V6 Extraktion eines ätherischen Öls
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V6 Extraktion eines ätherischen Öls
V6 Extraktion eines ätherischen Öls Fach Klasse Überthema Feinthema Zeit Chemie Q1 Aromatische Ätherische Öle 20 Minuten Kohlenwasserstoffe Zusammenfasssung Bei dem Versuch wird mithilfe von Brennspiritus ein Extrakt, der ätherischen Öle, aus getrockneten Nelken hergestellt. Einordnung in den Unterricht1 Der Versuch ist nach dem hessischen Lehrplan G8 der Qualifikationsphase 1 zuzuordnen. Dort lässt er sich zum verbindlichen Unterrichtsinhalt 5. Aromatische Kohlenwasserstoffverbindungen anführen. Die Extraktion eines ätherischen Öls soll die SuS zum Nachdenken anregen, sodass sie überlegen, was ätherische Öle chemisch gesehen sind, warum sie in der Natur vorkommen und warum sie so stark riechen. Dabei können fächerübergreifende Aspekte gemeinsam mit dem Fach Biologie vertieft werden. Überdies wird durch den Versuch die Aromatenchemie mit der Erfahrungswelt der SuS verknüpft. Wahrscheinlich machen sich die SuS eher weniger Gedanken welche ätherischen Öle, oder allgemeiner Aromastoffe, in Gewürzen enthalten sind, die wir alltäglich beim Kochen verwenden und dass diese aromatische Verbindungen enthalten. Naheliegend ist es, die Hausaufgabe als Abschluss des Themas Aromatische Kohlenwasserstoffe aufzugeben. Die SuS sollten schon die Eigenschaften und die Struktur von Aromaten kennengelernt haben, da die aromatischen Verbindungen in ätherischen Ölen zu den komplexeren zählen und sie ohne Vorwissen nicht verstanden werden können. Überdies soll die Hausaufgabe auch nur als kurzer Exkurs dienen und – wenn überhaupt – das bereits erworbene Wissen festigen. Im Anschlussunterricht könnte als eine weitere Methode der Extraktion eine Wasserdampfdestillation von 1 Vgl. Hirt, A.: Lehrplan Chemie (2010). Lavendel durchgeführt werden und auch die darin enthaltenen ätherischen Öle besprochen werden. Der Versuch Die Durchführung2 Abbildung 1:Für den Versuch benötigte Materialien. Die Nelken oder Kümmelsamen werden zerkleinert und in ein Schnappdeckelglas gefüllt, sodass dieses bis zur Hälfte gefüllt ist. Danach wird etwas Spiritus darüber gegossen. Das Schnappdeckelglas wird verschlossen und stark geschüttelt. Danach wird ein Löffel mit dem Griff in die Lösung getaucht und damit die Nelken noch zusätzlich zerrieben. Nun wird das ganze eine Stunde lang stehen gelassen. Vom so hergestellten Extrakt werden zwei Tropfen auf ein Filterpapier getropft und abgewartet, bis die Flüssigkeit verdunstet ist. Dieser Vorgang wird mehrmals wiederholt. Nun wird das Filterpapier auf Rückstände geprüft und daran gerochen. Vgl. Schwedt, G.: Experimente mit Supermarktprodukten – Eine chemische Warenkunde, 2., korrigierte und aktualisierte Auflage. Weinheim 2003. S 77. 2 Die Beobachtung Sobald das Schanppdeckelglas mit den Nelken und dem Brennspiritus geschüttelt und einige Minuten stehen gelassen wurde, ist eine starke Braunfärbung der Lösung zu erkennen. Wird das Schnappdeckelglas über Nacht stehen gelassen, so ist die Lösung am nächsten Tag deutlich intensiver braun gefärbt. Abbildung 2: Links: Ansatz nach Übergießen mit Brennspiritus. Rechts Nelken in Spiritus nach einer Stunde. Wird etwas von der Lösung auf ein Filterpapier getropft, ist zuerst nur der Geruch des Spiritus zu riechen. Nachdem dieser verdunstet ist, ist der Nelkengeruch intensiv wahrnehmbar. Wird der Vorgang öfter wiederholt, so ist kein Fettfleck auf dem Filterpapier zu erkennen. Abbildung 3: Links: Noch feuchter Tropfen des Extrakts. Rechts: getrockneter Fleck. Keine ölige Schicht zu erkennen. Nur ein leichter Rückstand der braunen Farbe des Extraktes. Entsorgung Der Extrakt kann aufgehoben werden oder über die Toilette entsorgt werden. Die restlichen festen Abfälle können in den Hausmüll entsorgt werden. Fachlicher Hintergrund Bei dem Begriff Öl ist jedem klar, was damit gemeint ist. Worum handelt es sich aber bei der Bezeichnung ätherisches Öl? Allgemein werden als ätherische Öle aus pflanzlichen Stoffen hergestellte, stark riechende, flüchtige Gemische von ölartiger Konsistenz, die sich in Wasser schlecht lösen, bezeichnet. Die internationale Standard Organisation legt fest, dass ätherische Öle zum einen die durch Wasserdampfdestillation aus Pflanzenteilen gewonnenen Produkte sind sowie zum anderen die beim Auspressen von Fruchtschalen einiger Zitrusfrüchte erhaltenen Öle. Zudem werden sie auch auf synthetischem Weg hergestellt. Ätherische Öle werden als naturidentische Öle bezeichnet, wenn sie zu den aus Pflanzen gewonnenen identisch sind. Bei ätherischen Ölen ohne natürliches Vorbild handelt es sich um künstliche Öle. Vor allem in der Kosmetikindustrie zur Herstellung von Parfümen kommen solche künstlichen Öle vermehrt zum Einsatz. Sind ätherische Öle in pflanzlichen Arzneimitteln enthalten, so wird differenziert zwischen dem eigentlichen ätherischen Öl und den Auszügen, die ätherische Öle enthalten. Diese Auszüge, die meist Ethanol-Wassergemische sind, enthalten neben dem Öl noch zusätzlich polare Stoffe, wie Phenole und Glykoside.3,4 Durch die sogenannte Fettfleckprobe lässt sich, wie im Versuch gezeigt, einfach feststellen ob ein ätherisches Öl vorliegt. Im Gegensatz zu Ölen und Fetten hinterlässt ein ätherisches Öl keine Fettflecken. Wird ein Filter oder Ähnliches mit ätherischem Öl beträufelt verdunstet es innerhalb weniger Minuten, ohne das ein Fettfleck hinterlassen wird. In sehr vielen Pflanzen sind ätherische Öle enthalten, allerdings sind nur solche Pflanzen von Interesse, bei denen der Anteil mindestens 5 % beträgt. Meist wird das ätherische Öl in besonderen morphologischen Gebilden der Pflanze gespeichert und produziert, z.B. in Vgl. Schmidkunz-Eggler, D.: Ätherische Öle mehr als nur Duftstoffe. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. 11/2000. S. 25. 4 Vgl. Schmidkunz-Eggler, D.: Ätherische Öle mehr als nur Duftstoffe. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. 11/2000. S. 25f. 3 Drüsenhaaren, Ölgängen oder Exkretbehältern, es kann sich aber auch in Blütenblättern, Samen, Wurzeln, Harzen, oder Rinden ansammeln.5 Abbildung 4: Lavendelblüte mit Topfen von ätherischem Öl aus Ölgängen. Durch ein Mikroskop fotografiert. Die ätherischen Öle, deren Inhaltsstoffe zu den sekundären Pflanzenstoffen zählen, dienen den Pflanzen zum Fraßschutz gegen Pflanzenfresser, Insekten oder Pathogenen. Überdies können sie auch als Lockstoffe für bestimmte Insekten, zur Bestäubung dienen, oder aber in sehr heißen Gegenden vor zu starker Wasserverdunstung und UVStrahlung schützen.6 Wie lassen sich ätherische Öle beschreiben, wenn ihre chemische Zusammensetzung betrachtet wird? Chemisch gesehen bestehen ätherische Öle aus Gemischen unterschiedlicher chemischer Verbindungen. So sind bereits über 500 verschiedene Bestandteile bekannt, wobei in manchen Ölen über 50 davon auftreten können. Der prozentuale Anteil der Inhaltstoffe kann mengenmäßig sehr verschieden sein, jedoch lassen sich meist wenige Hauptkomponenten identifizieren. Typischerweise sind die Inhaltsstoffe flüchtig, besitzen kleine Molekulargewichte, wenig Sauerstofffunktionen und sind keiner gemeinsamen chemischen Gruppe zugehörig. Häufig lassen sich mit genau diesen Vgl. Schmidkunz-Eggler, D.: Ätherische Öle mehr als nur Duftstoffe. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. 11/2000. S. 27. 6 Vgl. Zimmermann, E.: Definition ätherisches Öl. In: AiDA – Aromatherapy International. URL: http://www.aromapraxis.de/aromatherapie/aromatherapie/aromatherapie/page54.html. Letzter Zugriff am: 16.08.2011. 5 Merkmalen Phenylpropane, die zu den aromatischen Kohlenwasserstoffen zählen, und Terpene als Bestandteile feststellen.7 Wofür werden ätherische Öle verwendet? In der Medizin und Pharmazie werden ätherische Öle für Präparate zum Inhalieren und Einreiben verwendet, da sie gut über die Haut und die Schleimhäute aufgenommen werden können. Ferner werden sie auch zum Desinfizieren, als Magenmittel, als entzündungshemmendes Mittel und für viele andere Anwendungen herangezogen. Zudem spielen sie in der Kosmetikindustrie als Duftstoffe eine große Rolle. Auch in der Lebensmittelindustrie werden sie häufig als Inhaltstoffe von Gewürzen verwendet. Folgende Tabelle gibt einen Überblick über verschiedene ätherische Öle, ihre Hauptinhaltsstoffe und ihre Verwendung: Tabelle Fehler! Kein Text mit angegebener Formatvorlage im Dokument.-1: Auswahl ätherischer Öle und ihre Verwendung.8 Ätherisches Öl Eukalyptusöl Hauptkomponente 1,8-Cineol (Eukalyptol) Verwendung Anwendung - Hustenmittel Tee, Inhalation, - Rheumatische zum Einreiben Beschwerden Fenchelöl Fenchon, trans Anethon - Hustenmittel Tropfen, Sirup, - Magenmittel Dragees, Bonbons - Gegen Blähungen Kümmelöl Carvon, Limonen - Gegen Blähungen Tropfen, Bonbons Lavendelöl Linalool, Linalylaceat - Aromatikum Badeöl Salbei Thujon - Infektion von Gurgelmittel Mund und Rachenraum Vgl. Zimmermann, E.: Definition ätherisches Öl. In: AiDA – Aromatherapy International. URL: http://www.aromapraxis.de/aromatherapie/aromatherapie/aromatherapie/page54.html. Letzter Zugriff am: 16.08.2011. 8 Vgl. Schmidkunz-Eggler, D.: Ätherische Öle mehr als nur Duftstoffe. In: Naturwissenschaften im Unterricht Chemie. 11/2000. S. 27. 7 Nelkenöl Arnika Eugenol Helenalin - Gewürz - Antiseptikum Mundwasser, Tees, - Gewürz Pulver - Verstauchungen, Salbe, Tinktur Prellungen Pfefferminzöl Menthol, Menthon - Rheuma - Herz-Kreislauf - Galletreibendes Tee, Salben Mittel - Krampflösendes Mittel Campheröl Kiefernnadelöl Kamille Eugenol, (+)-Campher Pinen, Bornylacetat Bisabolol, Matricin Rheumatische Salben, zum Beschwerden Einreiben - Hautreizmittel Einreiben, Badeöl - Hustenlöser - Magendarmmittel - Hautentzündungen - Halsentzündungen - Salbe, Tee, Spray Welche ätherischen Öle sind in der Nelke enthalten? Der Gewürznelkenbaum (Syzygium aromaticum), dessen getrocknete Blütenknospen die viel verwendeten Gewürznelken sind, stammt ursprünglich von den Molukken einer indonesischen Inselgruppe. Syzygium aromaticum ist eine immergrüne Art und zählt zu den Myrtengewächsen (Myrtaceae). Sie kann bis zu fünfzehn Metern hoch werden und gedeiht am Besten im tropischen Klima. Gewürznelken werden nicht nur zum Würzen, sondern auch als Heilmittel angewendet. Die Nelke gilt als entzündungshemmend, antibakteriell, schmerzlindernd, belebend und verdauungsfördernd. Daher findet sie Anwendung in der Medizin, z.B. bei Zahnschmerzen.9 Vgl. NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.: Heilkraft im Pfefferkuchen. In: NABU. URL: http://www.nabu.de/tiereundpflanzen/naturdesjahres/2010/11563.html. Letzter Zugriff am: 18.08.2011. 9 Die heilende Wirkung und der intensive Geruch der Gewürznelken gehen auf die ätherischen Öle, aus denen sie zu 15 % bestehen, zurück.10 Der Hauptbestandteil ist zu 70-85 % Eugenol, weitere nennenswerte Bestandteile sind zu 15 % Eugenolacetat und zu 5-12 % -Caryophyllen.11 CH3 O O H2C O HO H3C O Eugenol H H Eugenolacetat CH3 -Caryophyllen Beschreibe anhand deiner Beobachtungen wie die Extraktion der Öle erfolgt! Tipp: Anhand des Lösungsmittels kannst du erkennen ob es sich bei diesen Ölen um polare Stoffe handelt. Bei dem Versuch wird ein Extrakt aus den in der Gewürznelke enthaltenen ätherischen Ölen mit Spiritus hergestellt. Das Ziel dieser Extraktion ist es, die Inhaltsstoffe des ätherischen Öls von anderen chemischen Bestandteilen, die in der Gewürznelke enthalten sind, abzutrennen. Dabei wird zu Beginn mechanisch auf die getrockneten Nelken eingewirkt, um die Oberfläche zum Herauslösen der Öle zu vergrößern. Da es sich bei den chemischen Verbindungen im ätherischen Öl um unpolare Stoffe handelt, eignet sich ein ebenfalls unpolares Lösungsmittel wie Brennspiritus gut zum Herauslösen dieser. Andere polare Inhaltsstoffe werden abgetrennt, da sie sich nicht gut im unpolaren Medium lösen können. Dass sich die ätherischen Öle lösen, kann deutlich daran erkannt werden, dass sich die Flüssigkeit mit der Zeit immer deutlicher braun färbt und der charakteristische Geruch nach Nelken wahrnehmbar ist. Nach Abdampfen des Lösungsmittels wird der Geruch noch deutlicher. Eine weitere Methode zur Gewinnung ätherischer Öle ist die Wasserdampfdestillation. Diese eignet sich gut, da sich die hydrophoben Öle nicht oder kaum in Wasser lösen und Vgl. Katzer, G.: Gewürznelke (Syzygium aromaticum (L.) Merr.et Perry). In: Gernot Katzers Gewürzseiten. URL: http://www.uni-graz.at/~katzer/germ/Syzy_aro.html. Letzter Zugriff am: 18.08.2011. 11 Vgl. ebd. 10 somit abgetrennt werden können. Die entstehenden Dämpfe der ätherischen Öle werden durch den Wasserdampf mitgetragen, sodass nach der Kondensation durch den Kühler eine Emulsion aus Wasser und ätherischen Ölen aufgefangen wird, wobei mit der Zeit zwei Phasen entstehen und das Öl abdekantiert werden kann. Überdies werden nicht flüchtige, hydrophobe Verunreinigungen und polare wasserlösliche Bestandteile bei der Destillation abgesondert.12 12 Vgl. Ebermann, R., Elmadfa, I.: Lehrbuch der Lebensmittelchemie und Ernährung. Wien 2008. S. 246.