieg beschäftigt. Ich fragte Kinder, die durch den Krieg ein großer deutscher Adler. Auf mich, warum Kinder ohne Väter keinen Vater mehr hatten“ dem Sockel war zu lesen: „Den Toten zur Ehre! Den nachfolaufwachsen müssen. Das waren in meiner Generation ja Hunderttausende. In meiner genden Generationen zur Nacheiferung empSchulklasse waren wir bestimmt zehn Kinder, die fohlen!“ Das brachte uns auf die Barrikaden. Wir haben uns dann entschieden, das Denkmal durch den Krieg keinen Vater mehr hatten. an einem Samstagnachmittag abzureißen. Das war im Jahr 1965. 50 Jugendliche spannten ein Sie waren in der SPD? Zunächst fühlte ich mich da auch ganz wohl. 1961 Stahlseil um das Denkmal. Ein VW-Bus sollte war ich in Nordrhein-Westfalen Mitbegründer der dann das Denkmal umwerfen. Das hat leider Ostermarschbewegung und protestierte gegen nicht geklappt. Dann kletterten wir mit LeiAtomwaffen. Das fanden die Sozialdemokraten gar tern hoch und sägten dem Adler die Flügel ab. nicht gut. Als ich in Wülfrath eine Friedensgruppe Natürlich kam die Polizei und hat ein paar von gründete, hat man mich aus der SPD ausgeschlos- uns verhaftet. Wir belagerten dann so lange die sen. Nachträglich bin ich den Sozialdemokraten Polizeiwache, bis wir unsere Leute wieder mitnehmen konnten. dafür sehr dankbar. Welche Konsequenzen hatte diese Aktion? Die Staatsanwaltschaft stellte dann gegen uns Strafantrag. Allerdings wurde das Verfahren eingestellt. Wahrscheinlich war den Verantwortlichen das Denkmal, das wir beschädigten, selbst sehr peinlich. Man wollte wohl vermeiden, dass eine größere Öffentlichkeit von dem Denkmal erfuhr. Die Junge Union startete eine Kampagne gegen uns. Man müsse uns doch für unsere Tat bestrafen. Wir wehrten uns mit Flugblättern dagegen und erfuhren von der Bevölkerung viel Sympathie. Die Stadt riss ein halbes Jahr später das Denkmal ab. Die Flügel haben wir lange in unserem Vereinslokal an der Wand hängen gehabt. INTERVIEW: LUTZ DEBUS Zur Person Klaus H. Jann (73) war viele Jahre Ratsvertreter und Bürgermeisterkandidat für linke Listen und Parteien in Wülfrath Foto: privat Friedrich Engels hat es gewusst Eberhard Illner über den Ersten Weltkrieg und die Weitsicht von Friedrich Engels engels: Herr Illner, was hat Friedrich Engels Gründe. Das System eines Kaiserreiches hatte sich längst überlebt. Die wichtigen Entscheimit dem Ersten Weltkrieg zu tun? Eberhard Illner: Sehr viel. Engels hatte bereits dungen wollten die führenden Köpfe der Induslange vor 1914 einen solchen Krieg prophezeit. trie treffen, wurden aber einerseits von dem Adel Er war sich sicher, dass der kommende Krieg ein im Zaum gehalten, andererseits forderten auch die Arbeiter mehr Macht. Der industriell geführter Massenkrieg sein würde. Er hat sogar den „Das System eines Kaiser- Kaiser mit seinem „persönlichen Schlieffenplan und messerscharf reiches hatte sich überlebt“ Regiment“ hat sich nur so lange halten können, weil er die Mittel die Entscheidung an der Marne – genau wie dies auch im September 1914 eintraf der Propaganda beherrschte. Er beförderte den – vorhergesagt. Ein unglaublicher militärtheore- Kaiserkult, nutzte dafür damals schon die Massenmedien. tischer Weitblick! Woher wusste dies Engels so genau? Er war doch Philosoph und nicht General? Doch, so gut wie, er hatte sogar den Spitznamen „General“, denn er war militärischer Experte der sozialistischen Internationale. Was waren Ihrer Meinung nach die Kriegsursachen? Neben den bekannten außen- und militärpolitischen Ursachen sehe ich auch innenpolitische Woher kam diese Faszination des Krieges bis hinein in intellektuelle, künstlerische und linke Kreise? Die kulturelle Entwicklung zur Jahrhundertwende schrie nach Veränderung. Das bestehende System war aber dazu nicht fähig. Der so entstandene Druck wurde kanalisiert, um den dann verhängnisvollen übersteigerten Nationalismus zu erzeugen. Gespeist wurde diese Entwicklung noch durch die Wahrnehmung vieler Deutscher, 6 dass die „arroganten Nachbarn“ ihnen den ihnen zustehenden Platz in der Welt nicht gönnen. Ist die Situation 1914 mit der 2014 vergleichbar? Überhaupt nicht. Ich bin geprägt durch die deutsch-französische Freundschaft, war Austauschschüler in Frankreich. Wenn ich jetzt nach Frankreich fahre, fühle ich mich dort nicht fremd. Europa hat sich gerade in den letzten Jahrzehnten völlig verändert. INTERVIEW: LUTZ DEBUS Zur Person Eberhard Illner (59) ist Leiter des Historischen Zentrums Wuppertal Foto: fotodok thema Ein Beben, das Europa und die ganze Welt erschütterte: Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914, Illustration Mira Moroz Edith Stein statt Lettow-Vorbeck Über die mühsame Straßenumbenennung in Vohwinkel Es gibt sie noch. Aber nur virtuell. Wer über Google-Maps nach der „Lettow-Vorbeck-Straße“ in Wuppertal sucht, dem wird tatsächlich ein Treffer angezeigt. Schon beim Eintippen wird der Straßenname automatisch ergänzt. Klickt man jedoch auf Return, wird man buchstäblich umgeleitet – auf die „Edith-Stein-Straße“. Lettow-Vorbeck: Wer nicht gerade Historiker ist und sich mit dem Personal des Kolonialismus und des ersten Weltkriegs auskennt, dem erscheint der Name zunächst unverfänglich. General Paul von Lettow-Vorbeck starb 1964 im stolzen Alter von 94 Jahren. Den Hoffnungen Zehntausender anderer Menschen in aller Welt, ebenfalls an Altersschwäche zu sterben, machte er jedoch einen dicken Strich durch die Rechnung. Zwischen 1900 und 1918 war er als General an der Aufrechterhaltung des reichsdeutschen Kolonialsystems in China und Ostafrika führend beteiligt. Aus heutiger Sicht war er gerade für Vertreter der Grünen und der Linken ein besonders brutaler und menschenverachtender Vertreter des deutschen Kolonialismus, der von China über Afrika bis nach Hamburg und Mecklenburg eine Blutspur hinter sich hergezogen haben soll. 1904 war er etwa als Adjutant des Generals von Trotha an der Ermordung von über 60 000 Herero, Männern, Frauen und Kindern in „Deutsch-Südwest-Afrika“, dem heutigen Namibia, beteiligt, 1920 am rechtsgerichteten Kapp-Putsch gegen die Weimarer Republik, der das Deutsche Reich an den Rand eines Bürgerkrieges brachte und die Reichsregierung zur Flucht aus Berlin zwang. Einige Stadtväter merkten schon frühzeitig, dass der Name Probleme birgt. Bielefeld etwa wollte 1937, also noch deutlich zu Lebzeiten des Generals, eine Straße nach ihm benennen, ließ den Plan jedoch fallen. Allein in der zweiten Hälfte der 40er Jahre wurden in etlichen Städten Lettow-Vorbeck-Straßen umbenannt. In späteren Jahren wurde die Nummer komplizierter. Hannover etwa benannte ihre Straße 1980 nicht um – aus Kostengründen. Ein bekanntes Argument. Seit 2009 schwebt das Verfahren erneut. Auch in Wuppertal ging die Angelegenheit nicht von einen auf den anderen Tag über die Bühne, sondern schwebte über den Köpfen der Einwohner Der Mann mit dem Esel wie ihre Schwebebahn bei Stromausfall. In der Vohwinkeler Bezirksvertretung sorgte sie für viel Streit zwischen den Fraktionen. Linke, Grüne und später auch die SPD waren für eine Umbenennung, CDU und FDP dagegen. Historiker wurden eingeschaltet, Lettow-Vorbeck zwischenzeitlich „entlastet“, dann, als die Bürger des Ortsteils zugunsten einer Umbenennung abstimmten, ging der Streit weiter: Wie sollte die Straße stattdessen heißen? Nach langem Gerangel wurde vor zwei Jahren der Vorschlag des Pfarrgemeinderats der katholischen Kirchen im Wuppertaler Westen angenommen, die Straße wurde nach der von den Nazis ermordeten Philosophin Edith Stein benannt. Damit war Wuppertal eine der letzten Städte, die dem Ansinnen der „Verdienste“ Lettow-Vorbecks ein Ende setze. Übrig sind noch Hannover, Mönchengladbach, Halle (Westfalen), Bünde, Cuxhaven und Delmenhorst. KLAUS BUNTE BLICK NACH EUROPA Wuppertals englische Partnerstadt South Tyneside gedenkt auch heute noch der Helden aus dem Ersten Weltkrieg Das Andenken an den Krieg ist in den Köpfen der Menschen in South Tyneside auch nach so langer Zeit noch tief verankert. Die Stadt im Nordwesten Englands, zu der Wuppertal seine älteste Partnerschaft pflegt, gedenkt alljährlich den Menschen, die in den beiden Weltkriegen und auch in aktuellen Kriegen ihr Leben ließen. Zum einen wurde die Stadt in der Nähe von Newcastle in beiden Weltkriegen durch deutsche Angriffe – wie etwa 1915 durch Zeppeline der deutschen Wehrmacht – stark zerstört, zum anderen wurden auch sehr viele englische Soldaten auf dem europäischen Festland in Einsätzen getötet. So gedenken die ungefähr 151.000 Einwohner aus South Tyneside jedes Jahr am Wochenende um den 11.November, dem Tag, den die Siegermächte aus dem Ersten Weltkrieg als „Armistice“ (zu deutsch: Waffenstillstand) feiern, ihren Gefallenen. Während dieser „Remembrance“-Feier machen Jung und Alt bei den zahlreichen Prozessionen mit. Die Prozessionen besuchen zahlreiche Kriegsdenkmäler und Soldatenfriedhöfe, wo Kränze aus Mohnblumen niedergelegt werden. Diese Blume tragen die Menschen an jenem Wochenende mit Stolz, denn sie ist zu einem Symbol des Erinnerns an die Opfer, aber auch der Helden des Krieges geworden. Kritik an den Weltkriegen oder aktuellen Einsätzen von Soldaten sucht man hier allerdings vergeblich. Einer dieser Helden ist John Simpson Kirkpatrick, der in South Tyneside geboren und aufgewachsen ist: Nachdem er als junger Mann während des Wehrdienstes desertierte und nach Australien auswanderte, kehrte er im Ersten Weltkrieg unter dem Namen „John Simpson“ zur Armee zurück. Bei der britischen Landung auf der türkischen Halbinsel Gallipoli im Jahre 1915 hatte er die Aufgabe des Sanitäters inne und brachte verwundete englische und australische Soldaten auf einem herumstreunenden Esel zum Strand und somit vor dem Kugelhagel in Sicherheit. Er rettete so in über drei Wochen zahlreiche Leben, bis eine feindliche Kugel seinem eigenen ein Ende setzte und er als „Mann mit dem Esel“ in die Geschichte einging. Auch heute noch ist Kirkpatrick 7 – als Statue in der Stadt zu sehen – ein Symbol für alle, die im Krieg starben, und die Kinder aus seiner Geburtsstadt lernen über ihn in der Schule. Auch im Juni letzten Jahres gedachten die Briten am „Armed Forces Day“ ihrer Soldaten. In South Tyneside wurden von den Familien gefallener Soldaten und Veteranen Fotos und andere Artefakte gesammelt und in der örtlichen Bibliothek ausgestellt. Viele Zuschauer waren begeistert und schauten sich auch den vom Verteidigungsministerium finanzierten Film an: Auch er erzählte wie die Ausstellung unter dem Motto „Our Heroes: Their Story“ von den Soldaten aus South Tyneside, die in den beiden Weltkriegen kämpften. Sowohl die zahlreichen Kriegsdenkmäler als auch die Feiern und Ausstellungen der Menschen in South Tyneside tragen also dazu bei, dass ihre Kriegshelden noch lange nicht vergessen sind. STEFANIE ALZER BEWÄHRTE QUALITÄT SEIT 2001 IM HERZEN VON ELBERFELD TRIPADA Yoga für alle Stufen: • dem Rücken etwas Gutes tun • entspannen - den Stress abbauen • • • • • • Pilates Wirbelsäulengymnastik Autogenes Training Rauchfrei Qi Gong Massagen BIS ZU 100% FÖRDERUNG DURCH DIE GESETZLICHEN KRANKENKASSEN! TRIPADA - Akademie für Gesundheit und Yoga Hofaue 63 · 42103 Wuppertal Tel.: 0202 - 979 85 40 · Fax: 0202 - 979 85 41 info@tripada.de · www.tripada.de 8 auftritt Der Elefantenmensch John Merrick (Uwe Rohbeck) fein gemacht für die feine Gesellschaft. ©Edi Szekely Der Voyeur im Spiegel des Kapitalismus Jörg Buttgereit inszeniert Bernard Pomerances „Elefantenmenschen“ im Dortmunder Studio Am Anfang hat es schon ein wenig von Roncalli. Die Zirkuscrew im roten Livree leitet die Zuschauer in die Manege des Dortmunder Theaters. Wunderliches, Absurdes wollen sie sehen – den Elefantenmenschen. Jörg Buttgereit, ArthouseHorrorfilmer und Spezialist für die Absonderlichkeiten menschlicher Existenzen inszeniert im intimen Studio Bernard Pomerances 1979 uraufgeführtes und mit dem Tony-Award ausgezeichnetes Broadway-Stück über den „Elefantenmenschen“ John Merrick (1862-1890). Während des Viktorianischen Zeitalters war der mit schweren Deformationen auf die Welt gekommen, bestritt freiwillig seinen Lebensunterhalt als „Monster“ auf den Jahrmärkten. Merrick wird herein geschoben. Er sitzt in einer Badewanne, sieht furchterregend aus, aber doch irgendwie auch sympathisch. Dr. Frederick Treves (Frank Genser), aufstrebender Arzt im aufstrebenden London, inspiziert seinen Patienten, der für die Institution und seine Karriere ungeahnte Möglichkeiten bietet. Merrick ist von der einen in die andere Abhängigkeit befördert worden. Geblieben ist er eine Kapitalanlage, nur die Verhältnisse haben sich geändert. Treves hat sein Forschungsobjekt, Merrick eine angenehmere Umgebung, ein Gefangener seines Körpers, in jeder Hinsicht, nur die Gaffer sind jetzt andere. „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“. Mit Psalm 23 wird klar, der Elefantenmensch kann sprechen und ist beileibe nicht auf den Kopf gefallen, der so groß ist, das er ersticken würde, wenn er sich zum schlafen in ein Bett legen würde. Aber auch dafür hat Merrick eine Erklärung: „Mein Kopf ist so groß, weil er voller Träume ist.“ Buttgereit inszeniert sein erstes Theaterstück mit vielen Filmzitaten, mit Witz und grandiosen Regieeinfällen, allein die Zeit bis zum ersten Auftritt von Uwe Rohbeck als John Merrick zelebriert er als Schreckenskabinett: jedes Mal wenn der Vorhang, hinter dem der Elefantenmensch wohl verborgen ist, aufgerissen wird, schreckt man unwillkürlich zusammen, doch erst beim zigsten Mal kommt er tatsächlich herein gerollt. Rohbeck hat in seinem Latex-Anzug nicht viele mimischen Möglichkeiten, nur ein Arm und ein Auge sind zu sehen, er arbeitet mit langsamen Bewegungen und seiner Stimme, die Befindlichkeit und Willen ausdrückt, Freude und Trauer. Die Mobilität von Merrick steigt ständig, er juchzt wenn er den Stock gebrau- 9 chen kann, er stöhnt, wenn der Bischof ihn penetriert und er zittert, wenn seine Liebe Mrs Kendall im Raum ist. Sie ist es auch, die ihm als einzige aufrichtig begegnet. Luise Heyer spielt großartig eine Schauspielerin, die den Krüppel versteht, der ja nicht krank ist. Mit ihr spielt Merrick die finale und entscheidende Liebes-Szene aus „Romeo und Julia“, und entlarvt fragend die scheinbare Oberflächlichkeit und den eigentlichen Egoismus des jugendlichen Shakespeare-Liebhabers. Buttgereit geht hier eigene Wege. Anders als beispielweise Todd Browning, der in seinem Klassiker „Freaks“, genüsslich die hinterhältigen Fratzen der so genannten Normalbürger entlarvt, zitiert der Horrorfilmer lieber David Lynch und dessen Hollywood-Streifen, der auch im Zirkus spielt und eine ähnliche Dramaturgie besitzt. In Dortmund kann Treves Merrick schnell in die feine Gesellschaft einführen, er trägt jetzt Anzughose, Weste und Binder, doch auch die gekrönten Häupter sehen nur die Jahrmarkt-Attraktion. Für Merrick bleibt diese Anteilnahme eine „Illusion von Familie“. Wenn die Barmherzigkeit so grausam ist, wie ist dann erst die Gerechtigkeit, fragt er nachdenklich, hinterfragt die Regeln nach denen er leben muss. Er sei kein Tier, sondern ein Mensch. Der Entzug von Mrs Kendall trifft ihn schwer. Frank Genser macht mit seiner Figur Dr. Frederick Treves eine Kehrtwende, die allerdings zu spät kommt, der körperliche Verfall lässt sich nicht mehr aufhalten. Treves hat Mrs Kendall ausgesperrt, weil er nicht möchte, dass sie da ist, wenn Merrick stirbt. „Ich bin ein Mann“ ist die finale Aussage, dann steigt Uwe Rohbeck verschwitzt aus dem Kostüm, streift den Elefantenmenschen ab, Merrick hätte das sicher gefallen. Was bleibt ist das Voyeuristische im Kapitalismus, in dem sich alle irgendwie ausbeuten lassen, nur um zu vegetieren. Aber das wussten wir ja bereits. Jörg Buttgereit hat nach „Sexmonster“ und „Kannibale und Liebe“ (da war Robeck der Serienkiller Ed Gein) jedenfalls die dritte sehenswerte Inszenierung am Dortmunder Theater abgeliefert. PETER ORTMANN „Elefantenmensch“ | So 12.1. 18 Uhr | Studio, Theater Dortmund 0231 502 72 22 theater in NRW tanz in NRW “Bandoneon” v. Pina Bausch, Foto: Bettina Stöß „What the Body does not remember“, Foto: Danny Willems Differenz oder Zusammenhalt? Torpedo entschärfen Von Hans-Christoph Zimmermann Sie rangiert noch vor der Außen- und der Europapolitik, doch wahrscheinlich auch nur darum, weil sie dem Feld der Innenpolitik zu geschlagen wird. Dass Kultur nur eine marginale Rolle in Koalitionsverträgen spielt, daran haben wir uns längst gewöhnt und das „Immerhin ist NRW im gilt auch für die jetzt zwischen CDU/CSU Koalitionsvertrag prominent und SPD geschlossene Vereinbarung. vertreten“ Kultur, das war vor vier Jahren im Koalitionsvertrag der CDU/CSU mit der FDP so, hat ihren Ort in Kapiteln, deren Aussagen auf den Zusammenhalt der Gesellschaft zielen. Das ist auch diesmal so. Damit verbunden ist offensichtlich eine klare Funktionszuweisung im gesellschaftlichen Kontext, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hype um die kulturelle Bildung und ihrem Ziel der „gesellschaftlichen Teilhabe“ steht. Inwieweit der Kultur das guttut, bleibt genauso dahingestellt wie die Frage, ob Kultur heute nicht eher auf Differenz als auf gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgerichtet ist. Insofern ist ein Satz wie „Kultur ist keine Subvention, sondern eine Investition in unsere Zukunft“ hübsch, jedoch mit Vorsicht zu genießen. Immerhin ist NRW im Koalitionsvertrag prominent vertreten. Gleich zwei Institutionen werden als national bedeutsame Kulturorte eingestuft: Das Schaumagazin für Künstlernachlässe in der Abtei Brauweiler und das Internationale Tanzzentrum Pina Bausch. Beide könnten demnächst vom Bund unterstützt werden. Durch die Erhebung des 250. Geburtstages von Ludwig van Beethoven 2020 zur „nationalen Aufgabe“ dürfte auch Bonn als Geburtsstadt des Komponisten davon nicht unerheblich profitieren. Immerhin drei konkrete Projekte also, die unmittelbar mit dem Bundesland zu tun haben. Das ist mehr, als man erwarten durfte neben der üblichen Berlin-Orientierung. Dass der Fall Gurlitt seine Spuren hinterlassen würde, war zu erwarten. So soll die Restitution von in der NS-Zeit enteigneten oder geraubten Kulturguts forciert werden, vor allem durch die Erhöhung der Mittel für die Provenienzforschung. Das dürfte auch für NRW-Museen von Bedeutung sein. Im Umkehrschluss will man sich aber auch um die Rückführung von so genannter „Beutekunst“ kümmern, die vor allem von Russland als Vergeltung für erlittenes Unrecht beschlagnahmt wurde. Eher dunkel bleiben Absichtserklärungen, den Tanz sowie die „zeitgenössische Musikkultur“ fördern zu wollen. Ist das nur Koalitionsvertragslyrik oder besitzt diese Absichtserklärung eine belastbare Substanz? Schließlich will man sich endlich dem leidigen Thema Anpassung des Urheberrechts an die Zeiten der Digitalisierung widmen. Dabei soll „der Wert kreativer Leistungen stärker in den Mittelpunkt der Urheberrechtsdebatte“ gerückt werden. Da sind wir mal gespannt. Wichtiger noch, gerade angesichts der vielen prekären Arbeitsverhältnisse in der Freien Szene, dürfte die „Soziale Absicherung von Künstlern“ sein, der immerhin ein eigener Unterpunkt gewidmet ist. Hier wird ausdrücklich der Wille zum Erhalt der Künstlersozialkasse bekundet, die „dauerhaft stabilisiert“ werden soll. Auch durch eine Hans-Christoph Zimmermann zielgenauere Überprüfung abgabepflichtiger UnternehJournalist und men. Wenn das mal nicht eine gute Nachricht ist. Theaterkritiker Von Thomas Linden Vor der Sommerpause 2013 trat der Kulturausschuss der Stadt Köln zusammen und man war sich parteiübergreifend einig, dass die Tanzgastspiele an Oper und Schauspiel großartige Bühnenereignisse darstellen und das Verdienst ihrer Kuratorin Hanna Koller – die für bescheidenes Geld weltweit renommierte Kompanien an den Rhein locken konnte – nicht hoch genug einzuschätzen ist. In „Der Kulturausschuss gab über alle Parteigrenzen hinweg zu der ersten Sitzung nach der Sommerpause verstehen, dass die Gastspielwird dann verkündet, dass der Vertrag mit reihe erwünscht ist“ Hanna Koller von der Oper nicht verlängert wird. Mit der Verlängerung des 15 Jahre währenden Vertrags, wäre Hanna Koller unkündbar geworden. Und es steht die Überlegung im Raum, dass die Tanzgastspiele möglicherweise über das Jahr 2014 hinaus gar nicht mehr finanziert werden, so dass dieser Aufgabenbereich vielleicht komplett entfallen würde. So ganz von der Hand zu weisen ist diese Vermutung nicht. Denn obwohl die Tanzgastspiele bei der Publikumsbefragung einen Spitzenwert der Beliebtheit erhielten, unterlagen sie harschen Kürzungen und sollten noch vor einem halben Jahr komplett gestrichen werden. Als die Tanzszene daraufhin erstmals in ihrer Geschichte geschlossen auf die Barrikaden stieg, machte der Rat einen Rückzieher. Offenbar ist die Bedeutung der Tanzgastspiele mit dieser Aktion in das Bewusstsein der Politik vorgedrungen. Der Kulturausschuss gab über alle Parteigrenzen hinweg zu verstehen, dass die Gastspielreihe erwünscht ist. Immerhin stellt sie den letzten Rest einer ehemals großartigen Tradition im Tanzbereich dar. Ein eigenes Ensemble will man sich an den Bühnen nicht mehr leisten, so eröffnen die von Hanna Koller kuratierten Gastspiele mit jedem Ensemble, das sie in die Stadt locken konnte, ein Fenster zur Internationalen Szene. Tatsächlich geht es bei der Frage, ob die Kuratorin nun an den Bühnen bleiben kann oder nicht, keineswegs nur um eine interne Personalentscheidung. Der Verzicht auf Hanna Koller stellt auch einen Torpedo dar, der gegen eine der interessantesten Veranstaltungsreihen in der Domstadt gerichtet ist. Viele Strömungen des Kulturlebens treffen hier zusammen. Die Gastspiele sind nicht alleine stets ausverkauft, in ihnen finden sich auch die Generationen zusammen. Nirgendwo in der Stadt sieht man ein derartig altersgemischtes Publikum. Aus dem Umland bis über die Landesgrenzen hinaus strömen die Besucher zu diesen Vorstellungen, die derartig gefeiert werden, dass man schon fast eine Garantie auf jene Gänsehaut abschließen darf, die sich einstellt, wenn wieder einmal eine Standing Ovation in der Oper abgeht. Von Hanna Koller ist die Reihe aufgebaut worden und durch ihre Auswahl hat sie ein Renommée erhalten, von dem auch die Tanzszene in der Stadt profitiert. Dass ein Star-Choreograph wie Wim Vandekeybus Jahr um Jahr Koproduktionen mit den hiesigen Bühnen realisiert und im April seine neue Arbeit „What the Body does not remember“ in Köln zeigt, hat zum Ruhme des Schauspiels beigetragen, das in den letzten Jahren an der Spitze Deutschlands stand. Das heißt etwas. Man muss sich nur daran erinnern, dass in Deutschland so viel Menschen ins Theater wie zu den Spielen der Fußballbundesliga gehen. Oper und Rat sollten noch einmal die Köpfe zusammen stecken und nicht verThomas Linden Journalist und Jurymit- gessen, dass man manchmal auch mit einer überarbeiteten glied des Kölner Kinderu. Jugendtheaterpreises Entscheidung punkten kann. NRW, die Kultur und der neue Koalitionsvertrag www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitionsvertrag.pdf Die Tanzgastspiele in Köln brauchen Hanna Koller 10 opernzeit oper in NRW Romantik in Wagners Lohengrin, Foto: Mira Moroz Kryzsztof Borysiewicz als Don Quichotte, Foto: Karl Forster Der Künstler als Außenseiter Ein Musiklehrer von trauriger Gestalt Lohengrin wird oft als Märchenoper verkannt. Wagner sah darin den „allertraurigsten meiner Stoffe“, in dem der Streiter für das Gute, Schöne und Wahre an einer reaktionären Gesellschaft scheitert und seine Liebe unerfüllt bleibt. Wagner schreibt 1851, ein Jahr nach der Uraufführung des Lohengrin in Weimar: „Charakter und Situation Lohengrins spiegeln die Tragik des Lebenselementes der modernen Gegenwart.“ Libretto und Komposition entstanden in den Jahren 1848/49 während der politischen Vormärzbewegung. Als Barrikadenkämpfer beteiligte Wagner sich an dem Dresdner Aufstand und musste aus Deutschland fliehen. Im Lohengrin reflektiert er sein Selbstverständnis als Künstler. Mit Lohengrin schließt Wagner die Trias seiner romantischen Opern ab, zu denen auch Der Fliegende Holländer und Tannhäuser zählen. Dieses Genre zeichnet sich gemeinhin durch Phantastik, Einbruch von Naturgewalten und den bruchlosen Übergang vom Irdischen ins Überirdische aus. Die Folie der romantischen Oper und des mittelalterlichen Stoffes nutzt Wagner in Zeiten der Zensur als Allegorie seiner eigenen Künstlerproblematik: Kunst und Welt entfremden sich immer mehr voneinander, der Künstler bleibt als Prophet ein Außenseiter. Ganz im Sinne der deutschen Kunstästhetik des 19. Jahrhunderts fasst Wagner Kunst „als Vorschein zum besseren Leben“ auf, worunter er die Utopie einer in Liebe geeinten Menschheit versteht. Diese höchste Wahrheit repräsentiert in dieser Oper die Gralswelt, deren Gesandter Lohengrin ist. Diese Welt ist jedoch der „unwürdigen Menschheit“ entrückt und nur „einsamen Menschen“ zugänglich. Die Erlösung aus der Einsamkeit kann allein das „Verstandensein durch Liebe“ bewirken. Und genau daran scheitert Lohengrin. Die Handlung der Oper setzt im Jahr 932 n.Ch, ein, kurz vor der deutschen Reichsgründung durch König Heinrich, der sich mit seinen Verbündeten zum Krieg gegen Ungarn rüstet. Brabant ist zerrüttet durch ein Intrigenspiel um die Herrschaftsfolge, Elsa wird zu Unrecht des Brudermords bezichtigt. In einem Gottesgericht soll sie ihre Unschuld beweisen, doch niemand will für sie kämpfen. Wissend um ihre Unschuld erscheint ein fremder Ritter, Lohengrin, und rehabilitiert sie durch seinen Sieg über den Ankläger. Er legt Elsa ein Frageverbot auf: Niemals darf sie seine Herkunft oder sein Wesen in Zweifel ziehen. Die Gegenspieler Elsas sähen Misstrauen gegen den geheimnisvollen Ritter, das schließlich auch Elsa erfasst. In der Hochzeitsnacht stellt sie ihn zur Rede, enttäuscht bricht er mit ihr. In der Gralserzählung gibt er öffentlich sein Geheimnis preis, ein Gottgesandter zu sein und beendet endgültig das machtpolitische Intrigenspiel in Brabant. Die alte Ordnung ist wieder hergestellt, doch seine Idee der Erneuerung der Gesellschaft durch Liebe erweist sich als Utopie. Er verlässt Elsa und zieht sich in die Gralswelt zurück. Brabant zieht in den Krieg gegen Ungarn. Wagner eröffnet die Oper mit einem symphonischen Kompendium der Handlung, das er zum ersten Mal nicht mehr Ouvertüre nennt, sondern Vorspiel. In den ätherischen Flageollet-Klänge der achtfach geteilten Violinen erklingt die transzendente Welt des Grals, der tonmalerisch hinab in die tieferen Instrumentengruppen schwebt. Der Gral wird enthüllt, Akkordblöcke in den Blechbläsern suggerieren „Sonnenstrahlen erhabensten Lichts“, wie Wagner in seinem kommentierenden Vorwort schreibt. Darauf folgt die Trennungsklage in einem lang angelegten, fallenden Melodiebogen, am Ende entschwebt der Gral in die ätherischen Höhen des Anfangs. Kerstin Maria Pöhler Von Karsten Mark Mit ihrer Britten-„Trilogie der Außenseiter“ hat Elisabeth Stöppler am Gelsenkirchener Musiktheater zwischen 2009 und 2011 Furore gemacht und gleich mehrere Preise abgeräumt. Nun bringt sie den nächsten Sonderling auf die Revier-Bühne, den Ritter von der „Eine durch und durch traurigen Gestalt „Don Quichotte“. Der anrührende Produktion, die Franzose Jules Massenet komponierte sich an den nötigen Stellen 1910 eine „heroische Komödie“ in fünf auch Ruhe gönnt“ Akten für ihn. Sein Schwert hat Regisseurin Stöppler gegen einen Geigenbogen vertauscht. Ihr Quichotte ist Cellist, ein liebenswert kauziger Künstler und Musiklehrer, in dessen Haus sich anfangs Scharen von Schülern tummeln. Es geht im Wortsinn rund in seinem Haus. Stöppler nutzt die Drehbühne ausgiebig – nicht etwa, weil sonst nicht genug los wäre. Im Gegenteil ist der Chor so sehr in Aktion, dass es anfangs schon an Reizüberflutung grenzt. Bühnenbildner Piero Vincinguerra hat dem Musiklehrer eine ausgeklügelte Wohnung auf drei Etagen mit einem halben Dutzend Räumen gebaut, die sich mit Solisten und großem Chor wirkungsvoll bespielen lässt. Mit dem Gewusel aber ist es bald vorbei. Don Quichotte ist alt geworden und sieht dem Ende seines Lebens entgegen. Das Haus leert sich zusehends in den letzten beiden Akten – bis nur noch das Sterbebett auf der Bühne steht. Bis dahin aber verliebt sich der Alte noch einmal unsterblich – in seine Putzfrau Dulcinée. Als sie ihn abweist, gibt ihm das den Rest. Und noch einmal füllt sich das Haus des Alten – diesmal mit Erinnerungen und illustren Persönlichkeit von Ché Guevara bis Mutter Theresa. Stöppler gelingt in ihrer völlig neu erzählten Handlung eine gute Mischung aus Witz und Tragik. Sie entwirft eine rückblickende Traumreise in das Leben Don Quichottes. In einigen Details erschließt sich nicht alles direkt, im Großen aber ist das Konzept schlüssig. Und auf die Ausstrahlung ihrer Solisten kann Stöppler vertrauen. Kryzsztof Borysiewicz singt die anspruchsvolle Titelpartie mit schönem vollem Basstimbre und einem amüsant gestelzten Französisch. Sein Don Quichotte ist ein liebenswerter Alter, dessen Schicksal anrührt. Bariton Joachim Maaß gibt den treuen Sancho Pansa – einen sympathischen Orchestermusiker mit Draht-Esel und Fahrradhelm. Almuth Herbst schließlich gelingt der Wechsel zwischen bodenständiger Putzfrau in Jeans und feurigem Vamp, der in roter Robe aus dem Kleiderschrank steigt, mit viel Witz und Temperament. Komponist Massenet entwarf eine ungewöhnliche Stimmkonstellation, in der Tenöre nur kleine Nebenpartien singen, der Chor dafür ein hohes Gewicht bekommt. In seiner schillernden spätromantischen Partitur mit spanisch-folkloristischen Einsprengseln legte er ein bemerkenswertes Tempo vor. In nur gut zwei Stunden gehen alle fünf Akte über die Bühne. Der junge finnische Kapellmeister Valtteri Rauhalammi sorgt dafür, dass sie niemals am Hörer vorbeirauscht. Der Gelsenkirchener Don Quichotte ist eine durch und durch anrührende Karsten Mark Journalist mit Schwer- Produktion, die sich an den nötigen Stellen auch Ruhe punkt (Musik-)Theater gönnt. Richard Wagners Romantische Oper Lohengrin Ein Musiklehrer von trauriger Gestalt „Lohengrin“ 18./23./26./30.01, 18 Uhr | Deutsche Oper am Rhein | Düsseldorf 11 Don Quichotte | So 12.1. 18 Uhr | Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen 0209 409 72 00 prolog musical in NRW Augenzeugin und Nachtclubsängerin Doloris flüchtet ins Kloster, Foto: Mira Moroz Wuppertaler Opernhaus, Foto: Andreas Fischer Gute Laune vs. Wohliges Gruseln Geschlechterkampf Von Rolf-Ruediger Hamacher Schon einmal hat eine Nonne Furore im Musical gemacht: Schwester Maria verließ in Rodgers und Hammerstein „Sound of Music“ das Kloster, um den sieben Kindern eines verwitweten Baron die Mutter zu ersetzen – und die weltberühmte, singende Trapp-Familie zu gründen. In dem auf dem gleichnamigen Kult- „Zeig mir den Himmel“ film mit Whoopi Goldberg beruhenden Musical „Sister Act“ geht jetzt die Nachtclubsängerin Doloris den umgekehrten Weg: sie flüchtet in ein Kloster und mischt dort als Schwester Mary Clarence nicht nur den Chor auf. Untergetaucht bei den Nonnen ist sie auf Anraten des Polizisten Eddie, weil der sie als Zeugin vor Gericht braucht: sie hatte gesehen, wie ihr zwielichtiger Geliebter Curtis einen vermeintlichen Spitzel umbringt. Doch der Medien-Rummel um den runderneuerten Nonnen-Chor bleibt auch Curtis nicht verborgen. So macht er sich mit drei seiner Ganoven auf in die heiligen Hallen – hat aber die Rechnung ohne Doloris Mitschwestern gemacht. Es siegt schließlich das Gute – und happyendlich swingt sogar der Papst zu den souligen Rhythmen mit. Komponist Alan Menken („Der kleine Horrorladen“) und seine Autoren haben aus der Film-Vorlage ein „Gute-Laune“-Musical gemacht, bei denen man am liebsten auf die Bühne springen, mitsingen und -tanzen möchte. Wie schon der Film, lebt auch das Musical vom Charisma der Hauptdarstellerin. Und die hat keine andere ausgewählt als Whoopi Goldberg selbst, die für die deutsche Erstaufführung in Hamburg (2011) mit der in Deutschland geborenen Südafrikanerin Zodwa Selele einen Musical-Star entdeckte, der jetzt auch in Oberhausen dem Stück das Sahnehäubchen aufsetzt. Ihre soulige Stimme erinnert an Diana Ross, ihre Quirrligkeit und komisches Talent an ihre Entdeckerin. Zodwa Selele zieht sie im bestaunenswerten Bühnenbild von Klara Zieglerova eine One-Woman-Show ab, die Carline Brouwer genau auf den Punkt hin inszeniert hat – und die sich den Eintritt ins Musical-Paradies nur durch die holprigen deutschen Liedtexte und eine nicht gerade innovative Choreographie selbst verbaut. Während Anthony van Laast die tänzerischen Möglichkeiten bei „Sister Act“ nicht ausnutzt, macht Rebecca Groß bei dem Kammermusical „Die Schreibmaschine“ im Bottroper Jugendzentrum „Spielraum“ das optimale aus den ihren: sie überfordert mit ihrer kleinen, aber feinen Choreographie das engagierte Laien-Ensemble nicht. Die jungen Multi-Talente Tim Berkels (Buch, Liedtexte, Regie, Bühnenbild) und Raphael Groß (Musik, Liedtexte) – die selbstredend auch die Hauptrollen in diesem viktorianischen Krimi um ein mörderisches Familiendrama spielen – schielen dagegen allzu sehr auf die üblichen Musical-Events von Webber und seinen Epigonen, anstatt einen eigenen Stil zu entwickeln. Das nötigt die Sänger in Höhen, die sich (noch) nicht bewältigen können und die Geschichte in den zwischenzeitlichen Leerlauf. Zum Glück überspielt die famose Live-Band unter der Leitung von Jakob Schneider so manRolf-Ruediger Hama- chen künstlerischen und technischen Hänger, sodass man cher, Hochschuldozent und Vorstand des auf die Aufführungen im professionellen Katielli-Theater Filmkritikerverbandes in Datteln (10.+ 11.1.) gespannt sein kann. Männer und Frauen passen nicht zueinander, sagte Vicco von Bülow. Trotz dieser Erkenntnis versuchen sie’s aber immer wieder miteinander. Ihre neuesten Erkenntnisse aus derartigen Begegnungen präsentiert Sylvia Brécko in der Bandfabrik. In „Liebling, wir müssen reden!“ widmet sich die Kabarettistin ebenso amüsant wie wandlungsfähig alltäglichen Geschichten. Kommunikativen Störungen durch beharrliches Aneinandervorbeireden im Geschlechterkampf sind dabei ein Aspekt. Und wozu das jenseits des Häuslichen führen kann, zeigt Sylvia Brécko in entsprechenden Szenen, die über Beziehungskrisen von Paaren hinausgehen. Denn wenn sie auf der Bühne steht, kommen gleich alle Krisen auf einmal, Wirtschaftskrise, Unterhaltungskrise, Wertekrise, Steuerkrise und Sprachkrise inklusive. Brécko erklärt die Welt, wie sie sie sieht, stellt Zusammenhänge her, auf die man nie gekommen wäre – oder die es am Ende gar nicht gibt. Dazu gibt es musikalische Anspielungen von Chanson über Schlager bis Pop. Mit der endgültigen Schließung des Schauspielhauses, also seitdem auch das Foyer nicht mehr genutzt werden darf, ist das Theaterensemble bis zur Eröffnung der Kleinen Spielstätte auf der Suche nach adäquaten Bühnen jenseits der Oper. Bei der Eroberung der Stadt und des Publikums gastieren die SchauspielerInnen Julia Wolff, Moritz Heidelbach, Jakob Walser und Marco Wohlwend nun an der Wolkenburg in „die börse“. „Die Kleinen und Niedrigen“ verspricht ein bemerkenswerter Abend zu werden, es sind drei Autoren und drei Stücke, die Regisseur Jakob Fedler in seiner Inszenierung zusammenbringt. Das Kurzstück der Wuppertalerin Anne Lepper „Oh ist das Morriessay“ skizziert militärischen Alltag kurz nach der Mobilmachung, „Der deutsche Hinkemann“ von Ernst Toller ist ein Heimkehrer-Drama und Robert Walsers „Jakob von Gunten“ lässt sich als Vorkriegsgeschichte lesen. 2014 sind Weltkriege eigentlich Geschichte. Denn obwohl Kriege seit 1989 wieder gebräuchliche Politikfortsetzungen sind, hat sich „der Krieg“ aus dem Zentrum unserer Aufmerksamkeit an die Ränder unseres Bewusstseins verschoben. Vom Rand her soll sich ihm bei „Die Kleinen und Niedrigen“ genähert werden, mit drei Texten, die im, nach und vor dem Krieg spielen. Aber auch heiter geht es weiter. Eine der interessantesten Premieren im Winter verspricht Thierry Bruehls Inszenierung des „Universums-Stulp“ an der Oper zu werden. Vor nunmehr 20 Jahren verfasste Eugen Egner den gleichnamigen, inzwischen vergriffenen Roman geschrieben. „Dass eine Oper daraus wird, ist einzig und allein Verdienst des Berliner Komponisten Stephan Winkler. Der hat u.a. schon sehr schöne Aufnahmen mit Max Goldt gemacht und grandiose Orchesterwerke aufgeführt“, sagt der Autor. Den Inhalt der musikalischen Bildergeschichte in drei Heften in klare Worte zu fassen, ist nicht ganz einfach. Wer andere Egner-Ideen wie die Spar-Oper „Olga la Fong“ oder seine Bücher „Schmutz“ und „Traumdüse“ kennt, ahnt: das wird ein traumwandlerischer Abstecher nach Absurdistan. Als „realistischen Grundton mit surrealistischen Aspekten“, beschreibt Regisseur Bruehl das Werk. Und um es auf die Bühne zu bringen, wird das Ensemble musikFabrik dabei von ausgewählten Statisten unterstützt. Sie alle zusammen werden, ausstaffiert durch Wiebke Schlüters Kostüme, in die Rollen bizarrer Wesen schlüpfen. Neben einem Indianerhäuptling und Piraten sind das, O-Ton Egner, „mehr oder weniger menschliche Wesen“. valeska VON dolega Große Show in Oberhausen, Kammer-Musical in Bottrop www.musicals.de und www.katielli.de Krieg und Pangalaktisches „Liebling, wir müssen reden“ | 18.01.2014 20 Uhr | Bandfabrik „Die Kleinen und Niedrigen“ | 25.01.2014 19.30 Uhr | die börse „Der Universums-Stulp“ | 7.02.2014 19.30 Uhr | Oper 12 film des monats Überirdische Bohemiens reinster Natur: Adam und Eva Stilsicheres Referenznetz „Only Lovers left alive“ von Jim Jarmusch Adam und Eva führen eine Fernbeziehung und das schon seit einigen hundert Jahren. Die beiden sind Vampire. C Melancholischer Vampirfilm Die Stimmung in „Only Lovers left alive“ hat etwas Apokalyptisches an sich. Stimmung ist wichtig im neuen Film von Jim Jarmusch, einem Vampirfilm der besonderen Art. Stimmung ist wichtig in allen Filmen von Jarmusch. Er war noch nie ein großer Geschichtenerzähler. In seinem letzten Film „The Limits of Control“ wurde vor allem gewartet und beobachtet. Und als es endlich losgehen soll mit der Geschichte, zeigt er dem klassischen Erzählen den Mittelfinger. Schon in seinem Debüt „Permanent Vacation“ (1980) sah man in langen Einstellungen, wie der Protagonist durch öde, postindustrielle Brachen New Yorks flaniert. 33 Jahre später hat sich daran nicht viel geändert: Adam (Tom Hiddleston) hat sich in einem alten Haus in der öden Brache Detroits zurückgezogen. Den Ort hat sich Jarmusch sehr genau ausgesucht. Anfang der 80er Jahre, zu Zeiten seines Kinodebüts, sah die Bronx aus wie nach einem Krieg: Ganze Straßenzüge waren dem Erdboden gleich oder gesäumt von Ruinen. Eine Szenerie, die der WerwolfFilm „Wolfen“ 1981 eindrucksvoll für sich zu nutzen wusste. Dazu gab es mit der No-New-York-Bewegung eine musikalische wie filmische Subkultur, die die kaputte Szenerie reflektierte. Jim Jarmusch entstammt dieser Szene, hat in diesem Umfeld erste Kurzfilme gemacht und in Bands gespielt. Exemplarisch für den Verfall der Bronx stand damals die Charlotte Street, die viele Jahre später ebenso die Rekultivierung des Areals repräsentieren musste. Charlotte Street sieht inzwischen aus wie ein spießiger Vorort. Das Erbe der Bronx der 70er und 80er Jahre hat inzwischen Detroit angetreten – eine Stadt, die in den letzten drei Jahren 25 Prozent ihrer Einwohner verloren und im Sommer Insolvenz angemeldet hat. Die ehemals blühende Motor City stand auch immer für innovativen musikalischen Output: Soul von Stax und Motown, Funk, später Techno. Und mit Bands wie MC5 oder The Stooges mit Iggy Pop war Detroit auch immer Repräsentant des Rock ‘n’ Roll. Detroit steht sowohl für ein kulturelles Erbe als auch für den Bankrott der kapitalistischen Gesellschaft. Alte Helden Diese Welt ist Adam zuwider, die von ihm verachteten Menschen nennt er Zombies. Das Haus verlässt er nur, um Blutkonserven zu besorgen, Blut saugend durch die Straßen ziehen ist nicht zeitgemäß. In den Nächten widmet sich Adam lieber seiner Leidenschaft für Vintage-Gitarren und -Verstärker. Anonym veröffentlicht er Drone-Metal auf Vinyl. Aber eigentlich hat er mit der schnöden Welt schon abgeschlossen und verliert sich zusehends in sentimentalen Erinnerungen an Vergangenes. Eine Holzpatrone für einen effektiven Vampirsuizid hat Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... 13 sich Adam schon besorgt. Einzig die Liebe zu Eva (Tilda Swinton, überirdisch schön) hält ihn am Leben. Die residiert in Tunesien, und als sie Adams lebensmüder Verfassung gewahr wird, reist sie zu ihm … Wie könnte man besser die Sehnsucht nach den guten alten Zeiten zum Ausdruck bringen, als mit Protagonisten, die die letzten paar Jahrhunderte noch selbst erlebt haben. Somit kann man nicht nur von Büchern der Romantik und alten Gemälden schwärmen, sondern auch von den Menschen, die sie hervorgebracht haben. Denn die sind für einen Vampir wie Adam nicht nur verehrte Künstler, sondern auch alte Freunde, mit denen er einst abhing. Jim Jarmuschs Vampire sind Bohemiens reinster Natur. Sie lieben die Literatur, die Musik, die Malerei. Entsprechend sieht eine mit Porträts gepflasterte Wand in Adams Haus aus, wo seine Helden hängen: Franz Kafka, Buster Keaton, William Burroughs, Neil Young, Iggy Pop und viele mehr. Sie alle sind auch Jarmuschs Helden und es ist nicht schwer, in Adam ein Alter Ego des Regisseurs zu entdecken, der dem digitalen Dasein stoisch den erdigen Sound eines Röhrenverstärkers entgegen setzt. Lästiges Storytelling Jarmusch wäre aber nicht der humorvolle Regisseur, der er ist, wenn er nicht wüsste, wie lächerlich das Bild des Kulturpessimisten ist. Und so ist die vitale Eva das Gegenstück zu Adam, das die Gegenwart schätzt und die ganzen romantischen Lyriker, die Adam verehrt, etwas albern findet. Sie hat zwar nicht die gesamte Literaturgeschichte intus, aber sie hat Kraft und Verve. Und so wie Adam für eine Seite von Jarmusch stehen könnte, so scheint Eva das Korrektiv zu sein, das die Gegenwart ebenso genießt, wie es die Vergangenheit schätzt. „Only Lovers left alive“ feiert nicht ohne Selbstironie geschmackssicheres Außenseitertum. In diesem Universum der Referenzen ist der Soundtrack ebenso wichtig wie die Bilder und die Dialoge. Wie wichtig Jarmusch neben Film und Literatur auch die Musik ist, zeigt sich nicht nur in den Soundtracks seiner Filme. Als Duo mit Josef van Wissem oder mit seiner Band Sqürl ist sein musikalisches Schaffen wiedererwacht. Auch die Premierenfeier am 10. Dezember in Köln in Anwesenheit des Regisseurs zeigte das deutlich. Im Anschluss an den Film fand ein Konzert mit den am Soundtrack beteiligten Bands statt. Eine Filmpremiere mit Musikfestival-Charakter: Jarmusch ohne das ganze Referenzsystem aus anderen Künsten gibt es nicht. Die Story hingegen ist nur das grobe Gerüst für all das. Etwas lästig, aber muss ja. CHRISTIAN MEYER ONLY LOVERS LEFT ALIVE D/GB/F/ZYP 2013 - Drama / Fantasy - Regie: Jim Jarmusch - Kamera: Yorick Le Saux mit: Tom Hiddleston, Tilda Swinton, Mia Wasikowska - Verleih: Pandora Start: 25.12. Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... hintergrund Auch ohne Sehsinn sicher: Eva (Alexandra Maria Lara) an Ians Schulter Ohne Blindenstock „Imagine“ von Andrzej Jakimowski Der blinde Lehrer Ian soll in einer portugiesischen Augenklinik den blinden Patienten eine bessere Orientierung im Raum beibringen. Der unkonventionelle Mann setzt nicht auf den Blindenstock, sondern auf Orientierung mit Hilfe von Schallwellen. C Überraschendes Blindendrama Blindheit im Film, einem überaus visuellen Medium, überzeugend darzustellen, ist eine große Herausforderung, an der Filmemacher auch mit den besten Ambitionen mitunter scheitern können. Deswegen gibt es vermutlich nur sehr wenige Werke, die sich dieser Aufgabe überhaupt stellen. Sehr überzeugend gelang dies Bernd Sahling 2003 bei seinem, in erster Linie auf ein Kinder- und Jugendpublikum abzielenden Film „Die Blindgänger“, der den Alltag und die Probleme sehbehinderter Teenager eindrucksvoll zu vermitteln verstand. Auch der 2010 von David Mackenzie realisierte „Perfect Sense“, der die Thematik in Form eines dramatischen Endzeitfilms aufgriff, ist trotz einiger plakativer Momente als gelungen zu bezeichnen. Immerhin gelang es dem Regisseur, den Verlust einzelner Sinne auch für den Zuschauer im Kinosaal nachvollziehbar zu vermitteln. Etwas Ähnliches schafft nun auch der polnische Regisseur Andrzej Jakimowski („Kleine Tricks“), der sich bei „Imagine“ einiger wirkungsvoller filmischer Tricks und eines ausgeklügelten visuellen Konzepts bedient, um die Blindheit seiner Protagonisten auch für seine Zuschauer erfahrbar zu machen. Im Mittelpunkt der Erzählung steht der junge blinde Lehrer Ian (sehr überzeugend: Edward Hogg), der an einer portugiesischen Augenklinik einen Kurs zur besseren Orientierung der Patienten geben soll. Ian selbst bewegt sich ausnahmslos ohne den sonst üblichen Blindenstock fort, verlässt sich komplett auf sein Gehör und die unterschiedlichen Schallwellen bei Hindernissen im Raum. Das ist zum Teil auf Eitelkeit zurückzuführen, zum Teil resultiert das Verhalten aber auch aus dem aufdringlichen Hilfsgebaren der Mitmenschen im Angesicht eines Blinden. Damit wagt der Film, ein bislang selten thematisiertes Problem unter Sehbehinderten anzusprechen. Ians Schüler, und mit ihnen der Kinozuschauer, lernen im Verlauf der Handlung, wie man sich auch ohne Sehsinn einigermaßen sicher in seiner Umwelt zurechtfinden kann. Adam Bajerskis Kamera wagt dazu Ungewöhnliches, da dem Publikum größtenteils ebenfalls vorenthalten wird, was auch die Protagonisten nicht sehen können. Damit wird der Fokus auf andere Sinne gelenkt, insbesondere das Gehör, was durch einen effektvollen Einsatz des Filmtons (Guillaume Le Braz zeichnet hier verantwortlich) zu einer spannenden Sinneserfahrung für den Zuschauer wird. Da hätte es manch übertriebener Dramatisierung der Geschichte gar nicht bedurft, die insbesondere dadurch entsteht, dass Ian seine Schüler dazu anstiftet, sich ebenfalls ohne Hilfsmittel in den Großstadtbetrieb Lissabons zu stürzen. Davon abgesehen bietet „Imagine“ aber jede Menge phantasievollen Input, über den man sich auch als Zuschauer so seine Gedanken machen kann, und mit einer überaus poetischen Schlusseinstellung darüber hinaus noch Inspirationen für den Ausgang der Ereignisse. FRANK BRENNER IMAGINE Warschau 2012: Publikumspreis, Regiepreis PL/F/P/GB 2012 - Drama - Regie: Andrzej Jakimowski - Kamera: Adam Bajerski mit: Edward Hogg, Alexandra Maria Lara, Melchior Derouet - Verleih: Neue Visionen Start: 2.1. IMAGINE – Am Rande Ein Mittel, mithilfe dessen sich Ian und seine Schüler im Film fortbewegen, ist das sogenannte Klicksonar. Mit einiger Übung können Blinde sich durch dieses akustische „Sehen“ erstaunlich gut orientieren. Dazu schnalzen sie leise mit der Zunge – und erhalten durch das zurückgeworfene Echo ein detailliertes Bild der Umgebung. Im MRT wurde beobachtet, dass dabei tatsächlich Gehirnregionen aktiviert werden, die ansonsten für das Sehen zuständig sind. Bei geübten Personen werden Geräusche in zwei Kategorien getrennt: Während die Umgebungsgeräusche wie bei Sehenden auch verarbeitet werden, gelangt das Echo in den Seh-Bereich des Hirns. Der Mensch sieht nicht nur mit den Augen, www.engels-kultur.de/heute-im-kino sondern auch mit dem Gehirn. Immer mehr Blinde lernen die Technik, und viele sind erstaunt, wie schnell erste Erfolge erzielt werden können. Der Amerikaner Daniel Kish, der seit Jahren für die Belange Blinder kämpft und zahlreichen Kindern die Klicksonar-Technik beigebracht hat, kann sich mit dem Klicksonar so gut orientieren, dass er Rad fahren kann. In Deutschland engagiert sich der Verein Anderes Sehen e.V. für Echoortungstraining im Kindergartenalter. Infos: www. anderes-sehen.de 14 Jon Witte Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal roter teppich NIKOLAJ LIE KAAS SONJA RICHTER NACH DEM WELTBESTSELLER DIE NEUE THRILLERSENSATION IM KINO FARES FARES Muss ohne ihren Sehsinn zurechtkommen: Alexandra Maria Lara in „Imagine“ „Ich habe mich sofort verliebt“ Alexandra Maria Lara über „Imagine“ Alexandra Maria Lara wurde 1978 in Bukarest geboren, wuchs aber in West-Berlin auf. Nun spielt sie in Andrzej Jakimowskis polnischem Film „Imagine“ eine junge blinde Frau in Lissabon. engels: Frau Lara, Andrzej Jakimowski gelingt es sehr gut, den Zuschauer an der Blindheit der Protagonisten teilnehmen zu lassen. War das auch schon so detailliert im Drehbuch angelegt? Alexandra Maria Lara: Ich habe mich sofort in dieses Buch verliebt. Ich hatte das mit einem sehr netten Brief von Jakimowski zugeschickt bekommen. Wenn man solch einen netten Brief liest, dann hofft man inständig, dass das Buch auch gut ist. Nachdem ich angefangen hatte, zu lesen, habe ich mich sofort in diese einfache, aber poetische Geschichte verliebt. Es passiert ja nicht wirklich viel, der Inhalt wirkt recht unspektakulär, weil es auch nicht viele Handlungsstränge gibt. Aber mich hat die Geschichte gleich berührt, deswegen kann ich sagen, dass man schon beim Lesen des Drehbuchs ein Gefühl dafür bekommen hat, wo die Reise hingehen soll. Da gab es ganz tolle Beschreibungen, die einem einen Vorgeschmack dafür lieferten, was Jakimowski für den Dreh vorhatte. Das Team vor Ort war ebenfalls toll, wir haben permanent mit zwei Kameramännern gearbeitet, die sich die Arbeit geteilt haben, das hat man ja auch nicht alle Tage. Eines Ihrer nächsten Projekte ist der Film „Suite Française“, den Sie mal wieder mit Ihrem Mann Sam Riley zusammen drehen konnten. Ist es schön, wenn sich Beruf und Privatleben bei einem Film miteinander verbinden lassen? Bei „Suite Française“ haben wir leider keine gemeinsame Szene! Wir waren zwar beide zur gleichen Zeit in Brüssel, aber wir haben an unterschiedlichen Tagen gedreht und hatten an unterschiedlichen Tagen drehfrei. Deswegen haben wir leider nicht zusammen vor der Kamera gestanden. Der große Traum wäre, irgendwann einmal ein richtiges Projekt wie „Control“ wieder zusammen zu drehen, das wäre schon toll. Das würde uns richtig viel Spaß machen, aber das ist als Paar gar nicht so einfach, weil es wichtig ist, dass die Geschichte auch stimmt. Man sollte als Zuschauer schon Lust haben, sich ein Pärchen, von dem man weiß, dass es reell existiert, auch auf der Leinwand anzuschauen. Gibt es Rollen oder Zusammenarbeiten, die Sie noch besonders reizen würden? Für mich ist mit der Rolle in „Imagine“ ein so großer Traum in Erfüllung gegangen! Ich fühle mich beschenkt, dass ich in so vielen Sprachen arbeiten kann, damit hatte ich als junge Schauspielstudentin natürlich überhaupt nicht gerechnet! Mir macht das unheimlichen Spaß, und ich bin so glücklich, dass ich so breit gefächerte Sachen machen darf. Ich spiele in Independent-Filmen genauso wie jetzt in einem so großen Film wie „Rush“, das könnte nicht schöner für mich sein. Aber ich würde mir mehr solch tolle Rollen wie in „Imagine“ wünschen, denn ich habe immer das Gefühl, dass in Deutschland nach wie vor mehr herausragende Rollen für Männer als für Frauen existieren. Ich wünsche mir, dass die Zukunft noch schöne Herausneu forderungen für mich bereithält! Interview: FRANK BRENNER neu neu Lesen Sie die Langfassung unter: www.engels-kultur.de/roter-teppich neu neu Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... 15 JUSSI ADLER-OLSEN „Selbst wer das Buch kennt, sitzt gebannt im Kino.“ TV SPIELFILM AB 23. JANUAR IM KINO „Unbedingt sehenswert.“ KULTURSPIEGEL LAURENCE ANYWAYS Ein Film von Xavier Dolan Ab 23. Januar auf DVD, Blu-ray & VoD neue filme Robert Redford in Seenot Wie Vater und Sohn: Razi und Sanfur SOS Zwischen den Fronten Ein Mann treibt ohne Kontakt zur Außenwelt auf dem Meer. C Überlebensdrama Ein jugendlicher Spitzel gerät in die Schusslinie zwischen einer palästinensischen Märtyrer-Brigade und dem israelischen Geheimdienst. C Aufwühlender Nahost-Thriller „All is lost“ von J.C. Chandor „Bethlehem“ von Yuval Adler Acht Tage lang kämpft der alte Mann ums Überleben. Dann wirft er eine Flaschenpost ins Meer, in der er letzte Worte an seine Hinterbliebenen richtet. Er treibt verloren auf seiner Rettungsinsel, ohne Nahrung, ohne Wasser. Wie es dazu kam, davon erzählt dieses atmosphärisch aufreibende Ein-PersonenDrama. Robert Redford stemmt diese Irrfahrt eines Namenlosen, dessen Yacht im Indischen Ozean mit einem Container kollidiert und Leck schlägt. Wasser dringt ein und zerstört die Elektronik. Stoisch rettet der Mann, was zu retten ist. Machen, checken, fluchen, pumpen. Der Verlorene schöpft Kraft über die Tat. Die Naturgewalten aber zeigen sich unerbittlich. J.C. Chandor („Der große Crash“) liefert intensives Katastrophenkino mit minimalem Cast. HARTMUT ERNST ALL IS LOST USA 2013 - Abenteuer / Drama - Regie: J.C. Chandor - Kamera: Frank DeMarco mit: Robert Redford - Verleih: SquareOne Start: 9.1. Unterschlupf und Atelier: Der Künstler und seine Muse Triumph der Natur „Das Mädchen und der Künstler“ von Fernando Trueba Ein 80-jähriger Künstler begegnet auf seinem Landsitz seiner Muse. Draußen tobt der Zweite Weltkrieg. C Poetisches Drama über eine anregende Begegnung 1943, ein französisches Dorf nahe der spanischen Grenze. Die junge Katalanin Mercé (Aida Folch) ist auf der Flucht vor den Schergen Francos. Der greise Bildhauer Marc Cros (Jean Rochefort) gewährt ihr in seinem Atelier in den Bergen Unterschlupf. Mercé soll ihm dafür Modell stehen. Während der Künstler auf den entscheidenden kreativen Impuls wartet, taucht das Mädchen ein in ein ihr fremdes Universum. Doch der Krieg ist allgegenwärtig. In betörend schönen Schwarzweißbildern, die sich musikalischer Untermalung enthalten, bettet Fernando Trueba seine anregende Auseinandersetzung mit dem Wesen der Kunst. Eine poetische Annäherung an den wahrhaftigen Moment, an die Weiblichkeit, an den Künstler und seine Muse. HARTMUT ERNST Wenn sich das Kino mit dem Nahostkonflikt auseinandersetzt, dann passiert das bevorzugt im Rahmen von Dramen und Dokumentarfilmen. Regiedebütant Yuval Adler setzt auf ein eher ungewohntes, trivialeres Genre: den Thriller. Doch Obacht, trivial heißt in diesem Fall alles andere als oberflächlich. Der siebzehnjährige Palästinenser Sanfur (Shadi Mar’i) arbeitet seit zwei Jahren als Spitzel für den israelischen Inlandsgeheimdienst. Er wurde von dem Agenten Razi (Tsahi Halevy) rekrutiert, der inzwischen eine väterliche Beziehung zu dem aufbrausenden Jungen aufgebaut hat. Sanfurs großer Bruder Ibrahim ist ein gesuchter Untergrundkämpfer in einer radikalen palästinensischen Märtyrer-Brigade. Als der Geheimdienst den Mann unschädlich machen will, nimmt man keine Rücksicht auf das Leben Sanfurs. Razi versucht, den Jungen aus der Schusslinie zu halten. Schon bald schweben beide in Gefahr. Die Bedrohung erwächst sowohl aus feindlichen als auch aus den eigenen Reihen. Regisseur und Autor Yuval Adler ist israelischer Jude. Er verfasste das Drehbuch gemeinsam mit dem Moslem Ali Waked. Entsprechend vielschichtig gestalten sich die Perspektiven, die ihr Film einnimmt. Co-Produzent Steven Hudson von Gringo Films in Köln erläutert, dass man sich ähnlich wie die USamerikanische Fernsehserie „The Wire“ über die Blickwinkel aller Protagonisten der komplexen Lage nähert. Vor allem aber sucht man den emotionalen Zugang. Entsprechend komplex fallen die Profile der Protagonisten und ihre Verhältnisse zueinander aus. Dass man in der Rolle des Spitzels einen Heranwachsenden besetzte, verleiht dem Unterfangen eine weitere dramaturgische Nuance: Die Position des Jungen, der sich entscheiden muss in einem Konflikt, der für den Nachwuchs nicht mehr überschaubar, geschweige denn unvoreingenommen herzuleiten ist. Adler inszeniert, ähnlich wie „The Wire“, unspektakulär und lebensnah, spinnt seinen Plot zugleich knackig und spannend. Dieses triviale Element in Story und Inszenierung verschließt sich nicht dem einen oder anderen Logikloch. Dies aber ist legitim, so wie es in allen Sparten dieses Genres legitim ist. Zugleich erschließt sich der Film durch die emotionale Annäherung einer größeren Zuschauerschaft. Und überhaupt ist die Emotion selbst grundlegendes Thema des Konflikts: Wie sie aus Männern Zeitbomben macht, wie sie als Instrument der Manipulation genutzt wird. Adler liefert einen spannenden Krimi ebenso wie einen beklemmenden Zustandsbericht aus einem scheinbar hoffnungslos aufgewühlten Land. Aus einer Männerwelt, in der blinde Wut, Anarchie, verklärte Ehre, verklärter Stolz und sakral idealisiertes Märtyrertum verheerend ineinander greifen. Adler spiegelt dies bis in den Irrwitz und bleibt damit zugleich jede Sekunde erschreckend authentisch. Das ist nicht zuletzt den Darstellern zu verdanken, die sich vornehmlich aus Laien rekrutieren und trefflich ausgesucht wurden. Alles ist aufregend in diesem Thriller, nichts hier ist reißerisch. Und man erfährt mehr über die Zustände dieser Region als in so manchem Drama oder Dokumentarfilm. HARTMUT ERNST DAS MÄDCHEN UND DER KÜNSTLER BETHLEHEM Internationales Filmfestival San Sebastián 2012: Beste Regie, Fernando Trueba ES 2012 - Drama - Regie: Fernando Trueba - Kamera: Daniel Vilar - mit: Jean Rochefort, Aida Folch, Claudia Cardinale - Verleih: Camino Start: 25.12. Preis der Israelischen Filmakademie 2013: Beste Regie, Yuval Adler ISR/B/D 2013 - Thriller - Regie: Yuval Adler - Kamera: Yaron Scharf - mit: Sahdi Marei, Tsahi Halevy, Haitham Omari - Verleih: RealFiction Start: 9.1.. www.engels-kultur.de/heute-im-kino 16 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal neue filme Bricht das Tabu: Pierre Dulaine Dickschädel mit Kratzern: Woody Grant Gesellschaftstanz Slow Story Ein Tanzprofi aus New York bemüht sich um die Annäherung von palästinensischen und jüdischen Kindern in Israel. C Doku über eine schwierige Annäherung Der alte Woody will seinen vermeintlichen Millionengewinn abholen. Sein Sohn begleitet ihn auf der Reise, die sie in die Vergangenheit führt. C Tragikomische Familienaufstellung Pierre Dulaine wurde in Jaffa geboren, heute arbeitet er in New York als Tanzlehrer. Um etwas für die Kinder seiner Heimat zu tun, besucht er in Jaffa drei Schulen und möchte den Jungen und Mädchen den Gesellschaftstanz nahe bringen. Kein leichtes Unterfangen in einer Stadt, in der israelische Palästinenser und Juden Seite an Seite leben. In der aber vor allem die Religion die Berührung von Mann und Frau in der Öffentlichkeit verbietet. Dulaine bleibt naiv ambitioniert und schafft Beachtliches. Wie er dabei den Tabubruch bei Eltern und Kindern durchsetzt, bleibt weitestgehend im Unklaren, ein erweiterter Dialog mit den Beteiligten wäre hilfreich gewesen. Dass die Annäherung funktioniert, ist aber allemal eine Betrachtung wert. HARTMUT ERNST David Lynch „The Straight Story“ begleitete 1999 einen alten Mann auf einer Reise auf einem Rasenmäher. Ein bisschen schneller bewegen sich Woody (Bruce Dern) und sein Sohn David (Will Forte) bei Alexander Payne schon vorwärts, allerdings führt es sie auch rückwärts in die Vergangenheit. Denn sie stranden in Woodys Geburtsort und der alte Mann wird ebenso mit dem hinter ihm liegenden Leben konfrontiert wie der Sohn mit der Geschichte seiner Eltern. Der Film erzählt die Auseinandersetzung der beiden und ihre langsame Annäherung in einnehmend schönen Schwarzweißbildern. Das Erzähltempo scheint sich an die Schrittgeschwindigkeit des alten Herrn anzugleichen, während der Humor so spröde ist wie Woodys Charakter. CHRISTIAN MEYER DANCING IN JAFFA NEBRASKA USA/ISR 2013 - Dokumentarfilm - Regie: Hilla Medalia - Kamera: Daniel Kedem Verleih: MFA Start: 16.1. USA 2013 - Abenteuer / Drama - Regie: Alexander Payne - Kamera: Phedon Papamichael mit: Bruce Dern, Will Forte, June Squibb - Verleih: Paramount Start: 16.1. Abgründig und rätselhaft: Marc tappt im Dunkeln Walter Mitty: Träumer oder Major Tom? „Dancing in Jaffa“ von Hilla Medalia „Nebraska“ von Alexander Payne Tief in den Abgrund Kopfkino Nach dem Selbstmord ihres Mannes holt Sandra ihren Bruder Marc zu Hilfe: Der soll den Tod rächen. C Zeitgenössischer Film Noir Ein Tagträumer stellt sich dem wahren Leben und macht aus seinen Träumen Wirklichkeit. C Phantasievolle Reise einer Selbstverwirklichung Ein älterer Mann springt aus dem Fenster, eine junge Frau (Lola Créton) läuft nackt durch die Straße. Sie ist seine Tochter und beide Szenen hängen irgendwie miteinander zusammen. Die Verbindungslinien werden in Claire Denis undurchsichtigem Film Noir langsam vor den Augen des Zuschauers entschlüsselt. Doch wie der Protagonist Marc (Vincent Lindon) tappt der Zuschauer lange im Dunkeln und auch am Ende bleibt vieles rätselhaft. Claire Denis streift mit ihrem stimmungsvollen und von Agnes Godard ruhig fotografierten Film Themen wie Kapitalismus, Ausbeutung, Macht und Abhängigkeit auf beunruhigende Art. Ein Blick auf die Dreckskerle und tief in den Abgrund. CHRISTIAN MEYER 1939 schrieb der Amerikaner James Thurber eine Kurzgeschichte, in der sich ein Mann namens Walter Mitty mehr seinen Tagträumen widmet als dem Leben. Schon bald wurde „Walter Mitty“ in den USA zum Inbegriff eines Tagträumers. Ben Stiller bringt die Geschichte dieses Mannes nun ins Kino und holt David Bowies Major Tom gleich mit ins Gepäck. Doch genug der Zitate: Stiller gelingt ein etwas seichtes, aber aufregend bebildertes, romantisches Märchen über einen Träumer, der endlich seine Sehnsüchte verwirklicht. Dafür reist der Held auf der Suche nach einem Fotografen rund um den Erdball. Ein Roadmovie ohne Road, das schmunzelnd, berührend und visuell phantasievoll einer abenteuerlichen Selbstverwirklichung folgt. LES SALAUDS – DRECKSKERLE DAS ERSTAUNLICHE LEBEN DES WALTER MITTY FR/D 2013 - Thriller - Regie: Claire Denis - Kamera: Agnès Godard - mit: Vincent Lindon, Chiara Mastroianni, Julie Bataille - Verleih: RealFiction Start: 9.1. USA 2013 - Komödie - Regie: Ben Stiller - Kamera: Stuart Dryburgh - mit: Ben Stiller, Kristen Wiig, Shirley MacLaine - Verleih: Fox Start: 1.1. „Les Salauds – Dreckskerle“ von Claire Denis Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ von Ben Stiller 17 HARTMUT ERNST Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... hintergrund Auge in Auge mit dem Sklaventreiber: Solomon Northup Entmenschlichung „12 Years a Slave“ von Steve McQueen 1841 wird der freie Bürger Solomon Northup gekidnappt und in die Sklaverei der Südstaaten verschleppt. Dennoch verliert er den Glauben an seine Freiheit nicht. C Intensives Historiendrama Nach seinen Meisterwerken „Hunger“ und „Shame“ wurde der neue Film des Künstlers und Regisseurs Steve McQueen bei seiner Premiere auf dem Toronto Filmfestival nicht nur von den Kritikern frenetisch gefeiert, sondern auch mit dem Publikumspreis ausgezeichnet, und gilt mit Abstand als TopFavorit bei der kommenden Oscar-Verleihung: vollkommen zurecht. Es gelingt ihm auf intensive und eindringliche Weise zu vermitteln, was das dunkelste Kapitel der amerikanischen Geschichte, die Sklaverei, für alle Beteiligten bedeutet hat, vor allem für die Opfer. Die wie immer hervorragende Bildgestaltung und exzellente Schauspielleistungen machen „12 Years a Slave“ zu einem in jeder Hinsicht historischen Film. Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor ) führt zusammen mit seiner Familie ein bürgerliches Leben in New York, noch vor dem Sezessionskrieg. Er ist ein freier Mann und verdient seinen Lebensunterhalt als Violinist. Obgleich er als AfroAmerikaner auch in den Nordstaaten hin und wieder Anfeindungen und Diskriminierungen ausgesetzt ist, gibt es für ihn die Möglichkeit zu einem selbstverwirklichten Dasein, das er voller Kultiviertheit und Anteilnahme für seine Nächsten gestaltet. Ein Angebot zweier Schausteller führt Northup in die Hauptstadt Washington, doch nach dem gefeierten Vertragsabschluss gibt es ein böses Erwachen: Am nächsten Morgen findet sich der zuvor Betäubte eingekerkert und in Ketten wieder. Die Betrüger machen ein lukratives Geschäft damit, ihn als Sklaven in die Südstaaten zu verkaufen, eine unfassbare Praxis, die Steve McQueen mit der Adaption der Autobiographie Northups hier beleuchtet. Im Gegensatz zu seinen Vorgängerfilmen gibt es ein größeres Identifikationsangebot mit der Hauptfigur, was die Fallhöhe für den Zuschauer noch stärker erfahrbar macht. Aus dem Blickwinkel des schmerzlichen Entzugs aller Rechte führt Northup in eine erschreckende Welt der systematischen Entmenschlichung ein. Zunächst noch voller Aufbegehren, Trotz und Entrüstung – dann zunehmend mit nackter Verzweiflung. Solomons Martyrium verläuft entlang von verschiedenen Sklavenhaltern, die McQueen schlüssig und präzise porträtiert. Darunter finden sich Charaktere wie der eher wohlwollende William Ford (Benedict Cumberbatch), der an Solomons wachem Geist Gefallen findet und sich ihn nutzbar zu machen weiß, aber auch tief gestörte Sadisten wie Edwin Epps (Michael Fassbender), der das ernsthafte Pendant zu Tarantinos Plantagen-Psychopathen Calvin Candy darstellen könnte. Zu einer der größten Leistungen des Films gehört das eindringliche Spiel von Chiwetel Ejiofor, der in seiner Verletzbarkeit große Stärke aufscheinen lässt, aber auch Lupita Nyong'os fragile Darstellung einer in jeder Hinsicht ausgelieferten jungen Frau beeindruckt durch ihre Unmittelbarkeit. Steve McQueen ist es als Brite gelungen, einen der relevantesten filmischen Beiträge zur Aufarbeitung amerikanischer Geschichte zu realisieren und bietet damit einen herausragenden Auftakt des neuen Kinojahres. SILVIA BAHL 12 YEARS A SLAVE USA 2013 - Drama - Regie: Steve McQueen - Kamera: Sean Bobbitt mit: Chiwetel Ejiofor, Michael Fassbender, Benedict Cumberbatch - Verleih: Tobis Start: 16.1. 12 YEARS A SLAVE – Am Rande Die Sklaverei in den USA wurde formell mit Beendigung des Sezessionskriegs abgeschafft. Die Nachwirkungen der unmenschlichen Ausbeutung und Erniedrigung ganzer Bevölkerungsgruppen dauern bis heute an, und sei es als Beschäftigung mit der Materie in Film und Literatur. Vor einem Jahr war es Tarantinos „Django“, der für beste Unterhaltung auf der Leinwand sorgte. Manch einem gefiel die Vermischung humoresker Elemente mit Szenen von schockierender Grausamkeit nicht recht. Der Masse der Zuschauer war’s egal, sie stürmten die Kinos. Gut 35 Jahre ist es her, dass das Thema die Menschen (vor allem in den USA) in den eigenen vier Wänden fesselte. Alex Haleys Roman „Roots“ wurde als Fernsehserie verfilmt www.engels-kultur.de/heute-im-kino und erzählte die fiktive Geschichte des Kunta Kinte, der in Afrika gefangen genommen, nach Amerika überführt, dort von Sklavenhändlern verkauft wird und fortan in Gefangenschaft lebt. Der große Steven Spielberg widmete sich bereits zweimal dem Gegenstand: Sowohl „Amistad“ als auch „Lincoln“ gehen historisch und ethisch-argumentativ an die Sache ran. Beide beruhen auf Tatsachen, in beiden wird das entmenschlichende Wesen des Systems Sklaverei in exemplarischen Diskursen durchexerziert. In allen Filmen siegt am Ende das Gute – typisch amerikanisch mag da manch Einer denken. Steve McQueen ist übrigens Brite. BENJAMIN SEIM 18 Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal neue filme filmwirtschaft Carl und Assad sammeln Indizien Under Pressure Atmos und Champus im Zoo „Erbarmen“ von Mikkel Nørgaard Eine Politikerin wird entführt. Fünf Jahre später nimmt ein unangepasster Polizist die Spur auf. C Nordischer Ermittlungsthriller Polizist Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas, „Adams Äpfel“) ist ein sturer Hund. Als er mit zwei Kollegen das Haus eines Verdächtigen observiert und die Verstärkung nicht zeitig eintrifft, stürmt er kurzentschlossen das Gebäude. Die Folgen sind verheerend, ein Polizist wird getötet. Drei Monate später liegt einer seiner Kollegen gelähmt im Krankenhaus, Carl selbst nimmt Beruhigungsmittel und wird von seinem Chef in die Abteilung Q strafversetzt. Dort soll sich der aufbrausende und schwer zugängliche Cop mit ungelösten Fällen auseinander setzen, die schon längst ad acta gelegt wurden. Zu allem Überfluss wird ihm noch ein neuer Kollege zur Seite gestellt: Assad (Fares Fares, „Kops“), der jünger, ambitionierter und vor allem empathischer ist als Carl und wesentlich engagierter an die neue Aufgabe heran geht. Dann stoßen die beiden Ermittler auf einen Fall, der vor fünf Jahren offiziell abgeschlossen, bei dem jedoch das Opfer nie gefunden wurde. Von einem Tag auf den anderen verschwand damals die Politikerin Merete Lynggaard (Sonja Richter, „Sons of Norway“) von der Bildfläche. Offiziell ist sie auf einer Fähre über Bord gegangen. In Wahrheit wird sie noch immer von einem grausamen Entführer in einer Luftdruckkammer gefangen gehalten. Carl und Assad verfolgen die Spur, die über den Bruder der Vermissten führt. Der leidet allerdings unter einem Schädel-Hirn-Trauma und liefert nichts Sachdienliches. Vorerst. Und die Zeit läuft, denn der Entführer erhöht den Druck und will Merete endgültig den Garaus machen. „Erbarmen“ setzt die Tradition des nordischen, leinwandtauglichen Krimis fort, die mit Henning Mankells Kurt Wallander populär wurde und mit Stig Larssons „Millenium“-Trilogie internationale Aufmerksamkeit erhielt. Anders als seine schwedischen Vorgänger stammt Protagonist Carl Mørck ebenso wie der Autor Jussi Adler-Olsen aus Dänemark. Doch auch dortzulande setzt man auf psychologische Tiefe, auf menschelnde Helden mit sozialen Defiziten und auf Abgründe, die aus Menschen Monster machen und aus Opfern Tätern. Adler-Olsen hat bereits vier Fortsetzungen zu „Erbarmen“ verfasst, das Sequel „Schändung“ wird bereits gedreht. In Bezug auf Charaktere und epische Größe mag das Geschehen rund um Carl Mørck nicht an den Kosmos eines Stig Larsson heran reichen. Oder besser noch nicht. Denn auch wenn die Story noch nicht die vergleichbare Fallhöhe aufweist, macht Regisseur Mikkel Nørgaard handwerklich bereits alles richtig und vermag seinen sperrigen Helden gelungen zu etablieren. Die beiden Ermittler sind trefflich besetzt, die Spannungsschraube wird zum Ende hin effektiv angezogen und die Bildsprache, die mit Kontrasten und blassen Farben arbeitet, ist allemal kinoreif. „Erbarmen“ bildet einen spannenden Krimi im nordischen Gewand, in dem zwei Ermittler jenseits von Gehorsam und Dienstweg dem Grauen auf die Spur kommen. HARTMUT ERNST ERBARMEN DK/D/S 2013 - Thriller - Regie: Mikkel Nørgaard - Kamera: Eric Kress mit: Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Sonja Richter - Verleih: NFP Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... Neueste LED-Technik im Zoo-Palast Berlin Start: 23.1. 19 Berlin ist und bleibt die Kinohauptstadt Deutschlands. Dass sie diesen Status nicht so schnell verlieren wird, liegt nicht nur an der Vielzahl der Kinos, den glamourösen Filmpremieren, einer nahezu vollständigen Aufführung aller 500 erstaufgeführten Filme und der Berlinale sondern auch an dem Ende November wiedereröffneten Zoo-Palast. Der im alten Berliner Westen, zwischen Bahnhof und Zoo gelegene Kinobau war einer der ersten Neubauten nach dem Krieg und wurde 1957 anlässlich der Premiere des Films „Die Züricher Verlobung“ von Lieselotte Pulver eingeweiht. Der Standort beherbergte schon seit 1913 ein Filmtheater, das nach diversen Vergrößerungen als UFA Palast am Zoo 1943 zerstört wurde. Schnell wurde der Palast zum Austragungsort der Berlinale, die es dort bis zur Eröffnung des Potsdamer Platzes aushielt. Bis zur Schließung Ende 2010 wurde das Kino von der Kette UCI betrieben. Dann drohte der Abriss, der unter anderem durch das Engagement des Berlinale Direktors Dieter Kosslick verhindert werden konnte. Dann erwarb die Bayerische Hausbau das noch weitere Gebäude umfassende Gelände und vereinbarte einen Mietvertrag mit Hans-Joachim Flebbe. Der aus der Programmkinoszene entstammende einstige Cinemaxx-Gründer hatte sich in dieser Zeit schon aus dem operativen Geschäft mit den Multiplexen verabschiedet und erfand für Deutschland den neuen Trend der Luxuskinos. Mit dem Zoopalast hatte er ähnliches vor, einmal mehr wollte er das beste Kino überhaupt errichten. Mit Leder, Luxus und Service in der geschwungenen Nierentisch-Optik der 50er wurde der einst über 1200 Plätze umfassende Saal auf 800 breite Ledersessel mit flexibler Rückenlehne reduziert, drei Vorhänge geben den Blick auf die 200 qm große Leinwand frei und bei Premieren kommt ein zusätzlicher Wasserfall als vierter Vorhang dazu. Doch auch technisch setzt der große Saal Maßstäbe. Das Dolby-System Atmos schickt 150.000 Watt auf insgesamt 68 eigens konzipierte Konzertlautsprecher. Neben den besten Digitalprojektoren (2 x 4K in Saal 1) können auch 16, 35 und 70 mm-Filme gezeigt werden. Damit ist auch für künftige Festivalsegmente der Berlinale bestens gesorgt. Vier weitere Säle mittlerer Größe folgen dem gleichen luxuriösen Konzept, zwei als Bibliotheken konzipierte Studios mit je 50 Plätzen und einer eigenen kleinen Bar runden das Konzept ab. Neben Technik, Luxus und Komfort steht auch ein besonderer Service bereit. Garderobe, Platzanweiser, diverse gastronomische Angebote sollen das insbesondere ältere und zahlungskräftige Publikum wieder zu verstärktem Kinokonsum verführen. Rund 600.000 Besucher im Jahr werden erwartet. Und wer hier Schlangestehen befürchtet, kann beruhigt werden. Seit drei Jahren verhandeln die Verbände der Kinos und Filmverleiher über das papierlose Ticket, also den Zugang über den Barcode auf dem Smartphone. Am Tage der Eröffnung einigte man sich auf ein Procedere und Technik. In den nächsten Monaten werden demnach sukzessive alle Kinos, die die technischen Voraussetzungen erfüllen, nicht nur den OnlineKauf sondern auch den einfachen Zugang zum Saal anbieten. Der Zoopalast bietet es schon heute an. Grand Cinema nennt Flebbe sein Kino in Anlehnung an Grand Hotel; passend, denn direkt gegenüber hat Berlins neues Luxushotel Walldorf Astoria vor wenigen Monaten eröffnet. Zeit also, in Berlin den neuen Luxus zu genießen. Während im Hotel sicherlich stattliche Preise verlangt werden, sind die Tickets im Zoopalast ohne 3D für unter 14 zu haben. Übrigens: Lieselotte Pulver eröffnete auch diesmal das neue Kino und der Tagesspiegel schrieb: Der neue Zoopalast ist zum Weinen schön. Oder um einen Filmtitel zu nutzen: Besser geht’s nicht. KIM LUDOLF KOCH Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait ... gespräch zum film neue filme Haben kaum etwas gemeinsam: Eltern eines verzweifelten Regisseurs Regisseur Peter Liechti, Foto: Peter Liechti In Liebe und Verzweiflung Ein eigenes Genre Filmemacher Peter Liechti versucht mit filmischen Mitteln, seinen Eltern näher zu kommen. C Eine Annäherung an die Elterngeneration Peter Liechti, 1951 in St. Gallen geboren, hat Kunstgeschichte und Kunst studiert. Seit 1986 arbeitet er als Regisseur, Drehbuchautor, Kameramann und Produzent. „Vaters Garten“ ist sein siebter Langfilm. „Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern“ von Peter Liechti Sie sind fast 90 Jahre alt und seit über 60 Jahren verheiratet. Die Eltern des Filmemachers Peter Liechti scheinen aber kaum Gemeinsamkeiten zu haben. Um ihnen, ihrem gemeinsamen Leben und ihrem Verhältnis zu ihren beiden Kindern näher zu kommen, begleitet Liechti ihren Alltag, während er intime Interviews mit ihnen als Puppenspiel re-inszeniert. Wir sehen dann zwei Hasenpuppen, die offenherzig ihre Weltanschauung und ihren Blick auf das Leben preisgeben. Liechti gelingt ein sehr privater Film, der zugleich ein Generationenporträt ist. Seine jugendliche Rebellion als 68er gegen die spießigen Eltern weicht hier einem distanzierten Interesse. Seine Verzweiflung an diesen Eltern lebt auch er im Film als Puppe aus, die in wilden Zuckungen den Kopf auf den Tisch hämmert. CHRISTIAN MEYER VATERS GARTEN – DIE LIEBE MEINER ELTERN CH 2013 - Dokumentarfilm - Regie: Peter Liechti - Kamera: Peter Liechti, Peter Guyer Verleih: Salzgeber Start: 26.12. Lehrreiche Einblicke, phantastische Ausblicke Leben, ohne sich zu bewegen „Das Geheimnis der Bäume“ von Luc Jacquet Wie wächst und lebt der Wald? Und wie arrangiert er sich mit der Tierwelt? Der Film gibt Antworten. C Phantasievoll gestaltete Dokumentation Regisseur Luc Jacquet hat für seine „Reise der Pinguine“ den Oscar gewonnen. Nun widmet er sich den Bäumen und zur Beruhigung vorab: Sie sprechen nicht! Gemeinsam mit dem Botaniker Francis Hallé liefert Jacquet Wissenswertes über den Lebenskreislauf eines Waldes. Einmal gerodet, braucht ein solcher 700 Jahre für den Wiederaufbau. Die von einem prächtigen Sound-Teppich unterlegten Bilder vollziehen die Reise eindrucksvoll nach. Jacquet bedient sich pastellfarbener Animationen, um die Jahrhunderte lange Entwicklung nachzuvollziehen. Damit gestaltet sich seine Dokumentation ebenso phantasievoll wie lehrreich. Ein anschaulicher Reigen über ein Leben im Stillstand und über allerlei wundersame Strategien, die sich die Natur ausgedacht hat. HARTMUT ERNST Peter Liechti über „Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern“ engels: Herr Liechti, können Sie sich an den ersten Impuls erinnern, der Sie dazu brachte, einen Film über ihre Eltern zu machen? Peter Liechti: Das war eigentlich die Idee eines Freundes ... Doch dadurch ist mir klar geworden, wie wenig Zeit in meinem Fall noch bliebe, um ein solches Projekt anzugehen. Meine Eltern sind schon fast Neunzig, also war es höchste Zeit. Im Übrigen glaube ich, dass diese Art von Familienbildnis ein eigenes Genre bildet, nicht nur im Film, und dass jeder Künstler irgendwann in seinem Leben damit konfrontiert ist. Hatten Sie anfangs ein mögliches Ergebnis im Kopf? Haben Sie sich bei den Eltern eventuell mehr Selbsterkenntnis und -reflexion erhofft? Ich versuche, am Anfang eines Projekts möglichst offen zu sein und nicht zu sehr auf ein bestimmtes Ergebnis zu fokussieren. Ich will mich ja auch überraschen lassen – und ich bin tatsächlich überrascht worden, im positiven Sinn. Meine Eltern waren viel zugänglicher und ehrlicher, als ich es mir erhofft hatte. Es herrschte ein Klima des gegenseitigen Vertrauens während des Drehs. Selbsterkenntnis hatte ich mir bei den Eltern keine erhofft, hingegen bei mir schon. Tatsächlich glaube ich, dass mir durch die Arbeit an diesem Film einiges klar geworden ist. Sie scheinen weder die Eltern vorführen noch sie beschönigen zu wollen. Gab es ein Konzept, um die Balance zwischen den beiden Polen der Annäherung zu bewahren? Diese Balance zu finden war vor allem unsere Aufgabe während des Schnitts. Wir mussten unbedingt verhindern, dass der eine von beiden Elternteilen zu viel an Empathie verliert gegenüber dem anderen, dass sie auch nie vorgeführt oder bloßgestellt werden. Die Zusammenarbeit mit meiner Cutterin war entscheidend wichtig. Ihre aufgestaute Wut verbergen Sie vor den Eltern und reagieren sie nur als Puppe ab, unterlegt von Noiseattacken. Wie haben Ihre Eltern im Nachhinein auf diese aggressiven Puppenszenen reagiert? Meine Eltern haben überhaupt nicht reagiert auf diese Attacken. Vielleicht waren sie ihnen noch zu vertraut aus der Vergangenheit? Vielleicht waren sie beim Anschauen des Films auch viel zu sehr mit ihrem eigenen Bild beschäftigt, mit dem, was sie selbst zur Sprache bringen respektive was sie von ihrem Ehepartner zu hören/sehen bekommen. F 2013 - Dokumentarfilm / Natur - Regie: Luc Jacquet - Kamera: Antoine Marteau Verleih: Weltkino Start: 2.1. Wie haben die Eltern insgesamt den Film wahrgenommen? Fühlten sie sich nicht doch vorgeführt? Beide waren sehr erleichtert, als sie den fertigen Film zum ersten Mal zu sehen bekamen – in einer Sondervorführung in einem gemieteten Kino mit ausschließlich Familie und engen MitarbeiterInnen. Mutter sagte, sie hätte sich gefürchtet vor dem Resultat, doch es sei ein sehr feinfühliger Film geworden. Und Vater war offensichtlich zufrieden mit der Art, wie sein Garten und er selbst, vor allem als Hase, ins Bild kamen. Er wollte unbedingt als Hase aufs Poster – und nicht mit seinem eigenen Gesicht. Interview: CHRISTIAN MEYER www.engels-kultur.de/heute-im-kino 20 DAS GEHEIMNIS DER BÄUME Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine in Wuppertal comickultur wortwahl Last Min. X-mas’13 Insolvenz rückwärts Geschenktipps auf den letzten Drücker Ungewöhnliche Erzählformen im Comic Zwischen Tollwitz und Abermut: Ana Paula Maia lässt die Straßenköter los. Ein entfesselter „Krieg der Bastarde“ [A1, 208s, 18,80], der in seiner tragikomischen Mischung aus niederträchtigem Verbrechen und situativem Slapstick ein riesiges Herz für die Bewohner von Rio de Janeiros Straße offenbart. St. Pauli, Tennessee: »Punx dead«, denken sich Jonnie Schulz, Ted Memphis, Digger Barnes und Butch Meier und heben 2000 auf dem Kiez eine Countryund Western-Combo aus der Taufe, die den Fleischverzehr mit Senfkanone ankurbelt und nebenher die Szene in Schutt und Asche legt, bis es unweigerlich heißt: „Kein Zutritt für Hinterwäldler“ [Audiolith/Ventil]! Eine wahre Geschichte; zu 73 %. Kurz bevor 1986 die beiden bahnbrechenden Superhelden-Comics „Watchmen“ von Alan Moore und „Batman“ von Frank Miller das Genre nachhaltig dekonstruierten, hat bereits Dean Motter die Postmoderne in den Comic getragen: 1985 erschien die von ihm konzipierte Serie um den drogensüchtigen Wissenschaftler „Mister X“, dessen Zukunftsvision einer Stadt zum Alptraum mutiert ist. Nun will er die Entgleisung korrigieren. Gezeichnet wurde die Serie von damals noch wenig bekannten Erneuerern des Comics wie Seth oder den Hernandez Brothers. Cooles New Wave-Design paart sich mit Film Noir-Referenzen, Selbstreferentialität und trockener Humor charakterisieren die einflussreiche Serie, die nun erstmals auf deutsch in einem dicken Hardcover-Band erscheint (Schreiber & Leser). Mit „Liongos Lied“ erscheint der zweite und letzte Teil von Benjamin Flaos „Kililana Song“. Flao entfaltet mit seinen prächtigen Farbzeichnungen eine spannende Geschichte um den Alltag an der Küste Kenias, die Auswüchse des Tourismus, Drogenhandel und Geistergeschichten. Im Zentrum steht der Junge Naim, der in Lamu lebt, einer Stadt, die zum Weltkulturerbe gehört (Schreiber & Leser). Dem Untergang entgegen: In China fällt ein Sack Reis um und nichts passiert. In Odessa schläft eine Frau mit ihrem Freund und die Apokalypse nimmt ihren Lauf. Mit „Ostrov Moliga“ [Picus] hat Cordula Simon einen poetischen Totentanz komponiert, dessen fantastischer Realismus einen eigenen Swing entwickelt. Bond Is Back!: Dass er unsterblich ist, wussten wir schon immer. Zumindest auf der Leinwand. Literarisch hat man sich jedoch schon lange nicht mehr mit dem Leben und Wirken von 007 auseinandergesetzt. Doch genau 60 Jahre nach ’Geburt’ des Agenten im Dienste seiner Majestät hat die Ian Fleming Productions keinen Geringeren als William Boyd beauftragt, ihm ein neues „Solo“ [Berlin] auf den Leib zu schreiben, das die smarte Coolness von Mr. Bond ohne Effekthascherei zelebriert. Geschüttelt, nicht gerührt! Des Wahnsinns fette Beute: „Shooting Stars“ [Luftschacht]? Nichts als manische Schaumschläger in aufgeblasenen Luftschlössern! Herrlich agro setzt sich wenigstens Martin Mandlers Protagonist gegen die multimedialen Vorbilder mit ihren ausgetüftelten Lebensläufen zur Wehr. Kult mit Sinn und Verstand: Diesmal lässt Jim Jarmusch die Vampire los. Und wieder wird ihm kultische Verehrung zuteil werden. Verdienter Maßen. Denn neben seinem so coolen wie dichten Künstler-/Schauspielernetzwerk, blitzt in seinen Filmen immer auch eine genialische Intertextualität auf. Mit „Mind the Map“ [Schüren] führt Sofia Glasl durch die Galaxie hinter ejakulierenden Pferden und Zugabteilschatten. Unverbrannt: Sie sind und bleiben große Literatur, „Die Märchen von Hans Christian Andersen“ [Taschen]. Nicht nur für die Kleinen. Im Gegenteil. Seit Erscheinen sind sie Quell der Inspiration für Künstler unterschiedlichster Couleur – wie in dieser »phantastischen«, von Noel Daniel herausgegebenen Ausgabe mit ihren mal verträumten, mal avantgardistischen Illustrationen, Scherenschnitten und Vignetten. Im Spiegelkabinett: An der Oberfläche mögen sie mal schräge, mal verschrobene Charaktere mit unheilbaren Macken sein. „In einer Bar unter dem Meer“ [Haymon] entpuppen sie sich allerdings – ob uns das recht ist oder nicht – als Menschen wie wir. Wohlpointierte Erzählungen, in denen Christoph W. Bauer auf unprätentiöse Weise den Finger in ganz irdische Wunden legt. Die Magie des geschriebenen Wortes: Gut, der Hauptaufhänger dieses Magazins ist und bleibt der Film. Doch so grandios Adaptionen wie »No Country For Old Men« auch waren, die voluminöse Tiefe von Cormack McCarthys Werken bleibt auf der Leinwand immer unerreicht. Selbst wenn ein Ridley Scott Regie führt, ein Brad Pitt die Schmierbacke gibt und die Cruz das Unschuldslamm mimt. McCarthys Drehbuch zu „Der Anwalt“ [rowohlt] ist Hirnkino par excellence. Merry Christmas! Lars Albat 21 In Zusammenarbeit mit Philippe Otié erzählt der chinesische Zeichner Li Kunwu in „Ein Leben in China“ in epischer Breite seine Autobiografie von der Zeit Maos bis zur Gegenwart. Der Abschlussband „Die Zeit des Geldes“ beginnt 1980 und endet in der Gegenwart. Die groben Zeichnungen unterstreichen die Unsicherheit des Protagonisten, dessen Land sich in den letzten 60 Jahren seines Lebens so sehr verändert hat und voller Widersprüche steckt (Edition Moderne). Mit „Apollinaire“ erscheint der zweite Band der Pablo Picasso-Biografie „Pablo“ von Julie Birmant und Clément Oubrerie. Nachdem im ersten Teil sein bester Freund gestorben ist, streunt Pablo verzweifelt durch Montmartre, unterhält eine Auf-und-Ab-Beziehung zu seiner Muse Fernand und lernt neben Apollinaire auch Gertrude Stein kennen. Die tollen Farbzeichnungen entführen in ein mit trockenem Humor skizziertes wildes Paris des angehenden 20. Jahrhunderts (Reprodukt). Comic-Ignoranten gibt es in Frankreich nicht so viele wie in Deutschland. Dennoch muss Étienne Davodeau mit seinem Winzer-Freund Richard ein Abkommen schließen, um ihn in die Kunst der Comics einführen zu dürfen: Im Gegenzug muss sich Étienne mit der Winzerei beschäftigen. Schnell erkennen die beiden allerlei Parallelen zwischen ihren Professionen. „Die Ignoranten“ erzählt in detaillierten Schwarzweiß-Zeichnungen von einer Annäherung, von der Leidenschaft und der Gabe der Neugier (Ehapa). Sachcomics erfahren zur Zeit eine Renaissance. Neben biografischen Comics und Reportagen sind thematische Sachcomics noch eine Seltenheit. Mit „Economics“ haben sich Michael Goodwin und Dan E. Burr vorgenommen, per Comic zu erklären, „wie unsere Wirtschaft funktioniert (oder auch nicht)“. Ähnlich wie bei Scott McClouds berühmten Comics über das Medium Comic führt eine Figur durch das Buch und erläutert textreich, aber im klassischen Comicaufbau das Thema kritisch und fundiert. Die Bilder veranschaulichen, kommentieren oder ergänzen den Textblock. Über 300 Seiten kann das zwischendurch auch mal ermüden, bei leichter Verwirrung hilft das Glossar (Jacoby & Stuart). Wem da das Narrative fehlt, dem sei „Scheitern als Erfolg“ von David Cantolla empfohlen. Der Absturz des Unternehmers Cantolla nach der IT-Blase wird rückwärts erzählt. Das stellt die innere Logik auf den Kopf und führt zu überraschenden Erkenntnissen. Jan Diaz-Faes erzählt die autobiografische Insolvenz in schlichten Zeichnungen. CHRISTIAN MEYER unterhaltungsmusik textwelten Lesesaal im Museum Ludwig, Foto: Kunst- und Museumsbibliothek Köln Beinahe ein Heimspiel: Stephen Malkmus and the Jicks, Foto: Leah Nash Männer kaufen spontan Kinderliteratur Locker und luftig Das Interesse an Kinder- und Jugendliteratur steigt stetig Avantgarde-Easy Listening und dissonanter Indie-Pop Für Generationen von Kindern erschöpfte sich ihre literarische Anregung in einer zerlesenen Ausgabe des „Struwwelpeter“. Als sich die Literatur für Kinder und Jugendliche in ganzer Breite zu entwickeln begann, blieb ihr die literarische Anerkennung lange Zeit versagt. Kann Literatur für Kinder überhaupt „richtige“ Literatur sein? Über Astrid Lindgren sind viele lobende Worte gefallen, aber den Nobelpreis – wie immer einmal wieder gefordert wurde – mochte man ihr dann doch nicht verleihen. Und dabei ist es auch nach ihrem Tode geblieben, höhere Weihen bleiben der Erwachsenenliteratur vorbehalten. Der gebürtige Kölner Patric Catani hat als Teenager unter dem Alias E De Cologne irrwitzigen Gabber gemacht. Als Candie Hank widmet er sich Hip Hop, Ghetto Funk und anderen urbanen Definitionen von Cool, um sie betont uncool mit Spielzeugsounds, Country oder anderen galoppierenden Rhythmen zu verzieren. Hin und wieder kommt auch der Gabber-Reflex zum Vorschein und es wird ein wenig geschreddert (27.12., 20 Uhr, King Georg). Chilly Gonzales spielt nun schon zum dritten Mal kurz vor Jahreswechsel in der Philharmonie. In der Show präsentiert sich der kanadische Wahlkölner zusammen mit Streichorchester als Edutainer, der Comedy, Musikschule und Konzert miteinander verbindet (28.12., 21 Uhr, Philharmonie). Am 29.12. läuft um 15 Uhr mit Miloš Formans „Amadeus“ der Lieblingsfilm des Pianisten im Filmforum NRW. Gonzales ist anwesend und gibt eine Einführung. Seit fünf Jahren veranstaltet die c/o-pop in der Winterzeit die „Cologne Musik Week“. Das einwöchige Festival gibt Newcomer-Bands aus der Region die Möglichkeit, sich einem größeren Publikum vorzustellen. Vom 14. bis zum 19. Januar werden in 13 Locations in ganz Köln zahlreiche junge Bands, aber auch elektronische Acts und DJs bei meist freiem Eintritt ihre Musik präsentieren. Im Programm finden sich auch immer wieder langjährige Wegbegleiter des musikalischen Lebens der Region wie z.B. Justus Köhncke, der sein gerade erschienenes Album „Justus Köhncke & The Wonderful Frequency Band“ im Gepäck hat (www.colognemusicweek.de). Fast zeitgleich findet in der Kölner Apostelkirche das Ambientfestival „Zivilisation der Liebe“ statt. Vom 17. - 21. Januar kann man dort kontemplative Konzerte von Nils Frahm, Thomas Köner oder dem Piano-Maniac Lubomyr Melnyk mit seiner Continous Music genießen (www.ambientfestival.de). Semi-Elektronischen Indie-Pop macht das Quartett Caged Animals. Ihre smarten Popsongs wirken wackelig wie erste Gehversuche, die wohl dosierte Mischung aus Catchyness, Dissonanzen und Low Fi-Sound macht aber schnell klar, dass die Band aus New Jersey sehr wohl weiß, was sie da tut (19.1., 20.30 Uhr, Studio 672). Gerade ist die Kraftwerk-Biografie von David Buckley auf deutsch erschienen, wo auch Karl Bartos zu Wort kommt, demnächst erscheint außerdem Bartos‘ Autobiografie über seine 15 Jahre bei Kraftwerk. Mit seinem Album „Off the Record“ hat der Co-Autor von Klassikern wie „Das Model“ oder „Taschenrechner“ in diesem Jahr Skizzen aus jenen Tagen ausformuliert. Die klingen irgendwie nach Kraftwerk, hängen aber auch etwas unglücklich irgendwo zwischen dem Damals und dem Heute (25.1., Live Music Hall). Der Hamburger Elektronik-Künstler Felix Kubin hat sich mit der polnischen Mini-Big Band Mitch and Mitch zusammengetan, um Gebrauchsmusik für alle Lebenslagen zu entwerfen. Das Konzert aus der Reihe Reconstructing Song beschert uns neben einer vollen Bühne vielleicht auch so etwas wie Avantgarde-Easy Listening (30.1, 20.30 Uhr, Stadtgarten). Der ehemalige Pavement-Frontmann Stephen Malkmus lebt seit ein paar Jahren in Berlin, in Köln war er jüngst häufig zu Gast. Nicht zuletzt, um beim letzten Week-End Festival zusammen mit den Kölnern Von Spar das Can-Album „Ege Bamyasi“ zu interpretieren. Das neue Album „Wig Out at Jagbags“ ist dann auch – wie er selbst angibt – nicht nur von seinen Berlin-Eindrücken, sondern auch von seinen Köln-Besuchen beeinflusst. Es ist mit Hilfe von Malkmus‘ eingespielter Band The Jicks ein lockeres, luftiges Rockalbum geworden, das gleichermaßen leicht und komplex klingt. Das Konzert ist dann beinahe ein Heimspiel (31.1., 19.30 Uhr, Gebäude 9). Warum sollte sich daran im Zeitalter der Digitalisierung etwas ändern? Dass sich aber tatsächlich etwas verändert, zeigt jetzt die Kinder- und Jugendbuchstudie, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Auftrag gegeben hat. Demnach kaufen immer mehr Männer Bilderbücher und Jugendliteratur. Bei genauerer Nachfrage zeigt sich, dass es sich um spontane Kaufentscheidungen handelt, die sich während des Stöberns in den Buchhandlungen ergeben. Offenbar lässt man sich verführen von einem Angebot, das starke Titel und gut gemachte Illustrationen bietet. Ein Erwachen geht offenbar durch die Generationen. Um 50 Prozent stieg der Zuspruch der Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren. Und die Zehnjährigen verbindet mit den über Dreißigjährigen die Tatsache, dass ein Viertel der Käufer die Bücher erwerben, um sie selbst zu schmökern. Die spezifische Situation des E-Books zeigt sich deutlich in den Statistiken. Interessant ist das E-Book für erfahrene Leser und für die Vielleser unter ihnen. Mit dem E-Book lockt man keine Lesemuffel ins Paradies der Belletristik. Erst wenn man sich schon in ihm auskennt, lernt man auch die Möglichkeiten des E-Books schätzen. So greift nur ein Prozent der Kinder und Jugendlichen nach dem E-Book und nur fünf Prozent können sich vorstellen, in ferner Zukunft einmal ein E-Book zu favorisieren. Gerade die jungen Leser, die sich gut mit den digitalen Medien auskennen, bevorzugen zu über zwei Dritteln den Kauf in einer Buchhandlung um die Ecke. Kinder schätzen „kleine Buchhandlungen“, weil 93 Prozent dort die Ruhe beim Ansehen und Reinlesen finden, die sie sich wünschen. Also eine Absage an die Sitzlandschaften der großen Buchhandelsketten. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Aussage, dass Kinder und Jugendliche gerade die Beratung in einer Buchhandlung besonders schätzen. Interessant auch, dass erst im Kreis der über 50Jährigen das Internet beim Erwerb eines Buches gut im Rennen liegt. Für junge Leser ist die Buchhandlung offenbar reizvoller als das Netz, wenn sie Entdeckungen machen wollen. Obwohl die Jahresumsätze in den letzten Jahren stetig sanken und niemand mehr damit rechnet, dass einstige Gipfel noch einmal erklommen werden können, zeigt sich doch, dass es an der Basis, im Bereich der Kinder und Jugendlichen, noch einen Hunger auf Bücher gibt. Hier sind zwar auch die Verluste jener Teenager, die nie mit einem Buch in Berührung kommen, gravierend, aber die Statistiken zeigen auch, dass es sich lohnt, um diese Käuferschicht zu kämpfen. Denn unter den 80.000 Besuchern, die in diesem Frühjahr innerhalb von einer guten Woche in Köln zur lit.Cologne strömen, gehört ein Drittel zum Nachwuchs. Mit dem müsste sich doch noch etwas entwickeln lassen wenn nun auch die Erwachsenen schon ein interessiertes Auge auf das Angebot für die Kleinen werfen. THOMAS LINDEN 22 CHRISTIAN MEYER improvisierte musik in NRW klassik in NRW Bonner Musiker als Filmstars Festivalgründerin Angelika Niescier Geheimnis gelüftet Tradition erreicht Von Olsf Weiden Die meisten freien Dokumentarfilmer erleben seit Jahren magere Zeiten. Es wird gespart, auch die öffentlich-rechtlichen Sender stöhnen unter dem selbst verordneten Diätplan. Doch gebiert die Not bekanntlich auch frische Blüten: Immer mehr Filmer nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand und reagie„Der Filmemacher ist ren nicht erst, wenn der Sender eingereibekennender musikalischer chte Vorschläge abgenickt hat. Das geht Analphabet“ natürlich nur, weil die Produktionsteams in unseren Tagen durch technische Entwicklung in der Personalstruktur und -dichte wie durch eine natürliche Wirtschaftsberaterfirma gestrafft und konzentriert wurde – eine Person sollte reichen. Von Olaf Weiden Der Termin ist extrem günstig. Am ersten Wochenende im Neuen Jahr klingeln die guten Vorsätze noch lautstark in den Ohren: Weniger coachen oder chillen, weniger fernsehen, weniger ausgeben, auch mal Kultur genießen statt nur abzuhängen. Und da steht der „Winterjazz“ vor der Tür, ein einziger „Da laufen spontan alarmierte Termin, vollgestopft mit Jazz und engaMusiker zusammen“ gierten Musikern aus dem Umland, die Gelegenheit für einen Ein- oder Überblick auf einen Schlag – und Einritt frei! Jetzt zündet diese Bombenidee aus New York zum dritten Mal im Kölner Stadtgarten. Schön, dass diese Institution weiter unangepasst auf Konfrontation setzt. Denn weitestgehend handelt es sich um Musiken, die bei Laien häufig so beschrieben werden: Jazz ja, aber nicht diese(s) … Und genau diese Spielarten auf dem breiten Acker des Jazz werden beim Winterjazz geerntet. Das ist sehr ungewöhnlich, denn fast alle Festivals und Jazzevents planen zwangsläufig nach der Einschaltquote und weiten ihren Jazzbegriff in populäre Gefilde. Die löbliche Ausnahme in Moers reduziert sich zunehmend. Dagegen expandiert das kleine Winterjazz-Fest wie versprochen: Weitere fußläufig erreichbare Spielorte rund um den Stadtgarten wurden erschlossen und integriert. Nach dem bereits im Vorjahr aktivierten „Zimmermann’s“ ist jetzt noch das irische Lokal „The Harp“ mit einbezogen worden. Nun also auf fünf Bühnen an drei unterschiedlichen Orten werden dieses Mal einundzwanzig Bands – etwa 70 Musikerinnen und Musiker – zu hören sein. Ein Film zeigt, wie Musik entsteht Zum dritten Mal färbt sich der Kölner Winter blue Dass dabei sehr schöne Produkte entstehen können, zeigt ein aktuell erstelltes Orchesterportrait des Bonner Beethovenorchesters. Dabei lüftet der Filmemacher Gerhard von Richthofen das „Geheimnis der Sinfonie“. Er hat das Orchester auf einer dreiwöchigen Amerika-Tournee begleitet und ist dabei auf Tuchfühlung mit den künstlerischen Persönlichkeiten gegangen, die in einer Masse namens Orchester berufsbedingt abtauchen. Sehr sympathisch gelingt dieser Ansatz, weil Richthofen bekennender musikalischer Analphabet ist und daher schamlos nützliche Fragen stellt. So entwirrt diese filmische Spurensuche das abstrakte Bild des sinfonischen Orchesters in seine Protagonisten, die ihre Instrumente und deren Besonderheiten und Funktionen erklären. Der Zuschauer erfährt nicht nur Privates über die Solisten im Orchester, sondern hört auch, wie der Solotrompeter ohne Instrument nur auf den Lippen eine Tonleiter bläst, warum die Holzbläser an ihren sogenannten Blättchen herumfeilen und wie total verschieden sich ein Geigenton artikulieren lässt. Der Film nimmt sich die Zeit, die er hat – drei Wochen Haut an Haut mit den Akteuren, da landet einiges auf dem Schnittpult. Mit Musik werden die Einzelszenen gebunden, das hat Richthofen pädagogisch wertvoll gestaltet. Die Musiker haben allerdings auch begeistert mitgemacht bei diesem Portrait, das auch unterschwellig die Musik von Ludwig van Beethoven vermittelt – die Tournee der Bonner hatte nur Musik ihres prominentesten Sohnes an Bord, entsprechend heißt der Film nun „Beethovens Orchester“. Olaf Weiden Musiker und Musikkritiker Der Film wurde finanziert durch eine Crowdfunding Kampagne auf www.startnext.de und u.a. unterstützt vom Beethoven Orchester Bonn, ohne dass daraus ein Werbefilm entstanden wäre. Es ist eine interessante Studie, die nichts verkaufen muss. Und es kommt tatsächlich alles aus einer Hand, ohne dass ein Redakteur abschließend daran gefummelt hat. Die DVD kann man kaufen oder den Film gegen Gebühr herunterladen – ein toller Film über Musik und wie sie entsteht. Gerhard von Richthofen: Beethovens Orchester Eine Centaurusfilm Produktion | www.Beethovens-orchester-derfilm.de 23 Der Stadtgarten bleibt das Zentrum des Festivals, hier agieren die Musiker im flotten Wechsel vom Keller bis ins Restaurant. Bisher war der Zustrom der Gäste beängstigend gewaltig und schwappte jeweils wie eine große Welle über das Gebäude. Musik konnte nur eingepresst in eine Menschentraube konsumiert werden, die Musiker kamen teilweise gar nicht mehr an ihre Einsatzorte. Gemeinhin wird solches Versagen der Institution als triumphaler Erfolg der Veranstaltung gewertet, da darf man geteilter Meinung sein. Toll ist aber, dass sich zu diesem von der in Köln lebenden Saxophonistin Angelika Niescier ins Leben gerufene Fest so viele neugierige Menschen angezogen fühlen. Um das Event auch in der Stadt präsent zu halten, initiiert die Musikerin am Tag des Winterjazz einen Flashmob auf dem Neumarkt – da laufen spontan alarmierte Musiker aus der ganzen Stadt mit ihren Instrumenten zu einer gewaltigen Masse zusammen und werden gehörig Krach machen. Musik am Abend steuern gestandene Stadtgartenmusiker wie Patamaster Norbert Stein oder der Piano-Weltmusiker Hans Lüdemann bei – und natürlich die Erfinderin des Kölner Winterjazz persönlich. Die Musikerin mit polnischen Wurzeln hat eine schöne Gemeinde aus jungen Talenten und versierten Recken aufgestellt, darunter auch den Raab-Gitarristen Hanno Busch oder den komponierenden Pianisten Jürgen Friedrich. Stilistisch gibt es in dieser heterogenen Gesellschaft keine Grenzen: Alles ist möglich. „Winterjazz Köln“ | Fr 4.1. 18.30 Uhr | Stadtgarten Köln www.winterjazzkoeln.com kompakt disk popkultur in NRW Mal beschleunigt, mal entschleunigt Von High-Speed House zu Slowmotion-Metal Das achte Album von Mogwai heißt „Rave Tapes“, und tatsächlich kann man sich über den elektronischen Einschlag wundern. Zwar gab es das auch vorher schon, aber in Stücken wie „Simon Ferocious“ oder „Remurdered“ sind die Synthesizer schon sehr präsent. Allerdings lassen die aufsteigenden Gitarrenwände dann auch nicht lange auf sich warten und man kann sich schnell wieder am typischen Mogwai-Sound laben (Rock Action). Der ehemalige Pavement-Frontmann Stephen Malkmus lebt seit ein paar Jahren in Berlin, und in Köln war er zuletzt auch häufig zu Gast. Nicht zuletzt, um beim letzten Week-End Festival zusammen mit den Kölnern Von Spar das Can-Album „Ege Bamyasi“ zu interpretieren. „Wig Out at Jagbags“ ist dann auch – wie er selbst angibt –nicht nur von seinen Berlin-Eindrücken, sondern auch von seinen Köln-Besuchen beeinflusst. Es ist mit Hilfe von Malkmus‘ eingespielter Band The Jicks ein lockeres, luftiges Rockalbum geworden, das gleichermaßen leicht und komplex klingt. Ein Jahr davor haben Family Fodder auf dem Mitte Dezember in die dritte Runde gegangenen Week-End Festival gespielt. Die inzwischen fast vergessene New Wave Band hat fröhlich-experimentellen Pop gemacht und gerne auch Reggae-Elemente in ihre Songs eingebaut. Ihre Musik klingt gleichermaßen unbekümmert wie raffiniert. Das Berliner Label Staubgold veröffentlicht das erste Album „Monkey Banana Kitchen“ von 1979 und die EP „ScHiZoPhReNiA pArTy!“ von 1981 auf Vinyl. Auf CD gibt es nicht nur die beiden Platten zusammen, sondern als Bonus außerdem noch die Singles „Film Music“ (‚81) und „The Big Dig“ (‚82). How slow can you go? Die Mülheimer Band Bohren & der Club of Gore hat sich in den letzten 18 Jahren dem Lounge-Doom verschrieben. Ihr jazziger Sound – Rührbesen, Rhodes Piano, Saxophon – geht gedanklich von Doom Metal und Film Noir aus und scheint in seiner Gedehntheit beinahe nach jedem Ton stehen zu bleiben. „Piano Nights“ führt diese Tradition erbarmungslos fort. Songtitel wie „Fahr zur Hölle“ treffen die Stimmung ebenso wie „Segeln ohne Wind“ (Pias). Weihnachtliche und winterliche Stimmung verbreitet wie jedes Jahr die Compilation „Pop Ambient“ aus dem Hause Kompakt. Die Stücke für das Jahr 2014 sind von alten Bekannten wie The Bionaut (Jörg Burger alias The Modernist), Wolfgang Voigt, Ulf Lohmann oder Thomas Fehlmann und tragen mit flächigen Sounds zur feierlichen Entschleunigung bei. Über zehn Jahre stand das Label Dance Mania für den Clubsound von Chicago. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre war es House und Acid von Marshall Jefferson, Farley Jackmaster Funk. L‘il Louis und Anderen, in der ersten Hälfte der 90er wurde es mit DJ Rush, Robert Armani oder Paul Johnston härter und technoider und führte Mitte der 90er Jahre direkt zu explizitem Ghetto House, der heute als Chicago Juke und Footwork firmiert. Das Label Strut würdigt Dance Mania mit der Compilation „Hardcore Traxx: Dance Mania Records 1986-1997“, die 24 Stücke auf zwei CDs versammelt. Das Label wird demnächst wiederbelebt. In seiner „Kraftwerk“-Biografie lässt David Buckley nicht nur zahlreiche Wegbegleiter wie Wolfgang Flür, Karl Bartos, Michael Rother uva. zu Wort kommen, er erkundet auch den großen Einfluss der Düsseldorfer Band auf die elektronische Musik seit Mitte der 70er Jahre – von Gary Numan und Human League bis zu House und Techno. Neben dem musikalischen Phänomen untersucht er auch das Erscheinungsbild des Gesamtkunstwerks Kraftwerk – vom visuellen Aspekt bis zu dem Umgang mit Medien. Dabei entfaltet sich nebenbei auch eine Geschichte des Nachkriegsdeutschlands (Metrolit). CHRISTIAN MEYER Die Drums stolpern rhythmussicher von einem Glitch in den nächsten: Low Leaf Die Beat-Wissenschaftler Melting Pot Music erforschen den Nischen-HipHop Von Christian Werthschulte Die Nische wohnt im Erdgeschoss. Zumindest bei Melting Pot Music ist das so. Mitten in Ehrenfeld hat das Label von Oliver von Felbert das, was andere Leute als „Geschäftssitz“ bezeichnen: ein Zimmer mit Vinylverkauf vorne, einen Büroraum + Lager hinten, „Ein Label hat heute gemeindazwischen ein paar Schreibtische. Was schaftsstiftende Funktion“ man von außen nicht sieht: Hier residiert Kölns feinstes HipHop-Label. Vor gut zehn Jahren wagte von Felbert nach einer Zeit als Musikjournalist und A&R bei einem Kölner Vertrieb den Sprung in die Selbständigkeit – zu einer Zeit, in der sich die Krise der Musikindustrie langsam abzeichnete. „Es gab damals Producer, bei denen wir gedacht haben, das ist so gut, das muss man rausbringen“, erzählt von Felbert. Denn damals wie heute lag der Fokus auf HipHop als Beat Science, als Wissenschaft der geraden und ungeraden Schläge aus der ganzen Welt. Und die Wissenschaft praktiziert das Label bis heute – und zwar in seiner ganzen Bandbreite. Die Kölner Fleur Earth Experiment produzieren soulige Beats, die weit von einer loungigen Gemütlichkeit entfernt sind und durch die idiosynkratische Stimme von Sängerin Fleur an Roughness und Tiefe gewinnen. Im Sound der Fillippina Low Leaf legen sich Harfensprengsel und Synthmotive über entspannte HipHop-Beats, bei denen die Drums rhythmussicher von einem Glitch in den nächsten holpern, während sie ihre Texte wahlweise als Diva, Rapperin oder entrückter Hippie ins Mikrofon haucht. Der Wahl-Berliner Suff Daddy türmt dagegen seine Cratedigging-Funde zu meterhohen Beat-Sample-Wolkenkratzern auf, denen trotz der handverlesenen Zutaten niemals die Derbheit verloren geht oder sich in dulldreister Geschmackssicherheit verliert. Und das Kölner Produzenten-Duo Hade + DWFL kondensiert die international zirkulierenden Bassmusik-Memes zwischen Trap, Ghettofunk und Footwork zu Tanzflur-Füllern zeitgenössischer Bauart. “Es wäre wirklich schwer, einen Labelsound zu beschreiben“, meint Oliver von Felbert. „Es ist halt Melting Pot Music.“ Was nicht bedeutet, dass die Releases keine Signatur haben. Abseits der durchgängig hohen musikalischen Qualität bestechen sie durch ein liebevoll designtes Artwork, das den Releases nicht nur eine haptische Qualität, sondern auch ein wenig Unverwechselbarkeit verleiht. Denn die Funktion von Labels hat sich während der knapp zehnjährigen Existenz von Melting Pot Music gewandelt. Früher waren Labels nötig, um überhaupt seine Musik unter die Leute zu bringen, heute hat ein Label eher eine gemeinschaftsstiftende Funktion, eine Art Familie, die sich nicht nur um Tonträger kümmert, sondern auch um das Konzert- und DJ-Booking. „Für mich ist ein Label auch eine Art Filter, mit der ich klar mache, dass ich an einen Künstler glaube“, meint von Felbert. Wie weit dieser Glauben geht? „Naja, man muss sich schon einmal in der Woche bei seinen Künstlern melden“, meint von Felbert und lacht und ist schon wieder auf dem Sprung. In Köln-Mülheim dreht sein neuester Act Veedel Kaztro, ein Reimschmied erster Kajüte, ein neues Musikvideo. Und wie das halt in der Christian Werthschulte Nische so ist, darf einer beim Dreh nicht fehlen: der LaJournalist und belchef. Musikkritiker Weitere Infos: www.mpmsite.com 24 kunst & gut Silke Schatz, Ausstellungsansicht Neuer Kunstverein Wuppertal, © Silke Schatz, Neuer Kunstverein Wuppertal, Foto: Andreas M. Wiese Orte und Biographien Silke Schatz stellt im Neuen Kunstverein aus Die monumentalen Buntstiftzeichnungen, die Architektur in fluchtenden Farblinien fixieren, dabei Fassaden und Innenräume verschränken die durchlässig für Raumtiefen sind, bilden einen Schwerpunkt im Werk von Silke Schatz. Überlebensgroß, dabei lapidar von der Papierrolle geschnitten, verbinden sie präzise Bestandsaufnahme und Sprödigkeit mit vitalem Ereignis und Geschichte. Geschwindigkeit mit Langsamkeit. In der entschiedenen, geometrisch bestimmten Klarheit der Linien und Strichbündel, werden Motive und Themen zum Urbanismus, zum architektonischen Wandel, aber auch zum Umgang mit privater und kollektiver Erinnerung angesprochen. Damit wurde Silke Schatz ab Ende der 1990er Jahre bekannt und etwa zur Manifesta 2004 nach San Sebastian eingeladen. Fortan zählt sie zu den wichtigen Künstlern im Bereich der Zeichnung. Die Buntstiftzeichnungen sind nicht das einzige Medium, in dem Silke Schatz arbeitet, aber sie takten ihr Oeuvre. Schnipsel aus derartigen Zeichnungen können sogar in anderen Werken wiederkehren. Im Neuen Kunstverein im Kolkmannhaus ist nun die neueste Zeichnung zu sehen. Sie zeigt das Schauspielhaus Wuppertal als gläserne Struktur aus Aufriss und Grundriss. Auch wenn das Gebäude wiedererkennbar ist, lässt sich nicht alles aufdröseln, darum geht es Silke Schatz gerade nicht. Ihr liegt vielmehr an der Durchdringung objektiver und subjektiver Ebenen. Sie spinnt gewissenhaft Assoziationsfäden, die im Kopf weiterzudenken sind. Sie verdeutlicht die Architektur und spricht implizit das traurige Ende des Theaters an. Natürlich denken wir an das Tanztheater von Pina Bausch. Vielleicht weisen die Kleidungsstücke, die daneben an einem grünen Garderobenständer hängen, auf Theater und Theatralik, Fremdheit und kulturelle Identität. Im Kolkmannhaus separiert der Ständer die Zeichnung vom Eingangsbereich und forciert ihre frontale Ansicht. Und gibt der Ständer nicht auch der seitlichen Türöffnung, hinter der sich ein Lager befinden könnte, einen Sinn? Übrigens stammen die Kleidungsstücke aus dem familiären Umfeld von 25 Silke Schatz – autobiographische Momente schwingen in den meisten ihrer Arbeiten mit. Hier sind sie vor allem Surrogat für den theatralischen Kontext. In Wuppertal arbeitet Silke Schatz dezidiert mit dem Ausstellungsraum. Hinter den Säulen sind Neonröhren angebracht, welche den Raum ausleuchten und wie eine Unterführung aussehen lassen. Die skulpturalen Szenen erhalten den Charakter von Relikten, wirken teils abgestellt und tragen augenblicklich Momente der Erinnerung. Licht erweist sich als Leitmotiv, überhaupt im Werk von Silke Schatz. Die Blütenkelche der Physalis, eines Nachtschattengewächses, leuchten von innen. Sie betonen die Künstlichkeit des Kübels, in den sie einbetoniert sind. Anfassen möchte man nichts – die Giftigkeit von Asbest deutet sich an, Silke Schatz erwähnt es im Gespräch, ein Problem generell in vielen Städten. Aber noch ein weiteres Mal geht es um Wuppertal, im Film, der auf einem Monitor an der Stirnwand die Ausstellung sozusagen beschließt. Silke Schatz hat mit ihrem i-Phone eine Fahrt mit der Schwebebahn aufgenommen, mit dem Sound der Umweltgeräusche in Echtzeit. Alles ist alltäglich, unspektakulär, wirkt austauschbar, aber ohne es recht zu merken, nähern wir uns dem „Eigentlichen“ von Wuppertal. Über seine urbanen Sünden und kleinen Schönheiten hinaus erfahren wir den besonderen Klang dieser Stadt. Indes ist konsequent, dass am Anfang der Ausstellung die Selbstvergewisserung der Künstlerin, die aus Celle stammt, in Braunschweig studiert hat und in Köln lebt, steht: Silke Schatz zeigt die fast lebensechte Puppe „Ich“ mit Socken im Look der 1970er Jahre, beleuchtet von einer Stehlampe, deren Glühbirne als einziges Licht außerhalb der Öffnungszeiten leuchtet: Nacht in der Großstadt eben. THOMAS HIRSCH „Silke Schatz – Sunshine Day and Night“ | noch bis 12. Januar im Neuen Kunstverein Wuppertal | www.neuer-kunstverein-wuppertal.de kunst-kalender KÖLN – Photographische Sammlung www.photographie-sk-kultur.de Bernd und Hilla Becher bis 26.1. Vorgestellt wird die Motivgruppe der Hochöfen, welche das Fotografen-Paar über Jahrzehnte in dokumentarischer Sachlichkeit aufgenommen hat KÖLN – Museum Ludwig www.museum-ludwig.de Not Yet Titled bis 26.1. Neupräsentation der Sammlung mit den Neuerwerbungen und noch nicht gezeigten Werken, die dem Verhältnis amerikani-scher und europäischer Kunst nachgeht KÖLN – Rautenstrauch-Joest-Museum www.museenkoeln.de Made in Oceania bis 27.4. Thematisiert wird der Tapa, ein rötlicher Stoff, der aus der Baumrinde gewonnen ist und im Pazifik ebenso im alltäglichen Leben wie im Kunstbetrieb verwendet wird KÖLN – Wallraf-Richartz-Museum www.wallraf.museum.de Geheimnisse der Maler bis 9.2. Meisterwerke der Kunst des Mittelalters aus Köln, unter anderen mit Stefan Lochner; zugleich werden Aspekte der Restaurierung alter Kunst vorgestellt KREFELD – Museum Haus Esters www.kunstmuseenkrefeld.de Sven Drühl, F.H. (Neon), 2013, Neonröhren auf Plexiglaskasten, 210 x 160 x 15 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn; Von der Heydt-Kunsthalle, Wuppertal Museumslandschaft NRW LEVERKUSEN – Museum Morsbroich www.museum-morsbroich.de AACHEN – Ludwig Forum Dortmund – MKK ESSEN – Museum Folkwang Nancy Graves bis 16.2. Werkschau mit Installationen, Skulpturen, Gemälden und Filmen der einflussreichen amerikanischen Künstlerin zwischen Spurensuche und Hyperrealismus Herlinde Koelbl bis 2.3. 70 Doppelporträts, die Menschen in ihrem Alltag und in ihrer Berufskleidung vorstellen und so den Einfluss von Kleidung für unsere Wahrnehmung verdeutlichen Douglas Gordon bis 2.3. Der berühmte schottische Videokünstler mit einer Rauminstallation mit 180 Fotos und genauso vielen Spiegeln, die von Wahrnehmung und Identifikation handelt www.kunsthalle-bielefeld.de Dortmund – Museum Ostwall www.ruhrmuseum.de To Open Eyes bis 16.2. Zentrale Positionen zur Textilkunst und zur Kunst mit Stoffen zwischen Handwerk und Konzept von den Wiener Werkstätten und Sonia Delaunay bis zu Sergej Jensen www.museumostwall.dortmund.de Anybody can have an idea bis 8.2. Die Dortmunder Sammlung in einer Neupräsentation, die vom frühen 20. Jh. bis in die Gegenwart reicht, mit Schwerpunkten auf Fluxus und ZERO Ausgewählt bis 27.4. Vorgestellt werden wichtige Exponate der Sammlung aus der vorindustriellen Zeit vom 5. bis 18. Jh., die die Geschichte und Bedeutung des Ruhrgebiets dokumentieren BOCHUM – Kunstmuseum www.kunstmuseumbochum.de DÜSSELD. – Museum Kunstpalast www.smkp.de GELSENKIRCHEN – Kunstmuseum Aliento bis 2.2. Ein Einblick in die zeitgenössische Kunst Kolumbiens mit 10 Positionen von der Malerei bis zu den Neuen Medien, aus dem Bestand der Daros Collection Candida Höfer bis 9.2. Überblick über das Werk der bekannten Fotografin anhand von Fotografien und Diaprojektionen, die Orte und Räume in Düsseldorf zeigen ZERO bis 19.1. Die Rekonstruktion der ZERO-Ausstellung, die vor 50 Jahren im Halfmannshof zu sehen war und die Protagonisten dieser Avantgarde-Bewegung vorstellte BONN – Kunst- und Ausstellungshalle www.kah-bonn.de Florenz! bis 9.3. Eine kultur- und kunstgeschichtliche Ausstellung mit zahlreichen Meisterwerken, welche die Bedeutung von Florenz von der Renaissance bis ins 19. Jh. dokumentieren DÜSSELDORF – K21 Ständehaus HAGEN – Emil Schumacher Museum Tomás Saraceno bis Herbst 2014 Eine raumgreifende Installation direkt unter der Kuppel des Ständehauses, zum Betrachten aber auch zum Betreten in schwindelerregender Höhe Kricke und Schumacher bis 14.4. Eine dialogische Präsentation mit dem Bildhauer Kricke und dem Maler Schumacher, deren Werke seit den 1950er Jahren Linie und Raum thematisierten bottrop – Museum Quadrat www.lehmbruckmuseum.de www.ludwigforum.de Bielefeld – Kunsthalle www.quadrat-bottrop.de Josef Albers als Lehrer bis 30.3. Der berühmte Farbfeldmaler als Lehrer am Bauhaus, am Black Mountain Collage und der Yale University mit Werken von sich und von seinen Schülern BRÜHL – Max Ernst Museum www.maxernstmuseum.lvr.de Das 20. Jahrhundert bis 13.4. Werke von Max Ernst als Schenkungen und Leihgaben der SchneppenheimStiftung, ausgehend vom wichtigen Gemälde „The Twentieth Century“ (1955) mkk.dortmund.de www.kunstsammlung.de DUISBURG – Lehmbruck Museum Bilder des Aufbruchs bis 9.2. Wilhelm Lehmbruck als Bildhauer, Maler und Zeichner im Kontext der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland und Paris DUISBURG – Museum Küppersmühle Alicja Kwade bis 16.2. Objekte und Installationen mit unterschied-lichen Materialien und Fundstücken, die ein komplexes Geflecht wissenschaftlicher und ökonomischer Systeme entwerfen www.museum-folkwang.de ESSEN – Ruhr Museum www.kunstmuseum-gelsenkirchen.de www.esmh.de HAGEN – Osthaus Museum www.osthausmuseum.de Hans Kotter bis 12.1. Lichtobjekte, die geometrische Verläufe mittels Spiegelungen in die Unendlichkeit fortsetzen und die Wahrnehmung von Farbe thematisieren www.museum-kueppersmuehle.de KÖLN – Kolumba Fred Thieler bis 2.2. Werküberblick zu dem Berliner Maler (1916-1999), der mit seinen Bildern, für die er die Farbe auf die Leinwand goss, zu den Pionieren der informellen Kunst gehört zeigen verhüllen verbergen bis 15.8. Ausgehend vom Schrein der christlichen Liturgie visualisiert die Jahresausstellung die Ästhetik des Unsichtbaren im Dialog mit Kunst unserer Gegenwart www.kolumba.de 26 Zilla Leutenegger bis 12.1. Eine „Biographie in Bildern“ der Schweizer Künstlerin (geb. 1968), die Zeichnungen etwa mit Kleidungsstücken kombiniert und poetische Assoziationsräume schafft NEUSS – Langen Foundation www.langenfoundation.de Bernard Réquichot bis 23.3. Farbintensive Malerei zwischen Abstraktion und Surrealismus sowie Papiercollagen mit Fundmaterial des heute legendären Pariser Künstlers (1929-1961) OBERHAUSEN – Ludwiggalerie www.ludwiggalerie.de Andy Warhol 19.1.-18.5. Ein Überblick über das Werk von Andy Warhol als Pop Art-Künstler, mit einem Schwerpunkt auf den bekannten Druckgraphiken der frühen Jahre RECKLINGHAUSEN – Kunsthalle www.kunst-re.de Kunstpreis junger westen bis 2.2. Endauswahl zu diesem wichtigen Preis: 18 Positionen zeitgenössischer junger Malerei vom Ungegenständlichen über die Abstraktion hin zum Realismus WUPPERTAL – Von d. Heydt-Museum www.von-der-heydt-museum.de Sven Drühl bis 26.1. Überblick über die konzeptuell motivierte Malerei von Sven Drühl (geb. 1968), der Kunst- und Architekturgeschichte als Basis seiner eigenen Bilder verwendet WUPPERTAL – Von d. Heydt-Museum www.von-der-heydt-museum.de Sammlung Gigoux bis 23.2. Der Maler Jean Gigoux (1806-1894) mit seiner Sammlung von der Renaissance bis ins späte 19. Jahrhundert mit Werken von Lucas Cranach, Rembrandt, Goya u.a. Empfehlungen von Thomas Hirsch sammlung Radikal einfach arbeiten Von Künstlern heiß begehrt: Kunstpreis „junger westen“ Der Kunstpreis „junger westen“ 2013 in der Kategorie Malerei steht fest: Nach intensiver Diskussion entschied sich die Jury einstimmig für Florian Meisenberg. Der Künstler (Jahrgang 1980) wurde in Berlin geboren, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf, in der Klasse von Peter Doig und lebt derzeit in New York und Düsseldorf. Er kann auf Einzelausstellungen in London, New York, Ber- Große Bilder im Museum auf einen Pfeiler zu hängen, würde sich so ohne weiteres kein Kurator trauen, Fotos: Kunsthalle Recklinghausen lin und München zurückschauen. Der Kunstpreis „junger westen“ wird seit 1948 alle zwei Jahre als und man hat die Kunsthalle lange Zeit als ein ver- Das moderne Lebensgefühl war eines der SchlagFörderpreis für Bildende Kunst von der Stadt Reck- längertes Wohnzimmer verstanden. So hat es hier worte mit denen Franz Große-Perdekamp versuchte, linghausen vergeben. Er erinnert an die 1948 in ein Sprachrohr gegeben und dieses Sprachrohr „junger westen“ auch ideologisch zu fassen. Er war ja angestochen von Josef Albers, seinem JugendRecklinghausen gegründete Künstlergruppe „junger existiert nach wie vor. freund, und für die Idee des Bauhauses begeistert. westen“. In diesem Jahr beteiligten sich insgesamt 804 Bewerber mit „Kunstpreise mittlerweile 10.000 Euro sind kein Pappen- Ihm schwebte gewissermaßen die Gründung einer ja inflationär“ 2.925 Arbeiten am Wettbewerb. stiel. Ist das die Ursache für 800 Künstlergruppe vor, die sich eng an das Bauhaus anlehnt, und im Grunde aus der Tradition zeitgeTeilnehmen konnten Künstler und Bewerbungen? Künstlerinnen, die ihren Wohnsitz in der Bundes- Der Kunstpreis „junger westen“ wird alle zwei nössisch operieren sollte – zukunftszugewandt. Das republik Deutschland haben, ab Jahrgang 1978 Jahre ausgeschrieben und dann immer gattungs- war nach 1945 ein ganz wichtiges Moment. Florian einschließlich. spezifisch. In diesem Jahr war es Malerei, in zwei Meisenberg hat seinen ersten Meriten schon wähJahren werden es die grafischen Techniken und rend des Studiums bei Peter Doig an der Düsselengels: Der Preisträger malt Nasen, Phantasie- zeitgenössische Fotografie, also Arbeiten auf Pa- dorfer Kunstakademie erlangt, mit sehr opulenten tiere und komische Bilder mit sexuellen Posen pier sein. Und in vier Jahren dann wieder Bildhau- Malereien, die sich deutlich absetzen von anderen – was ist heute noch von der Gruppe „junger erei und Installation. Die Einsendungen sind bei Dingen, und hat sich im Grunde sukzessive auch westen“ zu spüren? Malerei doppelt so hoch wie bei Bildhauerei oder wieder neu erschaffen. Mittlerweile sind seine imDr. Schwalm: Von der Künstlergruppe „junger wes- Installation, vor zwei Jahren hatten wir knapp un- mer sehr großformatigen Arbeiten – 250 x 240 cm ten“ lebt niemand mehr. Der letzte Überlebende ter 400 Einsendungen und jetzt sind es 800. Der – sehr reduziert, ich will nicht sagen minimalistisch, Thomas Grochowiak ist 2012 verstorben. Was ge- Preis, immerhin der älteste kommunale Förder- denn das sind sie nicht. Sie sind immer noch figublieben ist, ist der Name in Form des Kunstpreises. preis Deutschlands und nach dem Zweiten Welt- rativ, also gegenstandsbezogen, auch wenn es nur Wobei auch Tote durchaus lange Schatten werfen. krieg 1948 etabliert, hat sich doch in den Köpfen eine einfache Hose ist, die wie ein Scherenschnitt Die Gruppe „junger westen“ hat sich ja schon 1962 von Künstlerinnen und Künstlern festgesetzt. Das auf einer nicht grundierten Leinwand klebt. Ich endgültig aufgelöst und jeder hatte seinen indi- ist, wenn man sich umhört und nachfragt, immer glaube, dass der Mut radikal einfach zu arbeiten, viduellen Weg gefunden und ist den auch weiter noch ein wichtiger Kunstpreis, wenngleich Kunst- auch von der Jury honoriert wurde. Und wenn man schaut, fallen seine Sachen auch aus der Präsentagegangen. So gesehen war die Gruppe der Geburts- preise mittlerweile ja inflationär sind. tion, die er ja selbst vorgenommen hat. Großformahelfer für die einzelnen künstlerischen Karrieren. tige Bilder auf einen Pfeiler zu hängen, würde sich Aber die Gruppe hat es geschafft, die zeitgenössi- Wie hoch war denn das erste Preisgeld 1948? sche Kunst auch in einer kleinen Stadt wie Reck- Das erste Preisgeld betrug 1.000 DM. Und weil so ohne weiteres kein Kurator trauen oder nur mehr linghausen zu etablieren. Die Kunsthalle ist ja hier das jeder gebrauchen konnte, wurde der Preis nach Rücksprache. wie von einem anderen Stern eingebrochen. Man gleich gevierteilt, also jeder Künstler erhielt dahatte in Recklinghausen nur ein kleines Heimat- mals 250 DM. Damit konnte man schon einiges Mit 34 Jahren auch seine letzte Chance ... museum, das hat sich zwar damals schon auch um bewerkstelligen oder sich zumindest die nötigen Ja. Michael Sailstorfer hatte sich ja – und das geht zeitgenössische Kunst bemüht, aber es war kein Materialien kaufen, die ja noch sehr rar und teuer nicht häufig – für Bildhauerei sogar zwei Mal beworben. Er war jetzt vor zwei Jahren 35 Jahre alt, richtiges Ausstellungsterrain. „junger westen“ hat waren. Das ist dann sukzessive gestiegen. als er ihn gewonnen hat. Schon beim ersten Mal es immerhin geschafft, hier ein Haus zu etablieren Es bewerben sich viele junge Künstler, aber se- war er schon so einer, wo man merkte, das ging hoch. Leider war unser Ankaufsetat damals nicht so hen wir auch junge Kunst? Ja, sehen wir. Wenn man die 804 Bewerbun- groß, ich hatte mir schon eine Arbeit von ihm ausgen durchsieht, kommen sie aus allen Ecken der geguckt – damals noch in DM. Heute müsste man Republik. Es gibt natürlich einen Schwerpunkt, das zehnfache auf den Tisch legen. Nordrhein-Westfalen mit seinen beiden Kunst- akademien Düsseldorf und Münster. Es sind viele INTERVIEW: PETER ORTMANN Akademieabgänger, die sich bewerben, der ein oder andere Autodidakt ist auch dabei, aber es ist ja Kunstpreis „junger westen“ | Preisträger Florian ZUR PERSON auch ein Förderpreis. Sie dürfen nicht älter als 35 Meisenberg und 17 weitere Bewerber | bis 2. Dr. Hans-Jürgen Schwalm, 1955 geboren in Bochum, Stuneu Jahre sein, ansonsten ist es sehr offen. Februar | Kunsthalle Recklinghausen dium Kunstgeschichte, Archäologie und Philosophie an der neu neu Ruhr-Universität Bochum, 1989 Promotion über das Gruppenportrait im 20. Jahrhundert, seit 1990 stellvertretender Direktor der Museen der Stadt Recklinghausen. Es ging einmal um das moderne Lebensgefühl. Warum hat Florian Meisenberg gewonnen? 27 Lesen Sie die Langfassung unter: www.engels-kultur.de/sammlung neu neu kunst in NRW zungen mit -zungen Foto: I. Arndt, Montage: K. Nikolic Wilhelm Lehmbruck, „Der Gestürzte“, 1915, Bronze, Foto: Pinakothek der Moderne München, Blauel/ Gnamm/Artothek; courtesy Bundeskunsthalle Vor 100 Jahren Fortsetzung des Briefs von Karl Marx aus Karlsbad vom 21.8.1875: Zwei Ausstellungen in Bonn Lieber Fred, Von Thomas Hirsch In der Frühzeit des 20. Jahrhunderts überschlugen sich die Ereignisse. Technische Errungenschaften machten das Leben schneller und führten zu einem Wandel der Gesellschaft. Der Widerstreit von Tradition und Fortschritt verstärkte sich. Die Großstädte wuchsen, damit „Ein Seismograph ihrer Zeit“ gingen soziale Fragen einher. In Deutschland lebte ein Teil der Bevölkerung in Saus und Braus, der andere verarmte. In diesem Gebräu aus ambivalenten Erfahrungen brach der Erste Weltkrieg aus, im August 1914 … Die erste globale Katastrophe des 20. Jahrhunderts jährt sich nun zum hundertsten Mal und auch in NRW werden die damaligen Ereignisse beleuchtet. Bereits im vergangenen Herbst hat das Landesmuseum Bonn die Schau „1914 – Welt in Farbe“ eröffnet. Ausgestellt sind Ausschnitte der „Archive des Planeten“, die der französische Bankier Albert Kahn 1908-1930 zusammentrug, um so zum Verständnis für fremde Völker beizutragen und den heraufziehenden Krieg zu verhindern. Er beauftragte Fotografen, überall auf der Welt, auch in den Kolonien, den Alltag aufzunehmen. Die 72.000 Fotografien und die Filme, die er gesammelt hat, bilden ein phänomenales ethnographisches Archiv, das Kulturen vor ihrem Aussterben festhält. Natürlich ist der Blick von Kahns Fotografen westlich geprägt; die Fotos sind in Farbe aufgenommen und wirken dadurch fast wie von heute, mit dem Anspruch des Dokumentarischen. Hingegen sind die Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die derzeit in der Bundeskunsthalle Bonn gezeigt werden, gelebte Erfahrungen der Kriegsjahre und der Jahre davor. Die Kunst war ein Seismograph ihrer Zeit und äußerte sich in großer stilistischer Vielfalt. Zentren waren Paris und Berlin. Aber der rege Austausch unter den Künstlern in Europa brach mit Kriegsbeginn ab. Etliche der berühmtesten Künstler wurden in den Krieg eingezogen, einige von ihnen fielen. Jeder verbildlichte den Krieg auf eigene Weise in seiner Kunst. Teils wurde der Krieg heroisiert, teils wurden die Schrecken dramatisch vor Augen geführt; wieder andere Künstler widmeten sich dem Leid, und das mit den Mitteln der künstlerischen Avantgarde. Aus diesem Themenkomplex hat die Bundeskunsthalle nun eine kunsthistorisch gediegene, ausgesprochen informative Ausstellung geschaffen, die auch das einzelne Werk würdigt. Begleitend werden fotografische und historische Zeugnisse gezeigt, etwa ein Stahlhelm und – bereits im Radius der Kunst – der Kamm von Marcel Duchamp. Zu sehen sind Werke von Max Beckmann, Malewitsch, Picasso, Egon Schiele und etlichen weiteren Protagonisten der avantgardistischen Kunstströmungen zwischen Abstraktion und Realismus. Übrigens ist Wilhelm Lehmbrucks „Gestürzter“ als Bronzeguss derzeit auch im Duisburger LehmbruckMuseum ausgestellt. Dort wird ausgehend von dem expressionistischen Bildhauer die stilistische Verzahnung in diesen Jahren beleuchtet. Und von Mai bis August zeigt dann das Hagener Osthaus Museum die Ausstellung „Weltenbrand“. Der Erste Weltkrieg und die Kunst dieser Jahre werden 2014 jedenfalls noch einige Male Thema einer Ausstellung Thomas Hirsch sein: Auch wenn Etliches verschollen ist, die Zeit existenKunsthistoriker, Kurator und Journalist zieller Bedrohung hat viele Meisterwerke hervorgebracht. […] Nachdem ich Dir nun meine bis jetzt neu gewonnenen Einsichten in das Weltgetriebe in nuce mitgeteilt, einiges über meine Reiseerlebnisse. In London stieg in unsren wagon in großer Hast ein pfiffig aussehendes Jüdel, mit einem kleinen Koffer unter dem Arm. […] Auf dem Schiff eröffnet mir das Jüdel sein Herz. „So eine Betriegerei ist noch nicht in der Welt gewesen“, rief er aber und abermals. Die Geschichte war die: Ein deutscher Yankee namens Börn- oder Bernstein, ihm empfohlen von seinem Berliner Freund Neumann, hat ihn um 1700 £ geprellt, ihn, der für einen der gescheidesten Handelsleit gilt! Dieser Bursche, der angeblich afrikanischen Handel treibt, zeigte ihm Rechnungen für viele 1000 £ Waren, die er in Bradford und Manchester gekauft bei den ersten Häusern; das Schiff damit liegt in Southampton. Er gab ihm darauf den verlangten Vorschuß. Da er aber weiter nichts von dem Mann hört, wird’s ihm bang. Er schreibt nach Manchester und Bradford, zeigt mir auch die Antwortsbriefe, des Inhalts: Der Börnstein habe bei ihnen Muster genommen und Waren gekauft, der Preis für beide sollte bei Abnahme der Ware gezahlt werden; die Rechnungen waren nur formell; Waren nie abgenommen worden. In Southampton wird Beschlag belegt und findet sich, daß die verschifften Waren des B. nur aus Ballen bestehen, die mit Strohmatratzen gefüllt sind. Unser Jüdel, den außer den 1700 £ noch vor allem ärgerte, daß man einen so geriebnen Handelsmann übers Ohr gehauen, schrieb an seinen Freund Neumann und an seinen Bruder in Berlin. Letzterer hatte ihm telegraphisch mitgeteilt, man habe den B. in Berlin entdeckt, Polizei benachrichtigt, die ihn überwache, er müsse sich flugsstreichs auf den Weg machen. […] Und nun vale faveque [lebe wohl und bleib mir zugetan]. Ich muß wieder ins Geschäft. Besten Gruß an Madame Lizzy. Dein Mohr engels zungen in der Engels-Stadt: Wir lassen Zeitgenossen des Kapitalisten und Revolutionärs zu Wort kommen, zitieren Briefe an Wuppertals berühmten Sohn. Marx, selbst jüdischer Herkunft, wie auch Engels verwendeten in ihren Briefen häufig abwertende Stereotype, um Juden zu charakterisieren. Oft aus einer Mischung aus Neid und Verachtung heraus, wie etwa gegenüber Ferdinand Lassalle. Madame Lizzy ist Lydia Burns, Engels‘ Lebensgefährtin. „1914 – Die Avantgarden im Kampf“ | bis 23. Februar in der Bundeskunsthalle Bonn | www.bundeskunsthalle.de „1914 – Welt in Farbe“ | bis 23. März im LVR-Landesmuseum Bonn www.landesmuseum-bonn.lvr.de 28 Quellenangabe: Karl Marx in seinen Briefen. Ausgewählt und kommentiert von Saul K. Padover, München 1981, S. 341344; Abbildung: Marx als Briefmarke (DDR 1948-54). auswahl Bühne BANDFABRIK WUPPERTAL Fr 17.1. 20 Uhr Lieben Sie noch? lassen ihn in Erinnerungen schwelgen und so bietet er seinem Publikum die neuesten und frischesten Pointen, so, wie die Fans es von ihm gewohnt sind. Tatsächlich kann er sich noch an seinen ersten Auftritt, das war damals, im Jahre 1978, erinnern: Da beehrte er nämlich Stefan Roth in der Jazz-Galerie in Bonn. Diese und viele weitere Geschichten aus 35 Jahren Bühnenleben bietet Beikircher in seiner Jubiläumsshow. Info: 0202 563 64 44 die geschrieben haben, die vor allem die großbürgerliche Spießigkeit anklagte. Schwungvoll geht es auf der Wuppertaler Bühne demnach zu, wenn sich Polkas mit Walzern abwechseln und das Ensemble das Stück temporeich und mit brillanter Situationskomik vorantreibt. Info: 0202 569 44 44 MÜLLERS MARIONETTENTHEATER Wenn die Tage kürzer werden, es draußen dunkel und ungemütlich ist, dann ist es am Schönsten, im Warmen zu sitzen und einen guten Film zu schauen. Die neue Filmreihe „cine:ort“ bietet sich dazu geradezu an. Das Neue Jahr beginnt mit einem Dokumentarfilm über eine der besten westdeutschen Jazzsängerinnen – Inge Brandenburg. Sie war eine schillernde Persönlichkeit, hat durch die Zeit des Nationalsozialismus viel Leid erfahren und ihr Leben schließlich an den Alkohol verloren. Der Film „Sing, Inge, sing!“, den die neue Filmreihe „cine:ort“ zeigen wird, wurde von Regisseur Marc Boettcher im Jahre 2011 uraufgeführt. Info: info@kowalt-ort.com So 19.1./Mi 22.1./Sa 25.1./So 26.1./Mi 29.1. 16 Uhr Die Liebe ist schier unerschöpflich, was ihre Themen und deren Gestaltung angeht. Marion Schüller (Schauspielerin, Sängerin, Autorin und Regisseurin) hinterfragt die Liebe in all ihren Facetten. Die Liebe, die gerade beginnt, die Liebe, die urplötzlich endet und die Liebe, die so stark sein kann, dass sie vielleicht auch ihre dunkle Seite offenbart. Mit Chansons und Texten versucht Schüller die Liebe zu begreifen und zu beschreiben. Das Publikum nimmt sie dabei mit auf eine literarisch-musikalische Reise zwischen Sentimentalität, tiefer Abgründigkeit und frechem Charme. Infos: 0202 69 85 19 33 CINEMAXX Sa 25.1. 12 Uhr Stücke der 80er Jahre – Archivmaterial Das Jahr 2013 steht in Wuppertal ganz im Zeichen von der berühmten Pina Bausch. Zum 40-jährigen Jubiläum des Tanztheaters in Wuppertal, das von Pina Bausch gegründet und maßgeblich geprägt wurde, zeigen die Veranstalter über das Jahr verteilt bekanntes und unbekanntes Material der Ausnahmetänzerin, lassen Freunde und Mitarbeiter zu Wort kommen. Der Filmmarathon mit und über die 2009 verstorbene Tänzerin, das sich insbesondere den Stücken der 80er Jahre widmet, komplettiert die Hommage „Pina40“. Info: 01805 24 63 62 99 Der kleine Schneemann Von der Tragik der Liebe: Der kleine Schneemann weiß, dass er, wenn der Winter endet, nicht mehr weiterleben kann. Dass er schmilzt, möchte er jedoch mit allen Mitteln verhindern. Unterstützung bekommt er von seinem Freund, dem Hund. Doch dann passiert etwas Unerwartetes und der kleine Schneemann verliebt sich ausgerechnet in einen Ofen. Ob seine Gefühle eine Zukunft haben und ob es der Schneemann schafft, nicht nur seine Liebe, sondern auch sich selbst zu retten, können sich Klein und Groß zur Musik Tschaikowskys anschauen. Infos: 0202 44 77 66 LCB Sa 11.1. 20 Uhr Konrad Beikircher: Das Beste aus 35 Jahren Seit 35 Jahren sind sie ein Paar. Sie, das sind Konrad Beikircher und sein Publikum. Zum Bühnenjubiläum lässt Beikircher diese Partnerschaft Revue passieren. Ein Mix aus alten Radiosendungen, Klassiker und unveröffentlichtem Material Dracula Do 9.1. 20 Uhr Sing, Inge, sing! – Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg SCHAUSPIEL WUPPERTAL Fr 10.1. (Ganztagsgymn. Johannes Rau) / Fr 31.1. (Gymnasium am Kothen) je 19:30 Die Irrfahrten des Odysseus Es kann einfach nur den Einen geben, egal, wie viele Vampirfilme oder -bücher geschrieben werden: Bram Stokers Dracula ist und bleibt die Nummer Eins auf der Hitliste aller Vampirklassiker und Möchtegernvampirgeschichten. Rumänien im 19. Jahrhundert: Advokat Jonathan Harker reist aus dem viktorianischen London ins weit entfernte Transsilvanien, um den Grafen Dracula bei dem Kauf von englischen Immobilien zu beraten. Dass sich der Graf ganz plötzlich tatsächlich für ein Grundstück interessiert, hat jedoch vielmehr damit zu tun, dass Dracula ein Auge auf Harkers Verlobte Mina Murray geworfen hat. In ihr sieht er nämlich seine eigene große, anscheinend wiedergeborene Liebe. Ob Dracula und Mina zusammenfinden oder ob der belgische Gelehrte Van Helsing doch noch rechtzeitig zur Stelle ist, dürfen sich alle Vampirfans ab 16 Jahren im Talton-Theater anschauen. Info: 0202 247 98 60 Sa 4.1. 19.30 Uhr Die Fledermaus Wuppertaler Lokalkolorit und eine gehöri- Dinner for One – Wie alles begann ge Portion Witz sind die Zutaten zu der Elvira und Klaus haben sie bekommen, die Rollen für den legendären Sketch um Miss Sophie und ihren Butler James. Eigentlich war es gar nicht so selbstverständlich für den Regisseur, das Ehepaar für diese Rollen auszuwählen, präsentierten sie sich bei den Proben doch als zänkisches Katastrophen-Duo. Doch am Ende spielen beide das „Dinner for One“, wie man es traditionell aus dem Fernsehen gewohnt ist… oder etwa doch nicht? Denn alle Entgleisungen konnte der Regisseur doch nicht verhindern. Infos: 0202 94 69 99 20 Sa 11.1. 20 Uhr/So 12.1. 18 Uhr ORT opernhaus KAMMERSPIELCHEN Sa 4.1. 20 Uhr (Kammerspielchen Mettmann) TALTON THEATER berühmten Strauß’schen Oper in der Inszenierung von Johannes Weigand. In nur 42 Tagen soll Strauß die Musik zu der champagnerseligen Verwechslungskomö- Gern gelesen, gern interpretiert und gern gesehen: Homers Odyssee überdauert nun schon mehrere Jahrhunderte und doch hat die Erzählung an Nichts eingebüßt. Zu faszinierend ist einfach die Suche des Menschen nach sich selbst, dargestellt in der Figur des Odysseus. Stanley Kubrick und James Joyce verarbeiteten diesen Epos bereits, nun ist es an Regisseur Dimitri Zertakis, die Geschichten des antiken Helden darzustellen und dies tut er mit Laterna Magica und aus der Odyssee vertonten Liedern. Dabei nimmt er das Publikum mit auf eine Sinnsuche der besonderen Art. Info: 0202 569 44 44 Josef Albers Museum . Quadrat Bottrop Kunst als Erfahrung Josef Albers als Lehrer – der Maler und seine Schüler 15.12.2013 30.3.2014 www.quadrat-bottrop.de Fon 02041 29716 Impressum Herausgeber: engels Verlag Joachim Berndt Büro Bochum Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum E-Mail: info@berndt-media.de Tel. 0234-94191-0, Fax -94191-91 Redaktion: Ramona Krieger (v.i.S.d.P.) Mitarbeit an dieser Ausgabe: Lars Albat, Stefanie Alzer, Silvia Bahl, Frank Brenner, Klaus Bunte, Lutz Debus, Valeska von Dolega, Hartmut Ernst, Rolf-Ruediger Hamacher, Thomas Hirsch, Kim Ludolf Koch, Anna Lenkewitz, Thomas Linden, Karsten Mark, Christian Meyer, Peter Ortmann, Kerstin Maria Pöhler, Benjamin Seim, Olaf Weiden, Christian Werthschulte, Jon Witte, Miriam Wolter, Hans-Christoph Zimmermann Grafik: Dominik Empl, Amélie Kai, Thomas Müller Anzeigenverwaltung: Berndt Media Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum E-Mail: info@berndt-media.de Tel. 0234 941 91 0, Fax 0234 941 91 91 Partner des Museums Buchhaltung: Karin Okniewski Alle nicht gesondert gekennzeichneten Bilder sind Pressefotos. 29 Musik BÜRGERBAHNHOF WUPPERTAL Fr 31.1. 19.30 Uhr Gillian Grassie und Fallinn Wolff – Endstation Sehnsucht tig gut ist? Seit fünf Jahren begleiten die Alten Schweden ihr Publikum in die Abenteuer, Hochs und Tiefs des neuen Jahres und jedes Mal überraschen sie mit neuen Liedern und neuer Show. Auch 2014 bleiben sie der Tradition treu und locken mit Klassikern und Neuheiten, mit extra einstudierten Tanzschritten sowie einer gehörigen Portion Witz. Hochmotiviert und mit Charme erwarten die Alten Schweden ihre Gäste zum traditionellen Neujahrskonzert in der Börse. Infos: 0202 24 32 20 Liebhaber des Operngesangs dürfte dieses Konzert ein erstes Highlight des Neuen Jahres sein. Infos: 0202 64 19 69 MATHE’S NUDELTÖPFCHEN So 26.1. 19 Uhr Velvet Swing worden war – eine weltweite Ausstrahlung. Dazu trugen auch die Schüler aus den unterschiedlichen Fachbereichen bei, etwa Max Bill, Eugen Batz oder Fritz Winter. In Kooperation mit dem Bauhaus Dessau wird nun ein Überblick über die Werke der Schülergeneration gezeigt. Infos: 02191 16 27 98 VON DER HEYDT-MUSEUM bis 25. Mai, Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr Alte Meister Immanuelskirche Sa 11.1. 20 Uhr Seit 2010 lädt die „Endstation Sehnsucht“ regelmäßig zu einer Mischung aus Akustik Pop und urbanem Folk. Dieses Mal sind es Gillian Grassie, die mit Opernstimme und irischer Harfe IndiePop und Folk-Rock-Songs interpretiert, sowie das Duo Fallinn Wolff aus Köln, die das Publikum in eine Welt des DreamPop entführen. Von Grassies neuem Album „The Hinterhaus“ und Songinterpretationen von Doris Day geht es über zu den Geschichten von Farmerstochter, Hexen und natürlich der Liebe, die Fallinn Wolf mit Klavier und Cello zum Leben erwecken. Endstation Sehnsucht bittet zur Ladie‘s Night. Info: 0202 89 79 89 53 DIE BÖRSE Sa 4.1. 20 Uhr Die Alten Schweden Kann das neue Jahr besser starten als mit Altbewährtem, das auch noch rich- culture club German Tenors – Glanzlichter Wenn Sonora Vaice, die German Tenors und Claudia Hirschfeld zusammenkommen, ist es Zeit für ihr mitreißendes Programm, in dem sie Arien, Duette und die beliebtesten Weihnachtslieder gemeinsam interpretieren. So ist auch der Name Programm, denn was sie präsentieren, sind wahrlich die Glanzlichter der Musikgeschichte. Die hochkarätigen Sängerinnen und Sänger sind international bekannt und haben auf den bekanntesten Bühnen und mit den bekanntesten Musikern zusammengearbeitet. Nicht nur für Angela Scheven, Uwe Sköries und Judith Hofmann laden zum Swingen ein. Mit Klavier, Saxophon, Gesang und Gitarre nimmt das Trio die Besucher mit auf eine Reise in die Welt des Swings. Dabei warten viele altbekannte Lieder, die als Klassiker gelten und nichts von ihrem Charme verloren haben. Mitsingen und Mitwippen und Mittanzen ist erwünscht, wenn die drei Songs aus Jazz, Soul und Pop interpretieren. Info: 0202 74 03 11 STADTHALLE A. JOHANNISBERG Fr 3.1. 20 Uhr Gregorian Frans Snyders, Stillleben mit Wildschweinkopf, um 1645, © Von der Heydt-Museum, Wupp. Im ersten Obergeschoss ist ein Einblick in die phänomenale Sammlung des Von der Heydt-Museums zu sehen: Ausgestellt sind Gemälde, Zeichnungen und Grafiken vom 16. bis 18. Jahrhundert in Italien, Flandern, den Niederlanden und Spanien. Quasi als Ergänzung zur Sammlung Gigoux liefert die Ausstellung einen Überblick über die gängigen Genres und Sujets, wobei die Schau weniger durch Einzelwerke als durch die Zusammengehörigkeit und die Akzentuierung stilistischer Eigenheiten beeindruckt. Infos: 0202 563 26 26 HERMANNSHÖHE Verlängert bis 30.3.14 culture club Körperwelten Gregorian: Amelia Brightman, Foto: Benjamin Hüllenkremer präsentiert: Ausstellung präsentiert: Show Nancy Graves Project Mother Africa – Umlingo Nancy Graves zählt zu den wichtigsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Das Ludwig Forum zeigt eine umfassende Retrospektive mit etwa 70 Skulpturen, Installationen, Zeichnungen, Gemälden und Filmen. Dazu kommen „special guests“, also Werke von Weggefährten und Zeitgenossen – darunter etwa Eva Hesse, Joseph Beuys und Robert Rauschenberg. UMLINGO („Magie“) ist eine rasante, bunte und fantasievolle Show voller Gefühl und magischer Momente. Auf der Suche nach dem Glück macht ein afrikanischer Junge sich auf eine fantastische Reise durch den Kontinent – eine Show voller Artistik, mitreißender Musik, traditioneller afrikanischer und moderner Zirkus- und Showelemente. Ludwig Forum Jülicher Straße 97-109, 52070 Aachen engels verlost 3x2 Karten. E-Mail bis 19.01. an verlosung@engels-kultur.de, Kennwort: Nancy Graves 30 bis 16.02.14 Seit den 90-er Jahren existiert die Band mit den mittelalterlichen Kostümen und den eindrucksvollen Stimmen. Obwohl selten in den Top Ten vertreten, hat die Band Gregorian Millionen Fans, die die CDs, Singles und DVDs über Jahre hinweg kontinuierlich konsumieren. Ursprünglich stammte die Idee aus Deutschland, während die aktuelle Besetzung jedoch nur aus englischsprachigen Sängern besteht. In der 2014 geplanten „Epic Chants“Tour vertont Gregorian die Klassiker der Filmmusik. Von den Songs der „Titanic“ über „James Bond“ oder „Batman Forever“ interpretieren die zwölf Sänger die Lieder ganz im Stile des gregorianischen Chorals. Gesang und Performance werden den Fans einen unvergesslichen Abend bereiten. Infos: 0202 24 58 90 Kunst STÄDTISCHE GALERIE REMSCHEID bis 26.1., Mi-So 14-18, Sa 11-18 Uhr Historische Stadthalle Johannisberg 40, 42103 Wuppertal Karten: 01805 85 38 86 engels verlost 1x2 Karten. E-Mail bis 19.1. an verlosung@engels-kultur.de, Kennwort: Mother Africa So 15.12. 15 Uhr Bauhaus. Der Kunst der Schüler Das Bauhaus in Weimar und dann Dessau war eine Ausbildungsstätte zwischen freier und angewandter Kunst mit einem festen Programm und einem favorisierten Formkanon, der sich im Wesentlichen dem Konstruktiven zurechnen lässt. Das Bauhaus hatte – auch nachdem es 1933 von den Nationalsozialisten verboten 30 Bereits seit vier Monaten läuft die Ausstellung rund um Gunther von Hagens‘ Plastinate in Bochum. Rund 180.000 Besucher haben in dieser Zeit die Halle an der Hermannshöhe aufgesucht, um sich selbst ein Bild vom Innern des menschlichen Körpers zu machen. Der Andrang ist so groß, dass die Ausstellung nun bis Ende März verlängert wurde. Die Erlebnis-Reise durch die Welt der menschlichen Anatomie präsentiert 200 Präparate und Ganzkörperplastinate. Ein leichtes Gruselgefühl gehört anfangs vielleicht dazu, dann aber weckt die Schau beim Besucher die Neugier, sich intensiv mit den Funktionen des eigenen Körpers auseinanderzusetzen. Gunther von Hagens selbst meint: „Im Plastinat erkennen wir uns selbst, unsere Verletzlichkeit und das Wunder, das wir sind. Diese körperliche Selbsterkenntnis entfacht ein neues, auf Gesundheit bedachtes Lebensgefühl.“ Infos: 01806 57 00 00 Empfehlungen von Thomas Hirsch, Anna Lenkewitz und BENJAMIN SEIM Infos an: auswahl@engels-kultur.de Atemberaubend - Einzigartig - Unvergesslich e g a r f h c a N r e ß o r g Wegen T R E G N Ä L R VE 14! 0 2 z r ä M . 0 3 m u bis z INFOBOX KÖRPERWELTEN & Der Zyklus des Lebens Bochum, Hermannshöhe 42 NÄHE HBF bis zum 30. März 2014 ÖFFNUNGSZEITEN Mo. - Do.: 9 – 19 Uhr (letzter Einlass 18 Uhr) Fr.: 9 – 21 Uhr (letzter Einlass 20 Uhr) Sa. + So.: 10 – 19 Uhr (letzter Einlass 18 Uhr) Durchführung: Gubener Plastinate GmbH, Heidelberg / EVENTSTIFTER GmbH, Ludwigsburg TICKETS IM VORVERKAUF Tickets bei www.eventim.de, Tel. 01806 - 5 700 00* (Mo.-Fr. 8-22 Uhr, Sa./So. 8-20 Uhr // *0,20 EUR/Anruf inkl. MwSt aus den Festnetzen, max. 0,60 EUR/Anruf inkl. MwSt aus den Mobilfunknetzen), Bochum-Marketing und in allen LeserLäden und LeserServices mit Ticketing der WAZ, sowie an der Tageskasse der Ausstellung. Schulklassen- und Gruppenbuchung über Bochum-Marketing, Tel. 0234-963020 (Mo.-Fr. 10-17Uhr, Sa. 10-16Uhr) BOCHUM bis 30.3.14 Hermannshöhe 42 NÄHE HBF Action Tragikomödie Expressionistisch Tragikomödie Expressionistisch Nouvelle Schwarzweiß Farbe 3DNew Ho Western Lie Expressionistisch Liebe KinderHistorie Krieg Stumm Schwarzweiß Anim Western Abenteuer Western Italienischer Farbe Neorealismus 3D Antikrieg Heimat Monumental Historie Liebe Thriller Erotik Nouvelle Vague Stumm Mystery Film Fantasy noirIndependent New Hollywood Horror Katastrophen Expressionistisch Schwarzweiß AnimationJugend Liebe Farbe Western Poetischer Realismus Kinder Tragödie Abenteuer 3D Antikrieg Krimi AutorenTrick Historie Science-Fiction Liebe Thriller Erotik Heimat Stumm Action Krieg Film noir Expressionistisch Horror Animation Tragikomödie Expressionistisch Kinder Western Tragödie Komödie Heimat Antikrieg Trick 3D Drama Komödie Tragödie 3D Liebe Komödie agikomödie Melodrama ActionKomödie Action Science-Fiction Katastrophen Familie Fantasy Komödie Tragikomödie Italienischer Neorealismus Fantasy Jugend Familie Katastrophen Italienischer Neorealismus Monumental Nouvelle Vague Abenteuer Monumental Krimi Nouvelle Vague IndependentFrauen Film Erotik noir NewIndependent Frauen Hollywood Film noir New Hollywood Horror Schwarzweiß TragödieSchwarzweiß TragödiePoetischer Realismus Poetischer Realismus Farbe 3DFarbe Melodrama Action 3D Autoren storie Melodrama Action Stumm Liebe Komödie Autoren Historie KriegTragikomödie Liebe Stumm Familie Tragikomödie Western Krieg Animation Heimat Familie Antikrieg Trick Animation Western Antikrieg Heimat tasy Jugend Frauen Jugend Fantasy Expressionistisch KINO Tragödie Alle Filme, alle Kinos, alle Termine, Interviews und Links: trailer-ruhr.de engels-kultur.de facebook.com/engelsKultur facebook.com/trailerruh