Bericht über Achterbahnen
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Bericht über Achterbahnen
Technik+ Wissen Himmel und Hölle Kopfüber ins Glück: wie neue Achterbahnen den Nervenkitzel technisch auf die Spitze treiben. 88 WirtschaftsWoche I 21.8.2006 I Nr. 34 Shapiro, Chef der Six-Flags-Parks. „Das Konzept der gigantischen Megacoaster hat sich überholt.“ Megacoaster, so nennen die Fachleute ihre besonders großen Bahnen. Dass deren Zeit abläuft, sieht die ganze Branche so. Die Bahnen der nächsten Generation sollen genauso viel Nervenkitzel bieten – aber dank intelligenter Konstruktion statt plumper Materialschlacht. Die Bau- und Betriebskosten uferten aus, zugleich wagten sich immer weniger Fahrgäste auf die Giganten. Das neue Konzept soll die Bahnen wieder wirtschaftlich machen. „Der Adrenalin-Kick wird bleiben“, verspricht Jörg Beutler, Geschäftsführer beim Münchner Stahlbauer Maurer Söhne, einem der führenden deutschen Achterbahnhersteller. Der gleiche Thrill auf weniger Fläche – und dazu wieder familientaugliche Fahrvergnügen. „Es gibt ganz neue Reize“, ergänzt Werner Stengel, einer der weltweit erfolgreichsten Achterbahndesigner (siehe Interview Seite 92). Dazu gehören superenge Kurven, Überkopffahrten und das Gefühl von Schwerelosigkeit. Zwischen 50 und 60 Großbahnen werden jährlich weltweit neu installiert, der größte Teil in den USA. Geplant und ge- » Nr. 34 I 21.8.2006 I WirtschaftsWoche 89 FOTO: WEISSBACH/TEAMWORK E rste Schweißtropfen perlen auf der Stirn, fast unmerklich verkrampfen sich die Finger um die Haltegriffe. Der Atem beschleunigt sich, alle Muskeln sind angespannt. Dann der Abschuss: In dreieinhalb Sekunden beschleunigt Kingda Ka, die schnellste und höchste Achterbahn der Welt, von null auf 206 Kilometer pro Stunde. Wie auf einem Katapult rasen die Wagen davon, angetrieben von mehreren Hundert Bar Druck. Unwiderstehlich presst die Geschwindigkeitsexplosion den Körper mit dem zweieinhalbfachen Gewicht in den Sitz. Die Beschleunigung verzerrt die Gesichtszüge, jetzt zu kreischen fällt schwer. Fast senkrecht schießen die Wagen der Mega-Achterbahn beinahe 140 Meter hoch gen Himmel, stürzen nach einer 180-GradKehre der Erde entgegen, erklimmen sofort die nächste Kuppe. 50 Sekunden dauert der knapp einen Kilometer lange Höllenritt mit dem Super-Rollercoaster im US-Freizeitpark Six Flags Great Adventure nahe New York. Das macht Adrenalin-Junkies glücklich. Sie werden sich umgewöhnen müssen. „Wir werden keine 20 Millionen Dollar teuren Achterbahnen mehr bauen“, sagt Mark Technik+Wissen I Achterbahnen 360 Grad seitwärts Im Abismo jagen die Passagiere, nur mit Hüftbügeln gesichert, durch die Bahn den Himmel. Der 22 Meter hohe Turm ist Teil der jüngsten Attraktion des bayrischen Stahlbauers. „Das ist unser Modell EuroFighter“, sagt Siegfried Gerstlauer, Chefdesigner des Familienunternehmens. „Statt die Wagen über lange Rampen in die Höhe zu ziehen, bringen wir sie vom Einstieg weg per Senkrechtaufzug auf kürzestem Weg zum Start.“ Was dann folgt, erklärt den martialischen Namen der Bahn. Oben angekommen, rasen die Wagen – bei 97 Grad Gefälle leicht über Kopf geneigt – abwärts. So schnell wie das Tempo steigt der Adrenalinspiegel der Fahrgäste. Ein Looping und abrupte Drehungen um alle drei Achsen geben den Fahrgästen das Gefühl, zwischen Himmel und Hölle zu pendeln. „Trotz der vielen Varianten brauchen wir nur gut 360 Meter Schienen“, betont Gerstlauer. „Damit passt dieser Nervenkitzel auch in kleine Parks.“ 90 WirtschaftsWoche I 21.8.2006 I Nr. 34 Auch die neueste Entwicklung der Münchner Stahlbauspezialisten Maurer Söhne, das Skywheel, startet mit einem Steilaufzug. Anders als beim Euro-Fighter kippen die Wagen am höchsten Punkt des Aufstiegs nicht vorwärts über den Startturm, sondern nach hinten weg. „Noch bevor die Fahrgäste Richtung Erde stürzen, hängen sie kopfüber in den Sitzen“, so Geschäftsführer Beutler. Bei der in diesem Sommer eröffneten Abismo-Bahn nahe Madrid passiert das in 46 Metern Höhe (siehe Kasten Seite 93). Um das Erlebnis noch zu steigern, haben die Münchner für Skywheel mit dem sogenannten X-Car auch gleich ein ganz neues Fahrzeug- und Sitzkonzept entwickelt. Bisher verhindern Schulterbügel, dass die Fahrgäste bei Loopings und Schrauben aus den Wagen fallen. In dem neuen Coaster hält ein Hüftbügel die Passagiere fest. Der Oberkörper kann sich frei bewegen. „Das ist ein ganz neues Gefühl der Freiheit in einer Achterbahn“, begeistert sich Jochen Peschel, passionierter Coaster-Fahrer und Herausgeber des Web-Magazins Coastersandmore.de, einem der größten deutschen Internetportale zum Thema. Mit einem neuen Fahrzeugkonzept lockt auch der Motorbike-Coaster des niederländischen Herstellers Vekoma: Statt wie in herkömmlichen Achterbahnwagen neben- und hintereinander hocken die Passagiere einzeln auf einer Art Motorrad. Ein Bügel in Hüfthöhe fixiert sie auf dem Sattel. „Speziell in schnellen, bodennahen Kurven kommt echtes Motorradfeeling auf“, schwärmt Peschel nach einer Probefahrt. Die Holländer haben sich unter anderem mit Boomerang-Anlagen einen Namen gemacht, auf denen die Wagen zwischen Start- und Endpunkt hin- und hersausen, statt eine Strecke im Kreis abzufahren. Hängen statt sitzen, kurz schweben, statt nur am Sitz zu kleben – Parks und Hersteller locken mit immer neuen Fahrerlebnissen. „Wollten die Besucher früher vor allem in den Wagen gepresst werden, zählt heute ‚Airtime‘, die Zeit gefühlter Schwerelosigkeit“, sagt Bahndesigner Stengel. Es gehe in „Richtung Raumfahrt-Feeling“. Damit das aufkommt, verzichten die Konstrukteure zunehmend auf die herkömmlichen, langen 75 km/h vorwärts In Schräglage, wie echte Motorräder, durchrast der Motorbike enge Kurven Die Kunst der Kurven Looping: Zero-G-Roll: Camelback Bump: Die sogenannte Klothoidform moderner Loopings – ihr Radius variiert im Kurvenverlauf – reduziert die auftretenden Fliehkräfte. Das ermöglicht schnelle, gefahrlose Überschlagsfahrten. Durch eine Art Parabelflug mit integrierter Drehung um die Fahrachse fühlen sich die Passagiere während dieser Figur schwerelos. Der schnelle Wechsel von der Aufwärts- zur Abwärtsfahrt hebt die Mitfahrer auf dem höchsten Punkt der Strecke aus den Sitzen. Thrill-Ride: Kickstart: Hydraulikkatapulte oder magnetische Linearmotoren beschleunigen die Wagen binnen weniger Sekunden auf bis zu 200 km/h und pressen den Körper mit dem Mehrfachen seines Gewichts in den Sitz. Kurze Wagen statt langer Achterbahnzüge und neue Sicherungsbügel ermöglichen schnell wechselnde Fahrfiguren und geben den Passagieren zugleich mehr Bewegungsfreiheit während der Fahrt. Heartline-Roll: Bei dieser Schraube drehen sich Schiene und Wagen um eine gedachte Achse, die durch die Brust des Fahrgastes verläuft. Das reduziert die Köperbelastung bei hohem Tempo. Achterbahnzüge. Stattdessen schicken sie kürzere Wagen auf die Strecke, die Kurven, Luftschrauben und Loopings wesentlich dynamischer durchfahren können. Die Kicks folgen noch kürzer aufeinander. Was halten Menschen aus? „Während der Fahrt vergisst man völlig, wo oben oder unten ist“, schildert Carmen Porschen, Studentin aus dem rheinischen Frechen, ihre Eindrücke nach der ersten Runde mit Black Mamba. Das ist die in diesem Frühsommer eröffnete neue Attraktion im BrühILLUSTRATION: FLYING CHILLI baut werden sie meist in Europa, und jedes Exemplar ist ein Unikat. Führende Hersteller sind die Schweizer Spezialisten Intamin und Bolliger&Mabillard (B&M), das holländische Unternehmen Vekoma und in Deutschland Maurer Söhne, Mack aus dem badischen Waldkirch sowie Gerstlauer aus Münsterhausen. Auf dessen Werksgelände bei Augsburg ragt derzeit ein Stahlgerüst senkrecht in ler Phantasialand bei Köln. Auch dieservon B&M konzipierte Inverted Coaster – dabei hängen die Sitze unter den Schienen – folgt dem Prinzip, viel Aktion auf einer kompakten Strecke unterzubringen. „Das BahnLayout bietet die engsten Kurven und Radien, die B&M je konstruiert hat“, betont Birgit Reckersdrees, Marketingchefin des Freizeitparks. Viel enger geht es kaum noch. Immerhin lasten beim virtuosen Wirbeln durch die drei Dimensionen erhebliche Kräfte auf den Fahrgästen. So erleben die Passagiere auf der neuen Brühler Bahn kurze Phasen der Schwerelosigkeit, einerseits. Doch schon Sekunden später wirken wegen der Fliehkräfte in engen Überschlägen Lasten bis zum Viereinhalbfachen des tatsächlichen Körpergewichtes auf Knochen und Gewebe. Diese sogenannten g-Kräfte messen die Belastung, denen ein Körper zusätz- lich zur natürlichen Erdanziehung ausgesetzt ist (Tabelle rechts). Strapaziös sind die Schrauben und Salti im Raum, weil das Blut dabei in Richtung Beine und Füße gedrückt wird und nicht wie gewohnt zum Gehirn fließen kann. Bei einer Belastung von 2 g beispielsweise muss das Herz bereits die doppelte Pumpleistung erbringen, um das Hirn vollständig zu versorgen. Eine Unterversorgung des Gehirns wäre äußerst gefährlich. „Dauert sie, wie bei extremen Flugfiguren von Kampfpiloten, zu lange an, kann das zur Bewusstlosigkeit führen“, warnt Rupert Gerzer, Leiter des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln. Die Achterbahnfans aber beruhigt er: „Die körperliche Belastung liegt weit unter der von Jetpiloten.“ Das überwachen Computerprogramme, mit denen Ingenieure wie Martin Schneider neue Achterbahnen konzipieren. „Schon beim Entwurf am Rechner kann ich die maximale Belastung für die Passagiere berechnen und wo nötig schonendere Streckenverläufe wählen“, sagt der Chefdesignervon Maurer Söhne in München. Xtrac, Schneiders gemeinsam » Extreme Beschleunigung Belastung des Körpers auf der Achterbahn im Vergleich zu anderen Ereignissen Ereignis g Kraft* Pkw beim Anfahren bis 0,3 Verkehrsflugzeug bei Start/Landung bis 1,3 Spaceshuttle beim Start bis 3,0 Rennmotorrad in Steilkurve 3,0–4,0 Achterbahn 3,0–6,0 Kampfjet im Kurvenflug Schleudersitz bis 9,0 16,0–18,0 * 1 g entspricht der Beschleunigung eines Körpers durch die Erdanziehung; Quellen: DLR, Luftwaffe Nr. 34 I 21.8.2006 I WirtschaftsWoche 91 Technik+Wissen Achterbahndesigner Werner Stengel über enge Kurven und das Gefühl der Schwerelosigkeit. Kopfüber rasen brennern nachbearbeiten und Kettenzüge zurechtziehen mussten, bis alles passte“, sagt Maurer-Söhne-Geschäftsführer Beutler. In der Fertigungshalle zeigt er stolz auf ein elektronisches Messgerät, das die bis zu zwölf Meter langen Schienenmodule vor dem Verschweißen optisch abtastet. „Mithilfe dieses Lasersystems können wir die Maße der Bauteile exakt mit den Vorgaben aus dem Computer abgleichen.“ Stimmen die Werte nicht überein, werden die Module vor dem Zusammenfügen nochmals nachbearbeitet. Die neue Fertigungstechnik, die auch bei der Spaßmanufaktur Mack-Rides in Waldkirch zum Einsatz kommt, spart Zeit und Geld: „Wir können auf diese Weise sicher sein, dass alle Teile passen“, freut sich Michael Mack, Mitglied der Geschäftsleitung in dem Familienbetrieb, der seit mehr als 225 Jahren Fahrgeschäfte konstruiert. In derVergangenheit mussten die Badener die Bahnen vor dem Ausliefern zur Probe auf dem Firmengelände vormontieren. „Früher vergingen zwölf Monate zwischen Bestellung und Aufbau der fertigen Bahnen“, sagt Mack. „Heute dauert es zum Teil nicht einmal sieben Monate vom ersten Entwurf bis zur Inbetriebnahme.“ „Richtung Raumfahrt“ Auf manchen Bahnen hat man schon heute Probleme, seine Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. Wenn Sie bis zu 140 Meter in die Höhe geschossen werden und bis zu 200 Kilometer pro Stunde erreichen, wird der Spaß anstrengend. Aber das bedeutet nicht, dass die Fahrgäste zu stark belastet werden. Die Grenze für immer schnellere und höhere Bahnen setzen die Beschleunigungskräfte, die müssen wir im Auge behalten. Sie sehen keine Gesundheitsgefahren? Als wir die ersten Bahnen mit Looping in den Siebzigerjahren entwarfen, habe ich die zulässigen Werte für Astronauten und Piloten genommen und einen kräftigen Abschlag berücksichtigt. Sechs g – also die sechsfache Erdanziehung – und eine Sekunde Dauer gelten in der Branche seither als Höchstwert für die Beschleunigung auf Achterbahnen. Dieser Wert wird auch auf den größten Anlagen nicht überschritten. Diese Kräfte verschaffen den gewollten Thrill, belasten den Körper aber nicht über Gebühr. Stimmt die Formel „schneller ist schriller”? Sie greift zu kurz. Für jüngere Fahrgäste sind die schiere Höhe und Geschwindig- keit entscheidend. Die Mehrheit der Achterbahnfahrer aber begeistert sich vor allem für unterhaltsame und spannende Kurvenkombinationen. Das nennen wir Fahrfiguren. Große Höhen braucht es dafür nicht. Bei weniger Tempo sind es enge Kurven oder Loopings, die den Adrenalinschub auslösen. Wie kommen Sie auf die Ideen für neue Fahrstrecken? Ich habe mich zum Beispiel von Kunstfliegern inspirieren lassen. Die Figur des „Immelmann“ etwa, eine Art halber Looping mit anschließender Schraube, habe ich denen „geklaut“. Achterbahnfahren als Flugerlebnis auf Bodenhöhe? Nein, die Entwicklung geht in Richtung Raumfahrt. Früher wollten die Besucher in den Sitz gepresst werden. Heute zählt die sogenannte „Airtime“. Das ist das Gefühl von Schwerelosigkeit, etwa wenn die Bahn über Buckel fährt und man aus dem Sitz gehoben wird. Auf anderen Bahnen hängen die Fahrgäste sogar für kurze Zeit kopfüber. Diese „Hangtime“ ist auch ein sehr spezielles Erlebnis. Welche Idee würden Sie gerne als Nächstes realisieren? Ich denke an eine Bahn, bei der die Sitze in einer Kugel hängen, die sich während der Fahrt in alle Richtungen dreht. Nach dem Aussteigen wüssten die Leute dann wirklich nicht mehr sofort, wo oben und wo unten ist. Europäische Hersteller haben fast drei Viertel aller großen Bahnen auf der Welt gebaut. Wie kommt es zu dieser Dominanz? Die größten Bahnen stehen zwar in den USA, nirgendwo sonst gibt es mehr Fahrten – rund 800 Millionen im Jahr. Gebaut werden die Bahnen aber seit den Sechzigerjahren vorwiegend in Europa. Damals waren Designer und Stahl hier billig zu haben. Das technische Knowhow, das die Hersteller seither erworben haben, sichert ihnen heute einen Vorsprung, der nur schwer zu kopieren ist. Zudem ist „made in Europe“ in einem so auf Sicherheit bedachten Geschäft ein Qualitätsmerkmal. Steigen Sie selbst noch in Achterbahnen? Stengel, 69, hat mehr als 500 Achterbahnen entworfen und eine Vielzahl neuer Kurvenkombinationen erfunden. Der selbstständige Ingenieur gilt als Nestor der Branche. 92 WirtschaftsWoche I 21.8.2006 I Nr. 34 Ich überlasse das tägliche Geschäft in meinem Designbüro inzwischen zwar meinen Nachfolgern, aber wenn irgendwo auf der Welt eine neue spannende Bahn eröffnet, muss ich dahin und sie ausprobieren. 59 Sekunden lang Tempo Mehrere Überschlagfiguren bietet den Fans die Black-Mamba-Bahn mit dem Lehrstuhl für Mechanik an der Universität Duisburg-Essen entworfenes Design-Programm, ist eine Mischung aus digitalem Zeichenblock, virtuellem Modellbaukasten und leistungsfähigem Simulator. „Bekomme ich die Höhendaten des Parks, kann ich die Bahn am Rechner sogar schon ins Gelände einpassen“, erzählt Schneider, während er in seinem Büro per Mausklick Fahrfiguren wie CorkscrewSchrauben, Heartline-Rolls oder Dive Loops aneinanderreiht. Kurz darauf rast auf dem Bildschirm entlang der grob skizzierten Gleise ein graues Kästchen die virtuelle Bahn entlang. Umgeben ist das Kästchen von roten Pfeilen, die die jeweiligen g-Kräfte angeben. Wenn die roten Balken zu lang werden, bricht der Ingenieur ab: „Jetzt wäre den Passagieren ziemlich übel.“ Auf Wunsch erstellt die Software auch Fahrtvideos mit einmontierten Hintergrundbildern von den geplanten Standorten der Bahn im Vergnügungspark oder auf dem Rummelplatz. Da beginnt das Kribbeln lange vor der Jungfernfahrt. Der Einsatz des Rechners erleichtert nicht nur die Planung derAchterbahn, er ermöglicht auch eine zuvor nicht gekannte Fertigungsqualität. „Die Zeiten sind vorbei, in denen Monteure die Elemente beim Zusammenbau der Schienen noch mit Gas- FOTO: LAIF/FECHNER Die Achterbahnen werden immer größer und schneller. Wie weit lässt sich das noch steigern, ehe die körperliche Belastung für die Fahrgäste zu groß wird? Auch die Fahrgäste profitieren. Dank der höheren Genauigkeit gleiten die Wagen heute weitgehend ruckelfrei über die Strecke. Mit dem, was die Branche früher ironisch „organisiertes Erbrechen“ nannte, haben heutige Bahnen nichts mehr zu tun. Das soll helfen, auch weniger tollkühne Kunden anzulocken. Seit dem Frühjahr fährt im ebenfalls von den Macks betriebenen Europa-Park in Rust die Pegasus-Bahn, speziell konzipiert für Familien. Sie erzeugt Nervenkitzel ohne die üblichen Luftschrauben und Loopings, dafür mit extrem engen Kurven. Roland Mack, geschäftsführender Gesellschafter des Parks: „Wir haben Streckenführung und Wagen so ausgelegt, dass sowohl vierjährige Kinder als auch deren Eltern ihren Spaß haben.“ Aber auch wer den extremen Adrenalin-Kick sucht, wird von den Achterbahnherstellern weiter bedient. „Meine Knie fühlen sich wie Pudding an“, ächzt Studentin Carmen Porschen nach ihrer Erstfahrt in der schwarzen Mamba im Phantasialand. Trotzdem stellt sie sich gleich für eine weitere Fahrt an – Rollercoaster machen offenbar süchtig. ■ Die spektakulärsten neuen Achterbahnen in Europa Abismo 46 Meter geht es steil nach oben, dann kippt die Strecke nach hinten, und man rast kopfüber hängend in die erste Schraube, nur von einem Hüftbügel gesichert. Der Oberkörper baumelt frei. Die jüngste Attraktion in Madrid liefert mit Beschleunigungswerten bis zum Vierfachen der Erdanziehung den Kick für Adrenalin-Junkies. Parque de Atracciones, Madrid/Spanien, 24,50/13,90 Euro (Erwachsener/Kind), www.parquedeatracciones.es Black Mamba Gleich fünfmal kopfüber saust der Fahrgast in dieser Bahn dahin, deren Sitze unter einer Schiene hängen. Fans loben, die bis zu 13 Meter tief in den Boden führende Bahn laufe trotz aller schnellen Schwenks vergleichsweise ruhig. Phantasialand, Brühl, 28,00/24,50 Euro, www.deepinafrica.de Pegasus Statt auf Überschläge setzt die familientaugliche Achterbahn auf extreme Kurvenneigungen und enge Radien bis hin zu einer 360-Grad-Kehre. Strecke und Sicherungsbügel sind für Kinder konzipiert. Der TÜV lässt sie ab einem Meter Größe mitfahren. Europa-Park, Rust, 28,50/25,50 Euro, www.europapark.de Speed–No Limits Mit 97 Grad Gefälle, nach unten und rückwärts, rast diese Bahn. Bevor sich die Wagen mit bis zu 95 Kilometern pro Stunde und einer Beschleunigung von mehr als dem Vierfachen der Erdanziehung durch Loopings und Schrauben winden, stürzt man aus 35 Metern in die Tiefe. Oakwood, Narberth/Wales, 22,00/20,00 Euro, www.oakwoodthemepark.co.uk Speed Monster In gut zwei Sekunden katapultiert der Hydraulikstart die Wagen auf Tempo 90 und schickt sie auf eine elegant in die Hügellandschaft eingebettete Strecke. Siebenmal werden die Passagiere kurz in den Zustand der Schwerelosigkeit versetzt. Tusenfryd, Oslo/Norwegen, 41,00/36,00 Euro, www.tusenfryd.no MEHR ZU DEM THEMA 97 Informationen zu den aktuellen Trends bei Achterbahnen unter www.wiwo.de/coaster Steiler als senkrecht sausen die Achterbahnwagen von Speed–No Limits ins Tal thomas.kuhn@wiwo.de Grad abwärts